MEDIENSPIEGEL 30. JANUAR - 05. FEBRUAR 2012

Indymedia 4.2.12

Communiqué zur Anti-WEF Demo 2.0 vom 4.2.2012 in Bern

AutorIn : AntiWEF Bern        

Es geht doch...

Heute, zwei Wochen nach der gewaltsam von der Polizei verhinderten Anti-WEF Kundgebung "Stop reshaping capitalism - abort it" demonstrierten über 150 Personen bei eisiger Kälte. Trotz der eingekesselten Demo in Bern, einer verhinderten Kundgebung in Basel sowie nach massenhaften Wegweisungen in und um Davos am letzten Samstag, liessen wir uns nicht einschüchtern und zogen lautstark durch die Stadt um gegen Kapitalismus und seine Gewalt zu protestieren.
Bei mehreren Reden wurde erwähnt, dass nicht das WEF das Problem ist, sondern die Umstände, die ein solches Treffen hervorrufen, und dass Repression unseren Kampf gegen die Ausbeutung und Unterdrückung von Mensch und Tier nicht aufhalten kann.

AntiWEF-Bündnis Bern

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police.be.ch 4.2.12

Stadt Bern: Unbewilligte Demonstration in Innenstadt

4. Februar 2012

pkb. Am Samstagnachmittag sind rund 100 Personen im Rahmen einer unbewilligten Demonstration durch die Innenstadt gezogen. Die Kantonspolizei Bern hat einzelne Personen kontrolliert.

Zur unbewilligten Demonstration in der Stadt Bern am Samstag, 4. Februar 2012, war bereits im Vorfeld aufgerufen worden.

Dem Demonstrationszug schlossen sich am Samstagnachmittag rund 100 Personen an. Sie bewegten sich ab etwa 1500 Uhr von der Heiliggeistkirche ausgehend durch die Innenstadt. Es kam zu keinen Sachbeschädigungen. Der Verkehr konnte weitgehend ungehindert passieren. Der Demonstrationszug endete um zirka 1545 Uhr bei der Reithalle.

Die Kantonspolizei Bern hielt sich im Hintergrund. Rund um die Demonstration wurden einzelne Personen kontrolliert. Ein Mann wurde dabei für eine nähere Kontrolle auf die Wache gebracht. Er konnte diese noch am selben Nachmittag wieder verlassen.

(cm)

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derbund.ch 4.2.12 (17:20 Uhr)

Friedliche Wiederholungsdemo

Am Samstagnachmittag sind WEF-Gegner durch die Berner Innenstadt gezogen. Die unbewilligte Demonstration verlief ohne Zwischenfälle.

Schätzungsweise 100 Personen haben am Samstagnachmittag in der Berner Innenstadt gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos demonstriert. Im Gegensatz zur Kundgebung vor zwei Wochen tolerierte die Berner Polizei diesmal den Umzug. Die Demonstrierenden zogen durch die Spital- und Marktgasse zum Zytglogge und von dort via Amthausgasse und über den Bundesplatz zurück zum Bahnhof.

Die Manifestation verlief friedlich und ohne nennenswerte Zwischenfälle. Die Polizei fuhr mit einem Sicherheitsabstand vor dem Umzug her und hielt sich ansonsten im Hintergrund.

45 Minuten in bitterer Kälte

Die Kundgebung war eine Reaktion auf das massive Polizeiaufgebot vom 21. Januar, als die Beamten die Demonstranten schon kurz nach dem Start des Umzugs einkesselten und so die Kundgebung verhinderten. Rund 170 Personen wurden damals eingekesselt und in den Festhalteraum im Parkhaus Neufeld gebracht. "Wir lassen uns nicht einschüchtern", hiess es im Aufruf zur neuerlichen Kundgebung.

Die heutige "Wiederholungsdemo" organisierten der "Revolutionäre Aufbau" und ein "Berner Anti-WEF-Bündnis". Die Kundgebung war nicht bewilligt. Sie dauerte bei grosser Kälte nur etwa 45 Minuten. (dam/sda/)

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bernerzeitung.ch 4.2.12 (17:20 Uhr)

Zweite Anti-WEF-Demo verläuft friedlich

Schätzungsweise 100 Personen haben am Samstagnachmittag in der Berner Innenstadt gegen das World Economic Forum (WEF) demonstriert. Die Kundgebung verlief friedlich.

Gegen 40 Personen hatten sich um 15 Uhr bei der Heiliggeistkirche versammelt. Wie angekündigt marschierten sie kurz danach Richtung Zytglogge. Die Teilnehmer trugen Fahnen und Spruchbänder mit sich. Im Verlaufe der Kundgebung wuchs die Zahl der Demonstrierenden auf rund 100 Personen an. Die eisige Kälte dürfte wohl eine grössere Teilnehmerzahl verhindert haben.

Im Gegensatz zur Kundgebung vor zwei Wochen tolerierte die Berner Polizei diesmal den Umzug. Sie markierte Präsenz, hielt sich aber im Hintergrund. Bei der ersten Anti-WEF-Demonstration in diesem Jahr in Bern vor zwei Wochen hatte die Polizei die Kundgebung gleich von Anfang an im Keim erstickt. Die Demonstranten waren schon kurz nach dem Start des Umzugs einkesselten worden. "Wir lassen uns nicht einschüchtern", hiess es im Aufruf zur neuerlichen Kundgebung, die eine Reaktion auf das massive Polizeiaufgebot vom 21. Januar 2012 war.

Neben der Polizei waren auch zusätzliche Mitarbeiter von Bernmobil im Einsatz, um Beeinträchtigungen des öffentlichen Verkehrs zu verhindern.

Die Kundgebung organisiert hatten die Organisation "Revolutionärer Aufbau" und ein "Berner Anti-WEF-Bündnis". Die Route führte von der Heiliggeistkirche über die Spital- und Marktgasse zum Zytglogge hinab und dann über die Amthausgasse zum Bundesplatz und von dort schliesslich zum Bahnhofplatz und dann zur Reitschule. Die Kundgebung war nicht bewilligt. Sie dauerte nur etwa 45 Minuten.

(met/jam/sda/)

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Bund 4.2.12

Schüchterne schwule Superhelden

Capes, Highheels und Strumpfhosen: Das Pink Mama Theatre zeigt "Afterparty" im Tojo-Theater.

Lena Rittmeyer

Wir alle seien seine Sexfreunde, sagt Superman. Da sitzt er mit halsbrecherischen Absätzen auf einem runden Bürostuhl und erklärt uns ausschweifend, wie er "für die Welt und für die Leute fickt" (deswegen sei er ja auch Superman). Als Helden in Highheels präsentieren sich die Mitglieder des in Bern domizilierten Trio Pink Mama Theatre in ihrem zweiten Tanztheaterstück "Afterparty" im Tojo-Theater.

Zum blonden Superman (Dominik Krawiecki) gesellt sich der stolzierende Batman (Slawek Bendrat) mit geschwellter Brust und Catwalk-Attitüde, der beim Anblick einer Mandarine hysterisch auflacht. Und da ist noch der deplatzierte Nerd "Horny Brille" (Simon Reimold), der eigentlich gerne zu seiner Mama möchte. Alle stöckeln sie rhythmisch in hautengen bodenlangen Kleidern über die Bühne, werfen dramatisch ihre Capes aus oder lassen sich im Damensitz nieder, um sich sinnentleertem Sprachgeplänkel hinzugeben wie "Das Gras im Garten war nass" oder "Paris hats nie gegeben".

Um Sexualität und Genderfragen geht es dem Pink Mama Theatre in dessen Produktionen. Doch wie sie ihre körperliche Männlichkeit ins Korsett weiblicher Konventionen stecken, hat viel Klischiertes und befördert Gedanken an herkömmliche Dragqueens und Tuntenbälle. Zu gewagten Brüchen kommt es hier jedenfalls nicht.

Unaufhörliches Blabla

Auch die Tanzeinlagen lassen auf sich warten. Stattdessen berieselt die Gruppe das Publikum mit unaufhörlichem Blabla: Batman erzählt, dass er in Therapie und kein Natural Born Killer sei, und "Horny Brille" ("Mein Look ist krass!") befindet sich auf dem aufsteigenden Ast und sucht jemanden zum Lieben. So anstrengend zusammenhangslos die Sätze auch fallen: Die Konsequenz, mit der die Superhelden ihre meist völlig antriebslosen Szenen absitzen, hat immerhin etwas erfrischend Mutiges.

Hin und wieder überrascht das Stück (Regie: Krawiecki, Bendrat, Reimold) mit einer unerwarteten, selbstironischen Wendung, etwa als sich "Horny Brille" zu treibendem Techno in Bodybuilding-Posen wirft und dazwischen schüchtern pfeift. Oder als man ihm wenig später mit Klebeband ein Kissen an die Füsse schnallt, worauf er sich nur noch hüpfend fortbewegt. Auch wie am Schluss zwei Tänzer in Strumpfhosen und mit Tiermasken zu Bossa-Nova-Rhythmen über Supermans Grab springen, ist ein einprägsames Bild. Nur an den Stücktitel wird man dabei kaum herangeführt.

Weitere Vorstellungen: heute um 20.30 Uhr und morgen um 19.00 im Tojo-Theater in der Reitschule.

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BZ 4.2.12

Demo ohne Bewilligung

Stadt Bern Heute soll in der Berner Innenstadt wieder eine Anti-WEF-Demo stattfinden - ohne Bewilligung.

Mit einem anonym verfassten E-Mail ist die Polizei über die voraussichtliche Route der für heute Nachmittag geplanten Anti-WEF-Demo informiert worden. Um eine Bewilligung haben die Aktivisten allerdings nicht nachgefragt - der Umzug ist also nicht bewilligt. Der Stadtberner Polizeidirektor Reto Nause (CVP) spricht dennoch von einer anderen Ausgangslage als vor zwei Wochen. Damals erstickten Hunderte Polizisten die geplante Wipe-out-WEF-Demo im Keim. Im E-Mail sei angekündigt worden, dass die Kundgebung von heute friedlich verlaufen solle, so Nause.wrs Seite 3

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Anonyme Aktivisten informieren Polizei über Demo

Stadt Bern. Für die heutige Anti-Wef-Demo wurde kein Gesuch eingereicht. Aber die Aktivisten haben die Polizei immerhin über die Route der Demo informiert. Die provisorisch erweiterten Zellen im Park and Ride Neufeld sollen wieder zurückgebaut werden.

Gegen Kapitalismus und seine Gewalt! Diesen Schlachtruf haben sich die Demonstranten für die heutige Anti-WEF-Demo in Bern auf die Fahne geschrieben. Dazu aufgerufen hat die linksextreme Gruppierung Revolutionärer Aufbau Schweiz (RAS). Treffpunkt der Kundgebungsteilnehmer ist um 15 Uhr bei der Heiliggeistkirche. "Nein, wir lassen uns nicht einschüchtern, weder von den Polizeihundertschaften noch von den Politikern, die deren Angriff gegen uns befohlen haben", schreibt der RAS auf der Homepage. Und: "Wir werden wieder und wieder auf die Strasse gehen, bis die Gründe für Umweltzerstörung, Ausbeutung, Hunger und Unterdrückung beseitigt sind!" Ein Aufruf zu Gewalt ist im Unterschied zur ersten Demo von vor zwei Wochen nicht aufgetaucht. Die Polizei wurde mit einem anonymen Mail aber über eine Route informiert: von der Heiliggeistkirche über Spital- und Marktgasse zum Zytglogge hinab und dann über die Amthausgasse zum Bundesplatz, von dort schliesslich zum Bahnhofplatz und dann zur Reitschule.

Kein Gesuch für die Demo

"Das ist für uns eine andere Ausgangssituation als am Samstag vor zwei Wochen", sagt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause. Im Mail sei angekündigt worden, dass die Kundgebung friedlich verlaufen solle, so Nause weiter. Deshalb stehe die heutige unbewilligte Demonstration unter anderen Vorzeichen als diejenige vor zwei Wochen. "Die Polizei wird vor Ort sein und die Situation beobachten", sagt Nause. Zur einem möglichen Polizeieinsatz wollte er aus taktischen Gründen keine Angaben machen. Für den Umzug gibt es keine Bewilligung. "Bei uns ist kein Gesuch eingegangen", bestätigt Nause. Für die Demo von vor zwei Wochen waren die Festhalte- und Warteräume im Park and Ride Neufeld provisorisch erweitert worden. Hier wurden Dutzende angehaltener Aktivisten kontrolliert. Die provisorischen Räume stehen nach wie vor. In den letzten Tagen wurde hier gearbeitet. Handwerker reparierten die Gitter und Holzwände, die Schäden erlitten hatten, als die Angehaltenen in den Räumen randaliert hatten und die Polizei Hunde und Pfefferspray einsetzen musste.

Dauerhafter Festhalteraum?

Die provisorisch erweiterten Warte- und Festhalteräumen im Park and Ride Neufeld, direkt neben dem Polizeiposten, werden gemäss Mediensprecherin Corinne Müller demnächst wieder zurückgebaut. "Wie es zukünftig mit Festhalte- und Warteräumen geregelt wird, dazu laufen Gespräche", so Müller. jsp/wrs

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BZ 4.2.12

Unterwegs mit der Kältepatrouille der Pinto

Trotz der Eiseskälte wollen Obdachlose im Freien übernachten

Nicht alle Obdachlosen suchen einen warmen Unterschlupf. Teilweise trotzen sie den sibirischen Temperaturen und schlafen in öffentlichen WCs, auf Bänken, im Bahnhof oder an der Aare. Zwischen 22.30 Uhr und 5 Uhr morgens suchen Gassenarbeiter der Pinto sie auf, um sie vor der Kälte zu schützen.

Es ist 23:30 Uhr und klirrend kalt. Das Thermometer ist auf mehr als minus zehn Grad gesunken, und Bern ist zu einer Geisterstadt verkommen - nur noch wenige Gestalten huschen über den Bahnhofplatz, die Trams sind fast leer. Für Silvio Flückiger und Isabelle Beetschen Straumann vom Pinto-Team hat die Arbeit vor einer Stunde angefangen. Ihr Ziel heute Nacht: Obdachlose, Nachtschwärmer und andere Bedürftige vor der Kälte zu retten. Ihre Mittel: Rettungsdecken, Schlafsäcke, Taxis oder eine Begleitung zu einer Notschlafstelle. Soeben hat jemand bei Pinto angerufen - im Hirschenpark schlafe jemand auf einer Bank. Bei dieser Kälte draussen zu übernachten, könne tödlich enden, vor allem wenn man getrunken habe und schlecht ausgerüstet sei, sagt Flückiger auf dem Weg dorthin. "Besondere Sorgen machen mir diejenigen, die auf dem Boden schlafen." Ohne Isoliermatte könne auch der dickste Schlafsack nicht genügend wärmen. Bisher habe es in der Stadt Bern seines Wissens aber noch nie einen Todesfall gegeben, so Flückiger - höchstens leichte Erfrierungen.

Sleeper und Heilsarmee

Der Hirschenpark ist leer. Flückiger zeigt auf frische Fussspuren im Schnee: "Hoffentlich hat er sich einen wärmeren Platz gesucht." Solche gibt es in der Stadt Bern in der Notschlafstelle Sleeper, wo eine Übernachtung fünf Franken kostet, und im Passantenheim der Heilsarmee, wo elf Franken verlangt werden. Aber auch wenn die Schlafstellen aus allen Nähten platzen: In einer solch kalten Nacht weisen sie niemanden weg. Das Ziel von Pinto sei eigentlich, dass die Obdachlosen in Bern im Winter einen Platz in einem Wohnprogramm finden, betont Flückiger. "Die Vorbereitungen für den Winter fangen für uns deshalb bereits im Herbst an." Im Moment sind der Pinto lediglich drei Männer bekannt, die jede Nacht draussen schlafen - einer davon an der Aare, ein anderer im Bremgartenwald. Im Verlaufe der Nacht werden Silvio Flückiger und Isabelle Beetschen Straumann alle drei besuchen.

Taxis für Nachtschwärmer

Mehr Sorgen als die Obdachlosen bereiten den beiden die Nachtschwärmer, die leicht bekleidet und verschwitzt den Moonliner verpassen und nicht genügend Geld für ein Taxi haben. "Oder zu betrunken sind, um eines zu rufen", sagt Flückiger augenzwinkernd. In einem solchen Fall verhandeln die beiden mit Taxifahrern, damit die Partygänger ohne Erfrierungen nach Hause oder ins Spital gebracht werden. Nach dem Abstecher in den Hirschenpark gehen die beiden via Bahnhof und Bundesterrasse zum Dalmaziquai. Eine Anwohnerin hat angerufen: Sie habe jemanden gesehen, der am Morgen am Aareufer seinen Schlafsack versorgt habe. Auf dem Weg an die Aare kontrollieren Flückiger und Straumann noch die öffentlichen WCs auf der Schützenmatte. "Hier können zwei Personen zusammengerollt die Nacht verbringen." Wie ganz Bern in dieser Nacht sind die WCs aber leer. Neben dem Dalmaziquai entdecken die beiden um 00:30 Uhr in einer windgeschützten Ecke den schlafenden Mann. Er lässt sich aber leicht wecken und hat sich in viele Kleiderschichten und dickem Schlafsack winterlich eingemummelt. Mit Nachdruck betont er, dass er nicht in eine Notschlafstelle gebracht werden möchte - er wolle alleine sein. Auch das Angebot einer Rettungsdecke lehnt er ab. "Wir müssen den freien Willen respektieren", sagt Silvio Flückiger, nachdem die beiden den Mann mit einigen freundlichen Worten zurückgelassen haben. Um 4 Uhr morgens werden sie ihn nochmals kontrollieren. Wenn man in der Kälte einschlafe und sich der Körper zu fest abkühle, liesse man sich nämlich nur durch Schütteln wecken, sagt Flückiger. "Von alleine wachen sie nicht mehr auf." Lediglich wenn eine Person nicht zurechnungsfähig ist, weil sie getrunken oder Drogen genommen hat, schaltet sich Pinto ein und ruft die Polizei. "Ansonsten lassen wir die Leute schlafen - auch wenn sie eine ungemütliche Nacht haben werden."

Nach einem Besuch in der Aarbergergasse warten die beiden Gassenarbeiter vor dem Bahnhof auf die Abfahrt der Moonliner um 1:15 Uhr: "Falls jemand betrunken den letzten Bus verpasst." In dieser bitterkalten Nacht sind die meisten aber bereits zu Hause im warmen Bett - die Moonliner sind fast leer.

Trotz den verlassenen Strassen werden Silvio Flückiger und Isabelle Beetschen Straumann noch bis 5 Uhr morgens patrouillieren. Ein Besuch im Wald, an der Aare und in der Altstadt stehen noch an. Und erneute Kontrollen der WCs. Jessica King

Unterwegs mit Pinto

Bildstrecke von der Patrouille pinto.bernerzeitung.ch

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20 Minuten 3.2.12

Drei Berner Bands im Dachstock

BERN. Drei Berner Rockbands toben sich im Dachstock aus. Läuft der Abend gut, könnte eine regelmässige Berner Gitarrennacht stattfinden.

Wenn nur Berner Bands im Dachstock ihre Gitarren sprechen lassen, dann hat das Seltenheitswert: "Ich kann mich nicht erinnern, wann wir so etwas das letzte Mal bei uns hatten", sagt die langjährige Veranstalterin Sabine Ruch. Heute aber ist es so weit. Für die Bern Baby Burn lässt sie drei lokale Combos die Bühne besteigen: The Shit, Dead Bunny und Trashy Lullabies - allesamt eher neue Namen im Berner Rock-Kuchen.

Geplant war dieses ausschliessliche lokale Line-up aber nicht. "Die Bands habe ich zur gleichen Zeit kennengelernt und einfach für ein Konzert angefragt", so Ruch. Aus der Bern Baby Burn eine Reihe zu machen, habe sie sich aber durchaus überlegt, bestätigt sie. "Bern bringt ja genügend grossartige Rockbands hervor." Verpflichten will sie sich aber noch nicht: "Zuerst warte ich auf die Resonanz aus dem Publikum."

Und dieses dürfte zumindest heute gut bedient werden: Die drei Acts hauen den Dachstock-Gängern einen kleinen Rundumschlag der Rockstile um die Ohren. The Shit ordnen sich eher in der punkigen Rock’n’Roll-Ecke ein; Dead Bunny spielen ungeschliffenen und kraftvollen Rock; die Trashy Lullabies spicken ihren "Club-Rock" mit jeder Menge Synthies. Für die Afterparty hat der Dachstock die Bad-Bonn-DJs Trottles of Dead engagiert.

Pedro Codes

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Bund 3.2.12

Das Publikum als Förderstelle

Morgen geht Wemakeit.ch online, die erste Schweizer Crowdfunding-Plattform für Kultur. Wie funktioniert diese Form der privaten Kulturförderung? Und welche Erfahrungen haben Berner mit der Schwarmfinanzierung bisher gemacht?

Regula Fuchs

Normalerweise geht das so: Hat ein Künstler eine Projektidee, erstellt er ein Dossier und klopft dann bei öffentlichen Förderinstitutionen an, um so Geld zusammenzubringen. Oder, wie es früher in der Musikindustrie gebräuchlich war, er findet ein Label, das das Album vorfinanziert. Was heutzutage jedoch eine Seltenheit ist. Kulturschaffende greifen neuerdings vermehrt auf eine Strategie zurück, die im Charity-Bereich schon länger etabliert ist: Crowdfunding. Der Ausdruck bedeutet Schwarmfinanzierung: Ein Schwarm von Gönnern ermöglicht mit kleineren oder grösseren Beiträgen die Realisierung eines Projekts - und erhält dafür ein Dankeschön des Künstlers, seien das signierte Bücher, T-Shirts, Einladungen zu Vorpremieren oder auch mal ein gemeinsames Nachtessen.

Was vor allem in den USA schon gang und gäbe ist, bekommt nun auch in der Schweiz eine Plattform: Wemakeit.ch geht morgen online, ein Pendant dazu Mitte Februar (siehe Box). Der Künstler Johannes Gees, der Wemakeit initiiert hat, war selber einst Teil einer Crowdfunding-Aktion: "Ich habe damals einen amerikanischen Musiker und Künstler dabei unterstützt, ein Comicbuch herauszubringen. Das Spannende ist, dass man als Gönner ganz nahe bei der Herstellung eines Kunstwerks dabei ist - und Teil von dessen Geschichte wird." So hat Gees zusammen mit Jürg Lehni und Rea Eggli Wemakeit ins Leben gerufen - seinerseits unterstützt vom Migros-Kulturprozent, der Pro Helvetia und der Ernst-Göhner-Stiftung. Wenn die Plattform morgen online geht, werden 20 Projekte aus den verschiedensten Sparten am Start sein, von den zwei jungen Berner Grafik-Designerinnen, die 2750 Franken für eine Buchpublikation brauchen, bis zum in Bern lebenden Filmemacher Mano Khalil, der für den Spielfilm "Die Schwalbe" 55 000 Franken sammeln will.Konkret sieht das dann so aus, dass Khalil in einem Video seinen Film der unbekannten Gönnerschaft schmackhaft macht. Wer will, kann per Kreditkarte zum Beispiel 25 Franken zeichnen. Wenn der gesamte geforderte Betrag innert einer bestimmten Zeit zusammengekommen ist, wird die Zahlung abgebucht. Wird das Finanzierungsziel nicht erreicht, geht der Künstler leer aus. Natürlich möchte Khalil den anvisierten Betrag zusammenbringen, wichtiger ist ihm jedoch vorerst der Werbeeffekt: "Wenn 500 Menschen sich dank Wemakeit für den Film interessieren, habe ich schon 500 Kinozuschauer - mindestens!"Die 55 000 Franken für "Die Schwalbe" sind der grösste Betrag, der aktuell auf Wemakeit eingefordert wird. Die meisten anderen Projekte bewegen sich zwischen 5000 und 9000 Franken. Wemakeit berät die Künstler auch, wie sie ihre Finanzierungsziele am besten erreichen, "schliesslich haben wir selber ja auch ein Interesse daran", wie Rea Eggli sagt. Die Kommission beträgt - im Erfolgsfall - 6 Prozent. "Erfahrungsgemäss erreichen zwischen 40 und 50 Prozent der Projekte das Finanzierungsziel", so Eggli.Johannes Gees hält das Potenzial für Crowdfunding in der Schweiz für gross: "Die Plattform zielt ja nicht nur auf Freunde und Bekannte der Künstler, sondern auch auf Stiftungen oder Firmen, die Projekte für ein finanzielles Engagement suchen." Nachhaltig sei diese Form der Gönnerschaft auch: "Der Künstler hat für ein Folgeprojekt dann schon ein Netzwerk, das er wieder aktivieren kann."

Der Berner Johannes Hartmann von der Filmproduktionsfirma Decoy Collective ist derzeit daran, für die Postproduktion seines Kurzfilms "Deadlocked" Geld aufzutreiben. Ganz bewusst setzt Hartmann auf Crowdfunding - jedenfalls im kleineren Rahmen: "Im Filmbereich dient Crowdfunding oft zur Restfinanzierung. Man dreht den Film, schneidet aus dem Material einen Teaser zusammen und geht damit auf Geldsuche." Als Dankeschön winkt dem Spender dann etwa eine Erwähnung im Abspann - falls er sich als besonders grosszügig erweist, gar als Executive Producer.

"Es dürfte mehr sein"

Während Hartmanns Schwarmfinanzierung erst am Anfang steht, konnte die Berner Band The Shit damit schon Erfolge verbuchen: Auf der amerikanischen Plattform Indiegogo.com hatte sie 6500 Dollar zusammenbringen wollen - und bekam schliesslich über 9000 Dollar an die Finanzierung des neuen Albums. Etwas weniger flott läuft es in Sachen Crowdfunding derzeit der Berner Band Fiji. Ihr belgisches Label Lektroland betreibt auf seiner Homepage diese Art von Geldsammlung für seine Künstler, und obwohl die Unterstützer von Fiji bereits 7500 Euro gesprochen haben, meint Sängerin Simone de Lorenzi: "Es dürfte mehr sein. Ich glaube, viele unserer Fans würden uns lieber einen Hunderter direkt in die Hand drücken, als ihre Kreditkarte zu zücken und alles mühsam einzutippen."

Gesetzt der Fall, dass das Fundraising erfolgreich ist, wie im Fall von The Shit - was bedeutet es für eine Band, die Fans mit an Bord zu haben? Ist der Druck grösser? Laut Peter Hertig von The Shit braucht es viel Ehrlichkeit: "Man darf den Gönnern nicht das Blaue vom Himmel versprechen und es dann nicht einhalten. Wir schätzen das Vertrauen, das jemand hat, wenn er Geld zusagt für ein Album, von dem er noch kein Lied gehört hat."Genau diese Nähe zwischen Künstler und Publikum ist für Johannes Gees der Schlüssel des Crowdfundings: "Die Erfahrungen aus den USA zeigen, dass auch grosse Summen zusammenkommen. Wenn wir im ersten Jahr eine mittlere Projektsumme von 5000 Franken erreichen, dürfen wir zufrieden sein."

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Crowdfunding Auch Ron Orp sucht Schwarmfinanzierer

Gewisse Ideen liegen in der Luft. Neben Wemakeit.ch geht noch eine zweite Schweizer Crowdfunding-Plattform an den Start. Sie heisst 100-days.net, und dahinter stehen Romano Strebel und Christian Klinner, die mit ihrem Ron-Orp-Newsletter Zürich, Bern, Basel, Genf oder London mit Eventtipps bedienen. Das Unternehmen liefert aber nicht nur Ideen, es hat auch oft geholfen, Projekte anzuschieben - der Schritt zur eigenen Crowdfunding-Site ist da kein grosser mehr. Mussten Künstler wie Noël Dernesch bis vor kurzem noch auf US-Plattformen zurückgreifen - der Zürcher sammelte auf Kickstarter 60 000 Franken für seinen Dokumentarfilm über die Reggae-Szene -, bieten sich ihnen nun also gleich zwei heimische Anlaufstellen an. Eine komfortable Situation, die aber zur Frage führt: Sind zwei nicht eine zu viel? Romano Strebel von 100-days.net wie Johannes Gees von Wemakeit (siehe Hauptartikel) sehen der Konkurrenz locker entgegen. Ihm sei wichtiger, dass das Thema Crowdfunding überhaupt lanciert werde, sagt Strebel. Das ist auch für Gees vorrangig. Mittelfristig sieht er dabei eine Entwicklung wie in den USA, wo sich die meisten Plattformen spartenmässig diversifiziert haben. Im Kleinen sind die Differenzen zwischen 100-days.net (ab 16. Februar online) und Wemakeit auch bereits angelegt. Beide funktionieren zwar ähnlich - die Projekte werden ausgewählt, und die Abgaben im Erfolgsfall liegen mit 5 (100-day.net) und 6Prozent (Wemakeit.ch.) etwa gleichauf - dennoch scheint Strebels Plattform etwas informeller. Das zeigt sich darin, dass er und sein Team 100-days.net selber finanzieren. Wemakeit.ch dagegen ist mit einem Businessplan unterwegs und will in drei bis vier Jahren unabhängig sein. Marcel Reusswww.100-days.net

www.wemakeit.ch. The Shit spielen heute Freitag im Dachstock der Reitschule.

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BZ 3.2.12

Anti-WEF-Demo

Kein Gesuch für eine Bewilligung

Auf ihrer Internetseite ruft die linksextreme Gruppierung Revolutionärer Aufbau Schweiz morgen Samstag um 15 Uhr bei der Heiliggeistkirche zur Wiederholung der Anti-WEF-Kundgebung auf. "Wir haben Kenntnis davon, und wir werden die Kundgebung im Auge behalten", sagte gestern der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause auf Anfrage. Laut seinen Angaben ist bis gestern kein Gesuch für eine Bewilligung eingereicht worden.jsp

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20 Minuten 3.2.12

Erneute Demo in Bern geplant

BERN. Als Reaktion auf den Grosseinsatz der Polizei vom 21. Januar anlässlich der Anti-Wef-Demo in Bern wollen Aktivisten morgen nochmals auf die Strasse. Wie der "Bund" berichtet, wollen sich Anhänger des Revolutionären Aufbaus um 15 Uhr vor der Heiliggeistkirche treffen. Ein Bewilligungsgesuch für die Kundgebung ist nicht eingegangen. Die Kapo wollte nicht verraten, wie sie auf die angekündigte Demo reagieren wird.

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Bund 3.2.12

Stadt wird der Reitschule nicht kündigen

Die Reitschulbetreiber müssen das Gebäude wegen Zahlungsverzugs bei der Miete nicht verlassen. Der Stadtrat lehnte eine Forderung von CVP und SVP ab.

Bernhard Ott

"Der Druck auf die Reitschule muss aufrechterhalten bleiben", sagte Henri-Charles Beuchat (CVP) gestern im Stadtrat. Die Betreiber könnten es sich leisten, den Leistungsvertrag abzulehnen, weil der Gemeinderat die Miete trotzdem bezahle. Der künftige Leistungsvertrag verkomme damit zu einem "Stück wertlosen Papier." Es könne nicht sein, dass die Stadt die Miete in einem vertragslosen Zustand überweise, sagte Beuchat. Gemeinsam mit Stadtrat Roland Jakob (SVP) verlangte Beuchat in einer dringlichen Motion, dass die Stadt die Miete für die Reitschule nicht mehr bezahle. Zudem soll die Stadt das Mietverhältnis "wegen Zahlungsverzugs" kündigen und die Mieterschaft notfalls gerichtlich ausweisen lassen.

Alexander Feuz (FDP) hieb in dieselbe Kerbe. "Ich verlange gleiches Recht für alle." Er habe nichts gegen Alternativkultur in der Reitschule. "Aber die Betreiber müssen ausgewechselt werden." Es gehe nicht an, dass permanent gegen die Rechtsgleichheit verstossen werde. Der längst fällige Entscheid des Statthalters in Sachen Entzug der Gastgewerbebewilligung werde durch Bildung einer Arbeitsgruppe von Statthalter, Stadt und Kanton auf die lange Bank geschoben. "Es wäre nichts als richtig, endlich die Konsequenzen zu ziehen", sagte Feuz.

"Kulturkampf ohne Sieger"

Roland Jakob (SVP) wies darauf hin, dass das Parlament über die Ausgestaltung des Leistungsvertrags befinde und nicht der Gemeinderat. Der Stadtrat habe sich für einen ein- statt einen vierjährigen Vertrag entschieden. Die Reitschule habe ihre Unterschrift daraufhin verweigert. "Und darum haben wir heute einen vertragslosen Zustand." Der Stadtrat habe mit der Genehmigung des Leistungsvertrages Ja zur Kultur gesagt, aber nicht Ja zu einer Kultur der Gewalt. "Ohne Vertrag kein Geld", sagte Jakob.

Rolf Zbinden (PDA) vermutete, dass es den Motionären primär darum gehe, "den Topf am Kochen zu halten". Die Demontage der Reitschule werde seit der GFL-Motion zur Schaffung neuer Strukturen in der Reitschule systematisch betrieben. Die Motion von CVP und SVP schaffe aber auch Klarheit. "Es geht nicht mehr um Mehrweggeschirr auf dem Vorplatz, sondern ums Ganze." Bei dem nun anstehenden "Kulturkampf" werde es keine Sieger geben, prophezeite Zbinden. Hasim Sancar (GB) sprach von "Scharfmacherei", Annette Lehmann (SP) von einem "rein populistischen Vorstoss." Die Reitschule sei einer der letzten Freiräume für Jugendliche, der von den Stimmberechtigten bereits fünfmal gutgeheissen worden sei, sagte Lehmann.

Michael Köpfli (GLP) wies darauf hin, dass der Stadtrat den Kredit für die Miete unabhängig vom Leistungsvertrag genehmigt habe. "Kündigung und Ausweisung der Mieterschaft wären daher gar nicht rechtmässig." Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) bestätigte dies und betonte, dass der Stadtrat den Kredit für die Miete nun einmal beschlossen habe. Der Rat hat die Motion schliesslich mit 45 zu 19 Stimmen abgelehnt.

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BZ 3.2.12

Keine Kündigung

Reitschule · Die grosse Mehrheit des Berner Stadtrats will das Mietverhältnis mit der Reitschule-Betreiberin Ikur nicht kündigen. Dies hatten die Stadträte Henri-Charles Beuchat (CVP) und Roland Jakob (SVP) gefordert. Ihre Begründung: Die Ikur habe sich geweigert, den auf ein Jahr befristeten Leistungsvertrag zu unterzeichnen und sei deshalb als Verhandlungspartnerin für die Stadt nicht länger tragbar.mm · Seite 3

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Mitte-links verkürzte Reitschule-Debatte

Stadtrat · Die Mitte-links-Parteien mochten nicht zum x-ten Mal eine Grundsatzdebatte zur Reitschule führen. Es meldete sich keine Fraktion zu Wort. Abgelehnt wurde eine Motion, die forderte, das Mietverhältnis mit der Reitschule aufzulösen.

GFL-Stadtrat Peter Künzler hatte es vor einer Woche prognostiziert, und er behielt recht: Im Wahljahr wird die Reitschule bei fast jeder Stadtratssitzung zum Thema und Auslöser einer Grundsatzdebatte. So auch gestern Abend wieder: CVP und SVP verlangten in einer dringlichen Motion die Kündigung des Mietverhältnisses zwischen der Reithalle-Betreiberin Ikur und der Stadt Bern. Dies, weil sich die Ikur geweigert hatte, den vom Stadtrat auf ein Jahr befristeten Leistungsvertrag mit der Stadt zu unterzeichnen.

Die Forderung von CVP und SVP: Der Gemeinderat müsse ein Exmissionsverfahren in die Wege leiten und den aktuellen Mieter der Reithalle dazu veranlassen, "das Mietobjekt zu verlassen". Der Stadtrat schickte die Motion deutlich mit 45 zu 19 Stimmen bachab.

Nicht erneut diskutieren

Die Motionäre Henri-Charles Beuchat (CVP) und Roland Jakob (SVP) hatten sich für ihre Motion ins Zeug gelegt, liefen aber etwas ins Leere. Von den Mitte-links-Parteien wollte kein Fraktionssprecher das Wort ergreifen. Die erneute Grundsatzdebatte verkürzte sich dadurch beträchtlich. Einige Einzelsprecherinnen und -sprecher traten doch noch ans Mikrofon - die meisten aber nur, um zu sagen, dass eigentlich alles gesagt sei. "Wer gerne mehr Worte hat, kann das Protokoll vom 26. Januar nachlesen. Da haben wir alles gesagt", meinte Sue Elsener (GFL). Michael Köpfli (GLP) fasste die Ausgangslage für den Gemeinderat nochmals zusammen - und zwar so, dass Stadtpräsident Alexander Tschäppät fand, er hätte das nicht schöner sagen können. "Der Stadtrat, also wir alle, hatte das Geld gesprochen, das der Gemeinderat der Reitschule überwiesen hat." Es sei absolut nicht an der Zeit, jetzt über eine Kündigung des Mietverhältnisses zu befinden. Weil der Leistungsvertrag auf ein Jahr beschränkt sei, müsse man im Herbst ja sowieso wieder über die Rahmenbedingungen befinden. "Aber bis dahin müssen wir wirklich nicht an jeder Sitzung über die Reitschule debattieren." mm

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Bund 3.2.12

Parlament macht dem Berner Gemeinderat Beine

Der Stadtrat verliert die Geduld: Die Stadtregierung soll endlich Ideen für eine Umgestaltung des Gebiets Schützenmatte vorlegen.

Markus Dütschler

Die zentral gelegene Berner Schützenmatte wird als Unort empfunden: Reitschule, grosser Parkplatz, Drogenanlaufstelle - und alles garniert mit viel Verkehr. Der Gemeinderat hat vom Parlament mehrfach den Auftrag gefasst, ein Aufwertungskonzept vorzulegen, zuletzt 2009. Doch immer gerät Sand ins Getriebe ("Bund" von gestern).

Gestern kam im Stadtrat eine Motion der SP/Juso-Fraktion von 2009 zur Sprache. Darin wird beklagt, dass der Ort mit Potenzial nur als Durchgangsort benutzt werde. Bereitgestellte Gelder zum Ausarbeiten einer Strategie seien ungenutzt geblieben. Dass der Gemeinderat um eine weitere Fristerstreckung gebeten hat, kam beim Stadtrat nicht gut an. Die Regierung habe nichts unternommen, so Beat Zobrist (SP). Aus dem Stegreif skizzierte er die Idee einer Verlegung der Bushaltestelle an die Schützenmatte, um zu zeigen, dass sich leicht gute Ideen für eine Aufwertung fänden, so man sich auch nur ein wenig Mühe gäbe. Für das Grüne Bündnis sagte Stéphanie Penher, ihre Fraktion sei unzufrieden mit dem Bericht. Der Verweis auf Pläne der Parkhausbetreiberin Awag sei "Schattenboxen", da diese Firma mehrheitlich im Besitz der Stadt sei: Sie könnte die Awag beeinflussen. Christoph Zimmerli (FDP) fand es zu billig, mögliche Ideen des Wettbewerbs Schindler Award abzuwarten. Der Gemeinderat solle sich endlich hinter die Aufgabe klemmen, dazu reiche die Frist bis 31. März 2013. Mit 64 zu 2 Stimmen unterstützte der Rat diese verkürzte Frist.

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derbund.ch 2.2.12

Dauerbrenner Reitschule sorgt erneut für rote Köpfe

sda / bs

Einmal mehr hat das Berner Stadtparlament am Donnerstag über die Reitschule debattiert.

Ein Antrag aus den Reihen von CVP und SVP, das Mietverhältnis zwischen der Stadt und Betreibern aufzukündigen, blieb aber chancenlos. Indem sich die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule (IKuR) geweigert habe, einen Leistungsvertrag von kürzerer Dauer zu unterzeichnen, befänden sich die Betreiber in einem vertragslosen Zustand, argumentierten die Verfasser der dringlichen Motion.

Dies rechtfertige auch die Einleitung eines Exmissionsverfahrens, nach welchem die Mieter zum Verlassen des Objekts gezwungen werden könnten. Die Reitschule-Kritiker aus dem bürgerlichen Lager konnten aber nur 19 Parlamentarier für ihr Ansinnen gewinnen.

Motionär Henri-Charles Beuchat (CVP) gewährte im Rat einen Blick in die Zukunft, indem er sagte, der Druck auf die Reitschule müsse "hoch gehalten werden". Beuchat kündigte umgehend einen weiteren Vorstoss zum Dauerbrenner Reitschule an.

Rolf Zbinden (PdA) wähnte sich hingegen schon in der "Schlussoffensive". Der "Schulterschluss zwischen CVP und SVP" sorge für Klarheit. Es gehe jetzt darum, Farbe zu bekennen - "für oder gegen die Reitschule".

Kritik an Mietfortzahlung

Den Reitschule-Kritikern drückten ihren Unmut darüber aus, dass die Stadt trotz der fehlenden Unterschrift vonseiten der Betreiber weiterhin für den Mietzins aufkommt.

Das habe der Stadtrat im letzten November veranlasst, indem er dem Verpflichtungskredit zugestimmt habe, konterte Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP). Er stellte aber klar, dass der Gemeinderat den Beitrag an die Nebenkosten in Höhe von 60'000 Franken zurückbehalte, solange keine Einigung zustande komme.

Auch der Vorschlag, die Mietzahlungen zu sistieren, wurde vom Rat im Verhältnis 19 zu 45 abgelehnt.

Der Stadtrat hatte den Verpflichtungskredit für die Reitschule im November nur für ein Jahr statt wie vom Gemeinderat beantragt für vier Jahre gesprochen. Daraufhin erklärte sich die IKuR nicht bereit, den Vertrag zu unterzeichnen.

Was Peter Künzler (GFL) bei der Stadtratssitzung vom vergangenen Donnerstag prophezeit hatte, bewahrheitete sich nun schon eine Woche später: Das Thema Reitschule wird im Stadtberner Wahljahr 2012 noch öfter zu Reden geben.

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WoZ 2.2.12

Standpunkt von Christian Pauli

Frou Müller und das Nachtleben in der Hauptstadt

Christian Pauli

Die Berner Altstadt ist zum Schauplatz eines Interessenkonflikts zwischen "schöner Wohnen" und Party- und Undergroundkultur geworden. Der ­Generationenkonflikt bringe eine neue Dynamik ins ­politische Gefüge, schreibt Christian Pauli, Koleiter der Dampfzentrale Bern.

Der Hochsommer 2011 hat der Stadt Bern ein Wort beschert, das so unzutreffend wie erfolgreich ist: "Clubsterben". Es nahm seinen Anfang im Juli, als der Berner Musikclub Sous Soul drohte, seine Kellertüre dichtzumachen   - zermürbt vom Kleinkrieg mit Nachbar­Innen und Behörden. Nach dem "Wasserwerk" schickte sich somit ein zweiter "Traditionsclub" an, von der Bildfläche zu verschwinden. Für die ­Lokalmedien, die vor dem Sommerloch standen, war die angekündigte Schliessung ein Steilpass.

Eine süffige Geschichte

Die Geschichte des "Sous Soul" ist in der Tat ein Knaller: Ein subkulturell geprägter ­Kulturort mit jahrzehntelanger Tradition muss weichen, weil eine zugezogene Soziologin sich von den Bässen bedrängt fühlt und der ­sozialdemokratische Regierungsstatthalter ihr in letzter Instanz recht gibt. Eine ausgehfreudige Jugend, die im Fall des "Sous Soul" eigentlich gar keine mehr ist, sieht sich von einem städtischen Milieu verdrängt, das rot-grüne Regierungsmacht mit "schöner Wohnen" kombiniert. Diese süffige Geschichte konnte sich selbst das Schweizer Fernsehen nicht ver­kneifen.

Seither brodelt es in Berns Underground. Jungfreisinnige, Jungsozialisten, junge Grüne und die junge Mitte schliessen sich im Verein Nachtleben Bern zusammen und verlangen vom Gemeinderat ein "klares Bekenntnis zu einem hauptstadtwürdigen, attraktiven Nachtleben". Die Forderungen der Petition "Pro Nachtleben Bern" sind   - mit über 10 000 Unterschriften Anfang Dezember 2011 eingereicht   - pragmatisch. Es geht um flexible Öffnungszeiten, klare Lärmkonzepte, sinnvolle Lärmgrenzwerte, Sensibilisierung der Nachtschwärmer, Beschleunigung der Bewilligungsverfahren von Clubs und zu guter Letzt: "Die Stadt soll ihre Kultur selber bestimmen."

Überstürzende Ereignisse

Im Stadtrat wird seit anderthalb Jahren ein "Konzept Nightlife" gefordert. Der Gemeinderat schiebt es auf die lange Bank. Anfang Januar aber überstürzen sich die Ereignisse. Weil im alten Kornhaus das Fumoir, das infolge einer behördlichen Auflage extra für Partys eingebaut wurde, aus feuerpolizeilichen Gründen nicht mehr betrieben werden darf, zieht sich der dortige Partyveranstalter zurück. Dieses behördliche Verwirrspiel scheint das Fass überlaufen zu lassen.

Der Ton wird direkter. Man spricht von Aktionen, Demonstrationen, Kulturstreik. Eine erfolgreiche Facebook-Kampagne namens "Figg Di Frou Müller" knüpft sich die erwähnte Soziologin vor und meint damit stellvertretend die "Meiers, Biglers, Burris, Scheideggers, Lüthis und Kipfers, die neben deine Lieblingsbar oder deinen Lieblingsclub ziehen und bald beginnen, sich zu beschweren. Sie ­argumentieren mit Lebensqualität und zögern dabei nicht, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen. Und weil die Entscheidungsträger in den Behörden eben auch Meier, Bigler und so weiter heissen, bekommen die Kläger recht." Dem Verein Nachtleben droht die Sache aus dem Ruder zu laufen   - eine für Samstag letzter Woche geplante Aktion mitten in der Nacht wurde abgeblasen.

Kommen tun sie trotzdem

Auch die beschauliche Stadt Bern mutiert zur 24-Stunden-Gesellschaft. An jedem Wochenende karrt der ÖV-Anbieter Bern Mobil Ausgehwillige aus der Agglo im Halbstundentakt ins Zentrum und bis früh morgens zurück (Werbeslogan: "Wir holen dich da raus"). Man sagt, dass pro Wochenende an die 10 000 Ausgänger­Innen in die Berner Innenstadt strömen, mit den entsprechenden Littering- und Securityfolgen. Der Polizeichef stellt nüchtern fest: Für diese Menge ist die Innenstadt zu klein. Aber kommen tun sie trotzdem, die Nachtschwärmer und Ausgehwütigen. Und dar­unter sind nun mal viele, die man lieber nicht in der Stadt hätte.

In der Debatte um das "Clubsterben" spiegelt sich ein Generationenkonflikt, der eine neue Dynamik ins festgefahrene politische Gefüge bringt. Lange hat die Reitschule alles absorbiert, was diese Stadt an jugendlicher Unruhe produziert. Nun werden Anliegen laut, die über die Reitschule hinausgehen. Auf der einen Seite haben wir die rot-grüne Stadtregierung, die hier seit zwanzig Jahren am Ruder ist und entsprechend verkrustet und verstaubt wirkt. Jahrelang mühte sich der Gemeinderat mit der rebellischen und unentwegt pubertären Reitschule ab   - mit Erfolg übrigens. Die Rot-Grünen konnten sich nicht "trotz" der Reitschule halten, sondern genau dieser Konflikt hat das rot-grüne Lager immer wieder und dauerhaft geeint.

Nun aber droht plötzlich neuer und zusätzlicher Ärger aus der Altstadt. Eine Clubklientel, die weder speziell sympathisch noch explizit politisiert ist, will etwas, was sie als schlicht normal ansieht: bis zum Morgengrauen auf den Putz hauen.

Der Einsatz von Facebook, Twitter und Co. hat zu einer zusätzlichen Beschleunigung und Unübersichtlichkeit geführt. Es wird kommuniziert wie der Teufel, Kampagnen werden vom Stapel gelassen, alles ist plötzlich halböffentlich. Der legendäre Kulturstreik im Oktober 1987 in Bern führte zur Wiedereröffnung der Reitschule. Das war eine klandestin ausgeführte Meisterleistung, die die gesamte Kulturszene hinter die Reitschule scharte. Heute kann jeder Löli überall seine Kommentare hinterlegen. Die Folge ist eine mediale Hysterie.

Eine mediale Hysterie

Wie der Prenzlauer Berg in Berlin ist die Berner Altstadt zum Schauplatz eines Interessenkonflikts zwischen "schöner Wohnen" à la Frau Müller und Party- und Undergroundkultur geworden. Die Frage ist interessant: Wem gehört diese Unesco-geschützte Altstadt? Der Gemeinderat, der sich auf eine satte Mehrheit links der Mitte verlassen kann, hat keine Antwort parat. Statt eine lebendige Nachtkultur als Standortvorteil zu verkaufen oder zumindest als Selbstverständlichkeit zu deklarieren, schickt er den Sicherheitsdirektor auf die Piste.

CVP-Mann Reto Nause, der in seiner Jugend auch mal Punkmusik gehört haben will, verstrickt sich. "Die Dichte an Clubs ist beträchtlich", sagte Nause im "Bund". Was bei den aufgebrachten Clubkämpfern umgehend für mehr Unmut sorgte. Wie hatten Züri West schon 1987 lakonisch festgehalten ("Hansdampf"): "We z’Bärn irgendöpper Kultur macht, de chunnt meischtens nume d’Polizei." Es wird interessant sein zu beobachten, ob der aktuelle Konflikt, 25 Jahre nach dem Kulturstreik, erneut politisiert wird. Wenn ja, haben wir vielleicht gar einen heissen Sommer 2012 vor uns. Altachtziger freuen sich schon auf Folge zwei von "Berner Beben".

Christian Pauli (48) ist Koleiter der Dampfzentrale und Präsident des Berner Kulturveranstalterverbands Bekult.

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kulturagenda.be 2.2.12

Gute Nacht? - Meinungen zur Berner Clubszene (2)

In unserer Interview-Serie fragen wir: Wie steht es um das Berner Nachtleben? Christian Pauli ist (bald abtretender) Co-Leiter der Dampfzentrale. Als Präsident der Kultur- Dachorganisation Bekult bezieht er Stellung.

Nach dem vermeintlichen Aus der Kornhausforum- Partys wegen Fumoir-Auflagen kam letzte Woche Entwarnung: Nun muss also doch kein Fumoir eingebaut werden. Eine erfreuliche Entwicklung?

Man kann es als positives Zeichen werten, dass bei den Behörden etwas Bewegung ins Spiel gekommen ist. Aber das ist nur ein Detail. Hier geht es um eine grundsätzlichere Angelegenheit.

Worum geht es denn?

Die Stadt ist in den letzten Jahren mit einem Phänomen konfrontiert. Nämlich mit einem grossen Ausgehbedürfnis Jugendlicher und Junggebliebener, wobei sich dies immer mehr in die Nacht hineinerstreckt und eine grosse Menge Leute in die Stadt bringt. Der Gemeinderat hat noch nicht begriffen, welche Dimension es angenommen hat und welcher gesellschaftliche Wandel sich darin manifestiert.

Bis jetzt hat sich von den Gemeinderäten einzig der Sicherheitsdirektor Reto Nause in die Diskussion eingemischt.

Nauses Aussagen zeigen, wie technokratisch das Problem angegangen wird. Er spricht von 107 Clubs. Damit will er sagen, das Angebot sei gross und darum kulturell gesehen kein Problem. Ein Irrtum: Man kann nicht 107 Clubs von der Aufreissbar bis zum Altstadt-Subkulturkeller über einen Kamm schlagen.

Bekult hat das Thema Nachtleben letzte Woche besprochen. Wie ist ihre Haltung?

Wir nehmen dieses Thema ernst. Wir werden mit dem Komitee Pro Nachtleben Bern zusammensitzen, um gemeinsame Aktivitäten zu diskutieren. Wir haben festgestellt, dass es nicht mehr nur um Sous Soul und Wasserwerk geht, sondern dass breiter und politischer diskutiert wird. Das ist zu begrüssen.

"Wir nehmen das Thema ernst" -so richtig Fleisch am Knochen hat das nicht.

Unser Engagement ist nicht 100 Prozent, weil sich unsere Mitglieder nicht zu 100 Prozent für das Thema interessieren. Das hat auch damit zu tun, dass die Clubs bei Bekult etwas marginal vertreten sind. Aber die Einsicht ist da, dass es eine Frage ist, die mit der Kulturstadt Bern zu tun hat, und darum beschäftigen wir uns auch damit.

Was halten Sie von Partymeilen, also von Sonderzonen für die Clubkultur?

Ich finde es fragwürdig, wenn man die Massen irgendwo abfüttert und das Nachtleben sicherheitsmässig hygienisch einwandfrei einrichtet, damit es nirgends Probleme gibt. Eine Stadt ist per se ein Mix verschiedener Bedürfnisse, und die müssen verhandelt werden.

Anwohner pochen aber verständlicherweise auf ihr Recht auf Ruhe. Schlaflose sind hartnäckig.

Die Kampagne "Figg di Frou Müller" ist vulgär formuliert. Aber sie trifft das Problem auf den Punkt. Warum soll die Altstadt den Besserverdienenden überlassen werden? In der Berner Altstadt treffen nun einmal -im Gegensatz zu einem Sonnenhang in Muri -verschiedene Bedürfnisse aufeinander.

Das Prinzip "Wer sich an etwas stört, soll wegziehen" ist aber nicht gerade der gute Umgangston an einem Ort der verschiedenen Bedürfnisse.

Letztlich gilt es immer die Bedürfnisse abzuwägen. Wenn aber jemand neben einem bestehenden Club einzieht, sich beschwert und damit den Club in die Knie zwingen kann, erfolgte die Abwägung nicht gerade optimal.

Interview: Michael Feller

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WoZ 2.2.12

Film

Lachen, bitte!

Etwas Humor wünscht sich das Kino in der Reitschule in Bern im Februar. Das ist gut so, denn zu lachen hat die Reitschule im Moment nicht so viel: Im November segnete der Stadtrat den vierjährigen Leistungsvertrag nicht ab, sondern schloss vorerst nur einen einjährigen Vertrag mit der Reitschule ab. Und auch sonst ist das Berner Nachtleben langsam zum Heulen. Das Konzertlokal Sous Soul wurde letztes Jahr geschlossen, das Wasserwerk macht bald dicht, und auch aus dem Kornhaus werden Partys verbannt   - der Lärm stört die AnwohnerInnen (vgl. Seite 20).

"Wir wünschen Humor" lautet die Filmreihe, in der das Kino in der Reitschule ganz unterschiedliche Werke zeigt, bei denen man lachen kann. So ist "Herr Lehmann" (2003) von Leander Haussmann zu sehen, die Verfilmung des gross­artigen gleichnamigen Romans von Sven Regener. "Aaltra" (2004) von Benoît Delépine und Gustave Kevern ist eine skurrile Komödie über zwei Nachbarn, die sich hassen, während einer Prügelei von einem umkippenden Traktoranhänger getroffen werden und im Rollstuhl landen. Bei einer Zugreise werden sie wieder zu Nachbarn und erleben eine grosse Überraschung.

Mit "This Must Be the Place" (2011) von Paolo Sorrentino ist auch ein Film programmiert, der eben noch in den Kinos lief und einen überragenden Sean Penn in der Rolle des abgehalfterten Rockstars zeigt. "Cinco días sin Nora" von Mariana Chenillo erzählt mit bissigem Humor vom Tod, der Liebe und der Ehe. Und der Dokumentarfilm "Moi c’est moi" der Berner Regisseurin Gabriele Schärer berichtet vom Zusammen­leben von Jugendlichen und deren Freundschaft in Bern West, wo immer wieder mal Humor gefragt ist. süs

"Moi c’est moi" in: Bern Kino in der Reitschule, Fr/Sa, 3./4. Februar, 21 Uhr, in Anwesenheit der Regisseurin und der DarstellerInnen. www.reitschule.ch

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kulturagenda.be 2.2.12

Der Zauberer von Oz im Kino in der Reitschule

Am Flohmi-Sonntag, jedem ersten Sonntag im Monat, zeigt das Kino Reitschule einen Kinderfilm. Im Februar ist es der Kinoklassiker "Der Zauberer von Oz" aus dem Jahre 1939. Der Film nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Lyman Frank Baum erzählt von den Abenteuern der kleinen Dorothy, die es nach einem Wirbelsturm ins magische Land Oz verschlägt.
Kino in der Reitschule, Bern. So., 5.2., 13.30 Uhr

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Bund 2.2.12

"Afterparty".

Die Party ist vorbei und die Euphorie verduftet: Das Bühnenkollektiv Pink Mamas hat festgestellt, dass es sich wie ein Kater anfühlt, wenn man merkt, dass das Erwachsenenleben die Jugend definitiv abgelöst hat. In "Afterparty" wird diese Stimmung mittels Tanz, Schauspiel und Songs auf die Bühne gebracht. (reg)

Tojo-Theater Reitschule Donnerstag, 2. bis Samstag, 4. Februar, 20.30 Uhr. Sonntag, 5. Februar, 19 Uhr.

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kulturagenda.be 2.2.12

Getrieben von der ewigen Gier nach mehr

Die Kompanie Pink Mama Theatre inszeniert in ihrem neuen Stück, "Afterparty ", mit viel Ironie die Trostlosigkeit und Absurdität der ewigen Party. Dargestellt wird diese Situation in verschiedenen Stimmungsbildern.

Drei Superhelden in schillernden Roben und transparenten Plateauschuhen befinden sich auf einer gelben Decke mitten im Raum. Die Melodie "La Bella Malinconia" aus Fellinis Film "La Dolce Vita" plätschert im Hintergrund vor sich hin. Langsam löst sich Batman aus der Gruppe und schreitet mit erhobenem Haupt lächelnd in den Raum.
Während er sich selbstversunken der eigenen Sinnlichkeit hingibt, räkelt sich Superman wohlig am Boden und Horny Brille versinkt im Selbstmitleid. Auf seinen Ausspruch "Meine Begabung tut mir weh, sie ist kaputt" hin wendet sich sein Gegenüber mit beruhigenden Worten an ihn, und Batman fordert ihn auf, mit ihm zu tanzen.

Wechselbad der Gefühle im Crossover-Stil

Um dieses scheinbar zeit- und raumlose Schweben an der Feier nach der Feier geht es in "Afterparty" von Pink Mama Theatre. Die drei Superhelden stehen für die Partygänger, die sich in den frühen Morgenstunden entweder in einer Art Dämmerzustand befinden oder total überdreht sind. Wenn dann das Nervenmäntelchen etwas schief sitzt, können aus dem Gefühl von allumfassender Liebe im Nu arge Zweifel an sich selber und der Welt entstehen.
Slawek Bendrat, Dominik Krawiecki und Simon Reimold, die drei Darsteller und Gründer von Pink Mama Theatre, versuchen, diese Emotionen in einer Mischung aus Sprechtheater, Tanz und Gesang sowie Performance auszudrücken. Die verschiedenen Teile des Stückes stehen dabei nicht in einem linearen Zusammenhang. Sie sind eher wie unterschiedlich gefärbte Stimmungsbilder zu verstehen, die kontinuierlich ineinander übergehen und zu immer neuen Figurenkonstellationen führen.

Die Wiederholung des ewig Gleichen

Das chamäleonartige Verhalten der Protagonisten verleiht dem Stück sowohl eine witzige als auch eine tragische Note. Gerade diese Zwiespälte gefallen der Truppe Pink Mama Theatre: "Es geht um Genusssucht, Selbstbetrug und um die Wiederholung des ewig Gleichen", meint Simon Reimold, der im Stück Horny Brille spielt. Für "Afterparty" haben sich Pink Mama Theatre thematisch von Fellinis "La Dolce Vita" inspirieren lassen, in dem es um das rauschhafte Leben der feinen Römer Gesellschaft geht. Auch Ionescos Einakter "Die Stühle", ein Stück des Absurden Theaters, hat eine Rolle gespielt. Hier geht es vor allem um die verzerrte und idealisierte Wahrnehmung der Vergangenheit.
Der genreübergreifende Stil der Truppe hat sich aus der Experimentierlust und den künstlerischen Hintergründen der drei Mitglieder ergeben: Der Pole Slawek Bendrat arbeitet als Tänzer, sein Landsmann Dominik Krawiecki ist Regisseur und Schauspieler. Der Dritte im Bunde, der Deutsche Simon Reimold, war ursprünglich Musiker und liess sich später auch noch zum Schauspieler ausbilden. Kennengelernt haben sich die drei am Luzerner Theater, seit Längerem arbeiten sie an gemeinsamen Projekten. Die Truppe Pink Mama Theatre wurde vor noch nicht einmal einem Jahr in Bern gegründet. "Afterparty " ist nach "Escort" ihr zweites Stück. Für diesen Herbst ist eine weitere Produktion geplant.

Christine A. Bloch
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Tojo Theater, Bern
Premiere: Do., 2.2., 20.30 Uhr
Weitere Vorstellungen: Fr., 3., und Sa., 4.2.,

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kulturagenda.be 2.2.12

Dusty Kid mit neuem Album auf Tour

Der italienische Produzent Dusty Kid macht auf seiner Tournee halt in der Schweiz und präsentiert im Dachstock sein lang ersehntes neues Album, "Beyond That Hill". Die "Night of Progressive Techno" verspricht treibende Bässe, melodischen Techhouse und elektronische Clubmusik. Weitere live Acts in dieser Nacht sind Disko Dario sowie Dreksler & Härle von Elektrostubete aus Bern. Diverse DJs runden die Techno-Nacht ab: Frango, Casa Show, Brian Python, Xylophee und Meskal.
Dachstock in der Reitschule, Bern. Sa., 4.2., 23 Uhr

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Bund 2.2.12

Steamboat Switzerland

Dampfablass im Dachstock

Das Steamboat Switzerland ist ein wunderlicher Kutter auf den unruhigen Gewässern der experimentellen Musik. Das Trio bestehend aus Dominik Blum, Marino Pliakas und Lucas Niggli vermengt die animalischen Instinkte des Hardcore mit der Kopflastigkeit der Neuen Musik. In Bern wird es um einen 8-köpfigen Bläsersatz erweitert, zur Uraufführung gelangt unter anderem ein Stück des Berner Komponisten Marc Kilchenmann. (ane)

Reitschule Dachstock Do, 2. Feb., 20 Uhr.

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BZ 2.2.12

Neue Musik, die sich selber zerstört

Konzert · Das Trio Steamboat Switzerland spielt Klänge an der Schnittstelle zwischen Neuer Musik, komplizierter Avantgarde und knüppelhartem Rock. Heute bringt das Ensemble in der Reitschule das Werk "egregoros" des Berner Komponisten Marc Kilchenmann zur Uraufführung.

Noch funktioniert nicht alles wunschgemäss beim Probenbesuch im Dachstock der Berner Reitschule: Gerade eben ist das Netzwerk zusammengebrochen, über das die drei Musiker von Steamboat Switzerland von einem zentral gesteuerten Computer die exakten Tempoangaben per Kopfhörer erhalten. Rasch verlegt ein Techniker ein neues Kabel. Bis zur Uraufführung von "egregoros" muss die Technik einwandfrei funktionieren, damit nur noch die Musik ihr Eigenleben entwickelt. Gerade so, wie es sich der Berner Komponist Marc Kilchenmann vorstellt: "Mit diesem Werk wollte ich gewissermassen eine Maschine komponieren, die nicht mehr zu beherrschen ist", erklärt er in einer Probenpause. Im Stück, das Teil eines grösseren Zyklus über die Vorsokratiker ist, setzt sich der Komponist mit dem griechischen Philosophen Heraklit auseinander. Von ihm stammt der berühmte Ausspruch "panta rhei" - alles fliesst. "Bei Heraklit geht es darum, dass alles in ständiger Veränderung ist - und gerade dadurch gleich bleibt", führt Kilchenmann aus. "Mit dieser Dialektik setzt sich meine Musik auseinander."

Musikalisches Inferno

Wie man sich das vorstellen muss, erklärt Kilchenmann in komplizierten und wortreichen Ausführungen. Kurz zusammengefasst funktioniert das Werk so: Über die streng ausnotierten Stimmen für die drei Instrumente Hammondorgel, Bass und Schlagzeug wird eine je individuelle, wellenförmige Tempospur gelegt. Das führt dazu, dass jeder Musiker mal schneller, mal langsamer wird. Die Stimmen verschieben sich so ständig gegeneinander. Doch das ist noch nicht alles: Es kommen acht Bläser hinzu, die durch ihre rhythmischen und repetitiven Einwürfe eine Art musikalisches Störgeräusch erzeugen. Zuerst ganz leise, steigern sich die Bläserstimmen bis zum Schluss zum musikalischen Inferno und zerstören die Musik des Trios: Kilchenmann hat sozusagen einen Selbstzerstörungsmechanismus in seine Komposition eingebaut. Kern des Ensembles ist das Trio Steamboat Switzerland mit dem Organisten und Pianisten Dominik Blum, dem Bassisten Marino Pliakas und dem Schlagzeuger Lucas Niggli. Mit seiner eigenwilligen Vermischung von Neuer Musik und der musikalischen Ästhetik einer Rockband stösst das Trio regelmässig in ganz neue Hörräume vor. In der freien Improvisation ist Steamboat Switzerland ebenso zu Hause wie in der komponierten Musik.

Aussenseiter und Pioniere

Umrahmt wird die Uraufführung von Kilchenmanns Werk "egregoros" durch Werke von zwei Komponisten, die zu ihrer Lebzeit als eigenwillige und grenzüberschreitende Pioniere ihre Zeitgenossen vor den Kopf stiessen und so ausgezeichnet zu Steamboat Switzerland passen: Einerseits ist das Perotinus Magnus. Der Komponist, über den so gut wie nichts bekannt ist, hat vor fast tausend Jahren an der Kathedrale Notre-Dame in Paris mit neuartigen, drei- und vierstimmigen Stücken mit der damals vorherrschenden Klangästhetik des gregorianischen Chorals gebrochen. Für Steamboat Switzerland hat Marc Kilchenmann ein Stück des französischen Komponisten neu arrangiert. Und auch Hermann Meier war stets ein Aussenseiter. Vom Schweizer Avantgarde-Komponisten kamen zu seinen Lebzeiten nur ganz wenige Werke zur Aufführung. So kommt es, dass mit Hermann Meiers "Plan, Ende November" eine zweite Uraufführung auf dem Programm steht, auch wenn die Komposition aus dem Jahr 1976 stammt.

David Loher

Konzert: Steamboat Switzerland Extended: "Sederunt Principes" für Orgeltrio und acht Bläser, mit Kompositionen von Perotinus Magnus, Hermann Meier und Marc Kilchenmann. Dachstock, 21.30 Uhr. Türöffnung: 20 Uhr; www.dachstock.ch.

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kulturagenda.be 2.2.12

Musikalische Energieerhaltung

Steamboat Switzerland überwindet Stilgrenzen zwischen Klassik, Jazz und Rock. Im Dachstock präsentiert das experimentelle Trio zusammen mit acht Bläsern Kompositionen von Pérotin, Hermann Meier und Marc Kilchenmann.

Das klingt nach Dixieland-Jazz: Steamboat Switzerland. Doch die Assoziation könnte falscher nicht sein. Hinter dem Namen, der von einer Adolf-Wölfli- Geschichte stammt, steckt eine der radikalsten, herausragendsten Bands der Schweiz. Auch wenn der Begriff Avantgarde längst überstrapaziert ist, hier passt er wie kein anderer, hier spielt die Zukunftsmusik.
Man soll vorsichtig sein mit Spekulationen über die Zukunft. Trotzdem: Zumindest ein Aspekt des Steamboat- Sounds hat das Zeug zum Mainstream: "Wir haben die Band 1995 gegründet, weil wir Neue Musik mit der Kraft und der Körperlichkeit von Rock'n'Roll machen wollten", sagt Pianist und Organist Dominik Blum. Tatsächlich schaffen es Blum, Schlagzeuger Lucas Niggli und Bassist Marino Pliakas mit stupender Leichtigkeit, die intellektuellen Leistungen von Klassik, Jazz und Neuer Musik mit einem Groove zu verbinden, den man nur aus der Rockmusik kennt.

Geistige Freiheit

"Das hermetisch Klassische hat für mich nie existiert", erklärt Blum im Gespräch. Er, der sich im Moment der Musik der Spätromantik widmet, ist mit den Beatles und Aretha Franklin aufgewachsen. Das Klavierspiel brachte er sich als kleiner Junge selbst bei. Profimusiker konnten ihn mit zwölf überreden, Stunden zu nehmen. Von da weg setzte er sich intensiv mit Klassik auseinander. In den Neunzigern machte ihm unter anderem der Noise-Metal der Melvins die Rockmusik wieder interessant.
Diese geistige Freiheit gegenüber den Stilen und Epochen findet man auch im aktuellen Projekt von Steamboat Switzerland. Benannt ist es nach den "Sederunt Principes" von Pérotin, der um 1200 Magister in der Kathedrale von Notre-Dame war. In die Musikgeschichte eingangen ist der Franzose, weil er als Erster überhaupt Musik mit drei bis vier voneinander unabhängigen Stimmen schrieb. "Die ‹Principes› sind eines meiner absoluten Lieblingsstücke", schwärmt Blum. Er habe schon lange von einer Steamboat-Fassung geträumt.

Ununterbrochene Veränderung

Die "Principes" hat Marc Kilchenmann nun für das Trio und acht Bläser adaptiert. Der Komponist ergänzt die Aufführung zudem mit Werken des verkannten Schweizer Avantgardisten Hermann Meier und seiner eigenen Komposition "Egregoros".
"Mein Stück ist Teil eines längeren Zyklus ", erklärt Kilchenmann, "in dem ich mich musikalisch mit den vorsokratischen Philosophen beschäftige." In "Egregoros" bezieht er sich auf Heraklit: "Sein Denken hat mich frappiert, besonders seine Aussage, dass sich alles im Wandel befindet, aber auch immer alles gleich bleibt." Daraus habe er eine Art künstlerischen "Energieerhaltungs- Satz" abgeleitet, sagt er und lacht.
Die Struktur von "Egregoros" beruht nun auf Sinuskurven. Tonal repetitiv gestaltet, befindet sich die Musik im selten durchbrochenen Fluss, ändert unablässig Lautstärke und Tempo. "Das kann nur gespielt werden, weil Philipp Kocher von der Zürcher Hochschule der Künste eine Software entwickelt hat, die jedem Musiker den dauernd an- und abschwellenden Takt vorgibt", erklärt Kilchenmann. Klingt verkopft? Bei Steamboat Switzerland wird es grooven.

Silvano Cerutti
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Dachstock in der Reitschule, Bern
Do., 2.2., 20 Uhr. www.dachstock.ch

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Kulturagenda.be 2.2.12

3 Kulturtipps von Gabriele Schärer

Gabriele Schärer ist Regisserin und Dozentin an der Schule für Gestaltung Bern-Biel. Für die letzte Vorstellung ihres Films "Moi, c'est moi - Ich bin ich" kommt sie mit ihren Darstellern in die Reitschule. (Kino in der Reitschule, Bern. Fr., 3., und Sa., 4.2., 21 Uhr)

1. Lichtspiel-Sonntag Nr. 598 (So., 5.2., 20 Uhr)
Lasst euch einen der letzten kultigen Kurzfilmabende in den Hallen der ehemaligen Schokoladenfabrik Tobler nicht entgehen.

2. "Moi, c'est moi -Ich bin ich" im Kino in der Reitschule (Fr., 3., und Sa., 4.2., 21 Uhr)
Ein Film über das Vertrauen in die Kraft der Freundschaft.

3. Landschafter mit Julian Sartorius in der Dampfzentrale (Do., 9.2., 21 Uhr)
Im Februar eröffnet der "Landschafter" Balthasar Jucker mit seinem mechanischen Schattentheater und zusammen mit dem Schlagzeuger Julian Sartorius neue audiovisuelle Räume.


Einen Freund, der sich grundsätzlich nicht für
Musik interessiert, würde ich überreden, ans
Konzert in der Dampfzentrale zu gehen, …

… indem ich ihm vor Augen führen würde, dass er wahrscheinlich der einzige Berner ist, der noch nie einen Landschafter gesehen hat.

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Bund 2.2.12

Schützenmatte: Warum steht der Gemeinderat auf der Bremse?

Die Berner Schützenmatte ist nicht nur ein sozialer Brennpunkt, sondern auch ein Politikum. Seit 2006 fordern Politiker immer wieder, dass das Areal zwischen Reitschule, Aarehang und Bahnhof aufgewertet werden soll.

Passiert ist jedoch wenig. Der Gemeinderat, der 2009 beauftragt worden war, einen Planungsprozess einzuleiten, verlangt heute im Stadtrat mehr Zeit. Als Grund für die Verzögerung wird angegeben, dass eine Lösung gefunden werden müsse, um die Parkfelder auf der "Schütz" zu ersetzen. Dies, weil die Betreiberin des P + R Neufeld auf einen Ausbau verzichte. Diese hingegen sieht in einem Ausbau kein Problem. Auf Anfrage heisst es: "Wir haben die Pläne. Wir müssen sie nur aus der Schublade ziehen." (len) - Seite 19

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Das Warten auf die neue "Schütz" geht weiter

Seit Jahren fordern Politiker, dass die Berner Schützenmatte aufgewertet wird. Der Gemeinderat findet aber doch immer wieder Gründe, die heisse Kartoffel nicht anzufassen. Aktuell blockiert sich die Stadtregierung gleich selbst.

Christoph Lenz

Es klingt sehr unverdächtig. Die Autoeinstellhalle Waisenhausplatz AG (Awag) teilte dem Gemeinderat im Februar 2011 per Brief mit, auf den Ausbau des P+R Neufeld zu verzichten. Ein folgenschwerer Entscheid. Der Gemeinderat hat seit 2009 den Auftrag, die Schützenmatte aufzuwerten. Voraussetzung dafür ist aber, dass ein Ersatz für die aufzuhebenden Schützenmatte-Parkfelder gefunden wird. Ohne Ausbau im Neufeld ist das Geschäft blockiert - oder: "offen", wie es der Gemeinderat ausdrückt.

Erstaunlich daran: Die Awag, die die Planung des Gemeinderates durchkreuzt, gehört zu 62 Prozent der Stadt Bern. Der Berner Gemeinderat bestimmt drei von fünf Verwaltungsräten der Awag, und mit Finanzdirektorin Barbara Hayoz (FDP) sitzt sogar eine Gemeinderätin im Führungsorgan der Awag. Der Gemeinderat steht sich bei der Schützenmatte also selbst im Weg.

Verunsicherung und Gewalt

Es ist nur eine weitere Episode in dieser langen Geschichte. Seit 2006 fordern Berner Politiker die Umgestaltung und Aufwertung des Gebietes Bollwerk-Schützenmatte. Mehrere Vorstösse hat der Stadtrat beraten und überwiesen. Mal wurden Sofortmassnahmen gefordert, mal eine Gesamtplanung. Hier ging es um die Sicherheit, da um die Beleuchtung, dort um einen Planungskredit.

Zusätzlichen Schwung erhielten die Befürworter einer Aufwertung 2009 durch eine Studie. Diese bezeichnete den Perimeter Bollwerk-Schützenmatte als "Raum der Verunsicherung". Gewalt in den verschiedensten Erscheinungsformen präge das Ambiente. Damit war das Fuder überladen: Im November 2009 setzte der Stadtrat den Diskussionen ein Ende. Er beauftragte den Gemeinderat, ein Gestaltungskonzept auszuarbeiten und eine Umnutzung des Perimeters Bollwerk-Schützenmatte zu forcieren.

Wer steht auf der Bremse?

Die Forderung geht auf GB-Fraktionschefin Stéphanie Penher und SP-Stadtrat Beat Zobrist zurück. Letzterer ist um markige Worte nicht verlegen: "Was seit 2009 geschehen ist? Gar nichts."

Stadtplaner Mark Werren bestätigt: "Seit der Studie aus dem Jahr 2009 sind wir nicht weitergekommen." Ursache der Verzögerung ist nicht der Mangel an Geld - der Gemeinderat hat in der mittelfristigen Investitionsplanung 2012 bis 2015 immerhin 800 000 Franken budgetiert. Das Problem seien vielmehr die Aufgabenlast und die dünne Personaldecke des Planungsbüros, die es zurzeit nicht erlaube, Arbeitskräfte für neue Projekte freizustellen. "Wir mussten in den letzten Jahren knallhart Prioritäten setzen", so Werren. "Die Schützenmatte hat darunter gelitten."

Allerdings erweckt es den Anschein, als stehe bei der Aufwertung der Schützenmatte vorab der Gemeinderat auf der Bremse. Jedenfalls fallen der Stadtregierung immer wieder neue Gründe ein, weshalb es gerade sehr ungünstig sei, vorwärtszumachen. Wohl erkannte Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) beim Brennpunkt Bollwerk schon 2007 Handlungsbedarf. Doch steckte er den Planungshorizont zunächst recht offen ab: beim Jahr 2030. Die Argumentation damals: Erst müsse man abwarten, bis der SBB-Tiefbahnhof Gestalt annehme.

Nach Gesprächen mit den SBB stellte Tschäppät zwei Jahre später einen Startschuss im Jahr 2012 in Aussicht. Drei Stolpersteine seien aber noch aus dem Weg zu räumen, erklärte er. Die Volksinitiativen "Autofreier Bahnhofplatz" und "Verkauf der Reitschule" sowie das Parkplatzproblem. Die beiden Volksbegehren wurden 2009 und 2010 bachab geschickt. Damit bleibt noch das Parkplatzproblem im Neufeld.

Awag: "Ausbau ist kein Problem"

Auf Nachfrage bei der Awag erweist sich auch dieses als nichtig. "Die Awag hat geprüft, ob sich ein Ausbau des P+R Neufeld wirtschaftlich lohnt", sagt Hugo Staub, Stadtberner Verkehrsplaner und AWAG-Verwaltungsrat. Die Studie, die einen Ersatz der Schützenmatte-Parkfelder nicht mit einbezog, habe ergeben, dass ein Ausbau derzeit nicht sinnvoll sei. Wenn die Stadt Bern aber den Ausbau wolle, sei das kein Problem. "Wir haben alle Pläne. Wir müssen sie nur aus der Schublade ziehen. Aber der Entscheid muss vom Gemeinderat kommen. Die Awag selbst spielt hier keine aktive Rolle."

Heute soll das Berner Stadtparlament dem Gemeinderat zwei weitere Jahre Zeit geben, um die Planung Schützenmatte aufzugleisen. Das Argument: Der "Schindler Award 2012" (siehe Kasten) verspreche einen frischen Blick auf die Problematik und eine Erweiterung des Lösungsspektrums. SP-Stadtrat Beat Zobrist will da nicht mitmachen. "Ich werde beantragen, die Fristverlängerung auf 16 Monate zu reduzieren. Es gibt keinen Grund, länger im Schlendertempo fortzufahren." Für die zweite Schützenmatte-Motion, die zeitgleich mit Zobrists Vorstoss überwiesen wurde, hat der Gemeinderat noch keine Fristverlängerung beantragt. Verfasserin und GB-Fraktionschefin Stéphanie Penher sagt: "Ich warte."Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) war gestern für den "Bund" nicht zu sprechen.

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Schindler Award Studenten entwickeln Ideen für Ödland "Schütz"

Derweil auf lokaler Ebene die Neugestaltung der Schützenmatte aufgeschoben wird, macht der Schweizer Lifthersteller Schindler Nägel mit Köpfen. Studienobjekt des renommierten Architekturwettbewerb Schindler Award ist 2012 der Berner Brennpunkt zwischen Aarehang, Reitschule, Bahnhof, Kunstmuseum und Lorrainebrücke. In der Ausschreibung wird das Areal als "eigentümlicher Mix aus Ödland, Treffpunkt von Kulturaktivisten und Rückzugsgebiet von Randgruppen" geschildert. Nun sind Architekturstudenten aus ganz Europa aufgefordert, ihrer Inspiration freien Lauf zu lassen und neue Nutzungsmöglichkeiten für das urbane Spannungsfeld zu entwickeln. Im Vordergrund steht dabei die barrierenfreie Gestaltung - der verbesserte Zugang zur Aare ist explizit erwünscht. Bereits haben sich über 370 Studententeams für den Wettbewerb angemeldet, nur deren zwei stammen aus der Schweiz. Der Schindler Award ist mit einem Preisgeld von 5000 Euro dotiert, weitere 25 000 Euro gehen an die Hochschule der Sieger. Beurteilt werden die Eingaben von einer Jury, der auch Stadtplaner Mark Werren und der Berner Soziologe Martin Beutler angehören. Die Gewinner werden am 7. Dezember im Zentrum Paul Klee ausgezeichnet. (len)

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Bund 2.2.12

"In den Polizeikessel zu laufen, bringt nichts"

Die Anti-WEF-Demo wird am Samstag wiederholt und wohl erneut wenig mobilisieren - anders als früher. Die Bewegung ist am Boden und gespalten.

Simon Jäggi

Am Samstagnachmittag um 15 Uhr wird vor der Heiliggeistkirche nochmals ein neuer Anlauf gestartet: Die Anti-WEF-Demo soll zwei Wochen später wiederholt werden, wie der Webseite der linksextremen Gruppierung Revolutionärer Aufbau (RAS) zu entnehmen ist. Ein Bewilligungsgesuch ist bei der städtischen Gewerbepolizei bisher nicht eingetroffen, wie Leiter Marc Heeb auf Anfrage sagt. Ob wieder mit einem Grossaufgebot zu rechnen ist, darüber ist bei der Medienstelle der Kantonspolizei nichts in Erfahrung zu bringen; auch ob sie wieder mit Ausschreitungen rechnet, will die Polizei nicht sagen.

Die Demo ist eine Reaktion auf den massiven Polizeieinsatz vor eineinhalb Wochen. Die Kantonspolizei erstickte mit einem Grossaufgebot die unbewilligte Kundgebung im Keim und kesselte die rund hundert Demonstranten ein und führte sie einzeln ab - mit der Begründung, im Vorfeld sei zu Gewalt aufgerufen worden. Bei den Diskussionen um die Verhältnismässigkeit ist eine Erkenntnis fast untergegangen: Die Anti-WEF-Demos scheinen kaum noch zu mobilisieren - im Gegensatz zu früheren Jahren (siehe Chronik).

Was sind die Gründe für den Niedergang? David Böhner ist seit Beginn eine wichtige Figur der globalisierungskritischen Bewegung in Bern und war aktiv in der inzwischen aufgelösten Anti-WTO-Koordination, die den Widerstand gegen das Weltwirtschaftsforum mitorganisiert hat - bis 2006 auch die Kundgebungen in Bern. Für Böhner ist die Repression einer der Hauptgründe, warum die Bewegung ihre Mobilisierungskraft verloren hat: "Viele Leute sind durch die massiven Polizeieinsätze eingeschüchtert worden." Es könne auch nicht Ziel sein, "frontal in die Konfrontation zu laufen", findet Böhner: "In einen Polizeikessel zu laufen, bringt nichts."

Kritik am Revolutionären Aufbau

Doch die Teilnehmer der Anti-WEF-Demo von vorletztem Wochenende taten genau das: Sie liefen direkt in den Polizeikessel. Auch in der linken "Wochenzeitung" (WOZ) wird diese Strategie in einem Artikel kritisiert. Geschrieben hat ihn der Berner Journalist Dinu Gautier, selber jahrelang Teilnehmer der Anti-WEF-Kundgebungen. Im Artikel kritisiert der ehemalige WOZ-Inlandredaktor Andrea Stauffacher, die Galionsfigur des Revolutionären Aufbaus, die an der Demo verkündet habe, solche Repressionserlebnisse würden die Anwesenden nur stärken. "Mit Verlaub: Würde das stimmen, die Anti-WEF-Bewegung wäre in den Kesselorgien des letzten Jahrzehntes dermassen kräftig geworden, dass WEF-Chef Klaus Schwab schon längst das Weite gesucht hätte. Das Gegenteil ist passiert." Gautier wirft dem Revolutionären Aufbau vor, dass dieser gar keine breite Bewegung wolle. Empörung sei das eine, sagt Gautier auf Anfrage - diese in Mobilisierung umzumünzen, aber das andere. Der Occupy-Bewegung sei das eher gelungen, auch wenn diese in der Schweiz eher schwach sei. Und auch Böhner findet, dass die Empörung vorhanden wäre - das zeige die Entwicklung in Europa, etwa mit den Platzbesetzungen in Spanien.

Die Differenzen zwischen RAS und anderen Organisationen, welche die Anti-WEF-Demos mittrugen, brachen nach dem Landquarter "Kessel" auf. Den RAS-Aktivisten wurde damals vorgeworfen, dass sie die tausend Leute aufgefordert hätten, in Landquart aus dem Sonderzug zu steigen - was manche als Auslöser der Einkesselung sahen.Für Böhner sind die internen Streitereien ein weiterer Grund für die Schwäche der Bewegung. Bemerkenswert ist auch, dass die Demo vom vorletzten Samstag zu einem Zeitpunkt angesetzt wurde, als die globalisierungskritischen Veranstaltungsreihe Tour de Lorraine im Gang war - auch Böhner ist dort massgeblich beteiligt: "Der Termin war nicht gerade ideal", meint er lakonisch. An der Demo vom Samstag wird er aber teilnehmen wegen des aus seiner Sicht "völlig jenseitigen" Polizeieinsatzes, der viele Leute wütend gemacht habe. Und weil er es wichtig finde, dass der Widerstand gegen das WEF auf die Strasse getragen werde. Böhner glaubt denn auch: Diesmal werden mehr Leute kommen.

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Chronik der Anti-WEF-Demos Krawalle und Kleinaktionen

Zum ersten Mal Anti-WEF-Protest in Bern, Februar 2001: Der Protest gegen das WEF schwappt auf Bern über. 1000 Teilnehmer der bewilligten Kundgebung protestieren friedlich gegen den Polizeieinsatz in Davos und Zürich, wo es zuvor zu wüsten Auseinandersetzungen gekommen ist. Organisiert wird die Kundgebung von einem breiten Bündnis, an dem neben der Anti-WTO-Koordination auch der Revolutionäre Aufbau beteiligt ist. Ruhiges Übergangsjahr, Februar und September 2002: Das WEF findet in New York statt. In Zürich kommt es erneut zu Krawallen. In Bern demonstrieren im September anlässlich des Europatreffens des World Economic Forum (WEF) in Salzburg 800 Personen relativ gewaltfrei. Krawallnacht in Bern, Januar 2003: Nach der Anti-SVP-Randale 2007 finden in diesem Jahr die massivsten Krawalle des Jahrzehnts in Bern statt. 1000 WEF-Gegner kommen in einem Sonderzug von Zürich und Landquart in Bern an, in der Folge kommt es zu stundenlangen Scharmützeln um den Bahnhof. Fazit: drei verletzte Polizisten, über 100 000 Franken Sachschaden und ein gehässiges politisches Nachgeplänkel. Der damalige Polizeidirektor Kurt Wasserfallen (FDP), der vom Gemeinderat später entmachtet wird, spricht von "Terrorismus". Der "Kessel von Landquart", Januar 2004: In Bern kommt es zu keinen Demonstrationen, aber auch viele Berner Aktivisten geraten nach einer friedlichen Demo in Chur in den berüchtigten "Kessel von Landquart". Auf das "grösste Polizeiaufgebot" wird mit Schabernack reagiert, Januar 2005: Weitgehend friedlich demonstrieren in Bern 1000 Menschen gegen das Davoser WEF, die Polizei hat schon vor der Demo "das grösste Polizeiaufgebot angekündigt, das Bern je gesehen hat". Die Organisatoren reagieren mit ironischen und friedlichen Kleinaktionen. Wieder Strassentheater, weniger Demonstranten, Januar 2006: Wieder setzen die Aktivisten auf Musik und Strassentheater - im Jubeltrubel des Samstagshoppings geht die Demonstration aber unter. In zehn Städten finden die bewilligten Kundgebungen statt, jene in Bern zieht gerade noch 300 Teilnehmer an.Umstrittener Polizeieinsatz, Januar 2008: An der Anti-WEF-Demo vom 19. Januar fährt die Polizei mit einem Grossaufgebot auf, 242 Demonstranten werden festgehalten. Die Polizei hat kurz vor der Demonstration die Bewilligung zurückgezogen. Für ihren Grosseinsatz erntet die Polizei auch Kritik: Zu reden geben neben den vielen Verhaftungen etwa auch die Anhaltungen zweier Journalisten. Aufgrund des Polizeieinsatzes rufen die Aktivisten eine Woche später zu einer zweiten Demonstration auf, die bewilligt wird und friedlich verläuft. An der ersten Demo nehmen ungefähr 1000 Personen teil, an der zweiten ungefähr die Hälfte. Tanzend durch die Innenstadt, Januar 2009: An der Tanzparade "Dance Out Moneymania", die vom Bärengraben zum Waisenhausplatz führt, nehmen 300 meist junge Personen teil. Die fast vierstündige, bewilligte Veranstaltung ist von Aktivisten rund ums "Paradiesli" organisiert und findet medial wenig Beachtung. Im Keim erstickt, 23. Januar 2012: Nach zwei Jahren kommt es in der Berner Innenstadt wieder zu einer Kundgebung, die im Keim erstickt wird. Die Polizei kesselt die rund 100 Demonstranten beim Bollwerk ein und führt sie einzeln ab. Gesamthaft bringt die Polizei 172 Personen in die Warte- und Festhalteräume im Berner Neufeld. (jäg)

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20 Minuten 1.2.12

Anti-Wef-Demo: Käser steht zum Polizeieinsatz

BERN. Der Einsatz an der illegalen Anti-Wef-Demo in Bern vom 21. Januar sei "absolut verhältnismässig und gerechtfertigt" gewesen, so Polizeidirektor Hans-Jürg Käser gestern im Parlament. Bei Personenkontrollen vor der Kundgebung sei es zu Gewalt gegen Polizisten gekommen. Ausserdem seien Gegenstände wie Petarden und Pfefferspray gefunden worden. Linke Politiker kritisierten das Verhindern der Demo und fürchteten um die Meinungsfreiheit.

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Langenthaler Tagblatt 1.2.12

Käser rechtfertigt den Polizeieinsatz

Fragestunde · Viele Teilnehmer der geplanten Anti-WEF-Demo vom 21. Januar waren gewaltbereit

Bruno Utz

Der Grosseinsatz der Kantonspolizei zur Verhinderung der am 21. Januar in Bern geplanten Anti-WEF-Kundgebung war nach Meinung von Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP) "verhältnismässig und gerechtfertigt". Dies gab Käser gestern im Rahmen der Fragestunde den Grossräten Nathalie Imboden (Grüne/Bern) und Daniel Hügli (SP/Biel) zur Antwort. "Im Vorfeld der Kundgebung wurde massiv zur Gewalt aufgerufen, zum Beispiel im Internet." Ein Bewilligungsgesuch habe die Stadt Bern nie erhalten. Und der Versuch einer Kontaktaufnahme durch die Stadtbehörden sei gescheitert.

"Zusammen mit dem Gemeinderat der Stadt Bern hat die Kantonspolizei deshalb entschieden, die Teilnehmer der Demo einer Personenkontrolle zu unterziehen", so Käser. Dabei seien Polizisten angegriffen worden. "Zudem stellte die Polizei zahlreiche Gegenstände wie Petarden, Pfeffersprays und Helme sicher, welche die Gewaltbereitschaft der kontrollierten Personen dokumentieren." Die von Imboden nachgefragte Untersuchung der Vorfälle erübrige sich, sagte Käser. Einerseits würden die Polizeieinsätze bereits heute durch verschiedene Aufsichtsorgane kontrolliert, andererseits seien Anzeigen wegen Landesfriedensbruchs erfolgt. "Somit wird der Einsatz der Kantonspolizei im laufenden Strafverfahren durch die Justiz überprüft." Zu den Kosten des Polizeieinsatzes konnte Käser gestern noch keine Angaben machen.

Käser dementierte diverse Medienberichte zu einem angeblichen Helikoptereinsatz in Biel. Die Kantonspolizei habe Tiefflüge durchgeführt, um Hanfpflanzen auf Balkonen zu finden. "Wurden dafür tatsächlich Helikopter eingesetzt?", wollte Sabine Kronenberg (GLP/Biel) wissen. Die Kapo besitze gar keinen Helikopter, sagte Käser. Und die fraglichen Hanfpflanzen seien alle gut von öffentlichem Grund aus sichtbar gewesen.

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bernerzeitung.ch 31.1.12

Käser rechtfertigt Polizeieinsatz an Anti-WEF-Demo

sda / mas

Der bernische Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser hat am Dienstag im Grossen Rat den Polizeieinsatz an der Anti-WEF-Kundgebung vom 21. Januar verteidigt. Dieser Einsatz sei absolut verhältnismässig und gerechtfertigt gewesen, sagte Käser.

Mit einem Grosseinsatz verhinderte die Polizei am Samstag vor einer Woche in Bern schliesslich die unbewilligte Kundgebung von WEF- Gegnern. Im Vorfeld der geplanten Kundgebung sei massiv zu Gewalt aufgerufen worden, sagte Käser in der Fragestunde vom Dienstag im Kantonsparlament. Deshalb habe es auch Personenkontrollen gebraucht.

Bei diesen Kontrollen sei es zu Gewalt gegen die Polizisten gekommen. Bei den Kundgebungsteilnehmern habe die Polizei Gegenstände vorgefunden wie Petarden und Pfefferspray. Angesichts der Gewaltbereitschaft der kontrollierten Personen sei der Einsatz der Polizei gerechtfertigt gewesen, sagte Käser.

Im Übrigen kontrollierten verschiedene Aufsichtsorgane jeweils die Polizeieinsätze, sagte der Polizei- und Militärdirektor weiter. In diesem Fall werde auch die Justiz den Grosseinsatz der Kantonspolizei prüfen. Es seien nämlich Anzeigen wegen Hausfriedensbruch in Aussicht gestellt worden. Zu den Kosten des Polizeieinsatzes konnte Käser keine Angaben machen.

Restkosten für Mitholztunnel

Das Parlament wollte auch wissen, welche Restkosten der Kanton Bern im Zusammenhang mit der Sanierung des Mitholztunnels tragen müsse. Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer erinnerte daran, dass die Restkosten für den Kanton aus dem erzielten Vergleich rund 5,3 Millionen Fr. betragen.

Dazu kommen Kosten für Notmassnahmen und für den Bau der Notstrasse aus dem Jahr 2004 von rund 6 Millionen Franken. Das juristische Tauziehen um die Schäden am Lawinenschutztunnel von Mitholz endete mit einem Vergleich. Der Kanton Bern erhält von den Verantwortlichen 16 Millionen Franken. Der Regierungsrat erachte die vereinbarte Lösung als gut für den Kanton, sagte Egger-Jenzer.

Der 640 Meter lange Lawinenschutztunnel auf der Zufahrtsstrasse nach Kandersteg wurde 2002 in Betrieb genommen. Nur zwei Jahre später musste der Tunnel wegen Einsturzgefahr bereits wieder geschlossen werden.

Nach umfangreichen Abklärungen entschied sich der Kanton Bern schliesslich 2006 für die Sanierung des maroden Bauwerks. Diese kostete mit 21,5 Millionen Franken sogar noch etwas mehr als der seinerzeitige Bau des Tunnels mit 19 Millionen Franken. Im Jahr 2009 ging der sanierte Lawinenschutztunnel wieder in Betrieb.

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Bund 31.1.12

Gemeinderat will der Reitschule nicht kündigen

Eine Vertragsauflösung widerspreche dem Volkswillen, sagt die Stadtregierung.

Anfang Dezember reichten die Stadträte Henri-Charles Beuchat (CVP) und Roland Jakob (SVP) eine dringliche Motion ein, in der sie fordern, das Mietverhältnis zwischen der Reithalle und der Stadt Bern zu beenden. Dies, da die Reitschulbetreiber sich weigerten, den auf ein Jahr gekürzten Leistungsvertrag zu unterzeichnen, weshalb die Reitschule gegenwärtig in vertragslosem Zustand sei. Der Gemeinderat lehnt die Motion in seiner Antwort "entschieden" ab. Der Vorstoss wird am Donnerstag im Stadtrat behandelt. Es seien neben rechtlichen vor allem politische Gründe, die den Gemeinderat zu seiner Haltung veranlassten, schreibt er in seiner Antwort. Der Stadtrat habe in der Sitzung vom 17. November den Beschluss gefasst, der Reitschule für das Jahr 2012 den Verpflichtungskredit von 380 000 Franken zuzusprechen. Ein Rauswurf der Reitschulbetreiber widerspreche nicht nur diesem Beschluss, sondern auch fünf Volksabstimmungen, die den Erhalt der Reitschule forderten. Die Miete für das erste Quartal - sie beträgt 80 000 Franken sei deshalb schon überwiesen worden, nicht aber die Nebenkosten. Diese würden ausbezahlt, sobald eine für alle akzeptable Lösung gefunden sei. (ks)

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BZ 31.1.12

Gemeinderat steht aus "politischen Gründen" hinter Reitschule

Stadt Bern. Zwei Stadträte verlangen, die Verträge mit der Reitschule zu künden, und fordern die Stadt dazu auf, die Miete nicht mehr zu überweisen. Der Gemeinderat lehnt dies "entschieden" ab - vor allem aus "politischen Überlegungen".

Es verging kaum eine Stadtratssitzung in den letzten Wochen, an der nicht in irgendeiner Form über die Reitschule debattiert wurde. Am Donnerstag ist es ein weiteres Mal so weit. So konkret wie in der Motion, die übermorgen behandelt wird, waren bisher aber nicht alle Vorstösse formuliert. Die Stadträte Henri-Charles Beuchat (CVP) und Roland Jakob (SVP) fordern den Gemeinderat dazu auf, ein Exmissionsverfahren gegen die Mieter der Reitschule einzuleiten. Das würde bedeuten, dass die Betreiber die Liegenschaft verlassen müssten. Die Stadt als Besitzerin der Immobilie Reitschule würde das Verfahren aufgleisen. Die Motionäre halten fest, dass dieses Gesuch jederzeit gestellt werden könne - wenn der Mieter erkläre, dass er nicht ausziehe.

Mietanteil ist schon bezahlt

Die Motionäre fordern zudem, ihren Vorstoss für dringlich zu erklären. Denn die Stadt habe ja bereits 80 000 Franken für die Miete im ersten Quartal an die Stadtbauten überwiesen - obwohl die Reitschule den Leistungsvertrag mit der Stadt ablehnte. Der Stadtrat hatte diesen bekanntlich auf ein Jahr beschränkt.

Eine politische Antwort

Der Gemeinderat beantragt nun, die dringliche Motion abzulehnen. In der schriftlichen Antwort macht er klar, dass er ein Exmissionsverfahren "entschieden" ablehne. Dafür gebe es einerseits einige rechtliche Gründe. Im Detail geht der Gemeinderat allerdings nicht näher darauf ein. Ausschlaggebend seien anderseits aber nicht rechtliche, sondern "vor allem politische Überlegungen". Wiederholt hätten sich die Stadtberner Stimmberechtigten für die Erhaltung der Reitschule ausgesprochen. Die Exmission der Reitschule-Betreiber würde laut Gemeinderat nicht nur dem Volkswillen widersprechen, sondern auch dem Vorgehen, wie es der Stadtrat im November 2011 gewünscht habe. Der Gemeinderat habe den Auftrag des Stadtrats so verstanden, dass er mit der Reitschule-Betreiberin Ikur Lösungen für die Probleme finden müsse, die der Stadtrat bemängle. Diese Verhandlungen sollten nun in diesem Sinne weitergeführt werden.

"Es braucht neue Trägerschaft"

Mitmotionär Henri-Charles Beuchat (CVP) bedauert die Antwort des Gemeinderats "sehr", wie er sagt. "Es ist eine entlarvende Ehrlichkeit des Gemeinderats. Er hat seine Antwort einfach politisch, aber nicht rechtlich begründet." Beuchat macht klar, dass eine Exmission nicht gleichbedeutend mit der Schliessung der Reitschule-Betriebe sein müsse. "Es geht darum, die Verträge mit den jetzigen Vertragspartnern seitens der Reitschule aufzulösen. Denn es ist offensichtlich, dass sich diese Personen um die Verträge und Regeln foutieren", sagt Stadtrat Beuchat. Es brauche eine neue Trägerschaft, die gewährleiste, dass in der Reitschule gleiches Recht eingehalten werde wie sonst überall. Wolf Röcken

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20 Minuten 31.1.12

Reitschüler dürfen bleiben

BERN. Der Gemeinderat der Stadt Bern will das Mietverhältnis zwischen den Betreibern der Reitschule und den Stadtbauten nicht kündigen. Man lehne dies entschieden ab, teilte der Gemeinderat gestern mit. Ausschlaggebend für den Entscheid seien vor allem politische Gründe - so hatten sich die Stimmbürger an der Urne wiederholt für den Erhalt der Kulturinstitution ausgesprochen. Derzeit ist man bei der Stadt deshalb dabei, mit den Reitschul-Verantwortlichen einen Leistungsvertrag auszuhandeln, der für beide Seiten stimmt. Bürgerliche Stadträte hatten den sofortigen Rausschmiss der Reitschüler gefordert, nachdem diese die Unterschrift auf dem einjährigen Leistungsvertrag verweigert hatten. Sie wollten einen vierjährigen Vertrag, der ihnen wegen mangelnder Vorschriften zur Sicherheit vom Stadtrat aber verweigert wurde. NJ

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bern.ch 31.12.12

Stadtratssitzung 3.2.12

(...)

10.     Dringliche Motion Henri-Charles Beuchat (CVP), Roland Jakob (SVP): Einleitung eines Exmissionsverfarens gegen die Mieter der Reithalle (PRD: Tschäppät)     11.000346
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/11.000346/gdbDownload

 (...)

12.     Motion Fraktion SP/JUSO (Beat Zobrist. SP) vom 22. Januar 2009: Gestaltungskonzept Bollwerk-Schützenmatte-Hodlerstrasse¸ Fristverlängerung (PRD: Tschäppät)     09.000032
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/09.000032/gdbDownload

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Bund 31.1.12

Polizei Interview mit dem Polizeikommandanten Stefan Blättler, "Bund" vom 25. Januar

Besorgniserregender Umgang mit dem Gewaltmonopol

Gesunder Menschenverstand reichte vielen Passanten und Passantinnen am 21. Januar aus, um festzustellen, dass der Polizeieinsatz gegen einige wenige Demonstrierende nicht verhältnismässig war.

Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei Bern, hingegen scheint dies nicht zu kümmern. Schliesslich foutiert er sich ja auch um die rechtliche Lage - laut Interview im Bund müsse man nicht mit ihm darüber diskutieren, ob Unschuldige festgenommen und angezeigt wurden. Das zeugt von einem mangelnden Verständnis der rechtlichen Lage und des Polizeiauftrags.

Grundsätzlich scheint Selbstkritik nicht Blättlers Stärke zu sein. Zwar fordert er, wo auch immer möglich, dass sich Demonstrierende von Gewalt distanzieren sollen, selber schafft er es aber nicht, die offensichtliche und belegte Gewaltanwendung seiner Zivilfahnder am 22. September in der Reitschule zu verurteilen.

Dieser Umgang mit dem Gewaltmonopol ist einer Demokratie nicht würdig.

Rahel Ruch, Bern, Vizepräsidentin FSU

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Bund 31.1.12

Noch kein neuer Standort für die Stadtnomaden

Eigentlich laufen die drei Monate des Vereins Alternative auf dem Viererfeld heute aus. Die Stadt Bern führt aber noch Gespräche.

Anfang November zogen die Stadtnomaden mit ihren Bauwagen, Traktoren und anderen nicht mehr ganz strassentauglichen Vehikeln vom Schermenareal aufs Viererfeld. Das Grundstück gehört dem Kanton. Gemäss dem Rotationsprinzip, welches zwischen Stadt, Kanton und der Burgergemeinde vereinbart wurde, sollte der Verein Alternative alle drei Monate den Standort wechseln. Nun ist es an der Stadt, einen Standort zur Verfügung zu stellen. Derzeit gibt es aber noch keine spruchreife Lösung.

"Wir befinden uns in der Endphase der Gespräche", erklärte Walter Langenegger, Informationschef der Stadt Bern. "Wir sind zuversichtlich, bis Ende dieser oder Anfang der nächsten Woche einen neuen Standplatz gefunden zu haben." Zudem müssten die Betroffenen noch informiert werden. Der Gemeinderat beabsichtigt, in Riedbach eine definitive Lösung mit einer Zone für alternative Wohnformen zu realisieren. Bis dahin will der Gemeinderat bei der ARA Neubrück eine Übergangslösung ermöglichen. Dagegen gibt es aber massiven Widerstand.

Beim kantonalen Amt für Gebäude und Grundstücke ging man gestern noch davon aus, dass der Umzug wie geplant Ende Januar erfolgen wird. Eine offizielle Anfrage der Stadt für eine Verlängerung lag nicht vor. (wal)

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bern.ch 31.1.12

Stadtratssitzung 3.2.12 (Wagenplatz Bethlehem)

(...)

7.     Dringliche Interpellation Alexander Feuz (FDP), Ueli Jaisli (SVP): Gelten die Bauvorschriften nicht im Pfründwald? (PRD: Tschäppät) verschoben vom 26. Januar 2012     11.000361
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/11.000361/gdbDownload 

8.     Interpellation Fraktion SVPplus (Ueli Jaisli, SVP): Dauernomaden - diesmal im Pfründwald (PRD: Tschäppät) verschoben vom 1. Dezember 2011 und 12. Januar 2012     11.000216
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/11.000216/gdbDownload

(...)

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Indymedia 30.1.12
https://switzerland.indymedia.org/de/2012/01/85218.shtml

Samstag: Demo in Bern wird wiederholt: ANTI-WEF Demo 2.0

AutorIn : Anti-WEF        

Samstag 04.02.2012 um 15.00 Uhr bei der Heiliggeistkirche in Bern.    
   
Nein, wir lassen uns nicht einschüchtern, weder von den Polizeihundertschaften noch von den Politiker_innen, die deren Angriff gegen uns befohlen haben. Wir werden wieder und wieder auf die Strasse gehen, bis die Gründe für Umweltzerstörung, Ausbeutung, Hunger und Unterdrückung beseitigt sind! Nicht weil wir uns gerne den polizeilichen Demütigungen und Schikanen aussetzen, sondern weil wir die alltäglichen Zumutungen und die Zerstörung des Planeten und die Ausbeutung seiner Bewohner_innen satt haben und nicht mehr schweigend hinnehmen.

Wir kennen ihre Machenschaften. Es ist nicht das erste Mal, dass sie uns mit einem riesigen Polizeiaufgebot daran gehindert haben, Kritik zu äussern. Dass sie uns gefesselt, weggeschleift und weggesperrt haben. Dass sie uns bedroht und geschlagen haben. Dass sie uns den Gang auf die Toilette verweigert haben. Dass sie uns befohlen haben, die Kleider auszuziehen. Dass sie uns mit Tränengas eingesprüht haben. Dass sie die Stadt polizeilich besetzt haben. Dass sie unsere Transparente, Flugblätter und Broschüren beschlagnahmt haben.

Wir wissen, warum sie es getan haben. Nicht wegen den angeblichen "Gewaltdrohungen" haben sie uns am Samstag geschlagen, verhaftet, gefesselt und eingesperrt. Mit Gewalt haben diese Herren und Damen nämlich kein Problem. Im Gegenteil: Gewalt üben sie selber aus um unsere Bewegung, die radikale Kritik an diesen Verhältnissen übt, zu kriminalisieren und zu schwächen. Die angebliche "Gewaltdrohung" war, wie schon oft, ein Vorwand. Die Repression gegen unliebsame Kritikäusserung wird in Bern schon länger systematisch vorangetrieben: Das Anti-AKW-Camp wurde geräumt, Demonstrierende einer Solidaritätsdemo samt Tram "gekidnappt", die Anti-Repressionsdemo angegriffen, die SVP wurde mit schier unvorstellbaren Ressourcen beschützt und die Berner Bevölkerung dabei schikaniert... Dass Polizei und Politik jedes Mittel recht ist, um ihre Massnahmen zu rechtfertigen, zeigen die Lügengeschichten rund um die prügelnden Zivilfahnder in der Reitschule. Warum sie das tun ist klar: Sie verteidigen das herrschende System dogmatisch, kompromisslos!

Wir wissen, warum wir es tun. Weil wir nicht schweigen wollen, wenn sich Bonzen_innen und Politiker_innen mit Kulturheinis und sonstigen Berühmtheiten umgeben und sich als die Retter_innen inszenieren, die mit "neuen Modellen die Welt verbessern" wollen, während sie in Wahrheit die Agenten_innen und Organisatoren_innen der herrschenden Verhältnisse sind. Die Brandstifter_innen präsenteiern sich als Feuerwehr, die Ausbeuter_innen als Wohltäter_innen, die Unterdrücker_innen als Befreier_innen. Sie sprechen in ihrer noblen Schwatzbude darüber, wie sie die Probleme lösen könnten, die sie selber täglich von neuem reproduzieren. Sie werden nicht müde zu wiederholen, wie schwer sie an ihrer Verantwortung tragen, während sie uns die Löhne kürzen, die Mieten erhöhen, die Jobs kündigen, die Sozialleistungen zusammenstreichen…

Wir scheissen auf das WEF, weil es nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems ist. Weil sich dort die Eliten der kapitalistischen Welt treffen und austauschen und weil wir wissen, dass wir von diesen nichts Gutes zu erwarten haben.

Wir rufen dich auf, gemeinsam mit uns zu protestieren, wenn du nicht schweigen willst, während sich Mörder_innen, Ausbeuter_innen und Unterdrücker_innen im verschneiten Davos zur ihrer Selbstbeweihräucherung treffen. Wenn du genug hast, vom Druck auf der Baustelle, von den Arbeitszeiterhöhungen in der Fabrik, vom Mobbing im Büro, vom Stress im Spital, von den Polizeikontrollen und Schikanen, von der Hetze in den Medien, vom Leistungsdruck in der Schule und an der Uni, von der Umweltzerstörung, von der alltäglichen Konkurrenz, von Burnout, Verdrängung, Welthunger, Ausgrenzung, Rassismus, Sexismus, Krieg und Krise. Wir haben nämlich längst genug davon!

Wir sehen uns am 04.02.2012 um 15.00 bei der Heiliggeistkirche in Bern.

"Wollen wir es schnell erreichen,
brauchen wir noch dich und dich.
Wer im Stich lässt seinesgleichen,
lässt ja nur sich selbst im Stich."
(Berthold Brecht)

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kulturstattbern.derbund.ch 30.1.12

Weltuntergang mit den Aeronauten

Von Gisela Feuz am Montag, den 30. Januar 2012, um 12:20 Uhr

20 Kerzen auf der Geburtstags-Torte können die Aeronauten dieses Jahr auspusten. Wer die Schaffhauser-Truppe nicht kennt, hat ja wohl so richtig überhaupt keine Ahnung von guter Schweizer Musik dem kann man nur schwer beschreiben, was den Charme dieser Mannen ausmacht, zumal sich deren Musik nicht recht in eine Stilschublade packen lassen will. Lüpfiger Pop gehört nämlich genau so in das Repertoire der Aeronauten wie Punk und zwischendurch wird auch mal ein Abstecher in den Swing, eine Country-Parodie oder in die New Wave-Ecke gewagt.

Ein weiteres Wahrzeichen, nebst dem Stilmix, sind die deutschen Texte von Sänger Olifr Maurmann (einigen wohl auch als Guz bekannt), der seine manchmal charmant banalen, manchmal bizarren Alltagsbeobachtungen auf herrlich unaufgeregte und lakonische Art zum Besten gibt.

Lakonisch kann ja nun der Herr Matto Kämpf auch gut, das wissen wir nicht erst seit seinen Tiergeschichten, und drum passt das ganz wunderbar, dass er den Herren Aeronauten zum Geburtstag ein Video gebastelt hat. Passend zum angekündigten Weltuntergang wird hier das Ende von allem vorausgesagt, wobei als Steckenpferd offenbar eine überdimensionierte Weisswurst mit Lametta hinhalten muss und die Schutzanzug-Tanzchoreographie an Dynamik kaum zu überbieten ist.

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=yp7RvzR1R8I

Das Resultat der Aeronauten-Kämpf Kooperation kann wohl durchaus als ironischer Kommentar auf die 21.12.2012-Hysterie verstanden werden und dass die ganze Weltuntergangssuppe dann vielleicht doch nicht so heiss gelöffelt wird, wie sie gekocht wurde. Und falls doch: Soll sie doch untergehen, die doofe Welt. Hauptsache die Schreiberin darf vorher ein Mal mit dieser Lametta-Weisswurst ausreiten.

Die Aeronauten spielen diesen Freitag 3. Februar im Mokka Thun und am 8. März im Rössli der Reitschule.

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kulturstattbern.derbund.ch 30.1.12

Kulturbeutel 5/12

Von Ruth Kofmel am Montag, den 30. Januar 2012, um 05:03 Uhr

(...)

Frau Feuz empfiehlt:
Wer bombastischen Indie-Pop mag, der gehe am Mittwoch in die Turnhalle vom Progr zu Bianca Story. Die Basler stellen dort ihr neues Album "Coming Home" vor. Am Freitag lohnt sich ein Besuch im Dachstock. Dort spielen nämlich Dead Bunny zusammen mit The Shit, was so viel bedeutet, wie dass gegaragnet wird, was das Zeugs hält.

(...)

Herr Sartorius empfiehlt:
Das Trio Steamboat Switzerland baut aus - und erweitert sich am Donnerstag im Dachstock zum Steamboat Switzerland Extended Ensemble, um das Stück "Sederunt Principes" für Orgel-Trio und acht Bläser des Berner Komponisten Marc Kilchenmann aufzuführen.

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Bund 30.1.12

"Der Trend zurück in die Stadt wird stärker"

Der Bevölkerungsdruck in der Stadt Bern kann durch verdichtetes Bauen alleine nicht mehr aufgefangen werden. Bern braucht eine Stadterweiterung. Stadtplaner Mark Werren erklärt, wo und wie die Stadt wachsen könnte.
Interview: Bernhard Ott

Das Stadtplanungsamt denkt über eine Stadterweiterung nach. Ist damit die Waldstadt gemeint?

Auch. Aufgrund zweier Vorstösse haben wir die private Machbarkeitsstudie zu überprüfen. Die Chancen zur Realisierung der Waldstadt sind aber klein. Sie müsste innerhalb des bestehenden Waldgesetzes geschehen. Eingriffe in den Wald werden aber nur toleriert, wenn sie ortsgebunden sind. Die Feuerwehr kann man im Wald bauen, weil der Standort bezüglich der Interventionszeiten ideal liegt. Der benachbarte KVA-Standort drängte sich wegen der Anschlüsse ans bestehende Fernwärme-Netz auf. Die Befürworter argumentieren, dass der Standort im Wald bei der Länggasse raumplanerisch besser ist als jeder andere. Ich bezweifle, dass das Problem der Zersiedelung ein genügend starker Grund ist, um zwingend im Bremgartenwald bauen zu können.

Die Erschliessung zum Beispiel wäre doch einfach. Man müsste nur den Bus weiterziehen?

Reicht der Bus dann noch aus? Oder brauchte es eine Tramlinie? Wie verträgt sich eine Stadterweiterung mit dem Länggassquartier? In der Länggasse gibt es ein Defizit an Aussen- und Freiräumen. Bei der Revision des Stadtentwicklungskonzeptes (Stek), die wir zurzeit vorbereiten, wollen wir auch aufzeigen, wo eine Stadterweiterung machbar wäre. Dabei geht es auch um Freiräume. Je dichter die Leute wohnen, desto wichtiger wird das Freiraumangebot.

Wo könnte man die Stadt erweitern?

Auf den ersten Blick scheint eine Stadterweiterung im Westen am wahrscheinlichsten. Die Einzonung von Brünnen-Süd wurde aber unter dem Druck der Bevölkerung wieder zurückgenommen. Für eine Erweiterung im Osten brauchte es ein gemeinsames Vorgehen mit den Gemeinden Muri und Ostermundigen.

Im Zusammenhang mit der Waldstadt wird ein Abtausch der Bauzonen diskutiert. Wenn im Bremgartenwald eingezont würde, müssten periphere Gemeinden zurückzonen.

Mir ist nicht klar, wie wir heute einen solchen Abtausch von Bauzonen bewirken könnten. Die Gemeinden schaffen das nicht alleine. Es braucht eine Organisation und griffige Steuerinstrumente auf Kantons- und Bundesebene. Wir haben aber noch ein anderes Problem: Wir haben Bauzonen, in denen nichts geschieht - sogar in Brünnen. Wie kann man die Eigentümer dazu bringen, ihre Reserven aufzubrauchen? Warum soll die Stadt einzonen, bevor nicht bestehendes Bauland bebaut ist? Soll man durch steuerliche Mechanismen Druck machen, damit diese Eigentümer Wohnbauten realisieren? Die Landeigentümer haben einen grossen Einfluss auf die Stadtentwicklung.

Der grösste Landeigentümer in der Stadt Bern ist die Burgergemeinde.

Die Burgergemeinde ist eine gute Partnerin der Stadt. Sie denkt aber in Generationen. Mit Schönberg-Ost hat sie soeben einen weiteren grossen Schritt gemacht. Aber es gibt noch brache Baufelder, die ihr gehören. Die Burgergemeinde hat keinen finanziellen Druck, ihr Terrain zu überbauen.

Der Gemeinderat strebt für das Jahr 2020 eine Stadt mit 140 000 Einwohnern an. Ist dieses Ziel überhaupt erreichbar?

Das ist keine fixe Plangrösse, sondern ein Ziel aufgrund von Wachstumserwartungen. Der Trend zurück in die Stadt wird seit ein paar Jahren wieder stärker. Wir haben einen City-Druck und möchten das Verhältnis zwischen Wohnraum und Arbeitsplätzen verbessern. Bern hat als einzige Stadt der Schweiz sehr viel mehr Arbeitsplätze als Einwohner. Ob das Ziel erreicht wird, ist offen.

Wachstum kann auch durch Verdichtung erreicht werden. Ein energetisches Pionierprojekt ist der Ersatzneubau Stöckacker-Süd. Wird es mehr solcher Projekte geben?

Wir prüfen die Verdichtungsmöglichkeiten von städtischen und privaten Arealen. Es gibt noch einige Siedlungen mit Eigentümerschaften, die dazu in der Lage wären. Ich habe aber grossen Respekt vor Ersatzneubauten, weil Bewohner entwurzelt werden könnten. Das zu verhindern ist eine heikle Aufgabe, die sorgfältig gelöst werden muss.

Verdichtung wäre doch auch in die Höhe möglich?

Bern hat relativ viele Hochhäuser von über 25 Meter Höhe. Zudem lässt das Hochhauskonzept an vielen Orten Hochhäuser zu. Ich glaube aber nicht, dass das Hochhaus die Lösung für die Verdichtung darstellt. Es ist ein spezieller Bautyp, der an einem bestimmten Ort richtig sein kann. Ein Hochhaus braucht aber eine Umgebung und Abstand. Die Verschattung muss geklärt werden und auch die Fernwirkung stimmen.

Ihr Vorgänger hat gekündigt, weil ihm die Ressourcen für die Stadterweiterung fehlten. Ist Stadtplanung schwieriger geworden?

Die Komplexität stadtplanerischer Prozesse wird grösser. Die Interessenkonflikte und kommunikativen Aufgaben sind mit den Ansprüchen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gestiegen.

Worauf führen Sie das zurück?

Das liegt an der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Leute sind es sich heute gewohnt, für ihre Einzelinteressen zusammenzustehen und sich zu wehren. Bei vielen Geschäften gibt es einen oder mehrere politische Vorstösse im Stadtrat. Die Velofahrenden zum Beispiel haben enormen Einfluss auf die Strassengestaltung. Die erhöhten Ansprüche an den Strassenraum führen dazu, dass man fürs Tram Region Bern Alleebäume opfern muss. Eine wichtige Rolle spielen auch die Behindertenorganisationen. Das kann so weit gehen, dass wir auf Verbindungswege verzichten, weil wir sie nicht behindertengängig machen können. Um heute eine Kreuzung zu gestalten, eine Haltestelle einzurichten, braucht es zig Verhandlungen. Früher ging es schneller, einfacher und direkter: Es gab weniger Normen, Auflagen und Mitsprache.

Kann man dem mit mehr Personal begegnen?

Es braucht eine personelle Aufstockung und Priorisierungen. Wir leben heute von den planerischen Vorleistungen früherer Jahre und "füllen die letzten Gefässe" auf. Die planerische Begleitung laufender Bauprojekte ist unser tägliches Brot, in das wir einen Grossteil der Arbeit investieren. Aber wir müssten zugleich in die Zukunft denken. Das ist meine grosse Sorge: Wie kann ich einen Teil der Ressourcen freispielen, um grosse Projekte wie die Stek-Revision, eine Stadterweiterung oder die Bahnhofplanung weiterzuziehen.

Dann ist eine langfristige Planung mit den gegebenen Ressourcen nicht umsetzbar?

Sie ist nur umsetzbar mit Verzichtserklärungen. Die Stellen, die ich hierfür und fürs Stek brauche, muss ich andernorts wegnehmen. Planungsverfahren und Entscheidungsprozesse wiederum sind nur bedingt an Externe delegierbar.

Sie werden demnach eine Aufstockung verlangen?

Jedenfalls mehr Geld, auch für Aufträge an Dritte. Wenn wir die Stadtentwicklung heute nicht angehen, werden wir in zehn Jahren blockiert sein. Was wir heute realisieren, wurde eine Generation früher geplant. Wenn wir jetzt nicht ans Stek herangehen können, geben wir die Steuerung und Qualitätssicherung auf. Danach kann es nur noch Verdrängungsprozesse geben, indem man zum Beispiel Gewerbezonen in Wohnzonen umwandelt. Das ist dann eine politische Frage: Soll man Arbeitsplätze zugunsten von Wohnungsbau opfern? Wenn wir heute nichts tun, werden wir bald von Sachzwängen bestimmt und verlieren Lebensqualität.

Es gibt aber ja auch vernachlässigte Planungsgebiete wie das Bollwerk. Mittlerweile haben Dritte einen Wettbewerb für einen Masterplan Bollwerk ausgeschrieben. Liess die Stadt die Entwicklung schlittern?

Die Planung Bollwerk/Schützenmatte soll gemäss gemeinderätlichem Auftrag noch in diesem Jahr starten. Die SBB will ihre Liegenschaften am Bollwerk sanieren, aber das Eilgutareal nicht freigeben. Da sind uns die Hände gebunden. Was die Schützenmatte betrifft, gehe ich nicht davon aus, dass diese in absehbarer Zeit überbaut wird. Eine monofunktionale Nutzung in einem Gebiet mit einem derart hohen Nutzerdruck kann ich mir nicht vorstellen. Klar ist, dass man den Parkplatz anders nutzen sollte. Dabei geht es fürs Erste darum, den dortigen Car-Terminal zu verlegen.

Stadtpräsident Alexander Tschäppät sprach einmal davon, dort den Campus der Fachhochschule zu realisieren.

Eigentlich wäre das sehr interessant, weil der Standort in der Nähe des zweitgrössten ÖV-Knotens der Schweiz liegt. Wenn man heute eine Hochschule mit internationaler Ausstrahlung machen möchte, kann man diese nicht in Burgdorf oder Biel bauen. Das Potenzial zur Aufwertung dieses Stadtteils ist gross. Eine Tramlinie würde ihn zusätzlich aufwerten.

Heute spielt beim Bauen auch die Qualität eine Rolle. Was tut Bern?

Die Stadt führt, wenn möglich, Wettbewerbe durch. Ein neues Handbuch zum Planen und Bauen im öffentlichen Raum setzt Standards für Qualität und Wirtschaftlichkeit. Der Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik steuert die Entwicklung bei seinem eigenen Portfolio, indem er zum Beispiel Land an Genossenschaften abgibt, die nachhaltig bauen wollen.

Autoarmes Bauen stösst aber immer wieder auf heftigen Widerstand, Stichwort Viererfeld.

Die verlorene Abstimmung über die Überbauung Viererfeld war ein Unfall. Es gibt bereits heute einzelne Orte in der Stadt, wo man Parkplätze nicht mehr vermieten kann, weil die Nachfrage fehlt. Ich möchte aber nachhaltiges Bauen, mit Ausnahme von Verkehrsfragen, nicht in der Grundordnung oder in Überbauungsordnungen festlegen, weil dadurch die Entwicklungsmöglichkeiten und die Umsetzung eingeschränkt würden. Schreiben wir heute Minergie bei allen Überbauungsordnungen fest, haben wir in ein paar Jahren vielleicht ein Problem, weil es alternative oder bessere Lösungen gibt.

Wie wird die Stadt in fünfzig Jahren aussehen?

Sie wird ähnlich grün aussehen wie heute. Quartiere wie das Kirchenfeld werden nicht einfach einem Verdichtungsgedanken geopfert werden. Punktuell wird es aber neue Räume und Orte geben, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Wir werden mehr Tramlinien haben. Der Bahnhof hat einen Zugang zum Bubenbergplatz. Eine Vision ist die Stadtreparatur im Osten. Wenn dort die Autobahn unter der Erde verschwindet, weil der Bund die Engpässe der Autobahnen um Bern beseitigt, verschwindet die Schneise durchs Quartier und schafft ein grosses Potenzial. Es wird eine neue, vernetzende Stadtachse geben und ruhiger werden. In fünfzig Jahren könnte es in Bern-Ost ein erneuertes, zusammenhängendes, intaktes Quartier geben.

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Impuls für Stadtentwicklung

Das Stadtentwicklungskonzept Stek 95 entspricht nicht mehr der Realität. Neue Themen wie Hauptstadtregion, Wachstum, Mobilität und Nachhaltigkeit sind darin nicht berücksichtigt. Das Stadtplanungsamt wird dem Gemeinderat noch in diesem Jahr beantragen, ein neues Stek auszuarbeiten, das auch eine Stadterweiterung beinhaltet. Der Stadtrat wird über Massnahmen und deren Finanzierung befinden. (bob)