MEDIENSPIEGEL
30. JANUAR - 05. FEBRUAR 2012
Indymedia 4.2.12
Communiqué zur Anti-WEF Demo 2.0 vom 4.2.2012 in Bern
AutorIn : AntiWEF Bern
Es geht doch...
Heute, zwei Wochen nach der gewaltsam von der Polizei verhinderten
Anti-WEF Kundgebung "Stop reshaping capitalism - abort it"
demonstrierten über 150 Personen bei eisiger Kälte. Trotz der
eingekesselten Demo in Bern, einer verhinderten Kundgebung in Basel
sowie nach massenhaften Wegweisungen in und um Davos am letzten
Samstag, liessen wir uns nicht einschüchtern und zogen lautstark
durch die Stadt um gegen Kapitalismus und seine Gewalt zu protestieren.
Bei mehreren Reden wurde erwähnt, dass nicht das WEF das Problem
ist, sondern die Umstände, die ein solches Treffen hervorrufen,
und dass Repression unseren Kampf gegen die Ausbeutung und
Unterdrückung von Mensch und Tier nicht aufhalten kann.
AntiWEF-Bündnis Bern
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police.be.ch 4.2.12
Stadt Bern: Unbewilligte Demonstration in Innenstadt
4. Februar 2012
pkb. Am Samstagnachmittag sind rund 100 Personen im Rahmen einer
unbewilligten Demonstration durch die Innenstadt gezogen. Die
Kantonspolizei Bern hat einzelne Personen kontrolliert.
Zur unbewilligten Demonstration in der Stadt Bern am Samstag, 4.
Februar 2012, war bereits im Vorfeld aufgerufen worden.
Dem Demonstrationszug schlossen sich am Samstagnachmittag rund 100
Personen an. Sie bewegten sich ab etwa 1500 Uhr von der
Heiliggeistkirche ausgehend durch die Innenstadt. Es kam zu keinen
Sachbeschädigungen. Der Verkehr konnte weitgehend ungehindert
passieren. Der Demonstrationszug endete um zirka 1545 Uhr bei der
Reithalle.
Die Kantonspolizei Bern hielt sich im Hintergrund. Rund um die
Demonstration wurden einzelne Personen kontrolliert. Ein Mann wurde
dabei für eine nähere Kontrolle auf die Wache gebracht. Er
konnte diese noch am selben Nachmittag wieder verlassen.
(cm)
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derbund.ch 4.2.12 (17:20 Uhr)
Friedliche Wiederholungsdemo
Am Samstagnachmittag sind WEF-Gegner durch die Berner Innenstadt
gezogen. Die unbewilligte Demonstration verlief ohne Zwischenfälle.
Schätzungsweise 100 Personen haben am Samstagnachmittag in der
Berner Innenstadt gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos demonstriert.
Im Gegensatz zur Kundgebung vor zwei Wochen tolerierte die Berner
Polizei diesmal den Umzug. Die Demonstrierenden zogen durch die Spital-
und Marktgasse zum Zytglogge und von dort via Amthausgasse und
über den Bundesplatz zurück zum Bahnhof.
Die Manifestation verlief friedlich und ohne nennenswerte
Zwischenfälle. Die Polizei fuhr mit einem Sicherheitsabstand vor
dem Umzug her und hielt sich ansonsten im Hintergrund.
45 Minuten in bitterer Kälte
Die Kundgebung war eine Reaktion auf das massive Polizeiaufgebot vom
21. Januar, als die Beamten die Demonstranten schon kurz nach dem Start
des Umzugs einkesselten und so die Kundgebung verhinderten. Rund 170
Personen wurden damals eingekesselt und in den Festhalteraum im
Parkhaus Neufeld gebracht. "Wir lassen uns nicht einschüchtern",
hiess es im Aufruf zur neuerlichen Kundgebung.
Die heutige "Wiederholungsdemo" organisierten der "Revolutionäre
Aufbau" und ein "Berner Anti-WEF-Bündnis". Die Kundgebung war
nicht bewilligt. Sie dauerte bei grosser Kälte nur etwa 45
Minuten. (dam/sda/)
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bernerzeitung.ch 4.2.12 (17:20 Uhr)
Zweite Anti-WEF-Demo verläuft friedlich
Schätzungsweise 100 Personen haben am Samstagnachmittag in der
Berner Innenstadt gegen das World Economic Forum (WEF) demonstriert.
Die Kundgebung verlief friedlich.
Gegen 40 Personen hatten sich um 15 Uhr bei der Heiliggeistkirche
versammelt. Wie angekündigt marschierten sie kurz danach Richtung
Zytglogge. Die Teilnehmer trugen Fahnen und Spruchbänder mit sich.
Im Verlaufe der Kundgebung wuchs die Zahl der Demonstrierenden auf rund
100 Personen an. Die eisige Kälte dürfte wohl eine
grössere Teilnehmerzahl verhindert haben.
Im Gegensatz zur Kundgebung vor zwei Wochen tolerierte die Berner
Polizei diesmal den Umzug. Sie markierte Präsenz, hielt sich aber
im Hintergrund. Bei der ersten Anti-WEF-Demonstration in diesem Jahr in
Bern vor zwei Wochen hatte die Polizei die Kundgebung gleich von Anfang
an im Keim erstickt. Die Demonstranten waren schon kurz nach dem Start
des Umzugs einkesselten worden. "Wir lassen uns nicht
einschüchtern", hiess es im Aufruf zur neuerlichen Kundgebung, die
eine Reaktion auf das massive Polizeiaufgebot vom 21. Januar 2012 war.
Neben der Polizei waren auch zusätzliche Mitarbeiter von Bernmobil
im Einsatz, um Beeinträchtigungen des öffentlichen Verkehrs
zu verhindern.
Die Kundgebung organisiert hatten die Organisation "Revolutionärer
Aufbau" und ein "Berner Anti-WEF-Bündnis". Die Route führte
von der Heiliggeistkirche über die Spital- und Marktgasse zum
Zytglogge hinab und dann über die Amthausgasse zum Bundesplatz und
von dort schliesslich zum Bahnhofplatz und dann zur Reitschule. Die
Kundgebung war nicht bewilligt. Sie dauerte nur etwa 45 Minuten.
(met/jam/sda/)
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Bund 4.2.12
Schüchterne schwule Superhelden
Capes, Highheels und Strumpfhosen: Das Pink Mama Theatre zeigt
"Afterparty" im Tojo-Theater.
Lena Rittmeyer
Wir alle seien seine Sexfreunde, sagt Superman. Da sitzt er mit
halsbrecherischen Absätzen auf einem runden Bürostuhl und
erklärt uns ausschweifend, wie er "für die Welt und für
die Leute fickt" (deswegen sei er ja auch Superman). Als Helden in
Highheels präsentieren sich die Mitglieder des in Bern
domizilierten Trio Pink Mama Theatre in ihrem zweiten
Tanztheaterstück "Afterparty" im Tojo-Theater.
Zum blonden Superman (Dominik Krawiecki) gesellt sich der stolzierende
Batman (Slawek Bendrat) mit geschwellter Brust und
Catwalk-Attitüde, der beim Anblick einer Mandarine hysterisch
auflacht. Und da ist noch der deplatzierte Nerd "Horny Brille" (Simon
Reimold), der eigentlich gerne zu seiner Mama möchte. Alle
stöckeln sie rhythmisch in hautengen bodenlangen Kleidern
über die Bühne, werfen dramatisch ihre Capes aus oder lassen
sich im Damensitz nieder, um sich sinnentleertem Sprachgeplänkel
hinzugeben wie "Das Gras im Garten war nass" oder "Paris hats nie
gegeben".
Um Sexualität und Genderfragen geht es dem Pink Mama Theatre in
dessen Produktionen. Doch wie sie ihre körperliche
Männlichkeit ins Korsett weiblicher Konventionen stecken, hat viel
Klischiertes und befördert Gedanken an herkömmliche
Dragqueens und Tuntenbälle. Zu gewagten Brüchen kommt es hier
jedenfalls nicht.
Unaufhörliches Blabla
Auch die Tanzeinlagen lassen auf sich warten. Stattdessen berieselt die
Gruppe das Publikum mit unaufhörlichem Blabla: Batman
erzählt, dass er in Therapie und kein Natural Born Killer sei, und
"Horny Brille" ("Mein Look ist krass!") befindet sich auf dem
aufsteigenden Ast und sucht jemanden zum Lieben. So anstrengend
zusammenhangslos die Sätze auch fallen: Die Konsequenz, mit der
die Superhelden ihre meist völlig antriebslosen Szenen absitzen,
hat immerhin etwas erfrischend Mutiges.
Hin und wieder überrascht das Stück (Regie: Krawiecki,
Bendrat, Reimold) mit einer unerwarteten, selbstironischen Wendung,
etwa als sich "Horny Brille" zu treibendem Techno in Bodybuilding-Posen
wirft und dazwischen schüchtern pfeift. Oder als man ihm wenig
später mit Klebeband ein Kissen an die Füsse schnallt, worauf
er sich nur noch hüpfend fortbewegt. Auch wie am Schluss zwei
Tänzer in Strumpfhosen und mit Tiermasken zu Bossa-Nova-Rhythmen
über Supermans Grab springen, ist ein einprägsames Bild. Nur
an den Stücktitel wird man dabei kaum herangeführt.
Weitere Vorstellungen: heute um 20.30 Uhr und morgen um 19.00 im
Tojo-Theater in der Reitschule.
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BZ 4.2.12
Demo ohne Bewilligung
Stadt Bern Heute soll in der Berner Innenstadt wieder eine
Anti-WEF-Demo stattfinden - ohne Bewilligung.
Mit einem anonym verfassten E-Mail ist die Polizei über die
voraussichtliche Route der für heute Nachmittag geplanten
Anti-WEF-Demo informiert worden. Um eine Bewilligung haben die
Aktivisten allerdings nicht nachgefragt - der Umzug ist also nicht
bewilligt. Der Stadtberner Polizeidirektor Reto Nause (CVP) spricht
dennoch von einer anderen Ausgangslage als vor zwei Wochen. Damals
erstickten Hunderte Polizisten die geplante Wipe-out-WEF-Demo im Keim.
Im E-Mail sei angekündigt worden, dass die Kundgebung von heute
friedlich verlaufen solle, so Nause.wrs Seite 3
-
Anonyme Aktivisten informieren Polizei über Demo
Stadt Bern. Für die heutige Anti-Wef-Demo wurde kein Gesuch
eingereicht. Aber die Aktivisten haben die Polizei immerhin über
die Route der Demo informiert. Die provisorisch erweiterten Zellen im
Park and Ride Neufeld sollen wieder zurückgebaut werden.
Gegen Kapitalismus und seine Gewalt! Diesen Schlachtruf haben sich die
Demonstranten für die heutige Anti-WEF-Demo in Bern auf die Fahne
geschrieben. Dazu aufgerufen hat die linksextreme Gruppierung
Revolutionärer Aufbau Schweiz (RAS). Treffpunkt der
Kundgebungsteilnehmer ist um 15 Uhr bei der Heiliggeistkirche. "Nein,
wir lassen uns nicht einschüchtern, weder von den
Polizeihundertschaften noch von den Politikern, die deren Angriff gegen
uns befohlen haben", schreibt der RAS auf der Homepage. Und: "Wir
werden wieder und wieder auf die Strasse gehen, bis die Gründe
für Umweltzerstörung, Ausbeutung, Hunger und
Unterdrückung beseitigt sind!" Ein Aufruf zu Gewalt ist im
Unterschied zur ersten Demo von vor zwei Wochen nicht aufgetaucht. Die
Polizei wurde mit einem anonymen Mail aber über eine Route
informiert: von der Heiliggeistkirche über Spital- und Marktgasse
zum Zytglogge hinab und dann über die Amthausgasse zum
Bundesplatz, von dort schliesslich zum Bahnhofplatz und dann zur
Reitschule.
Kein Gesuch für die Demo
"Das ist für uns eine andere Ausgangssituation als am Samstag vor
zwei Wochen", sagt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause. Im
Mail sei angekündigt worden, dass die Kundgebung friedlich
verlaufen solle, so Nause weiter. Deshalb stehe die heutige
unbewilligte Demonstration unter anderen Vorzeichen als diejenige vor
zwei Wochen. "Die Polizei wird vor Ort sein und die Situation
beobachten", sagt Nause. Zur einem möglichen Polizeieinsatz wollte
er aus taktischen Gründen keine Angaben machen. Für den Umzug
gibt es keine Bewilligung. "Bei uns ist kein Gesuch eingegangen",
bestätigt Nause. Für die Demo von vor zwei Wochen waren die
Festhalte- und Warteräume im Park and Ride Neufeld provisorisch
erweitert worden. Hier wurden Dutzende angehaltener Aktivisten
kontrolliert. Die provisorischen Räume stehen nach wie vor. In den
letzten Tagen wurde hier gearbeitet. Handwerker reparierten die Gitter
und Holzwände, die Schäden erlitten hatten, als die
Angehaltenen in den Räumen randaliert hatten und die Polizei Hunde
und Pfefferspray einsetzen musste.
Dauerhafter Festhalteraum?
Die provisorisch erweiterten Warte- und Festhalteräumen im Park
and Ride Neufeld, direkt neben dem Polizeiposten, werden gemäss
Mediensprecherin Corinne Müller demnächst wieder
zurückgebaut. "Wie es zukünftig mit Festhalte- und
Warteräumen geregelt wird, dazu laufen Gespräche", so
Müller. jsp/wrs
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BZ 4.2.12
Unterwegs mit der Kältepatrouille der Pinto
Trotz der Eiseskälte wollen Obdachlose im Freien übernachten
Nicht alle Obdachlosen suchen einen warmen Unterschlupf. Teilweise
trotzen sie den sibirischen Temperaturen und schlafen in
öffentlichen WCs, auf Bänken, im Bahnhof oder an der Aare.
Zwischen 22.30 Uhr und 5 Uhr morgens suchen Gassenarbeiter der Pinto
sie auf, um sie vor der Kälte zu schützen.
Es ist 23:30 Uhr und klirrend kalt. Das Thermometer ist auf mehr als
minus zehn Grad gesunken, und Bern ist zu einer Geisterstadt verkommen
- nur noch wenige Gestalten huschen über den Bahnhofplatz, die
Trams sind fast leer. Für Silvio Flückiger und Isabelle
Beetschen Straumann vom Pinto-Team hat die Arbeit vor einer Stunde
angefangen. Ihr Ziel heute Nacht: Obdachlose, Nachtschwärmer und
andere Bedürftige vor der Kälte zu retten. Ihre Mittel:
Rettungsdecken, Schlafsäcke, Taxis oder eine Begleitung zu einer
Notschlafstelle. Soeben hat jemand bei Pinto angerufen - im
Hirschenpark schlafe jemand auf einer Bank. Bei dieser Kälte
draussen zu übernachten, könne tödlich enden, vor allem
wenn man getrunken habe und schlecht ausgerüstet sei, sagt
Flückiger auf dem Weg dorthin. "Besondere Sorgen machen mir
diejenigen, die auf dem Boden schlafen." Ohne Isoliermatte könne
auch der dickste Schlafsack nicht genügend wärmen. Bisher
habe es in der Stadt Bern seines Wissens aber noch nie einen Todesfall
gegeben, so Flückiger - höchstens leichte Erfrierungen.
Sleeper und Heilsarmee
Der Hirschenpark ist leer. Flückiger zeigt auf frische Fussspuren
im Schnee: "Hoffentlich hat er sich einen wärmeren Platz gesucht."
Solche gibt es in der Stadt Bern in der Notschlafstelle Sleeper, wo
eine Übernachtung fünf Franken kostet, und im Passantenheim
der Heilsarmee, wo elf Franken verlangt werden. Aber auch wenn die
Schlafstellen aus allen Nähten platzen: In einer solch kalten
Nacht weisen sie niemanden weg. Das Ziel von Pinto sei eigentlich, dass
die Obdachlosen in Bern im Winter einen Platz in einem Wohnprogramm
finden, betont Flückiger. "Die Vorbereitungen für den Winter
fangen für uns deshalb bereits im Herbst an." Im Moment sind der
Pinto lediglich drei Männer bekannt, die jede Nacht draussen
schlafen - einer davon an der Aare, ein anderer im Bremgartenwald. Im
Verlaufe der Nacht werden Silvio Flückiger und Isabelle Beetschen
Straumann alle drei besuchen.
Taxis für Nachtschwärmer
Mehr Sorgen als die Obdachlosen bereiten den beiden die
Nachtschwärmer, die leicht bekleidet und verschwitzt den Moonliner
verpassen und nicht genügend Geld für ein Taxi haben. "Oder
zu betrunken sind, um eines zu rufen", sagt Flückiger
augenzwinkernd. In einem solchen Fall verhandeln die beiden mit
Taxifahrern, damit die Partygänger ohne Erfrierungen nach Hause
oder ins Spital gebracht werden. Nach dem Abstecher in den Hirschenpark
gehen die beiden via Bahnhof und Bundesterrasse zum Dalmaziquai. Eine
Anwohnerin hat angerufen: Sie habe jemanden gesehen, der am Morgen am
Aareufer seinen Schlafsack versorgt habe. Auf dem Weg an die Aare
kontrollieren Flückiger und Straumann noch die öffentlichen
WCs auf der Schützenmatte. "Hier können zwei Personen
zusammengerollt die Nacht verbringen." Wie ganz Bern in dieser Nacht
sind die WCs aber leer. Neben dem Dalmaziquai entdecken die beiden um
00:30 Uhr in einer windgeschützten Ecke den schlafenden Mann. Er
lässt sich aber leicht wecken und hat sich in viele
Kleiderschichten und dickem Schlafsack winterlich eingemummelt. Mit
Nachdruck betont er, dass er nicht in eine Notschlafstelle gebracht
werden möchte - er wolle alleine sein. Auch das Angebot einer
Rettungsdecke lehnt er ab. "Wir müssen den freien Willen
respektieren", sagt Silvio Flückiger, nachdem die beiden den Mann
mit einigen freundlichen Worten zurückgelassen haben. Um 4 Uhr
morgens werden sie ihn nochmals kontrollieren. Wenn man in der
Kälte einschlafe und sich der Körper zu fest abkühle,
liesse man sich nämlich nur durch Schütteln wecken, sagt
Flückiger. "Von alleine wachen sie nicht mehr auf." Lediglich wenn
eine Person nicht zurechnungsfähig ist, weil sie getrunken oder
Drogen genommen hat, schaltet sich Pinto ein und ruft die Polizei.
"Ansonsten lassen wir die Leute schlafen - auch wenn sie eine
ungemütliche Nacht haben werden."
Nach einem Besuch in der Aarbergergasse warten die beiden
Gassenarbeiter vor dem Bahnhof auf die Abfahrt der Moonliner um 1:15
Uhr: "Falls jemand betrunken den letzten Bus verpasst." In dieser
bitterkalten Nacht sind die meisten aber bereits zu Hause im warmen
Bett - die Moonliner sind fast leer.
Trotz den verlassenen Strassen werden Silvio Flückiger und
Isabelle Beetschen Straumann noch bis 5 Uhr morgens patrouillieren. Ein
Besuch im Wald, an der Aare und in der Altstadt stehen noch an. Und
erneute Kontrollen der WCs. Jessica King
Unterwegs mit Pinto
Bildstrecke von der Patrouille pinto.bernerzeitung.ch
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20 Minuten 3.2.12
Drei Berner Bands im Dachstock
BERN. Drei Berner Rockbands toben sich im Dachstock aus. Läuft der
Abend gut, könnte eine regelmässige Berner Gitarrennacht
stattfinden.
Wenn nur Berner Bands im Dachstock ihre Gitarren sprechen lassen, dann
hat das Seltenheitswert: "Ich kann mich nicht erinnern, wann wir so
etwas das letzte Mal bei uns hatten", sagt die langjährige
Veranstalterin Sabine Ruch. Heute aber ist es so weit. Für die
Bern Baby Burn lässt sie drei lokale Combos die Bühne
besteigen: The Shit, Dead Bunny und Trashy Lullabies - allesamt eher
neue Namen im Berner Rock-Kuchen.
Geplant war dieses ausschliessliche lokale Line-up aber nicht. "Die
Bands habe ich zur gleichen Zeit kennengelernt und einfach für ein
Konzert angefragt", so Ruch. Aus der Bern Baby Burn eine Reihe zu
machen, habe sie sich aber durchaus überlegt, bestätigt sie.
"Bern bringt ja genügend grossartige Rockbands hervor."
Verpflichten will sie sich aber noch nicht: "Zuerst warte ich auf die
Resonanz aus dem Publikum."
Und dieses dürfte zumindest heute gut bedient werden: Die drei
Acts hauen den Dachstock-Gängern einen kleinen Rundumschlag der
Rockstile um die Ohren. The Shit ordnen sich eher in der punkigen
Rock’n’Roll-Ecke ein; Dead Bunny spielen ungeschliffenen und
kraftvollen Rock; die Trashy Lullabies spicken ihren "Club-Rock" mit
jeder Menge Synthies. Für die Afterparty hat der Dachstock die
Bad-Bonn-DJs Trottles of Dead engagiert.
Pedro Codes
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Bund 3.2.12
Das Publikum als Förderstelle
Morgen geht Wemakeit.ch online, die erste Schweizer
Crowdfunding-Plattform für Kultur. Wie funktioniert diese Form der
privaten Kulturförderung? Und welche Erfahrungen haben Berner mit
der Schwarmfinanzierung bisher gemacht?
Regula Fuchs
Normalerweise geht das so: Hat ein Künstler eine Projektidee,
erstellt er ein Dossier und klopft dann bei öffentlichen
Förderinstitutionen an, um so Geld zusammenzubringen. Oder, wie es
früher in der Musikindustrie gebräuchlich war, er findet ein
Label, das das Album vorfinanziert. Was heutzutage jedoch eine
Seltenheit ist. Kulturschaffende greifen neuerdings vermehrt auf eine
Strategie zurück, die im Charity-Bereich schon länger
etabliert ist: Crowdfunding. Der Ausdruck bedeutet Schwarmfinanzierung:
Ein Schwarm von Gönnern ermöglicht mit kleineren oder
grösseren Beiträgen die Realisierung eines Projekts - und
erhält dafür ein Dankeschön des Künstlers, seien
das signierte Bücher, T-Shirts, Einladungen zu Vorpremieren oder
auch mal ein gemeinsames Nachtessen.
Was vor allem in den USA schon gang und gäbe ist, bekommt nun auch
in der Schweiz eine Plattform: Wemakeit.ch geht morgen online, ein
Pendant dazu Mitte Februar (siehe Box). Der Künstler Johannes
Gees, der Wemakeit initiiert hat, war selber einst Teil einer
Crowdfunding-Aktion: "Ich habe damals einen amerikanischen Musiker und
Künstler dabei unterstützt, ein Comicbuch herauszubringen.
Das Spannende ist, dass man als Gönner ganz nahe bei der
Herstellung eines Kunstwerks dabei ist - und Teil von dessen Geschichte
wird." So hat Gees zusammen mit Jürg Lehni und Rea Eggli Wemakeit
ins Leben gerufen - seinerseits unterstützt vom
Migros-Kulturprozent, der Pro Helvetia und der
Ernst-Göhner-Stiftung. Wenn die Plattform morgen online geht,
werden 20 Projekte aus den verschiedensten Sparten am Start sein, von
den zwei jungen Berner Grafik-Designerinnen, die 2750 Franken für
eine Buchpublikation brauchen, bis zum in Bern lebenden Filmemacher
Mano Khalil, der für den Spielfilm "Die Schwalbe" 55 000 Franken
sammeln will.Konkret sieht das dann so aus, dass Khalil in einem Video
seinen Film der unbekannten Gönnerschaft schmackhaft macht. Wer
will, kann per Kreditkarte zum Beispiel 25 Franken zeichnen. Wenn der
gesamte geforderte Betrag innert einer bestimmten Zeit zusammengekommen
ist, wird die Zahlung abgebucht. Wird das Finanzierungsziel nicht
erreicht, geht der Künstler leer aus. Natürlich möchte
Khalil den anvisierten Betrag zusammenbringen, wichtiger ist ihm jedoch
vorerst der Werbeeffekt: "Wenn 500 Menschen sich dank Wemakeit für
den Film interessieren, habe ich schon 500 Kinozuschauer -
mindestens!"Die 55 000 Franken für "Die Schwalbe" sind der
grösste Betrag, der aktuell auf Wemakeit eingefordert wird. Die
meisten anderen Projekte bewegen sich zwischen 5000 und 9000 Franken.
Wemakeit berät die Künstler auch, wie sie ihre
Finanzierungsziele am besten erreichen, "schliesslich haben wir selber
ja auch ein Interesse daran", wie Rea Eggli sagt. Die Kommission
beträgt - im Erfolgsfall - 6 Prozent. "Erfahrungsgemäss
erreichen zwischen 40 und 50 Prozent der Projekte das
Finanzierungsziel", so Eggli.Johannes Gees hält das Potenzial
für Crowdfunding in der Schweiz für gross: "Die Plattform
zielt ja nicht nur auf Freunde und Bekannte der Künstler, sondern
auch auf Stiftungen oder Firmen, die Projekte für ein finanzielles
Engagement suchen." Nachhaltig sei diese Form der Gönnerschaft
auch: "Der Künstler hat für ein Folgeprojekt dann schon ein
Netzwerk, das er wieder aktivieren kann."
Der Berner Johannes Hartmann von der Filmproduktionsfirma Decoy
Collective ist derzeit daran, für die Postproduktion seines
Kurzfilms "Deadlocked" Geld aufzutreiben. Ganz bewusst setzt Hartmann
auf Crowdfunding - jedenfalls im kleineren Rahmen: "Im Filmbereich
dient Crowdfunding oft zur Restfinanzierung. Man dreht den Film,
schneidet aus dem Material einen Teaser zusammen und geht damit auf
Geldsuche." Als Dankeschön winkt dem Spender dann etwa eine
Erwähnung im Abspann - falls er sich als besonders grosszügig
erweist, gar als Executive Producer.
"Es dürfte mehr sein"
Während Hartmanns Schwarmfinanzierung erst am Anfang steht, konnte
die Berner Band The Shit damit schon Erfolge verbuchen: Auf der
amerikanischen Plattform Indiegogo.com hatte sie 6500 Dollar
zusammenbringen wollen - und bekam schliesslich über 9000 Dollar
an die Finanzierung des neuen Albums. Etwas weniger flott läuft es
in Sachen Crowdfunding derzeit der Berner Band Fiji. Ihr belgisches
Label Lektroland betreibt auf seiner Homepage diese Art von
Geldsammlung für seine Künstler, und obwohl die
Unterstützer von Fiji bereits 7500 Euro gesprochen haben, meint
Sängerin Simone de Lorenzi: "Es dürfte mehr sein. Ich glaube,
viele unserer Fans würden uns lieber einen Hunderter direkt in die
Hand drücken, als ihre Kreditkarte zu zücken und alles
mühsam einzutippen."
Gesetzt der Fall, dass das Fundraising erfolgreich ist, wie im Fall von
The Shit - was bedeutet es für eine Band, die Fans mit an Bord zu
haben? Ist der Druck grösser? Laut Peter Hertig von The Shit
braucht es viel Ehrlichkeit: "Man darf den Gönnern nicht das Blaue
vom Himmel versprechen und es dann nicht einhalten. Wir schätzen
das Vertrauen, das jemand hat, wenn er Geld zusagt für ein Album,
von dem er noch kein Lied gehört hat."Genau diese Nähe
zwischen Künstler und Publikum ist für Johannes Gees der
Schlüssel des Crowdfundings: "Die Erfahrungen aus den USA zeigen,
dass auch grosse Summen zusammenkommen. Wenn wir im ersten Jahr eine
mittlere Projektsumme von 5000 Franken erreichen, dürfen wir
zufrieden sein."
-
Crowdfunding Auch Ron Orp sucht Schwarmfinanzierer
Gewisse Ideen liegen in der Luft. Neben Wemakeit.ch geht noch eine
zweite Schweizer Crowdfunding-Plattform an den Start. Sie heisst
100-days.net, und dahinter stehen Romano Strebel und Christian Klinner,
die mit ihrem Ron-Orp-Newsletter Zürich, Bern, Basel, Genf oder
London mit Eventtipps bedienen. Das Unternehmen liefert aber nicht nur
Ideen, es hat auch oft geholfen, Projekte anzuschieben - der Schritt
zur eigenen Crowdfunding-Site ist da kein grosser mehr. Mussten
Künstler wie Noël Dernesch bis vor kurzem noch auf
US-Plattformen zurückgreifen - der Zürcher sammelte auf
Kickstarter 60 000 Franken für seinen Dokumentarfilm über die
Reggae-Szene -, bieten sich ihnen nun also gleich zwei heimische
Anlaufstellen an. Eine komfortable Situation, die aber zur Frage
führt: Sind zwei nicht eine zu viel? Romano Strebel von
100-days.net wie Johannes Gees von Wemakeit (siehe Hauptartikel) sehen
der Konkurrenz locker entgegen. Ihm sei wichtiger, dass das Thema
Crowdfunding überhaupt lanciert werde, sagt Strebel. Das ist auch
für Gees vorrangig. Mittelfristig sieht er dabei eine Entwicklung
wie in den USA, wo sich die meisten Plattformen spartenmässig
diversifiziert haben. Im Kleinen sind die Differenzen zwischen
100-days.net (ab 16. Februar online) und Wemakeit auch bereits
angelegt. Beide funktionieren zwar ähnlich - die Projekte werden
ausgewählt, und die Abgaben im Erfolgsfall liegen mit 5
(100-day.net) und 6Prozent (Wemakeit.ch.) etwa gleichauf - dennoch
scheint Strebels Plattform etwas informeller. Das zeigt sich darin,
dass er und sein Team 100-days.net selber finanzieren. Wemakeit.ch
dagegen ist mit einem Businessplan unterwegs und will in drei bis vier
Jahren unabhängig sein. Marcel Reusswww.100-days.net
www.wemakeit.ch. The Shit spielen heute Freitag im Dachstock der
Reitschule.
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BZ 3.2.12
Anti-WEF-Demo
Kein Gesuch für eine Bewilligung
Auf ihrer Internetseite ruft die linksextreme Gruppierung
Revolutionärer Aufbau Schweiz morgen Samstag um 15 Uhr bei der
Heiliggeistkirche zur Wiederholung der Anti-WEF-Kundgebung auf. "Wir
haben Kenntnis davon, und wir werden die Kundgebung im Auge behalten",
sagte gestern der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause auf
Anfrage. Laut seinen Angaben ist bis gestern kein Gesuch für eine
Bewilligung eingereicht worden.jsp
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20 Minuten 3.2.12
Erneute Demo in Bern geplant
BERN. Als Reaktion auf den Grosseinsatz der Polizei vom 21. Januar
anlässlich der Anti-Wef-Demo in Bern wollen Aktivisten morgen
nochmals auf die Strasse. Wie der "Bund" berichtet, wollen sich
Anhänger des Revolutionären Aufbaus um 15 Uhr vor der
Heiliggeistkirche treffen. Ein Bewilligungsgesuch für die
Kundgebung ist nicht eingegangen. Die Kapo wollte nicht verraten, wie
sie auf die angekündigte Demo reagieren wird.
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Bund 3.2.12
Stadt wird der Reitschule nicht kündigen
Die Reitschulbetreiber müssen das Gebäude wegen
Zahlungsverzugs bei der Miete nicht verlassen. Der Stadtrat lehnte eine
Forderung von CVP und SVP ab.
Bernhard Ott
"Der Druck auf die Reitschule muss aufrechterhalten bleiben", sagte
Henri-Charles Beuchat (CVP) gestern im Stadtrat. Die Betreiber
könnten es sich leisten, den Leistungsvertrag abzulehnen, weil der
Gemeinderat die Miete trotzdem bezahle. Der künftige
Leistungsvertrag verkomme damit zu einem "Stück wertlosen Papier."
Es könne nicht sein, dass die Stadt die Miete in einem
vertragslosen Zustand überweise, sagte Beuchat. Gemeinsam mit
Stadtrat Roland Jakob (SVP) verlangte Beuchat in einer dringlichen
Motion, dass die Stadt die Miete für die Reitschule nicht mehr
bezahle. Zudem soll die Stadt das Mietverhältnis "wegen
Zahlungsverzugs" kündigen und die Mieterschaft notfalls
gerichtlich ausweisen lassen.
Alexander Feuz (FDP) hieb in dieselbe Kerbe. "Ich verlange gleiches
Recht für alle." Er habe nichts gegen Alternativkultur in der
Reitschule. "Aber die Betreiber müssen ausgewechselt werden." Es
gehe nicht an, dass permanent gegen die Rechtsgleichheit verstossen
werde. Der längst fällige Entscheid des Statthalters in
Sachen Entzug der Gastgewerbebewilligung werde durch Bildung einer
Arbeitsgruppe von Statthalter, Stadt und Kanton auf die lange Bank
geschoben. "Es wäre nichts als richtig, endlich die Konsequenzen
zu ziehen", sagte Feuz.
"Kulturkampf ohne Sieger"
Roland Jakob (SVP) wies darauf hin, dass das Parlament über die
Ausgestaltung des Leistungsvertrags befinde und nicht der Gemeinderat.
Der Stadtrat habe sich für einen ein- statt einen
vierjährigen Vertrag entschieden. Die Reitschule habe ihre
Unterschrift daraufhin verweigert. "Und darum haben wir heute einen
vertragslosen Zustand." Der Stadtrat habe mit der Genehmigung des
Leistungsvertrages Ja zur Kultur gesagt, aber nicht Ja zu einer Kultur
der Gewalt. "Ohne Vertrag kein Geld", sagte Jakob.
Rolf Zbinden (PDA) vermutete, dass es den Motionären primär
darum gehe, "den Topf am Kochen zu halten". Die Demontage der
Reitschule werde seit der GFL-Motion zur Schaffung neuer Strukturen in
der Reitschule systematisch betrieben. Die Motion von CVP und SVP
schaffe aber auch Klarheit. "Es geht nicht mehr um Mehrweggeschirr auf
dem Vorplatz, sondern ums Ganze." Bei dem nun anstehenden "Kulturkampf"
werde es keine Sieger geben, prophezeite Zbinden. Hasim Sancar (GB)
sprach von "Scharfmacherei", Annette Lehmann (SP) von einem "rein
populistischen Vorstoss." Die Reitschule sei einer der letzten
Freiräume für Jugendliche, der von den Stimmberechtigten
bereits fünfmal gutgeheissen worden sei, sagte Lehmann.
Michael Köpfli (GLP) wies darauf hin, dass der Stadtrat den Kredit
für die Miete unabhängig vom Leistungsvertrag genehmigt habe.
"Kündigung und Ausweisung der Mieterschaft wären daher gar
nicht rechtmässig." Stadtpräsident Alexander
Tschäppät (SP) bestätigte dies und betonte, dass der
Stadtrat den Kredit für die Miete nun einmal beschlossen habe. Der
Rat hat die Motion schliesslich mit 45 zu 19 Stimmen abgelehnt.
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BZ 3.2.12
Keine Kündigung
Reitschule · Die grosse Mehrheit des Berner Stadtrats will das
Mietverhältnis mit der Reitschule-Betreiberin Ikur nicht
kündigen. Dies hatten die Stadträte Henri-Charles Beuchat
(CVP) und Roland Jakob (SVP) gefordert. Ihre Begründung: Die Ikur
habe sich geweigert, den auf ein Jahr befristeten Leistungsvertrag zu
unterzeichnen und sei deshalb als Verhandlungspartnerin für die
Stadt nicht länger tragbar.mm · Seite 3
-
Mitte-links verkürzte Reitschule-Debatte
Stadtrat · Die Mitte-links-Parteien mochten nicht zum x-ten Mal
eine Grundsatzdebatte zur Reitschule führen. Es meldete sich keine
Fraktion zu Wort. Abgelehnt wurde eine Motion, die forderte, das
Mietverhältnis mit der Reitschule aufzulösen.
GFL-Stadtrat Peter Künzler hatte es vor einer Woche
prognostiziert, und er behielt recht: Im Wahljahr wird die Reitschule
bei fast jeder Stadtratssitzung zum Thema und Auslöser einer
Grundsatzdebatte. So auch gestern Abend wieder: CVP und SVP verlangten
in einer dringlichen Motion die Kündigung des
Mietverhältnisses zwischen der Reithalle-Betreiberin Ikur und der
Stadt Bern. Dies, weil sich die Ikur geweigert hatte, den vom Stadtrat
auf ein Jahr befristeten Leistungsvertrag mit der Stadt zu
unterzeichnen.
Die Forderung von CVP und SVP: Der Gemeinderat müsse ein
Exmissionsverfahren in die Wege leiten und den aktuellen Mieter der
Reithalle dazu veranlassen, "das Mietobjekt zu verlassen". Der Stadtrat
schickte die Motion deutlich mit 45 zu 19 Stimmen bachab.
Nicht erneut diskutieren
Die Motionäre Henri-Charles Beuchat (CVP) und Roland Jakob (SVP)
hatten sich für ihre Motion ins Zeug gelegt, liefen aber etwas ins
Leere. Von den Mitte-links-Parteien wollte kein Fraktionssprecher das
Wort ergreifen. Die erneute Grundsatzdebatte verkürzte sich
dadurch beträchtlich. Einige Einzelsprecherinnen und -sprecher
traten doch noch ans Mikrofon - die meisten aber nur, um zu sagen, dass
eigentlich alles gesagt sei. "Wer gerne mehr Worte hat, kann das
Protokoll vom 26. Januar nachlesen. Da haben wir alles gesagt", meinte
Sue Elsener (GFL). Michael Köpfli (GLP) fasste die Ausgangslage
für den Gemeinderat nochmals zusammen - und zwar so, dass
Stadtpräsident Alexander Tschäppät fand, er hätte
das nicht schöner sagen können. "Der Stadtrat, also wir alle,
hatte das Geld gesprochen, das der Gemeinderat der Reitschule
überwiesen hat." Es sei absolut nicht an der Zeit, jetzt über
eine Kündigung des Mietverhältnisses zu befinden. Weil der
Leistungsvertrag auf ein Jahr beschränkt sei, müsse man im
Herbst ja sowieso wieder über die Rahmenbedingungen befinden.
"Aber bis dahin müssen wir wirklich nicht an jeder Sitzung
über die Reitschule debattieren." mm
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Bund 3.2.12
Parlament macht dem Berner Gemeinderat Beine
Der Stadtrat verliert die Geduld: Die Stadtregierung soll endlich Ideen
für eine Umgestaltung des Gebiets Schützenmatte vorlegen.
Markus Dütschler
Die zentral gelegene Berner Schützenmatte wird als Unort
empfunden: Reitschule, grosser Parkplatz, Drogenanlaufstelle - und
alles garniert mit viel Verkehr. Der Gemeinderat hat vom Parlament
mehrfach den Auftrag gefasst, ein Aufwertungskonzept vorzulegen,
zuletzt 2009. Doch immer gerät Sand ins Getriebe ("Bund" von
gestern).
Gestern kam im Stadtrat eine Motion der SP/Juso-Fraktion von 2009 zur
Sprache. Darin wird beklagt, dass der Ort mit Potenzial nur als
Durchgangsort benutzt werde. Bereitgestellte Gelder zum Ausarbeiten
einer Strategie seien ungenutzt geblieben. Dass der Gemeinderat um eine
weitere Fristerstreckung gebeten hat, kam beim Stadtrat nicht gut an.
Die Regierung habe nichts unternommen, so Beat Zobrist (SP). Aus dem
Stegreif skizzierte er die Idee einer Verlegung der Bushaltestelle an
die Schützenmatte, um zu zeigen, dass sich leicht gute Ideen
für eine Aufwertung fänden, so man sich auch nur ein wenig
Mühe gäbe. Für das Grüne Bündnis sagte
Stéphanie Penher, ihre Fraktion sei unzufrieden mit dem Bericht.
Der Verweis auf Pläne der Parkhausbetreiberin Awag sei
"Schattenboxen", da diese Firma mehrheitlich im Besitz der Stadt sei:
Sie könnte die Awag beeinflussen. Christoph Zimmerli (FDP) fand es
zu billig, mögliche Ideen des Wettbewerbs Schindler Award
abzuwarten. Der Gemeinderat solle sich endlich hinter die Aufgabe
klemmen, dazu reiche die Frist bis 31. März 2013. Mit 64 zu 2
Stimmen unterstützte der Rat diese verkürzte Frist.
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derbund.ch 2.2.12
Dauerbrenner Reitschule sorgt erneut für rote Köpfe
sda / bs
Einmal mehr hat das Berner Stadtparlament am Donnerstag über die
Reitschule debattiert.
Ein Antrag aus den Reihen von CVP und SVP, das Mietverhältnis
zwischen der Stadt und Betreibern aufzukündigen, blieb aber
chancenlos. Indem sich die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule
(IKuR) geweigert habe, einen Leistungsvertrag von kürzerer Dauer
zu unterzeichnen, befänden sich die Betreiber in einem
vertragslosen Zustand, argumentierten die Verfasser der dringlichen
Motion.
Dies rechtfertige auch die Einleitung eines Exmissionsverfahrens, nach
welchem die Mieter zum Verlassen des Objekts gezwungen werden
könnten. Die Reitschule-Kritiker aus dem bürgerlichen Lager
konnten aber nur 19 Parlamentarier für ihr Ansinnen gewinnen.
Motionär Henri-Charles Beuchat (CVP) gewährte im Rat einen
Blick in die Zukunft, indem er sagte, der Druck auf die Reitschule
müsse "hoch gehalten werden". Beuchat kündigte umgehend einen
weiteren Vorstoss zum Dauerbrenner Reitschule an.
Rolf Zbinden (PdA) wähnte sich hingegen schon in der
"Schlussoffensive". Der "Schulterschluss zwischen CVP und SVP" sorge
für Klarheit. Es gehe jetzt darum, Farbe zu bekennen - "für
oder gegen die Reitschule".
Kritik an Mietfortzahlung
Den Reitschule-Kritikern drückten ihren Unmut darüber aus,
dass die Stadt trotz der fehlenden Unterschrift vonseiten der Betreiber
weiterhin für den Mietzins aufkommt.
Das habe der Stadtrat im letzten November veranlasst, indem er dem
Verpflichtungskredit zugestimmt habe, konterte Stadtpräsident
Alexander Tschäppät (SP). Er stellte aber klar, dass der
Gemeinderat den Beitrag an die Nebenkosten in Höhe von 60'000
Franken zurückbehalte, solange keine Einigung zustande komme.
Auch der Vorschlag, die Mietzahlungen zu sistieren, wurde vom Rat im
Verhältnis 19 zu 45 abgelehnt.
Der Stadtrat hatte den Verpflichtungskredit für die Reitschule im
November nur für ein Jahr statt wie vom Gemeinderat beantragt
für vier Jahre gesprochen. Daraufhin erklärte sich die IKuR
nicht bereit, den Vertrag zu unterzeichnen.
Was Peter Künzler (GFL) bei der Stadtratssitzung vom vergangenen
Donnerstag prophezeit hatte, bewahrheitete sich nun schon eine Woche
später: Das Thema Reitschule wird im Stadtberner Wahljahr 2012
noch öfter zu Reden geben.
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WoZ 2.2.12
Standpunkt von Christian Pauli
Frou Müller und das Nachtleben in der Hauptstadt
Christian Pauli
Die Berner Altstadt ist zum Schauplatz eines Interessenkonflikts
zwischen "schöner Wohnen" und Party- und Undergroundkultur
geworden. Der Generationenkonflikt bringe eine neue Dynamik ins
politische Gefüge, schreibt Christian Pauli, Koleiter der
Dampfzentrale Bern.
Der Hochsommer 2011 hat der Stadt Bern ein Wort beschert, das so
unzutreffend wie erfolgreich ist: "Clubsterben". Es nahm seinen Anfang
im Juli, als der Berner Musikclub Sous Soul drohte, seine
Kellertüre dichtzumachen - zermürbt vom
Kleinkrieg mit NachbarInnen und Behörden. Nach dem
"Wasserwerk" schickte sich somit ein zweiter "Traditionsclub" an, von
der Bildfläche zu verschwinden. Für die Lokalmedien, die
vor dem Sommerloch standen, war die angekündigte Schliessung ein
Steilpass.
Eine süffige Geschichte
Die Geschichte des "Sous Soul" ist in der Tat ein Knaller: Ein
subkulturell geprägter Kulturort mit jahrzehntelanger
Tradition muss weichen, weil eine zugezogene Soziologin sich von den
Bässen bedrängt fühlt und der sozialdemokratische
Regierungsstatthalter ihr in letzter Instanz recht gibt. Eine
ausgehfreudige Jugend, die im Fall des "Sous Soul" eigentlich gar keine
mehr ist, sieht sich von einem städtischen Milieu verdrängt,
das rot-grüne Regierungsmacht mit "schöner Wohnen"
kombiniert. Diese süffige Geschichte konnte sich selbst das
Schweizer Fernsehen nicht verkneifen.
Seither brodelt es in Berns Underground. Jungfreisinnige,
Jungsozialisten, junge Grüne und die junge Mitte schliessen sich
im Verein Nachtleben Bern zusammen und verlangen vom Gemeinderat ein
"klares Bekenntnis zu einem hauptstadtwürdigen, attraktiven
Nachtleben". Die Forderungen der Petition "Pro Nachtleben Bern"
sind - mit über 10 000 Unterschriften Anfang Dezember
2011 eingereicht - pragmatisch. Es geht um flexible
Öffnungszeiten, klare Lärmkonzepte, sinnvolle
Lärmgrenzwerte, Sensibilisierung der Nachtschwärmer,
Beschleunigung der Bewilligungsverfahren von Clubs und zu guter Letzt:
"Die Stadt soll ihre Kultur selber bestimmen."
Überstürzende Ereignisse
Im Stadtrat wird seit anderthalb Jahren ein "Konzept Nightlife"
gefordert. Der Gemeinderat schiebt es auf die lange Bank. Anfang Januar
aber überstürzen sich die Ereignisse. Weil im alten Kornhaus
das Fumoir, das infolge einer behördlichen Auflage extra für
Partys eingebaut wurde, aus feuerpolizeilichen Gründen nicht mehr
betrieben werden darf, zieht sich der dortige Partyveranstalter
zurück. Dieses behördliche Verwirrspiel scheint das Fass
überlaufen zu lassen.
Der Ton wird direkter. Man spricht von Aktionen, Demonstrationen,
Kulturstreik. Eine erfolgreiche Facebook-Kampagne namens "Figg Di Frou
Müller" knüpft sich die erwähnte Soziologin vor und
meint damit stellvertretend die "Meiers, Biglers, Burris, Scheideggers,
Lüthis und Kipfers, die neben deine Lieblingsbar oder deinen
Lieblingsclub ziehen und bald beginnen, sich zu beschweren. Sie
argumentieren mit Lebensqualität und zögern dabei nicht,
alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen. Und weil die
Entscheidungsträger in den Behörden eben auch Meier, Bigler
und so weiter heissen, bekommen die Kläger recht." Dem Verein
Nachtleben droht die Sache aus dem Ruder zu laufen - eine
für Samstag letzter Woche geplante Aktion mitten in der Nacht
wurde abgeblasen.
Kommen tun sie trotzdem
Auch die beschauliche Stadt Bern mutiert zur 24-Stunden-Gesellschaft.
An jedem Wochenende karrt der ÖV-Anbieter Bern Mobil Ausgehwillige
aus der Agglo im Halbstundentakt ins Zentrum und bis früh morgens
zurück (Werbeslogan: "Wir holen dich da raus"). Man sagt, dass pro
Wochenende an die 10 000 AusgängerInnen in die Berner
Innenstadt strömen, mit den entsprechenden Littering- und
Securityfolgen. Der Polizeichef stellt nüchtern fest: Für
diese Menge ist die Innenstadt zu klein. Aber kommen tun sie trotzdem,
die Nachtschwärmer und Ausgehwütigen. Und darunter sind
nun mal viele, die man lieber nicht in der Stadt hätte.
In der Debatte um das "Clubsterben" spiegelt sich ein
Generationenkonflikt, der eine neue Dynamik ins festgefahrene
politische Gefüge bringt. Lange hat die Reitschule alles
absorbiert, was diese Stadt an jugendlicher Unruhe produziert. Nun
werden Anliegen laut, die über die Reitschule hinausgehen. Auf der
einen Seite haben wir die rot-grüne Stadtregierung, die hier seit
zwanzig Jahren am Ruder ist und entsprechend verkrustet und verstaubt
wirkt. Jahrelang mühte sich der Gemeinderat mit der rebellischen
und unentwegt pubertären Reitschule ab - mit Erfolg
übrigens. Die Rot-Grünen konnten sich nicht "trotz" der
Reitschule halten, sondern genau dieser Konflikt hat das rot-grüne
Lager immer wieder und dauerhaft geeint.
Nun aber droht plötzlich neuer und zusätzlicher Ärger
aus der Altstadt. Eine Clubklientel, die weder speziell sympathisch
noch explizit politisiert ist, will etwas, was sie als schlicht normal
ansieht: bis zum Morgengrauen auf den Putz hauen.
Der Einsatz von Facebook, Twitter und Co. hat zu einer
zusätzlichen Beschleunigung und Unübersichtlichkeit
geführt. Es wird kommuniziert wie der Teufel, Kampagnen werden vom
Stapel gelassen, alles ist plötzlich halböffentlich. Der
legendäre Kulturstreik im Oktober 1987 in Bern führte zur
Wiedereröffnung der Reitschule. Das war eine klandestin
ausgeführte Meisterleistung, die die gesamte Kulturszene hinter
die Reitschule scharte. Heute kann jeder Löli überall seine
Kommentare hinterlegen. Die Folge ist eine mediale Hysterie.
Eine mediale Hysterie
Wie der Prenzlauer Berg in Berlin ist die Berner Altstadt zum
Schauplatz eines Interessenkonflikts zwischen "schöner Wohnen"
à la Frau Müller und Party- und Undergroundkultur geworden.
Die Frage ist interessant: Wem gehört diese Unesco-geschützte
Altstadt? Der Gemeinderat, der sich auf eine satte Mehrheit links der
Mitte verlassen kann, hat keine Antwort parat. Statt eine lebendige
Nachtkultur als Standortvorteil zu verkaufen oder zumindest als
Selbstverständlichkeit zu deklarieren, schickt er den
Sicherheitsdirektor auf die Piste.
CVP-Mann Reto Nause, der in seiner Jugend auch mal Punkmusik
gehört haben will, verstrickt sich. "Die Dichte an Clubs ist
beträchtlich", sagte Nause im "Bund". Was bei den aufgebrachten
Clubkämpfern umgehend für mehr Unmut sorgte. Wie hatten
Züri West schon 1987 lakonisch festgehalten ("Hansdampf"): "We
z’Bärn irgendöpper Kultur macht, de chunnt meischtens nume
d’Polizei." Es wird interessant sein zu beobachten, ob der aktuelle
Konflikt, 25 Jahre nach dem Kulturstreik, erneut politisiert wird. Wenn
ja, haben wir vielleicht gar einen heissen Sommer 2012 vor uns.
Altachtziger freuen sich schon auf Folge zwei von "Berner Beben".
Christian Pauli (48) ist Koleiter der Dampfzentrale und Präsident
des Berner Kulturveranstalterverbands Bekult.
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kulturagenda.be 2.2.12
Gute Nacht? - Meinungen zur Berner Clubszene (2)
In unserer Interview-Serie fragen wir: Wie steht es um das Berner
Nachtleben? Christian Pauli ist (bald abtretender) Co-Leiter der
Dampfzentrale. Als Präsident der Kultur- Dachorganisation Bekult
bezieht er Stellung.
Nach dem vermeintlichen Aus der Kornhausforum- Partys wegen
Fumoir-Auflagen kam letzte Woche Entwarnung: Nun muss also doch kein
Fumoir eingebaut werden. Eine erfreuliche Entwicklung?
Man kann es als positives Zeichen werten, dass bei den Behörden
etwas Bewegung ins Spiel gekommen ist. Aber das ist nur ein Detail.
Hier geht es um eine grundsätzlichere Angelegenheit.
Worum geht es denn?
Die Stadt ist in den letzten Jahren mit einem Phänomen
konfrontiert. Nämlich mit einem grossen Ausgehbedürfnis
Jugendlicher und Junggebliebener, wobei sich dies immer mehr in die
Nacht hineinerstreckt und eine grosse Menge Leute in die Stadt bringt.
Der Gemeinderat hat noch nicht begriffen, welche Dimension es
angenommen hat und welcher gesellschaftliche Wandel sich darin
manifestiert.
Bis jetzt hat sich von den Gemeinderäten einzig der
Sicherheitsdirektor Reto Nause in die Diskussion eingemischt.
Nauses Aussagen zeigen, wie technokratisch das Problem angegangen wird.
Er spricht von 107 Clubs. Damit will er sagen, das Angebot sei gross
und darum kulturell gesehen kein Problem. Ein Irrtum: Man kann nicht
107 Clubs von der Aufreissbar bis zum Altstadt-Subkulturkeller
über einen Kamm schlagen.
Bekult hat das Thema Nachtleben letzte Woche besprochen. Wie ist ihre
Haltung?
Wir nehmen dieses Thema ernst. Wir werden mit dem Komitee Pro
Nachtleben Bern zusammensitzen, um gemeinsame Aktivitäten zu
diskutieren. Wir haben festgestellt, dass es nicht mehr nur um Sous
Soul und Wasserwerk geht, sondern dass breiter und politischer
diskutiert wird. Das ist zu begrüssen.
"Wir nehmen das Thema ernst" -so richtig Fleisch am Knochen hat das
nicht.
Unser Engagement ist nicht 100 Prozent, weil sich unsere Mitglieder
nicht zu 100 Prozent für das Thema interessieren. Das hat auch
damit zu tun, dass die Clubs bei Bekult etwas marginal vertreten sind.
Aber die Einsicht ist da, dass es eine Frage ist, die mit der
Kulturstadt Bern zu tun hat, und darum beschäftigen wir uns auch
damit.
Was halten Sie von Partymeilen, also von Sonderzonen für die
Clubkultur?
Ich finde es fragwürdig, wenn man die Massen irgendwo
abfüttert und das Nachtleben sicherheitsmässig hygienisch
einwandfrei einrichtet, damit es nirgends Probleme gibt. Eine Stadt ist
per se ein Mix verschiedener Bedürfnisse, und die müssen
verhandelt werden.
Anwohner pochen aber verständlicherweise auf ihr Recht auf Ruhe.
Schlaflose sind hartnäckig.
Die Kampagne "Figg di Frou Müller" ist vulgär formuliert.
Aber sie trifft das Problem auf den Punkt. Warum soll die Altstadt den
Besserverdienenden überlassen werden? In der Berner Altstadt
treffen nun einmal -im Gegensatz zu einem Sonnenhang in Muri
-verschiedene Bedürfnisse aufeinander.
Das Prinzip "Wer sich an etwas stört, soll wegziehen" ist aber
nicht gerade der gute Umgangston an einem Ort der verschiedenen
Bedürfnisse.
Letztlich gilt es immer die Bedürfnisse abzuwägen. Wenn aber
jemand neben einem bestehenden Club einzieht, sich beschwert und damit
den Club in die Knie zwingen kann, erfolgte die Abwägung nicht
gerade optimal.
Interview: Michael Feller
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WoZ 2.2.12
Film
Lachen, bitte!
Etwas Humor wünscht sich das Kino in der Reitschule in Bern im
Februar. Das ist gut so, denn zu lachen hat die Reitschule im Moment
nicht so viel: Im November segnete der Stadtrat den vierjährigen
Leistungsvertrag nicht ab, sondern schloss vorerst nur einen
einjährigen Vertrag mit der Reitschule ab. Und auch sonst ist das
Berner Nachtleben langsam zum Heulen. Das Konzertlokal Sous Soul wurde
letztes Jahr geschlossen, das Wasserwerk macht bald dicht, und auch aus
dem Kornhaus werden Partys verbannt - der Lärm
stört die AnwohnerInnen (vgl. Seite 20).
"Wir wünschen Humor" lautet die Filmreihe, in der das Kino in der
Reitschule ganz unterschiedliche Werke zeigt, bei denen man lachen
kann. So ist "Herr Lehmann" (2003) von Leander Haussmann zu sehen, die
Verfilmung des grossartigen gleichnamigen Romans von Sven Regener.
"Aaltra" (2004) von Benoît Delépine und Gustave Kevern ist
eine skurrile Komödie über zwei Nachbarn, die sich hassen,
während einer Prügelei von einem umkippenden
Traktoranhänger getroffen werden und im Rollstuhl landen. Bei
einer Zugreise werden sie wieder zu Nachbarn und erleben eine grosse
Überraschung.
Mit "This Must Be the Place" (2011) von Paolo Sorrentino ist auch ein
Film programmiert, der eben noch in den Kinos lief und einen
überragenden Sean Penn in der Rolle des abgehalfterten Rockstars
zeigt. "Cinco días sin Nora" von Mariana Chenillo erzählt
mit bissigem Humor vom Tod, der Liebe und der Ehe. Und der
Dokumentarfilm "Moi c’est moi" der Berner Regisseurin Gabriele
Schärer berichtet vom Zusammenleben von Jugendlichen und
deren Freundschaft in Bern West, wo immer wieder mal Humor gefragt ist.
süs
"Moi c’est moi" in: Bern Kino in der Reitschule, Fr/Sa, 3./4. Februar,
21 Uhr, in Anwesenheit der Regisseurin und der DarstellerInnen.
www.reitschule.ch
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kulturagenda.be 2.2.12
Der Zauberer von Oz im Kino in der Reitschule
Am Flohmi-Sonntag, jedem ersten Sonntag im Monat, zeigt das Kino
Reitschule einen Kinderfilm. Im Februar ist es der Kinoklassiker "Der
Zauberer von Oz" aus dem Jahre 1939. Der Film nach dem gleichnamigen
Kinderbuch von Lyman Frank Baum erzählt von den Abenteuern der
kleinen Dorothy, die es nach einem Wirbelsturm ins magische Land Oz
verschlägt.
Kino in der Reitschule, Bern. So., 5.2., 13.30 Uhr
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Bund 2.2.12
"Afterparty".
Die Party ist vorbei und die Euphorie verduftet: Das
Bühnenkollektiv Pink Mamas hat festgestellt, dass es sich wie ein
Kater anfühlt, wenn man merkt, dass das Erwachsenenleben die
Jugend definitiv abgelöst hat. In "Afterparty" wird diese Stimmung
mittels Tanz, Schauspiel und Songs auf die Bühne gebracht. (reg)
Tojo-Theater Reitschule Donnerstag, 2. bis Samstag, 4. Februar, 20.30
Uhr. Sonntag, 5. Februar, 19 Uhr.
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kulturagenda.be 2.2.12
Getrieben von der ewigen Gier nach mehr
Die Kompanie Pink Mama Theatre inszeniert in ihrem neuen Stück,
"Afterparty ", mit viel Ironie die Trostlosigkeit und Absurdität
der ewigen Party. Dargestellt wird diese Situation in verschiedenen
Stimmungsbildern.
Drei Superhelden in schillernden Roben und transparenten Plateauschuhen
befinden sich auf einer gelben Decke mitten im Raum. Die Melodie "La
Bella Malinconia" aus Fellinis Film "La Dolce Vita" plätschert im
Hintergrund vor sich hin. Langsam löst sich Batman aus der Gruppe
und schreitet mit erhobenem Haupt lächelnd in den Raum.
Während er sich selbstversunken der eigenen Sinnlichkeit hingibt,
räkelt sich Superman wohlig am Boden und Horny Brille versinkt im
Selbstmitleid. Auf seinen Ausspruch "Meine Begabung tut mir weh, sie
ist kaputt" hin wendet sich sein Gegenüber mit beruhigenden Worten
an ihn, und Batman fordert ihn auf, mit ihm zu tanzen.
Wechselbad der Gefühle im Crossover-Stil
Um dieses scheinbar zeit- und raumlose Schweben an der Feier nach der
Feier geht es in "Afterparty" von Pink Mama Theatre. Die drei
Superhelden stehen für die Partygänger, die sich in den
frühen Morgenstunden entweder in einer Art Dämmerzustand
befinden oder total überdreht sind. Wenn dann das
Nervenmäntelchen etwas schief sitzt, können aus dem
Gefühl von allumfassender Liebe im Nu arge Zweifel an sich selber
und der Welt entstehen.
Slawek Bendrat, Dominik Krawiecki und Simon Reimold, die drei
Darsteller und Gründer von Pink Mama Theatre, versuchen, diese
Emotionen in einer Mischung aus Sprechtheater, Tanz und Gesang sowie
Performance auszudrücken. Die verschiedenen Teile des Stückes
stehen dabei nicht in einem linearen Zusammenhang. Sie sind eher wie
unterschiedlich gefärbte Stimmungsbilder zu verstehen, die
kontinuierlich ineinander übergehen und zu immer neuen
Figurenkonstellationen führen.
Die Wiederholung des ewig Gleichen
Das chamäleonartige Verhalten der Protagonisten verleiht dem
Stück sowohl eine witzige als auch eine tragische Note. Gerade
diese Zwiespälte gefallen der Truppe Pink Mama Theatre: "Es geht
um Genusssucht, Selbstbetrug und um die Wiederholung des ewig
Gleichen", meint Simon Reimold, der im Stück Horny Brille spielt.
Für "Afterparty" haben sich Pink Mama Theatre thematisch von
Fellinis "La Dolce Vita" inspirieren lassen, in dem es um das
rauschhafte Leben der feinen Römer Gesellschaft geht. Auch
Ionescos Einakter "Die Stühle", ein Stück des Absurden
Theaters, hat eine Rolle gespielt. Hier geht es vor allem um die
verzerrte und idealisierte Wahrnehmung der Vergangenheit.
Der genreübergreifende Stil der Truppe hat sich aus der
Experimentierlust und den künstlerischen Hintergründen der
drei Mitglieder ergeben: Der Pole Slawek Bendrat arbeitet als
Tänzer, sein Landsmann Dominik Krawiecki ist Regisseur und
Schauspieler. Der Dritte im Bunde, der Deutsche Simon Reimold, war
ursprünglich Musiker und liess sich später auch noch zum
Schauspieler ausbilden. Kennengelernt haben sich die drei am Luzerner
Theater, seit Längerem arbeiten sie an gemeinsamen Projekten. Die
Truppe Pink Mama Theatre wurde vor noch nicht einmal einem Jahr in Bern
gegründet. "Afterparty " ist nach "Escort" ihr zweites Stück.
Für diesen Herbst ist eine weitere Produktion geplant.
Christine A. Bloch
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \ \
Tojo Theater, Bern
Premiere: Do., 2.2., 20.30 Uhr
Weitere Vorstellungen: Fr., 3., und Sa., 4.2.,
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kulturagenda.be 2.2.12
Dusty Kid mit neuem Album auf Tour
Der italienische Produzent Dusty Kid macht auf seiner Tournee halt in
der Schweiz und präsentiert im Dachstock sein lang ersehntes neues
Album, "Beyond That Hill". Die "Night of Progressive Techno" verspricht
treibende Bässe, melodischen Techhouse und elektronische
Clubmusik. Weitere live Acts in dieser Nacht sind Disko Dario sowie
Dreksler & Härle von Elektrostubete aus Bern. Diverse DJs
runden die Techno-Nacht ab: Frango, Casa Show, Brian Python, Xylophee
und Meskal.
Dachstock in der Reitschule, Bern. Sa., 4.2., 23 Uhr
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Bund 2.2.12
Steamboat Switzerland
Dampfablass im Dachstock
Das Steamboat Switzerland ist ein wunderlicher Kutter auf den unruhigen
Gewässern der experimentellen Musik. Das Trio bestehend aus
Dominik Blum, Marino Pliakas und Lucas Niggli vermengt die animalischen
Instinkte des Hardcore mit der Kopflastigkeit der Neuen Musik. In Bern
wird es um einen 8-köpfigen Bläsersatz erweitert, zur
Uraufführung gelangt unter anderem ein Stück des Berner
Komponisten Marc Kilchenmann. (ane)
Reitschule Dachstock Do, 2. Feb., 20 Uhr.
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BZ 2.2.12
Neue Musik, die sich selber zerstört
Konzert · Das Trio Steamboat Switzerland spielt Klänge an
der Schnittstelle zwischen Neuer Musik, komplizierter Avantgarde und
knüppelhartem Rock. Heute bringt das Ensemble in der Reitschule
das Werk "egregoros" des Berner Komponisten Marc Kilchenmann zur
Uraufführung.
Noch funktioniert nicht alles wunschgemäss beim Probenbesuch im
Dachstock der Berner Reitschule: Gerade eben ist das Netzwerk
zusammengebrochen, über das die drei Musiker von Steamboat
Switzerland von einem zentral gesteuerten Computer die exakten
Tempoangaben per Kopfhörer erhalten. Rasch verlegt ein Techniker
ein neues Kabel. Bis zur Uraufführung von "egregoros" muss die
Technik einwandfrei funktionieren, damit nur noch die Musik ihr
Eigenleben entwickelt. Gerade so, wie es sich der Berner Komponist Marc
Kilchenmann vorstellt: "Mit diesem Werk wollte ich gewissermassen eine
Maschine komponieren, die nicht mehr zu beherrschen ist", erklärt
er in einer Probenpause. Im Stück, das Teil eines grösseren
Zyklus über die Vorsokratiker ist, setzt sich der Komponist mit
dem griechischen Philosophen Heraklit auseinander. Von ihm stammt der
berühmte Ausspruch "panta rhei" - alles fliesst. "Bei Heraklit
geht es darum, dass alles in ständiger Veränderung ist - und
gerade dadurch gleich bleibt", führt Kilchenmann aus. "Mit dieser
Dialektik setzt sich meine Musik auseinander."
Musikalisches Inferno
Wie man sich das vorstellen muss, erklärt Kilchenmann in
komplizierten und wortreichen Ausführungen. Kurz zusammengefasst
funktioniert das Werk so: Über die streng ausnotierten Stimmen
für die drei Instrumente Hammondorgel, Bass und Schlagzeug wird
eine je individuelle, wellenförmige Tempospur gelegt. Das
führt dazu, dass jeder Musiker mal schneller, mal langsamer wird.
Die Stimmen verschieben sich so ständig gegeneinander. Doch das
ist noch nicht alles: Es kommen acht Bläser hinzu, die durch ihre
rhythmischen und repetitiven Einwürfe eine Art musikalisches
Störgeräusch erzeugen. Zuerst ganz leise, steigern sich die
Bläserstimmen bis zum Schluss zum musikalischen Inferno und
zerstören die Musik des Trios: Kilchenmann hat sozusagen einen
Selbstzerstörungsmechanismus in seine Komposition eingebaut. Kern
des Ensembles ist das Trio Steamboat Switzerland mit dem Organisten und
Pianisten Dominik Blum, dem Bassisten Marino Pliakas und dem
Schlagzeuger Lucas Niggli. Mit seiner eigenwilligen Vermischung von
Neuer Musik und der musikalischen Ästhetik einer Rockband
stösst das Trio regelmässig in ganz neue Hörräume
vor. In der freien Improvisation ist Steamboat Switzerland ebenso zu
Hause wie in der komponierten Musik.
Aussenseiter und Pioniere
Umrahmt wird die Uraufführung von Kilchenmanns Werk "egregoros"
durch Werke von zwei Komponisten, die zu ihrer Lebzeit als eigenwillige
und grenzüberschreitende Pioniere ihre Zeitgenossen vor den Kopf
stiessen und so ausgezeichnet zu Steamboat Switzerland passen:
Einerseits ist das Perotinus Magnus. Der Komponist, über den so
gut wie nichts bekannt ist, hat vor fast tausend Jahren an der
Kathedrale Notre-Dame in Paris mit neuartigen, drei- und vierstimmigen
Stücken mit der damals vorherrschenden Klangästhetik des
gregorianischen Chorals gebrochen. Für Steamboat Switzerland hat
Marc Kilchenmann ein Stück des französischen Komponisten neu
arrangiert. Und auch Hermann Meier war stets ein Aussenseiter. Vom
Schweizer Avantgarde-Komponisten kamen zu seinen Lebzeiten nur ganz
wenige Werke zur Aufführung. So kommt es, dass mit Hermann Meiers
"Plan, Ende November" eine zweite Uraufführung auf dem Programm
steht, auch wenn die Komposition aus dem Jahr 1976 stammt.
David Loher
Konzert: Steamboat Switzerland Extended: "Sederunt Principes" für
Orgeltrio und acht Bläser, mit Kompositionen von Perotinus Magnus,
Hermann Meier und Marc Kilchenmann. Dachstock, 21.30 Uhr.
Türöffnung: 20 Uhr; www.dachstock.ch.
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kulturagenda.be 2.2.12
Musikalische Energieerhaltung
Steamboat Switzerland überwindet Stilgrenzen zwischen Klassik,
Jazz und Rock. Im Dachstock präsentiert das experimentelle Trio
zusammen mit acht Bläsern Kompositionen von Pérotin,
Hermann Meier und Marc Kilchenmann.
Das klingt nach Dixieland-Jazz: Steamboat Switzerland. Doch die
Assoziation könnte falscher nicht sein. Hinter dem Namen, der von
einer Adolf-Wölfli- Geschichte stammt, steckt eine der
radikalsten, herausragendsten Bands der Schweiz. Auch wenn der Begriff
Avantgarde längst überstrapaziert ist, hier passt er wie kein
anderer, hier spielt die Zukunftsmusik.
Man soll vorsichtig sein mit Spekulationen über die Zukunft.
Trotzdem: Zumindest ein Aspekt des Steamboat- Sounds hat das Zeug zum
Mainstream: "Wir haben die Band 1995 gegründet, weil wir Neue
Musik mit der Kraft und der Körperlichkeit von Rock'n'Roll machen
wollten", sagt Pianist und Organist Dominik Blum. Tatsächlich
schaffen es Blum, Schlagzeuger Lucas Niggli und Bassist Marino Pliakas
mit stupender Leichtigkeit, die intellektuellen Leistungen von Klassik,
Jazz und Neuer Musik mit einem Groove zu verbinden, den man nur aus der
Rockmusik kennt.
Geistige Freiheit
"Das hermetisch Klassische hat für mich nie existiert",
erklärt Blum im Gespräch. Er, der sich im Moment der Musik
der Spätromantik widmet, ist mit den Beatles und Aretha Franklin
aufgewachsen. Das Klavierspiel brachte er sich als kleiner Junge selbst
bei. Profimusiker konnten ihn mit zwölf überreden, Stunden zu
nehmen. Von da weg setzte er sich intensiv mit Klassik auseinander. In
den Neunzigern machte ihm unter anderem der Noise-Metal der Melvins die
Rockmusik wieder interessant.
Diese geistige Freiheit gegenüber den Stilen und Epochen findet
man auch im aktuellen Projekt von Steamboat Switzerland. Benannt ist es
nach den "Sederunt Principes" von Pérotin, der um 1200 Magister
in der Kathedrale von Notre-Dame war. In die Musikgeschichte eingangen
ist der Franzose, weil er als Erster überhaupt Musik mit drei bis
vier voneinander unabhängigen Stimmen schrieb. "Die ‹Principes›
sind eines meiner absoluten Lieblingsstücke", schwärmt Blum.
Er habe schon lange von einer Steamboat-Fassung geträumt.
Ununterbrochene Veränderung
Die "Principes" hat Marc Kilchenmann nun für das Trio und acht
Bläser adaptiert. Der Komponist ergänzt die Aufführung
zudem mit Werken des verkannten Schweizer Avantgardisten Hermann Meier
und seiner eigenen Komposition "Egregoros".
"Mein Stück ist Teil eines längeren Zyklus ", erklärt
Kilchenmann, "in dem ich mich musikalisch mit den vorsokratischen
Philosophen beschäftige." In "Egregoros" bezieht er sich auf
Heraklit: "Sein Denken hat mich frappiert, besonders seine Aussage,
dass sich alles im Wandel befindet, aber auch immer alles gleich
bleibt." Daraus habe er eine Art künstlerischen
"Energieerhaltungs- Satz" abgeleitet, sagt er und lacht.
Die Struktur von "Egregoros" beruht nun auf Sinuskurven. Tonal
repetitiv gestaltet, befindet sich die Musik im selten durchbrochenen
Fluss, ändert unablässig Lautstärke und Tempo. "Das kann
nur gespielt werden, weil Philipp Kocher von der Zürcher
Hochschule der Künste eine Software entwickelt hat, die jedem
Musiker den dauernd an- und abschwellenden Takt vorgibt", erklärt
Kilchenmann. Klingt verkopft? Bei Steamboat Switzerland wird es grooven.
Silvano Cerutti
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Dachstock in der Reitschule, Bern
Do., 2.2., 20 Uhr. www.dachstock.ch
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Kulturagenda.be 2.2.12
3 Kulturtipps von Gabriele Schärer
Gabriele Schärer ist Regisserin und Dozentin an der Schule
für Gestaltung Bern-Biel. Für die letzte Vorstellung ihres
Films "Moi, c'est moi - Ich bin ich" kommt sie mit ihren Darstellern in
die Reitschule. (Kino in der Reitschule, Bern. Fr., 3., und Sa., 4.2.,
21 Uhr)
1. Lichtspiel-Sonntag Nr. 598 (So., 5.2., 20 Uhr)
Lasst euch einen der letzten kultigen Kurzfilmabende in den Hallen der
ehemaligen Schokoladenfabrik Tobler nicht entgehen.
2. "Moi, c'est moi -Ich bin ich" im Kino in der Reitschule (Fr., 3.,
und Sa., 4.2., 21 Uhr)
Ein Film über das Vertrauen in die Kraft der Freundschaft.
3. Landschafter mit Julian Sartorius in der Dampfzentrale (Do., 9.2.,
21 Uhr)
Im Februar eröffnet der "Landschafter" Balthasar Jucker mit seinem
mechanischen Schattentheater und zusammen mit dem Schlagzeuger Julian
Sartorius neue audiovisuelle Räume.
Einen Freund, der sich grundsätzlich nicht für
Musik interessiert, würde ich überreden, ans
Konzert in der Dampfzentrale zu gehen, …
… indem ich ihm vor Augen führen würde, dass er
wahrscheinlich der einzige Berner ist, der noch nie einen Landschafter
gesehen hat.
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Bund 2.2.12
Schützenmatte: Warum steht der Gemeinderat auf der Bremse?
Die Berner Schützenmatte ist nicht nur ein sozialer Brennpunkt,
sondern auch ein Politikum. Seit 2006 fordern Politiker immer wieder,
dass das Areal zwischen Reitschule, Aarehang und Bahnhof aufgewertet
werden soll.
Passiert ist jedoch wenig. Der Gemeinderat, der 2009 beauftragt worden
war, einen Planungsprozess einzuleiten, verlangt heute im Stadtrat mehr
Zeit. Als Grund für die Verzögerung wird angegeben, dass eine
Lösung gefunden werden müsse, um die Parkfelder auf der
"Schütz" zu ersetzen. Dies, weil die Betreiberin des P + R Neufeld
auf einen Ausbau verzichte. Diese hingegen sieht in einem Ausbau kein
Problem. Auf Anfrage heisst es: "Wir haben die Pläne. Wir
müssen sie nur aus der Schublade ziehen." (len) - Seite 19
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Das Warten auf die neue "Schütz" geht weiter
Seit Jahren fordern Politiker, dass die Berner Schützenmatte
aufgewertet wird. Der Gemeinderat findet aber doch immer wieder
Gründe, die heisse Kartoffel nicht anzufassen. Aktuell blockiert
sich die Stadtregierung gleich selbst.
Christoph Lenz
Es klingt sehr unverdächtig. Die Autoeinstellhalle Waisenhausplatz
AG (Awag) teilte dem Gemeinderat im Februar 2011 per Brief mit, auf den
Ausbau des P+R Neufeld zu verzichten. Ein folgenschwerer Entscheid. Der
Gemeinderat hat seit 2009 den Auftrag, die Schützenmatte
aufzuwerten. Voraussetzung dafür ist aber, dass ein Ersatz
für die aufzuhebenden Schützenmatte-Parkfelder gefunden wird.
Ohne Ausbau im Neufeld ist das Geschäft blockiert - oder: "offen",
wie es der Gemeinderat ausdrückt.
Erstaunlich daran: Die Awag, die die Planung des Gemeinderates
durchkreuzt, gehört zu 62 Prozent der Stadt Bern. Der Berner
Gemeinderat bestimmt drei von fünf Verwaltungsräten der Awag,
und mit Finanzdirektorin Barbara Hayoz (FDP) sitzt sogar eine
Gemeinderätin im Führungsorgan der Awag. Der Gemeinderat
steht sich bei der Schützenmatte also selbst im Weg.
Verunsicherung und Gewalt
Es ist nur eine weitere Episode in dieser langen Geschichte. Seit 2006
fordern Berner Politiker die Umgestaltung und Aufwertung des Gebietes
Bollwerk-Schützenmatte. Mehrere Vorstösse hat der Stadtrat
beraten und überwiesen. Mal wurden Sofortmassnahmen gefordert, mal
eine Gesamtplanung. Hier ging es um die Sicherheit, da um die
Beleuchtung, dort um einen Planungskredit.
Zusätzlichen Schwung erhielten die Befürworter einer
Aufwertung 2009 durch eine Studie. Diese bezeichnete den Perimeter
Bollwerk-Schützenmatte als "Raum der Verunsicherung". Gewalt in
den verschiedensten Erscheinungsformen präge das Ambiente. Damit
war das Fuder überladen: Im November 2009 setzte der Stadtrat den
Diskussionen ein Ende. Er beauftragte den Gemeinderat, ein
Gestaltungskonzept auszuarbeiten und eine Umnutzung des Perimeters
Bollwerk-Schützenmatte zu forcieren.
Wer steht auf der Bremse?
Die Forderung geht auf GB-Fraktionschefin Stéphanie Penher und
SP-Stadtrat Beat Zobrist zurück. Letzterer ist um markige Worte
nicht verlegen: "Was seit 2009 geschehen ist? Gar nichts."
Stadtplaner Mark Werren bestätigt: "Seit der Studie aus dem Jahr
2009 sind wir nicht weitergekommen." Ursache der Verzögerung ist
nicht der Mangel an Geld - der Gemeinderat hat in der mittelfristigen
Investitionsplanung 2012 bis 2015 immerhin 800 000 Franken budgetiert.
Das Problem seien vielmehr die Aufgabenlast und die dünne
Personaldecke des Planungsbüros, die es zurzeit nicht erlaube,
Arbeitskräfte für neue Projekte freizustellen. "Wir mussten
in den letzten Jahren knallhart Prioritäten setzen", so Werren.
"Die Schützenmatte hat darunter gelitten."
Allerdings erweckt es den Anschein, als stehe bei der Aufwertung der
Schützenmatte vorab der Gemeinderat auf der Bremse. Jedenfalls
fallen der Stadtregierung immer wieder neue Gründe ein, weshalb es
gerade sehr ungünstig sei, vorwärtszumachen. Wohl erkannte
Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) beim Brennpunkt
Bollwerk schon 2007 Handlungsbedarf. Doch steckte er den
Planungshorizont zunächst recht offen ab: beim Jahr 2030. Die
Argumentation damals: Erst müsse man abwarten, bis der
SBB-Tiefbahnhof Gestalt annehme.
Nach Gesprächen mit den SBB stellte Tschäppät zwei Jahre
später einen Startschuss im Jahr 2012 in Aussicht. Drei
Stolpersteine seien aber noch aus dem Weg zu räumen, erklärte
er. Die Volksinitiativen "Autofreier Bahnhofplatz" und "Verkauf der
Reitschule" sowie das Parkplatzproblem. Die beiden Volksbegehren wurden
2009 und 2010 bachab geschickt. Damit bleibt noch das Parkplatzproblem
im Neufeld.
Awag: "Ausbau ist kein Problem"
Auf Nachfrage bei der Awag erweist sich auch dieses als nichtig. "Die
Awag hat geprüft, ob sich ein Ausbau des P+R Neufeld
wirtschaftlich lohnt", sagt Hugo Staub, Stadtberner Verkehrsplaner und
AWAG-Verwaltungsrat. Die Studie, die einen Ersatz der
Schützenmatte-Parkfelder nicht mit einbezog, habe ergeben, dass
ein Ausbau derzeit nicht sinnvoll sei. Wenn die Stadt Bern aber den
Ausbau wolle, sei das kein Problem. "Wir haben alle Pläne. Wir
müssen sie nur aus der Schublade ziehen. Aber der Entscheid muss
vom Gemeinderat kommen. Die Awag selbst spielt hier keine aktive Rolle."
Heute soll das Berner Stadtparlament dem Gemeinderat zwei weitere Jahre
Zeit geben, um die Planung Schützenmatte aufzugleisen. Das
Argument: Der "Schindler Award 2012" (siehe Kasten) verspreche einen
frischen Blick auf die Problematik und eine Erweiterung des
Lösungsspektrums. SP-Stadtrat Beat Zobrist will da nicht
mitmachen. "Ich werde beantragen, die Fristverlängerung auf 16
Monate zu reduzieren. Es gibt keinen Grund, länger im
Schlendertempo fortzufahren." Für die zweite
Schützenmatte-Motion, die zeitgleich mit Zobrists Vorstoss
überwiesen wurde, hat der Gemeinderat noch keine
Fristverlängerung beantragt. Verfasserin und GB-Fraktionschefin
Stéphanie Penher sagt: "Ich warte."Stadtpräsident Alexander
Tschäppät (SP) war gestern für den "Bund" nicht zu
sprechen.
-
Schindler Award Studenten entwickeln Ideen für Ödland
"Schütz"
Derweil auf lokaler Ebene die Neugestaltung der Schützenmatte
aufgeschoben wird, macht der Schweizer Lifthersteller Schindler
Nägel mit Köpfen. Studienobjekt des renommierten
Architekturwettbewerb Schindler Award ist 2012 der Berner Brennpunkt
zwischen Aarehang, Reitschule, Bahnhof, Kunstmuseum und
Lorrainebrücke. In der Ausschreibung wird das Areal als
"eigentümlicher Mix aus Ödland, Treffpunkt von
Kulturaktivisten und Rückzugsgebiet von Randgruppen" geschildert.
Nun sind Architekturstudenten aus ganz Europa aufgefordert, ihrer
Inspiration freien Lauf zu lassen und neue Nutzungsmöglichkeiten
für das urbane Spannungsfeld zu entwickeln. Im Vordergrund steht
dabei die barrierenfreie Gestaltung - der verbesserte Zugang zur Aare
ist explizit erwünscht. Bereits haben sich über 370
Studententeams für den Wettbewerb angemeldet, nur deren zwei
stammen aus der Schweiz. Der Schindler Award ist mit einem Preisgeld
von 5000 Euro dotiert, weitere 25 000 Euro gehen an die Hochschule der
Sieger. Beurteilt werden die Eingaben von einer Jury, der auch
Stadtplaner Mark Werren und der Berner Soziologe Martin Beutler
angehören. Die Gewinner werden am 7. Dezember im Zentrum Paul Klee
ausgezeichnet. (len)
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Bund 2.2.12
"In den Polizeikessel zu laufen, bringt nichts"
Die Anti-WEF-Demo wird am Samstag wiederholt und wohl erneut wenig
mobilisieren - anders als früher. Die Bewegung ist am Boden und
gespalten.
Simon Jäggi
Am Samstagnachmittag um 15 Uhr wird vor der Heiliggeistkirche nochmals
ein neuer Anlauf gestartet: Die Anti-WEF-Demo soll zwei Wochen
später wiederholt werden, wie der Webseite der linksextremen
Gruppierung Revolutionärer Aufbau (RAS) zu entnehmen ist. Ein
Bewilligungsgesuch ist bei der städtischen Gewerbepolizei bisher
nicht eingetroffen, wie Leiter Marc Heeb auf Anfrage sagt. Ob wieder
mit einem Grossaufgebot zu rechnen ist, darüber ist bei der
Medienstelle der Kantonspolizei nichts in Erfahrung zu bringen; auch ob
sie wieder mit Ausschreitungen rechnet, will die Polizei nicht sagen.
Die Demo ist eine Reaktion auf den massiven Polizeieinsatz vor
eineinhalb Wochen. Die Kantonspolizei erstickte mit einem Grossaufgebot
die unbewilligte Kundgebung im Keim und kesselte die rund hundert
Demonstranten ein und führte sie einzeln ab - mit der
Begründung, im Vorfeld sei zu Gewalt aufgerufen worden. Bei den
Diskussionen um die Verhältnismässigkeit ist eine Erkenntnis
fast untergegangen: Die Anti-WEF-Demos scheinen kaum noch zu
mobilisieren - im Gegensatz zu früheren Jahren (siehe Chronik).
Was sind die Gründe für den Niedergang? David Böhner ist
seit Beginn eine wichtige Figur der globalisierungskritischen Bewegung
in Bern und war aktiv in der inzwischen aufgelösten
Anti-WTO-Koordination, die den Widerstand gegen das
Weltwirtschaftsforum mitorganisiert hat - bis 2006 auch die
Kundgebungen in Bern. Für Böhner ist die Repression einer der
Hauptgründe, warum die Bewegung ihre Mobilisierungskraft verloren
hat: "Viele Leute sind durch die massiven Polizeieinsätze
eingeschüchtert worden." Es könne auch nicht Ziel sein,
"frontal in die Konfrontation zu laufen", findet Böhner: "In einen
Polizeikessel zu laufen, bringt nichts."
Kritik am Revolutionären Aufbau
Doch die Teilnehmer der Anti-WEF-Demo von vorletztem Wochenende taten
genau das: Sie liefen direkt in den Polizeikessel. Auch in der linken
"Wochenzeitung" (WOZ) wird diese Strategie in einem Artikel kritisiert.
Geschrieben hat ihn der Berner Journalist Dinu Gautier, selber
jahrelang Teilnehmer der Anti-WEF-Kundgebungen. Im Artikel kritisiert
der ehemalige WOZ-Inlandredaktor Andrea Stauffacher, die Galionsfigur
des Revolutionären Aufbaus, die an der Demo verkündet habe,
solche Repressionserlebnisse würden die Anwesenden nur
stärken. "Mit Verlaub: Würde das stimmen, die
Anti-WEF-Bewegung wäre in den Kesselorgien des letzten Jahrzehntes
dermassen kräftig geworden, dass WEF-Chef Klaus Schwab schon
längst das Weite gesucht hätte. Das Gegenteil ist passiert."
Gautier wirft dem Revolutionären Aufbau vor, dass dieser gar keine
breite Bewegung wolle. Empörung sei das eine, sagt Gautier auf
Anfrage - diese in Mobilisierung umzumünzen, aber das andere. Der
Occupy-Bewegung sei das eher gelungen, auch wenn diese in der Schweiz
eher schwach sei. Und auch Böhner findet, dass die Empörung
vorhanden wäre - das zeige die Entwicklung in Europa, etwa mit den
Platzbesetzungen in Spanien.
Die Differenzen zwischen RAS und anderen Organisationen, welche die
Anti-WEF-Demos mittrugen, brachen nach dem Landquarter "Kessel" auf.
Den RAS-Aktivisten wurde damals vorgeworfen, dass sie die tausend Leute
aufgefordert hätten, in Landquart aus dem Sonderzug zu steigen -
was manche als Auslöser der Einkesselung sahen.Für
Böhner sind die internen Streitereien ein weiterer Grund für
die Schwäche der Bewegung. Bemerkenswert ist auch, dass die Demo
vom vorletzten Samstag zu einem Zeitpunkt angesetzt wurde, als die
globalisierungskritischen Veranstaltungsreihe Tour de Lorraine im Gang
war - auch Böhner ist dort massgeblich beteiligt: "Der Termin war
nicht gerade ideal", meint er lakonisch. An der Demo vom Samstag wird
er aber teilnehmen wegen des aus seiner Sicht "völlig jenseitigen"
Polizeieinsatzes, der viele Leute wütend gemacht habe. Und weil er
es wichtig finde, dass der Widerstand gegen das WEF auf die Strasse
getragen werde. Böhner glaubt denn auch: Diesmal werden mehr Leute
kommen.
-
Chronik der Anti-WEF-Demos Krawalle und Kleinaktionen
Zum ersten Mal Anti-WEF-Protest in Bern, Februar 2001: Der Protest
gegen das WEF schwappt auf Bern über. 1000 Teilnehmer der
bewilligten Kundgebung protestieren friedlich gegen den Polizeieinsatz
in Davos und Zürich, wo es zuvor zu wüsten
Auseinandersetzungen gekommen ist. Organisiert wird die Kundgebung von
einem breiten Bündnis, an dem neben der Anti-WTO-Koordination auch
der Revolutionäre Aufbau beteiligt ist. Ruhiges
Übergangsjahr, Februar und September 2002: Das WEF findet in New
York statt. In Zürich kommt es erneut zu Krawallen. In Bern
demonstrieren im September anlässlich des Europatreffens des World
Economic Forum (WEF) in Salzburg 800 Personen relativ gewaltfrei.
Krawallnacht in Bern, Januar 2003: Nach der Anti-SVP-Randale 2007
finden in diesem Jahr die massivsten Krawalle des Jahrzehnts in Bern
statt. 1000 WEF-Gegner kommen in einem Sonderzug von Zürich und
Landquart in Bern an, in der Folge kommt es zu stundenlangen
Scharmützeln um den Bahnhof. Fazit: drei verletzte Polizisten,
über 100 000 Franken Sachschaden und ein gehässiges
politisches Nachgeplänkel. Der damalige Polizeidirektor Kurt
Wasserfallen (FDP), der vom Gemeinderat später entmachtet wird,
spricht von "Terrorismus". Der "Kessel von Landquart", Januar 2004: In
Bern kommt es zu keinen Demonstrationen, aber auch viele Berner
Aktivisten geraten nach einer friedlichen Demo in Chur in den
berüchtigten "Kessel von Landquart". Auf das "grösste
Polizeiaufgebot" wird mit Schabernack reagiert, Januar 2005: Weitgehend
friedlich demonstrieren in Bern 1000 Menschen gegen das Davoser WEF,
die Polizei hat schon vor der Demo "das grösste Polizeiaufgebot
angekündigt, das Bern je gesehen hat". Die Organisatoren reagieren
mit ironischen und friedlichen Kleinaktionen. Wieder Strassentheater,
weniger Demonstranten, Januar 2006: Wieder setzen die Aktivisten auf
Musik und Strassentheater - im Jubeltrubel des Samstagshoppings geht
die Demonstration aber unter. In zehn Städten finden die
bewilligten Kundgebungen statt, jene in Bern zieht gerade noch 300
Teilnehmer an.Umstrittener Polizeieinsatz, Januar 2008: An der
Anti-WEF-Demo vom 19. Januar fährt die Polizei mit einem
Grossaufgebot auf, 242 Demonstranten werden festgehalten. Die Polizei
hat kurz vor der Demonstration die Bewilligung zurückgezogen.
Für ihren Grosseinsatz erntet die Polizei auch Kritik: Zu reden
geben neben den vielen Verhaftungen etwa auch die Anhaltungen zweier
Journalisten. Aufgrund des Polizeieinsatzes rufen die Aktivisten eine
Woche später zu einer zweiten Demonstration auf, die bewilligt
wird und friedlich verläuft. An der ersten Demo nehmen
ungefähr 1000 Personen teil, an der zweiten ungefähr die
Hälfte. Tanzend durch die Innenstadt, Januar 2009: An der
Tanzparade "Dance Out Moneymania", die vom Bärengraben zum
Waisenhausplatz führt, nehmen 300 meist junge Personen teil. Die
fast vierstündige, bewilligte Veranstaltung ist von Aktivisten
rund ums "Paradiesli" organisiert und findet medial wenig Beachtung. Im
Keim erstickt, 23. Januar 2012: Nach zwei Jahren kommt es in der Berner
Innenstadt wieder zu einer Kundgebung, die im Keim erstickt wird. Die
Polizei kesselt die rund 100 Demonstranten beim Bollwerk ein und
führt sie einzeln ab. Gesamthaft bringt die Polizei 172 Personen
in die Warte- und Festhalteräume im Berner Neufeld. (jäg)
---
20 Minuten 1.2.12
Anti-Wef-Demo: Käser steht zum Polizeieinsatz
BERN. Der Einsatz an der illegalen Anti-Wef-Demo in Bern vom 21. Januar
sei "absolut verhältnismässig und gerechtfertigt" gewesen, so
Polizeidirektor Hans-Jürg Käser gestern im Parlament. Bei
Personenkontrollen vor der Kundgebung sei es zu Gewalt gegen Polizisten
gekommen. Ausserdem seien Gegenstände wie Petarden und
Pfefferspray gefunden worden. Linke Politiker kritisierten das
Verhindern der Demo und fürchteten um die Meinungsfreiheit.
---
Langenthaler Tagblatt 1.2.12
Käser rechtfertigt den Polizeieinsatz
Fragestunde · Viele Teilnehmer der geplanten Anti-WEF-Demo vom
21. Januar waren gewaltbereit
Bruno Utz
Der Grosseinsatz der Kantonspolizei zur Verhinderung der am 21. Januar
in Bern geplanten Anti-WEF-Kundgebung war nach Meinung von
Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP)
"verhältnismässig und gerechtfertigt". Dies gab Käser
gestern im Rahmen der Fragestunde den Grossräten Nathalie Imboden
(Grüne/Bern) und Daniel Hügli (SP/Biel) zur Antwort. "Im
Vorfeld der Kundgebung wurde massiv zur Gewalt aufgerufen, zum Beispiel
im Internet." Ein Bewilligungsgesuch habe die Stadt Bern nie erhalten.
Und der Versuch einer Kontaktaufnahme durch die Stadtbehörden sei
gescheitert.
"Zusammen mit dem Gemeinderat der Stadt Bern hat die Kantonspolizei
deshalb entschieden, die Teilnehmer der Demo einer Personenkontrolle zu
unterziehen", so Käser. Dabei seien Polizisten angegriffen worden.
"Zudem stellte die Polizei zahlreiche Gegenstände wie Petarden,
Pfeffersprays und Helme sicher, welche die Gewaltbereitschaft der
kontrollierten Personen dokumentieren." Die von Imboden nachgefragte
Untersuchung der Vorfälle erübrige sich, sagte Käser.
Einerseits würden die Polizeieinsätze bereits heute durch
verschiedene Aufsichtsorgane kontrolliert, andererseits seien Anzeigen
wegen Landesfriedensbruchs erfolgt. "Somit wird der Einsatz der
Kantonspolizei im laufenden Strafverfahren durch die Justiz
überprüft." Zu den Kosten des Polizeieinsatzes konnte
Käser gestern noch keine Angaben machen.
Käser dementierte diverse Medienberichte zu einem angeblichen
Helikoptereinsatz in Biel. Die Kantonspolizei habe Tiefflüge
durchgeführt, um Hanfpflanzen auf Balkonen zu finden. "Wurden
dafür tatsächlich Helikopter eingesetzt?", wollte Sabine
Kronenberg (GLP/Biel) wissen. Die Kapo besitze gar keinen Helikopter,
sagte Käser. Und die fraglichen Hanfpflanzen seien alle gut von
öffentlichem Grund aus sichtbar gewesen.
(...)
---
bernerzeitung.ch 31.1.12
Käser rechtfertigt Polizeieinsatz an Anti-WEF-Demo
sda / mas
Der bernische Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg
Käser hat am Dienstag im Grossen Rat den Polizeieinsatz an der
Anti-WEF-Kundgebung vom 21. Januar verteidigt. Dieser Einsatz sei
absolut verhältnismässig und gerechtfertigt gewesen, sagte
Käser.
Mit einem Grosseinsatz verhinderte die Polizei am Samstag vor einer
Woche in Bern schliesslich die unbewilligte Kundgebung von WEF-
Gegnern. Im Vorfeld der geplanten Kundgebung sei massiv zu Gewalt
aufgerufen worden, sagte Käser in der Fragestunde vom Dienstag im
Kantonsparlament. Deshalb habe es auch Personenkontrollen gebraucht.
Bei diesen Kontrollen sei es zu Gewalt gegen die Polizisten gekommen.
Bei den Kundgebungsteilnehmern habe die Polizei Gegenstände
vorgefunden wie Petarden und Pfefferspray. Angesichts der
Gewaltbereitschaft der kontrollierten Personen sei der Einsatz der
Polizei gerechtfertigt gewesen, sagte Käser.
Im Übrigen kontrollierten verschiedene Aufsichtsorgane jeweils die
Polizeieinsätze, sagte der Polizei- und Militärdirektor
weiter. In diesem Fall werde auch die Justiz den Grosseinsatz der
Kantonspolizei prüfen. Es seien nämlich Anzeigen wegen
Hausfriedensbruch in Aussicht gestellt worden. Zu den Kosten des
Polizeieinsatzes konnte Käser keine Angaben machen.
Restkosten für Mitholztunnel
Das Parlament wollte auch wissen, welche Restkosten der Kanton Bern im
Zusammenhang mit der Sanierung des Mitholztunnels tragen müsse.
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger-Jenzer erinnerte
daran, dass die Restkosten für den Kanton aus dem erzielten
Vergleich rund 5,3 Millionen Fr. betragen.
Dazu kommen Kosten für Notmassnahmen und für den Bau der
Notstrasse aus dem Jahr 2004 von rund 6 Millionen Franken. Das
juristische Tauziehen um die Schäden am Lawinenschutztunnel von
Mitholz endete mit einem Vergleich. Der Kanton Bern erhält von den
Verantwortlichen 16 Millionen Franken. Der Regierungsrat erachte die
vereinbarte Lösung als gut für den Kanton, sagte Egger-Jenzer.
Der 640 Meter lange Lawinenschutztunnel auf der Zufahrtsstrasse nach
Kandersteg wurde 2002 in Betrieb genommen. Nur zwei Jahre später
musste der Tunnel wegen Einsturzgefahr bereits wieder geschlossen
werden.
Nach umfangreichen Abklärungen entschied sich der Kanton Bern
schliesslich 2006 für die Sanierung des maroden Bauwerks. Diese
kostete mit 21,5 Millionen Franken sogar noch etwas mehr als der
seinerzeitige Bau des Tunnels mit 19 Millionen Franken. Im Jahr 2009
ging der sanierte Lawinenschutztunnel wieder in Betrieb.
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Bund 31.1.12
Gemeinderat will der Reitschule nicht kündigen
Eine Vertragsauflösung widerspreche dem Volkswillen, sagt die
Stadtregierung.
Anfang Dezember reichten die Stadträte Henri-Charles Beuchat (CVP)
und Roland Jakob (SVP) eine dringliche Motion ein, in der sie fordern,
das Mietverhältnis zwischen der Reithalle und der Stadt Bern zu
beenden. Dies, da die Reitschulbetreiber sich weigerten, den auf ein
Jahr gekürzten Leistungsvertrag zu unterzeichnen, weshalb die
Reitschule gegenwärtig in vertragslosem Zustand sei. Der
Gemeinderat lehnt die Motion in seiner Antwort "entschieden" ab. Der
Vorstoss wird am Donnerstag im Stadtrat behandelt. Es seien neben
rechtlichen vor allem politische Gründe, die den Gemeinderat zu
seiner Haltung veranlassten, schreibt er in seiner Antwort. Der
Stadtrat habe in der Sitzung vom 17. November den Beschluss gefasst,
der Reitschule für das Jahr 2012 den Verpflichtungskredit von 380
000 Franken zuzusprechen. Ein Rauswurf der Reitschulbetreiber
widerspreche nicht nur diesem Beschluss, sondern auch fünf
Volksabstimmungen, die den Erhalt der Reitschule forderten. Die Miete
für das erste Quartal - sie beträgt 80 000 Franken sei
deshalb schon überwiesen worden, nicht aber die Nebenkosten. Diese
würden ausbezahlt, sobald eine für alle akzeptable
Lösung gefunden sei. (ks)
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BZ 31.1.12
Gemeinderat steht aus "politischen Gründen" hinter Reitschule
Stadt Bern. Zwei Stadträte verlangen, die Verträge mit der
Reitschule zu künden, und fordern die Stadt dazu auf, die Miete
nicht mehr zu überweisen. Der Gemeinderat lehnt dies "entschieden"
ab - vor allem aus "politischen Überlegungen".
Es verging kaum eine Stadtratssitzung in den letzten Wochen, an der
nicht in irgendeiner Form über die Reitschule debattiert wurde. Am
Donnerstag ist es ein weiteres Mal so weit. So konkret wie in der
Motion, die übermorgen behandelt wird, waren bisher aber nicht
alle Vorstösse formuliert. Die Stadträte Henri-Charles
Beuchat (CVP) und Roland Jakob (SVP) fordern den Gemeinderat dazu auf,
ein Exmissionsverfahren gegen die Mieter der Reitschule einzuleiten.
Das würde bedeuten, dass die Betreiber die Liegenschaft verlassen
müssten. Die Stadt als Besitzerin der Immobilie Reitschule
würde das Verfahren aufgleisen. Die Motionäre halten fest,
dass dieses Gesuch jederzeit gestellt werden könne - wenn der
Mieter erkläre, dass er nicht ausziehe.
Mietanteil ist schon bezahlt
Die Motionäre fordern zudem, ihren Vorstoss für dringlich zu
erklären. Denn die Stadt habe ja bereits 80 000 Franken für
die Miete im ersten Quartal an die Stadtbauten überwiesen - obwohl
die Reitschule den Leistungsvertrag mit der Stadt ablehnte. Der
Stadtrat hatte diesen bekanntlich auf ein Jahr beschränkt.
Eine politische Antwort
Der Gemeinderat beantragt nun, die dringliche Motion abzulehnen. In der
schriftlichen Antwort macht er klar, dass er ein Exmissionsverfahren
"entschieden" ablehne. Dafür gebe es einerseits einige rechtliche
Gründe. Im Detail geht der Gemeinderat allerdings nicht näher
darauf ein. Ausschlaggebend seien anderseits aber nicht rechtliche,
sondern "vor allem politische Überlegungen". Wiederholt
hätten sich die Stadtberner Stimmberechtigten für die
Erhaltung der Reitschule ausgesprochen. Die Exmission der
Reitschule-Betreiber würde laut Gemeinderat nicht nur dem
Volkswillen widersprechen, sondern auch dem Vorgehen, wie es der
Stadtrat im November 2011 gewünscht habe. Der Gemeinderat habe den
Auftrag des Stadtrats so verstanden, dass er mit der
Reitschule-Betreiberin Ikur Lösungen für die Probleme finden
müsse, die der Stadtrat bemängle. Diese Verhandlungen sollten
nun in diesem Sinne weitergeführt werden.
"Es braucht neue Trägerschaft"
Mitmotionär Henri-Charles Beuchat (CVP) bedauert die Antwort des
Gemeinderats "sehr", wie er sagt. "Es ist eine entlarvende Ehrlichkeit
des Gemeinderats. Er hat seine Antwort einfach politisch, aber nicht
rechtlich begründet." Beuchat macht klar, dass eine Exmission
nicht gleichbedeutend mit der Schliessung der Reitschule-Betriebe sein
müsse. "Es geht darum, die Verträge mit den jetzigen
Vertragspartnern seitens der Reitschule aufzulösen. Denn es ist
offensichtlich, dass sich diese Personen um die Verträge und
Regeln foutieren", sagt Stadtrat Beuchat. Es brauche eine neue
Trägerschaft, die gewährleiste, dass in der Reitschule
gleiches Recht eingehalten werde wie sonst überall. Wolf
Röcken
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20 Minuten 31.1.12
Reitschüler dürfen bleiben
BERN. Der Gemeinderat der Stadt Bern will das Mietverhältnis
zwischen den Betreibern der Reitschule und den Stadtbauten nicht
kündigen. Man lehne dies entschieden ab, teilte der Gemeinderat
gestern mit. Ausschlaggebend für den Entscheid seien vor allem
politische Gründe - so hatten sich die Stimmbürger an der
Urne wiederholt für den Erhalt der Kulturinstitution
ausgesprochen. Derzeit ist man bei der Stadt deshalb dabei, mit den
Reitschul-Verantwortlichen einen Leistungsvertrag auszuhandeln, der
für beide Seiten stimmt. Bürgerliche Stadträte hatten
den sofortigen Rausschmiss der Reitschüler gefordert, nachdem
diese die Unterschrift auf dem einjährigen Leistungsvertrag
verweigert hatten. Sie wollten einen vierjährigen Vertrag, der
ihnen wegen mangelnder Vorschriften zur Sicherheit vom Stadtrat aber
verweigert wurde. NJ
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bern.ch 31.12.12
Stadtratssitzung 3.2.12
(...)
10. Dringliche Motion Henri-Charles Beuchat (CVP),
Roland Jakob (SVP): Einleitung eines Exmissionsverfarens gegen die
Mieter der Reithalle (PRD: Tschäppät)
11.000346
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/11.000346/gdbDownload
(...)
12. Motion Fraktion SP/JUSO (Beat Zobrist. SP) vom
22. Januar 2009: Gestaltungskonzept
Bollwerk-Schützenmatte-Hodlerstrasse¸ Fristverlängerung
(PRD: Tschäppät) 09.000032
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/09.000032/gdbDownload
---
Bund 31.1.12
Polizei Interview mit dem Polizeikommandanten Stefan Blättler,
"Bund" vom 25. Januar
Besorgniserregender Umgang mit dem Gewaltmonopol
Gesunder Menschenverstand reichte vielen Passanten und Passantinnen am
21. Januar aus, um festzustellen, dass der Polizeieinsatz gegen einige
wenige Demonstrierende nicht verhältnismässig war.
Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei Bern, hingegen
scheint dies nicht zu kümmern. Schliesslich foutiert er sich ja
auch um die rechtliche Lage - laut Interview im Bund müsse man
nicht mit ihm darüber diskutieren, ob Unschuldige festgenommen und
angezeigt wurden. Das zeugt von einem mangelnden Verständnis der
rechtlichen Lage und des Polizeiauftrags.
Grundsätzlich scheint Selbstkritik nicht Blättlers
Stärke zu sein. Zwar fordert er, wo auch immer möglich, dass
sich Demonstrierende von Gewalt distanzieren sollen, selber schafft er
es aber nicht, die offensichtliche und belegte Gewaltanwendung seiner
Zivilfahnder am 22. September in der Reitschule zu verurteilen.
Dieser Umgang mit dem Gewaltmonopol ist einer Demokratie nicht
würdig.
Rahel Ruch, Bern, Vizepräsidentin FSU
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Bund 31.1.12
Noch kein neuer Standort für die Stadtnomaden
Eigentlich laufen die drei Monate des Vereins Alternative auf dem
Viererfeld heute aus. Die Stadt Bern führt aber noch
Gespräche.
Anfang November zogen die Stadtnomaden mit ihren Bauwagen, Traktoren
und anderen nicht mehr ganz strassentauglichen Vehikeln vom
Schermenareal aufs Viererfeld. Das Grundstück gehört dem
Kanton. Gemäss dem Rotationsprinzip, welches zwischen Stadt,
Kanton und der Burgergemeinde vereinbart wurde, sollte der Verein
Alternative alle drei Monate den Standort wechseln. Nun ist es an der
Stadt, einen Standort zur Verfügung zu stellen. Derzeit gibt es
aber noch keine spruchreife Lösung.
"Wir befinden uns in der Endphase der Gespräche", erklärte
Walter Langenegger, Informationschef der Stadt Bern. "Wir sind
zuversichtlich, bis Ende dieser oder Anfang der nächsten Woche
einen neuen Standplatz gefunden zu haben." Zudem müssten die
Betroffenen noch informiert werden. Der Gemeinderat beabsichtigt, in
Riedbach eine definitive Lösung mit einer Zone für
alternative Wohnformen zu realisieren. Bis dahin will der Gemeinderat
bei der ARA Neubrück eine Übergangslösung
ermöglichen. Dagegen gibt es aber massiven Widerstand.
Beim kantonalen Amt für Gebäude und Grundstücke ging man
gestern noch davon aus, dass der Umzug wie geplant Ende Januar erfolgen
wird. Eine offizielle Anfrage der Stadt für eine Verlängerung
lag nicht vor. (wal)
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bern.ch 31.1.12
Stadtratssitzung 3.2.12 (Wagenplatz Bethlehem)
(...)
7. Dringliche Interpellation Alexander Feuz (FDP),
Ueli Jaisli (SVP): Gelten die Bauvorschriften nicht im Pfründwald?
(PRD: Tschäppät) verschoben vom 26. Januar 2012
11.000361
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/11.000361/gdbDownload
8. Interpellation Fraktion SVPplus (Ueli Jaisli,
SVP): Dauernomaden - diesmal im Pfründwald (PRD:
Tschäppät) verschoben vom 1. Dezember 2011 und 12. Januar
2012 11.000216
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/11.000216/gdbDownload
(...)
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Indymedia 30.1.12
https://switzerland.indymedia.org/de/2012/01/85218.shtml
Samstag: Demo in Bern wird wiederholt: ANTI-WEF Demo 2.0
AutorIn : Anti-WEF
Samstag 04.02.2012 um 15.00 Uhr bei der Heiliggeistkirche in Bern.
Nein, wir lassen uns nicht einschüchtern, weder von den
Polizeihundertschaften noch von den Politiker_innen, die deren Angriff
gegen uns befohlen haben. Wir werden wieder und wieder auf die Strasse
gehen, bis die Gründe für Umweltzerstörung, Ausbeutung,
Hunger und Unterdrückung beseitigt sind! Nicht weil wir uns gerne
den polizeilichen Demütigungen und Schikanen aussetzen, sondern
weil wir die alltäglichen Zumutungen und die Zerstörung des
Planeten und die Ausbeutung seiner Bewohner_innen satt haben und nicht
mehr schweigend hinnehmen.
Wir kennen ihre Machenschaften. Es ist nicht das erste Mal, dass sie
uns mit einem riesigen Polizeiaufgebot daran gehindert haben, Kritik zu
äussern. Dass sie uns gefesselt, weggeschleift und weggesperrt
haben. Dass sie uns bedroht und geschlagen haben. Dass sie uns den Gang
auf die Toilette verweigert haben. Dass sie uns befohlen haben, die
Kleider auszuziehen. Dass sie uns mit Tränengas eingesprüht
haben. Dass sie die Stadt polizeilich besetzt haben. Dass sie unsere
Transparente, Flugblätter und Broschüren beschlagnahmt haben.
Wir wissen, warum sie es getan haben. Nicht wegen den angeblichen
"Gewaltdrohungen" haben sie uns am Samstag geschlagen, verhaftet,
gefesselt und eingesperrt. Mit Gewalt haben diese Herren und Damen
nämlich kein Problem. Im Gegenteil: Gewalt üben sie selber
aus um unsere Bewegung, die radikale Kritik an diesen
Verhältnissen übt, zu kriminalisieren und zu schwächen.
Die angebliche "Gewaltdrohung" war, wie schon oft, ein Vorwand. Die
Repression gegen unliebsame Kritikäusserung wird in Bern schon
länger systematisch vorangetrieben: Das Anti-AKW-Camp wurde
geräumt, Demonstrierende einer Solidaritätsdemo samt Tram
"gekidnappt", die Anti-Repressionsdemo angegriffen, die SVP wurde mit
schier unvorstellbaren Ressourcen beschützt und die Berner
Bevölkerung dabei schikaniert... Dass Polizei und Politik jedes
Mittel recht ist, um ihre Massnahmen zu rechtfertigen, zeigen die
Lügengeschichten rund um die prügelnden Zivilfahnder in der
Reitschule. Warum sie das tun ist klar: Sie verteidigen das herrschende
System dogmatisch, kompromisslos!
Wir wissen, warum wir es tun. Weil wir nicht schweigen wollen, wenn
sich Bonzen_innen und Politiker_innen mit Kulturheinis und sonstigen
Berühmtheiten umgeben und sich als die Retter_innen inszenieren,
die mit "neuen Modellen die Welt verbessern" wollen, während sie
in Wahrheit die Agenten_innen und Organisatoren_innen der herrschenden
Verhältnisse sind. Die Brandstifter_innen präsenteiern sich
als Feuerwehr, die Ausbeuter_innen als Wohltäter_innen, die
Unterdrücker_innen als Befreier_innen. Sie sprechen in ihrer
noblen Schwatzbude darüber, wie sie die Probleme lösen
könnten, die sie selber täglich von neuem reproduzieren. Sie
werden nicht müde zu wiederholen, wie schwer sie an ihrer
Verantwortung tragen, während sie uns die Löhne kürzen,
die Mieten erhöhen, die Jobs kündigen, die Sozialleistungen
zusammenstreichen…
Wir scheissen auf das WEF, weil es nicht Teil der Lösung, sondern
Teil des Problems ist. Weil sich dort die Eliten der kapitalistischen
Welt treffen und austauschen und weil wir wissen, dass wir von diesen
nichts Gutes zu erwarten haben.
Wir rufen dich auf, gemeinsam mit uns zu protestieren, wenn du nicht
schweigen willst, während sich Mörder_innen, Ausbeuter_innen
und Unterdrücker_innen im verschneiten Davos zur ihrer
Selbstbeweihräucherung treffen. Wenn du genug hast, vom Druck auf
der Baustelle, von den Arbeitszeiterhöhungen in der Fabrik, vom
Mobbing im Büro, vom Stress im Spital, von den Polizeikontrollen
und Schikanen, von der Hetze in den Medien, vom Leistungsdruck in der
Schule und an der Uni, von der Umweltzerstörung, von der
alltäglichen Konkurrenz, von Burnout, Verdrängung,
Welthunger, Ausgrenzung, Rassismus, Sexismus, Krieg und Krise. Wir
haben nämlich längst genug davon!
Wir sehen uns am 04.02.2012 um 15.00 bei der Heiliggeistkirche in Bern.
"Wollen wir es schnell erreichen,
brauchen wir noch dich und dich.
Wer im Stich lässt seinesgleichen,
lässt ja nur sich selbst im Stich."
(Berthold Brecht)
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kulturstattbern.derbund.ch 30.1.12
Weltuntergang mit den Aeronauten
Von Gisela Feuz am Montag, den 30. Januar 2012, um 12:20 Uhr
20 Kerzen auf der Geburtstags-Torte können die Aeronauten dieses
Jahr auspusten. Wer die Schaffhauser-Truppe nicht kennt,
hat ja wohl so richtig
überhaupt keine Ahnung von guter Schweizer Musik dem kann
man nur schwer beschreiben, was den Charme dieser Mannen ausmacht,
zumal sich deren Musik nicht recht in eine Stilschublade packen lassen
will. Lüpfiger Pop gehört nämlich genau so in das
Repertoire der Aeronauten wie Punk und zwischendurch wird auch mal ein
Abstecher in den Swing, eine Country-Parodie oder in die New Wave-Ecke
gewagt.
Ein weiteres Wahrzeichen, nebst dem Stilmix, sind die deutschen Texte
von Sänger Olifr Maurmann (einigen wohl auch als Guz bekannt), der
seine manchmal charmant banalen, manchmal bizarren Alltagsbeobachtungen
auf herrlich unaufgeregte und lakonische Art zum Besten gibt.
Lakonisch kann ja nun der Herr Matto Kämpf auch gut, das wissen
wir nicht erst seit seinen Tiergeschichten, und drum passt das ganz
wunderbar, dass er den Herren Aeronauten zum Geburtstag ein Video
gebastelt hat. Passend zum angekündigten Weltuntergang wird hier
das Ende von allem vorausgesagt, wobei als Steckenpferd offenbar eine
überdimensionierte Weisswurst mit Lametta hinhalten muss und die
Schutzanzug-Tanzchoreographie an Dynamik kaum zu überbieten ist.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=yp7RvzR1R8I
Das Resultat der Aeronauten-Kämpf Kooperation kann wohl durchaus
als ironischer Kommentar auf die 21.12.2012-Hysterie verstanden werden
und dass die ganze Weltuntergangssuppe dann vielleicht doch nicht so
heiss gelöffelt wird, wie sie gekocht wurde. Und falls doch: Soll
sie doch untergehen, die doofe Welt. Hauptsache die Schreiberin darf
vorher ein Mal mit dieser Lametta-Weisswurst ausreiten.
Die Aeronauten spielen diesen Freitag 3. Februar im Mokka Thun und am
8. März im Rössli der Reitschule.
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kulturstattbern.derbund.ch 30.1.12
Kulturbeutel 5/12
Von Ruth Kofmel am Montag, den 30. Januar 2012, um 05:03 Uhr
(...)
Frau Feuz empfiehlt:
Wer bombastischen Indie-Pop mag, der gehe am Mittwoch in die Turnhalle
vom Progr zu Bianca Story. Die Basler stellen dort ihr neues Album
"Coming Home" vor. Am Freitag lohnt sich ein Besuch im
Dachstock. Dort spielen nämlich Dead Bunny zusammen mit The Shit,
was so viel bedeutet, wie dass gegaragnet wird, was das Zeugs hält.
(...)
Herr Sartorius empfiehlt:
Das Trio Steamboat Switzerland baut aus - und erweitert sich am
Donnerstag im Dachstock zum Steamboat Switzerland Extended Ensemble, um
das Stück "Sederunt Principes" für Orgel-Trio und
acht Bläser des Berner Komponisten Marc Kilchenmann
aufzuführen.
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Bund 30.1.12
"Der Trend zurück in die Stadt wird stärker"
Der Bevölkerungsdruck in der Stadt Bern kann durch verdichtetes
Bauen alleine nicht mehr aufgefangen werden. Bern braucht eine
Stadterweiterung. Stadtplaner Mark Werren erklärt, wo und wie die
Stadt wachsen könnte.
Interview: Bernhard Ott
Das Stadtplanungsamt denkt über eine Stadterweiterung nach. Ist
damit die Waldstadt gemeint?
Auch. Aufgrund zweier Vorstösse haben wir die private
Machbarkeitsstudie zu überprüfen. Die Chancen zur
Realisierung der Waldstadt sind aber klein. Sie müsste innerhalb
des bestehenden Waldgesetzes geschehen. Eingriffe in den Wald werden
aber nur toleriert, wenn sie ortsgebunden sind. Die Feuerwehr kann man
im Wald bauen, weil der Standort bezüglich der Interventionszeiten
ideal liegt. Der benachbarte KVA-Standort drängte sich wegen der
Anschlüsse ans bestehende Fernwärme-Netz auf. Die
Befürworter argumentieren, dass der Standort im Wald bei der
Länggasse raumplanerisch besser ist als jeder andere. Ich
bezweifle, dass das Problem der Zersiedelung ein genügend starker
Grund ist, um zwingend im Bremgartenwald bauen zu können.
Die Erschliessung zum Beispiel wäre doch einfach. Man müsste
nur den Bus weiterziehen?
Reicht der Bus dann noch aus? Oder brauchte es eine Tramlinie? Wie
verträgt sich eine Stadterweiterung mit dem Länggassquartier?
In der Länggasse gibt es ein Defizit an Aussen- und
Freiräumen. Bei der Revision des Stadtentwicklungskonzeptes
(Stek), die wir zurzeit vorbereiten, wollen wir auch aufzeigen, wo eine
Stadterweiterung machbar wäre. Dabei geht es auch um
Freiräume. Je dichter die Leute wohnen, desto wichtiger wird das
Freiraumangebot.
Wo könnte man die Stadt erweitern?
Auf den ersten Blick scheint eine Stadterweiterung im Westen am
wahrscheinlichsten. Die Einzonung von Brünnen-Süd wurde aber
unter dem Druck der Bevölkerung wieder zurückgenommen.
Für eine Erweiterung im Osten brauchte es ein gemeinsames Vorgehen
mit den Gemeinden Muri und Ostermundigen.
Im Zusammenhang mit der Waldstadt wird ein Abtausch der Bauzonen
diskutiert. Wenn im Bremgartenwald eingezont würde, müssten
periphere Gemeinden zurückzonen.
Mir ist nicht klar, wie wir heute einen solchen Abtausch von Bauzonen
bewirken könnten. Die Gemeinden schaffen das nicht alleine. Es
braucht eine Organisation und griffige Steuerinstrumente auf Kantons-
und Bundesebene. Wir haben aber noch ein anderes Problem: Wir haben
Bauzonen, in denen nichts geschieht - sogar in Brünnen. Wie kann
man die Eigentümer dazu bringen, ihre Reserven aufzubrauchen?
Warum soll die Stadt einzonen, bevor nicht bestehendes Bauland bebaut
ist? Soll man durch steuerliche Mechanismen Druck machen, damit diese
Eigentümer Wohnbauten realisieren? Die Landeigentümer haben
einen grossen Einfluss auf die Stadtentwicklung.
Der grösste Landeigentümer in der Stadt Bern ist die
Burgergemeinde.
Die Burgergemeinde ist eine gute Partnerin der Stadt. Sie denkt aber in
Generationen. Mit Schönberg-Ost hat sie soeben einen weiteren
grossen Schritt gemacht. Aber es gibt noch brache Baufelder, die ihr
gehören. Die Burgergemeinde hat keinen finanziellen Druck, ihr
Terrain zu überbauen.
Der Gemeinderat strebt für das Jahr 2020 eine Stadt mit 140 000
Einwohnern an. Ist dieses Ziel überhaupt erreichbar?
Das ist keine fixe Plangrösse, sondern ein Ziel aufgrund von
Wachstumserwartungen. Der Trend zurück in die Stadt wird seit ein
paar Jahren wieder stärker. Wir haben einen City-Druck und
möchten das Verhältnis zwischen Wohnraum und
Arbeitsplätzen verbessern. Bern hat als einzige Stadt der Schweiz
sehr viel mehr Arbeitsplätze als Einwohner. Ob das Ziel erreicht
wird, ist offen.
Wachstum kann auch durch Verdichtung erreicht werden. Ein energetisches
Pionierprojekt ist der Ersatzneubau Stöckacker-Süd. Wird es
mehr solcher Projekte geben?
Wir prüfen die Verdichtungsmöglichkeiten von städtischen
und privaten Arealen. Es gibt noch einige Siedlungen mit
Eigentümerschaften, die dazu in der Lage wären. Ich habe aber
grossen Respekt vor Ersatzneubauten, weil Bewohner entwurzelt werden
könnten. Das zu verhindern ist eine heikle Aufgabe, die
sorgfältig gelöst werden muss.
Verdichtung wäre doch auch in die Höhe möglich?
Bern hat relativ viele Hochhäuser von über 25 Meter
Höhe. Zudem lässt das Hochhauskonzept an vielen Orten
Hochhäuser zu. Ich glaube aber nicht, dass das Hochhaus die
Lösung für die Verdichtung darstellt. Es ist ein spezieller
Bautyp, der an einem bestimmten Ort richtig sein kann. Ein Hochhaus
braucht aber eine Umgebung und Abstand. Die Verschattung muss
geklärt werden und auch die Fernwirkung stimmen.
Ihr Vorgänger hat gekündigt, weil ihm die Ressourcen für
die Stadterweiterung fehlten. Ist Stadtplanung schwieriger geworden?
Die Komplexität stadtplanerischer Prozesse wird grösser. Die
Interessenkonflikte und kommunikativen Aufgaben sind mit den
Ansprüchen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gestiegen.
Worauf führen Sie das zurück?
Das liegt an der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Leute sind es sich
heute gewohnt, für ihre Einzelinteressen zusammenzustehen und sich
zu wehren. Bei vielen Geschäften gibt es einen oder mehrere
politische Vorstösse im Stadtrat. Die Velofahrenden zum Beispiel
haben enormen Einfluss auf die Strassengestaltung. Die erhöhten
Ansprüche an den Strassenraum führen dazu, dass man fürs
Tram Region Bern Alleebäume opfern muss. Eine wichtige Rolle
spielen auch die Behindertenorganisationen. Das kann so weit gehen,
dass wir auf Verbindungswege verzichten, weil wir sie nicht
behindertengängig machen können. Um heute eine Kreuzung zu
gestalten, eine Haltestelle einzurichten, braucht es zig Verhandlungen.
Früher ging es schneller, einfacher und direkter: Es gab weniger
Normen, Auflagen und Mitsprache.
Kann man dem mit mehr Personal begegnen?
Es braucht eine personelle Aufstockung und Priorisierungen. Wir leben
heute von den planerischen Vorleistungen früherer Jahre und
"füllen die letzten Gefässe" auf. Die planerische
Begleitung laufender Bauprojekte ist unser tägliches Brot, in das
wir einen Grossteil der Arbeit investieren. Aber wir müssten
zugleich in die Zukunft denken. Das ist meine grosse Sorge: Wie kann
ich einen Teil der Ressourcen freispielen, um grosse Projekte wie die
Stek-Revision, eine Stadterweiterung oder die Bahnhofplanung
weiterzuziehen.
Dann ist eine langfristige Planung mit den gegebenen Ressourcen nicht
umsetzbar?
Sie ist nur umsetzbar mit Verzichtserklärungen. Die Stellen, die
ich hierfür und fürs Stek brauche, muss ich andernorts
wegnehmen. Planungsverfahren und Entscheidungsprozesse wiederum sind
nur bedingt an Externe delegierbar.
Sie werden demnach eine Aufstockung verlangen?
Jedenfalls mehr Geld, auch für Aufträge an Dritte. Wenn wir
die Stadtentwicklung heute nicht angehen, werden wir in zehn Jahren
blockiert sein. Was wir heute realisieren, wurde eine Generation
früher geplant. Wenn wir jetzt nicht ans Stek herangehen
können, geben wir die Steuerung und Qualitätssicherung auf.
Danach kann es nur noch Verdrängungsprozesse geben, indem man zum
Beispiel Gewerbezonen in Wohnzonen umwandelt. Das ist dann eine
politische Frage: Soll man Arbeitsplätze zugunsten von Wohnungsbau
opfern? Wenn wir heute nichts tun, werden wir bald von Sachzwängen
bestimmt und verlieren Lebensqualität.
Es gibt aber ja auch vernachlässigte Planungsgebiete wie das
Bollwerk. Mittlerweile haben Dritte einen Wettbewerb für einen
Masterplan Bollwerk ausgeschrieben. Liess die Stadt die Entwicklung
schlittern?
Die Planung Bollwerk/Schützenmatte soll gemäss
gemeinderätlichem Auftrag noch in diesem Jahr starten. Die SBB
will ihre Liegenschaften am Bollwerk sanieren, aber das Eilgutareal
nicht freigeben. Da sind uns die Hände gebunden. Was die
Schützenmatte betrifft, gehe ich nicht davon aus, dass diese in
absehbarer Zeit überbaut wird. Eine monofunktionale Nutzung in
einem Gebiet mit einem derart hohen Nutzerdruck kann ich mir nicht
vorstellen. Klar ist, dass man den Parkplatz anders nutzen sollte.
Dabei geht es fürs Erste darum, den dortigen Car-Terminal zu
verlegen.
Stadtpräsident Alexander Tschäppät sprach einmal davon,
dort den Campus der Fachhochschule zu realisieren.
Eigentlich wäre das sehr interessant, weil der Standort in der
Nähe des zweitgrössten ÖV-Knotens der Schweiz liegt.
Wenn man heute eine Hochschule mit internationaler Ausstrahlung machen
möchte, kann man diese nicht in Burgdorf oder Biel bauen. Das
Potenzial zur Aufwertung dieses Stadtteils ist gross. Eine Tramlinie
würde ihn zusätzlich aufwerten.
Heute spielt beim Bauen auch die Qualität eine Rolle. Was tut Bern?
Die Stadt führt, wenn möglich, Wettbewerbe durch. Ein neues
Handbuch zum Planen und Bauen im öffentlichen Raum setzt Standards
für Qualität und Wirtschaftlichkeit. Der Fonds für
Boden- und Wohnbaupolitik steuert die Entwicklung bei seinem eigenen
Portfolio, indem er zum Beispiel Land an Genossenschaften abgibt, die
nachhaltig bauen wollen.
Autoarmes Bauen stösst aber immer wieder auf heftigen Widerstand,
Stichwort Viererfeld.
Die verlorene Abstimmung über die Überbauung Viererfeld war
ein Unfall. Es gibt bereits heute einzelne Orte in der Stadt, wo man
Parkplätze nicht mehr vermieten kann, weil die Nachfrage fehlt.
Ich möchte aber nachhaltiges Bauen, mit Ausnahme von
Verkehrsfragen, nicht in der Grundordnung oder in
Überbauungsordnungen festlegen, weil dadurch die
Entwicklungsmöglichkeiten und die Umsetzung eingeschränkt
würden. Schreiben wir heute Minergie bei allen
Überbauungsordnungen fest, haben wir in ein paar Jahren vielleicht
ein Problem, weil es alternative oder bessere Lösungen gibt.
Wie wird die Stadt in fünfzig Jahren aussehen?
Sie wird ähnlich grün aussehen wie heute. Quartiere wie das
Kirchenfeld werden nicht einfach einem Verdichtungsgedanken geopfert
werden. Punktuell wird es aber neue Räume und Orte geben, die wir
uns heute noch gar nicht vorstellen können. Wir werden mehr
Tramlinien haben. Der Bahnhof hat einen Zugang zum Bubenbergplatz. Eine
Vision ist die Stadtreparatur im Osten. Wenn dort die Autobahn unter
der Erde verschwindet, weil der Bund die Engpässe der Autobahnen
um Bern beseitigt, verschwindet die Schneise durchs Quartier und
schafft ein grosses Potenzial. Es wird eine neue, vernetzende
Stadtachse geben und ruhiger werden. In fünfzig Jahren könnte
es in Bern-Ost ein erneuertes, zusammenhängendes, intaktes
Quartier geben.
-
Impuls für Stadtentwicklung
Das Stadtentwicklungskonzept Stek 95 entspricht nicht mehr der
Realität. Neue Themen wie Hauptstadtregion, Wachstum,
Mobilität und Nachhaltigkeit sind darin nicht berücksichtigt.
Das Stadtplanungsamt wird dem Gemeinderat noch in diesem Jahr
beantragen, ein neues Stek auszuarbeiten, das auch eine
Stadterweiterung beinhaltet. Der Stadtrat wird über Massnahmen und
deren Finanzierung befinden. (bob)