MEDIENSPIEGEL 06. - 12. FEBRUAR 2012

bernerzeitung.ch 10.2.12
http://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/Der-CVPBiermann-der-Berner-Autonomen/story/12114528

Der CVP-Biermann der Berner Autonomen

Hubert Mooser, Bern

Das autonome Kulturzentrum Reithalle ist für den Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) ein Dauerärgernis. Das Bier kommt aus der Brauerei des neuen CVP-Nationalrats Alois Gmür (SZ).

Der Einsiedler Nationalrat Alois Gmür (CVP) war 14 Jahre Bezirksrat, vier Jahre Bezirksammann von Einsiedeln, und seit 2004 Kantonsrat in Schwyz. Seit dem 23. Oktober 2011 gehört er neu auch dem Nationalrat an. Er kommt für Reto Wehrli, der auf Ende der Legislatur zurück trat. Gmür gilt als gradlinig und als einer, der sich in Bern durchsetzen könne. Es ist aber weniger sein politischer Leistungsausweis, der ihn zu einem Original macht. Sondern es ist erstens sein Job als Bierbrauer aus Einsiedeln. Und zweitens seine für einen CVP-Politiker eher ungewöhnliche Kundschaft.

Der grösste Kunde von Gmürs Bierbrauerei ist die Reithalle in Bern, ein alternatives und autonomes Kulturzentrum, welches sich in den achtziger Jahren aus einer Hausbesetzung entwickelte. Die Reithalle ist jedoch besonders für Politiker von der FDP, der SVP und auch für Gmürs CVP seit Jahren ein Ärgernis. Es ist nicht der Kulturbetrieb selber, sondern das Drumherum, das regelmässig für hochrote Köpfe im Stadtparlament von Bern sorgt. Und Gmürs Parteikollege, der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause musste sich wiederholt mit Vorgängen in und um die Reithalle auseinandersetzen.

Im September des letzten Jahres lieferte zum Beispiel eine umstrittene Polizeiaktion in der Reithalle für politischen Zündstoff. Der Einsatz endete mit einer heftigen Auseinandersetzung und verletzten Polizisten. Die Polizei sprach in ihrer Mitteilung von einem Übergriff auf einen Polizisten. Die Reithalle-Betreiber und Augenzeugen sprachen dagegen von einem unverhältnismässigen Aktion und einer völlig übertriebenen Darstellung des Sachverhaltes durch die Polizei. Auch im Stadtparlament gab der Vorfall Anlass zu heftigen politischen Auseinandersetzungen.

Gmür ist gegen Konzentrationsprozess in der Wirtschaft

Mächtig auf den Putz haute hinterher auch die CVP. In einer Mitteilung forderte sie sogar die partielle Schliessung des Restaurants. Bei weiteren "Übergriffen" gegen die Sicherheitsorgane solle dem Gastrobetrieb in der Reithalle die Betriebsbewilligung ganz entzogen werden. Das würde vor allem einen empfindlich treffen: CVP-Nationalrat Alois Gmür. Trotzdem findet der Schwyzer, Reto Nause mache es viel besser als seine Vorgänger, was die Reithalle anbelangt. Nause sieht es auch nicht so eng wie seine Partei. "Mit 99 Prozent der Besucher haben wir kein Problem", sagt der Berner Sicherheitsdirektor. "Und das eine Prozent, das uns Kummer bereitet, hat wahrscheinlich nicht Alois' Bier getrunken, sondern die Getränke selber mitgebracht."

Das freut Gmür. Der Schwyzer gibt zu, er habe ein bisschen Angst gehabt, als er in den 1990er Jahren zum ersten Mal Bier in die Reithalle nach Bern ausfuhr. "Vor der Halle standen ein paar merkwürdige und gfürchige Gestalten", erinnert er sich. Inzwischen kenne man ihn dort. Wie ein konservativer CVP-Politiker aus dem Kanton Schwyz dazu komme, Bierlieferant der Linksautonomen in Bern zu werden, hat er vor Jahren einmal der Weltwoche geschildert: Er selber sei gegen den Konzentrationsprozess in der Wirtschaft. Und die in der Reithalle würden sich auch dagegen stemmen. Als Nationalrat hat Gmür jetzt während den Sessionen Gelegenheit, seine Klientel in Bern speziell zu pflegen - und mit Sicherheitsdirektor Reto Nause in der Reithalle ein Bier zu stemmen.


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WoZ 9.2.12

Syrien

Die Lage in Syrien verschlimmert sich täglich, das Land ist in Aufruhr. Doch die Bilder, die wir über die Medien erhalten, sind meistens dieselben. Blicke hinter die Kulisse ermöglicht ein Abend mit dem syrischen Schriftsteller Freedom Ezabel. Er ist Autor zahlreicher Novellen, Theaterstücke, Gedichte und Streitschriften und setzt sich intensiv und kritisch mit den Auswirkungen des islamischen Rechtssystems auseinander. Ein Abend mit Information aus erster Hand und arabischer Poesie.

Bern Infoladen Reitschule, Mi, 15. Februar, 20 Uhr.

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Bund 9.2.12

Henry Rollins

"Henry will do a very long Show!"

Dieser Mann hält nichts davon, einen Gang runter zu schalten. Zwischen seinem 51. Geburtstag im Februar und dem kommenden Juni gibt der einstige Frontsänger der Punkband Black Flag über 60 Shows von A wie Austria bis Z wie Zealand, New. Sein exklusiver Schweizer Auftritt führt ihn nach Bern, wo er der Spoken-Word-Kunst frönen wird. Und das ausgiebig: "Henry will do a very long Show!" warnt der Pressetext vorab. (hjo)

Dachstock Dienstag, 14. 2., 19 Uhr.

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kulturagenda.be 9.2.12

Spoken Word mit Henry Rollins im Dachstock

Als vielbeschäftigten Künstler aller Sparten könnte man Henry Rollins aus Washington bezeichnen. Er ist Sänger seiner Rockgruppe Rollins Band, Filmschauspieler (z.B. David
Lynchs "Lost Highway"), Talkmaster und Autor. Im Dachstock absolviert Rollins einen seiner humorvollen Spoken-Word-Auftritte, den einzigen in der Schweiz.
Dachstock der Reitschule, Bern. Di., 14.2., 20 Uhr

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BZ 9.2.12

Heisse Energie im eisigen Winter

Spoken Word. Einst schwitzte Henry Rollins zum Hardcoresound seiner Band in der eisigen Berner Reithalle. Jetzt kehrt er zurück in den Dachstock - mit einem Spoken-Word-Programm.

Wenn Henry Rollins nach Bern kommt, pflegt es kalt zu sein. Man erinnert sich an ein Konzert in der Reithalle, 22 Jahre ist es her: In jener Novembernacht 1989 herrschten eisige Temperaturen, doch Gewichtheber Rollins zeigte - lediglich mit einer Turnhose bekleidet - seinen gestählten, von Tattoos bedeckten Oberkörper. Der Sänger schnaubte und schwitzte - er war schon immer ein Bühnenschwerarbeiter.

Gestartet ist der Hüne aus Washington DC als Sänger der US-Punk-Band Black Flag, für die er einen Job als Filialleiter bei Häagen-Dazs aufgab - vielleicht hält er es darum bis heute mit den eisigen Temperaturen. Nach der Auflösung von Black Flag gab der hyperaktive Frontmann, den man in seiner Kindheit mit Ritalin hatte ruhigstellen wollen und der ein Leben ohne Alkohol, Nikotin und andere Drogen führt, erst recht Gas. Er gründete seine eigene Rollins Band, mit der er 10 Jahre lang auf Achse war. Die krachende Hardcorecombo galt als unschlagbarer Liveact, die Hingabe ihres Leaders war legendär.

Mehr als ein Rockstar

Doch Henry Rollins begnügte sich nie mit dem Status eines Rockstars. Schon 1984 gründete er seinen eigenen Verlag, in dem er neben den eigenen Büchern und Spoken-Word-Alben bald auch die Werke von Musikerkollegen wie Nick Cave, Iggy Pop oder Jeffrey Lee Pierce veröffentlichte. Daneben arbeitete er als Radiojockey, Fernsehpräsentator und spielte in rund 20 Filmen mit - zum Beispiel in David Lynchs Klassiker "Lost Highway".

Im Dachstock der Reitschule wird Rollins diesmal solo mit seinem Spoken-Word-Programm auftreten - einen Tag nach seinem 51. Geburtstag. Die Energie, die seine Rockshow ausmachte, prägt auch die Präsentation seiner nichtmusikalischen Auftritte, die vor Witz und politischer Unkorrektheit sprühen und den kraftstrotzenden Mann, der einst als Verkörperung des wütenden Rock ’n’ Rollers galt, schon fast in die Nähe eines Stand-up-Comedians rücken.

Ironie der Geschichte

Eine kleine Ironie der Geschichte: 1989 musste sich der Plakatgestalter Dirk Bonsma vor der Reithallen-Vollversammlung noch rechtfertigen, weil auf seinem Hochglanzposter für das Berner Konzert der Rollins Band ein paar Gummientchen gegen den Strom schwaderten. Das fanden einige Aktivisten damals doch ein bisschen zu lustig. Aber eben: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Samuel Mumenthaler

Auftritt: Dienstag, 14.2., 20 Uhr, Dachstock der Reitschule, Bern. www.petzitickets.ch.

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kulturagenda.be 9.2.12

Eine Momentaufnahme vom Menschsein im Tojo

Das Bühnenstück "car will come" beleuchtet wartende Menschen. Sechs Protagonisten mit unterschiedlichen Lebensgeschichten kommen sich in diesem zeitlichen Vakuum näher. Die Regisseurinnen Kathrin Yvonne Bigler und Anna Heinimann verbinden Musik, Tanz, Bewegungsund Sprechtheater. Als Vorprogramm wird das Tanzstück "vierte Übertragung" gezeigt.
Tojo Theater, Bern. Do., 9., bis Sa., 11.2., 20.30 Uhr

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kulturagenda.be 9.2.12

Gute Nacht? - Teil 3 mit Christian Reutlinger

Wie steht es um das Berner Nachtleben? Den ersten beiden Interviewpartnern unserer Serie war dieses vertraut: Fabian Wyssbrod vom Partyveranstalter Ammonit und Christian Pauli, Präsident der Veranstalter-Dachorganisation Bekult. Der Dritte in der Serie hat eine andere Sicht auf das Thema. Christian Reutlinger ist Sozialgeograf und Erziehungswissenschaftler. Er leitet das Kompetenzzentrum Soziale Räume an der Fachhochschule St. Gallen. 

Herr Reutlinger, Sie erforschen den öffentlichen Raum. Welches sind die Konflikte? 

Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum trifft man landauf, landab an. Es gibt eine ganze Bandbreite an Phänomenen wie Lärm, Littering und ganz allgemein: unangebrachtem Verhalten. Dörfer und Städte suchen nach Lösungen. 

Wie sehen diese aus? 

Wir haben gemerkt, dass Gemeinden fast beliebig reagieren. Man kann in der Zeitung verfolgen, dass ein regelrechter Wettbewerb der verschärften Massnahmen entstanden ist. Diese reichen von Respektkampagnen über zusätzliche Polizisten und zusätzliche Überwachungskameras bis hin zu Wegweisungsartikeln. 

Wer verursacht die Probleme? 

Meistens sind Jugendliche im Blickfeld, die sich treffen und Alkohol konsumieren. Sie nennen das "vorglühen": Sie trinken günstigen Alkohol, bevor sie in den Club gehen. 

Junge wollen Spass haben. In Bern gibt es für viele Jugendliche gar kein Angebot. 

Freitag- und Samstagabend zieht die Jugend in die Stadt mit der Erwartung, Spass zu haben. Sie ist ein Teil der Spassgesellschaft, und die ist eine Zeiterscheinung. Aber weil sich die Jugendlichen den Spass in Clubs nicht leisten können oder weil sie nicht eingelassen werden, verbringen sie die Zeit auf öffentlichen Plätzen. 

Müsste die Stadt für Jugendliche neue Angebote schaffen? Ist das ihre Aufgabe? 

Für mich ist das zu einfach. Es wäre sinnvoll, Junge etwas aufbauen zu lassen. Um das zu ermöglichen, muss eine Gemeinde auch Fachleute anstellen und offen sein für Anliegen junger Menschen. 

In Bern musste in der Altstadt ein Club wegen Lärmklagen einer Anwohnerin schliessen. Wie viel Lärm muss an zentraler Lage möglich sein? 

Man sieht solche Beispiele in verschiedenen Städten, auch in St. Gallen. Wenn die Ruhe des Einzelnen das höchste Gut ist, steht dahinter eine Vorstellung von Normalität, die man anschauen müsste: Warum sind hier die Gruppeninteressen nicht berücksichtigt? Wenn die Stadt nur nach der Logik von Einzelinteressen und dem Ziel der Förderung von Privatheit funktioniert, ist dies problematisch. 

Nach welcher Logik soll sie denn dann funktionieren? 

Man könnte auch sagen: Wenn ich in der Stadt wohnen will, muss ich mit Lärmbelastungen umgehen können. Wird ein Stück Öffentlichkeit verbannt und privatisiert? Das wäre eine Gefahr für unsere Gemeinschaft. Die Frage stellt sich: Wo kann etwas stattfinden? Gibt es auch die Orte dazu? 

Was halten Sie von Partyzonen? 

Zum Zusammenleben gehören Konflikte, mit denen man leben lernen muss. Mit Partymeilenlösungen verschiebt man ein Problem in eine Zone, anstatt es anzupacken. Für jedes einzelne Bedürfnis Inseln zu erstellen, bedeutet einen Verlust von Vielfalt der Gesellschaft. 

Es gibt heute Protestformen wie Guerilla- Gardening, Guerilla-Yoga und Guerilla-Partys. Ist das bloss ein Hype? 

Seit der Geschichte des öffentlichen Raums werden öffentlich Bedürfnisse sichtbar gemacht. Man denke an die Arbeiterproteste oder an die 70er-Jahre. 

Rechnen Sie mit einer Rückeroberung des öffentlichen Raums? 

Rückeroberungen des öffentlichen Raums wird es immer geben. Schliesslich hängt die Vitalität einer Gesellschaft auch von den Möglichkeiten der öffentlichen Auseinandersetzung ab. Gerade unter den aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen läge die Chance darin, sichtbare Proteste nicht mehr nur in die Ecke sogenannter Chaoten zu stellen, sondern auch zuzulassen. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass der Protest gewalttägig und destruktiv über die Bühne geht.

 Interview: Michael Feller

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kulturstattbern.derbund.ch 6.2.12

Kulturbeutel 6/12

Von Benedikt Sartorius am Montag, den 6. Februar 2012, um 06:11 Uhr

Herr Sartorius empfiehlt:
Den Donnerstagabend im Rössli mit den Gitarrenwellen der Fribourger Hubeskyla und den Rowboat-Klängen von Pat V and The Pat V's. Zuvor aber natürlich noch ins Runde-Leder-Kino in der Cinématte, wo um 21:00 Uhr "The Other Final" präsentiert wird. Auch gilt es die erste Schau des neuen Kunsthalle-Direktors Fabrice Stroun zu besuchen - wie natürlich auch andere Gast-, Konzert- und Lichtspielhäuser Ihrer Wahl.

(...)

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Bund 6.2.12

Problemlose Anti-WEF-Kundgebung

Alles ist anders als vor zwei Wochen: Die Polizei hält sich im Hintergrund, hundert Anti-WEF-Aktivisten marschieren durch die Innenstadt, und bloss eine Person wird verhaftet.

Philipp Schori

Die Geschichte der zweiten Anti-WEF-Kundgebung in Bern ist rasch erzählt: Am Samstag, pünktlich um 15 Uhr, erreicht eine Schar von fünfzig Demonstrierenden die Heiliggeistkirche. Sie kommen von der Reitschule her, ihre Fahnen und ihre Kleidung sind schwarz - mit einigen roten Tupfern. Die Mehrheit ist vermummt, das gibt warm. Zu ihnen gesellen sich bei der Heiliggeistkirche, dem Besammlungsort, weitere mehrheitlich junge Protestierende, womit schliesslich gut hundert Personen durch die Berner Innenstadt marschieren: durch Spital- und Marktgasse zum Zytglogge und von dort via Amthausgasse und über den Bundesplatz zurück zum Bahnhof.

Ein linksautonomer Demonstrant erklärt bei einer Rede während der Kundgebung, dass sie sich durch "Repression" nicht vom Demonstrieren abhalten liessen. Er spricht auf die Kundgebung vom 21. Januar an, die von der Polizei im Keim erstickt wurde. Weiter kritisieren die Aktivisten die "grossmäulige Schaumschlägerei" am Weltwirtschaftsforum in Davos und vergleichen das herrschende Wirtschaftssystem mit Fäkalien.

Nach 45 Minuten ist der Spuk vorbei: keine Sachbeschädigungen, kaum Verkehrsbehinderungen und eine kaum sichtbare Polizei. Das wars.

Anonymes E-Mail

Im Vergleich zur Anti-WEF-Kundgebung vor zwei Wochen war damit fast alles anders: Die Polizei agierte nun defensiv und brachte bloss eine Person für eine nähere Kontrolle auf die Wache. Vor zwei Wochen wurden über 170 Personen verhaftet; und die eigentliche Demonstration fand damals gar nicht erst statt, da die Aktivisten bereits beim Bollwerk eingekesselt wurden.

Aufgrund "anderer Vorzeichen" habe die Polizei die unbewilligte Demonstration dieses Mal durch die Innenstadt ziehen lassen, sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause auf Anfrage (vgl. Interview rechts). Die Organisatoren - der Revolutionäre Aufbau und das Berner Anti-WEF-Bündnis - hätten in einem anonymen E-Mail einen friedlichen Umzug in Aussicht gestellt.

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Reto Nause (CVP), Sicherheitsdirektor der Stadt Bern

"Vor zwei Wochen waren sie total vermummt"

Herr Nause, die zweite Anti-WEF-Kundgebung ist friedlich verlaufen. Hätte man nicht auch die erste vor zwei Wochen laufen lassen können?

Nein, die Vorzeichen waren anders: Vor zwei Wochen wurde im Vorfeld explizit zu Gewalt aufgerufen, zudem wurden von Beginn weg Petarden gezündet. Darum war es richtig, den Demonstrationszug vor zwei Wochen zu stoppen.

War die Lage wirklich derart anders? Auch dieses Mal marschierten viele Vermummte mit, und wiederum fehlte eine Bewilligung.

Vor zwei Wochen waren die Demonstrierenden total vermummt: mit Helm, Schutzbrillen und allem, was dazu gehört. Zudem begleitete sie damals ein kleiner Bus, in dem einschlägiges Material gefunden wurde. Dieses Mal war es bloss ein "Post-Wägeli". Und diesmal hatten wir vorher auch Kontakt mit den Organisatoren: Per E-Mail wurde die Route bekannt gegeben.Wer hat das letzte Wort, wenn es um die Grösse des Polizeiaufgebots und um das taktische Vorgehen geht?Das ist eine gemeinsame Beurteilung von Kantonspolizei und städtischer Sicherheitsdirektion, also mir. Die Kantonspolizei nimmt eine rein polizeiliche Lageeinschätzung vor: Wer kommt an die Kundgebung? Wie gross muss demnach das Polizeiaufgebot sein? Ich als städtischer Sicherheitsdirektor beurteile die Lage politisch und kann beispielsweise fordern, dass jede unbewilligte Kundgebung aufgelöst wird.

Birgt diese geteilte Verantwortung nicht Probleme?

Bis heute kamen Polizei und ich stets zur selben Lagebeurteilung: Wie beispielsweise auch dieses Wochenende, wo wir uns beide für ein defensives polizeiliches Vorgehen entschieden. Aber klar: Es kann zu Problemen kommen, sobald polizeiliche und politische Einschätzung nicht übereinstimmen. (phi)

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BZ 6.2.12

Friedliche Wiederholung der Anti-WEF-Demonstration

Stadt Bern. Die unbewilligte zweite Anti-WEF-Kundgebung vom Samstag in Bern verlief friedlich. Die Demonstranten hielten sich an die Versprechen, die sie vorgängig den Behörden gegeben hatten.

Bei Eiseskälte besammelten sich am Samstag um 15 Uhr etwa 100 zum Teil vermummte Personen bei der Berner Heiliggeistkirche, um gegen das vor Wochenfrist beendete Weltwirtschaftsforum zu demonstrieren. Dann marschierten sie durch die Spital- und Marktgasse zum Zytglogge. An der Hotelgasse blockierte die Gruppe kurz Trams und Busse. Anschliessend zogen die Aktivisten die Amthausgasse hinauf über den Bundesplatz zurück zum Bahnhof. Die Kundgebung endete bei der Reithalle. Laut Auskunft der Kantonspolizei dauerte die Demo rund 45 Minuten und blieb friedlich. Es kam zu keinen Sachbeschädigungen.

Die Demonstranten haben damit das vorgängig gegenüber den Behörden gemachte Versprechen eingelöst (siehe Ausgabe vom Samstag). Im Gegensatz zur ersten Anti-WEF-Kundgebung vor zwei Wochen, an der die Polizei die Aktivisten bereits am Bollwerk eingekesselt hatte, wurde am Samstag der Umzug toleriert. Dies, obschon kein offizielles Gesuch eingereicht worden war. Anders als vor der ersten Auflage gab es jedoch dieses Mal im Vorfeld keine Aufrufe zur Gewalt vonseiten von Aktivisten. Die Polizei hielt sich am Samstag im Hintergrund. Es seien einzelne Personen kontrolliert worden, teilte sie gestern mit. Ein Mann wurde für eine nähere Abklärung auf die Wache gebracht. Er konnte diese noch am selben Nachmittag wieder verlassen. Jürg Spori

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BZ Kommentar

Augenmass bewiesen

Mirjam Messerli

Der Berner Gemeinderat als Auftraggeber und die Kantonspolizei als ausführende Kraft haben Augenmass bewiesen. 100 Personen durften durch die Stadt ziehen und eine Woche nach dem WEF ihren Unmut dagegen kundtun. Die Wiederholungsdemo wurde toleriert, obschon nicht einmal ein Gesuch dafür eingereicht worden war. Das zeigt: Um die Grundrechte muss in Bern keiner fürchten. Hier darf man für seine Anliegen auf die Strasse gehen. Als Voraussetzung genügt, dass man sich einigermassen anständig verhält oder dies verspricht zu tun: In einem Mail kündigten die Organisatoren friedliche Absichten an. Zudem informierten sie über die Demo-Route - was offensichtlich mit viel gutem Willen als Beinahe-gesuch gewertet wurde.

Mail: mirjam.messerli@bernerzeitung.ch

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20 Minuten 6.2.12

Anti-Wef-Demo diesmal friedlich

BERN. Absolut friedlich verlief am Samstagnachmittag die Wiederholung der Anti-Wef-Demo in Bern. Nachdem die Polizei die Kundgebung im ersten Anlauf vor zwei Wochen verhindert hatte, hielt sie sich nun zurück und kontrollierte einzelne Personen rund um die Demo. Ein Mann wurde vorübergehend auf die Wache gebracht. Die übrigen 100 bis 150 teils vermummten Demonstranten absolvierten ihren Protestumzug von der Heiliggeistkirche durch die Innenstadt in nur 45 Minuten. Dafür hatten sie zwar kein Bewilligungsgesuch eingereicht, der Polizei aber die Route mitgeteilt.

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Langenthaler Tagblatt 6.2.12

Bern · Unbewilligte Demo verlief ohne Probleme

· Am Samstagnachmittag sind rund 100 Personen im Rahmen einer unbewilligten Demonstration durch die Innenstadt von Bern gezogen. Der Demonstrationszug, zu dem bereits im Vorfeld aufgerufen worden war, startete um etwa 15 Uhr von der Heiliggeistkirche, zog durch die Innenstadt und endete um zirka 15.45 Uhr bei der Reithalle. Es kam dabei weder zu Sachbeschädigungen noch zu grösseren Verkehrsbehinderungen. Die Kantonspolizei Bern hat einzelne Personen kontrolliert. Ein Mann wurde dabei für eine nähere Kontrolle auf die Wache gebracht. Er konnte diese noch am selben Nachmittag wieder verlassen. (pkb)