MEDIENSPIEGEL
28. MAI - 3. JUNI 2012
BZ 2.6.12
Tanz durch Bern wird toleriert
Strassenparty. Die Polizei wird heute Abend die Tanzdemo durch Berns
Gassen dulden. Die Teilnahme an einer unbewilligten Kundgebung sei
nicht verboten, sagt Polizeisprecher Michael Fichter.
Mehrere Tausend - vorwiegend jugendliche - Menschen werden heute Abend
zur Strassenparty "Tanz dich Frei" in Bern erwartet. "Das wird
voraussichtlich einer der grössten Protestumzüge der letzten
Jahrzehnte
werden", schreibt die Alternative Linke Bern in einer Mitteilung. Die
Tatsache, dass die anonymen Veranstalter keine Bewilligung eingeholt
haben, bewertet die Alternative Linke Bern mit den Worten: "Legal,
illegal - scheissegal." Die Jugendlichen protestieren für mehr
Freiräume. Auch ohne Bewilligung wird die Polizei die Partydemo
tolerieren. "Wir haben keinen anders lautenden Auftrag erhalten", sagt
Polizeisprecher Michael Fichter. Zudem sei die Teilnahme an einer
unbewilligten Kundgebung nicht verboten. "Es wäre
unverhältnismässig,
diesen Umzug präventiv zu stoppen." Ab 20 Uhr besammeln sich die
Teilnehmer heute Abend auf dem Vorplatz der Reitschule.
Auf dem Vorplatz kam es in der Nacht auf Freitag zu einem Zwischenfall.
Polizisten wurden bei einer Personenkontrolle mit Flaschen beworfen.
Ein Polizist zog seine Dienstwaffe.tob Seite 2
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Polizei duldet die Tanzparty
Stadt Bern. Mehrere Tausend Jugendliche nehmen heute Berns Gassen in
Beschlag. Die Polizei lässt die Partydemo laufen - und sucht vor
Ort
den Dialog zu den anonymen Veranstaltern.
Bis gestern Abend haben sich mehr als 9600 Personen auf Facebook
für
die Partydemo "Tanz dich Frei" angemeldet. Eine Bewilligung haben die
anonymen Organisatoren erst beantragt. Doch die Polizei wird die
Strassenparty durch Berns Gassen heute Abend gewähren lassen. "Wir
haben keinen anders lautenden Auftrag erhalten", sagt Polizeisprecher
Michael Fichter. Die Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration sei
nicht verboten. "Es wäre unverhältnismässig, diesen
Umzug präventiv zu
stoppen", sagt er.
Parkverbot auf Schützenmatte
Ab 20 Uhr besammeln sich die Teilnehmer auf der Schützenmatte.
Für den
dortigen Parkplatz wird die Polizei vorsorglich ein Parkverbot
verhängen. "Aufgrund der Demoroute wird es zu weiteren
Einschränkungen
für den öffentlichen und den privaten Verkehr kommen", sagt
Fichter.
Die Umzugsroute verläuft gemäss E-Mail der anonymen
Veranstalter an die
Stadtbehörden wie folgt: Schützenmatte, Bollwerk,
Bahnhofplatz,
Spitalgasse, Marktgasse, Zytglogge, Amthausgasse, Bundesplatz,
Schauplatzgasse, Bahnhofplatz. Polizei duldet die Tanzparty.
Die Polizei hat sich auf verschiedene Szenarien vorbereitet. "Wir gehen
davon aus, dass viele Jugendliche teilnehmen, die keine Konfrontation
suchen." Polizisten mit Schutzausrüstung und Schlagstöcken
bleiben
deshalb im Hintergrund. "Die Uniformpolizei und der Verkehrsdienst
stehen im Vordergrund", sagt Fichter. "Wir suchen die Absprache mit den
Organisatoren vor Ort und setzen auf Dialog - auch bezüglich
Routenwahl."
Was tun bei einem Notfall?
Für die Sicherheitskräfte bleiben einige Unsicherheiten. "Es
ist nicht
ganz klar, obs beim Umzug Leute dabei hat, die etwas anderes suchen als
eine friedliche Demonstration ", sagt Fichter. Zudem sei im Falle eines
Notfalls keine Absprache mit den Organisatoren über Massnahmen und
ein
gezieltes Vorgehen möglich. "So bleibt es schwierig,
abzuschätzen, wie
die Teilnehmer auf Blaulicht und Hilfeleistungen reagieren."
Allfällige
Interventionen seien immer heikel. "Wir müssen bewusst vorgehen
und vor
jedem Schritt bedenken, was dieser kurz- und mittelfristig für
Konsequenzen haben könnte." In der Verantwortung stünden nun
aber
insbesondere die Veranstalter.
Tobias Habegger
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Polizist zog Waffe
Am frühen Freitagmorgen wollte die Kantonspolizei auf dem Vorplatz
der
Reitschule mehrere Personen kontrollieren. Zuschauer bewarfen die
Polizisten mit Flaschen. Ein Polizist zückte seine Dienstwaffe.
"Wegen
der Bedrohung sah er sich gezwungen, zu seinem eigenen Schutz und dem
Schutz seines Kollegen, die persönliche Waffe zu ziehen", sagt
Polizeisprecher Michael Fichter auf Anfrage. "Gemäss aktuellem
Stand
war die Waffe auf den Boden gerichtet, und die Polizisten zogen sich
zurück." Die Mediengruppe der Reitschule bestätigt den
Vorfall. "Wir
möchten das Thema jedoch nicht über die Medien abhandeln,
sondern mit
der Polizei klären, um eine möglichst nachhaltige Lösung
zu finden",
schreibt die Mediengruppe. Erste Gespräche zwischen
Reitschule-Exponenten und Manuel Willi, Abteilungschef der
Regionalpolizei Bern, haben bereits stattgefunden.tob
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Bund 2.6.12
Flaschenwürfe und gezogene Polizeiwaffe
Just einen Tag vor der grossen Tanzdemo kam es auf dem
Reitschule-Vorplatz zu einer brenzligen Situation.
In der Nacht auf gestern Freitag wurden Polizisten, die beim Vorplatz
der Berner Reithalle einen mutmasslichen Drogenhändler
kontrollieren wollten, mit Flaschen beworfen. Daraufhin zog einer der
Polizisten seine Waffe. Dies vor ungefähr 150 Personen. Ob er die
Waffe, wie ein Augenzeuge berichtet, gegen die Menge auf dem Vorplatz
oder aber - so die Version der Kantonspolizei - auf den Boden richtete,
ist unklar. Fest steht hingegen, dass sich Reitschule-Verantwortliche
und die Polizei zumindest in einem Punkt einig sind: Das Vorkommnis von
vorletzter Nacht sollte so kurz vor der angekündigten und
voraussichtlich grossen Tanzdemonstration von heute Abend die Stimmung
in Bern nicht weiter aufheizen. Derzeit laufen Gespräche zwischen
Reitschülern und der Kantonspolizei. (rss) - Seite 23
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Polizist mit der Waffe in der Hand vor der Reitschule
Vorletzte Nacht wurden zwei Polizisten auf dem Vorplatz mit Flaschen
beworfen. Einer von ihnen zückte darauf die Pistole.
Renate Bühler
Brenzlige Situation vor der Berner Reitschule: Vorletzte Nacht befanden
sich kurz vor ein Uhr rund 150 Personen auf dem Vorplatz des
Kulturzentrums, als zwei Polizisten auftauchten, die einen Mann
verfolgten. Eine Szene, die offenbar manchen Reitschule-Besuchern
missfiel: Die beiden Beamten wurden, wie Augenzeuge Jonas Zürcher
dem "Bund" sagte, mit Flaschen beworfen, einer von ihnen wurde dabei
offenbar auch getroffen. Darauf zog einer der beiden Polizisten seine
Faustfeuerwaffe aus dem Holster und richtete diese aus einem Abstand
von rund 40 Meter auf die Menge auf dem Vorplatz.
Ungefähr zehn Sekunden habe der Polizist diese Position
beibehalten, dann habe er seine Waffe wieder eingesteckt und sei mit
seinem Kollegen zum weissen Kastenwagen gegangen, der unter der
Eisenbahnbrücke bei der Neubrückstrasse stand.
Michael Fichter, Sprecher der Kantonspolizei Bern, bestätigt auf
Anfrage, dass es einen Vorfall gegeben hat. Die Beschreibung der
Polizei deckt sich weitgehend mit jener Zürchers: Tatsächlich
sei es im Zuge einer Personenkontrolle im Zusammenhang mit Drogenhandel
auf dem Vorplatz der Reitschule zu Flaschenwürfen auf die
Polizisten gekommen. "Darauf sah sich einer unserer Mitarbeiter
gezwungen, zu seinem eigenen und zum Schutze seines Kollegen seine
persönliche Waffe zu ziehen." Einzige Abweichung zu Zürchers
Version: Gemäss jetzigem Stand der Erkenntnisse, so Fichter, sei
die Waffe auf den Boden gerichtet gewesen.
Am Vortag der Nachtdemo
Der Vorfall fand zu einem besonders heiklen Zeitpunkt statt: Just
für heute Abend und die kommende Nacht ist eine unbewilligte
Tanzdemonstration angekündigt, zu der mehrere Tausend Personen
erwartet werden. Sowohl Ansprechpersonen bei der Reitschule als auch
Fichter betonten gegenüber dem "Bund", dass sie auf eine
friedliche Veranstaltung hofften - und dass man den nächtlichen
Vorfall gemeinsam im Gespräch aufzuarbeiten versuche: "Es haben
bereits Gespräche stattgefunden", sagte Fichter. Es gehe dabei
nicht nur darum, den aktuellen Fall zu analysieren, sondern auch,
langfristige Lösungen zu finden.
Die Polizei plane, den Umzug in erster Linie mit "normalen
Uniformkräften" zu begleiten, sagte Fichter. Diese Polizistinnen
und Polizisten würden orange Westen tragen und sollten den
tanzenden Kundgebungsteilnehmern als Ansprechpersonen dienen.
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Bund 2.6.12
Tribüne
Freiheit gibt es nur mit Verantwortung - auch im Nachtleben.
Partystadt mit Schattenseiten
Alexandre Schmidt
Auf legitime Anliegen der Nachtschwärmer senden die Behörden
wenige und erst noch widersprüchliche Signale. In diesem Vakuum
entfaltet sich die stärkste Kraft der Gesellschaft: die Sehnsucht
nach Freiheit. Die Deutungshoheit nehmen sich diejenigen, die am
lautesten rufen. Jede Forderung erhält Kurzzeit-Publizität.
Der Wind dreht wie wild und bietet den politischen Ideenjongleuren ein
ideales Kampffeld. Im Wettbewerb der Vorschläge streiten sich die
Anhänger des Nachtleben-Konzepts mit den Vertretern der Ausgehzone
und den Befürwortern der 24-Stunden-Zone. Die Abschaffer der
Polizeistunde wetteifern mit den Aufhebern des subjektiven
Lärmempfindens.
Gewalt, Lärm, Unrat
Freiheit im Nachtleben - die aktuelle Stadtberner Diskussion hat
andernorts schon stattgefunden. Genf und noch mehr Lausanne haben sich
den Ruf einer aufregenden Partystadt erworben, nachdem die
Behörden alle Schleusen geöffnet hatten. Jedes Wochenende
treffen sich 30 000 Personen im attraktiven Lausanne zu Festen aller
Art. Nach wenigen Jahren bestreitet aber niemand mehr die
Schattenseiten: Gewalt, Lärm, Unrat, Sanitätseinsätze,
Vandalismus, Unfälle. Alle haben sie zugenommen, entsprechend auch
die Kosten - exorbitant beispielsweise jene für das
Scherbenauflesen in den Stadtparks. Nun wird zurückgerudert:
Lausanne rekrutiert Nachtpolizisten, der Alkoholausschank ist von
fünf Uhr bis halb sieben Uhr untersagt ("heure blanche"), die
Wiedereinführung der Bedürfnisklauseln ist möglich. Genf
verbietet dem Detailhandel den Alkoholverkauf ab 19 Uhr.
Und Bern? Unsere Stadt wächst. Die Einwohnerzahl nimmt seit sieben
Jahren zu, nicht jedoch in allen Stadtteilen. Die Innere Stadt hat in
den letzten 20 Jahren 8,6% ihrer Bevölkerung verloren. Die
Gründe liegen sicher auch im Lärm, im nächtlichen
Abfallberg, stechendem Uringeruch und persönlichem
Unsicherheitsempfinden. Nicht jede und jeder wagt sich zu jeder Zeit in
alle Berner Gassen. Beschämend sind die Bilder, wie
frühmorgens das Gewerbe unter den Lauben den Dreck der Nacht
selber wegputzt. Störend an der bisherigen Debatte zum Berner
Nachtleben ist deren Einseitigkeit. Denn Freiheit allein reicht nicht.
Jeder Liberale weiss, dass Freiheit und Verantwortung untrennbar
zusammengehören. Freiheiten sind selten schrankenlos. Alle -
Partygänger, Veranstalter und der Staat - haben je ihren Anteil an
der Verantwortung zu tragen.
Missbrauchte Freiheit
Dem ist heute nicht so. Die Nachtaktiven haben leichtes Spiel und
werden selten zur Rechenschaft gezogen. Lärm, Vandalismus und
Littering sind aber nichts anderes als Missbrauch von Freiheit.
Unfälle und Gewalt treffen Dritte, oft ohne dass die Verursacher
zur Genüge dafür haften müssen. Einsätze von
Putzequipen, Sanitätern und Polizisten fallen zulasten der
Steuerpflichtigen an. Nur geringe Anteile der Kosten werden den
Verursachern angerechnet. Und wer tritt schon für die Anwohner ein?
Wer nur Freiheiten einfordert, ohne den Umgang mit den Schattenseiten
zu beleuchten, fällt durch. Eine schnelle Lösung für
unser Nachtleben wird es nicht geben. Jedem, der das Gegenteil
behauptet, ist mit Skepsis zu begegnen.
Kompetenzen klären!
Heute fehlen, wie es der Verein Pro Nachtleben früh gemerkt hat,
elementare Voraussetzungen für den Fortschritt. Auch beim
Nachtleben gilt die Binsenwahrheit, dass die Verantwortungsträger
über die nötigen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten
verfügen müssen. Zu den relevanten Entscheidungsbefugnissen
gehören das Bestimmen von Öffnungszeiten, die Festlegung von
Lärmtoleranzgrenzen, das Verfügen über den Einsatz der
Polizei, das Erteilen von Bewilligungen oder der Erlass von Sanktionen.
Diese Instrumente sind heute auf zu viele Köpfe verteilt. Erst
wenn die ganze Aufregung ums Berner Nachtleben dazu führt, dass
die Klärung der Kompetenzen stattfindet, wird die Basis für
austarierte Lösungen geschaffen.
Weder Bund noch Kantone noch Regierungsstatthalter sind die richtige
Instanz; nur die Stadtbehörden können wirklich beurteilen,
wie viel Freiheit und mit welchen Verantwortungen wem gewährt
werden soll.
Alexandre Schmidt, geb. 1970, Direktor der Eidgenössischen
Alkoholverwaltung, sitzt für die FDP im Berner Stadtrat und
kandidiert für die Wahlen in den Gemeinderat im Herbst.
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al-be.ch 1.6.12
Tanz Dich Frei - auch nach dem 2. Juni
Bern, 1. Juni 2012
Die Alternative Linke Bern fordert alle Teilnehmenden des TanzDichFrei
auf, auch nach dem 2. Juni kreativ und aktiv zu bleiben. Der Kampf
für eine Stadt für alle und für das "andere Bern" muss
auch in den nächsten Monaten und Jahren weitergehen.
TanzDichFrei wird voraussichtlich eine der grössten
Protestumzüge der letzten Jahrzehnte werden. Es ist eine Bewegung
entstanden, die die Plattform des TDF nutzt, die sich nicht
kontrollieren lässt und vom konstruktiven Zusammenspiel der
beteiligten Einzelpersonen und Gruppen getragen wird. Die
legalistischen Forderungen nach einem Demobewilligungsgesuch seitens
der Behörden und einiger Parteien sind illusorisch - "Legal,
illegal - Scheissegal" war schon in den 1980ern eine beliebte Parole
und bewährte Praxis der damaligen Bewegungen und das hat sich bis
heute nicht geändert.
Die inhaltlichen Forderungen des TanzDichFrei gehen über
Clubsterben, Nachtleben-Diskussion und Reitschule-Vorplatz hinaus bzw.
ergänzen diese - es geht darum, eine Stadt für alle und nicht
nur für wenige zu erreichen, Freiräume zu erkämpfen und
zu verteidigen. Die Folgen der neoliberalen "Aufwertung" der
Städte und der immer wiederkehrenden repressiven
Ruhe-Ordnung-Sauberkeits-Wellen (be)treffen Menschen jeden Alters,
Herkunft und Geschlechts. Missliebige und "nicht Verwertbare" werden
ausgegrenzt, verdrängt und vertrieben. Die Stadtpolitik reduzierte
sich in den letzten Jahren auf die Durchsetzung der angeblichen
Bedürfnisse von kaufkräftigen "flanierenden Passant_innen"
und geranienzüchtenden Frühschläfer_innen und
drängte je länger je mehr die restlichen Stadtbewohner_innen
und -nutzer_innen an den Rand (siehe Anhang).
Die Folgen dieser repressiven Verdrängungs- und
"Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn"-Politik in vielen Bereichen (Nachtleben,
Gastgewerbe, Jugendpolitik, Kultur, Alternative Wohnformen, Gassenvolk,
etc) der letzten Jahren haben sich aufgestaut und manifestieren sich
nun in den massiv grossen Teilnehmer_innen-Zahlen an der Nachtdemo vom
12. Mai und aktuell am TanzDichFrei vom 2. Juni.
Wir werden zweifellos viel Spass haben am 2. Juni. Doch was ist danach?
Die Bewegung darf nicht einfach im Sommerloch verschwinden - denn
ansonsten wird sich im aktuellen Wahlkampfjahr ausser der höheren
Anzahl an leeren Versprechungen nichts ändern. Es braucht
weiterhin das Engagement und kreative Aktionen aller. In der
Innenstadt, in den Quartieren, in den Aussengemeinden, auf der Strasse,
auf öffentlichen Plätzen, in Parks, am Aareufer und in
unseren Herzen und Köpfen.
Alternative Linke Bern
-
Anhang: Einige Beispiele für die aktuelle Problematik
* Die veraltete (Gastgewerbe-)Gesetzgebung und Behörden, die
lebensfremd und nachtlebenfeindlich entscheiden. Darunter leidet nicht
nur die Reitschule, sondern auch viele Clubs + Kulturlokale
(Rauchverbot, Polizeistunde, Lärmklagen, Schliessung Formbar,
Sous-Soul sowie reduzierter Betrieb Wasserwerk). Das ist mit ein Grund,
wieso Reitschule, "Kapitel Bollwerk" + "Obolles" und einige weitere
Clubs das TanzDichFrei auch unterstützen.
* Gentrifizierung: Innenstädte und einige Quartiere werden
"aufgewertet", was meist zur Folge hat, dass nicht
zahlungskräftige oder nicht ins Schema passende Menschen
ausgegrenzt und an den Rand gedrängt werden. Niederschwellige
Quartier- und Gassenbeizen verschwinden, teure Lokale Clubs
übernehmen deren Lokalitäten.
* Clubs sind oft teuer, altersbeschränkt und ausgrenzend
(neben Alter auch Kleidung oder Herkunft)
* Der Mangel an Freiräumen I: Öffentliche Plätze
und Pärke sind kaum noch zugänglich. Verreglementierung,
Uniformpräsenz oder Privatisierung (z.B. City Beaches Orange
Cinema auf der Grossen Schanze) verunmöglichen die Nutzung des
Öffentlichen Raumes - z.B. als konsumzwangfreier Treffpunkt am
Wochenende. Gleichzeitig werden seit 1998 (den Behörden +
Politiker_innen) missliebige Personen aus dem Öffentlichen Raum
weggewiesen und zum Teil in Spezialeinrichtungen gezwungen
(Alkstübli etc.).
* Der Mangel an konsumzwangfreien Treffpunkten für
Jugendliche: in den Quartieren und Agglomerationsgemeinden hat es kaum
oder keine Angebote für Jugendliche. Treffen sich Jugendliche vor
Kirchen, Schulhäusern oder Bahnhöfen, werden sie oft als
"Sicherheitsrisiko" oder Littering- und Lärmquelle angesehen und
vertrieben.
* Der Mangel an Freiräumen II: Für politische,
kulturelle und soziale Gruppen ist es schwierig, Zugang zu Räumen
zu bekommen (Sitzungen, Treffpunkt, Konzerte, Geldbeschaffung für
Projekte etc.).
* Der Mangel an Freiräumen III: Soziale kulturelle Nischen
wie besetzte Häuser werden schnell geräumt, legale
Zwischennutzungen für alternative Wohn- und Kulturprojekte sind
kaum noch möglich, billiger Wohn- und Kulturraum knapp.
* Der Mangel an Freiräumen IV: Wagenplatz-Projekte stossen
immer wieder auf den Widerstand der wohnungswohnenden bürgerlichen
Mehrheit. Anstatt endlich die Wagenplätze dauerhaft zu
legalisieren, schieben die Behörden sich die Verantwortung hin und
her, während Politiker_innen damit populistischen Wahlkampf
betreiben.
* Der Mangel an Notschlafstellen, speziell auch im Winter. Neben
"normalen" niederschwelligen Angeboten, fehlen eine
Drogennotschlafstelle und eine Notschlafstelle für Frauen, die
sich auf Drogenstrich prostituieren.
* Eine zweite Drogenanlaufstelle ist schon lange nötig.
Drogenabhängige sind auch ausserhalb der Öffnungszeiten der
Dast Hodlerstrasse süchtig und haben das Anrecht auf hygienische
Konsumbedingungen.
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Bund 1.6.12
"Tanz in Bern" - SVP fordert "Recht statt Chaos"
Der von Reitschulkreisen angekündigte und organisierte
nächtliche "Tanz in Bern" vom kommenden Samstag und insbesondere
der Umstand, dass die Organisatoren keine Bewilligung für den
Anlass beantragen, verärgert die lokale SVP: "Eine Kundgebung
bleibt eine Kundgebung", schreibt Stadtrat Roland Jakob in einer
Mitteilung. Es gehe nicht, dass "aktuelle Bestimmungen und Verfahren
durch reine Einbildung ausgehebelt" würden. "Berechtigte Anliegen
müssen mit den demokratischen Mitteln durchgesetzt werden und
nicht mit Drohungen und Chaos." (pd)
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BZ 1.6.12
Party in den Gassen
Stadt Bern. 8500 Menschen haben sich bis gestern Abend auf Facebook
für die Strassenparty "Tanz dich Frei" angemeldet. Diese findet am
Samstagabend in Berns Gassen statt. Eine Bewilligung für den Umzug
haben die anonymen Organisatoren gar nicht erst gestellt. Die Tanzdemo
durch Berns Gassen steht im Zeichen des Jugendprotestes für mehr
Freiräume. Auf dem politischen Parkett ziehen Berner Jungpolitiker
derweil eine nationale Kampagne für ein attraktives Nachtleben
auf.tobSeite 2
-
Netzwerk im Kampf für mehr Party
Nachtleben · Politisch aktive Nachtschwärmer treffen sich
am Mittwoch in Zürich. Ihr Ziel ist es, ein nationales Netzwerk zu
knüpfen und gemeinsam für tolerantere Lärmgesetze in
"urbanen Zonen" zu kämpfen.
Thomas Berger, Präsident des Vereins Berner Nachtleben, fährt
am Mittwoch nach Zürich. An einem Treffen des Schweizer
Dachverbandes der nicht gewinnorientierten Musikclubs (Petzi) will er
sich mit Politikern und Veranstaltern aus der ganzen Schweiz vernetzen.
"Unser Anliegen für eine Aufwertung des Nachtlebens können
wir in der Stadt Bern alleine nicht lösen", so Berger
(Jungfreisinnige). Ohne die Unterstützung von Gleichgesinnten aus
Zürich, Basel, Genf und anderen Städten würde die
Stadtberner Pro-Nachtleben-Lobby auf verlorenem Posten stehen. "Unsere
Kampagne läuft ja mittlerweile auf dem nationalen Politparkett",
sagt Berger.
Motion im Nationalrat
Die Berner GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy hat das Thema
Nachtleben ins Bundesparlament gebracht (Ausgabe von gestern). Mittels
Motion fordert sie eine Änderung der Lärmschutzverordnungen
des nationalen Umweltgesetzes. Dadurch sollen Städte die
Möglichkeit erhalten, "Zonen für urbanes Wohnen" zu schaffen.
In diesen Zonen soll das Recht auf Party höher gewertet werden als
das Bedürfnis nach Nachtruhe der Anwohner. Thomas Berger
begrüsst die GLP-Motion: "Ich bin froh, dass das Thema schweizweit
angegangen wird." Die geltenden Gesetze würden keine Zonen
zulassen, in welchen Wohnen und ein Nachtleben nach 22 Uhr
nebeneinander existieren können. "Nur durch eine extensive
Auslegung der Gesetze ist heute überhaupt ein Nebeneinander von
Nachtleben und Wohnen in Städten wie zum Beispiel Zürich
möglich."
"Genug Platz für alle"
Am Treffen am Mittwoch in Zürich will Thomas Berger die Teilnehmer
aus anderen Städten auffordern, Werbung für die GLP-Motion zu
machen. "Nur wenn jeder die jeweiligen Nationalräte aus seinem
Kanton für unser Anliegen sensibilisiert, hat der Vorschlag eine
Chance", sagt er. Für die Stadt Bern hätte der Verein
Nachtleben bereits einen Vorschlag, in welchem Gebiet die "Zone
für urbanes Wohnen" eingeführt werden sollte. "Das Gebiet
müsste sich vom Zytglogge bis zum Ende des Bubenbergplatzes
erstrecken - inklusive Bierhübeli und der Reitschule", sagt
Berger. "Bereits etablierte Clubs ausserhalb dieser Zone sollen
natürlich weiterhin berechtigt sein." Daneben gäbe es in der
Hauptstadt noch genügend Quartiere für Menschen, welche dem
Nachtlärm lieber ausweichen. Tobias Habegger
Strassenparty
Die Stadtberner SVP kritisiert die unbewilligte Strassenparty "Tanz
dich Frei 2.0" und fordert: "Recht statt Chaos". Die Route des Umzugs
am Samstagabend verläuft gemäss E-Mail der anonymen
Veranstalter an die Stadtbehörden wie folgt: Schützenmatte,
Bollwerk , Bahnhofplatz, die Spitalgasse, Marktgasse, Zytglogge,
Amtshausgasse, Bundesplatz, Schauplatzgasse, Bahnhofplatz.tob
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WoZ 31.5.12
Was weiter geschah
Tanz dich frei!
Diesen Samstag wird in Bern getanzt: "Es werden Wagen auffahren, mit
tiefen Bässen, mitreissendem Sound, heisser Stimmung. Während
auf dem Hip-Hop-Wagen die Berner Rap-Szene sich die Verse um die Ohren
haut, wird auf dem Punk-Wagen jedes Punkerherz zu den abgedroschensten
Gitarrenriffs pogen …" Dies ist auf der Facebook-Seite von
"Tanz dich frei 2.0" zu lesen. 29 000 Gäste haben die
VeranstalterInnen über Facebook eingeladen, über 6300 haben
sich angemeldet (Stand Dienstag, 12 Uhr). Es wird wohl eine heisse
Nacht werden.
Um 20 Uhr wird losgetanzt auf dem Vorplatz der Reitschule, dem
autonomen Jugend- und Kulturzentrum. Um diesen Vorplatz wird seit
Jahren gestritten, allerdings selten so heftig wie in den letzten
Wochen. Grund für den Ärger der ReitschulebetreiberInnen ist
eine Verfügung des Regierungsstatthalters Christoph Lerch, die
Verantwortlichen der Reitschule müssten ab 0.30 Uhr die Menschen
vom Vorplatz wegweisen. Dort treffen sich an schönen Wochenenden
zwischen 500 und 1000 Leute unterschiedlichen Alters und Herkunft.
Diese wegzuweisen, ist weder die Absicht, noch steht es in der Macht
der ReitschülerInnen.
Lerch relativierte zwar kurz darauf und betonte, die Reitschule
müsse lediglich dafür sorgen, dass ihre Gäste nach halb
eins keine Getränke aus den Gastrobetrieben auf dem Vorplatz
konsumierten. Doch der Ärger ist da und wird immer grösser.
Deswegen wird zum Tanzen gegen die von der Stadt betriebene
"Aufwertungspolitik" aufgerufen, die "sich einzig und allein an den
Bedürfnissen eines kleinen, wohlhabenden Bevölkerungsteils
orientiert, denn nur Menschen mit Geld bringen die erwünschten
Profite", wie auf der Facebook-Seite der VeranstalterInnen zu lesen ist.
Die Reithalle stellt am Samstag ihren Betrieb ein und solidarisiert
sich mit der Aktion "Tanz dich frei". Auch die Bar und Beiz Kapitel
Bollwerk gegenüber der Reitschule hat ihre geplante Veranstaltung
abgesagt und ruft zum Tanz gegen das Establishment auf. süs
Silvia Süess
"Tanz dich frei" in: Bern, Sa, 2. Juni, Treffpunkt 20 Uhr, Vorplatz
Reitschule.
Nachtrag zum Artikel "Die Rache der Berner StubenhockerInnen" in WOZ
Nr. 20/12.
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BZ 31.5.12
Berner Nachtleben erreicht Bundeshaus
Nationalrat · Die GLP bringt die Debatte ums Berner Nachtleben
ins Bundeshaus. Nationalrätin Kathrin Bertschy will die Idee von
"urbanen Zonen" schweizweit einführen.
Der Verein Nachtleben Bern schlägt zur Aufwertung des Nachtlebens
"Zonen für urbanes Wohnen" vor (wir berichteten). "Wer in diesen
Zonen wohnt, verpflichtet sich zu einer gewissen Toleranz
bezüglich Lärm und weiteren Auswirkungen des Nachtlebens",
sagt Thomas Berger, Präsident des Vereins. Mittels Motion will
GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy die Idee zum nationalen
Politikum machen. "Für urbane Räume ist es nicht mehr
zeitgemäss, wie die Lärmschutzverordnungen aus dem nationalen
Umweltschutzgesetz ausgelegt werden", sagt sie. Bei der aktuellen
Rechtslage genüge ein einziger Anwohner, der auf absoluter Stille
beharre, damit auch langjährige Clubs schliessen müssten. Die
Lärmschutzverordnung des Bundes lasse den Kantonen und Gemeinden
kaum Spielraum, schreibt die GLP in einer Mitteilung. "Insbesondere
während der Nachtzeit zwischen 22 und 7 Uhr schafft das
Bundesrecht zurzeit für alle Wohnzonen einen Anspruch auf Stille."
Deshalb solle der Bundesrat das Umweltschutzgesetz abändern,
sodass die Kantone "unterschiedliche Toleranzwerte" bestimmen
können.
"Tschäppät soll mitmachen"
Kathrin Bertschy will ihre Motion nächste Woche einreichen.
Gestern hat sie Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP)
öffentlich aufgefordert, ihr Anliegen im Nationalrat zu
unterstützen.
"Ich bin erstaunt, wenn man mir von einer anderen Partei vorschreiben
will, wie ich abzustimmen habe - und dies, bevor der Vorstoss
überhaupt ausformuliert ist", entgegnet Tschäppät. Zur
Forderung der GLP äussert sich der Stadtpräsident wie folgt:
"Wir wollen beide eine Attraktivierung des Nachtlebens." Ob dies
über die Raumplanung oder über Lärmvorschriften
geschehen solle, darüber müsse nachgedacht werden. "Sicher
aber darf in der unteren Altstadt das Nachtleben nicht zulasten der
Wohnqualität gehen. Sonst gibt es entvölkerte
Geisterstädte." Regula Rytz (GB), das zweite Berner
Regierungsmitglied im Nationalrat, sagt: "Die
Lärmschutzgesetzgebung ist eine grosse Errungenschaft. Ein
Zurückbuchstabieren muss wohlüberlegt sein." Tobias Habegger
-
Strassenparty
Für den Protestanlass "Tanz dich Frei 2.0" vom Samstag liegt nach
wie vor keine Bewilligung vor. "Die Veranstalter haben kein Gesuch
eingereicht ", sagt Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP). Die anonymen
Veranstalter rufen zur "grössten Party, die Bern je gesehen hat",
auf. Die Behörden werden den Umzug wohl zulassen. "Die Polizei
wird vor Ort sein, die Situation genau anschauen und
verhältnismässig handeln", so Nause. "Wir können uns auf
verschiedene Szenarien vorbereiten - mehr nicht." Durch ihre Weigerung,
eine Bewilligung einzuholen, würden die Veranstalter die volle
Verantwortung für den Anlass tragen. "Sie müssen alles
unternehmen, damit es friedlich bleibt und die Sicherheit
gewährleistet ist", sagt Nause. Er hoffe, dass sich die
Veranstalter dieser grossen Verantwortung bewusst seien.tob
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Bund 31.5.12
GLP: Bundesrat soll Nachtleben-Konflikt lösen
Nationalrätin Kathrin Bertschy will "Urbanzonen" für Wohnen
und Feiern.
Die Städte haben das Problem, der Bund hätte die Lösung
- dies ist Konsens im Nachtleben-Konflikt. Das nationale
Umweltschutzgesetz schützt die Ruheansprüche von
Stadtbewohnern, auch in Stadtbezirken, wo das Nachtleben Tradition hat.
Geht es nach GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy, soll sich dies
nun ändern. In der Sommersession fordert sie den Bundesrat auf,
das Umweltschutzgesetz zu überarbeiten. Ziel ist die Schaffung
einer "Urbanzone", in der höhere Toleranzwerte für
Nachtlärm gelten. Wie die GLP in einer Medienmitteilung schreibt,
sollen die Kantone die Möglichkeit bekommen, ein Nebeneinander von
Wohnen und Nachtleben zuzulassen.
Der Verein Nachtleben Bern kündete gestern seine
Unterstützung für die GLP-Forderung an. Für den Verein
ist die "Urbanzone" gegenüber anderen Lösungsvorschlägen
(Ausgehmeile, 24-Stunden-Zone) überlegen, weil sie an einer
gemischten Nutzung von Wohnen und Ausgehen festhalte. Sowohl die GLP
als auch der Verein Nachtleben Bern setzen nun die Berner
Gemeinderäte mit Nationalratsmandat unter Druck: Sie erwarten,
dass "Alexander Tschäppät und Regula Rytz das Anliegen im
Nationalrat unterstützen". (len)
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20 Minuten 31.5.12
Berns Partys werden nationales Thema
BERN. Der Knatsch ums Berner Nachtleben wird Sache des Nationalrats.
Die grünliberale Stadtberner Nationalrätin Kathrin Bertschy
fordert in einem Vorstoss, dass die Lärmschutzvorschriften des
Bundes angepasst werden. Die in Bern laufende Diskussion habe
aufgezeigt, dass die geltende Lärmschutzverordnung Kantonen und
Gemeinden kaum Spielraum lasse. Besonders zwischen 22 und 7 Uhr schaffe
das Bundesrecht für alle Wohnzonen einen absoluten Anspruch auf
Stille, was sich mit der heutigen Nutzung von Stadtzentren kaum
vereinbaren lasse, so Bertschy. Die Politikerin will deshalb eine
Lockerung der aktuellen Regelung, was die Toleranzwerte von
nächtlichem Lärm, verursacht durch Menschen sowie Kultur- und
Gastrobetriebe, angeht. So sollen Clubbetreiber mehr Rechtssicherheit
erhalten und die Entwicklung von "Geisterstädten" verhindert
werden. NJ
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BZ 31.5.12
Neudefinition von New Wave
Konzert. An der Tour de Lorraine im Januar 2011 hinterliess die
kanadische Band Austra im Frauenraum einen bleibenden Eindruck und
erweiterte bei einigen die Definition von Synthie-Pop. Seitdem hat
Austra ihr erstes Album "Feel it Break" herausgebracht und ist fast
nonstop durch die Welt getourt. Nun kommt die Band zurück in den
Frauenraum, zu sechst: Katie Stelmanis, die eine Operngesangsausbildung
hinter sich und schon einiges an Musik komponiert hat, holte mit der
Drummerin Maya Postepski und dem Basisst Dorian Wolf neue Leute ins
Boot. Mit ihnen setzt sie ihre elektronische Neudefinition von New Wave
und klassischem Gesang um.pd
Heute, 22 Uhr, Frauenraum, Reitschule, Bern, www.frauenraum.ch
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Bund 31.5.12
Austra
Gletschermusik und Discokugel
Es ist keine fröhliche Welt, welche die Gruppe Austra - die beim
honorigen Domino-Label unter Vertrag steht - skizziert: Bejahrte
Synthesizer-Sequenzer rattern neben traurigen Frauenstimmen.
Erinnerungen an New-Wave-Gletschermusik der Achtzigerjahren werden
wach, doch es rotiert auch eine rostige Discokugel über dieser
Musik, ein vager Verweis auf die nordamerikanische Gay-Szene, in der
sich Austra engagiert. (ane)
Reitschule Frauenraum Do, 31. Mai, 22 Uhr.
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kulturagenda.be 31.5.12
Small Talk mit Boni Koller
Sänger von Baby Jail
Boni Koller, Baby Jail tritt im Dachstock erstmals seit Längerem
wieder auf. 2003 gab es doch schon eine Reunion?
Damals wollten wir nur ein Konzert spielen als Plattentaufe für
unsere Best-of-CD. Nun finden wir: wenn wir noch eine richtige Reunion
machen wollen, dann jetzt. Wir sind um die fünfzig und haben
Angst, sonst nur noch im Sitzen spielen zu können.
Und der Anlass ist …
… 20 Jahre "Tubel Trophy", der Song mit dem wir 1992 in der Hitparade
waren. Das ist verdammt lange her.
Haben Sie so lange gebraucht, um sich wieder zu mögen?
Wir haben uns schon 2003 gut verstanden, wir hatten einfach keine Lust
auf ein richtiges Revival. Diesmal haben wir vielleicht zwanzig
Konzerte bis Ende Jahr und danach hören wir wahrscheinlich auch
wieder auf. Aber wer weiss, vielleicht finden wir es auch sauglatt und
machen weiter. Wir lassen jetzt einfach mal alles auf uns zukommen.
Aber Sie haben neue Songs geschrieben?
Wir haben drei neue Lieder aufgenommen und etwa fünf Stücke
im Programm, die eigentlich niemand kennt. Aber wir haben nicht vor,
ein Album zu machen mit Plattenfirma und so wie richtig.
Sind die neuen Stücke so ironisch wie die alten?
Es hat ironische Passagen in den Liedern, vor allem eines ist sehr
ironisch - ich hoffe, es wird dann nicht falsch verstanden (lacht).
Aber wir spielen auch die alten Lieder, die die Leute hören
wollen, ist doch klar.
Welches Feedback haben Sie auf Baby Jail seit dem offiziellen Ende
erhalten?
Ich glaube, Baby Jail wird verklärt. Viele Leute haben uns nie
gesehen. Ich könnte mir vorstellen, dass uns nun jüngere
Leute besichtigen kommen, so wie man die Rolling Stones besichtigen
geht. Da laufen wir dann Gefahr, dass es heisst: "So ein Gschiss. Ich
habe mir die besser vorgestellt." Ich hoffe, dass wir noch genug
Energie haben, um auch ein bisschen zu überraschen.
Und das Publikum aus Ihrer eigenen Generation?
Ich nehme an, sie werden aus den Löchern kriechen, und dann
schauen wir mal, wer wie gut gealtert ist (lacht). Aber unsere Fans
sind tendenziell zehn Jahre jünger als wir. Als wir mit dem
"Tubel" in die Hitparade kamen, wurden wir ein Teenager-Thema. Ich
nehme an, die meisten Leute kennen uns nur wegen des Songs. Wir lassen
uns überraschen.
Interview: Silvano Cerutti
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Dachstock der Reitschule, Bern
Do., 31.5., 21 Uhr
www.dachstock.ch
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Bund 31.5.12
Baby Jail
Spass aus der Neonröhren-Epoche
Sie taten Mitte der Achtziger etwas, was so gar nicht zu No Future, New
Romantic und Neonlicht passen wollte. Sie hatten Spass. Baby Jail um
den Ex-Nilp-Sänger Boni Koller und die Kind-Punkerin Bice Aeberli
sangen mit Blockflöte und Stromgitarre über Mondlicht-Babys
und Elefanten, vieles war herzhaft doof, einiges brillant. Ein
Dazwischen wird es auch im Zuge ihrer Reunion-Tour kaum geben. (ane)
Reitschule Dachstock Do, 31. Mai, 21 Uhr.
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BZ 31.5.12
Powerpopper im Rausch der Klabusterbeere
Konzert · The Shit heisst das neue Aushängeschild der
Berner Garagenrockszene. Am 7. Juni präsentiert das Quartett sein
Debüt "Dingleberry Fields Forever" im Rössli in der Berner
Reitschule.
Bern pflegt eine heimliche, aber hartnäckige Affäre mit dem
Garagenrock. In den Achtzigern engagierte die Veranstaltergruppe
Project Blue US-Gitarrenbands wie The Miracle Workers oder Thee
Fourgiven - ihre Konzerte im Sternen Bümpliz sind Legende. Im
Plattenladen Record Junkie trafen sich die Aficionados, und seit bald
zwanzig Jahren bildet Beat "Beat-Man" Zeller mit seinem konsequent auf
Trash und Blues ausgerichteten Label Voodoo Rhythm das Epizentrum einer
Szene, die weit über Bern hinausstrahlt. Mit den Monofones und The
Jackets stehen neue Garagenbands am Start, die zwar nicht bei Beat-Man
unter Vertrag sind, aber dessen Liebe zum Lärm teilen.
Primus inter Pares
Jetzt hat Berns wachsende Gitarrenarmada ein neues Aushängeschild.
Die Musiker der fadengerade aufspielenden Combo The Shit kennt man aus
den verschiedensten Formationen. Der Amerikaner Robert Butler, der
Primus inter Pares, war einst Bassist der Miracle Workers und blieb in
Bern hängen. Seither frönt er unter verschiedenen Pseudonymen
dem Rock ’n’ Roll, setzt als Grafiker Akzente und betreibt als
"Pantichrist" ein Geschäft, das sich auf ebenso knappe wie
knallige Unterwäsche spezialisiert. Mit The Shit hat er nun eine
Band um sich geschart, die seine Songs mit dem nötigen Sturm und
Drang umsetzt. Oft fühlt man sich an den frenetischen Powerpop und
frühen Punk britischer Prägung erinnert. Dazu gibt es eine
Prise Kinks, einen Schuss Hardrock, einen Hauch Glam und ein
Quäntchen illegale Substanzen. Für ihr Debüt reisten The
Shit, bei denen auch Bassist Philipp Thöni, Drummer Pit Lee Hertig
und Gitarrist Franz Hausammann mittun, ins Studio Rancho de la Luna im
kalifornischen Wüstenort Joshua Tree. Dort drücken sich sonst
Stars wie die Queens of the Stone Age oder die Eagles of Death Metal
die Klinke in die Hand. Die nötigen Mittel beschafften sich The
Shit über ein sogenanntes Crowd Funding, das künftige
Publikum finanzierte die CD quasi vor. "Dingleberry Fields Forever"
heisst das Debüt, und es kracht, brettert und fräst ohne
Verschnaufpause. Das mag auf die Dauer etwas monothematisch wirken und
verlangt den Zuhörenden Standvermögen ab. Doch wer es gern
rockig mag, muss nicht weiter suchen. Kompromisse sind nicht das Ding
von Robert Butler, auch wenn dieses Album wegen seiner professionellen
Machart und sehr soliden Handwerks schon fast etwas konventionell
tönt im scheppernden Low-Fi-Sound der Berner Garagenszene.
Fäkalien statt Erdbeeren
Der Albumtitel ist eine Anspielung auf eine Welt, die aus den Fugen
gerät. Die Zeiten, als man mit den Beatles auf Erdbeerfeldern
wandelte, sind vorbei. "Dingleberry" heisst zu Deutsch "Klabusterbeere"
und meint die Kotrückstände im Fell des Viehs. Am 7. Juni
stellen die Berner, die sich auf Werbefotos hinter Masken verstecken,
ihre Platte im Rössli in der Reitschule live vor. Und sie
versprechen: "Shit happens."
Samuel Mumenthaler
CD: The Shit: "Dingleberry Fields Forever", Subversiv Records.
CD-Taufe: 7. Juni, 21 Uhr, Rössli (Reitschule), Bern.
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kulturagenda.be 31.5.12
Shit And Shine im Dachstock
Craig Clouse ist seit über zehn Jahren Frontmann der
Sludge-Metal-Band Todd. Unter dem Namen Shit And Shine begibt sich der
Texaner in andere Territorien. Mit Live-Performances mit bis zu 20
Drummern, mit Bass, Gitarre und Elektronik kreiert die Band ein
musikalisches Gewitter. In Bern ist das Aufgebot indes auf zwei Drummer
reduziert.
Dachstock in der Reitschule, Bern. So., 3.6., 20 Uhr
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kulturagenda.be 31.5.12
Midilux mit Richard Bartz im Dachstock
In den 1990ern gehörte Richard Bartz zu den Pionieren der
Münchner Technoszene. Er gründete die Plattenfirma Kurbel
Records und produzierte mehrere eigene Alben. Heute ist er zwar nicht
mehr ganz so produktiv, aber noch immer unterwegs. Vor seinem Auftritt
im Dachstock heizen Berner DJs an: Dreksler & Haerle
(Elektrostubete) und Digitalis (Everestrecords).
Dachstock in der Reitschule, Bern. Fr., 1.6., 23 Uhr
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Bund 31.5.12
Sleepy Sun
Benebelte Eleganz
Die Gruppe Sleepy Sun aus San Francisco gehört zu den angenehmsten
Erscheinungen des neuen amerikanischen Psychedelic-Hypes.
Ane Hebeisen
Vielleicht hat es mit der veränderten Drogen-Versorgungssituation
in der Obama-Ära zu tun. Jedenfalls hat an Amerikas Westküste
eine neue musikalische Bewusstseinserweiterung stattgefunden. Die
Neo-Hippies gewinnen Überhand, schreiben Lieder, die sonderbare
Wendungen nehmen, und verdrahten ihre Stromgitarren mit Geräten,
die bereits Ende der Sechzigerjahre zum Entfachen von Rausch und
Ekstatik im Einsatz waren. Trendsucher haben bereits die Ära des
Neo Psychedelic Rock ausgerufen, und eine der netteren Gesandtschaften
dieser Spezies reist nun nach Bern, um diesen musikalischen Segen auch
hier ruchbar zu machen.
Strukturierter Wahn
Sleepy Sun heisst die Band aus San Francisco, die mit ihrem
Debüt-Album "Embrace" (2008) gezeigt hat, wo der psychedelische
Gong hängt. Das Werk macht indes bereits offenbar, dass Sleepy Sun
- im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Kollegen (höchst
empfehlenswert: Crystal Antlers aus Long Beach) - nicht im Sinn haben,
allein das Rauschhaft-Ungezügelte zu akzentuieren.
Auf ihrem sensationellen Erstling taumeln die Sleepy Sun zwischen
Abenteuerlust und dem Willen, etwas durchwegs Schönes zu schaffen,
zwischen benebelter Eleganz und strukturiertem Wahn. Ein Ringen, das
auf dem 2010 erschienenen Nachfolgealbum "Fever" geschmackvoll
weitergeführt wird. Etwas weniger prickelnd ist ihr neuestes
Tonwerk "Spine Hits" ausgefallen, auf welchem der Versuch gestartet
worden ist, die Sache etwas sonniger und anschaulicher zu gestalten.
Auf dass die Sonne wieder ein bisschen schlafen geht!
Dachstock Reitschule Mittwoch, 6. Juni, 20 Uhr.
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Bund 31.5.12
"Läbe ohni Dütschi"
"Ich will mit Theater die Welt verändern"
Der Regisseur Julian M. Grünthal findet es unerträglich, wenn
er nicht spürt, wozu Theater gemacht werde. Seine Inszenierung
"Läbe ohni Dütschi" hat heute Premiere.
Alexandra Kedves
Sein Schweizerdeutsch ist beinahe akzentfrei. Dabei hatte er lange
Hemmungen, sich auch nur an einem einzigen Wort zu versuchen. "Die
Liebe - zu zwei Schweizerinnen - hat da geholfen", sagt Julian
Mauritius Grünthal. Und natürlich die Entscheidung, das Leben
als Künstler hier aufzubauen; hier, wo der Juristensohn 2001 mit
dem Schauspielstudium begann; hier, wo sich für ihn rasch viele
Türen öffneten.
Mittlerweile ist der 30-jährige Durchstarter aus Freiburg im
Breisgau aus der freien Schweizer Theaterszene nicht mehr wegzudenken:
Letztes Jahr holte er etwa mit "Nico’s Love" und seiner Gruppe
Grenzgänger den Nachwuchspreis Premio; mit "Checkpoint" schuf er
einen Abend über "Israel und Palästina in unseren
Köpfen", der im Kopf bleibt. Jetzt entwickelt der sanfte
Kommunikator mit den blauen Augen und den Schäfchenlöckchen
wieder einen harten Abend: über "Läbe ohni Dütschi".
"Läbe ohni Dütschi": ein gewagtes Projekt für einen, der
von ennet der Grenze kommt.
Ich scheue die konstruktive Auseinandersetzung mit Kritikern nicht.
Aber als mir das Spiegeltheater die Regie angetragen hat, habe ich erst
schon gezögert - auch, weil das Thema medial bereits so breit
ausgewalzt war. Aber dann habe ich die Texte gesehen, die Cory Looser
dazu bereits geschrieben hatte, und sah, dass darin viel Potenzial war,
um übers Stereotyp hinauszugehen; und als klar wurde, dass wir
zusammen mit dem Ensemble die Texte auf den Proben weiterentwickeln
dürfen, roch das nach Potenzial für richtiges Theater.
Was ist richtiges Theater?
Ich will mit Theater die Welt verändern. Definitiv. Theater, bei
dem ich nicht spüre, wozu es gemacht wird, ertrage ich nicht. Die
Schauspieler müssen wissen, was sie tun und warum - der Regisseur
ebenso. Darum habe ich nach einer Saison als Schauspieler am Theater
Bielefeld gekündigt: Acht von zehn Produktionen dort waren pure
Unterhaltung ohne eine Antwort auf die Frage "Warum?".
Noch vor zehn Jahren waren Fun und Entertainment Verkaufsargumente des
jungen Theaters.
Als ich von 2001 bis 2005 in Zürich Schauspiel studierte, waren 98
Prozent der Studierenden völlig unpolitisch; und 98 Prozent der
Produktionen auch. Vielleicht befanden wir uns nach 9/11 in einer Art
Schockstarre und realisierten, dass wir total apolitisch gewesen waren.
Die neuen Jahrgänge dagegen sind sehr politisch. Auch ich will
mehr erreichen als einen "schönen Abend". "Lustig und Fun" ist im
Theater zurzeit einfach nicht angesagt, wenn man sich in der Welt
umschaut.
Was soll Theater bewirken?
Idealiter soll es neue Perspektiven auf die Welt eröffnen. Und
noch besser ist, wenn es zum Handeln anregt. Nach "Checkpoint"
beispielsweise sagten mir Zuschauer, sie hätten etwas über
den Nahostkonflikt gelernt und würden nun noch mehr lernen wollen.
Das ist für mich schon eine Menge.
Welche neuen Perspektiven stecken in "Läbe ohni Dütschi"?
Es geht nicht bloss ums totdiskutierte Sujet "Deutsche in der Schweiz".
Sondern generell um die Suche nach Identität und darum, wie man in
eine faschistoide Richtung abgleiten kann. In "Läbe" gibt es ein
paar Leute, die erst ein Theaterstück zur Weltverbesserung machen
wollen. Aus ihrer Überfremdungsangst wächst eine
Retrosehnsucht, sie blicken zurück auf die keltischen Wurzeln, ein
Ökofaschismus schleicht sich ein, alles Fremde wird zum Feind -
vom Germanen bis zum Tessiner. Die Tendenz zum Cocooning und zur
verschworenen Gruppe ist heutzutage, wo viele Tausend Stimmen
minütlich auf uns einprasseln, extrem geworden. Unser Stück
stellt Fragen zu diesem Rückzug in potenziell gewalttätige
Kernzellen: Das Thema brennt mir unter den Nägeln. In Deutschland
kam es zu dieser unfassbaren Neonazi-Mordserie. Aber es ist auch
haarsträubend, was hier durchgeht! Die Minarettinitiative etwa
geht auf keine Kuhhaut - und ich muss mich da engagieren, wo ich bin.
Hier ist meine Heimat, und mein Theater soll Reibungsfläche sein.
Einen Streit auszulösen, wäre schon ein Gewinn.
Ihr Theater ist eines der persönlichen Betroffenheit?
Unbedingt. Theatermacher dürfen sich nicht verstecken, sondern
müssen sich ganz hineinwerfen, mit ihren Unzulänglichkeiten.
Sonst ist es sinnlos. Und ich bin - wie viele Leute in der Schweiz -
verzweifelt. Alles ist so starr; es muss sich etwas bewegen. Man muss,
man wird bald verstehen, dass die Neutralität ein Mythos ist; dass
alles vernetzt ist, von den Märkten bis zum Klima, und dass Geld
kein Lebenszweck sein kann. Wach sein, nicht verknöchern - das
sollte für Individuen gelten wie für Länder. "Meine"
Ensembles sind aus Prinzip stets multikulturell. Das ist ein
Mikrokosmos, ein Bild von der Schweiz, wie ich sie gern hätte.
Aber auch Sie profitieren von der reichen Gschäftlimacher-Schweiz.
Es stimmt, dass die Verhältnisse für Theatermacher hier recht
luxuriös sind im Vergleich zu anderswo. Subventionen streichen?
Denkverbote sind auch da verboten: Vielleicht erweist sich das
Crowdfunding ja auf die Dauer als ein besserer Weg. Man könnte
durchaus auch darüber nachdenken, ob die grossen Institutionen so
immens viel bekommen sollen - zumal ihr kreativer Output sich umgekehrt
proportional zu ihrer Unterstützung verhält.
Entsteht gute Kunst in katastrophischen Verhältnissen?
Hinter guter Kunst steht ein Mensch, der keine Angst hat, sich
hineinzugeben. Wenn jemand sich mit einer extremen Lebenserfahrung in
die Waagschale wirft, berührt mich das tief.
Ist das Theater für gesellschaftliche und politische Diskussionen
überhaupt das richtige Forum?
Ich habe meine Zweifel, weil nur wenige ins Theater gehen. Aber
grundsätzlich ist das Theater ein sehr freies, offenes,
disziplinenübergreifendes und schnelles Medium und ideal für
gesellschaftliche Debatten - wenn es sich traut. Sollte ich jemals
dahin kommen, es mir darin einfach gemütlich einzurichten, so
bitte ich darum, dass man mir einen Prügel über den Kopf
zieht!
Tojo-Theater Reitschule Donnerstag, 31. Mai, und Freitag, 1. Juni,
jeweils 20.30 Uhr.
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BZ 31.5.12
Gemobbte Deutsche
Theater · Regisseur Julian M. Grünthal nimmt in "Die neue
Schweizer Welle" das Verhältnis von Schweizern und Deutschen auf
die Schippe - heute und morgen im Berner Tojo.
Die Zeiten, als die Deutschen nur als Touristen kamen, sind vorbei. Sie
bleiben! Grund genug für das Zürcher Spiegeltheater, dem
deutsch-schweizerischen Verhältnis auf den Grund zu gehen. In "Die
neue Schweizer Welle - Läbe ohni Dütschi", inszeniert von
Julian M. Grünthal (Mitglied der Gruppe 400asa), werden
schönste Vorurteile gedrescht, Deutsche mit üblen
Schweizerdeutschkursen traktiert und Studenten zu politisch korrekten
Debatten über das Deutschenmobbing geprügelt. pd/mei
Vorstellungen: heute und morgen Fr, jeweils 20.30 Uhr, im Tojo-Theater
Bern.
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kulturagenda.be 31.5.12
Klartext mit Julian M. Grünthal über "Die neue Schweizer
Welle - Läbe ohni Dütschi"
Der 31-jährige Julian Grünthal gehört zu den gefragten
jungen Regisseuren in der Freien Theaterszene der Schweiz. Von ihm war
im Tojo zuletzt "Nicos Love on Stage" zu sehen. Nun inszeniert er
zusammen mit Bettina Glaus im selben Theater "Die neue Schweizer Welle
- Läbe ohni Dütschi ".
Weshalb hat Sie der Text von Cory Looser über die Deutschen in der
Schweiz interessiert?
Ich bin als Auftragsregisseur für die Produktion des
Spiegeltheaters dazu gekommen. Das Stück hat einen Fokus auf die
Deutschen in der Schweiz, aber es geht viel weiter: Es geht um die
Angst, die eigene Identität zu verlieren, um Abwehrreaktionen in
einer globalisierten Welt, um die Wahl: Mache ich auf, beseitige die
Grenzen und nehme die Menschen als Menschen? Oder ziehe ich die Grenzen
enger und schliesse alle aus, die mir nicht passen? Die
Deutsche-in-der-Schweiz-Diskussion ist nur der Aufhänger und der
Ausgangspunkt im Stück. Denn so virulent, wie es breitgetreten
wird, ist das Thema gar nicht.
Es ist ja auch schon etwas durchgekaut.
In der Tat. Auf der Bühne wird man sehen: Das Ensemble behandelt
das Thema zuerst im Comedy-Stil. Dann fragen sich die Protagonisten:
Wollen wir hier so weiterfahren und einen weiteren witzigen
Theaterabend veranstalten? Sollten wir uns nicht vielmehr
überlegen, was wirklich unsere Ängste und Bedürfnisse
sind?
Das Stück geht also tiefer?
Im Endeffekt geht es ums Eingemachte. Wir thematisieren heutige
Tendenzen in der Migrationsthematik und wohin das führt, wenn man
nicht wachsam bleibt. Das Stück ist Joseph Chiakwa gewidmet, der
bei der Zwangsausschaffung im Flughafen Zürich erstickt ist.
Kann Theater die Welt verändern?
Ein kleines Stück.
Woraus schliessen Sie das?
Wir haben das Stück bisher in Zürich und in Luzern gespielt.
In Zürich kam ein anderes Publikum als sonst, es kamen Leute, die
sonst nie in dieses Theater gehen. Das ist schon mal eine schöne
Veränderung im Kleinen. In Luzern waren die Reaktionen des
Publikums heftig. Wir zeigen im Stück die Szene einer
Zwangsausschaffung, die wir praktisch eins zu eins aus der
gängigen Praxis übernommen haben. Vielen Leute wurde erst
bewusst, wie nahe diese fast alltägliche Handlung an faschistoiden
Praktiken ist - und wie gross der Brocken ist, den man verdrängt.
Das ist eine Bewusstseinsveränderung, die zumindest eine kleine
Weltverändung bedeutet. Andere fanden, einer, dessen Volk sechs
Millionen Juden umgebracht hat, dürfe hier nicht faschistische
Tendenzen aufzeigen.
Wie erleben Sie als Deutscher die neue Schweizer Ablehnung gegen die
Deutschen?
Ich wurde in den elf Jahren, in denen ich bis jetzt in der Schweiz
gearbeitet habe, nie diskriminiert. Das liegt wohl auch an meiner
diesbezüglich luxuriösen Situation, dass ich mich in Kreisen
der Kulturproduktion bewege. Wir möchten in unserer Produktion dem
Klischee widersprechen, die Schweiz sei mononational. In unserem
Ensemble hat es Menschen aus vielen Nationen, kein schlechtes Abbild
für die Schweiz.
Die Halbwertszeit von politischen Stücken mit
Aktualitätsbezug ist kurz. Wie sieht es bei "Die neue Schweizer
Welle" aus?
Ich glaube, das Stück bleibt eine ganze Weile aktuell, es wird
auch an weiteren Orten aufgeführt werden. Es lässt sich auch
in andere Länder adaptieren, etwa nach Deutschland, weil es nicht
nur die Schweiz betrifft. Es ist ein grosses, wichtiges Thema, das man
nicht verdrängen sollte. Und: Das Stück ist eine ganze Weile
lang auch recht lustig!
Interview: Michael Feller
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Tojo Theater, Bern
Do., 31.5., und Fr., 1.6., 20.30 Uhr
www.tojo.ch
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Bund 31.5.12
Euro 12: Kein Public Viewing in Bern
Das Fussballfieber der Heim-EM 2008 scheint in der Stadt Bern
verflogen: Die Euro 2012 findet ohne grosses Public Viewing statt.
Martin Erdmann
Am 8. Juni fällt in Warschau der Anpfiff zum Eröffnungsspiel
der Euro 2012, doch dieser scheint in Bern auf taube Ohren zu stossen.
Noch an der letzten Europameisterschaft, als die Schweiz Gastgeberin
war, verwandelten sich Berns Strassen zu Festmeilen; wo sich 2008
Tausende Menschen versammelten, um gemeinsam die Spiele zu schauen,
wird dieses Jahr gähnende Leere herrschen. "Wir haben bis jetzt
kein Gesuch für ein Public Viewing erhalten", sagt Marc Heeb,
Leiter Orts- und Gewerbepolizei der Stadt Bern.
Kein Interesse ohne Schweiz
Wo liegt der Grund für Berns Fussballfrust? Heeb glaubt die
Antwort zu kennen: "Wir gehen davon aus, dass die Abwesenheit der
Schweiz an der EM eine grosse Rolle spielt." Fussball wird diesen
Sommer also nicht zum Massenanlass. Fans, die dennoch nicht ganz
vereinsamen wollen, können auf das Angebot verschiedener
Gastrobetriebe zählen. "Es ist in der Stadt Bern möglich,
dass man bei Aussenbestuhlung alle Spiele auf einem Bildschirm
übertragen darf", sagt Heeb. Dies geschehe zum Beispiel bei beiden
City-Beaches auf der Grossen Schanze. Mehr Handlungsbedarf sieht Heeb
nicht. "Wahrscheinlich genügt dieses Angebot, um die Nachfrage
abzudecken."
Reitschule zieht sich zurück
Die Reitschule wollte eigentlich mit einem Public Viewing samt
Rahmenprogramm auffahren, doch das geplante Fussballfest wurde nun
kurzfristig abgesagt. "Da eine der von Regierungsstatthalter Christoph
Lerch verfügten Verwaltungszwangsmassnahmen im Juni 2012 nicht nur
den Betrieb der Aussenbar, sondern sämtliche Veranstaltungen auf
dem Vorplatz verbietet, kann das Public Viewing nicht stattfinden",
lässt die Mediengruppe der Reitschule verlauten. Ob ein Public
Viewing in sehr reduzierter Form stattfindet oder ganz darauf
verzichtet wird, sei noch nicht entschieden.
Drei Standorte im Westside
Anders sieht die Situation im Westside aus. Gleich an drei Standorten
können die Spiele verfolgt werden. Ab dem Halbfinal werden die
Partien von Sportmoderator Albi Saner und Martin Weber, Captain der
YB-Meistermannschaft von 1986, kommentiert. Auch in Köniz
lässt man sich das Fussballfest nicht verderben. Im Kulturhof
Schloss Köniz werden sämtliche Spiele gezeigt. Die
Gruppenspiele werden im Schärmeruum übertragen, ab den
Achtelfinals geht es in den Schlosshof. Zudem werden eine
Street-Soccer-Anlage sowie Pingpongtische und Tischfussballkästen
bereitstehen. Burgdorf wird ebenfalls zur Fussballfestung. Die
Wirtschaft zum Schützenhaus punktet nicht nur mit selbst gebrautem
Bier, sondern auch mit einer eigenen Arena. Ein Zelt mit Platz für
250 Zuschauer soll für Stadionatmosphäre sorgen.
Auf dem Gurten werden derweil die Zuschauer zu Mitspielern: In
Nachbarschaft zu den schottischen Hochlandrindern reiht Highland Gurten
seine Gäste in einen menschlichen Töggelikasten ein. Auf
einem 170 Quadratmeter grossen Feld treten jeweils acht Personen
gegeneinander an. Neben Torwandschiessen, Fussballkegeln und einem
Hindernis-Parcours werden alle Spiele live übertragen.
Klein und fein
In kleinerem Rahmen wird im Lokal die Euro 2012 verfolgt. Das
Restaurant im Breitenrain verzichtet auf Grossleinwände und will
die EM als "familiären Insiderevent" bestreiten. Der Gastbetrieb
soll nicht zusätzlich erweitert werden. Daher ist der Platz auf
rund 30 Gäste limitiert.
Das YB-Fanlokal Halbzeit spannt mit dem Quartier-Bioladen Lola und dem
Bierexpress zusammen und bedient im Hof der Garage Serini an der
EM-Bar. In der Lorraine überträgt das Café Kairo wie
gewohnt alle Spiele der EM-Endrunde.
Wohl den kleinsten EM-Event bietet die eben erst eröffnete Zarbar
an der Pestalozzistrasse. Diese ist kaum grösser als ein
Wohnzimmer. Dennoch werden alle Spiele übertragen. Und auch im
Bierhübeli rollt das runde Leder täglich - auch ohne
Schweizer Beteiligung.
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derbund.ch 30.5.12
http://www.derbund.ch/bern/stadt/Die-Party-hallt-bis-aufs-nationale-Parkett-/story/19474954
Die Party hallt bis aufs nationale Parkett
Von Matthias Ryffel.
Der Verein Pro Nachtleben Bern begrüsst den Vorstoss der
Stadtberner Grünliberalen. Mit einer Motion im Nationalrat will
diese dem Kanton beim Lärmschutz mehr Spielraum schaffen - und
damit Wohnen und Nachtleben nebeneinander ermöglichen.
Die Stadtberner Grünliberale will die Diskussion ums Nachtleben
auf nationales Parkett befördern: In einer Medienmitteilung von
Mittwoch fordern die grünliberale Nationalrätin Kathrin
Bertschy und ihr Parteikollege und Stadtrat Claude Grosjean einen
nationalen Paradigmenwechsel beim Lärmschutz.
Flexible Toleranzwerte
Sie kündigen deshalb für die laufende Sommersession einen
Vorstoss im Nationalrat an. Man werde den Bundesrat beauftragen, dem
Parlament eine Änderung des Umweltschutzgesetzes zu unterbreiten,
"so dass in einer kantonalen Nutzungszone je nach Lärmquelle
unterschiedliche Toleranzwerte gelten können" - so der Wortlaut
der Motion.
Die heute festgeschriebenen Toleranzwerte bei den
Lärmschutzvorschriften sollen so flexibler handhabbar werden. In
Urbanzonen etwa soll höhere Toleranz gelten - dies allerdings nur
für nächtlichen Lärm, "verursacht durch Menschen sowie
Kultur- und Gastrobetriebe", nicht aber für Industrie- und
Verkehrslärm.
Geisterstädte
Die in der Stadt laufende Nachtlebens-Diskussion habe gezeigt, dass die
Lärmschutzverordnung des Bundes den Kantonen und Gemeinden kaum
Spielraum lasse: "Insbesondere während der Nachtzeit zwischen 22
und sieben Uhr schafft das Bundesrecht zurzeit für alle Wohnzonen
einen absoluten Anspruch auf Stille." Dies lasse sich mit der heutigen
Nutzung von Stadtzentren aber kaum vereinbaren. Bei konsequenter
Umsetzung werde "regelrechten Geisterstädten" Vorschub geleistet.
Die Grünliberalen fordern die Berner Gemeinderäte Alexander
Tschäppät (SP) und Regula Rytz (GB) auf, ihr Anliegen im
Nationalrat zu unterstützen: Der Gemeinderat habe in der
Vergangenheit darauf verwiesen, dass sein Spielraum durch das
Bundesrecht beschränkt sei. "Nun zeigt Kathrin Bertschy einen Weg
auf, diesen Spielraum zu vergrössern", so schreibt Stadtrat
Grosjean.
Verein Pro Nachtleben begrüsst Vorstoss
Der Verein Pro Nachtleben Bern zeigt sich in einer Mitteilung erfreut,
"dass die Diskussion auf Bundesebene angekommen ist". Man begrüsse
den Vorstoss. Denn auch in andern Städten wie etwa Zürich sei
ein Nebeneinander von Wohnen und Nachtleben nur durch "die extensive
Auslegung der heutigen gesetzlichen Grundlage, sowie einer gewissen
Ignoranz der Vollzugsbehörden gegenüber der
Ermittlungspflicht" überhaupt möglich. Mit der aktuellen
Gesetzgebung fehle den Betreibern jegliche Rechtssicherheit.
Die Lösung sehe auch der Verein Nachtleben nicht in der Schaffung
von Ausgehmeilen, wo Wohnen explizit verboten ist. Dies schaffe nur
zusätzliche Probleme. Vielmehr brauche es Zonen, wo trotz
Wohnnutzung nicht die gleichen Anforderungen an die Nachtruhe gestellt
werde, wie etwa auf dem Land.
Auch der Verein fordert die beiden Gemeinderäte mit
Nationalratsmandat deshalb zur Unterstützung des Vorstosses auf.
(DerBund.ch/Newsnet)
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bernerzeitung.ch 30.5.12
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Gruenliberale-fordern-neue-Laermschutzvorschriften/story/31201470
Grünliberale fordern neue Lärmschutzvorschriften
Die Stadtberner Grünliberalen fordern im Nationalrat neue
Lärmschutzvorschriften, die Wohnen und Nachtleben besser in
Einklang bringen können. Sie hoffen dabei auf die
Unterstützung von Alexander Tschäppät und Regula Rytz.
Das städtische Nachtleben sorgt momentan allen Orten für
Zündstoff, nun fordern die Stadtberner Grünliberalen im
Nationalrat Lärmschutzvorschriften für Stadtzentren, die
Wohnen und Nachtleben nebeneinander zulassen. Nationalrätin
Kathrin Bertschy setzt sich für dieses Anliegen ein und will zudem
keine Lockerung der geltenden Vorschriften bezüglich Verkehrs- und
Industrielärm.
Momentan besagt das Bundesrecht, dass in Wohnzonen zwischen 22 und 7
Uhr absolute Stille herrschen muss. Laut einer Mitteilung der
Grünliberalen ist diese Regelung mit der heutigen Nutzung der
Stadtzentren allerdings kaum einzuhalten. Weiter seien auch Zonen
lärmberuhigt, welche "ein belebtes Quartier gerade schätzen."
Für Betreiber von Kulturlokalen entstehe dadurch eine
Rechtsunsicherheit.
In der Sommersession des Nationalrates will Bertschy eine Motion
einreichen, dass in einer kantonalen Nutzungszone unterschiedliche
Toleranzwerte gelten können. Die Partei hofft auf die
Unterstützung von Alexander Tschäppät, Berner
Stadtpräsident und Nationalrat, sowie die von Regula Rytz,
Gemeinde- und Nationalrätin. (dln)
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Bund 30.5.12
Unter dem Viadukt steigt die Party
Auf dem Vorplatz der Reitschule soll es ruhig werden. Veranstalter
haben bereits ein Schlupfloch gefunden: Sie verlegen ihre Partys unter
den Bahndamm - und geniessen den Schutz der Anonymität.
Christoph Lenz
Die Ansage von Christoph Lerch (SP) war klar: Mit den Anfang Mai
verfügten Zwangsmassnahmen will der Regierungsstatthalter die
Gewalt- und Lärmprobleme rund um die Reitschule in den Griff
bekommen. Ob dies gelingt, ist indes fraglich. Nicht zuletzt, weil
verschiedene Veranstalter von illegalen Partys und Konzerten bereits
ein Schlupfloch gefunden haben, um die Zwangsmassnahmen zu umgehen. Sie
verschieben die Events um wenige Meter und entziehen sich so dem Arm
des Gesetzes.
Nachtlärm durch Hall verstärkt
Bis nach drei Uhr früh dauerten die Partys, die an den letzten
beiden Wochenenden gleich neben dem Vorplatz unter dem SBB-Bahnviadukt
stattfanden. Der Lärm, verstärkt durch den Hall-Effekt unter
der Brücke, war nicht nur in der Lorraine und im Altenbergquartier
zu hören, sondern sogar auf manchen Terrassen von
Postgasse-Liegenschaften deutlich wahrnehmbar. Wie viele
Lärmklagen an diesen zwei Wochenenden eingegangen sind, will weder
die Kantonspolizei noch das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland
sagen.
"Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass uns die Kantonspolizei noch
mehrere Reklamationen übermittelt", sagt aber Marc Heeb. Der
Leiter der Stadtberner Orts- und Gewerbepolizei ist über die
Partys unter dem Viadukt im Bild. Allerdings konnte die Orts- und
Gewerbepolizei keine Bussen aussprechen. Der Grund: Es war ihr nicht
möglich, die Verantwortlichen für den Lärm zu eruieren.
Dies ist unter dem SBB-Viadukt tendenziell schwieriger als auf dem
Vorplatz. Dort ist es nicht selten die Vorplatzbar, die gegen
Bewilligungspflichten verstösst. In diesen Fällen kann die
Reitschule haftbar gemacht werden. Bei den Partys unter dem SBB-Viadukt
spricht aber auch die Reitschule-Mediengruppe von "externen
Veranstaltungen", die Reitschule lehne jede Haftung ab. Die
Mediengruppe bestätigt aber, dass die Reitschule zwischen Polizei
und externen Veranstaltern vermittle. Die Reitschule übermittle
die Bitte um Lautstärkereduktion, sei aber damit oft "mässig
erfolgreich".
Im Schutz der Anonymität
"Wir versuchen zwar jeweils mit allen Mitteln ausfindig zu machen, wer
für die Nachtruhestörung verantwortlich ist", sagt Marc Heeb.
Manchmal gelinge dies, oft aber sei es ein anonymes Kollektiv, das die
Partys unter dem Viadukt organisiere. So auch am letzten Samstag:
"Geworben wurde unter Pseudonymen auf sozialen Netzwerken im Internet.
Die Veranstalter geniessen den Schutz der Anonymität und
können nicht belangt werden."
Heeb sieht noch keinen Trend
Obwohl nun an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden Partys unter dem
Viadukt stattfanden, will Heeb noch nicht von einem neuen Trend
sprechen. "Es gab auch in den letzten Jahren immer wieder Partys unter
dem Viadukt", gibt er zu bedenken.
Es würde aber kaum jemanden erstaunen, wenn die
Partytätigkeit unter dem Bahndamm mit der Schliessung der
Vorplatzbar ab 1. Juni noch intensiviert würde.
Und nicht nur dort: Die Mediengruppe der Reitschule richtete sich
gestern direkt an Veranstalter mit der Aufforderung, die Partyzone
auszudehnen: "Nachtbelebende Partys sind sicher eine Bereicherung
für das Quartier rund um die Schützenmatte. Als kreative
Abwechslung könnten aber eigentlich auch mal andere Stadtteile als
Standort ausgewählt werden."
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Tanzdemo 6500 Anmeldungen, 0 Bewilligungsgesuche
6500 Anmeldungen auf Facebook, diverse Soundmobile, Live-Auftritte von
Musikern - aber keine Bewilligung. So sehen am frühen
Dienstagabend die Fakten zur Tanzdemo aus, die Bern am 2. Juni seinem
"tristen grauen Alltag entreissen" will und darüber hinaus ein
"klares politisches Statement" gegen die Auswirkungen der aktuellen
Politik zu setzen gedenkt. Kurzum: Bern steht ein heisser Samstag bevor.
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) wollte gestern gegenüber dem
"Bund" keine Stellung zur Tanzdemo nehmen. Marc Heeb, Leiter der Orts-
und Gewerbepolizei, bestätigt lediglich: "Bis heute ist kein
Gesuch für eine Bewilligung der Demo eingegangen."
Derweil der Informationsfluss der Stadtverwaltung nur kärglich
fliesst, brodelt auf Facebook die Gerüchteküche. So sollen
die Berner Rapper Boys on Pills an der Tanzdemo einen Auftritt planen.
Auch das Festmacher-Kollektiv will mit einem eigenen Sound-Wagen an den
Start gehen. (len)
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BZ 30.5.12
Über 6500 wollen am Samstag tanzend protestieren
stadt bernFür den Protestanlass "Tanz dich Frei 2.0" liegt noch
keine Bewilligung vor. Die Stadt ist aber über die Route
informiert worden. Bisher wollen 6500 Personen teilnehmen.
Die anonymen Veranstalter rufen zu Grossem auf: "Lasst uns die
grösste Party feiern, die Bern je gesehen hat!", schreiben sie
über ihren Anlass "Tanz dich Frei 2.0" von kommendem Samstag. Um
20 Uhr soll vom Vorplatz der Reitschule aus mit einer Tanzdemo gegen
Verbote und Einschränkungen im öffentlichen Raum protestiert
werden. Der Anlass soll ein "klares politisches Statement an Stadt und
Staat" sein, wie die Organisatoren schreiben (wir berichteten). Laut
Rückmeldungen über soziale Medien könnte der Anlass zu
einer Mini-Street-Parade werden - mit breiterem musikalischen Angebot.
Die Berner Partyveranstalter Festmacher etwa versprechen eine
Soundanlage, welche "die Stadtmauern erschüttern lässt". Die
Berner Rapszene will mit einem eigenen Wagen dabei sein. Dazu ist die
Rede von einem Punkwagen, einem Minimal-Electro-Wagen, einem
Technowagen, und, und, und …
Bereits E-Mail-Kontakt
Es gibt einen grossen Unterschied zu ähnlichen Partyumzügen.
Bisher liegt für "Tanz dich Frei 2.0" keine Bewilligung vor - auch
kein Gesuch für eine Bewilligung, wie Marc Heeb, Leiter der
städtischen Orts- und Gewerbepolizei, sagt. In ihren Aufrufen
schreiben die Veranstalter, dass sie darauf verzichten wollen, eine
Bewilligung der Behörden einzuholen, weil sie genau gegen diese
protestieren wollen. Immerhin ist es bereits zu einem E-Mail-Kontakt
zwischen Veranstaltern und Gewerbepolizei gekommen. "In diesem E-Mail
haben die Veranstalter über die Route des Umzugs informiert", sagt
Heeb. Sie soll durch die Innenstadt führen. Heeb schrieb
zurück, dass die Stadt dialogbereit sei. "Wir möchten mit den
Veranstaltern einfach Rahmenbedingungen wie zum Thema Abfall festlegen
und Kontakt zu einer verantwortlichen Person haben. Dann kann eine
Bewilligung erstellt werden", sagt Marc Heeb. Bei vergleichbaren
Anlässen sei dies der Fall gewesen, sagt Heeb und erwähnt
"Dance out Moneymania". Hier hätten die Veranstalter selber Abfall
eingesammelt. Heeb wartet nun ab, ob "Tanz dich Frei 2.0" den Dialog
aufnimmt. Die gleiche Haltung hat auch Berns Sicherheitsdirektor Reto
Nause (CVP).
6500 wollen kommen
Bereits in der Nacht auf den 12. Mai war es zu einem grossen
nächtlichen Umzug durch Bern gekommen. Gegen 3000 Personen
protestieren damals friedlich gegen die verschärften Bewilligungen
der Reitschule-Gastrobetriebe. Für "Tanz dich Frei 2.0" haben auf
Facebook 6500 Personen ihr Kommen angekündigt. Wieder gibt es
einen Bezug zur Reitschule. An jenem Abend muss die Vorplatz-Bar
gemäss den Auflagen des Statthalters geschlossen bleiben. Die
Reitschule hat bekannt gegeben, dass an jenem Abend sämtliche
Betriebe geschlossen bleiben. Wolf Röcken
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20 Minuten 30.5.12
Strassenparty: Politiker befürchten Ausschreitungen
BERN. Für die Nachtdemo vom Samstag werden bis zu 10 000
Demonstranten erwartet. Politiker sind alarmiert.
Mit der "Tanz dich frei 2.0" vom Samstag steht in Bern die nächste
unbewilligte Strassenparty an. Gegen 7000 Personen haben auf Facebook
ihre Teilnahme angekündigt. Thomas Berger, FDP-Politiker und "Pro
Nachtleben Bern"-Präsident, erwartet bis zu 10 000 Leute.
Im Vergleich zur Kundgebung in der Nacht auf den 12. Mai wird diesmal
per Facebook über die Stadtgrenzen hinaus mobilisiert. Deshalb
wächst die Furcht, dass es ausarten könnte. Berger etwa
erwartet Krawall-Touristen und warnt: "Es braucht nur wenige Idioten,
die randalieren, dann ist die ganze Bewegung gefährdet." Er
fordert von den Demonstranten: "Seid laut und feiert. Schaut aber, dass
nichts geschieht, was unsere Anliegen gefährden könnte."
Die Reitschule solidarisiert sich mit den Organisatoren und
relativiert: "Die Bürgerlichen versuchen, Panik zu schüren",
so die Mediengruppe. Es bestehe keine reale Bedrohung. Terry Loosli von
der partynahen Gruppierung "Figg Di Frou Müller" glaubt ebenfalls
an eine friedliche Nacht und betont: "Zentral für einen ruhigen
Ablauf ist die Zurückhaltung der Polizei." Das habe man Mitte Mai
gesehen, als sie sich "sehr weise verhalten" habe.
Die Kapo indes lässt sich nicht in die Karten schauen, und beim
Polizeiinspektorat ist noch kein Gesuch eingegangen. "Man hat uns
einzig über die Umzugsroute informiert", sagt Leiter Marc Heeb.
"Tanz dich frei 2.0" war nicht erreichbar. Adrian müller/peDro
Codes
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BZ 29.5.12
Japanischer Musiktrend hat auch hier schrille Fans
"Musik und Globalisierung". Oliver Seibt ist Musikethnologe. Er forscht
zur japanischen Musikrichtung Visual Kei, die auch in Europa eine treue
und auffällige Fangemeinde hat. Seibt ist zu Gast an den
Thementagen "Musik und Globalisierung".
Herr Seibt, was verrät die japanische Musikrichtung Visual Kei
über das Phänomen "Musik und Globalisierung"?
Oliver Seibt: Bis in die Mitte der 1990er-Jahre liefen die
populärmusikalischen Flüsse meist von den USA oder Europa
nach Japan. Seit ungefähr 15 Jahren gibt es auch die umgekehrte
Richtung: Visual Kei ist die erste japanische Musikrichtung, die
mittlerweile auf fast allen Kontinenten gehört wird. Eine
Entwicklung, die es ohne das Internet so sicher nicht gegeben
hätte.
Was ist Visual Kei?
Visual Kei wird durch einen spezifischen Aufführungskontext
bestimmt. Die aufwendig kostümierten und geschminkten Musiker sind
meist recht feminin wirkende Männer, während die Fans fast
ausschliesslich Frauen zwischen 15 und 25 sind.
Sie forschen auch zu den deutschen Fans. Wie treten sie auf?
Die "Visus" sind eine jugendliche Subkultur im deutschsprachigen Raum.
Manche sparen das ganze Jahr, um die Konzerte ihrer japanischen
Lieblingsbands in Japan mitzuerleben. In meiner Forschung geht es um
die Frage, was sie dazu motiviert.
Gibt es Fangemeinden in Japan?
In Japan gibt es die "Visus" nicht. Die grösste identifikatorische
Einheit dort sind die Bangyaru ("Bandgirls"), die Fans einer bestimmten
Visual-Kei-Band. Sobald sie die Bühne betritt, vollziehen die
Bangyaru ein höchst durchorganisiertes Ritual. Es gibt für
jeden Song eine vorgeschriebene Choreografie, die von den
ranghöchsten Fans entwickelt wird. Auch die begehrten
Publikumsplätze vor der Bühne werden vor dem Auftritt genau
verteilt.
Wie fügen sich die europäischen Fantouristen da ein?
Soweit ich das beurteilen kann, ist das Verhältnis zwischen
japanischen und westlichen Fans mitunter angespannt. Die Bangyaru
konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Musiker - wenn da westliche Fans
optisch aus der Menge der Japaner herausstechen, ist das nicht so gerne
gesehen.
Warum setzen sich die westlichen Fans diesem Konkurrenzkampf aus?
Da Visual Kei aus Japan kommt, können sich die jungen Frauen vom
europäischen Mainstream abgrenzen. Gleichzeitig können sie
etwas tun, um in einer Hierarchie aufzusteigen: nach Japan reisen,
Choreografien lernen oder sogar Japanisch studieren, um im Internet das
Neueste über ihre Lieblingsbands zu erfahren.
Wird Ihre Feldforschung dadurch beeinflusst, dass Sie nicht Japaner
sind?
Im Prinzip ist das ein grosser Vorteil, denn im Konkurrenzkampf unter
den Fans spiele ich von vornherein keine Rolle. Meine Informantinnen
waren daher meistens sehr offen. Einer weiblichen Forscherin
hätten sie eventuell weniger erzählt.
Interview: Theresa Beyer
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Thementage
Von heute Dienstag bis am Donnerstag treffen sich Wissenschaftler,
Journalisten und Musiker im Berner Kulturzentrum Progr und in der Roten
Fabrik Zürich. Sie diskutieren unter anderem die Frage: Wie wird
Musik in einer digitalisierten und globalisierten Welt produziert und
vertrieben?bey
Programm: 29. 5. Kino der Reitschule, 20.30 Film und Diskussion: Kings
of the Gambia. 30. 5. Turnhalle Progr, 20.30 Konzert mit Nilsa.
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kulturstattbern.derbund.ch 28.5.12
Kulturbeutel 22/12
Von Benedikt Sartorius am Montag, den 28. Mai 2012, um 06:14 Uhr
Herr Sartorius empfiehlt:
Sie ist da, die sehnlichst erwartete Woche der Bad Bonn Kilbi, die mit
dem traumhaften, noch nicht ausverkauften Donnerstagabend und den
Konzerten von u.a. Beach House, Lower Dens und Oneothrix Point Never
lanciert wird. Man sollte hingehen. Und damit nach der Kilbi nicht zu
sehr der Affe zuschlägt, besucht man am Sonntagabend gleich auch
noch den
Dachstock,
wo mit
Shit
& Shine eine Noise-Free-Rock programmiert ist.
(...)