MEDIENSPIEGEL 25. JUNI - 1. JULI 2012

Bund 29.6.12

Medien unerwünscht am runden Tisch

Der runde Tisch zum Stadtberner Nachtleben soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Auf Betreiben verschiedener Stadtratsfraktionen und Vereine hat die Stadt Bern gestern die Medien ausgeladen. Am 20. Juni hatte die Stadt eine Einladung an Medienschaffende verschickt und ihnen die Möglichkeit geboten, die Gespräche mitzuverfolgen.

"Verzicht auf Transparenz"

Die Fraktionen GFL/EVP, SVP plus, GLP und BDP/CVP und die Vereine Bekult, Pro Nachtleben, Petzi und Buck äusserten nun Bedenken, dass die Diskussionen dadurch zur Show vor Publikum verkommen könnten. Sie plädierten deshalb für eine vertrauliche Runde, in der Kompromisse gefunden werden könnten. In einem Brief an die Medien bedauert der Gemeinderat diesen "Verzicht auf Transparenz". Um ein möglichst breites Meinungsspektrum am runden Tisch zu versammeln und den sachlichen Austausch nicht zu gefährden, entspreche er aber dem Wunsch der Fraktionen und Vereine. Im Anschluss an das Treffen vom kommenden Montag soll auch keine Medienmitteilung verschickt werden. (sda/len)

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BZ 29.6.12

Runder Tisch ohne Medien

Nachtleben · Die Medien werden am runden Tisch zum Berner Nachtleben nicht mit dabei sein. Auf Wunsch der Nachtlebenlobby wurden sie wieder ausgeladen.

Um Transparenz zu schaffen, hatte der Berner Gemeinderat die Medien an den runden Tisch zum Berner Nachtleben eingeladen. Jetzt wurden die Journalisten aber wieder ausgeladen. "Wir wollten verhindern, dass der runde Tisch boykottiert wird", sagt Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP). Acht Stadtratsfraktionen oder Vereine befürchten nämlich, dass der runde Tisch im Beisein der Medien zu einer "veritablen ‹Arena›" ausarten könnte. Kompromisse liessen sich auf diese Weise nicht finden, meinen sie. Der Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) wollte die Medien am runden Tisch eigentlich dabeihaben. "Es ging uns darum, dass sich die Medien aus erster Hand ein Bild machen können", sagt Tschäppät. Ziel der Stadt ist es, am runden Tisch möglichst viele Anspruchsgruppen anzuhören. So könnten die unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen an das Berner Nachtleben breit diskutiert werden. Zu diesem Zweck werden sich am Montag 24 verschiedene Parteien, Politiker und Interessengruppen einfinden. Darunter zum Beispiel die Stadtratsfraktionen, die Altstadtleiste, Pro Nachtleben oder Gastrobern.rah Seite 2

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Nachtleben-Lobby sperrt die Medien aus

Runder Tisch. Am Montag findet der erste runde Tisch zum Berner Nachtleben statt - unter Ausschluss der Medien. Der Berner Gemeinderat hatte die Medien eingeladen, nun wurden sie auf Wunsch der Nachtlebenlobby wieder ausgeladen.

Der runde Tisch zum Berner Nachtleben findet ohne Medien statt. Dies auf Wunsch mehrerer Stadtratsfraktionen und Vereine (siehe Ausschnitt des Briefes unten). Sie befürchten, dass im Beisein der Medien kein Kompromiss gefunden werden kann. Die Stadt hat reagiert und die Medien - die bereits zu diesem Anlass eingeladen worden waren - wieder ausgeladen. Ziel der Stadt sei es, am runden Tisch möglichst viele Anspruchsgruppen anzuhören, heisst es in einer Medienmitteilung. So könnten die Anforderungen und Erwartungen an das Berner Nachtleben möglichst breit diskutiert werden. Dazu werden sich am kommenden Montag im Zentrum Paul Klee 24 verschiedene Parteien, Politiker und Interessengruppen einfinden. Darunter zum Beispiel die Stadtratsfraktionen, die Altstadtleiste, Pro Nachtleben oder Gastro Bern. Geleitet wird der runde Tisch von "Arena"-Moderator Urs Wiedmer.

Erschwerter Dialog

Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) wollte die Medien am runden Tisch dabeihaben. "Es ging darum, dass sich die Medien aus erster Hand ein Bild machen können", sagt Tschäppät. Wenn so viele Leute beteiligt seien, sei es sehr schwierig, im Nachhinein innert nützlicher Frist ein Mediencommuniqué zu verfassen, mit dem alle einverstanden seien. Und: "Wenn so viele Leute am Tisch beteiligt sind, bleiben die Gesprächsinhalte sowieso nicht geheim." Der Gemeinderat hat die Medien wieder ausgeladen, damit der runde Tisch dennoch stattfinden kann. "Wir wollten verhindern, dass der runde Tisch boykottiert wird." Wenn die Diskussion um das Nachtleben vor den Medien ausgetragen werde, dann würden sich dadurch die Fronten verhärten. Das sagt GLP-Gemeinderatskandidat Claude Grosjean. "Die Diskussion vor den Medien ist nicht zielführend." Auch Thomas Berger, Präsident von Pro Nachtleben und Stadtratskandidat der Jungfreisinnigen, kann der Anwesenheit der Medien kaum Positives abgewinnen. "Unter Ausschluss der Medien ist es eher möglich, dass ein konstruktiver Dialog zustande kommt."

Runder Tisch: "Eine Farce"

In den letzten Monaten haben gerade die Kämpfer für mehr Nachtleben gezielt die Öffentlichkeit gesucht. Haben sie dadurch ebenso die Fronten verhärtet? "Wir haben versucht, die Öffentlichkeit für unser Anliegen zu sensibilisieren", erklärt Grosjean. "In der Stadt Bern kann eine Einzelperson erwirken, dass ein Club schliessen muss." Nirgendwo würde das Gesetz so streng ausgelegt wie hier. "Es liegen Welten zwischen der Gesetzesauslegung im Zürcher Niederdorf und in der Berner Altstadt." Auch wenn die Idee des runden Tischs zu Beginn auf offene Ohren stiess, so wird jetzt Kritik laut. "Das ganze ist eine Farce", sagt Claude Grosjean. Der GLP-Gemeinderatskandidat sieht im runden Tisch einen Etikettenschwindel. "Unter einem runden Tisch verstehe ich, dass man sich hinter verschlossenen Türen beraten kann." Thomas Berger sieht hinter dem runden Tisch, so wie er jetzt einberufen wurde, eine inszenierte Show des Stadtpräsidenten. "Am Schluss wird es darauf hinauslaufen, dass es viele verschiedene Interessen gibt und die Stadt nicht handeln muss." Auf ein Nachtlebenkonzept, das ja eigentlich Ziel des runden Tischs sei, warte man so vergebens. "Uns wird seit Februar versprochen, dass die Stadt ein Nachtlebenkonzept ausarbeiten wird." De facto sei die Stadt aber noch nirgends. Berger sagt: "Kein Gemeinderat, der sich wählen lassen will, wird vor den Wahlen im November ein Nachtlebenkonzept präsentieren." Grosjean haut in dieselbe Kerbe: "Wenn Tschäppät sagt, dass es nicht so einfach ist, eine Lösung zu finden, dann meint er damit, dass er nichts machen will." Der Stadtpräsident entgegnet: "Ich habe gesagt, dass wir nach den Sommerferien ein Nachtlebenkonzept präsentieren werden. Und das werden wir auch tun."

"Falsche Anordnung"

Die Befürworter des Nachtlebens hätten sich eine andere Anordnung des runden Tisches gewünscht. "Es wäre besser gewesen, man hätte drei Blöcke gebildet. Die Befürworter, die Gegner und die Politik", sagt Thomas Berger. Wenn diese Blöcke mit einer Stimme hätten sprechen können, wäre es einfacher gewesen, am runden Tisch zu einer Lösung zum kommen, so Berger. Alexander Tschäppät glaubt nach wie vor an den runden Tisch. "Ich hoffe, dass wir nicht nur mit Forderungen konfrontiert werden, sondern dass wir auch konstruktive Lösungsvorschläge hören werden."

Ralph Heiniger

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BZ Kommentar

Unglaubwürdiger Rückzug

Wer Transparenz verhindern will, hat etwas zu verbergen. Vor was nur fürchten sich die Fraktionen und Vereine, welche den Ausschluss der Medien wollen? Die Fürsprecher des Berner Nachtlebens machen sich auf einmal Sorgen, dass die Anwesenheit von Journalisten am runden Tisch die Fronten verhärten könnte. Das ist unglaubwürdig. Denn in den letzten Monaten hat die Pro-Nachtleben-Lobby mit aller Macht Öffentlichkeit gesucht, als es darum ging, ihre Forderungen zu platzieren. Doch jetzt, wo es darum geht, Lösungen zu finden, scheuen sie auf einmal die Medien. Es ist ungewöhnlich, dass Medien an einen runden Tisch eingeladen werden. Eine Aussprache hinter verschlossenen Türen tut manchmal gut. Allerdings werden Journalisten so oder so über den runden Tisch berichten. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Transparenzverhinderer nichts zu einer Lösung beizutragen haben. Was am runden Tisch vor sich geht, bleibt im Dunkeln. Die Öffentlichkeit wird nur über gezielt gestreute Indiskretionen von gut vernetzten Interessenvertretern informiert.

Schon jetzt werden die Anordnung und das Personal des runden Tischs kritisiert. Das verheisst nichts Gutes. Wer den runden Tisch prophylaktisch denunziert, von einer Farce oder von einer Show spricht, der kann auch getrost zu Hause bleiben.

Mail: ralph.heiniger@bernerzeitung.ch

Diskussion: blog.bernerzeitung.ch/ leserblog

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20 Minuten 29.6.12

Nachtleben: Zoff vor dem runden Tisch

BERN. Der runde Tisch am Montag sollte die Wogen zwischen Clubbetreibern und Stadt glätten. Doch die Fronten sind verhärtet.

Drei Tage vor der grossen Aussprache zwischen Stadtbehörden, Parteien und Clubbetreibern zum Thema Nachtleben stehen die Segel auf Sturm. Der runde Tisch am Montag sollte eigentlich Klarheit ins konfliktbeladene Thema Nachtlebenkonzept bringen. Nun hat sich die Stadt gemäss Mitteparteien und Vereinen zu weit aus dem Fenster gelehnt, indem sie die Medien zum runden Tisch eingeladen hat: "Darunter verstehe ich etwas anderes", so GLP-Stadtrat Claude Grosjean. Kompromisse liessen sich nur finden, wenn alle von ihren Positionen abweichen könnten - und dies setze eine vertrauliche Runde voraus. "Es geht Herrn Tschäppät nur darum, seine Einstellung zur Sache zu unterstreichen - nämlich dass es zu viele Interessen gibt und kein Handlungsbedarf besteht", so Grosjean weiter. Ausserdem gleiche der von Urs Wiedmer ("Arena") moderierte Anlass eher einer Podiumsdiskussion.

Stapi Alexander Tschäppät sieht das anders: "Es sollen 25 Organisationen mit je zwei Vertretern zur Sprache kommen, da kann nicht im kleinen Kreise diskutiert werden." Grosjeans Vorwürfe, er missbrauche die Veranstaltung als Bühne, könne er nicht ernst nehmen. Trotzdem: Der Gemeinderat lud die Medien gestern wieder aus. Auch im Anschluss will Tschäppät die Öffentlichkeit nicht informieren: "Bei dieser Meinungsvielfalt wäre ein Communiqué sinnlos. Jede Vereinigung soll selbst informieren." jun/SAH

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BZ 29.6.12

Jugendschutz galt auch bei "Tanz dich frei"

Stadtrat · Im Rahmen des Möglichen sei auch an der Grossparty "Tanz dich frei" der Jugendschutz eingehalten worden, betont Sicherheitsdirektor Reto Nause.

"Tanz dich frei, beim Saufen bin ich auch dabei." Mit diesem Reim deponierte SVP-Stadtrat Roland Jakob im Parlament Fragen zum Thema Grossparty vom 2. Juni und Alkoholkonsum. Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) betonte, dass in Bern die Jugendschutzbestimmungen auch für illegale Partys gelten. So weit als möglich seien die Kontrollen auch an der Veranstaltung "Tanz dich frei" durchgeführt worden. Doch ein Grossteil der Partygänger habe die alkoholischen Getränke nicht am Anlass gekauft, sondern mitgebracht.

"Tanz dich frei" sei bezüglich Alkoholkonsum bei Jugendlichen nicht bedenklicher gewesen als die meisten anderen Wochenenden, betonte Nause. Nicht weiter ging er auf Jakobs Frage ein, ob der Gemeinderat bereit wäre, bis Ende Jahr bei öffentlichen Auftritten auf den Genuss von Alkohol zu verzichten und damit quasi als gutes Beispiel für die Jugend zu dienen. mm

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BZ 28.6.12

Sehnsuchtsblumen

In "Les fleurs du désir" setzen sich 17 geistig behinderte Darsteller in musikalisch untermalten Szenen mit dem Thema Sehnsucht auseinander.pd

Vorstellung: Fr, 29. Juni, 20.30 Uhr, Tojo-Theater Bern. www.tojo.ch

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Hotelrevue 28.6.12

Lokal- und Clubbetreiber gründen Gemeinschaft

Betreiber von Bars, Clubs, Kultur- und Gastronomielokalen in Bern haben eine Interessengemeinschaft gegründet. Die Bar und Club Kommission Bern (BuCK) strebt "hauptstadtwürdige Rahmenbedingungen für ein vielfältiges und lebendiges Berner Kultur- und Nachtleben an. In der aktuellen Diskussion um das Nachtleben laufe es auf die Frage hinaus, wie mit den Interessenkonflikten umzugehen sei, schreibt die BuCK in einer Medienmitteilung. Auf der einen Seite die Veranstalter und das ­Publikum, auf der anderen ruhebedürftige Nachbarn.dst


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kulturagenda.be 28.6.12

Klartext mit Terry Loosli über die neue Bar- und Clubkommission BuCK

Berner Bars und Clubs vom Kapitel bei der Schützenmatte bis zur Mahogany Hall am Klösterlistutz haben die Bar und Clubkommission gegründet, kurz BuCK. Mediensprecher Terry Loosli beantwortet unsere Fragen zum Sinn und Zweck des neuen Vereins.

Aus Sicht der Clubbesitzer stimmt im Berner Nachtleben einiges nicht - darum haben sie die BuCK gegründet. Es gibt doch mit Bekult bereits eine Lobbyorganisation.

Wir sind mehr als ein Lobbyverein. Und unsere Aufgabe soll weiter gehen als die Forderung nach einem Konzept fürs Nachtleben und Rechtssicherheit für die Club- und Barbetreiber.

Nämlich?

Wir wollen uns gegenseitig unter die Arme greifen. Innerhalb eines Jahres wollen wir ein Kompetenzzentrum aufbauen. Besonders Einsteigerinnen und Einsteiger, die einen Club eröffnen wollen, sollen dadurch Hilfe erhalten. Der Umgang mit der Lärmschutzverordnung wird ein Thema sein. Aber auch bei Gebäudeversicherungen, Notausgängen et cetera können erfahrene Betreiber Know-how weitergeben.

An die Konkurrenz? Irgendwo hört doch die Nächstenliebe auf.

Fast so schlecht wie keine Konkurrenz ist eine inkompetente Konkurrenz. Wir streben hohe Standards an - in Themen wie Umgang mit Anwohnerinnen und Anwohnern, mit Lärm und Littering. Betriebe, die hier unsere Anforderungen nicht erfüllen, wollen wir nicht unterstützen.

Wie finanzieren Sie sich?

Ein grosser Teil der Arbeit wird ehrenamtlich verrichtet. Die Mitglieder zahlen Beiträge. Wir planen darüber hinaus eine Berner Clubnacht, deren Gewinn an die BuCK geht. Wir werden auch Geld von der Wirtschaft annehmen, nicht jedoch von Parteien. Wir wollen politisch unabhängig sein.

Ist die Gründung der BuCK eine Reaktion auf die Tanzdemo "Tanz dich frei"?

Unsere Vorbereitungen laufen bereits seit einem halben Jahr. Wir haben uns genau überlegt, was wir wollen. Dass unsere Vereinsgründung jetzt eine so hohe Aktualität hat, ist eher ein Zufall.

Sie fordern laut Medienmitteilung "hauptstadtwürdige Rahmenbedingungen" für das Berner Nachtleben. Was meinen Sie damit?

Die Stadt muss sich fragen: Was will Bern sein? Wir finden, Bern sollte nicht nur Regierungs- und Beamtenstadt sein, sie sollte auch eine angemessene Kultur haben - und dazu gehört das Bar- und Clubleben. In diesem Zusammenhang ist es absurd, dass der Kanton über das Gastgewerbegesetz bestimmt. Die Stadt muss das Zepter selbst in die Hand nehmen.

Die Stadt hat Sie zu einem runden Tisch zum Berner Nachtleben eingeladen. Was erhoffen Sie sich davon?

Zuerst wird es darum gehen, eine Bestandesaufnahme durch die vielen Beteiligten zu machen; 32 Personen sind eingeladen. Daraus könnte sich eine Kerngruppe herausbilden, die beim Nachtlebenkonzept mitwirkt.

Interview: Michael Feller