MEDIENSPIEGEL
27. AUGUST - 02. SEPTEMBER 2012
BZ 1.9.12
Die Altstadt als Nachtleben-Zone?
Thomas Berger. Vor einem Jahr wurde die Petition Pro Nachtleben Bern
lanciert. Es war der Startschuss für eine Debatte um Ruhe, Ordnung
Freiheit und Feiern. Der Präsident des Vereins Pro Nachtleben
Bern, der jungfreisinnige Thomas Berger, sieht noch einen langen Weg
vor sich.
Herr Berger, was zeichnet gutes Nachleben für Sie aus?
Thomas Berger: Die Vielfältigkeit. Ein gutes Nachtleben beinhaltet
verschiedene Facetten und gibt den Menschen die Möglichkeit, ihren
Ausgang so zu geniessen, wie sie es gerne möchten. Dazu
gehören kommerzielle und nicht kommerzielle Angebote.
Flatrate-Saufen gehört für mich nicht dazu.
Wie oft geniessen Sie selbst das Nachtleben?
Ich bin eigentlich nicht der Hardcore-Clubber, der freitags und
samstags irgendwo an einer Party ist.
Warum setzen Sie sich dann seit einem Jahr dafür ein?
Am Anfang habe ich gedacht, dass es doch einfach sein muss, eine
Lösung zu finden. Das war ein Irrtum. Unsere Arbeit war
zwischenzeitlich etwas ernüchternd. Es gibt in der Schweiz
Bundesrecht, kantonales Recht und Gemeinderecht. Das macht es sehr
komplex und gibt den Akteuren immer wieder Gelegenheiten, sich
hintereinander zu verstecken. Man braucht viel Ausdauer, um hier etwas
zu erreichen.
Wo liegen die Missstände im Berner Nachtleben?
In Bern ist es eine Glücksfrage, ob man einen Club
weiterführen kann oder nicht. Es besteht immer die Gefahr, dass
plötzlich ein Nachbar einzieht und sich gestört fühlt.
Die Gegenspieler des Berner Nachtlebens sind nicht etwa die
Behörden, sondern es sind die wenigen renitenten Anwohner.
Sie sprechen vom Sous Soul?
Das Sous Soul war ein solcher Fall. Über eineinhalb Jahre gab es
dort immer wieder neue Auflagen und neue Investitionen, die der Club
für den Lärmschutz tätigen musste. Irgendwann ging dem
Sous Soul dann die Luft aus. Es gibt aber auch andere Beispiele, in
denen jemand in das Zentrum der Stadt Bern zog und dann meinte, er
müsse absolute Ruhe haben.
Zurzeit steht die Schaffung einer sogenannten Zone für urbanes
Wohnen zur Debatte. Wie soll diese Zone aussehen?
Wir wünschen uns, dass man eine solche Zone definiert, damit kein
Einzelner einen Club wegklagen kann. Es braucht Auflagen für die
Clubs. Lärmschutzauflagen, Sicherheitsauflagen,
Brandschutzauflagen. Aber wer diese Auflagen einhält, der soll
existieren dürfen. Dann sollen ihn die Behörden in Ruhe
lassen.
Erfüllen die Berner Clubs diese Auflagen?
Es gibt nur sehr wenige schwarze Schafe. Aber die vertreten weder wir
noch die Vereine Bekult oder Buck. Wenn man aber entsprechende Auflagen
ausarbeiten würde, dann hätte man ein Instrument, um einen
Club, der sich nicht an die Regeln hält, rasch zu schliessen. Ein
solches Instrument gibt es zurzeit nicht.
Ist die Reitschule eines dieser schwarzen Schafe?
Nein. Nicht was das Nachtleben anbelangt und nicht was die Kultur
anbelangt. Aus meiner Sicht muss sich die Reitschule entscheiden: Wenn
sie autonom sein will, dann soll sie die 260 000 Franken Miete selber
bezahlen. Wenn sie einen Leistungsvertrag mit der Stadt hat, dann ist
es klar, dass sie Auflagen erfüllen muss.
Wird uns das Nachtlebenkonzept, welches die Stadt demnächst
vorlegen will, weiterbringen?
Am ersten runden Tisch wurde uns versprochen, das Konzept komme nach
den Herbstferien. Und es wurde vereinbart, dass ein zweiter runder
Tisch noch vor den Wahlen durchgeführt wird. Was im Konzept steht
und wie gut die Anwohner und wir damit leben können, das werden
wir sehen. Es ist jedenfalls sehr gut, dass sich alle Beteiligten
zusammengesetzt haben, um nach einem Konsens zu suchen.
Wo können Sie zugunsten eines Konsens Abstriche machen?
Wir werden - im Sinne eines Konsens - nicht versuchen, das Nachtleben
in Quartiere hinauszutragen, die heute noch kein Nachtleben haben. Das
einzig Realistische ist für mich eine Zone für Nachtleben in
der Altstadt.
Sie müssten ja eigentlich nicht auf das Konzept warten. Warum
lancieren Sie keine Initiative?
Wir haben eine Petition lanciert und dafür 10 700 Unterschriften
gesammelt. Da stecken Hunderte von Arbeitsstunden dahinter. Wir haben
immer gesagt, dass eine Initiative unser letztes Mittel ist. Wir
wissen, dass eine Initiative sehr anstrengend ist, sehr viel kostet,
und wir müssen auch zugeben: Wir wissen nicht, ob wir an der Urne
gewinnen würden.
Ihr Amt als Präsident des Vereins Pro Nachtleben Bern brachte
Ihnen nationale Bekanntheit. Wie gehen Sie damit um?
Eigentlich haben wir am Anfang ja nur die Petition lanciert. Damit
wollten wir zeigen, dass es Missstände gibt. Plötzlich haben
wir gemerkt, wenn wir jetzt weitermachen, haben wir wirklich die
Chance, etwas zu schaffen.
Stehen Sie gern im Rampenlicht?
Jeder Jungpolitiker lügt, wenn er behauptet, er würde keine
Aufmerksamkeit suchen. Aber es ist falsch, mir vorzuwerfen, dass ich
mich nur deswegen engagiere. Ich ziehe mich nicht nackt aus, und ich
zünde mir keinen Joint an. Ich habe immer probiert,
lösungsorientiert, sachlich und über die Parteigrenzen hinweg
mit Leuten zusammenzuarbeiten.
Interview: Ralph Heiniger
-
SP-Podium
Wie aber soll es weitergehen mit dem Nachtleben in der Stadt Bern?
Dieser Frage ging die SP Stadt Bern gestern Abend in einer
Podiumsdiskussion nach. Unter der Leitung von "Bund"-Redaktor Christoph
Lenz diskutierten unter anderen Stadtpräsident Alexander
Tschäppät, Sven Gubler als Vertreter der vereinigten
Altstadtleiste und Flo Eichenberger von der Bar- und Clubkommission
(Buck). Besprochen wurden die Probleme der Clubbetreiber und der
Anwohner und mögliche Lösungen. Sven Gubler betonte, dass die
Mehrheit der Altstadtbewohner gegenüber dem Nachtleben sehr
tolerant sei. "Aber es gibt Grenzen." Angesprochen auf einige
Lösungsvorschläge, meinte Alexander Tschäppät: "In
der Theorie gibt es viele tolle Forderungen. In der Praxis muss man
aber Mehrheiten finden und Abstimmungen gewinnen."
Pro-Nachtleben-Präsident Thomas Berger wohnte der Diskussion im
Publikum bei.rah
---
20min.ch 31.8.12
Das letzte Abendmahl : Endstation "mit alles, ohni scharf"
Kühlschrank leer? Wir sagen dir, wo du nach dem Ausgang noch was
zu essen findest. In Zürich, Bern, Basel, Luzern und St. Gallen.
Anne-Sophie Keller
(...)
Bern
Pronto Kebab, Aarbergergasse 26:
Vis-à-vis vom Club Bonsoir gibts am Freitag- und Samstagabend
bis halb vier mit oder ohne scharf.
Reitschule:
Das wohl umstrittenste Kultur-Areal der Schweiz kümmert sich um
seine Gäste: Im Restaurant Sous le Pont kriegt man von Schnitzel
bis Vegan alles. Die Öffnungszeiten? Eigentlich bis halb vier.
Aber bei der Reitschule weiss man das nie so genau.
Bohnenblust Beck, Moserstrasse 50:
Die Bäckerei am Breitenrein-Platz wird am Freitagabend zum
Geheimtipp. Wenn die Bäcker frühmorgens ihre Arbeit beginnen,
werden durch die Hintertüre hungrige Clubber mit Feinstem aus der
Backstube gefüttert.
(...)
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Bund 30.8.12
Schiffe versenken mit Musik
Als die Klänge sprechen lernten: Das Kino in der Reitschule zeigt
Stummfilme mit Live-Begleitung.
Sein Materialverschleiss ist wie immer enorm. Im 23-minütigen Film
"The Boat" gehen zu Bruch: ein Haus, ein Auto, ein Pier und ein Schiff.
Denn Buster Keaton baut sich als braver Familienvater ein Boot, und als
er damit fertig ist, passt es nicht durch die Tür. Und dann geht
alles schief, was schiefgehen kann. Ähnlich verhält es sich
in Keatons Langfilm "The Navigator", in dem sich ein Mann und eine Frau
mutterseelenallein auf einem im Meer treibenden Dampfer wiederfinden
und schliesslich an einer Kannibaleninsel stranden. In dem 1924
entstandenen Werk allerdings geht Keaton über den reinen Slapstick
mit widerspenstigen Liegestühlen, sperrigen Taucheranzügen
und unkontrolliert abgehenden Feuerwerkskörpern hinaus: Denn er
karikiert die Marotten verwöhnter Reicher herrlich elegant, indem
er sein vornehmes Paar auf dem herrenlosen Schiff ein
Frühstück mit rohen Eiern, Salzwasser und drei Kaffeebohnen
zubereiten lässt.
Buster Keatons Ausflüge ins nautische Fach werden in der Grossen
Halle der Reitschule im Rahmen des kleinen Festivals "Film und Musik"
gezeigt - und vom in Bern bestens eingeführten Stummfilm-Ensemble
Musica nel buio aus Bologna live begleitet. Den Auftakt der Reihe macht
ein weniger bekannter, aber nicht minder sehenswerter Stummfilm aus dem
Jahr 1924. Regisseur Victor Seastrom erzählt in "He Who Gets
Slapped" die etwas bizarre Geschichte eines vom Leben gebeutelten
Wissenschaftlers, dem ein fieser Baron die Forschungsergebnisse und die
Frau klaut. Worauf der arme Mann, der sich vorkommt wie ein Narr,
tatsächlich das Handwerk des Clowns erlernt und fortan im Zirkus
auftritt. Er ist jedoch mehr tragisches Schreckgespenst als Spassmacher
- spätestens dann, als er sich an seinem Widersacher rächen
will.Es warten bei "Film und Musik" auch noch Werke jüngeren
Datums auf ihre Live-Vertonung: Für nächste Woche sind Peter
Yates’ "Bullit" und Louis Malles "Ascenseur pour l’Echafaud"
angekündigt. (reg)
Reitschule Grosse Halle Do, 30. August ("He Who Gets Slapped"), Sa, 1.
September (Keaton-Filme), jeweils 20.30 Uhr.
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kulturagenda.be 30.8.12
„He Who Gets Slapped“ in der Grossen Halle
Der Wissenschaftler Paul Beaumont wird von seinem Chef um die
Früchte seiner Forschung und um seine Frau gebracht.
Enttäuscht und gedemütigt, arbeitet Beaumont fortan als Clown
und bekommt unverhofft eine Chance auf Rache. Der Film von 1924
überrascht mit grossartigen Lichteffekten und einer gekonnten
Stimmungsdramaturgie.
Grosse Halle der Reitschule, Bern. Do., 30.8., 20.30 Uhr
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WoZ 30.8.12
Film und Musik
Er enthält eine der längsten und spektakulärsten
Verfolgungsjagden der Filmgeschichte: der Film "Bullitt" (1968) von
Peter Yates mit Steve McQueen als Cop in Los Angeles. Der Kultfilm ist
nun in der Reitschule in Bern im Rahmen des kleinen Festivals "Film und
Musik" zu sehen, allerdings mit einem etwas anderen Soundtrack: Stefan
Rusconi und Ephrem Lüchinger zerlegen als Whistler & Hustler
die Titelmelodie des Films. Sie ergänzen teils vorproduzierte
Grooves mit live gespielten Klavierklängen und verfremden die
Klänge digital.
Der Stummfilm "He Who Gets Slapped" von Victor Sjöström (USA,
1924) wird von Marco Dalpane mit einer eigenen Komposition live am
Piano begleitet. Buster Keatons "The Navigator" (1924) sowie "The Boat"
(1921), in dem der traurig-lustige Mime Probleme mit seinem Schiff
Damfino hat, werden von einem MusikerInnenensemble aus Bologna
live vertont, mit dabei ist auch hier der Pianist Marco Dalpane. Und
schliesslich ist auch Louis Malles "Ascenseur pour l’échafaud"
aus dem Jahr 1958 mit der wunderschönen Jeanne Moreau zu sehen. Zu
hören ist dazu der Miles-Davis-Soundtrack, live interpretiert von
Eric Wildbolz, Christian Niederer, Herbie Kopf und Pim Nieuwlands.
süs
"Film und Musik" in: Bern Grosse Halle Reithalle, Do, 30. August, Sa,
1., Do, 6. und So, 9. September, jeweils 20.30 Uhr. www.grossehalle.ch
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kulturagenda.be 30.8.12
Gebete wurden erhört: Endlich gehts los!
Die Durststrecke ist vorbei, jetzt wird gefeiert: Die Berner
Theaterhäuser öffnen ihre Tore. Im Konzert Theater Bern
erschallt mit dem Saisonbeginn auch der Startschuss in die gemeinsame
Zukunft von Theater und Orchester.
(...)
Serientäter im Tojo
In der Reitschule dauerte die Theater- Sommerpause nicht ganz so lange.
In der Grossen Halle war bereits eine Zombie- Revue zu sehen und im
Tojo das Tanzprogramm "Bern Retour 2012". Jetzt geht eine der
erfolgreichen Tojo- Theater-Serien weiter, "Kurtli". Auch im achten
Teil der Trashproduktion ist mit schrillen und schrägen Szenen zu
rechnen. Das Thema des Abends: "Krank".
Sodann: drei Mal über die linke Schulter gespuckt und "toi, toi,
toi"!
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Tojo in der Reitschule, Bern
Do., 30.8., bis Sa., 1.9., 20.30 Uhr
www.tojo.ch
Michael Feller
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BZ 30.8.12
Die Normalität des Grauens
Theater "Kurtli krank" heisst die achte Auflage der legendären
Trash-Revue. Das Oberthema lädt geradezu ein, die verschiedenen
Szenen in bewährter Kurtli-Tradition schrill, schräg,
klischiert und trashig zu gestalten. Das Kurtli-Spital ist düster
und unhygienisch. Die Patientinnen und Patienten werden komplett
vernachlässigt. Es herrscht Endzeitstimmung. Im Mittelpunkt des
Programms steht die Normalität des Grauens. Doch Kurtli
garantiert, dass die Revue nicht zu einer oft gesehenen
Krankenhauspersiflage verkommt und, wie gewohnt, an die Nieren
geht. pd
Heute Donnerstag, Freitag und Samstag, je 20.30 Uhr, Tojo Theater,
Reitschule Bern, www.tojo.ch.
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Bund 30.8.12
"High Heels"
Hochs und Tiefs im Stöckelschuh
Alles über neun Zentimeter gilt als hoch: Der steile Absatzschuh
verleiht der Frau ein langes, schlankes Bein und ihrem Ruf etwas
durchaus Verruchtes. Warum Frauen High Heels tragen und was der
Stöckelschuh mit den persönlichen Hochs und Tiefs zu tun hat,
verraten die fünf Performerinnen rund um die in Bern
ansässige bolivianische Choreografin Cynthia Gonzales. (reg)
HKB Zikadenweg 35 Fr, 31. Aug., Sa, 1. Sept., 20 Uhr. Von 6. bis 8.
Sept. im Tojo-Theater.
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Bund 30.8.12
The World Inferno
Anarchie und Romantik
Dass es in der Anarchie auch Platz für Romantik und hochtrabende
Gefühle gibt, das beweist seit nunmehr zehn Alben und
ungezählten Vinyl-Singles die Gruppe mit dem kapriziösen
Namen The World/Inferno Friendship Society. Die Musik der New Yorker
ist ein mal wildes, mal durchaus kunstwollendes Gemenge aus
Punk-Cabaret, weltgewandtem Folk und Anarcho-Chanson. Für
versierte Polkatänzer dringend empfohlen. (ane)
Reitschule Dachstock Fr, 31. Aug., 22 Uhr.
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kulturagenda.be 30.8.12
Punk-Cabaret im Dachstock
The World Inferno/Friendship Society ist eine ungewöhnliche
Musiktruppe. Die Band aus Brooklyn besteht aus acht bis zwölf
Musikern und trumpft mit einer wilden Mischung aus Broadway Music, Punk
und Chanson-Noir auf. Mit viel Witz, Politik und Verspieltheit kreiert
der bunte Haufen einen eigensinnigen und einmaligen Stilmix.
Dachstock der Reitschule, Bern. Fr., 31.8., 21 Uhr
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BZ 29.8.12
Hip & Hiesig
Wenn ein Hase eine Strasse überquert, lebt er gefährlich.
Dies gilt besonders für den Hasen, welcher der Berner Band Dead
Bunny ihren Namen gab. Er verlor sein Leben auf einer Passstrasse im
Berner Oberland, als er mit dem Auto des Vaters von Bassist Fabian
Lötscher zusammentraf. Beim Aufprall durchbrach der Hase den
Kühlergrill und wurde auf dem Motor geröstet. Das Tier war
tot, der Name blieb. Dead Bunny, das sind nebst Lötscher Thomas
Schmidiger an Mikrofon und Gitarre sowie Beni Bucher am Schlagzeug.
Nach vier Jahren im Proberaum legt die Band ihr Debütalbum "The
Truth Is a Fucking Liar" vor. Dabei legen sie die Messlatte hoch: "Wir
orientieren uns am Bestmöglichen, eine Platte macht für uns
erst Sinn, wenn sie den internationalen Vergleich nicht scheuen muss",
sagt Thomas Schmidiger im Gespräch.
Dead Bunny sind "kein Projekt" (O-Ton Bucher), sondern drei Freunde,
die sich dem Rock verschrieben haben. An Konzerten verzichten sie auf
Backing Tracks. "Wir spielen alles live, das ist es, was uns ausmacht",
so Schmidiger. "Das Publikum soll sehen, woher der Sound kommt."
Entsprechend direkt wirken die Songs auf "The Truth Is a Fucking Liar";
der Klang bleibt nah am Liveerlebnis. Hie und da werden akustische
Gitarre ("Fernando"), eine Farfisa-Orgel ("Cold Blow") oder ein Xylofon
beigemischt. Die Essenz aber bilden Gitarre, Bass und Schlagzeug. Die
Band wird der Rockattitüde, welche sie im Albumtitel mit "Fucking"
betont, auch akustisch gerecht. Sänger Schmidiger bezeichnet das
Debüt als "homogene Auswahlsendung". Es enthält relativ
sanfte Songs wie "Shadow" - einer sauber durchgespielten Basslinie
werden Xylofonklänge gegenübergestellt, darüber schwingt
sich die Stimme des Backgroundsängers in ungeahnte Höhen -,
aber auch Headbangernummern wie "You Got Something".
Dead Bunny klingen echt, roh und nah. Ab und zu gräbt sich ein
Riff oder ein Beat tief in den Gehörgang, stösst ins Archiv
der Hörenden vor, und diese glauben für Millisekunden an ein
Déjà-entendu - werden aber abrupt in die Gegenwart
zurückgeholt. Zu eindringlich ist der Sound, als dass man beim
Hören an andere Bands denken möchte. Falls doch: Der
dominante Bass und die repetitiven Gitarrenriffs erinnern an das
Jack-White-Projekt The Dead Weather.
Edith Krähenbühl
Dead Bunny: "The Truth Is a Fucking Liar", Chop Records. Plattentaufe:
14. Sept., Türöffnung 21 Uhr, Dachstock Reitschule.
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bernerzeitung.ch 29.8.12
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Der-Druck-auf-die-Jugendarbeit-steigt/story/11712893
Der Druck auf die Jugendarbeit steigt
Mit dem Wankdorfclub verschwindet ein weiteres Angebot für
Jugendliche, die Jugendarbeit soll einspringen. Doch sie gerät
immer mehr unter Druck - an allen Fronten.
Der Reitschulvorplatz ist beliebt
bei Jugendlichen. Viele kommen wegen Alterslimiten nicht in die Clubs,
oder weil das Budget nicht reicht.
Bild: Jürg Spori
Die Speedy-Disco im Bümplizer Kleefeld-Quartier erweitert sein
Angebot. Fortan ist der "Mini-Club" für bis zu 120 Jugendliche
unter 18 Jahren bis zu einmal pro Monat geöffnet. "Die Nachfrage
bei den Teenagern war gross", sagt Simon Brechbühler, der
zuständige Jugendarbeiter der reformierten Kirchgemeinde
Bümpliz. "Wir merken, dass laufend Angebote für Jugendliche
wegfallen."
Der jüngste Fall: Der Wankdorf-Club im Stade de Suisse. Die
Gross-Disco für bis zu 1800 Gäste zog vor allem U20iger an:
Keine Alterslimiten, kein Eintrittspreis - allerdings auch kein Gewinn.
Der Wankdorf-Club rentierte nicht, deshalb steigt am 1. September die
Closing Party. Ein Mitgrund dürfte auch das Zielpublikum gewesen
sein: Teenager sind schlechte Kunden. Sie wollen und können nicht
viel Geld ausgeben, deshalb wird wenig konsumiert.
Die Jugend hat hohe Ansprüche
Somit weichen die Jugendlichen in den öffentlichen Raum aus.
Wochenende für Wochenende treffen sich 16-Jährige vor der
Reitschule oder beim Bahnhof. Keine optimalen Tanzflächen für
Minderjährige. Doch sie von dort wegzuholen, ist nicht einfach.
Stephan Wyder, Geschäftsleiter des Trägervereins für die
offene Jugendarbeit der Stadt Bern (TOJ), sagt, die Ansprüche der
Teenager seien wegen den kommerziellen Angeboten gestiegen. "Vor 20
Jahren reichte eine Discokugel für eine Party", sagt Wyder. "Heute
wollen die Jugendlichen eine viel aufwändigere Infrastruktur."
Auch wenn man die Partygänger zu stark beaufsichtige oder keinen
Alkohol ausschenke, verliere das Angebot an Attraktivität. Und
wenn keine Jugendlichen die betreuten Discos nutzen, bleibt der
gewünschte Effekt aus.
Wyder ist überzeugt, dass bereits heute für Jugendliche in
den Stadtteilen attraktive Alternativen zur Innenstadt bestehen. Damit
diese aber zusätzliche Wirkung erzeugen kann, soll die
Jugendarbeit in den Berner Quartieren und in der Agglomeration
verstärkt werden. Andererseits macht sich Wyder keine Illusionen,
dass die Innenstadt auf Dauer entlastet werden kann. "Die Jugendlichen
suchen die Dynamik und die Anonymität der Masse", sagt Wyder. "Sie
wollen nicht ständig kontrolliert werden." Deshalb sollte auch die
Jugendarbeit in der Innenstadt präsent sein. Der TOJ denkt an eine
Art halbkommerziellen Jugendclub im Zentrum, der von Jugendarbeitern
betreut wird. Die Idee wird im Nachtlebenkonzept der Stadt behandelt,
von dem eine erste Fassung im September vorliegen soll.
Stadt springt in die Bresche
Optimistisch ist Stephan Wyder nicht. Für ein solches Angebot
fehlt momentan das Geld. Der TOJ arbeitet aktuell mit einem Budget von
rund 1,7 Millionen Franken. Für ein Angebot in der Innenstadt
wären mindestens zwei zusätzliche Arbeitsstellen nötig.
Also rund 200'000 Franken. "Ob dieses Geld gesprochen wird, ist ein
politischer Entscheid."
Die Jugendarbeit der Stadt Bern wird zu rund 80 Prozent vom Kanton
finanziert. Dessen Finanzen sehen alles andere als rosig aus. Auf 2013
erhält die Stadt vom Kanton rund 750'000 Franken weniger für
die Kinder- und Jugendarbeit. Die Stadt springt jedoch in die Bresche,
der TOJ hat somit gleich viel Geld zur Verfügung.
"Es ist leicht, bei der Jugendarbeit zu sparen"
Simon Brechbühler, Jugendarbeiter der reformierten Kirchgemeinde
Bümpliz, ist skeptisch gegenüber Kanton und Stadt. Die
Brennpunkte würden grösser, die Erwartungen der Stadt an
freiwillige Organisationen wie die Kirchgemeinde steigen, doch
zusätzliche Finanzen gäbe es nicht. "Es ist natürlich
leicht, bei der Jugendarbeit zu sparen", sagt Brechbühler. "Bei
unserer Arbeit sieht man keinen direkten Output. Man kann nicht sagen:
Ich investiere eine Million Franken und dafür muss ich in zehn
Jahren fünf Millionen weniger Sozialhilfe bezahlen."
In der Kirchgemeinde Bümpliz leisten sieben Arbeiter pro Jahr rund
1000 Stunden Sozialarbeit und Arbeit im öffentlichen Sozialraum.
Trotzdem ist die Situation der Speedy-Disco alles andere als gesichert.
"Wir sind auf die Mitarbeit der Jugendlichen angewiesen", sagt
Brechbühler. Sie legen in der Disco auf, dekorieren oder
schmeissen die Bar fast selbständig. Im Moment sei die Motivation
der Jugendlichen gross. "Doch unsere Erfahrungen zeigen, dass viele
Teenager bei Angeboten nicht selber aktiv mitarbeiten wollen." Dadurch
könnte das Angebot unattraktiv werden. "Wenn die Partizipation der
Jugendlichen bei der Speedy-Disco wegfallen würde, dann weiss ich
auch nicht." Zumal auch die Kirchgemeinde finanziell nicht auf Rosen
gebettet ist. "Wir spüren die Kirchenaustritte", sagt
Brechbühler. "Die Einbussen bei den Kirchensteuern werden teils
auf die Jugendarbeit abgewälzt."
Gaskessel soll Junge anziehen
Eine Hoffnung für die Jugendarbeit der Stadt Bern ist der
Gaskessel. Der Kanton übernimmt das Jugend- und Kulturzentrum an
der Aare auf 2013. Aktuell laufen Verhandlungen mit der Stadt, in
wieweit diese beim "Chessu" künftig mitreden kann. Teamleiter
Francisco Droguett hat Ende Juni im Interview mit angekündigt, man
wolle wieder vermehrt Jugendliche anziehen. Deshalb wird ab dem Winter
eine neue Partyreihe geplant, die Jugendliche ansprechen soll.
Dominik Galliker
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Bund 28.8.12
Die Anwärter für den Berner Filmpreis 2012
Nun ist bekannt, welche Filme für den Filmpreis nominiert sind -
und am neuen Festival in Bern gezeigt werden.
Regula Fuchs
Vergangenen April hat das Amt für Kultur des Kantons mitgeteilt,
dass die Filme, die von der Fachjury für den Filmpreis 2012
nominiert werden, dem Publikum im Rahmen des neuen
Berner-Filmpreis-Festivals gezeigt werden ("Kleiner Bund" vom 25.
April). Nun ist klar, welche Filme zu dieser "Sélection"
gehören.
Aus insgesamt 45 eingereichten Kurz-, Spiel- und Dokumentarfilmen hat
die Jury unter dem Vorsitz von Filmregisseurin Jeanne Berthoud 19 Werke
ausgewählt. Darunter sind die bereits im Kino ausgewerteten
Dokumentarfilme "Buebe gö z Tanz" von Steve Walker, "My
Generation" von Veronika Minder, "Planet Mokka" von Markus Baumann oder
"77 Tage sind nicht genug" von Andreas Berger. Ebenfalls nominiert sind
"Thorberg" von Dieter Fahrer ("Kleiner Bund" vom Samstag) und "Image
Problem" von Simon Baumann und Andreas Pfiffner, die im September in
die Kinos kommen. Neben "Mary & Johnny" von Samuel Schwarz ist nur
ein weiterer langer Spielfilm in der Auswahl: Antej Faracs "Annelie",
wobei die Doku-Fiktion über die heruntergekommenen Bewohner einer
heruntergekommenen Münchner Pension zwischen den Genres pendelt.
Das Filmpreis-Festival dauert vom 11. bis 14. Oktober und findet in den
Kinos Cinématte, Kellerkino, Kunstmuseum, Reitschule und
Lichtspiel statt. Die Gewinnerfilme des mit einer Gesamtsumme von 60
000 Franken dotierten Berner Filmpreises werden am letzten Abend des
Festivals bekannt gegeben. Zudem haben die Zuschauer die
Möglichkeit, einen Publikumspreis zu vergeben.
Das Festival: 11. bis 14. Oktober. Infos:
http://www.bernerfilmpreisfestival.ch.
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kulturstattbern.derbund.ch 27.8.12
Kulturbeutel 35/12
Von Gisela Feuz am Montag, den 27. August 2012, um 05:19 Uhr
Frau Feuz empfiehlt:
Alle Cinébar-Nachtrauerer aufgepasst: Am Freitag wird so quasi
der Nachfolger der kleinen schnuckligen Ex-Bar am Bollwerk
eröffnet, nämlich die Burgunder Bar und zwar an der
Speichergasse. Wer sich mehr für Anarcho-Folk und Punk-Cabaret
interessiert, der gehe am Freitag zu
World Inferno in den
Dachstock und
falls Sie mal wieder ein neues chices Möbelstück, etwas zum
Anziehen oder ein schmuckes 60er-Jahre Accessoire brauchen, dann
schauen Sie doch am Samstag im Vintage-Laden von Madame Memphis Belle
vorbei, denn diese lädt zum Ausverkauf.
(...)
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Bund 27.8.12
Gemüsesuppe statt Cheeseburger
Der Berner Tobias Jundt verkörperte mit seiner Band Bonaparte wie
kein anderer das ausschweifende Berlin. Nun muss er für dessen
Untergang herhalten: Das neue Album erntet durchzogene Kritiken.
Völlig zu Unrecht.
Ane Hebeisen
Dass es auch schlecht enden könnte mit der Eroberung der Welt,
hatte weiland Bonapartes Namensgeber höchstselbst demonstriert.
Kaum geriet Napoleon ins Taumeln, stellte sich die ganze Welt gegen
ihn. Es folgten Krieg, Verbannung und Schmach. So sind sie, die Launen
der Zeit.
Der Bonaparte, von dem hier die Rede ist, ist jedoch ein ganz anderes
Kaliber. Der ist sensibel und schlau genug, der Welt noch so einige
Schnippchen zu schlagen. Vor einer Woche hat dieser Bonaparte sein
drittes Album "Sorry, We’re Open" veröffentlicht. Und was noch vor
zwei Jahren als Ausbund an Originalität und kreativem Irrsinn
gefeiert wurde, steht nun unter feuilletonistischem Generalverdacht: zu
viel Brimborium, zu wenig Hitpotenzial, wird in der deutschen Presse
reklamiert. Argumente, die noch bis vor kurzem Anlass boten, diesen
Bonaparte als Helden des Untergrunds zu bejubeln. "‹Sorry, We’re Open›
ist sicherlich nicht die erste Platte, die gen Ende abfällt, aber
es ist eine der tragischsten", schreibt die "Zeit". "Ein bisschen
Maskerade, eine Konfettikanone, nackter Busen und wildes Gezappel
machen noch keine gute Popmusik", schnödet der "Musikexpress".
Abgesperrte Strassenzüge
Bonaparte stammt aus Bern, heisst im richtigen Leben Tobias Jundt und
ist 2008 ausgezogen, um mit einer neuen Band-Idee in Berlin wieder
aufzutauchen. Wild sollte diese Band sein, ein
Rock’-n’-Roll-Live-Abenteuer bieten, und im Zentrum sollte Musik
stehen, die geradeso in den Bäuchen rumort. Seine Konzerte
arrivierten im Berlin der späten Nullerjahre und nachher in ganz
Europa zur Partysensation. Und sein Bühnenpersonal legt sich
dafür mächtig ins Zeug: Da sind Schattenboxer zu bestaunen,
Feuerspuckerinnen, tanzende Tiere, tanzende Brüste, und Bonaparte
schmettert seiner verblüfften Hörerschaft mal kantige, mal
übermütige, mal einfältige oder wunderbar primitive
Elektro-Rock’-n’-Roll-Bastelarbeiten um die Ohren. Er wollte Spass,
jetzt hat er ihn. Und der Erfolg mutet fast schon unheimlich an: Die
Hallen sind noch immer ausverkauft. Und bei einem Geheimkonzert in
Berlin traten letztes Jahr keine Geringeren als Die Ärzte als
Bonaparte-Vorband auf, es mussten ganze Strassenzüge abgesperrt
werden.
Vom wilden und ekstatischen Party-Berlin wird heute nur noch in der
Vergangenheitsform berichtet. Clubs müssen schliessen und teurem
Wohnraum Platz machen, nicht einmal den Bau eines Flughafens kriegen
die Berliner auf die Reihe. So ist es momentan ziemlich en vogue, die
einst so zügellose Hauptstadt schlechtzureden. Und da dieses Bild
des ausschweifenden und masslosen Berlin niemand besser verkörpert
als Herr Bonaparte aus Bern, muss er nun auch für dessen Ruin
herhalten.
"I should have burnt Berlin down", singt Tobias Jundt auf seinem Album
einmal vorausahnend. Hätte er es bloss getan. Denn die
Berlin-Metapher taucht in jedem Bonaparte-Artikel auf und nervt Tobias
Jundt merklich. "Berlin, Berlin . . . Bonaparte erzählt ja nicht
von Berlin. Es geht hier um eine Reise, darum, gemeinsam etwas zu
erreichen, um die Community als Rettung dieser Welt. Um die Erschaffung
der Wunderwelt Bonaparte." Und die vermeintliche Hitlosigkeit seines
neuen Albums kontert er mit einem souveränen Lächeln auf den
Stockzähnen: "Im Medium Musik geht es doch um mehr als bloss um
Hits. Es geht um eine Haltung. Ich schreibe dann schon irgendwann
wieder eine Handvoll Hits, doch diesmal hatte ich Lust, eine urchige
Gemüsesuppe statt eines Cheeseburgers zuzubereiten."
Im Moment agieren
Und diese Suppe schmeckt - aller Nörgelei zum Trotz - nach wie vor
exzellent. 16 Lieder hat Tobias Jundt in seinem neuen Studio
zusammengebastelt, ein Studio, das er übrigens wie eine kleine
Wohnung eingerichtet hat, weil er die Idee des Homerecordings nicht
aufgeben mochte. Es ist kein Album, das einen im Sturm erobert, es
entblättert seine Reize etwas gemächlicher. Zu diesen Reizen
gehört indes schon das wunderliche Intro, in welchem
Heilsarmee-Metallharmonie auf Roboter-Stimme trifft - ziemlich
gespenstisch das Ganze. Und was hinter dem Intro wartet, ist nicht
weniger verwirrlich. Da lauert zum Beispiel ein sehr
eigentümlicher Vintage-Elektro-Chanson ("C’est a moi qu’tu
penses?", da wartet eine ganze Menge elektronisch verzierter Rock ’n’
Roll ("A Little Braindead", "Mañana Forever"), da wartet
Swing-Jazz, hochtrabende und doch sonderbar verdrehte
Indie-Schönheit ("In the Breaks") 80s-Discokugelmusik ("High Heels
to Hell") und noch allerhand Unverträgliches mehr.
Und natürlich findet sich in dieser Suppe auch viel Wasser (dazu
gehört auch die allzu sehr auf Gaudi-Pointen ausgelegte
Kooperation mit der Gruppe Deichkind), und natürlich kann man
monieren, sich an Bonapartes nöligen Sprechgesang irgendwann
sattgehört zu haben. Doch "Sorry, We’re Open" ist unter dem Strich
ganz einfach ein verdammt kurzweiliges, fantasietriefendes, im
allerbesten Sinne impertinentes und windschiefes Prachtswerk. Es ist
elektronischer und eklektischer ausgefallen als seine beiden
Vorgänger, womöglich sogar ein bisschen subtiler,
Punkattitüden vermengen sich hier mit purer Freude am Spass und an
der Eskapade. "Natürlich würde ich den Leuten gerne coole
Beats wie Modeselektor, Basslines wie Skrillex und Saxofonsoli wie Sony
Rollins um die Ohren hauen - aber ich kann nur mich selber sein.
Bonaparte ist dann am besten, wenn er tief im Moment drin agieren kann
und aus sich selber schürft."Dass ihm nicht das perfekte Album
geglückt ist, das räumt auch Tobias Jundt ein: "Im Grunde
genommen haben wir es hier mit den Auswüchsen der modernen
Musikindustrie zu tun. Da Musiker nur noch Geld mit Konzerten
verdienen, müssen sie die ganze Zeit auf Tour sein, entsprechend
können sie sich nur noch kurze Auszeiten nehmen, um Alben
aufzunehmen. Willkommen im neuen Jahrzehnt."
Bonaparte in New York
Während der Arbeit zu seinem dritten Bonaparte-Album seien denn
auch durchaus auch Zweifel aufgeblitzt. Auch Ängste, sich zu
wiederholen: "Man will sich den Grundsätzen, welche diese Musik
oder dieses Projekt ausmachen, treu bleiben. Gleichzeitig will man
nicht stagnieren und versuchen, dass die Musik mit einem wachsen kann",
sagt Tobias Jundt. Und so begreift er das Werk als ein Schwellenalbum:
"Man passt den Wasserspiegel an, um danach zu neuen Ufern aufbrechen zu
können. Natürlich wäre es schade, wenn die Leute in
diesem Album den bonapartschen Geist nicht mehr wiederfänden und
die Clubs leer blieben. Dann würde ich halt etwas Neues machen.
Davor habe ich keine Angst."
Zu neuen Ufern wird Tobias Jundt demnächst ohnehin aufbrechen. Er
darf ein halbes Jahr lang das Stadtberner Atelier in New York bewohnen.
Das letzte Mal, als er sich ins Exil verzog (damals war es Barcelona),
heckte er das Bonaparte-Konzept aus. Könnte es sein, dass er mit
Ideen für eine ganz neue Band aus den USA zurückkehrt? "Das
könnte durchaus passieren", sagt Tobias Jundt. "Es brodelt noch so
einiges in mir drin. Aber das, was als Nächstes kommt, wird
sowieso neu sein, egal ob ich es in Honolulu oder Münsingen
aufnehmen werde. Ich werde mich austauschen, ich werde sammeln und
jagen und meinen Weg weitergehen. Wie das klingen wird, ob ich Songs
schreibe und aufnehme oder ob ich eher visuelle Umsetzungen
ausbrüte, weiss ich noch nicht." Die Welteroberung des Bonaparte
wird weitergehen. Zunächst ist einmal Kanonenrohrputzen angesagt.
Das Album: "Sorry, We’re Open" (Staatsakt/Warner). Die Konzerte: 13.
und 14. Dezember im Dachstock der Reitschule.