MEDIENSPIEGEL 24. - 31. DEZEMBER 2012

Bund 29.12.12

http://www.derbund.ch/bern/stadt/Ich-koennte-30-Gemeinden-zur-Fusion-bringen---/story/22923401

 

"Ich könnte 30 Gemeinden zur Fusion bringen . . .

. . . wenn sie damit die Steuern senken könnten." Der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) über den Stadt-Land-Graben und die Zusammenarbeit in der Region, den Wahlsieg von Rot-Grün-Mitte (RGM) und seine Pläne für die nächste Legislatur.

Interview: Simon Jäggi, Bernhard Ott

 

(...)

 

Das sind die Gebiete, wo Sie noch Marchsteine setzen wollen?

 

Zumindest den politischen Prozess in Gang setzen. Beim Viererfeld habe ich immer gesagt: Das Mittelfeld, das der Stadt gehört, sollten wir nicht beplanen, wenn man nicht weiss, was auf dem Viererfeld geht. Da aber beim Kanton nichts läuft, muss die Stadt nun halt trotzdem auf dem Mittelfeld zu planen beginnen. Denn im Wohnbereich selber gibt es nicht viele Gebiete, die unbestritten sind. Die Waldstadt müssen wir in den nächsten vier Jahren gar nicht erst diskutieren, das ist weit weg. Auf dem Gaswerkareal gibt es Möglichkeiten, aber auch hier müssen wir uns keine grossen Illusionen machen, es braucht einen grossen Abstand zur Aare. Und zudem gibt es da noch den Gaskessel . . .

 

. . . der in einem Wohngebiet zum Fremdkörper würde.

 

Zumindest am Wochenende gäbe es hier wohl Probleme. In der Nachtleben-Diskussion hat es immer geheissen, der Gaskessel müsste in die Innenstadt ziehen. Aber in der Innenstadt Räume für die Jungen zu finden, ist nicht einfach. Ich schlug einmal vor, Parkhäuser in Clubs umzufunktionieren. Die Idee kam nicht gut an. Dabei sind das die einzigen grossen Volumen in den Städten, die zentral liegen und rückläufige Frequenzen haben. Wo haben wir sonst noch Volumen in den Innenstädten?

 

Auf der Schützenmatte.

 

Die Schützenmatte ist ein phänomenales Gebiet, wie der Schindler-Award gezeigt hat. Die Häuserzeile an der Hodlerstrasse hat etwas grosszügig Französisches. Der Aarehang bei der Lorrainebrücke ist heute ein Unort, könnte aber ein attraktiver Ort werden, wenn die Strasse nicht dort vorbeiführen würde. Das Gebiet hat ein Riesenpotenzial, aber einige Riesenprobleme. Zum Beispiel die SBB-Linienführung beim Ausbau.

 

Die SBB wollen in absehbarer Zeit den Viadukt nicht vergrössern.

 

Wenn sie aber mehr Gleise unter den Universitätshügel bauen will, müssen diese irgendwie über den Viadukt geführt werden - das nimmt Platz auf der Schützenmatte.

 

Ist die Hochhaus-Idee, die Sie lanciert haben, also gestorben?

 

Das ist sie nicht. Aber ich bin durch den Schindler-Award auch zur Erkenntnis gekommen: Die Schützenmatte kann man nur einmal überbauen. Wenn man sie überbaut hat, dann besteht für die nächsten Generationen keine Möglichkeit mehr, sie anders zu gestalten. Wenn ich mir alle die grossen Fragezeichen vor Augen führe - der Ausbau des Bahnhofs, die kleine Westtangente, der Bahnhofplatz und eine allfällige Neuauflage des Schanzentunnels -, denke ich je länger, je mehr an eine Zwischennutzung, damit man in zwanzig, dreissig Jahren wieder aus dem Vollen schöpfen kann.

 

Und wie sieht diese aus?

 

Ich könnte mir auf der Schützenmatte eine grosse Halle vorstellen.

 

Eine Eventhalle?

 

Nein, eher eine Art gedeckte Allmend, ein multifunktionales Dach. Darunter könnte ein Cirque du Soleil stattfinden oder ein gedeckter Flohmarkt. Denkbar wären viele Arten von Nutzungen, allerdings nicht eine solche als hoch professionelle Eventhalle, dann wäre der Platz wieder verbaut für längere Zeit. In den nächsten zehn Jahren werden hier Nägel eingeschlagen, die erst die Räume vorgeben werden. Die Schützenmatte ist das letzte grosse Stadtentwicklungsgebiet, daher sollte man hier noch nichts präjudizieren.

 

Aber gleich daneben steht doch die Grosse Halle der Reitschule, die nach einer neuen Identität sucht.

 

Aber die Grosse Halle ist eine Art Eventhalle, in die man mit vielen Dingen nicht hinein kann. Meine Idee ist nicht fertig gedacht. Aber wir haben die Pflicht, auch den nächsten Generationen Entwicklungspotenzial zu überlassen.

 

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kulturstattbern.derbund.ch 25.12.12

 

Momente im Kulturjahr 2012: Meine Favoriten

 

Von Benedikt Sartorius

 

Mein Kulturjahr 2012? Das war etwa so: Ich erinnere mich an den immer länger werdenden Festivalsommer mit endlosen Sonnenuntergängen und dem goldigsten Kilbi-Licht aller Zeiten. Ich erinnere mich an die erste Nachtdemo, damals, als die Lichter der Reitschule urplötzlich ausgingen und eine aufgekratzte Fröhlichkeit den Ton einer unvergesslichen Nacht anstimmte. Und als der Regen kam, zottelte man zufrieden nach Hause.

 

Ich erinnere mich natürlich auch an die vorübergehend besten Kinder der Welt, die in heranwuchsen und an die Animal Collective-Konzertfahrten, die meine liebsten Drogen überhaupt sind.

 

Konflikte? Ja, die gab es natürlich auch in der Kulturstadt – und gar viele, muss man sagen. Hier in Erinnerung, neben dem Dauerbrenner Nachtleben: Das Leitungstheater in der Dampfzentrale und die Familiensaga in Rubigen.

 

Besonders schön bleiben mir aber die folgenden drei Berner Abende in Erinnerung. Ich habe diese Abende gewählt, da mich diese unvorbereitet überwältigt haben. Here we go:

 

Das Constellation-Festival in der Reitschule: Die Tickets für das Geburtstagsfestival des kanadischen Labels Constellation wurden vor allem im Ausland abgesetzt. Und so versammelte sich eine weither angereiste Fantumschaft zu den Konzerten von Godspeed You! Black Emperor, Sandro Perri und weiteren LabelmusikerInnen – und zauberte eine in dieser Art noch nie erlebte, bewegende Stimmung in den Dachstock. Unvergesslich.

 

- "Der Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen" in den Vidmarhallen: Ohne Ahnung, was mich an diesem Abend erwartet, pilgerte ich in die immer noch seltsam charmefreien Vidmarhallen und wurde überwältigt von all dem Experten-Wissen, das im Raum und über den Äther flottierte. Und gemeinsam Plattenhören? Ja, das ist immer noch eine der tollsten Beschäftigung überhaupt.

 

Züri West am Reitschulefest: Keine Nostalgie, keine Bärte, obwohl man gut von früher, vom damals hätte erzählen können: Das war das Konzert am Reitschulfest von Kuno Lauener und seinen Gefährten, die nur wenig an ihrer gewohnten Setlist rumschraubten und mich dennoch seltsam berührten. Und als Lennons totgespieltes "Imagine" aus dem Off erklang, sang man mit, und alles war sehr sehr schön in diesem Moment im Jahr 2012.