MEDIENSPIEGEL 15. -21. April 2013

srf.ch 20.4.13

http://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/oper-in-der-reithalle-passt-bestens

 

Oper in der Reithalle - passt bestens

 

Elisa Häni

 

Das Symphonieorchester spielt neben Graffiti in der Grossen Halle. Das Publikum schätzt das Ausbrechen aus dem altehrwürdigen Stadttheater. Die Anti-Oper "Neither" kommt gut an in Bern. Auch wenn sie für die Ohren eine Herausforderung ist.

 


Applaus für die Anti-Oper "Neither" in der Grossen Halle in Bern. SRF

 

Im hohen Gebälk der Grossen Halle hängt ein Riesenmobile mit Holzstühlen. Auf der Bühne singt eine Opernsängerin in andauernd hoher Tonlage und kaum verständlich die 16 Zeilen von Samuel Becketts Text der Oper "Neither".

 

Beckett und der Komponist Morton Feldman waren sich einig, dass sie die Oper als Kunstform im herkömmlichen Sinn ablehnen. Man spricht auch von einer Anti-Oper. Und sie gefiel an der Premiere von Konzert Theater Bern in der Grossen Halle der Reitschule nicht allen: "Es war fürchterlich", sagte ein sagte ein Zuschauer. Einem anderen gefiel es so gut, dass er das Stück gleich noch einmal sehen möchte.

 

Einig war sich das Publikum darin, dass die Grosse Halle als Aufführungsort wunderbar sei. Und dass "Konzert Theater Bern" diesen Ort nutzt, gefällt auch der Schauspielerin Fernanda Rüesch: "Ich war schon als Jugendliche immer hier", sagt sie.

 

Mit der Grossen Halle der Reitschule hat sich Konzert Theater Bern ein ganz anderes Umfeld ausgesucht als das gutbürgerliche Stadttheater. Operndirektor Xavier Zuber sagt dazu: "Dieses Umfeld ist nicht so schlecht, wie immer gesagt wird. Im Gegenteil." Sie seien mit offenen Armen empfangen worden, "im Sinn von Kunst und Kreativität."

 

 

Wie "Neither" klang und ankam (Elisa Häni, 20.04.2013), 3:20 min

http://www.srf.ch/player/radio/popupaudioplayer?id=7a8ccead-3a5e-4fb8-a9b6-0651d1d6edb2


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Bund 20.4.13

http://www.derbund.ch/bern/stadt/Reitschule-Lerch-wechselt-vom-Zwang-zum-Dialog/story/21093721

Reitschule: Lerch wechselt vom Zwang zum Dialog


Von Bernhard Ott

Statthalter Christoph Lerch (SP) nimmt die Zwangsmassnahmen für die Reitschule zurück. Für Gemeinderat Reto Nause (CVP) ist das "unbefriedigend".

 


Statthalter Christoph Lerch (SP) nimmt die Zwangsmassnahmen für die Reitschule zurück. Bild: Peter Klaunzer/Archivbild/Keystone

Die Verhängung von Zwangsmassnahmen gegen die Reitschule war das Thema des letzten Sommers. Zehntausende Jugendliche und Junggebliebene gingen auf die Strasse, um dagegen zu protestieren. Gut zehn Monate später hat Statthalter Christoph Lerch (SP) einem neuen Wirt in der Reitschule eine neue Betriebsbewilligung "gemäss der zuvor geltenden Bewilligung" ausgestellt, wie das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland gestern mitteilte. "Die neue Bewilligung entspricht zu 90 Prozent der alten, wie sie vor der Verhängung der Auflagen vom Mai 2012 gegolten hat", sagt Lerch auf Anfrage. Damit habe er dem Gesuch des neuen Betreibers weitgehend entsprochen. "Ich will den Betreiberwechsel als Chance zur Schaffung einer neuen Basis der Zusammenarbeit sehen." Dies sei für ihn kein Zurückkrebsen, sondern eine "Klärung", sagt Lerch. In der Bewilligung nicht enthalten sind die von einer Beschwerde angefochtenen Massnahmen für den Vorplatz. So müssen Gäste, die nach 0.30 Uhr auf dem Vorplatz oder im Innenhof Getränke konsumieren, zurzeit nicht weggewiesen werden. Laut Lerch hat sich der Wirt jedoch bereit erklärt, die Gäste auf die Polizeistunde auf dem Vorplatz hinzuweisen. So sei es nun auch in der Bewilligung festgehalten.

 

Bezüglich Konzerten und Grossveranstaltungen auf dem Vorplatz enthält die neue Bewilligung eine Rückkehr zu lockereren Verhältnissen. Die Zwangsmassnahmen sahen eine Beschränkung auf ein Wochenendkonzert pro Monat und einen Grossanlass pro Jahr vor. Nun dürfen wieder zwei Wochenendkonzerte pro Monat und ausnahmsweise Freitagskonzerte stattfinden. Grossveranstaltungen können ein- bis zweimal pro Jahr stattfinden. Laut Lerch ist die Bewilligung in diesem Punkt bis Ende September befristet. "Definitive Lösungen wird man im Dialog finden müssen", sagt er unter Anspielung auf die "Stadtgespräche" zwischen Reitschule, Stadt, Kanton und Statthalteramt.

 

Nause: "Sind wieder auf Feld eins"

 

An diesen Gesprächen wird aber wohl das ganze Vorplatz-Regime wieder zum Thema werden. Denn mit der Ausstellung einer neuen Betriebsbewilligung sei die Beschwerde gegen einen Teil der Zwangsmassnahmen "höchstwahrscheinlich gegenstandslos" geworden, sagt Christian Eberhard, stellvertretender Vorsteher der Rechtsabteilung der Volkswirtschaftsdirektion. Denn die Auflagen der neuen Bewilligung entsprächen nicht mehr denjenigen der alten. Zudem seien Betriebsbewilligungen an Personen geknüpft. Mit anderen Worten: Auf dem Vorplatz ist wieder alles offen. Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) kann Lerchs Vorgehen "rechtlich nachvollziehen". Letztlich sei die Situation aber "unbefriedigend". In der neuen Bewilligung sei nun keine der einst verfügten Verschärfungen enthalten. "Wir sind wieder auf Feld eins." Die Lärm- und Gewaltprobleme vor der Reitschule blieben bestehen. In den Stadtgesprächen verfügten die Behörden über keine Zwangsmittel mehr. Dort werde es den "echten Willen aller Beteiligten" brauchen, um Lösungen zu finden, sagt Nause. Dies entspricht dem neuen Willen des Statthalters. "Ich setze auf den Dialog. Das ist erfolgversprechender als die Verfügung von Massnahmen, die wieder angefochten werden", sagt Lerch. Der Antrag auf Zwangsmassnahmen kam einst aus Nauses Direktion. Das Polizeiinspektorat verlangte sie, nachdem es von Mai bis November 2011 zu über 80 Lärmklagen und Verstössen gegen das Gastgewerbegesetz gekommen war. Nach Angaben der Direktion Nause ist es 2012 noch zu 58 Lärmklagen gekommen.

 

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BZ 20.4.13

 

Statthalter traf sich mit neuem Wirt der Reitschule

 

Wechsel · Die bisherige Wirtin der Gastrobetriebe in der Reitschule zieht sich zurück. Der neue Wirt übernimmt ihre geltende Betriebsbewilligung.

 

In der Reitschule gibt es zahlreiche Gastrobetriebe - mit einem neuen Wirt an der Spitze. Er übernimmt die geltende Betriebsbewilligung seiner Vorgängerin, die Ende März ihr Patent abgegeben hat. Wie bisher gilt auf dem Vorplatz die ordentliche Polizeistunde. Die Beizen in der Reitschule haben eine Überzeitbewilligung bis 3.30 Uhr.

 

Eine Neuerung gibt es aber. Nach der Polizeistunde musste der Wirt gemäss der bisherigen Bewilligung "dafür sorgen", dass die Gäste auf dem Vorplatz keine Speisen und Getränke mehr konsumieren. Neu heisst es, die Gäste sollen die in der Reitschule gekauften Speisen und Getränke nur noch im Innern konsumieren. Darauf weist sie der Wirt hin.

 

Gespräch ist unüblich

 

Nach einem persönlichen Gespräch mit dem neuen Wirt hat sich Regierungsstatthalter Christoph Lerch (SP) mit dem neuen Verantwortlichen auf diesen Passus geeinigt und hat ihm die Betriebsbewilligung erteilt. Ein solches Treffen ist unüblich. "In diesem Fall ist ein persönliches Gespräch für beide Parteien von Vorteil", sagt Lerch. Er sehe das Treffen als Chance für einen Neuanfang. Zur Erinnerung: Im letzten Mai hat Lerch die Betriebsbewilligung für die Gastrobetriebe verschärft. Unter anderem wurde ein Getränkeverkauf auf dem Vorplatz ab 00.30 Uhr verboten. Die Reitschüler gingen daraufhin auf die Barrikaden, was in der Tanz-dich-frei-Demo gipfelte. ehi

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jgk.be.ch 19.4.13
http://www.jgk.be.ch/jgk/de/index/direktion/organisation/rsta/aktuell.assetref/content/dam/documents/JGK/RSA/de/2013-04-19_MM-Reitschule.pdf

Medienmitteilung

 

Regierungsstatthalter Bern-Mittelland erteilt dem neuen Wirt der Restaurationsbetriebe Reitschule IKUR, Bern, eine Betriebsbewilligung Die bisherige Wirtin und Inhaberin der Betriebsbewilligung der Restaurations- betriebe Reitschule IKUR, Bern, hat sich per Ende März 2013 aus dem Betrieb zurückgezogen. Ihr Nachfolger hat beim Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland ein Gesuch um Erteilung einer neuen Betriebsbewilligung nach Gastgewerbegesetz und um Übernahme des Betriebs gemäss der zuvor geltenden Bewilligung gestellt. Nach Prüfung des Gesuchs und einem persönlichen Gespräch erteilt nun Regierungsstatthalter Christoph Lerch dem neuen Verantwortlichen die Betriebsbewilligung.

 

Regierungsstatthalteramt

Bern-Mittelland

 

Christoph Lerch

Regierungsstatthalter

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20 Minuten 19.4.13

 

"Affehuus" im Dachstock

 

Sa, 20.4., 21 Uhr, Tomazobi - Plattentaufe, Dachstock.

 

MUNDART. Die Guerilla-Troubadours von Tomazobi sind mit einem neuen Album zurück. Auf "Affehuus" präsentiert sich die Berner Spasstruppe wie gewohnt frech und klaut die eine oder andere bekannte Melodie, um ihr einen berndeutschen, meist witzigen Text zu verpassen. So wird etwa aus "Just a Gigolo" kurzerhand ein "Gigu", Queens "Bohemian Rhapsody" wird zu "Böhmische Rapsfelder" und auch Britney Spears kriegt ihr Fett ab. Neu finden sich bei Tomazobi aber auch vereinzelt nachdenkliche Zeilen. Sorgen muss man sich aber keine machen: Ihre Stärke bleibt der Witz. Und den können sie meisterlich in den Live-Performances umsetzen. PEC


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Kulturagenda.be 18.4.13

 

Anti-Oper in der Anarchistenzone

 

Die Morton-Feldman-Oper "Neither" (1977) bricht mit allen Konventionen. Das Konzert Theater Bern bringt die Klangorgie in die grosse Halle der Reitschule.

 


Schwebendes Wohnzimmer: Stühle hängen an der Decke der grossen Halle, darunter spielt die Anti-Oper. © Annette Boutellier

 

Ein Mobile aus lädierten Holzstühlen hängt von der Decke der grossen Halle der Reitschule. So ergibt sich eine Art schwebendes Wohnzimmer, das den Blick nach oben zum eindrücklichen Gebälk des Hauses lenkt. Auf der Bühne verströmen aneinandergereihte Schränke Brockenhaus-Atmosphäre. Mitten im Raum steht ein grosser Flügel, Musiker hetzen mit Cellos unter dem Arm durch die Szenerie und Regisseur Matthias Rebstock bespricht Details mit Stefan Schreiber, dem musikalischen Leiter.

Eben gerade hat das 70-köpfige Ensemble noch geprobt, nun zerstreut sich das Berner Symphonieorchester in alle Winde. In permanenter Auflösung befindet sich auch "Neither" des US-amerikanischen Komponisten Morton Feldman (1926-1987), das auf einem Text von Samuel Beckett (1906-1989) gründet. Das Musiktheaterstück bricht mit allen Opernkonventionen: Es gibt nur einen Akt, nur eine Sopransängerin, keine Arien und keine narrativen Elemente. Vielmehr setzt sich "Neither" mit der Musik als Klangarchitektur auseinander, dekonstruiert sie in einzelne Töne und setzt diese wieder neu zusammen. Verhandelt werden philosophische Fragen wie das Verstreichen und Erleben von Zeit oder die Suche nach der eigenen Identität.

 

Aura des Aufbruchs

 

Matthias Rebstock, der von Konzert Theater Bern beauftragte Regisseur aus Berlin, war sofort begeistert, als er die grosse Halle betrat. "Hier herrscht eine Aura vom Ende der Siebzigerjahre, als noch einmal von grossen Utopien geträumt wurde, nachdem 68 bereits für tot erklärt war. Das passt perfekt zum Stück", sagt er. "Neither" wurde 1977 uraufgeführt und stellte ähnlich wie später die Reitschüler die Frage, wie und ob eine neue Kunst möglich sei. Einzige Protagonistin im Stück ist eine Frau, deren Gespaltenheit durch zwei Akteurinnen versinnbildlicht wird. Die Sopranistin Hélène Fauchère und die Schauspielerin Fernanda Rüesch - beide im gleichen Kostüm - spielen mit Anziehung und Ablehnung, begegnen sich oder nehmen sich auch mal gar nicht wahr.

 

Unfassbares Selbst

 

Es gehe um jenes unfassbare Element in einem selbst, das man nicht kontrollieren könne, so Rebstock. Beckett beschrieb ein Reich in der Schwebe zwischen dem "Self" und "Unself", dem "Ich" und dem "Nicht-Ich". Er war der Überzeugung, dass der Konflikt zwischen den beiden Polen sich erst mit dem Tod auflöse.

Das Bühnenbild nimmt "Unspeakable Home" (unausprechbares Zuhause) auf, ein weiteres Motiv aus dem Text des Schriftstellers. Die teils offenen, teils geschlossenen Schränke haben ihre Besitzer überdauert und erzählen doch etwas über sie. Auch die Stühle kann man als Stellvertreter des Menschen selbst deuten. Das Publikum sitzt in Rängen, die ein "L" formen, und wird manchmal auch von hinten mit Musik oder konstanten, gerade gesungenen Tönen der Sopranistin beschallt. Das unfassbare Selbst ist weder hier noch dort, aber immer mit uns.

 

Helen Lagger

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Grosse Halle der Reitschule, Bern

Premiere: Fr., 19.4., 19.30 Uhr

Weitere Vorstellungen bis 27.4.

www.grossehalle.ch

 

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BZ 18.4.13

http://www.bernerzeitung.ch/agenda/musik//AntiOper-in-der-Reitschule/story/28220749

Anti-Oper in der Reitschule

 

Musiktheater · "Neither" vom US-Komponisten Morton Feldman (1926-1987) ist eines der wunderlichsten Musiktheaterwerke der Geschichte. Morgen lädt Konzert Theater Bern zur Premiere in der Reitschule.


"Die Halle ist fantastisch": Regisseur Matthias Rebstock, Bühnenbildnerin Sabine Hilscher und Dirigent Stefan Schreiber (v.l.)in der Reitschule. Bild: Urs Baumann

Er war ein Unikum: Morton Feldman, genannt Morty, Sohn eines Kinderjackenherstellers aus New York. Bald aufbrausend und beleidigend, bald verführerisch-verspielt zeigte er sich in Gesprächen. Umso mehr pflegte er als Komponist die Kunst der Zurückhaltung. Feldman habe "weite, stille, schmerzlich schöne Klangwelten" geschaffen und damit einen "unerforschten Raum" geöffnet, schreibt Alex Ross in seinem Buch "The Rest Is Noise".

 

Vom klassischen Komponieren hatte er früh die Nase voll. Morton verschrieb sich der Verweigerung, der radikalen Reduktion. Und er traf sich darin mit John Cage (1912-1992), dem anderen grossen US-Avantgardisten, der exakt 4 Minuten und 33 Sekunden Stille komponierte ("4´33´´"). Ausgerechnet dieser "Morty" soll eine Oper komponiert haben? Tatsächlich: 1977 fand im Teatro dell’Opera in Rom die Uraufführung von Feldmans "Neither" statt. Untertitel: "Oper in 1 Akt, für Solosopran und Orchester". Librettist: Samuel Beckett, Literaturnobelpreisträger und Schöpfer von "Warten auf Godot".

 

Seltsamstes Libretto der Welt

 

Beckett und Feldman hatten sich im Jahr zuvor in Berlin getroffen - und waren sich rasch einig, dass sie Oper als Kunstform ablehnen. "Ich habe es nicht gern, wenn meine Worte vertont werden", sagte Beckett. Dennoch schuf er für Feldman so etwas wie ein Libretto. Rätselhafte, hoffnungslos verkeilte Worte, notiert auf einer Serviette (oder nach anderer Quelle per Postkarte geschickt): "Hin und her im Schatten vom inneren zum äusseren Schatten / vom undurchdringlichen Selbst zum undurchdringlichen Unselbst / durch weder noch." Feldman komponierte einen Einakter mit Becketts Worten, gesungen von einer einsamen Sopranstimme, getragen von weit gespannten Klangflächen. Und das soll eine Oper sein? Matthias Rebstock lacht. Der deutsche Regisseur hat mit Bühnenbildnerin Sabine Hilscher und Dirigent Stefan Schreiber den Auftrag erhalten, das Werk für Konzert Theater Bern zu inszenieren. Nicht im Stadttheater, sondern in der Grossen Halle der Berner Reitschule.

 

Rebstock ist wie Hilscher und Schreiber ein Spezialist für zeitgenössisches Musiktheater. "Eine Oper mit einer Person, das ist an sich schon was Absurdes", sagt er. "Es gibt keine Geschichte, die man als Regisseur interpretieren könnte. Aber es gibt eine Grundsituation, die existenzielle Fragen aufwirft: Wer bin ich? Was ist das Fremde in mir?" Die Grosse Halle der Reitschule sei "fantastisch", schwärmt Rebstock. Das Publikum sitzt inmitten einer Bühneninstallation, die mit der Musik einen Raum für "Assoziationen und Geschichten" öffnen soll. Und worin besteht die Herausforderung für das Berner Symphonieorchester? "Leise spielen!", sagt Dirigent Stefan Schreiber. Feldman verlange in der Partitur oft "so leise wie möglich" oder auch "as soft as possible". "Das ist mit einem 70-köpfigen Orchester gar nicht so einfach, aber die Musiker machen es toll." Oliver Meier

 

Premiere: Fr, 19. April, 19.30 Uhr, Grosse Halle, Reitschule.

 

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Bund 18.4.13

 

Musik ohne Theater "Neither" von Morton Feldman, eine Raumerkundung

 

Schwebende Klangarchitektur

 

Grosser Klangrausch in der Reitschule: Konzert Theater Bern und das Berner Symphonieorchester inszenieren eine Anti-Oper.

 

Marianne Mühlemann

 

Gehen Sie nicht aus lauter Gewohnheit ins Stadttheater: Die nächste Opernpremiere findet in den heiligen Hallen der Reitschule statt, am Ort also, wo im Mai auch ein Sporttag oder ein Flohmarkt durchgeführt werden. Sie fühlen sich heimisch, garantiert: Das Berner Symphonieorchester wird da sein und Morton Feldmans "Neither" in den richtigen Klangrausch packen. Es wird ein kafkaeskes Unterfangen. Der Reitschule dürften die Ohren aufgehen und vom Himmel die Stühle fallen.

 

Es wird eine Doppelpremiere im besten Sinn: "Neither" (übersetzt als "weder" von "weder...noch") als szenische Aufführung gab es noch nie in Bern. Und soweit man sich zurückerinnern mag, hat sich bisher auch noch nie eine Oper vom Kornhausplatz auf die "Schütz" verirrt. Was am nächsten Freitag möglich gemacht wird, ist eine der Koop-Produktionen, welche die neue Leitung von Konzert Theater Bern künftig vermehrt lancieren will. Durch die Zusammenarbeit (Koop) zwischen den Sparten und mit neuen Orten erhofft man sich künstlerische Impulse und im besten Fall ein neues Publikum. "Wir nehmen Stadttheater wörtlich", sagt Musikdirektor Xavier Zuber, der auch für die Dramaturgie bei "Neither" verantwortlich zeichnet. "Wir machen Theater mit der Stadt."

 

Pulsierender Organismus

 

Auf dem Programm steht die erste und einzige Oper, welche der Amerikaner Morton Feldman komponiert hat. Ein pulsierender Organismus und ein Stück Neue Musik, das in Feldmans kompositorischem Schaffen eine Schlüsselstellung einnimmt. Zum ersten Mal entwickelt der Sohn jüdischer Einwanderer, der 1926 in New York geboren wurde und 1987 starb, repetitive Strukturen über längere Zeiträume hinweg. Und zum ersten Mal arbeitet er mit Taktstrichen. Der experimentierfreudige Musikus, der bis zu seinem 40. Lebensjahr in der Kinderkleiderfabrik seiner Eltern arbeitete, begann schon früh mit Komponieren. Doch er entschied sich bewusst gegen eine akademische Ausbildung. Feldman pflegte viel lieber den Austausch mit Zeitgenossen. Feldman arbeitete mit John Cage oder Edgar Varèse zusammen und nahm beim Berliner Stefan Wolpe Kompositionsunterricht. In "Neither" setzt er sich mit dem elementaren Gegenstand von Musik als Klangarchitektur auseinander und trägt sich mit dem radikalen Gedanken, eine schlichte, auch stille Klangwelt zu schaffen, in der er den Hörer von der realen Welt abkoppelt.

 

Mystisch schön verrätselt

 

Das Ungreifbare erlebbar zu machen, ist typisch für Feldmans Musik. In "Neither" war jedoch zuerst das Wort. Das Libretto hat der irische Dichter und Dramatiker Samuel Beckett (1906-1989) verfasst. Doch was heisst da Libretto? Es gibt keine Rollen, der Text ist lyrisch und in Englisch. Mystisch schön klingt er und voller Rätsel. Die Worte, welche eine Sopranistin monoton in hoher Tonhöhe rezitiert, spielen mit der Metapher zweier Türen, die sich schliessen, wenn man sich ihnen nähert, und öffnen, wenn man sich von ihnen entfernt. 16 Zeilen kurz ist der Text, aus dem Feldman seine 70-minütige Oper destilliert. Beckett hat die Verse handgeschrieben auf eine Postkarte an Feldman gekritzelt. "Hier das Stück, das ich versprach. Es war gut, Sie zu treffen. Gruss Samuel Beckett." Er spielt auf seine Begegnung mit dem Amerikaner an. Dieser hatte ihn 1976 in Berlin bei Theaterproben besucht. Während eines gemeinsamen Mittagessens erzählt Feldman von seinen gescheiterten Versuchen, beckettsche Texte für die Bühne zu vertonen. Da habe jedes Wort schon eine Musikalität, die eine Vertonung eigentlich überflüssig mache. Beckett pflichtete ihm bei und gestand, er möge Oper nicht.

 

Dass auch Feldman ein Problem hat mit vertontem Text, zeigt "Neither". Der Komponist sagte, er habe keine Ahnung gehabt, was er da wolle: "Ich suchte nach etwas, das schwebt." Entstanden ist ein unglaublich starkes Werk! Komponiert für Orchester und eine Solostimme, gleicht es mehr einer atmosphärischen Installation, einem szenischen Prozess, als einem Musikstück im herkömmlichen Sinn. Der Klang, der durch die Instrumente und die Stimme in Raum und Zeit projiziert wird, ist Feldman wichtiger als die Konstruktion. Das bestätigt auch ein Blick in die Partitur. Feldman schreibt hier zwar richtige Noten. Das war nicht immer so: In früheren Jahren hatte er auch schon den musikalischen Verlauf einer Melodie in einen Raster aus regelmässigen Kästchen eingetragen. Er schrieb auch Zahlen hinein, die besagten zum Beispiel, wie viele Tasten der Pianist stumm oder klingend niederdrücken solle. Doch von Noten zu sprechen, trifft die Sache nicht. Vielmehr sind es artikulierte Zeitdauern.

 

Graslange Hälse, hohle Köpfe

 

Die "Neither"-Partitur erinnert etwas an einen englischen Rasen. Ebenmässig ragen die Noten auf. Schwarze und hohle Köpfe auf graslangen Hälsen. Sie sind auf gleiche Höhe gestutzt und wachsen regelmässig, als hätte da eine unsichtbare Hand den Notenwald mit einem Rechen getrimmt. Die Ordnung in dieser rätselhaften Musik zeugt zudem von viel Faulheit. Die Flöten und Oboen glänzen im dreifachen Pianissimo in Liegenoten. Die Harfe kapriziert sich auf ein nonchalantes plum, Pause, plum. Pause, plum (ein Fünfachteltakt!). Schon nach einem Takt hüpft das Notenbild in einen Zweiviertel-, dann in einen Dreiachteltakt. Auch auf die Violinen ist kein Verlass: Sie tun nichts. Vierzig Takte lang. Dann fahren sie ihre Tentakel aus. Obacht Opernfreunde: Das Berner Symphonieorchester BSO, Dirigent Stefan Schreiber und Regisseur Matthias Rebstock sorgen dafür, dass es kein Zurück mehr gibt.

 

Reitschule Grosse Halle: Die Premiere vom Freitag, 19. April, ist ausverkauft. Weitere Vorstellungen Dienstag, 23., und Samstag, 27. April, 19.30 Uhr. Am 25. April, 20 Uhr spricht der Dramaturg Karl-Heinz Ott über das Verhältnis der Künstlerfreunde Samuel Beckett und Morton Feldman. www.konzerttheaterbern.ch

 

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Kulturagenda.be 18.4.13

 

Small Talk mit Mark Oberholzer alias Obi von Tomazobi

 

Vier Jahre nach dem Vorgänger tauft die wilde Chanson-Band Tomazobi das neue Album "Affehuus". Wir haben mit Mark Oberholzer alias Obi gesprochen, einem der vier Musiker.

 


Obi von Tomazobi

 

Mark Oberholzer, Sie taufen mit der Mundart- Liedermacherband Tomazobi das neue Album “Affehuus“. Es hat vier Jahre gedauert seit der letzten Platte. Weshalb?

 

Wir waren lange unterwegs, auf einer Tour, die nicht enden wollte. Wir haben alle auch noch andere Bands und darum hat sich das Songschreiben etwas in die Länge gezogen. Wir wollen auch nicht auf Biegen und Brechen im Jahresrhythmus Alben herausgeben.

 

Die Band existiert seit über zehn Jahren. Ist die Unbeschwertheit geblieben?

 

Ich glaube, das ist sie. Tomazobi muss lustorientiert bleiben. Wir haben seither viele andere Bandprojekte verfolgt, sind älter geworden, aber der Spirit ist geblieben.

 

Funktioniert Tomazobi überall gleich gut?

 

Wir können in einem Rockerschuppen, in einer Kita oder auf einem grossen Festival spielen - es funktioniert. Musikalisch sind wir so offen, dass wir fast überall hinpassen.

 

Sie traten bis anhin als Trio aus Tobi, Maz und Obi mit Ersatzmann Nick auf. Jetzt ist Tomazobi ein Quartett.

 

Für das neue Album haben wir das Konzept etwas verändert, wir treten nicht mehr nur mit Gitarre auf, sondern auch mit Schlagzeug und Bass.

 

Ist denn die Zeit des sympathisch überdrehten Trios auf den Barhockern vorbei?

 

Nein. Wir sitzen immer noch auf den Barhockern und tun blöd. Wir haben uns weiterentwickelt, aber der Kern bleibt gleich: Wir reden auf der Bühne, wie uns der Schnabel gewachsen ist, und nehmen in Kauf, dass auch mal Fehler passieren. Wir wollen auch gar nicht zur perfekt spielenden Popband werden.

 

Die Kulturagenda schrieb vor vier Jahren: „Tomazobi ist eine Stimmungs- und Schönwetterband„. Auf dem neuen Album sind aber auch nachdenkliche Zeilen zu hören.

 

Wir hatten das nicht so geplant, aber beim Songschreiben rutschen solche Sachen eher unbewusst rein.

 

Sie haben mittlerweile alle eine Familie. Ist Tomazobi eine Abwehrhaltung gegen das endgültige Erwachsenwerden?

 

(Lacht.) Vielleicht, aber wenn das so funktioniert, können wir das gerne noch 10, 20 Jahre weiterziehen. Das Kind in sich zu behalten, ist doch letztlich schön. Klar, wir sind etwas konzentrierter geworden, uns ist klarer bewusst, was wir an Tomazobi haben und dass wir auch davon leben. Früher rannten wir angeheitert auf die Bühne und überlegten nichts dabei. Heute haben wir eine andere Werthaltung. Musikalisch hat das aber keinen grundsätzlichen Einfluss. Auf der Bühne tun wir fast noch wilder als am Anfang, dünkt mich.

 

Interview: Michael Feller

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Plattentaufe: Dachstock der

Reitschule, Bern. Sa., 20.4., 21 Uhr

www.dachstock.ch

 

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Kulturagenda.be 18.4.13

 

Philipp Lauer und Holger Zilske im Dachstock

 

Philipp Lauer (Bild), unter anderem auch bekannt unter den Pseudonymen Brontosaurus oder Arto Mwambe, bewegt sich musikalisch zwischen Minimal und House. Zusammen mit dem Tontüftler Holger Zilske tritt er im Rahmen der Midilux-Reihe im Dachstock auf. Unterstützt werden die beiden Deutschen vom Haus-DJ Fabien.

Dachstock der Reitschule, Bern. Fr., 19.4., 23 Uhr

 

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Kulturagenda.be 18.4.13

 

"Christiane F." im Kino Reitschule

 

Mit der Reihe "Keine Macht den Drogen" reagiert das Kino Reitschule auf das immerwährende Dealer-Problem auf der Schützenmatte. Zu sehen ist unter anderem der Klassiker von Ulrich Edel aus dem Jahr 1981: "Christiane F. - Wir Kinder von Bahnhof Zoo". Er erzählt die erschütternde Geschichte der 14-jährigen heroinabhängigen Christiane Felscherinow.

Kino Reitschule, Bern. Sa., 20.4., 21 Uh

 

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BZ 17.4.13

 

"Porta Chiusa"

 

Performance Komponist und Musiker Paed Conca (Bild) hat mit "Porta Chiusa: Part two" ein interdisziplinäres Projekt geschaffen. Es basiert auf einem Text von Heike Fiedler. Zusätzlich zu diesem Spoken-Word-Text werden auch zwei Filmprojektionen und live gespielte Musik zu einem Ganzen vereinigt. Neben Paed Conca wirken Sabina Meyer, Hans Koch und Michael Thieke mit.pd

 

Heute, 20 Uhr, Rössli in der Reitschule, Bern

 

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BZ 17.4.13

http://www.bernerzeitung.ch/kultur/pop-und-jazz/Berns-Barden-rocken-die-Rapsfelder/story/23832993

Berns Barden rocken die Rapsfelder

 

Mundart · Auf ihrem neuen Album "Affehuus" pochen Tomazobi auf ihren Status als Trash-Troubadours und setzen auf Klampfen und Klamauk.


Respektlos im Ton, aber mit viel rockmusikalischem Handwerk: Tomazobi mit Obi, Maze, Tobi und Nick (von links). Bild: zvg

Was hat dieses Lied nicht schon durchgemacht. Auf Youtube findet man allerlei kuriose Versionen des Queen-Hits "Bohemian Rhapsody": Da ist ein Typ mit dem Künstlernamen The Manualist, der die Harmonien mit blossen Händen zum Tönen bringt, da ist eine finnische Gerümpeltruppe namens Porkka Playboys, die unplugged in einem parkierten Auto mit Freddie Mercurys Minioper loslegt. Nun hat auch Bern sein "Bohemian Rhapsody"-Cover: "Boehmische Rapsfelder" heisst es. Umgesetzt wird es von unseren Klamaukhelden Tomazobi, die ihre Aufgabe locker meistern, respektlos im Ton, aber mit viel rockmusikalischem Handwerk und Wissen. Die königlichen Chöre und Gitarrensoli schütteln Berns beatende Barden quasi aus dem Handgelenk, sie spiel(t)en ja auch in "seriösen" Bands. Was man hört: Mazes Saitenkünste dürften auch in den Tzigane-Kreisen der Banlieues zu reden geben, und Tobi trommelt genau so kraftvoll wie der Affe auf dem CD-Cover brüllt.

 

Mit Waschküchen-Grooves ...

 

"Affehuus" ist das erste Album, das Tomazobi nicht (nur) als Trash-Troubadours, sondern als waschechte Rockband mit World-Music-Repertoire zeigt. Konsequenterweise nahm man die CD in einer Waschküche auf und setzte auf Grooves aus New Orleans und Sounds von Raï bis Punk statt nur auf die Nylonsaitengitarre, die zum Troubadour gehört wie das Tattoo zu Gölä. Doch auch wenn sie mehr brettern als früher, liefern Tomazobi weiterhin Frisches und Hochprozentiges für das Berner Chanson. "Mir hei e Bänd erfunde, wo geng nach zwone Stunde spätestens eis mues ha", singen sie, frei nach Berns grösstem Troubadour. Es ist nicht besonders nachhaltig, wenn man als Band den jugendlichen Übermut zum Verkaufsargument erhebt. Denn mit fortschreitendem Alter gerät man in Erklärungsnotstand - immerhin liegt das Tomazobi-Debüt fast zehn Jahre zurück.

 

... und "Gigu"-Drive

 

Darum haben Obi, Maze, Tobi und Nick gut daran getan, sich zumindest musikalisch zu verändern. Ihre Nonsensraps werden durch die Poparrangements in neue Dimensionen entführt, und wenn sich Tomazobi an Louis Primas "Just a Gigolo" vergehen ("I bi nume e Gigu" heisst das bei ihnen), tun sie es mit so viel Drive, dass man ganz vergisst, dass dieser Sandkasten-meets-Dada-Humor nicht mehr der ganz "heisse Scheiss" ist.

 

"Früecher sy mir Wiudi gsy"

 

Für Zusatzspannung auf "Affehuus" sorgen die "Features" von Baze und Gigi Moto, zwischendurch wird der Klamauk durch eine nachdenkliche Zeile relativiert. "Früecher sy mir Wiudi gsy, doch itz hei aui Family", tönt es in "Mittustrass".Dann ist genug gegrübelt. Mit "Einewäg der Wind wäiht" schliessen Tomazobi den offiziellen Teil ihrer neuen CD ab. Freddie Mercury und vielleicht auch Mani Matter hätten ihnen zugestimmt.

 

 

Tomazobi: "Affehuus", Universal. CD-Taufe: 20. April, Dachstock Reithalle.

bands.bernerzeitung.ch