MEDIENSPIEGEL 5.8.08
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Rechtsextreme
- Sozialismus oder Tschäppät: Stapi goes Kuba
- SP-"Sicherheits"-Papier
- Polizeiliche Sicherheitsassistenten PSA
- Kokain
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REITSCHULE
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PROGRAMM:
Mi 6.8.08 20h Lounge: From Heartbeats and Heartbreaks
Do 7.8.08
19.30 Los Fastidios (Italien)
- Streetpunk - pünktlicher Beginn!!!
http://www.losfastidios.com/
21.00 Nur Sound (Bern) -
Dubstep, Jungle, Drum'n'Bass, Elektro, Hiphop
http://www.myspace.com/nurnet
Fr 08.08.08
20.00 Uhr Vorplatz
The Monofones (Bern) - Garage
House-Punk-Trash
http://www.myspace.com/monofones
Sa 09.08.08
21.00 Uhr Grosse Halle
Balder-Fly-Preview 3: "Die Lust der
Zerstörung"
http://www.konsortium-konsorten.org
22.00 Uhr Grosse Halle
DJ Dave Canina (Electronica /
House / Techno)
22.00 Uhr Innenhof
Grannysmith, The Bucks, dj's forensic
+ jane vayne
(Konzert zum SLP Saisonstart)
http://www.thebucks.ch
http://www.grannysmith.ch
So 10.08.08
19.00 Uhr Vorplatz
Fahrradkarawane Chiapas: Essen
(ab 20Uhr im ifluss-Infoveranstaltung zur aktuellen Lage in Chiapas mit
Caracol Freiburg)
http://www.chiapas-karawane.ch.vu
Vorplatz-Belebungs-Bar: Di-Sa ab 16 Uhr
Vorplatz-Belebungs-Infos: http://www.vorplatz.ch
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RECHTSEXTREME
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Bund 4.8.08
Rechtsextreme feiern in Bümpliz
Über 200 Rechtsextreme haben am Samstag ein Konzert im Bienzgut
Bümpliz
veranstaltet. Die Organisatoren mieteten den Raum für einen
"Kundenanlass".
Hans Stucki traute seinen Augen nicht: "Vor dem Bienzgut standen Leute
mit Glatze und schwarzen Stiefeln herum", sagt der
Geschäftsführer des
Bienzgut-Trägervereins. Die Skinheads hatten im Dachstock ein
Konzert
der rechtsextremen Bands Indiziert und Amok besucht. Der Raum war zuvor
von einem Herrn Rohrbach für den "Kundenanlass" eines CD-Labels
gemietet worden. Bei Herrn Rohrbach dürfte es sich um Cedric
Rohrbach,
den Schlagzeuger der Burgdorfer Band Indiziert, gehandelt haben. Der
Hausverwaltung und der Stiftung für
Bümpliz/Bethlehem/Bottigen/
Riedbach als Trägerschaft des Bienzguts war dies aber offenbar
nicht
bekannt. Angesichts dieser "Verschleierungstaktik" fühle sich die
Stiftung von den Organisatoren "hintergangen", heisst es in einer
Medienmitteilung. Die Stiftung will nun genauer nachfragen, an wen sie
ihre Räume vermietet. Künftig soll auch eine kurzfristige
Kündigung des
Mietvertrags möglich sein, "wenn die öffentliche Sicherheit
gefährdet
wird", sagt Stucki. Der Kantonspolizei wiederum war bekannt, dass
Rechtsextreme am Samstag ein Konzert im Raum Bern organisieren. "Wir
haben bereits im Grauholz 200 Personen kontrolliert", sagt ein
Sprecher. Dabei seien aber weder verdächtige Gegenstände noch
einschlägige Flugblätter gefunden worden. Als klar war, wo
die Konzerte
stattfinden würden, habe man den Ort überwacht. "Es blieb
ruhig", sagt
der Sprecher.
Die Band Indiziert musste sich wegen ihrer Texte bereits vor dem
Richter verantworten. Amok ist eine Zürcher Band aus dem Umfeld
der
Skin-Organisation Blood&Honour. Die Band-Mitglieder seien
namentlich nicht bekannt, sagt Rechtsextremismus-Experte Hans Stutz.
Amok fallen durch "besonders grausame Texte" auf. In einem ihrer Lieder
ruft die Band zur Ermordung von Hans Stutz auf. "Ich habe Strafanzeige
gegen unbekannt eingereicht", sagt Stutz. (bob)
---
20min.ch 4.8.08
Rechtsextreme Band spielte im Bienzgut
"Wir fühlen uns hintergangen", sagt Hans Stucki,
Geschäftsführer der Stiftung
Bümpliz/Bethlehem/Bottigen/Riedbach.
Der Grund: Am Samstagabend gab die rechtsextreme Band Indiziert im
Begegnungszentrum Bienzgut ein Konzert. "Wir bedauern sehr, dass diese
Band einen ordentlichen Mietvertrag für die Heubühne er
halten hat",
so Stucki. Die Trägerschaft habe nichts davon gewusst, dass
hinter der
Mietanfrage rechte Kreise steckten. Offenbar wurde der
Veranstaltungsort selbst den Konzertbesuchern erst kurz vorher
bekanntgegeben.
"Wir haben im Grauholz etwa 200 Personen kontrolliert, welche wir
rechtsextremen Kreisen zuordneten", sagt Polizeisprecher Thomas Jauch.
Dabei habe die Kapo nichts strafrechtlich Relevantes festgestellt.
"Beim Bienzgut selber waren wir dann präventiv vor Ort", so Jauch.
sah
---
espace.ch (SDA) 4.8.08
200 Personen bei Indiziert-Konzert kontrolliert
Im Begegnungszentrum Bienzgut in Bern-Bümpliz hat am Samstag
gemäss
einer Mitteilung der Trägerschaft ein Konzert der rechtsradikalen
Band
Indiziert stattgefunden. Die Trägerschaft wusste im Vorfeld nichts
davon und fühlt sich hintergangen.
Die Trägerschaft bedaure, dass die Organisatoren einen
ordentlichen
Mietvertrag für die so genannte Heubühne erhalten
haben, schrieb
Geschäftsführer Hans Stucki am Montag in einer
Mitteilung. Mit der
Person, die den Vertrag erhielt, habe er vorher schriftlich und
persönlich Kontakt gehabt, sagte Stucki auf Anfrage. Es sei
ihm nichts
aufgefallen.
Ab sofort behalte sich die Trägerschaft aber in allen
Mietverträgen
das Recht vor, kurzfrsitig zurückzutreten, wenn eine
Veranstaltung die
"öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung" gefährde.
Ein Sprecher der Kantonspolizei Bern bestätigte am Montag,
dass am
Samstag präventiv Patrouillen in Bümpliz waren. Im Grauholz
habe die
Polizei zudem rund 200 Personen aus dem rechten Spektrum
kontrolliert.
Dabei sei nichts strafrechtlich relevantes festgestellt worden.
---
bienzgut.ch 4.8.08
Zur Veranstaltung vom Samstag 2. August im Begegnungszentrum Bienzgut
Ohne Wissen der Trägerschaft fand am Samstag 2. August im
Begegnungszentrum Bienzgut eine Veranstaltung rechtextremer Kreise
statt. Dass die Organisatoren der Veranstaltung vom letzten Samstag
einen ordentlichen Mietvertrag für die Heubühne erhalten
haben,
bedauern wir. Wie wir vernommen haben, war der Veranstaltungsort bis
zuletzt geheim gehalten worden, beziehungsweise er wurde den
Teilnehmenden erst an an einem Treffpunkt im Raum Bern bekanntgegeben.
Diese Verschleierungstaktik zeigt auf, dass es den Veranstaltern selber
bestens bekannt war, dass sie mit der Veranstaltung die
öffentliche
Sicherheit, Ruhe und Ordnung hätten gefährden können. In
diesem Sinne
fühlen wir uns als Vermieter von den Organisatoren hintergangen.
Wir
haben nun Massnahmen getroffen, damit in Zukunft für
Veranstaltungen,
die die öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung gefährden
können,
keine Mietverträge mehr ausgestellt werden. Die Stiftung für
Bümpliz/Bethlehem/Bottigen/Riedbach dankt der Kantonspolizei
für die
präventive Sicherung des Veranstaltungsortes.
Für weitere Informationen wenden Sie sich an
> Hans Stucki, Geschäftsführer Stiftung für
Bümpliz/Bethlehem/Bottigen/ Riedbach
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Telebärn 4.8.08
Leider noch nicht auf dem Netz.
---
Sonntagsblick.ch 3.8.08
Die Neonazis - und wir
Marc Walder Chefredaktor
NICHT NEONAZIS STÖRTEN dieses Jahr den 1. August auf dem
Rütli. Ein
Wolkenbruch war es, der für den Abbruch der nationalen Feier
sorgte.
DOCH DER ERSTE Eindruck trügt: Die Szene der Rechtskonservativen,
Rechtsradikalen, Rechtsextremen, Neonazis brütet weiter ihr
braunes
Gedankengut aus. Mitten in der Schweiz. Und keiner schaut hin.
SONNTAGSBLICK-RECHERCHEN zeigen Erschreckendes: In Sempach LU
formierten sich kürzlich rund 250 Rechtsradikale zum Gedenkmarsch.
GEFÄHRLICHER BRAUNER SUMPF? Oder bemitleidenswerte Wirrköpfe?
LESEN WIR, WAS das Bundesamt für Polizei uns mitzuteilen hat: "Die
Teilnehmerzahl an solchen Veranstaltungen weist tatsächlich
steigende
Tendenz auf." Weiter heisst es im Schreiben an SonntagsBlick:
"Rechtsextreme treten heute selbstbewusster auf (namentlich in
Gruppen), sie scheuen die Öffentlichkeit weniger als früher
und
versuchen sich teilweise in der Parteipolitik zu etablieren."
DAS BRAUNE PACK ist also auf dem Vormarsch. Es scheint sogar
salonfähig zu werden.
HINSCHAUEN, WEGSCHAUEN, Schulterzucken: Schärfere Reaktionen auf
den
Zug der Ewiggestrigen von Sempach - auch von staatlicher Seite - sind
nicht bekannt geworden.
VIELLEICHT HILFT DEN DULDERN und Verharmlosern ein Text aus Martin
Cüppers' Buch "Wegbereiter der Shoah" besser zu verstehen, worum
es
geht.
ES IST EIN AUGENZEUGENBERICHT über die Erschiessung von Juden
durch
einen SS-Mann mit Namen Knäbel: "Das kleine Kind der Juden, das
Knäbel
zuerst an der Hand führte und zuletzt auf dem Arm trug, musste bei
der
Ermordung seiner Eltern zusehen. Hierauf fing es zu schreien an.
Daraufhin nahm es Knäbel wieder auf den Arm, beruhigte es durch
Streicheln und durch Worte. Als das Kind ruhig war, hat er es durch
Genickschuss getötet. Im Augenblick der Schussabgabe trug er es
auf dem
Arm."
DAS IST ES, WOFÜR Neonazis marschieren.
---
Sonntagsblick 3.8.08
Der Staatsschutz schaut weg:
Neonazis feiern Leibacher
Rechtsradikale verherrlichen den Attentäter, der 2001 in Zug ein
Blutbad anrichtete. Und niemand schreitet ein.
Die Aufnahme stammt vom 28. Juni, geschossen wurde sie in Sempach: Etwa
250 Rechtsradikale marschierten am Schlachtgedenktag ungestört
durch
das Luzerner Städtchen. Mitten im braunen Haufen: ein 20- bis
25-jähriger Jüngling mit schwarzem T-Shirt. Die Aufschrift:
"Friedrich
Leibacher, Nationalheld. Warum hast du nicht in Bern gewohnt?" Eine
makabre Anspielung, die ausdrückt, dass Leibacher lieber im
Bundeshaus
hätte töten sollen.
Zur Erinnerung: Am 27. September 2001 erschiesst der Querulant
Friedrich Leibacher im Zuger Regierungsgebäude elf Kantons- und
drei
Regierungsräte, 18 weitere Personen werden zum Teil schwer
verletzt.
Einer von ihnen ist Hanspeter Uster (50), damals
Regierungspräsident
von Zug. Beim Attentat erlitt er einen Lungendurchschuss. Uster
über
den Vorfall in Sempach zu Sonntags-Blick: "Das ist jenseits von Gut und
Böse." Schockiert zeigt sich auch Jürg Frischknecht (61),
Experte für
politischen Extremismus: "Es ist bemerkenswert, dass dieser Mann
inmitten der PNOS marschieren kann, und keiner stört sich daran."
Die
Partei National Orientierter Schweizer hat wiederholt an Wahlen
teilgenommen. 2004 erlangte sie einen Sitz im Stadtrat von Langenthal
BE.
Der Jüngling mit dem Leibacher-T-Shirt ist dem Dienst für
Analyse und
Prävention (DAP) sehr wohl aufgefallen, wie Sprecherin
Danièle Bersier
gegenüber SonntagsBlick bestätigt. Trotzdem kontrollierten
die
Staatsschützer den Mann nicht. Bersier: "Obwohl moralisch
verwerflich,
ist beim geschilderten Sachverhalt a priori keine strafbare Handlung
erkennbar, insbesondere nicht bezüglich des
Antirassismus-Artikels."
Mit der gleichen Begründung schaute auch die Kantonspolizei Luzern
weg.
Warum die beiden Behörden nicht einmal seine Personalien
aufnahmen,
dafür haben sie hingegen keine Erklärung. Der Aargauer Heinz
Kaiser
(59), ein langjähriger Aktivist gegen die rechtsextreme Szene, hat
kein
Verständnis: "Dieser Mann ist eine tickende Zeitbombe.
Unverständlich,
dass DAP und Polizei nicht wissen wollen, wer er ist." Kritisch ist
auch Hanspeter Uster: "Wie würde der DAP wohl reagiert haben, wenn
der
Mann ein T-Shirt von Marco Camenisch mit dem gleichen Text getragen
hätte? Hätte er dann auch weggeschaut?"
Als Berner Fans 2004 beim Eishockeymatch EVZ - SCB ein Plakat mit den
Worten "Danke Leibacher" entrollten, handelte der private
Sicherheitsdienst des EV Zug rasch. Keine 30 Sekunden später war
das
Banner verschwunden; der fragliche Fan entschuldigte sich. Vom Neonazi
mit dem Leibacher-T-Shirt ist das eher nicht zu erwarten. Auf seiner
Baseballmütze prangt die Zahl 18: ein rechtsradikaler Code
für "Adolf
Hitler". BENNO KÄLIN
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sonntagonline.ch 3.8.08
Huber-Hotz lädt Rechtsextreme ein
Sie hoffe, dass die Rechtsextremen künftig wieder aufs Rütli
kämen. Das
sagt die ehemalige Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz - und sorgt
damit bei Politikern und Rassismus-Experten für Kopfschütteln.
Von Katia murmann
Sie marschieren in Springerstiefeln an, mit grossen Fahnen in den
Händen und nationalistischen Sprüchen auf den Lippen: Heute
um 15 Uhr,
zwei Tage nach dem 1. August, feiert die Partei National Orientierter
Schweizer (Pnos) auf dem Rütli ihre "eigene, würdige Feier" -
so
kündigt sie es im Internet an.
Geht es nach Annemarie Huber-Hotz (FDP), müssen die Rechten aber
schon
bald nicht mehr verspätet auf der Traditionswiese ihre Fahnen
schwingen. Die ehemalige Bundeskanzlerin ist heute für die
Rütli-Feier
zuständig - als Präsidentin der Schweizerischen
Gemeinnützigen
Gesellschaft.
"Ich hoffe, dass die Rechtsextremen zu uns kommen, aber auch friedlich
sind", sagte Huber-Hotz am Freitag wörtlich in einem Interview mit
Radio DRS.
"Denn wir sind natürlich daran interessiert, dass sich alle
Gesinnungen
hier auf dem Rütli am 1. August versammeln. Aber es muss geordnet
dahergehen, und alle müssen Respekt vor den Meinungen der anderen
an
den Tag legen."
Die Einladung der Rütli-Chefin an die Extremisten löst selbst
in der
eigenen Partei Kopfschütteln aus: "Ich habe Mühe damit,
Rechtsextreme
aktiv aufs Rütli einzuladen", sagt Gabi Huber, Urner
FDP-Nationalrätin.
"Gerade nach den Erfahrungen der letzten Jahre besteht wenig Hoffnung,
dass die Rechtsextremen auf dem Rütli auf ihre Gesten verzichten
und
sich friedlich neben den anderen Familien niederlassen würden."
Auch Nationalrat Joseph Lang (Grüne ZG) hält das Angebot
für falsch:
"Rechtsextreme stellen die Gleichheit der Menschen in Frage. Sie aufs
Rütli einzuladen, ist daneben." Georg Kreis, der Präsident
der
Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, ist der Meinung, dass
man
Rechtsextremismus sichtbar machen und ernst nehmen muss.
Doch er warnt: "Lädt man Rechtsextremisten auf das Rütli ein,
können
sie diese Gelegenheit als Plattform für ihre Propaganda nutzen."
Selbst wenn die Rechten friedlich seien, dürfe man nicht
vergessen,
dass der Rechtsextremismus immer mindestens zwei Gesichter habe: "Nach
aussen ist da diese Ordentlichkeit, in unbeobachteten Momenten aber
gibt es gegen einzelne Wehrlose immer auch Zügellosigkeit und
Grobheit
bis zur Gewaltanwendung", sagt Kreis. "Die scheinbare
Anständigkeit
soll nicht darüber hinwegtäuschen."
Hocherfreut über die Einladung von Annemarie Huber-Hotz zeigt sich
einzig die Pnos: "Wir würden das Angebot gerne annehmen,
schliesslich
waren und sind wir immer friedfertig", sagt Partei-Sprecher Renato
Bachmann. Allerdings lehne es die Pnos ab, am 1. August auf das
Rütli
zu kommen, solange das Ticketsystem besteht.
Doch auch da könnte die Verantwortliche Huber-Hotz den
Rechtsextremen
entgegenkommen. Im Interview mit Radio DRS sagte sie: "Ich hoffe
natürlich, dass wir irgendwann einmal mit dem Ticketsystem
aufhören
können."
(mz/nos)
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SOZIALISMUS ODER TSCHÄPPÄT
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Bund 5.8.08
Ein neuer Freund für Havanna
Tschäppät in Kuba
Nein, dementiert Stadtpräsident Alexander Tschäppät (sp)
ein
hartnäckiges Gerücht. Er sei während seiner Ferien in
Kuba nicht zum
Ehrenbürger von Havanna ernannt worden. Während einer
Unterredung mit
dem Vize-Stadtpräsidenten der kubanischen Hauptstadt habe er aber
eine
Art Urkunde und eine Blechmedaille erhalten. Auf der Urkunde werde er
als "Freund von Havanna" bezeichnet.
Vierzehn Tage sind Genosse Tschäppät und sein Bruder Philipp
durch die
Karibikinsel gereist. "Die Ära Castro neigt sich dem Ende zu. Ich
wollte nochmals den Sozialismus sehen", umschreibt der
Stadtpräsident
das Ziel der Reise. Über Politik habe er im Einparteienstaat
allerdings
nicht reden können. "Es dreht sich immer noch alles um den
Commandante
en jefe, Fidel Castro." Die kubanische Botschaft habe ihn im Vorfeld
der Reise gefragt, welche Institutionen er gerne sehen möchte. Er
habe
sich für Hochschulen in den Bereichen Medizin und Sport sowie die
Zigarrenfabrik "Cohiba" entschieden.
Als "Freund von Havanna" habe er sich aber oft hilflos gefühlt.
"Was
wir als Patina empfinden, ist bitterste Armut." Im Gespräch mit
dem
Vizestadtpräsidenten sei unter anderem auch die Infrastruktur ein
Thema
gewesen. "Die Strassen und die Kanalisation sind in einem schlimmen
Zustand." Im tropischen Regen werde das Wasser oft aus der Kanalisation
herausgedrückt, so dass die Strassen durch riesige Pfützen
blockiert
würden. Die Lebensfreude der Menschen stehe in scharfem Kontrast
zu
diesen Missständen. Eine weitere Kuba-Reise steht für den
Berner
Stadtpräsidenten zurzeit nicht zur Debatte. "Das Land wird wohl
bald
amerikanisiert werden", sagt Tschäppät.
Bernhard Ott
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BZ 5.8.08
Tschäppäts Audienz
Stapi Alexander Tschäppät traf den Vize-Stapi von Havanna.
Nach dem Diner erhielt Tschäppät eine "Medaille aus billigem
Blech".
Stadtpräsident Alexander Tschäppät traf sich bei seinem
ersten
Aufenthalt in Kuba in diesem Sommer zu einem Austausch mit dem
Vize-Stadtpräsidenten der Hauptstadt Havanna. "Wir sprachen
über die
Kanalisation und die Wasserversorgung", verrät
Tschäppät. Mit einem
gemeinsamen Nachtessen ging die von der Botschafterin eingefädelte
Begegnung der beiden ungleichen Sozis zu Ende, und Tschäppät
erhielt
eine Blechplakette zur Erinnerung. "Darunter dürfen Sie sich
nichts
Wertvolles für den Trophäenschrank vorstellen. Sie gleicht
eher einer
Schützenmedaille aus billigem Blech", dämpft er allzu hohe
Erwartungen
ab. Immerhin wurde Tschäppät aber als "honorable guest"
empfangen.
An den Namen des Magistraten kann Tschäppät sich nicht mehr
erinnern.
Dafür an die "tolle Stadt mit Charme", die jedoch unter massiver
Armut
leide. Slums gebe es zwar nicht, doch mit der Infrastruktur stehe es im
Argen, und privat gelte bereits ein Natel als Luxus.
In letzter Zeit wurde Tschäppäts Bern da und dort durch den
Dreck
gezogen und als schmuddlig und unsicher bezeichnet. Tschäppät
sieht die
Relationen gewahrt: In der 2-Millionen-Metropole gebe es gar nicht
genug Autos für einen Stau, für eine Wegwerfmentalität
sei man zu arm,
und wer eine Spraydose habe, brauche diese, um etwas zu sanieren. cab
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SP-"SICHERHEITS"-PAPIER
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Bund 5.8.08
Der SP-Streit um die Sicherheit
SP-Kantonalpräsidentin Irène Marti geht auf Distanz zu
parteiinternen Forderungen nach mehr Repression
Das Sicherheitspapier der SP Schweiz sei "nicht klar in der Analyse",
findet die Berner SP-Präsidentin Irène Marti. Sie
relativiert
Forderungen nach mehr Repression und wendet sich gegen ein Bettelverbot
und gegen Videoüberwachung im öffentlichen Raum.
BUND: Die SP Schweiz diskutiert derzeit ein Sicherheitspapier, das
verstärkt auf Repression setzt. Auch die SP Stadt Thun etwa hat
kürzlich mehr Sauberkeit und mehr Polizeipräsenz gefordert.
Die
öffentliche Sicherheit ist SP-Thema geworden. Hat die Partei etwas
nachzuholen?
IRèNE MARTI: Die öffentliche Sicherheit ist ein sehr
wichtiges Thema,
und es ist auch wichtig, dass sich die SP hier klar verlauten
lässt.
Aber dass sie etwas nachzuholen hat, bestreite ich. Der Gegenpol von
Sicherheit ist Gewalt - oder Ungerechtigkeit. Kernthema der SP ist die
soziale Gerechtigkeit. Dafür kämpft sie, seit es sie gibt.
Armut und
Hungersnöte, schreiende Ungerechtigkeit in der Dritten Welt und
soziale
Ungerechtigkeit bei uns sind Ausdruck struktureller Gewalt. Die andere
Gewalt ist jene, die man unmittelbar wahrnimmt als Gewalt gegen Leib
und Leben, Gewalt gegen Sachen, Einbrüche, Diebstähle,
Vandalismus:
Hier haben wir unsere Position immer klar dargelegt.
Dann gibt es gar keinen Richtungswechsel in der SP-Politik?
Man wird das im Oktober sehen, wenn das Papier der
Sicherheits-Arbeitsgruppe am Parteitag der SP Schweiz diskutiert wird.
Warum beschäftigt sich die SP jetzt so intensiv mit dem Thema
Sicherheit? Ist das nicht doch eine Folge der Nationalratswahlen 07, wo
die SP stark verloren hat?
Auf jeden Fall hatten viele Leute den Eindruck, die SP kümmere
sich
nicht um ihre Probleme. Eine Verunsicherung ist in der Bevölkerung
feststellbar.
Auch SP-Wähler hatten das Gefühl, die SP vernachlässige
das Thema.
Ja. Im Bereich soziale Sicherheit, sind wir stark, dort sind wir
positioniert. Da nimmt man uns wahr. Im Bereich öffentliche
Sicherheit
- im Sinne von Schutz vor Gewalt - werden wir zu wenig wahrgenommen.
Vielleicht haben wir unsere Haltung zu wenig gut kommuniziert, oder wir
haben das Thema zu wenig ernst genommen, das ist möglich. Auf der
anderen Seite hat die Rechte das Thema skandalisiert, ohne wirklich
nach Lösungen zu suchen.
Das Sicherheitspapier ist SP-intern stark kritisiert worden.
Nationalrat Andrea Hämmerle sagte, es sei verunglückt, man
sei der SVP
in der Sprache hinterhergelaufen (man redet etwa von "Chaotentum") und
zum Teil auch in den Massnahmen. Was halten Sie vom Papier?
Für mich ist es eher ein Vorentwurf. Es enthält wichtige
Punkte, die zu
Recht diskutiert werden. Es ist aber nicht klar in der Analyse. Gewalt
wird nicht klar definiert, und es wird nicht klar gesagt, was für
die
SP prioritär ist. Man müsste zudem erläutern, dass auch
patriarchale
Strukturen und rechtsextremes Gedankengut gewaltfördernde Faktoren
sind
-all das finde ich nicht im Papier. Und für mich ist klar:
Littering
und Betteln gehören nicht in diese Diskussion. Von liegen
gebliebenem
Abfall geht kein Sicherheitsrisiko aus, und ich kenne keine
gewalttätigen Bettler. Auch die im Papier erwähnten
Ruhestörungen als
Schattenseite der 24-Stunden-Gesellschaft gehören nicht zum Thema.
Nächtliche Ruhestörung ist lästig, aber keine Frage der
Sicherheit.
Hämmerle sagte auch, mit dem Thema Sicherheit werde die SP
keine
Wähler gewinnen: Wer Sicherheit als Hauptthema anschaue,
wähle das
Original - also die SVP.
Das sehe ich auch so. Ich finde es richtig, dass wir uns mit dem Thema
beschäftigen, aber einen Blumenstrauss holen wir uns damit nicht.
Wenn
wir uns aber im Thema Sicherheit positionieren, dann müssen wir
klar
betonen, dass die Polizei ein Service public für alle ist. Sie ist
nicht nur dazu da, Villen zu bewachen. Wichtig ist auch, dass das
Gewaltmonopol beim Staat bleibt. Wir wollen eine gute Polizei, die gut
arbeiten kann, aber wir wollen auch eine demokratische Kontrolle der
Polizei.
Ist die Schweiz unsicherer geworden?
Nein. Die Statistiken zeigen, dass Gewalttaten insgesamt nicht
zugenommen haben. In der subjektiven Wahrnehmung vieler Leute aber hat
das Unsicherheitsgefühl zugenommen. Es gibt mehr Vandalismus,
Entreissdiebstähle. Und ein Entreissdiebstahl kann für einen
Menschen
ein enorm traumatisches Erlebnis sein, das möchte ich nicht
herunterspielen. Eine Veränderung gab es zudem bei der Gewalt
unter
Jugendlichen. Im Zusammenhang mit Alkohol- und Drogenkonsum ist die
Hemmschwelle, aufeinander loszugehen, gesunken.
Fühlen Sie sich sicher, wenn Sie abends durch Bern spazieren?
Ja. Ich fühle mich nicht unsicherer als früher. Als junge
Frau dachte
ich aus politisch-feministischer Überzeugung: Ich gehe zu jeder
Tages-
und Nachtzeit überall hin, das ist mein Recht. Später habe
ich mir
eingestanden, dass es Orte gibt, wo ich Angst habe und nicht hingehe.
Gewalt gegen Frauen ist kein neues Thema. Das hat mich als junge Frau
beschäftigt und beschäftigt mich heute. Aber ich habe mich
noch nie
unsicher gefühlt, wenn ich in der Nacht durch den Berner Bahnhof
gegangen bin. Das aber ist meine Wahrnehmung. Andere Leute fühlen
sich
eben unsicherer.
Braucht es in der Schweiz mehr Polizisten?
Der Staat braucht gut ausgebildete Polizisten, und diese sollen ihre
Arbeit mit guten Arbeitsbedingungen erfüllen können - wie
auch alle
anderen Angestellten des Service public. Die Aufgabenstellung an die
Polizei definiert dann, wie viele Stellen es braucht, das müssen
Kantone und Gemeinden entscheiden. Ich kann nicht einfach sagen, es
brauche 1500 Polizisten mehr in der Schweiz, wie das im Papier steht.
Das finde ich etwas aus der Luft gegriffen.
In der Stadt Bern wird heftig über ein Bettelverbot diskutiert.
Wenn die neue Bahnhofordnung jetzt wie in andern Bahnhöfen
das Betteln
verbietet, kann ich das wegen der grossen Personenströme
nachvollziehen. Aber ein allgemeines Bettelverbot finde ich völlig
übertrieben, das braucht es nicht. Es ist für viele Leute
unangenehm,
angesprochen zu werden. Der Sozialstaat sagt, es brauche das Betteln
nicht, die Leute fielen nicht durch das Netz. Dennoch gibt es ein paar
Leute, die etwas anders ticken - warum sollen sie nicht betteln, ich
sehe hier kein Problem der öffentlichen Sicherheit. Anders sieht
es
aus, wenn Kinder zur organisierten Bettelei missbraucht werden, aber um
dagegen einzuschreiten, haben wir ausreichende Gesetze.
Wie beurteilen Sie heute den Wegweisungsartikel?
Nach wie vor finde ich es nicht in Ordnung, dass man den
Wegweisungsartikel hat, dass man Perimeter hat, dass man die
Randständigen auf diese Weise zu disziplinieren versucht. Richtig
und
gut finde ich Interventionen wie beim Projekt Pinto, wo man auf die
Leute zugeht und ihnen sagen kann, was geht und was nicht.
Das SP-Sicherheitspapier akzeptiert die Videoüberwachung des
öffentlichen Raums punktuell. Die SP Kanton Bern aber hat sich in
ihrer
Vernehmlassung zum kantonalen Polizeigesetz dezidiert dagegen
ausgesprochen.
Mit der Videoüberwachung im öffentlichen Raum wird der
Bevölkerung eine
Scheinsicherheit vorgegaukelt. Warum fühlen sich die Leute
sicherer?
Sie haben das Gefühl: Hinter jeder Kamera sitzt jemand an einem
Monitor
, und wenn mir etwas passiert, ist in einer Minute jemand da und hilft
mir - das ist nicht die Realität. Die Bänder werden
aufbewahrt,
vielleicht kann man sie bei der Ermittlung brauchen, aber verhüten
kann
man Gewalt damit grösstenteils nicht. Ich empfinde die
Videoüberwachung
auf öffentlichen Plätzen dagegen als Eingriff in meine
persönliche
Freiheit, sie tangiert mein Demokratieverständnis. Und ich sehe
den
Nutzen nicht. Ich sehe nur, dass da viel Geld verlocht wird, das man
gescheiter für mehr Polizeipräsenz brauchen würde.
Stefan Wyler
--
Das SP-Sicherheitspapier
Ende Juni hat die Geschäftsleitung der SP Schweiz ein
Positionspapier
zur öffentlichen Sicherheit verabschiedet. Die SP wolle in diesem
Bereich mehr Verantwortung übernehmen, sagte SP-Präsident
Christian
Levrat ("Bund" vom 1. Juli). Im Papier bekennt sich die SP neben der
Prävention klarer als bisher
zur Repression. Sie verlangt mehr Polizeipräsenz an
kritischen Punkten
und 1500 zusätzliche Polizisten in der Schweiz. Sie fordert eine
Jugendpolizei, Massnahmen gegen Hooligans, Vandalismus und Dreck im
öffentlichen Raum, ein Verbot der organisierten Bettelei, die
rasche
Ausschaffung von Kriminaltouristen auch bei kleinen Delikten. Im
Oktober wird das Papier am Parteitag der SP Schweiz in Aarau
diskutiert. Die SP Thun ihrerseits hatte kurz zuvor ein eigenes Papier
für mehr Sicherheit in der Stadt vorgestellt. Auch sie will mehr
Polizeipräsenz, eine Jugendpolizei, Massnahmen gegen Abfall und
Ruhestörung. (sw
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POLIZEILICHE SICHERHEITSASSISTENTEN PSA
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espace.ch (SDA) 4.8.08
Kanton bildet erstmals Sicherheitassistenten aus
In Solothurn hat am Montag die Ausbildung der ersten Polizeilichen
Sicherheitsassistenten (PSA) begonnen. Den fünfmonatigen Lehrgang
in
Angriff genommen haben je drei Frauen und Männer im Alter zwischen
20
und 35 Jahren.
Die Ausbildung zum PSA sei für den Kanton Solothurn und das
Polizeikonkordat Nordwestschweiz ein Novum, teilte die Polizei Kanton
Solothurn mit. Eingesetzt werden sollen die umbewaffneten PSA nach der
Ausbildung in den Bereichen Sicherheit, Verkehr und Ordnung, wie
Polizeisprecher Frank Wilhelm auf Anfrage sagte.
Der praktische Teil der Ausbildung erfolgt zu einem grossen Teil in
Ittigen BE unter der Federführung der Kantonspolizei Bern.
Zwischendurch seien die Auszubildenden aber auch im Kommando in der
Schanzmühle in Solothurn anzutreffen, sagte Wilhelm.
Gegen Ende der Ausbildung erfolgt im November ein vierwöchiges
Praktikum bei verschiedenen Diensten der Sicherheitsabteilung.
Gemäss
dem Polizeigesetz erfüllen die PSA einfache hoheitliche
Sicherheitsaufgaben, wie beispielsweise die Kontrolle des ruhenden
Verkehrs oder allgemeine Überwachungs- und
Kontrolltätigkeiten zur
Erhöhung Sicherheit.
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KOKAIN
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nzz.ch 3.8.08
Land der Kokser
404 Kilogramm Kokain hat die Polizei letztes Jahr in der Schweiz
beschlagnahmt - so viel wie nie zuvor. Das weisse Pulver, einst die
Aufputschdroge der High Society, ist massentauglich geworden: Gekokst
wird heute in allen sozialen Schichten, die Süchtigen werden immer
jünger. Nicht selten ist Kokain auch bei Gewalt- und
Verkehrsdelikten
im Spiel.
Herzinfarkt. Mit 21 Jahren. Immer wieder muss Franz Eberli auf der
Kardiologieabteilung im Zürcher Triemlispital Patienten behandeln,
die
sehr jung sind. Eigentlich wäre ihr Herz kerngesund. Und doch
kämpfen
sie plötzlich - nach durchtanzter Nacht, nach einigen Drinks und
einer
Linie geschnupften Kokains - um ihr Leben. "Wenn wir unter
30-Jährige
wegen eines Herzinfarktes behandeln müssen, ist in vielen
Fällen Kokain
im Spiel", sagt Eberli. Kokain kann zu Herzrhythmusstörungen
führen
oder zur Verengung der Herzkranzgefässe. "Die Folgen können
ein
Infarkt, schwere Herzschädigungen oder der Tod sein." Ein- bis
zweimal
in der Woche wird ein junger Mensch wegen Herzschmerzen als direkter
Folge von Kokainkonsum ins Triemli eingeliefert. Etwa einmal im Monat
behandelt Franz Eberli einen jungen Infarktpatienten. "Ich stelle ganz
klar eine Häufung fest", sagt er.
Die Beobachtung des Zürcher Herzspezialisten wird durch die neuste
Betäubungsmittelstatistik des Bundes bestätigt: Im letzten
Jahr hat die
Polizei in der Schweiz 404 Kilogramm Kokain beschlagnahmt - so viel wie
nie zuvor. Seit 2001 hat sich die Menge des sichergestellten Kokains
mehr als verdoppelt (vgl. Grafik). Selbst Erich Leimlehner vom
Bundesamt für Polizei zeigt sich ob der Entwicklung beeindruckt.
"Die
Zunahme, die sich im langjährigen Vergleich abzeichnet, spricht
dafür,
dass effektiv mehr Kokain in die Schweiz geliefert wird." Was bedeutet,
dass hierzulande mehr gekokst wird. "Die Nachfrage ist gestiegen", sagt
Leimlehner. "Kokain passt zum Zeitgeist, es ist eine Droge, die gefragt
ist."
Wer Kokain sucht, der findet es. Verkauft wird es auf öffentlichen
Plätzen, die in der Szene bekannt sind, in Nachtklubs oder auch,
immer
öfter, in privaten Wohnungen, deren Adressen unter Kunden im
Umlauf
sind. Laut Erich Leimlehner ist die Verfügbarkeit von Kokain hoch.
Und
der Preis ist tief. Kostete 1 Gramm Kokain Mitte der achtziger Jahre
noch 600 Franken, liegt der Preis heute zwischen 40 und 120 Franken, je
nach Reinheit des Stoffes. 1 Gramm reicht für mehrere Linien. Auf
dem
Markt werden sogenannte "Kügelchen" von 0,2 oder 0,3 Gramm
verkauft,
für 8 bis 10 Franken das Stück. Schnee im Sonderangebot, das
selbst ins
Budget eines Lehrlings passt. Die Betäubungsmittelstatistik zeigt
denn
auch noch eine andere Entwicklung auf: "Wir beobachten, dass die
Konsumenten von Kokain immer jünger werden", sagt Leimlehner. Zu
demselben Schluss kommt die Schweizerische Fachstelle für Alkohol
und
andere Drogenprobleme: In einer Umfrage bei 15-jährigen
Schülerinnen
und Schülern gaben 3,2 Prozent der Befragten an, bereits Kokain
konsumiert zu haben. Vier Jahre zuvor waren es noch 1,4 Prozent gewesen.
"Unsere jüngsten Klienten sind gerade einmal 15", berichtet Peter
Gut.
Er ist der Leiter des Rehabilitationszentrums Lutzenberg, das, mitten
in einem kleinen Dorf im Appenzellerland gelegen, eher an ein
Ferienheim als an eine Drogeninstitution erinnert. 30 Plätze
stehen zur
Verfügung, hier sollen die Süchtigen wegkommen von den
Drogen, die sie
meistens bunt gemischt zu sich nahmen. "Kokain ist aber mit Abstand
ihre Lieblingssubstanz." Dass bereits 15-Jährige zu seinen
Klienten
zählen, ist laut Gut eine neue Entwicklung. Die Arbeit im
Rehabilitationszentrum habe sich sehr verändert, sagt er.
Früher wurden
hier ausschliesslich Heroinsüchtige behandelt. Heute sind die
Patienten
fast alle kokainabhängig. Die Folge: In der Klinik werden mehr
psychiatrische Fälle behandelt, Paranoia-Fälle, Menschen mit
Verfolgungswahn, auch sogenannte "Kokser-Psychosen". Inwieweit die
psychischen Störungen durchs Kokain ausgelöst wurden oder ob
sie schon
früher vorhanden waren, kann Gut nicht sagen. Seine Klientel hat
sich
noch in anderer Hinsicht verändert: "Sie stammt aus allen sozialen
Schichten." Vom Schüler bis zum Banker, vom Bauarbeiter bis zur
Hausfrau - Kokain, einst In- Droge der High Society, ist massentauglich
geworden.
Gewalttätige Kokser
Und sie ist längst nicht mehr ein Stadtphänomen. "Im Kanton
Zürich hat
sich die Kokainszene auf das ganze Kantonsgebiet ausgebreitet", sagt
Hans Leuenberger von der Kantonspolizei Zürich. Das liege unter
anderem
daran, dass der Stoff nicht mehr nur im Milieu, sondern von "ganz
gewöhnlichen Leuten" praktisch überall verkauft werde. "Wo
Kokain offen
angeboten wird, sinkt die Schwelle für Konsumenten." Walter
Zimmermann
von der Fachstelle Betäubungsmittel der Kantonspolizei Bern
erzählt,
dass viele Dealer Cannabis und Kokain gleichzeitig anbieten. "Uns
liegen Informationen vor, dass Kunden bei gewissen Händlern sogar
Hanfblüten gegen Kokain eintauschen können."
Auch Peter Iten vom Institut für Rechtsmedizin in Zürich hat
immer
wieder mit Kokainsüchtigen zu tun - beziehungsweise mit ihrem
Blut: In
seinem Labor werden die Blutproben untersucht, die die Polizei in
Zusammenhang mit einem Gewalt- oder einem Verkehrsdelikt auf Drogen
testen lässt. Eine Auswertung, die Peter Iten auf Anfrage der "NZZ
am
Sonntag" vorgenommen hat, zeigt deutlich, dass bei Straftaten immer
wieder auch Kokain im Spiel ist. "Im letzten Jahr untersuchten wir 1649
Blutproben von Autofahrern - in 520 Fällen konnten wir
Kokain-Abbauprodukte im Blut nachweisen", erzählt Iten. 520
Personen -
32 Prozent - hatten sich demnach in den 48 Stunden vor der Blutentnahme
mindestens eine Linie reingezogen. "Bei 275 Personen war die Menge des
Wirkstoffes im Blut so hoch, dass sie fahrunfähig waren", sagt
Iten.
Gegen sie wurden Strafverfahren eingeleitet. Die meisten Lenker, die
unter Kokain standen, waren zwischen 22 und 26 Jahre alt. Im Vergleich
zu den Vorjahren war 2007 ein Rekordjahr. Im Jahr 2000 wurden erst 38
Strafverfahren wegen Kokain am Steuer eingereicht. Die massive Zunahme
ist auch mit mehr Kontrollen und der 2005 geänderten Gesetzgebung
mit
der Null- Drogen-Toleranz zu begründen.
Mittlerweile lässt die Polizei auch bei fast allen schweren
Delikten
das Blut des Täters - sofern sie seiner innert nützlicher
Zeit habhaft
wird - auf Drogen testen. "Auch bei Gewaltdelikten ist immer wieder
Kokain im Spiel", sagt Iten. Dies sei indes wenig überraschend:
"Kokain
enthemmt und macht aggressiv, es vermindert die Selbstkontrolle und
erhöht das Selbstbewusstsein." Kokain könne ein Auslöser
für eine Tat
sein. Das Resultat der Tests des letzten Jahres: Von 212 Blutproben von
Tatverdächtigen enthielten 40 Kokain, das entspricht 19 Prozent.
Die Deliktliste der Tatverdächtigen, denen Kokainkonsum
nachgewiesen
wurde, zeugt von einer hohen Gewaltbereitschaft: "Stoss aus
Bordellfenster, Angriff auf eine Gruppe Jugendlicher, um sich schiessen
mit Pistole, Täter sticht mit Ahle zu, Raubüberfall auf
Tankstelle,
Diebstahl im Selbstbedienungsladen, Täter schlägt Wirt Stein
auf Kopf,
Brandstiftung, Raufhandel mit Einsatz von Stichwaffen, Täter
sticht
Taxifahrer nieder, Vergewaltigung, Täter schlägt mit Baulatte
auf
Passanten ein - und immer wieder Körperverletzungen", liest Peter
Iten
aus seinen Unterlagen vor. "Ob das Kokain in diesen Fällen
ausschlaggebend für die Tat war, können wir nicht sagen",
erklärt er.
"Wir können nur belegen, dass die Tatverdächtigen zuvor
Kokain
konsumiert hatten."
Gefahr wird unterschätzt
Es gibt verschiedene Gründe, warum jemand zum Kokser wird. "Weil
es die
anderen auch tun, um cool zu sein, um die Leistung zu steigern oder um
weniger betrunken zu sein", sagt Alexander Bücheli, der oft dort
arbeitet, wo das Kokain verkauft, gekauft und gesnifft wird: Er ist ein
"Streetworker" des Drogeninformationszentrums DIZ in Zürich. Der
Reiz
des Kokains sei, dass es zu einer höheren Leistungsbereitschaft
führe.
Die Wirkung halte jedoch nicht sehr lange an, je nach Dosierung zirka
eine Stunde lang. "Das Heikle daran ist, dass unser Hirn nach dem
Abklingen der Wirkung nach der nächsten Dosis schreit und dass
sich nie
eine Sättigung einstellt." Obwohl Kokain das bessere Image hat als
beispielsweise Heroin: Beide Drogen können ähnliche
körperliche
Schädigungen zur Folge haben. Laut Bücheli wird die
Gefährlichkeit des
Kokains von vielen unterschätzt. "Kokain weist ein hohes
psychisches
Abhängigkeitspotenzial auf, und die Belastung für das
Herz-Kreislauf-System ist hoch."
Laut Franz Eberli, Kardiologe am Triemlispital, ist es nicht
vorhersehbar, ob und wann das Kokain ein Herz zerstört. "Es kann
nie,
nach regelmässigem Konsum oder beim allerersten Mal passieren",
sagt
er. Tragisch sei, dass gerade junge Menschen den Herzinfarkt oft zu
spät als solchen erkennten. Franz Eberli glaubt, dass auch bei
seinen
älteren Herzpatienten öfter als vermutet Kokain die Ursache
sein
könnte. "Die Dunkelziffer", vermutet er, "ist gross."
--
Rita Hubrich, Sozialarbeiterin, leitet die Jugend-, Eltern- und
Suchtberatungsstelle Contact Netz in Bern.
NZZ am Sonntag: Frau Hubrich, die Polizei beschlagnahmte letztes Jahr
so viel Kokain wie nie zuvor in der Schweiz. Sie geht davon aus, dass
auch mehr konsumiert wurde. Können Sie dies bestätigen?
Rita Hubrich: Durchaus. Es wird immer mehr Kokain konsumiert, und die
Konsumenten werden immer jünger. Gerade von den Jungen wird die
Gefährlichkeit dieser Droge oft unterschätzt. Manche denken,
Kokain sei
harmlos, schliesslich nehme es praktisch jeder. Heute wird bereits an
Schulen gekokst. Die Jugendlichen sniffen oder "basen" den Stoff.
Was ist unter "basen" zu verstehen?
"Basen" ist eine besonders gefährliche Form, die Droge zu sich zu
nehmen. Das Kokain wird mit Ammoniak gemischt und inhaliert. Bereits
kleine Mengen haben eine heftige Wirkung.
Warum nehmen immer mehr junge Menschen Kokain?
Es gibt verschiedene Gründe. Einer ist der Preiszerfall: Der Stoff
ist
billig zu haben - und er ist praktisch überall einfach zu
bekommen. Die
Szenen haben sich sehr vermischt. Heute wird Kokain in allen sozialen
Schichten konsumiert, von Schülern und Lehrlingen, von gut
integrierten
Personen, vom Bauarbeiter bis zum Banker. Gerade im Baugewerbe ist
Kokain als Leistungsdroge gefragt. Es ist die Modedroge Nummer eins.
Wie hat sich Ihre Arbeit auf der Drogenberatungsstelle aufgrund dieses
Wandels verändert?
In den letzten fünf bis sechs Jahren hat sich bei uns die Zahl der
Kokainabhängigen verzehnfacht. Wir haben deshalb mit "Off-Line"
ein
neues Programm für Kokainsüchtige eingeführt. Neu bieten
wir auch Kurse
für Angehörige an. Damit wir künftig vermehrt auch die
Jugendlichen
erreichen, werden wir sie direkt dort ansprechen, wo sie sich
aufhalten, an Schulen, auf Plätzen, in Jugendzentren. Denn die
Jungen
kommen nicht von sich aus bei uns vorbei. Interview: Christine Brand
---
Wie das Kokain in die Schweiz gelangt
Das Kokain, das in der Schweiz zu kaufen ist, wird aus den
Blättern der
Cocapflanze hergestellt und stammt aus Kolumbien, Peru und Bolivien.
Die Droge wird über den Luftweg, den Frachtverkehr oder via Post
zum
Teil direkt, zum Teil über die Zwischenstationen Brasilien,
Argentinien, die Dominikanische Republik oder Westafrika nach Europa
geschmuggelt. Laut Erich Leimlehner vom Bundesamt für Polizei
gewinnt
Westafrika zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Kokain werde dort
für die
Feinverteilung in Europa in Depots gelagert. Die wichtigsten
Einfallstore in Europa sind Spanien und die Niederlande, von dort
gelangt der Stoff in die Schweiz. Laut Leimlehner funktioniert der
Kokainmarkt ähnlich wie legale Märkte. Die grossen
Organisationen
produzieren und bringen das Kokain nach Europa, es gibt einen
Zwischenhandel, vor allem von libanesischen und italienischen
Organisationen. Schliesslich geht das Produkt an die Detaillisten; vom
Endhändler an den Konsumenten. Diesen Handel - genannt
Ameisenhandel -
dominieren westafrikanische Gruppen nebst Dealern aus dem Balkan. Der
Kokainhandel ist heterogen. Er besteht aus einem Netzwerk vieler
Beteiligter und mehrerer Szenen. (cbb.)