MEDIENSPIEGEL 27.3.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- PartisanInnen-Widerstand Italien (Infoladen)
- Bettelverbot gescheitert
- Wasserwerk bald wieder offen
- Telehess zur Finanzkrise
- Ausschaffungs-Stopp für "La Fortresse"-Flüchtling
- Widerstand gegen Asylverschärfungen
- Gewerbepolizei zu Kokain in LU-Clubs
- Tigris gegen Behinderte
- Neuer Anlauf für Bahnpolizei
- Demo Allpack-Streik-Prozess
- Schliessung Gassenküche Winterthur
- 30 Jahre Three Mile Island-Atomunfall
----------------------
REITSCHULE
----------------------
Fr 27.03.09
20.30 Uhr - Tojo - Die Seifin und der
Dreck - Objekt-Tanz-Theater von Cécile Keller
21.00 Uhr - Kino - Filmreihe Intersexualität: XXY, L. Puenzo, Argentinien 2007
21.00 Uhr - Frauenraum - TanzBar mit
DJ Grisumel. Gesellschaftstänze & Disco für Frau &
Frau, Mann & Mann und Friends. Mit Crashkurs ab 19.15 Uhr.
22.00 Uhr - SousLePont - The
Phonotones (D); The Budget Boozers (CH) - Dirty Rock‘nRoll und
Garage Punk
Sa 28.03.09
20.30 Uhr - Tojo - Die Seifin und der
Dreck - Objekt-Tanz-Theater von Cécile Keller
21.00 Uhr - Kino - Filmreihe Intersexualität: Das verordnete Geschlecht, O.
Tolmein und B. Rothermund, Deutschland 2001
22.15 Uhr - Kino - Filmreihe Intersexualität: Die Katze wäre eher ein Vogel ...,
M. Jilg, Deutschland 2007
22.00 Uhr - Dachstock - Techstock IV:
Traumschallplatten Nacht mit: Piemont (D), Bukaddor & Fishbeck (D),
Triple R (D) Support: Bud Clyde (Festmacher), Coleton (live), 2nd
Floor: Frango (Sirion/BE), Brian Python, Racker, Minimalist
(Festmacher) Techno/Minimal/House
So 29.03.09
18.00 Uhr - Rössli - Piano-Bar
Infos: www.reitschule.ch
---------------------------
PARTISANiNNEN
---------------------------
PARTISANEN-WIDERSTAND IN ITALIEN
-- Eine Infoveranstaltung mit Matthias Durchfeld, Historiker vom
ISTORECO, Institut für Gegenwartsgeschichte der Resistenza --
Nach dem 8. September 1943 schlugen sich die ersten PartisanInnen
in
die Berge, um den Widerstand gegen deutsche Besatzung und
italienischen Faschismus zu organisieren.
In den unmittelbaren Nachkriegsjahren stand Italien am Rande
eines
Bürgerkrieges. Die sozialen und revolutionären Bewegungen
der
darauffolgenden Jahrzehnte waren geprägt von der Resistenza
und
bezogen sich stark auf sie.
Welche Erinnerungen, welche Erfahrungen leben - zur Zeit der nun
schon
dritten Regierung Berlusconis - in der italienischen Gesellschaft
und
in der italienischen Linken weiter?
Wir treffen uns um diese Geschichte(n) zu diskutieren.
27.03.2009
19:30 Uhr, Infoladen Kasama, Zürich
28.03.2009
19:30 Uhr, Reitschule Bern, Infoladen
----------------------------
BETTELVERBOT
---------------------------
Bund 27.3.09
Stadtrat will kein Bettelverbot
Der Berner Stadtrat lehnte gestern Abend zwei Motionen für ein
städtisches Bettelverbot deutlich ab.
Pascal Schwendener
Mit der Volksabstimmung vom 1. Juni 2008 wurde ein Bettelverbot
für den
Bahnhof Bern von rund 75 Prozent der Stimmenden deutlich angenommen.
"Das Volk hat damit ein klares Signal gesetzt", sagte gestern Peter
Bühler (svp) im Stadtrat. "Es ist nun am Parlament, zu handeln und
ein
städtisches Bettelverbot einzuführen, wenn wir nicht am Volk
vorbei
politisieren wollen." Er forderte den Gemeinderat mittels Motion auf,
"noch in diesem Jahr einen Entwurf für ein Bettelverbot
auszuarbeiten
und erst dem Stadtrat sowie in einem zweiten Schritt dem Stimmvolk
vorzulegen".
"Gegen den Menschenhandel"
Mit einer Motion gleichen Inhalts doppelte Bernhard Eicher (jf) nach -
"nicht weil ich City-Pflege betreiben, sondern weil ich den Missbrauch
von Kindern und Behinderten durch kriminelle Organisationen unterbinden
will". Eicher berief sich in seiner Argumentation auf einen
Bundesgerichtsentscheid vom Mai 2008. "Die Richter in Lausanne haben
damals klargemacht, dass ein gemeindeweites Bettelverbot zulässig
ist.
Und die Bundesrichter gewichteten die öffentliche Sicherheit sowie
den
Schutz von Kindern höher als das individuelle Recht, zu betteln."
Sukkurs erhielten die beiden Motionäre erwartungsgemäss (vgl.
"Bund"
von gestern) von bürgerlicher Seite: "Hören wir endlich auf,
die
Bettelei zu glorifizieren, und sagen wir dem Menschenhandel den Kampf
an", sagte BDP/CVP-Sprecherin Edith Leibundgut.
"Gegen Ausdehnung des Verbots"
Die Ratslinke hielt dagegen, dass die rechtlichen Grundlagen im Kampf
gegen die organisierte Bettelei bereits bestünden und ausreichend
seien. "Es gilt lediglich, diese konsequent anzuwenden", sagte Rolf
Schuler im Namen der SP. Nadia Omar (gfl) zeigte sich zuversichtlich,
dass die personell aufgestockte Fremdenpolizei nun auch die Mittel
habe, um genügend Kontrollen in diesem Bereich durchzuführen
und das
Recht durchzusetzen. Die Ausdehnung des Bettelverbots vom
Bahnhofsperimeter auf die ganze City, sei aber in jedem Fall
verfrüht.
"Erst müssen wir die Evaluation des Bettelverbots im Bahnhof
kennen,
bevor wir über eine Ausdehnung diskutieren können", mahnte
sie. Ähnlich
argumentierte Tanja Sollberger (glp): Ihre Fraktion sei "mehrheitlich"
der Ansicht, dass ein generelles Bettelverbot über das Ziel
hinausschiesse. "Bei der organisierten Bettelei fordern wir
Nulltoleranz", sagte sie. "Aber dass ein Randständiger um einen
Stutz
oder um eine Zigarette fragt", muss in einer freien und liberalen
Gesellschaft drinliegen.
Gegen beide Motionen
Sicherheitsdirektor Reto Nause (cvp) sagte im Namen des Gemeinderats,
die Fremdenpolizei verfüge mit dem Ausländerrecht nur
über ein
"indirektes Instrument" gegen organisierte Bettelbanden. Die Praxis
zeige, dass es schwierig sei, Menschenhandel in diesem Bereich
nachhaltig zu bekämpfen. "Dazu bräuchte es mehr Mittel." Er
beantragte,
die beiden Vorstösse in Postulate umzuwandeln. Doch die
Motionäre
hielten an ihrer Form fest - und unterlagen. Der Vorstoss der SVP wurde
mit 26 zu 36 Stimmen, jener des Freisinns mit 27 zu 39 Stimmen
abgelehnt. Es bleibt also dabei: Die Stadt Bern bleibt ohne
flächendeckendes Bettelverbot, seit dieses 1991 auf kantonaler
Stufe
abgeschafft wurde.
---
BZ 27.3.09
Bürgerliche erneut gescheitert
Bettelverbot abgelehnt
Der Stadtrat hat gestern ein Bettelverbot in der Innenstadt abgelehnt.
Die beiden Motionen hatten keine Chance.
Vor einem Jahr hatte CVP-Stadtrat Henri-Charles Beuchat mit seiner
Stimmenthaltung dafür gesorgt, dass der Stadtrat das Bettelverbot
in
der Innenstadt mit einer einzigen Stimme ablehnte. Gestern stand das
Thema Betteln erneut auf der Traktandenliste der Stadtratssitzung, doch
Beuchat fehlte diesmal. Er weilt in den Ferien.
In einer Motion forderten Beat Schori (SVP) und Philippe Müller
(FDP)
gestern Abend "Schluss mit der Bettelei". Nicht ganz so weit wollte
Bernhard Eicher (Jungfreisinnige) gehen: "Die Bevölkerung soll
über ein
stadtweites Bettelverbot entscheiden", verlangte er.
Für die Fraktion GFL/EVP äusserte sich Nadia Omar
dahingehend, dass man
organisierte Bettelei von kriminellen Banden zwar verurteile, dass es
aber kein stadtweites Verbot brauche, um das Treiben dieser Banden zu
unterbinden. Die GFL/EVP-Fraktion wolle nun zuerst den Bericht des
Gemeinderates zum Bettelverbot im Bahnhof abwarten. Danach sei man
allenfalls bereit, über ein Verbot in der Innenstadt zu reden.
Im vergangenen Juni hatte das Volk ein Bettelverbot im städtischen
Teil des Bahnhofs angenommen.
"Bettler nicht glorifizieren"
Edit Leibundgut sagte im Namen der CVP-Fraktion, man müsse
aufhören,
die Bettelfreiheit zu glorifizieren. Täglich habe sie im letzten
Winter
Alte, Kranke und Schwache betteln sehen. Diesem Menschenhandel
müsse
man einen Riegel schieben. Erich Hess von der SVP sagte: "Wir haben
hier ein soziales Auffangnetz, niemand in Bern braucht zu betteln."
Die GLP lehnte ein flächendeckendes Bettelverbot ab. Tanja
Sollberger
forderte namens der Grünliberalen vom Gemeinderat einen Entwurf,
um mit
speziellen Massnahmen die organisierte Bettelei zu verhindern.
"Es gibt hier Bedürftige"
Rolf Zbinden (PdA) fragte, ob sich bandenmässige Bettelei denn
tatsächlich so einfach nachweisen lasse. Dort knüpfte auch
Lea Bill
(JA) an. "Die Unterscheidung zwischen organisierter Bettelei und echter
Bedürftigkeit ist nicht so einfach." Gestört hat sie sich
daran, dass
einigen bürgerlichen Ratskollegen die Bettler "einfach auf die
Nerven
gehen - diese Einstellung zeugt von Arroganz". Es gebe sehr wohl Leute,
die durchs soziale Netz gefallen sind."
Jimy Hofer sagte, beim Bettelverbot gehe es auch um die
Rechtssicherheit für die Gewerbetreibenden in der Stadt.
Philippe Müller (FDP) warf der GFL fehlendes Rückgrat vor.
Vor einem
Jahr habe sie sich noch für das Verbot ausgesprochen. Nun sei sie
-
wohl unter dem Druck der SP - eingeknickt.
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) gab zu bedenken, dass es
tatsächlich nicht einfach sei, organisierte Banden von
tatsächlichen
Bettlern zu unterscheiden. Ein Verbot könne er sich lediglich in
einem
"eng begrenzten Perimeter" vorstellen. Gleichzeitig wies er darauf hin,
dass die Durchsetzung eines Verbotes zusätzliche finanzielle
Mittel
benötigen würde.
Beide Motionen wurden vom Rat einigermassen deutlich abgelehnt.
Martin Arn
---
Regionaljournal DRS Bern 27.3.09
Berner Stadtrat gegen ein Bettelverbot in der ganzen Stadt (1:00)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe7v727032009.rm?start=00:03:07.965&end=00:04:08.935
---
20min.ch 26.3.09
Nur im Bahnhofareal
Kein stadtweites Bettelverbot in Bern
Das Berner Stadtparlament will das für das Bahnhofareal geltende
Bettelverbot nicht auf die ganze Stadt ausdehnen. Der Stadtrat hat am
Donnerstag zwei entsprechende Vorstösse bachab geschickt.
Im Sozialstaat Schweiz müsse niemand betteln, ausserdem habe das
Bundesgericht mit einem Entscheid klar gemacht, dass ein gemeindeweites
Bettelverbot zulässig sei, machten die beiden Vorstösser aus
den Reihen
der FDP und der SVP geltend. Betteln sei zwar ein Freiheitsrecht, doch
seien heute viele Bettler für organisierte Netzwerke tätig
und würden
von ihnen ausgenommen. Diese schreckten auch nicht davor zurück,
Kinder, Invalide oder Behinderte zum Betteln auszuschicken.
Mit ihrer deutlichen Zustimmung zu einem auf das Bahnhofareal
beschränkten Bettelverbot habe die Berner Bevölkerung 2008
klar
gemacht, dass sie dieses Treiben missbillige. Um gegen organisierte
Banden, die Kinder und Behinderte missbrauchten, vorzugehen, gebe es
heute schon genügend Mittel, war man in den links-grünen
Franktionen
der Meinung.
Das örtlich beschränkte Bettelverbot im öffentlichen
Teil des Berner
Bahnhofs habe bisher gut umgesetzt werden können, sagte
Gemeinderat
Reto Nause CVP. Gegen das bandenmässige Betteln habe die Stadt
allerdings nur indirekte Instrumente, gab er zu bedenken.
Der Fremdenpolizei stünden die Mittel des Ausländerrechts zur
Verfügung. Wenn man nun aber Nulltoleranz gegenüber
Bettelbanden
fordere, gehe das nicht ohne zusätzliche Mittel für die
Fremdenpolizei.
Es könnte in der Praxis aber auch schwierig werden, zu beweisen,
wer
bandenmässig organisiert sei.
Die Stadtregierung wäre bereit gewesen, die beiden Vorstösse
in der
unverbindlicheren Form eines Postulats entgegenzunehmen. Davon wollten
wiederum die Vorstösser nichts wissen und beharrten auf der
verbindlichen Motion. Der Rat lehnte beide Vorstösse mit 26 zu 39
respektive 27 zu 39 Stimmen ab.
Quelle: SDA/ATS
---
Regionaljournal DRS Bern 26.3.09
Der Berner Stadtrat diskutiert über ein Bettelverbot - Genf hat
schon Erfahrungen gesammelt (2:04)
http://real.xobix.ch/ramgen/srdrs/regibern/2009/rbe1726032009.rm?start=00:10:53.160&end=00:12:57.572
--------------------------
WASSERWERK
---------------------------
BZ 27.3.09
Matte
Wasserwerk vor Neustart
Ende April öffnet das Wasserwerk wieder seine Tore. Wie ihre
Vorgänger setzen auch die neuen Betreiber vorab auf DJs.
Seit Mitte Januar ist das Wasserwerk geschlossen, weil die bisherigen
Betreiber mit dem "Bonsoir" einen neuen Club an der Aarbergergasse
eröffnet haben. Ab Ende April soll nun wieder Leben ins Wasserwerk
kommen: Ein Kollektiv junger Berner wagt das Abenteuer, dem Lokal
direkt an der Aare neues Leben einzuhauchen. Dass dies kein einfaches
Unterfangen ist, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Seit der
Eröffnung 1993 gingen zwei Veranstalter mit dem Wasserwerk in
Konkurs.
Den letzten Betreibern gelang es allerdings in den vier Jahren ihres
Wirkens, mit einer trendigen Programmation das Wasserwerk wieder zu
einer Drehscheibe des Berner Nachtlebens zu machen.
Die neuen Betreiber wollten gestern zu ihren Plänen noch nicht
Stellung
nehmen. Dem Vernehmen nach wollen aber auch sie den Schwerpunkt auf
elektronische Klänge und DJs setzen. Konzerte soll es - im
Gegensatz zu
den Anfängen im "Wasi" - nur selten geben.
azu
-----------------------------
TELEHESS 26.3.09
-----------------------------
telehess.ch 26.3.09
Heute Folge 3:
Erich Hess zum Thema Wirtschaftskrise und Bankgeheimnis
http://www.youtube.com/watch?v=4ZKQ_rtgbrM
------------------------------
AUSSCHAFFUNG
-------------------------------
20min.ch 27.3.09
Irakischer Asylbewerber
Ausschaffung in letzter Minute gestoppt
Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat die Ausschaffung des
irakischen
Asylbewerbers Fahad Khammas kurzfristig verschoben. Der Iraker ist eine
der Hauptfiguren des Schweizer Dokumentarfilms "La Forteresse" von
Fernand Melgar.
Grund war ein Gespräch, das sie den Anwälten von Khammas
versprochen
hatte. Dieses fand noch am gleichen Tag statt. Abgemacht war, dass
dieses Gespräch stattfinden soll, bevor der 24-jährige
Protagonist des
Dokumentarfilms "La Forteresse" nach Schweden ausgeflogen wird, wie
Anwältin Elise Schubs am Freitag der Nachrichtenagentur SDA sagte.
In letzter Minute liess die Justizministerin deshalb am Donnerstag den
Spezialflug verschieben, der vom Migrationsamt Zürich zusammen mit
dem
Bundesamt für Migration (BFM) kurzfristig für
Donnerstagmorgen
festgelegt worden war.
Khammas noch in Zürich
Ein neuer Termin für die Ausschaffung stehe noch nicht fest, sagte
Brigitte Hauser-Süess, Informationschefin beim Eidg. Justiz- und
Polizeidepartement (EJPD). Derzeit befinde sich Khammas nach wie vor in
Zürich.
Khammas war am Montag in Zürich festgenommen und unter anderem
wegen
illegaler Einreise und Aufenthalts in der Schweiz vom BFM mit einem
Einreiseverbot belegt worden. Er soll nach Schweden ausgeschafft
werden, weil er dort ein erstes Asylgesuch gestellt hatte.
Vom Tode bedroht
Weil sein Gesuch abgelehnt worden war, droht dem Asylbewerber von
Schweden aus die Rückführung in den Irak. Seine Anwälte
und Amnesty
International sind überzeugt, dass der Mann dort mit dem Tod
rechnen
muss. Er war nach eigenen Angaben wegen seiner
Übersetzertätigkeit
bedroht worden.
In einer Petition ruft die Organisation "Aide sanitaire Suisse aux
Palestiniens" Bundesrätin Widmer-Schlumpf sowie BFM-Direktor
Eduard
Gnesa dazu auf, das Leben von Khammas zu schützen und auf die
Ausschaffung zu verzichten.
Quelle: SDA/ATS
-------------
ASYL
-------------
Bund 27.3.09
Widerstand gegen Verschärfungen
Asylrecht Unausgegoren, unangemessen und undurchdacht: An der geplanten
Verschärfung des Asyl- und Ausländerrechts lässt eine
breite Allianz
von über 40 Organisationen unter Führung der Demokratischen
Juristinnen
und Juristen der Schweiz (DJS) und von Solidarité sans
frontières kein
gutes Haar.
Obwohl noch keine Erfahrungen mit dem neuen Ausländerrecht
vorlägen,
solle dieses bereits wieder revidiert werden, sagte der Zürcher
Rechtsanwalt Marc Spescha, Mitglied der DJS, gestern vor den Medien.
Mit diesem indirekten Gegenvorschlag zur Ausschaffungsinitiative der
SVP beweise der Bundesrat kein Rückgrat. Er betreibe vielmehr
reinen
Populismus. "Kaum hüstelt die SVP und droht mit ihrer Initiative,
wird
der Bundesrat aktiv." Im Bundesgericht schüttle man über
diesen
"gesetzgeberischen Hyperaktivismus" den Kopf. Spescha kritisierte auch,
dass die geplante Revision inkohärent sei. Einerseits sollten
Ausländer, die eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren
aufgebrummt erhielten, ausgewiesen werden. Andererseits werde dieser
Mechanismus noch im selben Artikel wieder relativiert. "Das ist eine
unseriöse Gesetzgebung." Auch bringe die Revision
unverhältnismässige
Verschärfungen. So sollten künftig Nicht-EU-Bürger, die
Sozialhilfe
bezögen, ausgewiesen werden können, auch wenn sie schon seit
15 Jahren
in der Schweiz lebten.
Unverhältnismässige Verschärfungen im Asylrecht
kritisierte Yves
Brutsch von den Centres sociaux protestants. Begründet werde dies
damit, dass mehr Asylbewerber ins Land kämen und dass der
Missbrauch
der Asylrechts bekämpft werden müsse. Eben diese
Argumentation sei seit
den 80er-Jahren jedoch immer wieder für Verschärfungen des
Asylrechts
benutzt worden, sagte Brutsch. Inzwischen wisse niemand mehr, wie oft
denn das Asylgesetz schon verschärft worden sei. (sda)
------------------
KOKAIN
------------------
20min.ch 26.3.09
Koks in Clubs
Polizei nimmt Clubbetreiber in die Pflicht
von Daniela Gigor
Nachdem in acht Clubs Spuren von Kokain gefunden wurden, will die
Polizei wissen, was die Betreiber dagegen unternehmen.
In den letzten Tagen haben acht Luzerner Clubs Post von der kantonalen
Gewerbepolizei erhalten. Grund: Bei ihnen waren Koks-Spuren auf den
Toiletten gefunden worden. "Wir wollen von den Betreibern wissen, was
sie unternehmen, um den Drogenkonsum zu verhindern", sagt Urs Renggli,
Chef Fachbereich Gastgewerbe. Er reagiert damit auf Drogenschnelltests,
die die "Neue Luzerner Zeitung" in den letzten Wochen in elf Clubs
durchgeführt hatte.
Einer der Betroffenen ist Opera-Mitbesitzer Milos Kant. "Wir
können die
Toiletten nicht mit Kameras überwachen", wehrt er sich. Auch sei
es
nicht möglich, die Gäste am Eingang auszuziehen und zu
kontrollieren.
Laut Kant werden im Club keine Drogen geduldet: "Wer erwischt wird,
kriegt Hausverbot und eine Anzeige." Dies mache er neu auch noch durch
Plakate deutlich.
Koks-Spuren wurden auch im Nautilus-Club gefunden, der Mitglied von
Safer Clubbing ist. "Wir unternehmen schon jetzt alles, was
möglich
ist, um Drogenkonsum zu verhindern", sagt Inhaber Adrian
Flückiger. "Es
ist uns aber nicht erlaubt, die Gäste auf der Toilette zu
kontrollieren."
-------------
TIGRIS
-------------
Tagesanzeiger 27.3.09
Geheime Tiger-Einheit nahm Behinderte fest
Knellwolf Thomas
Bern. - TA-Recherchen offenbaren, welche Aktionen die umstrittenen
Tigris-Polizisten durchführten. So halfen die Fahnder des Bundes
2004
der Waadtländer Polizei, eine verwirrte Deutsche anzuhalten. Das
Bundesamt für Polizei schreibt von einem Risiko, dass sich die
"stark
zurückgebliebene Frau aufgrund ihrer geistigen Behinderung
gefährdet".
Andere Tiger-Einsätze richteten sich gegen Kriminelle. (tok)
Jagd auf Entführer und Behinderte, Seite 2
--
Die Tiger-Einheit jagt Entführer, Betrüger und geistig
Behinderte
Über die 130 Einsätze der umstrittenen Sondereinheit Tigris
wurde
bislang kaum etwas bekannt. Der "Tages-Anzeiger" hat in Erfahrung
gebracht, wie die Geheimpolizisten vorgingen.
Von Thomas Knellwolf
Bahnhofplatz Vevey, 6. März 2009. Zur Mittagszeit treten
Waadtländer
Kantonspolizisten an einen älteren Mann heran, der zuvor zehn
Monate
untergetaucht war. Die Gendarmen werden begleitet von Kollegen einer
Einheit des Bundes, die zu jenem Zeitpunkt weder derÖffentlichkeit
noch
der Mehrheit der kantonalen Polizeidirektoren bekannt ist. Am Genfersee
im Einsatz stehen Angehörige der Einsatzgruppe Tigris. Zusammen
mit
Waadtländer Polizisten verhaften sie um 13.15 Uhr Gerhard Ulrich.
Der
Gründungspräsident der Querulantenorganisation "Appel au
peuple" weiss,
was ihm blüht: 46 Monate Haft wegen mehrfacher Ehrverletzung und
wegen
Brandstiftung. Der 65-jährige Agronom und Hilfsbriefträger
hatte das
Haus seiner Frau in Saint-Prex angezündet. Den international
Gesuchten
ausfindig gemacht haben Zielfahnder aus dem Tiger-Bestand der
Bundeskriminalpolizei.
Damals, vor drei Wochen, war Tigris geheim, heute ist bekannt, dass die
Sondereinheit über ein Jahresbudget von 2,7 Millionen Franken und
einen
hypermodernen digitalen Schiesskeller in einem Berner Vorort
verfügt.
2008 leisteten die 14 Tiger 40 Einsätze wie Festnahmen in Bundes-
und
Rechtshilfeverfahren, Gefangenentransporte, Rückführungen aus
dem
Ausland und Hausdurchsuchungen. Die Sonderpolizisten beteiligten sich
vergangenes Jahr auch an acht erfolgreichen Zielfahndungen. Darunter
versteht das Justizdepartement in Bern "eine gezielte, intensive,
operative Suche nach ausgewählten ausgeschriebenen
Straftätern, deren
Festnahme von besonderer Bedeutung ist". Genaueres zu den bisher 130
Tigris-Operationen ist nicht zu erfahren - ausser, dass dabei kein
Schuss fiel und dass der Financier Dieter Behring verhaftet wurde.
Behinderte "schonend angehalten"
Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat eine Untersuchung
über die
Tiger-Aktivitäten angeordnet und eine Informationssperre über
einzelne
Einsätze verhängt. Der "Tages-Anzeiger" kann trotzdem einige
der
Aktionen nachzeichnen - anhand von Polizeimeldungen über
Zielfahndungen, bei denen die Tigris-Beteiligung verheimlicht oder
zumindest nicht ausgewiesen wird:
Im Mai 2003 berichtet das Bundesamt für Polizei über erste
Erfolge "der
neuen Bundeskriminalpolizei-Einheit Zielfahndung", die ab 2005 zur
Tiger-Truppe ausgebaut wird. Innert 48 Stunden seien "zwei
international gesuchte Kriminelle" festgenommen worden: in Freiburg ein
Drogenhändler, der 1999 aus einem deutschen Gefängnis
geflüchtet war,
in Kreuzlingen ein mutmasslicher Millionenbetrüger.
Ende März 2004 gibt es "einen Erfolg in einem eher
ungewöhnlichen Fall"
zu vermelden: "Dank der Erfahrung der Zielfahnder der
Bundeskriminalpolizei" und "einer reibungslosen Zusammenarbeit mit den
Polizeiorganen Deutschlands, des Kantons Freiburg und der Stadt
Lausanne" sei eine deutsche Staatsangehörige in Lausanne "schonend
angehalten" worden. Die geistig Behinderte habe sich zuvor ihrem
Vormund entzogen, um in der Schweiz ein neues Leben aufzubauen, und sei
ohne Geld und ohne Gepäck eingereist.
In einer gemeinsamen Aktion verhaften Zürcher Kantonspolizisten
und
Tiger-Leute im Juni 2006 einen Moldauer. Das Landeskriminalamt
Thüringen sucht den 26-Jährigen wegen Raubs, Erpressung und
Körperverletzung.
In den frühen Morgenstunden des 11. Dezember 2006 werden auf der
Autobahnraststätte Sulzberg bei Rorschach zwei Polen festgenommen,
die
wegen bewaffneten Raubs gesucht werden. Am 3. April 2007 führt
wiederum
die Zusammenarbeit von Tigern mit St. Galler Kantonspolizisten zur
Verhaftung eines Türken mit gefälschten Papieren. Die
Polizeidirektion
Hannover fahndet nach dem 28-Jährigen. Er soll sich an einer
Abrechnung
im Drogenmilieu beteiligt haben, bei der ein Widersacher entführt,
erpresst und misshandelt wurde.
Die Kantone zweifeln, ob der Bund für solche Fälle eine
Truppe stellen
muss. "Ich bin grundsätzlich skeptisch", erklärt die St.
Galler
Justizdirektorin Karin Keller-Sutter, nachdem sie erstmals vom TA von
den Tiger-Einsätzen in ihrem Kanton erfahren hatte. Bern
müsse
erklären, welche Rechtsgrundlage es für Tigris gäbe,
sagt sie: "Danach
stellt sich aber immer noch die Frage, ob es sinnvoll ist, wenn der
Bund in solchen Fällen eingreift." Guido Balmer vom
Eidgenössischen
Justizdepartement erklärt, die Tigris-Einheit mache Zielfahndungen
mit
internationalem Hintergrund, "die sich nicht eindeutig einem Kanton
zuordnen lassen". Mit den Kantonen arbeite man stets zusammen.
---
Südostschweiz 27.3.09
Trainiert Tigris mit Heli Linth?
Zürich. - Gestern veröffentlichte der "Tages-Anzeiger" auf
seiner
Online-Plattform einen Artikel über die umstrittene Polizeieinheit
Tigris. Auf dem Bild dazu ist ein Helikopter der Heli Linth zu sehen,
aus dem Einsatzkräfte der Gruppe Tigris aussteigen - dies
behauptet
jedenfalls der "Tages-Anzeiger". Heisst es doch in der Bildlegende:
"Die Spezialeinheit Tigris des Polizeidepartementes beim Training." Wie
Recherchen der "Südostschweiz" zeigen, handelt es sich dabei
jedoch um
eine Zeitungsente: Bei den Beamten handelt es sich um
Polizei-Grenadiere der Einsatzgruppe Diamant der Kantonspolizei
Zürich.
(so)
--------------------------
BAHNPOLIZEI
--------------------------
BZ 27.3.09
Neuer Anlauf bei der Bahnpolizei
Zwar wurde das Gesetz über die Bahnpolizei im Parlament gebodigt,
doch
vom Tisch ist es deswegen nicht. Die Verkehrskommission greift das
Thema wieder auf. Eine schnelle Einigung sei möglich,
bestätigen
Verkehrspolitiker.
Möglicherweise erhält die Bahnpolizei früher als
erwartet ein neues
Gesetz. Bereits kommenden Dienstag wird sich die Verkehrskommission des
Ständerates mit dem Thema befassen. "Wir müssen einen neuen
Anlauf
nehmen", sagt Kommissionspräsident Peter Bieri (CVP, ZG). Vor
einer
Woche scheiterte ein Gesetzesvorschlag zur Bahnpolizei bei der
Schlussabstimmung im Nationalrat. Man sprach von einer unheiligen
Allianz zwischen SP und SVP, welche das Gesetz zu Fall gebracht hatte.
Für die Berner SP-Nationalrätin und Verkehrspolitikerin Evi
Allemann
war das nur teilweise eine unheilige Allianz. "In einem wesentlichen
Punkt sind wir uns einig", so Allemann. "Und zwar darin, dass die
Bahnpolizei in öffentlicher Hand bleiben muss." Im
abgeschmetterten
Gesetzesentwurf war vorgesehen, dass Bahnunternehmen private Firmen mit
Aufgaben der Bahnpolizei betrauen können. Das soll geändert
werden.
SVP-Nationalrat und Verkehrspolitiker Max Binder (ZH) sagt: "Ich glaube
daran, dass es eine Lösung gibt."
"Keine Bundespolizei"
Kommissionspräsident Bieri will nun zwei Ideen zur Diskussion
stellen.
Die erste ist die Gründung einer Vollpolizei. Sie wäre ein
Organ der
Bundespolizei ähnlich der Bundeskriminalpolizei. Die zweite Idee
ist,
die Bahnpolizei den Transportunternehmen zu unterstellen. Bieri glaubt,
eher mit dem zweiten Vorschlag zu einer Lösung zu gelangen. Dem
stimmen
Binder und Allemann zu. "Wir wollen keine Bundespolizei", so Allemann.
Die Bahnpolizei müsse auf den öffentlichen Verkehr
beschränkt bleiben.
Das deckt sich mit den Aussagen Binders im Parlament: "Wir wollen eine
Transport- und Bahnpolizei, die weiterhin nur auf Zügen und in
Bahnhöfen, also in Bahnarealen, tätig sein kann und nicht
ausserhalb."
Sie solle sicherheitspolizeiliche, aber keine gerichtspolizeilichen
Kompetenzen haben.
Diese Bahnpolizei müsse von einer Hand, also etwa von der SBB,
angeboten werden, fordert Allemann. Heinz Buttauer, Präsident des
Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter, stimmt dem zu: "Die
Bahnpolizei muss direkt der SBB unterstellt werden." Andere Unternehmen
sollen sich beteiligen oder Leistungen einkaufen können. Binder
und
Allemann glauben, dass die gesetzlichen Grundlagen dazu noch in diesem
Jahr erarbeitet und abgesegnet werden könnten. "Wir beginnen nicht
bei
null. Es müssen nur die notwendigen Korrekturen gemacht werden",
so
Binder.
Kompromiss möglich
Allemann ist auch überzeugt, dass man sich über die
Kompetenzen dieser
Bahnpolizei einigen wird. Die SVP hat verlangt, dass die Bahnpolizei
mit Schusswaffen ausgerüstet wird, die SP hat dies abgelehnt. "Ein
Kompromiss ist möglich", so Allemann. Sie kann sich vorstellen,
dass
die Polizisten auf den Bahnhofarealen Waffen tragen, in den Zügen
aber
nicht. Das sieht auch Buttauer so.
Bleiben Peter Vollmer, Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr
(VöV), und Verkehrsminister Moritz Leuenberger. "Ich bin nicht so
zuversichtlich, dass rasch eine neue Lösung gefunden wird", sagt
Vollmer. Er hätte es begrüsst, wenn Transportunternehmungen
unter
klaren Bedingungen und behördlicher Kontrolle Sicherheitsaufgaben
an
Dritte ausgliedern könnten. Dass die SBB andern Unternehmungen
bahnpolizeiliche Dienste anbietet, sei nicht für alle
Transportunternehmen und vor allem in den Randregionen die Lösung.
Heute nimmt aber bereits etwa der RBS die Dienste der Bahnpolizei der
SBB in Anspruch.
Auch Bundesrat Moritz Leuenberger sieht keine Anzeichen dafür,
dass
eine neue Vorlage zu einem von allen Seiten besser akzeptierbaren
Ergebnis führt, wie er nach der Schlussabstimmung verlauten liess.
Doch: Auch die CVP ist am raschen Wiederaufnehmen der Arbeiten
interessiert, und die Verkehrskommission des Nationalrates behandelt
das Thema an ihren Sitzungen vom 6./7.April und 18./19.Mai.
Brigitte Walser
-----------------------------
STREIK-PROZESS
-----------------------------
Basler Zeitung 27.3.09
Protestzug mit Hindernis
Liestal. Rund 100 Leute demonstrierten für Allpack-Angeklagte
Lukas Meili
Im Rahmen des Allpack-Prozesses fand gestern in Liestal eine Kundgebung
statt. Offenbar kämpften die Initianten dabei nicht nur für
das
Streik-, sondern auch für ihr Demonstrationsrecht.
"Kampf auf der Strasse, Kampf in der Fabrik - das ist unsere Antwort
auf Ihre Politik", schallte es gestern Abend zwischen 18 und 19 Uhr
durch Liestals Strassen. Rund 100 Menschen demonstrierten im Zuge des
Allpack-Prozesses für das Streikrecht und gegen die
"Klassenjustiz".
Und kämpfen mussten sie offenbar auch für ihr Recht,
überhaupt auf die
Strasse gehen zu können, wie Hanspeter Gysin vom
Solidaritätskomitee
Basel sagt, das die Kundgebung organisiert hat.
Vorige Woche hatte Gysin bei der Stadt Liestal die Bewilligung für
die
Demonstration beantragt, diese auch erhalten - und sofort eine
Einsprache dagegen gemacht. Grund für seinen Ärger war ein
kleiner
Passus in der Bewilligung: "Für allfällige, an
öffentlichem oder
privatem Eigentum verursachte Schäden haftet die
bewilligungsinhabende
Person in vollem Umfang." Eine Forderung, die laut Gysin "unhaltbar"
ist: "Wenn jegliche Sachbeschädigung, die während einer
Kundgebung
passiert, dem Bewilligungssteller in die Schuhe geschoben werden kann,
holt doch niemand mehr eine Bewilligung ein." Er wirft Liestal vor, das
Demonstrationsrecht zu negieren. Gysin überlegte sich deshalb noch
gestern Mittag, die Demonstration aus Protest abzublasen.
Liestal wehrt sich
Gegen solche Vorwürfe wehrt sich der Liestaler Stadtrat Lukas Ott
vehement. "Das Demonstrationsrecht erachten wir als wichtig und
schützenswert." Die fragliche Stelle sei ein Standardsatz, mit dem
der
Gesuchsteller im Sinne einer Sorgfaltspflicht auf haftungsrechtliche
Bestimmungen aufmerksam gemacht werde. "Liestal ist nicht die einzige
Stadt, die eine solche Praxis hat".
Laut Klaus Mannhart, Pressesprecher der Basler Polizei, ist
tatsächlich
auch in Basel der Bewilligungssteller für etwaige Schäden
haftbar -
allerdings ist die Wortwahl in der städtischen Bewilligung weniger
bindend als in Liestal.
Eine ähnliche Praxis hat auch die Stadt Zürich: "Der
Organisator einer
bewilligten Demonstration wird nur dann zur Kasse gebeten, wenn man
nachweisen kann, dass er aktiv zum Vandalismus aufgerufen hat, oder
sogar selber daran beteiligt war", sagt Polizeisprecher René
Ruf. Wenn
dies nicht der Fall sei, gebe es nur eine Anzeige gegen die Vandalen
selber - oder gegen unbekannt.
Problem bleibt
Demonstriert wurde gestern trotzdem; Gysin hatte sich vor der
Kundgebung mit Vertretern der Stadt Liestal getroffen, und diese hatten
sich "nach langer Diskussion", wie Gysin sagt, dazu entschieden, den
fragwürdigen Passus ausnahmsweise zu streichen. "Das Problem ist
damit
aber noch nicht gelöst", sagt er. Und der Kampf geht weiter.
---------------------------------------------------
GASSENKÜCHE WINTERTHUR
---------------------------------------------------
Landbote 27.3.09
Gassenküche schliesst trotz vollen Tischen
Als die Wirtschaft brummte, kamen kaum Gäste. Nun wird die
Gassenküche
geschlossen. Suchtkranke, Wenigverdiener, Rentner, Alleinerziehende und
Einsame fragen sich, wo sie künftig günstig und zusammen
essen können.
Das Esszimmer in der italienischen Pfarrei Centro Parrocchiale ist voll
mit Gästen: Dem pensionierten Historiker gegenüber sitzt ein
Ausgesteuerter, daneben sitzt eine Alleinerziehende. Vis-à-vis
hat eine
Frau Platz genommen, die in einer geschützten Werkstatt arbeitet.
Das
andere Tischende belegen sechs Männer, denen ihr wildes Leben ins
Gesicht geschrieben steht.
Rund 30 Personen essen am Donnerstag in der Gassenküche. Es gibt
Nudeln
und Fleisch an Rahmsauce. Zwei Mittagessen bleiben ihnen noch. Dann
bleibt die Küche zu. "Da geht viel verloren", sagt der Historiker.
Der
Mensch esse doch lieber mit anderen als einsam. "Ich werde mir dann
wohl zu Hause etwas kochen", sagt die Frau. "So günstig gibt es
nirgends so etwas Gutes", sagt der Ausgesteuerte. "Und erst noch mit
Salat und Dessert", sagt einer am Tischende. Er verdrückt sich vor
die
Tür zum Rauchen.
"Anlaufstelle kein Ersatz"
Acht Jahre lang hat der Verein "Mehr Lebensqualität" die
Gassenküche
getragen. Die Institution war in den 90er-Jahren von Max Zeller im
Neuwiesenhof ins Leben gerufen worden. Das Angebot richtete sich
primär
an Suchtkranke und Obdachlose aus dem Umfeld des Pavillons. In den
letzten Jahren sank die Zahl der Gäste stetig, weshalb der
Trägerverein
Ende 2008 beschloss, das Angebot einzustellen. Die Stadt signalisierte
daraufhin, die Gassenküche allenfalls in die Anlaufstelle für
Randständige integrieren zu wollen. Dort werde schon heute Suppe
ausgeteilt.
"Das ist kein Ersatz", sagt einer am Tisch. Auch die Leiterin der
Gassenküche, Rita Keller, zweifelt daran, dass ihre Gäste in
die
Anlaufstelle gehen. "Längst nicht alle sind Suchtkranke." Es
könne
praktisch jeden treffen: Zuletzt seien mehr und mehr Menschen mit
finanziellen und psychischen Problemen und Einsame in die
Gassenküche
gekommen. Die Nachfrage nach dem Menü für vier Franken sei
gestiegen,
sagt Keller. "Mit der Wirtschaftskrise könnte sich der Bedarf nach
günstigen Mahlzeiten und einem Treffpunkt, an dem auch
Aussenseiter
toleriert werden, noch verstärken."
Die Stadt bedauert das Ende der Gassenküche, sieht aber keinen
akuten
Bedarf, sie zu ersetzen. "Es gibt genügend ähnliche
Angebote", sagt
Ernst Schedler, Leiter Soziale Dienste. Er erwähnt das Bistro
Dimensione und den Läbesruum. An beiden Orten kostet ein Menü
allerdings zwölf Franken. "Zu teuer", sagt dazu der Ausgesteuerte.
Die
Stadt will ausserdem am neuen Standort der Anlaufstelle an der
Zeughausstrasse 76 eine grössere Küche einbauen, in der sich
die
Randständigen selbst verpflegen können. "Das dauert
allerdings noch
mindestens ein Jahr", sagt Schedler. Bis dahin aber, so befürchten
Gäste und Gassenküchenleiterin Keller, werde sich die
entstandene
Gemeinschaft auflösen und nur schwer wiederbeleben lassen.
Aus Respekt für die Armen
Ein Hoffnungsschimmer bleibt. "Wir haben den starken Wunsch, die
Gassenküche am Leben zu erhalten", sagt Priester Don Alberto
Ferrara
vom Centro Parrocchiale. "Wir wollen den Armen mit Respekt begegnen."
Er sei im Gespräch mit der Pfarrei, mit Vereinen und der Stadt.
"Es
fehlt heute vielfach das Geld, aber die Armut und die Einsamkeit dieser
Menschen können doch nicht von Geld abhängig gemacht werden",
sagt Don
Alberto. "Wer kann, muss dringend etwas unternehmen."
David Herter
---------------------
ANTI-ATOM
---------------------
BZ 27.3.09
Atomunfall bei Harrisburg 1979
Tage der Angst in Middletown
Am 28.März 1979 wurde im Kernkraftwerk Three Mile Island bei
Harrisburg
(Pennsylvania) beim bisher schwersten Atomunfall in den USA eine
radioaktive Wolke freigesetzt. 200000 Menschen wurden darauf evakuiert.
Ganz hinten in der Ecke im Büro von Robert Reid steht leicht
angestaubt
ein altmodischer Metallkasten. Das Ding sieht aus wie ein
Transistorradio und knattert auch so. Alle paar Sekunden zuckt die
Nadel. Dann knistert es kurz aus dem Lautsprecher. Der
Geigerzähler im
Büro des Bürgermeisters von Middletown gehört zu den
wenigen Dingen,
die in der Kleinstadt im Herzen Pennsylvanias noch an den 28.März
1979
erinnern, jenen Tag vor 30 Jahren, an dem sich unten am
Susquehanna-Fluss der bis heute schwerste Atomunfall in einem
westlichen AKW ereignet hat. "Lange her", sagt Robert Reid nickend. Auf
seinem Terminkalender ist der 28.März heute ein weisser Fleck.
Auch in
Middletown ist das Jubiläum fast ein Tag wie jeder andere.
Ungewissheit
Robert Reid aber wird den 28.März 1979 wohl nie vergessen. Schon
damals
war er ehrenamtlicher Bürgermeister von Middletown. Morgens um
halb
acht steht der Geschichtslehrer Reid vor seiner Klasse, als es an der
Tür klopft: ein Anruf, es habe da im Atommeiler unten am Fluss
einen
Zwischenfall gegeben. Genaues ist nicht zu erfahren. Also geht Reid in
sein Bürgermeisterbüro und schaltet den Fernseher ein. Keine
drei
Kilometer vor der Stadt, weiss er, liegt auf Three Mile Island das
nagelneue Kraftwerk im Fluss. Viele hier sind stolz auf den Meiler.
"Ein Atomkraftwerk", erinnert sich Robert Reid, "war damals ja etwas
ganz Modernes, wie heute das Internet. Und wir hatten eins!"
Dann zappt der Bürgermeister an jenem 28.März nervös von
einem Kanal
zum nächsten. Mal heisst es, der Unfall sei harmlos, es sei keine
Strahlung entwichen. Dann ist von kleinen Mengen Radioaktivität
die
Rede, von einem schweren Störfall, von Verletzten. Was ist zu tun?
Die
Stadt räumen? Abwarten? Wie knapp man an diesem Tag an einem
amerikanischen Tschernobyl vorbeigeschrammt ist, wird auch Reid erst
später klar. Zwei Tage nach dem Unfall soll er plötzlich
Schwangere und
Kleinkinder evakuieren. Er steht an einer Strassenkreuzung und sieht
zu, wie seine Stadt die Flucht ergreift. Alle wollen nur weg. Den
offiziellen Beschwichtigungen glaubt niemand mehr.
Partielle Kernschmelze
Auch Tom Kauffman erinnert sich an eine aufregende, hektische Zeit.
Kurz vor halb sieben war der junge Nuklearingenieur, damals 25 Jahre
alt, am Unglückstag zur Arbeit erschienen. "Ich habe sofort
gemerkt,
dass etwas Ernsthaftes passiert ist", erinnert er sich. Es gebe da ein
Problem mit Block 2, mehr erfährt auch Kauffman zunächst
nicht. Im
Kontrollraum versucht die Nachtschicht noch immer fieberhaft, die
verwirrenden Vorgänge im überhitzten Meiler zu verstehen.
Messinstrumente sind ausgefallen, der Reaktorkern ist demoliert, ein
Teil der Brennelemente geschmolzen. Eine erste Wasserstoffexplosion ist
durch den vier Meter dicken Betonmantel bis in den Kontrollraum zu
spüren. Aber warum? Die Ingenieure ahnen nicht, dass der
Kühlkreislauf
unterbrochen ist, weil auf der Anzeigetafel falsche Angaben blinken.
Ein Ventil, das geschlossen sein müsste, klemmt. Es ist eine
Kettenreaktion aus Konstruktionsmängeln, technischen Pannen und
Bedienungsfehlern, die sich da zum Beinahe-GAU summiert - und das
stolze Kraftwerk im Susquehanna-Fluss an diesem Morgen beinahe in die
Luft jagt.
Klimafreundlich
30 Jahre später sind in den USA die Lehren aus dem "Störfall"
auf Three
Mile Island umstritten. Tom Kauffman hat seinen Glauben an die atomare
Zukunft nie verloren. Er arbeitet heute beim Nuclear Energy Institute,
dem Lobbyarm der Atombranche in Washington. Ein Unfall wie damals,
glaubt er, könne heute nicht passieren: "Wir haben unsere Lektion
gelernt. Sicherheit ist jetzt das oberste Gebot." Kauffman rattert
Statistiken herunter, die belegen sollen, dass es heute
gefährlicher
ist, in einem Supermarkt zu arbeiten als in einem AKW. Dann ist da noch
das neue Image: Die Branche präsentiert sich gern als patriotisch,
grün
und klimafreundlich - weil in Atommeilern keine Treibhausgase
freigesetzt werden. Und weil man für Nuklearstrom keine Kriege
führen
muss wie um das Öl.
"Verdammt lange her", sagt Robert Reid in seinem Büro
lächelnd - im
Hintergrund das Knattern seines Geigerzählers. Vor 30 Jahren hatte
er
Angst, dass Middletown zur Geisterstadt wird. Dass die Menschen nicht
zurückkommen, aus Furcht vor den Strahlen, vor der unsichtbaren
Gefahr
draussen auf dem Fluss. Doch die Menschen kamen zurück. Viele
denken
nicht mehr an die Tage der Angst. Anders Robert Reid. "Kommen Sie mit",
sagt der Bürgermeister und steigt eine Treppe hoch. Im zweiten
Stock
hat Reid ein Katastrophenzentrum eingerichtet, das einer Grossstadt
Ehre machen würde. An der Wand hängen Evakuierungspläne.
Zwei
Bildschirme flimmern, auf einem CNN, auf dem anderen der Wetterkanal.
Davor sitzt Tom Foreman, ein Feuerwehrmann; Funkgerät und Laptop
sind
griffbereit. Falls wieder ein Anruf kommt hinten von der Insel, will
Robert Reid auf alles vorbereitet sein.
Dietmar Ostermann
--
Renaissance für US-Atomindustrie?
Seit Bush die Atomkraft zum Pfeiler der US-Energiepolitik machte, hofft
die Nuklearindustrie auf einen zweiten Frühling.
Schon bald, prophezeit Atomlobbyist Tom Kauffman, würden
wieder neue
Atomkraftwerke in den USA gebaut. Es wären die ersten seit dem
Unfall
auf Three Mile Island. Genehmigungsverfahren für Meiler der
dritten
Generation laufen, 17 Unternehmen haben Bauanträge gestellt. "Vier
bis
acht Kraftwerke", sagt Kauffman, "werden in einer ersten Welle ab 2016
ans Netz gehen." Derzeit liefern die 104 Reaktoren im Land rund 20
Prozent des US-Stroms. Geht es nach Kauffman, wird der Anteil schon
bald steigen.
Nicht konkurrenzfähig
"Die träumen", winkt Eric Epstein ab, "wenn sie unter Bush kein
Atomkraftwerk bauen konnten, werden sie es unter Obama auch nicht
können." Epstein ist Chef der atomkritischen Gruppe "Three Mile
Island
Alert", des Überrests der einst stattlichen Protestgemeinde in der
Region. Aus Anlass des Unfalljubiläums sollte Epstein heute
eigentlich
im nahen Harrisburg mit einem Industrievertreter über die Zukunft
der
Atomindustrie debattieren. Die Branche aber hat keinen Vertreter
geschickt. So streitet Epstein mit dem konservativen Atomkritiker Jerry
Taylor vom Cato Institute nur über die Gründe, warum es aus
ihrer Sicht
eine "Atom-Renaissance" in den USA nicht geben werde. Ohne massive
Subventionen sei Atomstrom schlicht nicht konkurrenzfähig, glaubt
Taylor. Kein Investor, der bei Trost sei, werde die hohen Baukosten von
sechs bis neun Milliarden Dollar aufwerfen, um neue Meiler zu
errichten, sagt Epstein. "Sie verweisen auf Umfragen, wonach Atomkraft
ach so beliebt sei. Aber fragen sie die Leute mal, ob die einen Reaktor
vor der Haustür wollen." Neue Standorte, ist Epstein
überzeugt, liessen
sich auch 30 Jahre nach dem "Störfall" im Susquehanna-Fluss in den
USA
schlicht nicht durchsetzen.
Was sich abzeichnet, ist für den Atomkritiker vielmehr eine
Fortsetzung
des Status quo: keine neuen AKW, kein massiver Ausbau der Kernkraft -
aber routinemässige Laufzeitverlängerungen für alle
Reaktoren. "Unsere
Nuklearbehörde würde sogar der Hindenburg eine Lizenz
ausstellen,
Kinder nach Disneyland zu fliegen", spottet Epstein über die in
den
Bush-Jahren laxe Atomaufsicht. Seine Organisation hat vergeblich
protestiert, als die nach den Terroranschlägen vom 11.September
2001
vor der Brücke nach Three Mile Island aufmarschierten
Wachmänner wieder
abzogen. Heute kann jeder unbehelligt auf die Insel fahren. Nur klobige
Betonsperren grenzen den Parkplatz von den noch aktiven
Kühltürmen des
verbliebenen Reaktors ab.
Obamas Standpunkt
Grossen Wandel verspricht sich Epstein auch vom neuen Präsidenten
nicht. Den Bau des umstrittenen Endlagers Yucca Mountain hat Barack
Obama zwar gestoppt. Doch der Demokrat gilt nicht als Atomgegner, im
Wahlkampf hielt er sich bei dem Thema stets bedeckt: "Obama kommt aus
Illinois, der Heimat vieler Atombetreiber", sagt auch Jerry Taylor,
"als Senator hat er nie gegen ihre Interessen gestimmt." Bestenfalls
werde er die Industrie nicht mehr päppeln wie Bush. Priorität
hätten
unter Obama jetzt Alternativenergien.
Dietmar Ostermann