MEDIENSPIEGEL 14.7.09
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Polizeikaserne statt Sommerloch
- Schnüffel-Hotline: Der Bürogummi von nebenan
- Wegrechts-Streit: Gauch vs BE
- Dok-Beitrag zu Marco Camenisch
- Hooligangrippe: Fanarbeit + Repression
- NPD Freiburg: Selbstauflösung nach Antifa-Kampagne
- Homo-/Transsexualität in Kuba: Aufbruchsstimmung

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REITSCHULE
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Mi 15.07.09
19.00 Uhr - SousLePont - Punk Spezialitäten

Sa 18.07.09
14.00 Uhr - Alter Hirschenpark - Kubb-Grümpel-Turnier (Anmeldung kubbcup@gmx.ch

So 19.07.09
19.00 Uhr - Vorplatz - BBQ@Vorplatz

Infos: www.reitschule.ch


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SOMMERLOCH
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kulturagenda.be 15.7.09

Mit dem Fäger in die Polizeikaserne

In der Hitparade der Kinderberufswünsche steht der Polizist zusammen mit dem Feuerwehrmann und der Tierärztin ganz, ganz weit oben. Mit dem Fäger können Kids die Kaserne der Kantonspolizei am Waisenhausplatz besuchen. Sie erfahren, wie ein Polizeiauto ausgerüstet ist und was den Alltag eines Polizisten prägt.
Kantonspolizei, Bern. Mi., 22.7., 17 Uhr. Anmeldung notwendig auf http://www.faeger.ch

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SCHNÜFFEL-HOTLINE
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Bund 14.7.09

Kurz frottiert

Wer andern eine selbst hinein

Wieder klingelt es. "Ja, Bürgertelefon, guten Tag." Ein aufgebrachter älterer Herr ist in der Leitung: "Sie, mein Nachbar hat angeblich einen Rückenschaden, aber er schleppt jede Woche zweimal einen Kasten Bier in den vierten Stock." Dann höhle der Nachbar die Flaschen auf dem Sofa, gucke Talkshows - und beziehe Sozialhilfe. "Ist gut, merci, wir gehen der Sache nach", sagt der Mann im Büro. "Wissen Sie, ich kenne in jedem Quartier Leute, die das für uns überprüfen." Der Anrufer ist befriedigt. Zwei Minuten später klingelts wieder. Diesmal hat ein Bürger beobachtet, dass der Sozialhilfebezüger von gegenüber bei Bern Mobil immer schwarz fahre: "Und mit dem Ersparten leistet er sich hie und da ein Taxi", ruft der Mann in die Muschel. Es sei immer das gleiche Taxi. Der Fahrer schalte die gelbe Taxi-Lampe nie ein - und somit auch die Taxiuhr nicht. "Unglaublich", schnauft der Anrufer, "der Kunde fährt nicht nur schwarz Tram, sondern auch schwarz Taxi." Ja, sagt der Mann im Büro, davon habe er gehört, aber das sei ein anderes Problem. Er bekritzelt den Block und hängt dann auf. Doch es herrscht nicht lange Ruhe. Diesmal ist es eine Dame. Sie hat im Supermarkt beobachtet, wie ihre Nachbarin - nachweislich eine "Klientin" des Departements Olibet - im Supermarkt nicht nur "Prix Garantie"-Artikel aufs Band legte, sondern auch "Fine Food"-Fressalien. "Darf sie das?" fragt die Dame empört. "Nun ja", antwortet der Berater, "das alleine ist noch nicht strafbar, aber bleiben Sie dran, Sie haben ja meine Nummer." Und im Übrigen, räumt der Mann am Pult ein, habe er persönlich die "Budget"-Spaghetti am Liebsten. Der nächste Anrufer ist ein arbeitsloser Mann. Er habe viel Zeit, um aus dem Fenster zu blicken, erzählt er. Deshalb falle ihm im Haus gegenüber ein junger Mann an einem Bürotisch auf, der hie und da telefoniere. "Es ist kein richtiger Bürogummi", tönts aus dem Hörer, "das erkenne ich einen Kilometer gegen den Wind." Der Mann sei von Beruf Chauffeur, so der Anrufer weiter, doch dürfe er derzeit kein Fahrzeug lenken: "Weil er mit 0,9 Promille Alkohol im Blut das Auto eines Kollegen zu Schrott gefahren hat, einen SUV." Am Schreibtisch im Parteisekretariat der Jungen SVP erbleicht Erich J. Hess. "Piep", ruft er hastig in die Muschel, "das Band ist zu Ende." Und hängt auf.

Markus Dütschler

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HÄUSERKAMPF NORDRING
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Bund 14.7.09

Millionenklage als Pokerspiel

Streit um Wegrecht vor Gericht

Ein Hausbesitzer forderte gestern vor Gericht den Teilabbruch des Polizeigebäudes am Nordring, weil dieses ein 57 Jahre altes Wegrecht einschränkt. Der Kläger will sich gegen "staatlichen Diebstahl" zur Wehr setzen.

Simon Widmer

Bescheidenheit ist nicht die Stärke des Hans-Peter Gauch:  "Kommt ihr, um zu schauen, wie ich sie plattmache?", sagt er mit einem lauten Lachen zu der kleinen Gruppe von Schaulustigen, die gestern den Prozess vor dem Berner Gericht besuchten. Plattmachen will Gauch den Kanton Bern, genauer das kantonale Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG). Im April 2008 kaufte der gelernte Landwirt ein Mehrfamilienhaus, zu dem seit 1952 ein Wegrecht im Grundbuch eingetragen war. Seit 1977 steht vor Gauchs Mehrfamilienhaus das Gebäude der Kantonspolizei, das dieses Wegrecht beschneidet.

Über drei Jahrzehnte lang war das Wegrecht kein Thema, doch damit ist es nun vorbei: "Teile des Gebäudes müssen abgerissen werden", sagte Gauch vor Gericht. Die Kosten eines Teilabbruchs schätzt er auf fünf bis zehn Millionen Franken. Seine Forderung unterstrich er wild gestikulierend mit kernigen Sprüchen: "Die Gegenseite kocht nur mit Wasser, ihr fehlen die Ingredienzien", sagte er. Als "Rohdiamant, welcher der Gegenseite das Genick brechen wird", bezeichnete er eine Pointe seines dreiviertelstündigen, auf Deutsch und Französisch vorgetragenen Plädoyers.

Diese Argumentation sorgte bei Gerhard Schnidrig, der die Interessen des Kantons vertrat, für Kopfschütteln. Erstens sei es über dreissig Jahre nach dem Bau des Gebäudes zu spät für eine Beschwerde, und zweitens sei schwer zu erkennen, worin Gauchs Ziel liege. "Wahrscheinlich geht es ihm nur darum, den Behörden eins auszuwischen", sagte Schnidrig.

350 Stunden hatte Gauch, der auf einen Anwalt verzichtete, an seinem Plädoyer gefeilt. Was treibt den 45-Jährigen an? Er sieht sich als Verfechter der Eigentumsrechte, der sich gegen staatlichen Diebstahl wehrt. Der leidenschaftliche Pokerspieler fügte auch an, dass er den Prozess nur als ein Spiel sieht. "Es geht mir nicht ums Geld, davon habe ich genug", sagte er und zeigte auf seine Rolex-Uhr. Nichtsdestotrotz hatte er der Gegenseite vor der Verhandlung einen Vergleich über fünf Millionen Franken angeboten. Dieses Angebot zog er zurück - er will nun "bis zum bitteren Ende" kämpfen. Das Gerichtsurteil wird in zwei Monaten erwartet. Gleichwohl hat der Kläger, der wie ein Beamtenschreck auftritt, bereits 100000 Franken beiseitegelegt, um den Fall bis ans Bundesgericht weiterzuziehen: "Wahrscheinlich werde ich den ersten Prozess verlieren", sagte er. Einen Mann vom Schlage eines Hans-Peter Gauch kümmert das nicht: "Wer einmal gewinnen will, muss bereit sein, zehnmal zu verlieren."

Simon Widmer

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BZ 14.7.09

Prozess gegen Behörden

Gauchs Show vor dem Zivilgericht

Ohne Anwalt, doch voller Selbstvertrauen und mit schauspielerischem Talent, hat Hausbesitzer Hans-Peter Gauch seinen Prozess gegen die Behörden geführt. Er fordert den Teilabriss des Berner Polizeigebäudes.Das Urteil wurde vertagt.

Er trägt Anzug und Krawatte wie ein Rechtsanwalt. Doch er verhält sich im Gerichtssaal, als wäre er ein vorwitziger Schüler, der die Nerven seiner Lehrerin - hier die Gerichtspräsidentin - bewusst bis aufs Äusserste strapaziert. Hans-Peter Gauch, der Kläger, zieht seine "grosse Show" vor dem Zivilgericht Bern-Laupen an diesem Montagmorgen wie angekündigt durch. Zwischenrufe gehören ebenso zu seiner Vorstellung wie kommentierende Gestik und gezielt platzierte Fluchwörter, für die er sich im nächsten Atemzug gleich entschuldigt. Hinten im Saal sitzen Verwandte und Freunde, deren Befindlichkeit zwischen Belustigung und Besorgnis schwankt, weil Gauch den Bogen jeden Moment überspannen könnte.

Doch die Gerichtspräsidentin zeigt Geduld. Geschickt ignoriert sie die Provokationen des Klägers. Bestimmt weisst sie diesen zurecht, wenn er es zu Bunt treibt, zum Beispiel als Gauch den einzig anwesenden Zeugen bei dessen Befragung beleidigt.

Das Wegrecht existiert

Der 45-jährige Kläger, geboren im Kanton Aargau, seit 20 Jahren wohnhaft in Bern, wo er gemäss eigenen Aussagen zehn Liegenschaften besitzt, dieser Kläger fordert den Teilabriss des Berner Polizeigebäudes im Nordring (Ringhof). Er macht ein Wegrecht aus dem Jahr 1952 geltend (wir berichteten). Dieses Wegrecht wurde in den 70er-Jahren tatsächlich durch den Erweiterungsbau des Polizeigebäudes zur Hälfte abgeschnitten, wie ein Grundbuchauszug beweist. Allerding existiert der Durchgang nach wie vor - nur verläuft dieser eineinhalb Meter neben dem ursprünglichen Weg. "Wir haben die betroffenen Anwohner damals über die Verschiebung des Durchgangs informiert", sagt der Architekt des Ringhof-Bauprojekts als Zeuge vor Gericht aus. Alle seien damit einverstanden gewesen.

Gauch will fünf Millionen

"Das ist nun anders - jetzt wehre ich mich!", fährt Gauch dem Zeugen ins Wort. Er droht dem kantonalen Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG), das den Ringhof besitzt, mit dem Gang bis vor Bundesgericht, wozu er 100000 Franken zur Seite gelegt haben will. "Mein Druck wird so hoch, dass der Kanton früher oder später auf die Vergleichsforderung eingeht", hat Gauch bereits vor dem Prozess lauthals verkündet. Seine Forderung betrage 5 Millionen Franken.

Behörden ärgern

Der Anwalt der beklagten Partei beobachtet Gauchs Gebaren im Gerichtssaal eher amüsiert als genervt. Gelassen hört er dem Kläger zu, wie dieser verstorbene und noch lebende Rechtsprofessoren zitiert. 350 Stunden will Gauch laut eigenen Aussagen in die Vorbereitung seines Parteivortrages investiert haben. Dabei habe er Tage in der juristischen Bibliothek der Uni Bern verbracht und mehrere tausend Seiten Entwürfe verfasst. Er schmeisst der Richterin verschiedene Artikel aus dem Zivilgesetzbuch um die Ohren - und wie diese auszulegen seien gleich dazu. Hans-Peter Gauch geniesst das Spiel sichtlich, das er in diesen Minuten mit Instanzen und Behörden spielt. "Das war nicht schlecht für einen gelernten Landwirt", sagt er zum Schluss.

Das Plädoyer der Gegenpartei ist kurz: Gauchs Forderung sei rechtsmissbräuchlich, sagt der Anwalt des Amts für Gebäude und Grundstücke. Er sehe nicht ein, welches Ziel der Kläger verfolge, da der Durchgang beim Polizeigebäude jederzeit gewährleistet sei. "Es geht ihm offensichtlich darum, die Behörden zu ärgern." Zudem müsse Hans-Peter Gauch als neuer Hausbesitzer die Entscheide seiner Rechtsvorgänger tolerieren. "Dieses grundlegende Zitat hat Gauch in seinen Vorbereitungen offenbar überlesen."

 Das Urteil wurde vertragt. Die Parteien erhalten es in zwei Monaten schriftlich.

Tobias Habegger

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20min.ch 13.7.09

"Dem Staat eins auswischen"

Polizeigebäude soll Weglein weichen

Ein Hauseigentümer fordert den Kanton Bern heraus. Der Mann verlangte vor Gericht den Teilabbruch des Polizeigebäudes im Berner Nordring, weil dieses seiner Ansicht nach ein altes Wegrecht verbaut.

Schon vor Prozessbeginn am Zivilgericht Bern-Laupen stellte der Kläger klar, dass er auch bereit sei, zu verlieren. "Das ist ein Spiel für mich", sagte er lachend. Für den Rechtsstreit, den er als eine grosse Show bezeichnete, hat er 100 000 Franken auf die Seite gelegt. Falls nötig, will der Kläger bis ans Bundesgericht gelangen.

"Es geht mir vor allem darum, den Behörden einen Spiegel vorzuhalten", räumte er ein. Doch der Aargauer, der seit Langem im Kanton Bern wohnt, würde sich durchaus freuen, wenn der Kanton einen Teil des Polizeigebäudes abreissen lassen müsste.

Der Mann gab sich in seinem Plädoyer denn auch kampfbereit. Auf einen Juristen verzichtete er. Die entsprechenden Rechtsnormen zitierend, untermauerte er seine Anliegen gleich selbst.

Umstrittener Umbau

Wegen eines Umbaus des Polizeigebäudes am Berner Nordring sei der Durchgang, der zu seiner Immobilie gehöre, seinerzeit verkleinert worden, sagte der Kläger. An der schmalsten Stelle messe der Weg noch 2,58 Meter.

Dabei müsse gemäss des Wegrechts von 1952 der Durchgang 3 Meter breit sein sowie links und rechts einen Freiraum von 1,2 Metern aufweisen, sagte er weiter. Diesen Umstand habe er erst nach dem Erwerb der Liegenschaft entdeckt.

Das alles sieht der Fürsprecher etwas anders, der die Beklagte vertritt, das Amt für Grundstücke und Gebäude und somit den Kanton Bern. Die Zufahrt sei mit dem Umbau am Polizeigebäude lediglich nach rechts verschoben worden, hält er fest. Und der neue Besitzer des Hauses müsse die Entscheide seiner Rechtsvorgänger tolerieren.

Eine bauliche Wiederherstellung der Durchfahrt im sogenannten Ringhof wäre mit unverhältnismässigen Kosten verbunden, sagte der Fürsprecher weiter. Das bestätigte auch der einzige vorgeladene Zeuge, ein Architekt, der seinerzeit am umstrittenen Umbau des Gebäudes beteiligt war.

An der strittigen Stelle befindet sich heute eine Mauer, welche die Zufahrt zu einer Rampe vom Durchgang trennt. Wegen ihrer statischen Bedeutung könnte diese Mauer nur unter grossem finanziellen und baulichen Aufwand entfernt werden, sagte der Zeuge.

"Dem Staat eins auswischen"

Der Fürsprecher betonte in seinem Vortrag zudem die Interessen des Klägers im Rechtsstreit. Diesem gehe es doch nur darum, "dem Staat eins auszuwischen", führte er aus. Die Klage sei aus all diesen Gründen abzuweisen.

Ein Urteil wurde am Montag nicht gefällt. Da die beiden Parteien auf eine mündliche Eröffnung zu einem späteren Zeitpunkt verzichteten, erhalten sie in rund zwei Monaten das Urteil schriftlich zugestellt.
(sda)

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MARCO CAMENISCH
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Indymedia 13.7.09

Marco Camenish im Fernsehen ::

AutorIn : neugieriger         

am 21.7. zeigt sf1 in der Reihe Dok einen Film über den Anarchisten und politischen Gefangenen Marco Camenisch.     
    
Die Sendung wird am Dienstag, 21.07.2009, 21:05 Uhr auf SF 1 ausgestrahlt. Könnte interessant werden, wie das Fernsehen über Marco berichten wird.

mehr Infos unter:  http://www.sf.tv/sendungen/dok/index.php?docid=20090721-2105-SF1

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HOOLIGAN-GRIPPE
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NZZ 14.7.09

Investitionen in die Fan-Arbeit zahlen sich aus

Im Kampf gegen Hooliganismus braucht es sowohl Prävention wie Repression

Von Jörg Häfeli*

 In unregelmässigen Abständen machen Fussballfans mit Ausschreitungen negativ auf sich aufmerksam. Jörg Häfeli, Dozent an der Hochschule Luzern, schlägt im Kampf gegen Hooligans ein zweigleisiges Vorgehen vor. Neben Repression soll in sozioprofessionelle Fan-Arbeit investiert werden. Dieses Vorgehen hat sich nach Ansicht Häfelis in Deutschland bewährt.

 In den Schweizer Stadien können im Klubfussball grob drei "Zuschauersegmente" unterschieden werden: Zum einen sind da die Leute auf der Haupttribüne - eine Mischung von VIP aus der Politik, der Wirtschaft, der Kultur und dem Sport sowie gesetzten Klubanhängern. Demgegenüber gibt es einerseits die Fussball-Liebhaber, die gelegentlich ein Fussballspiel besuchen, sowie die treuen Anhänger des Vereins, die im Stadion sind, wann immer sie können.

 "Ein Leben lang treu!"

 Tonangebend sind die eigentlichen Fussballfans, die nach dem Motto "Ein Leben lang treu!" über Jahre hinweg praktisch jedes Heimspiel und viele von ihnen auch jedes Auswärtsspiel ihrer Mannschaft verfolgen. Innerhalb dieser Gruppe wiederum kann grundsätzlich zwischen zwei Bewegungen unterschieden werden: einerseits die jungen Fans im Alter zwischen 16 und 30 Jahren, die sich in inoffiziellen Fangruppierungen zusammengeschlossen haben oder mit diesen sympathisieren, anderseits die älteren ab 30 Jahren, die in den offiziellen, also von den Klubs anerkannten Fangruppen organisiert sind.

 Die Ersteren können als ultraorientierte Gruppen bezeichnet werden. Sie inszenieren kreative Choreografien, beispielsweise grafisch kunstvoll gestaltete Grossinstallationen, welche die gesamte Fankurve bedecken. Oder sie schwenken grosse Fahnen während des gesamten Spiels, halten Spruchbänder hoch und stimmen auf das Kommando eines mit Megaphon ausgestatteten Vorsängers (Capo) Fan-Gesänge an. Das Abfeuern von pyrotechnischen Materialen ist ebenfalls Teil dieser Kultur. Neben ihrer optischen und akustischen Unterstützung ihres Teams fallen diese Gruppen durch ihr Engagement gegen die zunehmende Kommerzialisierung des Fussballs und für die Wahrung von Fan-Interessen auf. Nebst dem positiv formulierten Slogan - "Ein Leben lang treu!" - gehört der Protest "gegen den modernen Fussball" zur Kernbotschaft ultraorientierter Gruppierungen.

 Fankurve als einer der letzten Freiräume

 Die mit der Professionalisierung einhergehende Kommerzialisierung des Fussballsports hat vielfach zu einer Distanz der Klubs zu seinen treusten "Kunden", den Fans, geführt. Der Profifussball entwickelt seine Bedingungen nach marktwirtschaftlichen Kriterien. Die Schweiz ist im internationalen Geschäft zur "Ausbildungsliga" geworden. Spieler und Trainer kommen und gehen ebenso wie Klubverantwortliche - nur die Fans bleiben "ein Leben lang treu". Die Fans scheinen mit dem Widerspruch der lebenslänglichen Treue zum Klub und der Modernisierung des Fussballs umgehen zu können, solange sie im Selbstbestimmungsrecht auf das Ausgestalten ihrer Fankultur nicht bevormundet werden.

 Die Attraktivität der Fankurve als einer der letzten Freiräume kollektiver Ausgelassenheit zieht viele, zumeist männliche Jugendliche an, welche ihre Identität beziehungsweise ihre gesellschaftliche Zugehörigkeit (noch) nicht gefunden haben. Im Sog des Kollektivs und auf der Basis der inszenierten Rivalität gegenüber gegnerischen Fangruppierungen und der Auflehnung gegen Autoritäten (Sicherheitspersonal, Polizei) leben sie ihr Aggressionspotential oft jenseits der rechtsstaatlichen Toleranz aus. Sie glauben, in der Anonymität der Masse einen rechtsfreien Raum zu betreten und (endlich) ihrer Aggression freie Bahn verschaffen zu können. In vielen Fällen spielt übermässiger Alkoholkonsum als Motor für die Hemmungslosigkeit eine wichtige Rolle. Die hohe Präsenz von Sicherheitspersonal und Polizei wird als provokativ empfunden und schürt die aggressive Stimmung.

 Hohe Kosten der Sicherheit

 Die Probleme mit der Sicherheit rund um Fussball- und Eishockeyspiele haben sich in den vergangenen Jahren insofern verschärft, als sich die Gewalt nach ausserhalb der Stadien in den öffentlichen Raum verschoben hat. Die Sicherheitsaufwendungen der Städte und der Kantone sind massiv in die Höhe geschnellt. Die Steuerzahler und die Politik sind nicht mehr gewillt, tatenlos zuzusehen und zu bezahlen.

 Der Runde Tisch gegen Gewalt im und um den Sport verabschiedete kürzlich eine Reihe von Massnahmen zur Verminderung dieser unerwünschten Nebenerscheinungen. Nebst mittel- und langfristigen Massnahmen forderte er fünf Einzelmassnahmen wie die Verbesserung der Eingangskontrollen oder die Einschränkung des Alkoholverkaufs. Die Reaktionen auf diese Massnahmen spiegeln nun ein altes Muster wider: Den einen, vorab den Städten und den Kantonen, geht dieses Massnahmepaket viel zu wenig weit, ohne dabei konkrete Alternativen aufzuzeigen. Demgegenüber begrüssen die Verbände präventive Massnahmen wie die Entwicklung eines nationalen Konzepts für Fan-Arbeit. Damit zeigt sich der alte Graben zwischen den privaten Veranstaltern und der öffentlichen Hand. Statt sich gegenseitig zu bekämpfen, wäre ein gemeinsamer Weg dringend notwendig.

 Deutschland als Vorbild

 Die Erkenntnis, dass dabei ein ausgewogenes Paket von Prävention und Repression zielführend ist, hat sich in vielen Ländern längst durchgesetzt. Die Fan-Arbeit in Deutschland etwa stützt sich seit bald zwei Jahrzehnten auf zwei gewichtige Säulen: Auf der einen Seite ist die Fan-Arbeit der Klubs professionell ausgestaltet. Auf der anderen Seite existieren für die Städte und die Klubs der ersten und der zweiten Bundesliga über vierzig sogenannte Fan-Projekte. Diese Fan-Projekte oder fachlich exakt "sozioprofessionelle Fan-Arbeit" bilden die Schnittstelle der öffentlichen Jugendarbeit und des Fussballs. Sie sind vom Klub unabhängig und können so Kontakte mit (meist) jugendlichen Fans pflegen, welche die Mannschaft mit Leib und Seele unterstützen, von den Klubfunktionären jedoch weit entfernt sind.

 In Deutschland hat sich dieses zweigleisige Prinzip bewährt - in der Schweiz stecken wir in den Kinderschuhen, was sowohl Fan-Arbeit auf Klubebene als auch die sozioprofessionelle Fan-Arbeit anbelangt. Aber Investitionen in diese Systeme lohnen sich.

 Weiterer Beitrag im Sportteil, Seite 48

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Ein einziger Hilfeschrei

Die Diskussionen um die Gewalt in den Stadien bestimmen den Fussballstart in der Schweiz

 bir. Rund um den Saisonauftakt im Schweizer Fussball rückte das Thema "Gewalt in den Stadien" facettenreich in den Mittelpunkt. St. Gallen kündigte den Einsatz eines Schnellrichters im Stadion an. Nach St. Gallen - Basel schaffte es das Thema am Montag in die Nachrichten von Radio DRS. Tenor: Der Schnellrichter war da, hatte aber (noch) nichts zu tun. Der FC Luzern sprach Anfang Juli Stadionsperren gegen 42 Personen aus. YB gab an der Vorsaison-Orientierung bekannt, dass 2008/09 Stadionverbote gegen 61 YB-Anhänger verhängt worden sind. Die Disziplinarkommission der Liga veröffentlichte die Strafen gegen den FC Zürich und gegen den FC Basel wegen der schwerwiegenden Vorfälle (Petarden, Fackeln, Übergriffe) im Meisterschaftsspiel Mitte Mai im Letzigrundstadion. Die beiden Klubs, friedlich vereint in der Empörung, beriefen daraufhin in Olten eine gemeinsame Medienkonferenz ein, an der sie in die Offensive gingen, Druck zu erzeugen versuchten und vorab die abermals verhängten Geisterspiele anprangerten.

 In Interviews mit dem Liga-Präsidenten Thomas Grimm dominierte nur ein Thema: die Gewalt im Schweizer Fussball. Grimm liess sich als Hardliner in der Gewaltbekämpfung zitieren. Der FCZ-Präsident Ancillo Canepa sprach sich vor den Medien dafür aus, dass man "knallhart" gegen gewaltbereite Personen vorgehen müsse. An jener Medienkonferenz in Olten fiel auch das Stichwort "Kuscheljustiz". Bezüglich der Polizeiarbeit orteten der FCZ und der FCB die "Strategie des Zurückweichens". Was sagt uns das alles? Die Not ist gross. Die finanzielle Not, die emotionale Not, auch die Not an Argumenten. Es fällt in diesem Cocktail schwer, den Überblick zu behalten. Die Ebenen vermischen sich, Schuldige werden gesucht und Lösungen nicht gefunden. Ein paar Fakten und Gedanken zu Stichworten.

 Die Kosten

 Geisterspiele treffen die Vereine finanziell hart. Deshalb und nicht wegen der absehbaren "Geister-Atmosphäre" im leeren Stadion wehren sich die Klubs. Der FCB beziffert den Verlust wegen eines Geisterspiels mit 1 Million Franken. Die Klubs gehen dazu über, die Sicherheitskosten offensiv zu kommunizieren. Damit verknüpfen sie die Botschaft: "Wir tun einiges!" Der FCB gab 2008 3,6 Millionen für die Sicherheit aus. Im Berner Stade de Suisse kostet sie jährlich über 2 Millionen. Auf der anderen Seite reiben sich Einwohner die Augen, wenn bekannt wird, dass der Einsatz der Sicherheitskräfte allein für den Cup-Final die öffentliche Hand eine Viertelmillion gekostet hat. Sicherheit ist teuer. Die Frage ist: Wer muss welche Rechnung begleichen?

 Die Geisterspiele

 Wird ein Klub gebüsst, spüren die Urheber der Busse nichts. Was kümmert sie, wenn der Verein 80 000 Franken zu entrichten hat? Geisterspiele haben andere Folgen. Sie sind keine Schweizer Erfindung, die Uefa und die Fifa wenden die Strafe mit dem leeren Stadion seit Jahren an. Der FCB-Vizepräsident Bernhard Heusler lehnt diese als "Sippenhaft" ab. Er zieht einen Vergleich zu den Kollektivstrafen im Militär und sagt, es fehle "jegliche Verhältnismässigkeit". Nach dem "Fall Laperrière" (der Schiedsrichter ging bei YB - Xamax zu Boden, nachdem ihn ein aus der Berner Fankurve geworfener Gegenstand getroffen hatte) setzte die Disziplinarkommission ein Zeichen, indem sie nur die YB-Fankurve und nicht das ganze Stadion für ein Spiel sperren lässt. Auf jeden Fall argumentieren die Gegner von Geisterspielen dürftig: "Das funktioniert in der Schweiz nicht." Was in Uefa-Wettbewerben offenbar klappt, geht in der Schweiz nicht. Welches ist die Alternative? Der Ansatz des FCZ und des FCB: Bussen, die zweckgebunden in die Prävention zurückfliessen.

 Aufheizen

 Vielleicht muss man sich auch einmal vergegenwärtigen, mit welchen Bildern gerade die Duelle zwischen dem FC Basel und dem FC Zürich in gewissen Medien hochgekocht werden. Vielleicht hat sich auch der Medienchef des FC Luzern Gedanken darüber gemacht, ob es geschickt war, vor dem Barrage-Rückspiel gegen Lugano die Fankurve hoch zu schreien und anzustacheln. Eine Viertelstunde später explodierte eine aus jenem Sektor geworfene Petarde neben dem Ohr des Schiedsrichter-Assistenten. Das Spiel stand dem Abbruch nahe. Vielleicht überlegt die Liga, ob es geschickt ist, den Spielplan so zu steuern, dass am Ende "Meisterschaftsfinals" stattfinden. Andere Ligen brauchen diesen Kunstgriff nicht.

 Verschwörungstheorien

 Der FC Sion fühlte sich vor dem Cup-Final in Bern gegen YB von der ganzen Schweiz verfolgt. Es ist ein im Fussball bekannter Reflex, ein wiederholtes Ablenkungsmanöver: "Alle gegen uns!" Nach diskutablen Schiedsrichterentscheiden können Spieler und Funktionäre der Liga ungestraft vorwerfen, den Ausgang der Meisterschaft steuern zu wollen. Der FCZ und der FCB fühlen sich allein schon deshalb benachteiligt, weil sie Grossklubs sind. Sie suggerieren, besonders hoch gebüsst zu werden, weil sie Geld haben. Der FCZ nimmt sich die Zusammensetzung der Disziplinarkommission vor. Der FCZ-Präsident Canepa spricht vom "Dolchstoss", von "sektiererischem Kampf" und von "persönlichen Abrechnungen gegenüber mir, dem FCZ und dem Stadion-Management". Immer wieder orten die Klubs Verschwörungen: "Alle gegen uns!" Am Schluss werden alle - je nach Sachlage - irgendwann durch irgendwelche bösen Geister verfolgt.

 Hilfe!

 "Wir haben in der Sicherheitsfrage relativ wenig Unterstützung", tut Canepa kund. Der FCZ und der FCB fühlen sich "allein gelassen". Sie seien "die Dummen im Umzug", sagt Heusler. "Wir wollen nicht mehr die Prügelknaben der gewaltbereiten Szene sein", sekundiert Canepa. An der Medienkonferenz in Olten wird über den Fussball und die Gewalt geredet und das Thema auf die Gesellschaft ausgeweitet. Es gibt die Klubs, die Spieler, Trainer und Funktionäre, die einmal mehr und einmal weniger Vorbild sind. Es gibt die Liga, deren Präsidenten und deren Sicherheitschef. Es gibt die Disziplinarkommission. Es gibt den Verband. Es gibt Fan-Gruppierungen und Fan-Beauftragte. Es gibt Sicherheitschefs in den Stadien. Es gibt Sponsoren, VIP und Investoren. Es gibt die Politik. Es gibt die Polizei und die Sicherheitsdienste. Das Spiel hat viele Player und noch mehr Ebenen.

 Es gibt auch viel Hilf- und Machtlosigkeit. Vieles, was zuletzt geäussert und gefordert wurde, ist vor allem Ausdruck davon. Eigentlich ist der Cocktail ein einziger Hilfeschrei.

 Betrachtungen zur Fanarbeit im Inlandteil

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ANTIFA FREIBURG i.B.
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linksunten.indymedia.org 14.7.09
http://linksunten.indymedia.org/en/node/8882 (mit weiterführenden Links)

NPD-Kreisverband Freiburg-Südlicher Oberrhein zerschlagen

Created by: Autonome Antifa Freiburg

Orden für "langen Atem" und Durchhaltevermögen

Nach einer zweijährige antifaschistischen Kampagne hat sich der NPD-Kreisvorstand Freiburg-Südlicher Oberrhein am 09.07.2009 aufgelöst. Erkenntnisse über die Nazis wurden mittels klassischer Recherchearbeit, Social Engineering-Angriffen und einer produktiven Kooperation mit der Datenantifa gesammelt. Anschließend folgten Outings durch Communiqués, Flugblätter, Plakate und Graffitis an Wohnorten und Arbeitsstellen der Nazis, sowie gezielte Pressearbeit. Die Kampagne gipfelte am 25.06.2009 im Outing des NPD-Kreisvorsitzenden John Bürgel.

Der NPD-Kreisvorsitzende sah sich vor die Wahl gestellt "den aufgezwungenen schmutzigen Kampf anzunehmen" und "Anti-Antifastrategien" anzuwenden oder "seine Tätigkeit einzustellen". Der nach eigenen Angaben seit über 20 Jahren als "Parteisoldat der NPD" tätige Bürgel entschied sich "aus der regionalen politischen Szene" abzutreten und veröffentlichte eine politische Kapitulationserklärung auf suedlicher-oberrhein.npd.de. Diese Erklärung wurde am 12.07.2009 samt Outing auf der Naziplattform altermedia.info gespiegelt und von vielen Nazis vernichtend kommentiert.

Das sich in einem "desolaten Zustand" befindliche "Weichei", der "Jammerlappen", "Defätist" und "feige Schlappschwanz" habe auf eine "weinerliche Weise, die selbst die an Peinlichkeiten gewiß nicht arme Geschichte der NPD in jeder Hinsicht" übertreffe im "linksschwulen, hedonistischen Spießerkaff" Freiburg "öffentlich die weiße Fahne" gehisst. "Früher, in den bessseren Zeiten" habe man so etwas "Feigheit vor dem Feind" genannt und "im Krieg würde das ‚Kopf ab‘ bedeuten…" wurde Bürgel unverhohlen von seinen Kameraden bedroht. Andere Nazis forderten als Reaktion auf Bürgels Outing Terror gegen "exponierte Linke oder ‚Holocaustüberlebende‘ die man sich als Reaktion auf Antifa-Übergriffe mal dezent zur Brust nehmen" solle.

"Die Zerstörung der offenen Freiburger Strukuren" sei Bürgels "Verdienst" und werde "als ‚geschichtliches‘ Element für den Freiburger Raum immer wieder bestehen bleiben, ebenso wie sein Name". Dem baden-württembergischen Landesverband und insbesondere dem "gescheiterten Posträuber" und "inhaltlich Verantwortlichen" Alexander Neidlein sowie dem NPD-Landesvorsitzenden Jürgen Schützinger wurde eine Mitschuld an Bürgels "Dokument seltendämlicher Selbstdemontage" gegeben und ihnen wurde, sollten sie "einmal nüchtern sein", empfohlen, "eine physische Auseinandersetzung im Nest des ‚Königs‘ zu suchen".

Als Reaktion schaltete der NPD-Landesverband am 13.07.2009 die Domain des Freiburger Kreisverbandes offline und veröffentlichte seinerseits eine Erklärung. Bürgel habe sich "aus rein familiären Gründen aus dem Kampf um ein besseres Deutschland zurückgezogen", lediglich die "Form der ‚Erklärung‘ wird als unverhältnismäßig gerügt, weil der antideutsche Feind von Seiten der NPD keine besondere Aufmerksamkeit bekommen sollte ". Es seien sowieso "bereits mehrere Umstrukturierungen im Kreisverband" geplant gewesen, um bei der Landtagswahl 2011 "im gesamten ‚Ländle‘ auf dem Stimmzettel" zu stehen. Weiter werden alle "volkstreuen Deutschen" aufgefordert "sich der gemeinsamen ‚Sache‘ unter der Fahne der NPD anzuschließen".

Zwar hat John Marlon Bürgel seine Parteiämter aufgegeben, er plant jedoch mitnichten einen Rückzug ins bürgerliche Herdermer Alltagsleben mit Sparbuch, Versicherungen, Aktienbeständen und einem kürzlich fällig gewordenen Bausparvertrag über 20.451 Euro bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Er ist weiterhin aktiv in der vermeintlich anonymen Öffentlichkeit der "germanischen Weltnetzgemeinschaft" thiazi.net - dem größten deutschsprachigen Naziforum. Dort schreibt Bürgel seit dem 21.10.2007 unter dem Pseudonym "Battleaxe" durchschnittlich 2,04 Beiträge pro Tag, die alle mit der Signatur "BRD-System abschalten" und "Ich kann das Wort ‚Holocaust‘ nicht mehr hören!" enden. Bislang hat er insgesamt 1290 nationalsozialistische Kommentare verfasst, wofür dem regelmäßig zahlenden "fördernden Thiazi-Mitglied" und "Freund der Germanen” der "Orden für ‚langen Atem‘ und Durchhaltevermögen" verliehen wurde.

Bürgel lässt sich in dem Naziforum nicht nur über den "üppigen Busen" seiner Frau Bettina aus, zu dem er ein "extrem intensives Verhältnis" habe, veröffentlicht Fotos seiner kleinen Tochter "beim Gedicht aufsagen an Weihnachten", bekommt emotionale Unterstützung, Anerkennung und pflegt ein soziales Netzwerk, sondern verbreitet aktiv sein nationalsozialistisches Gedankengut. Bürgel nutzt Alltagssituationen wie die Begegnung mit einer "Frau mit ihrem behinderten, mongoloiden Sohn" während eines Restaurantbesuchs mit seiner Familie, um gegen das "schon rein äußerlich sehr unappettlich" aussehende Kind zu hetzen, das "starken Brechreiz" bei ihm auslöse.

Während Bürgel in der Kriegsführung gegenüber "verwandten indogermanischen Völkern" noch "(wenn möglich) gewisse völkerrechtliche und moralische Normen" befürwortet, habe er "gegenüber allen farbigen Völkern, egal ob ost- oder vorderasiatischer, schwarzer oder indianischer Herkunft", die er "am liebsten unter europäischer Kolonialherrschaft" sähe, "keinerlei moralische Bedenken, daß evtl. ein totaler, in jeder Hinsicht rücksichtsloser Krieg geführt" werde. Zur Frage der "Grenzen der Rassenschande" kennt Bürgel kein Erbarmen für "deutsche, oder weiße Frauen allgemein", die "sich mit Fremdrassigen einlassen": "Die sollen (heilsame) Prügel von ihrem Neger oder sonstwas beziehen, bis sie nach Gott schreien. Das sehe ich nur mit unverhohlener Schadenfreude zu! In diesem Falle finde ich es in der Tat bedauerlich, daß auch solche Rasseverräterinnen unter dem Schutz des Gesetzes stehn."

Bürgels Rassismus ist nur schwer zu ertragen, wenn er beispielsweise über seine Arbeit in einem Betrieb schreibt, "in dem viele Neger als Reinigungskräfte angestellt" seien. Der "Geruch der Schwarzen" sei "manchesmal so unerträglich", daß es ihm "übel" werde. Für ihn sei das der "typische Geruch der Rasse": " Der Geruch, nein ich muß von Gestank sprechen, ist schwer zu beschreiben, er hat etwas beißendes, auch leicht süßliches." Zynisch beschreibt "Battleaxe" seine Vernichtungsphantasien: "Da ich kürzlich einen Film über die Todesstrafe sah und dabei dieses Thema angedeutet wurde, frage ich mich, ob der verschmorte Brandgeruch bei der Hinrichtung eines Negers auf dem elektrischen Stuhl penetranter ist als bei einem Weißen, und ob es in der Zeit der Rassentrennung für Schwarze einen separaten elektrischen Struhl gegeben hat?"

Wenig verwunderlich stimmt John Bürgel in der Umfrage "Wer sind Eure Lieblings-Obernazis (nach Hitler)? " im Naziforum "nachdrücklich für Dr. Robert Ley", einen der 24 im Nürnberger Prozess als Hauptkriegsverbrecher angeklagten Nationalsozialisten. Und "Wer ist der Hauptfeind?" beantwortet Bürgel als stereotyper Antisemit mit: "Das liberalistisch-kapitalistische Zentrum an der Ostküste der USA." Einer unter dem Pseudonym "Amazone" schreibenden Faschistin, die ebenfalls geoutet wurde und sich nun bedroht fühlt, gibt Bürgel noch am 11.07.2009 den Ratschlag: "Verhalte dich vorsichtig, aber ganz ruhig und ohne hektische Reaktionen. In den meisten Fällen beruhigt sich eine solche Situation wieder innerhalb einiger Wochen. Das Gedächtnis der Leute um solche ‚Skandale‘ läßt allgemein schnell nach. Je nach örtlicher Polizei, kann man durchaus auch auf deren Hilfe zählen, gegebenenfalls Anzeige erstatten und bei akuten Bedrohungssituationen dort Hilfe holen. Viel Glück!"

Die NPD kündigte bereits auf ihrem Landesparteitag 2006 die Umstrukturierungen zur Landtagswahl 2011 an. Die Kommunalwahl 2009 sollte als "Sprungbrett für die Landtagswahl" genutzt werden, was zumindest in Freiburg kläglich scheiterte. Wir werden wie den letzten auch den kommenden Landtagswahlkampf der NPD und alle Wiederaufbauversuche von NPD-Strukturen in Freiburg und Umgebung aktiv sabotieren.

FaschistInnen angreifen!

Autonome Antifa Freiburg

Communiqué vom 14.07.2009

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HOMO-/TRANS-SEXUALITÄT KUBA
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NZZ 14.7.09

Feuilleton (fe)

Schauplatz Kuba

Glasnost für Homo- und Transsexuelle

Comingout statt staatlich verordneter "Umerziehung"

Homosexualität und die kubanische Revolution waren lange Zeit inkompatibel. Erst in den neunziger Jahren begann die zaghafte Öffnung gegenüber Homo- und Transsexuellen. Für deren Rechte kämpft seit einigen Jahren Mariela Castro, die Tochter von Staatschef Raúl Castro.

"Conducta impropia" steht auf der beigefarbenen Plane über dem Eingang zur Galerie Servando. Der Standort der Galerie ist gut gewählt. Sie liegt in direkter Nachbarschaft zum nationalen Filminstitut in Havanna, dem ICAIC. Für aufgeschlossene und kritisch denkende Besucher ist damit gesorgt, denn das Institut ist eine Bastion der Intellektuellen Kubas. Ein Grund, weshalb Alejandro González froh war, seine Bilder aus einer anderen, weitgehend unbekannten kubanischen Welt hier ausstellen zu können.

Entsprechend stark sind auch die Reaktionen auf die Ausstellung der Fotos von homo- und transsexuellen Kubanern, die sich allein im Atelier, zu zweit oder in kleinen Gruppen an den Stadtstränden von Havanna aufnehmen liessen. Bilder, die in Kuba für Furore sorgten. Viele Kubaner hätten keine Ahnung von diesem Teil der Realität, erklärt Iván Garcia, ein unabhängiger Journalist aus Havanna. Auch der Fotograf Alejandro González war überrascht, als er in die Welt der Homo- und Transsexuellen, der Dragqueens und Transvestiten eintauchte.

Den Zugang verschaffte ihm dabei seine Freundin, eine Ärztin vom kubanischen Institut für Sexualerziehung (Cenesex), die ihn mit einigen der bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten der Szene zusammenbrachte. Der Rest sei fast von allein gekommen, denn als er mit seiner Kamera aufgetaucht sei, hätten sich viele von sich aus in Pose geworfen. Und auch zu den Studioaufnahmen seien die allermeisten der Leute, die er am Strand kennenlernte, spontan bereit gewesen. Auch dies ein Beleg dafür, dass sich in Kuba etwas ändert.

 Vom Underground auf die Strasse

Bisher fanden die Variétés, Shows und Partys der Szene zumeist im Untergrund statt. Staatliche Cafés, Bars und Theater öffnen ihre Türen nur selten für die beliebten Travestie-Shows. Die meisten Manager ständen diesen Shows ablehnend gegenüber, erklärt Imperio, einer der bekannten Travestiekünstler des Landes. Der 35-jährige Student, ein bekennender Homosexueller mit fester Beziehung, hat im Mai letzten Jahres gemeinsam mit einer ganzen Reihe weiterer Dragqueens für die Rechte der Community in Havanna demonstriert. Nicht irgendwo, sondern im kubanischen Pavillon mitten auf der Rampa. So wird die 23. Strasse Havannas genannt, die auf dem Malecón, der Uferpromenade, endet, wo sich im Schutz der Dunkelheit die "Vampire der Nacht" treffen. So nennen sich scherzhaft Nachtschwärmer wie Alexey, ein schwuler Tänzer und einer der Protagonisten des Dokumentarfilms "Zwei Heimatländer, Kuba und die Nacht" des deutschen Filmemachers Christian Liffers. Der Film, eine kritische Auseinandersetzung über den Umgang mit Homosexualität in Kuba, lief dort auf dem "Festival des armen Kinos", welches alljährlich im Osten der Insel stattfindet.

Das ist ein positives Beispiel für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Homosexualität, die vom Cenesex eingefordert wird. Diesem steht mit Mariela Castro Espin, der Tochter von Staatschef Raúl Castro, eine Frau vor, die vor allem im Ausland als Reformerin gilt, weil sie sich energisch für die Rechte von Homo- wie Transsexuellen einsetzt. Mit Erfolg, denn seit dem Juni 2008 dürfen sich Transsexuelle in Kuba ganz legal einer Geschlechtsumwandlung unterziehen. Das gesellschaftliche Klima gegenüber Homosexuellen, die früher geringschätzig als maricónes, als Schwule, abgetan wurden, hat sich gebessert, bestätigt Imperio alias Abraham. Beinahe jeden Abend steht er auf der Bühne, um in edler Robe und mit grosser Geste berühmte Bolero- und Schlagersängerinnen zu imitieren. Die Shows haben nicht nur in Havanna ihre Fans. So feierte in Santa Clara - der im Zentrum der Insel gelegenen Stadt, wo der Revolutionsheld Ernesto "Che" Guevara begraben liegt - dieses Jahr das "El Mejunje" sein 25-Jahr-Jubiläum. Das in den Räumen eines alten Hotels untergebrachte Kulturzentrum ist Kubas einziges unabhängiges Transvestiten-Theater.

Ihren Teil zur Öffnung beigetragen haben auch Regisseure wie Tómas Gutiérrez Alea, der 1993 "Erdbeer und Schokolade" auf dem internationalen Filmfestival von Havanna vorstellte und damit eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über den Umgang mit Homosexualität in Kuba anstiess. Vollkommen neue Töne in einem Land, in dem bis dahin der folgende Satz als offizielle Leitlinie im Umgang mit Homosexualität galt: "Wir sind niemals zu der Überzeugung gekommen", so Fidel Castro 1966, "dass ein Homosexueller die Charakterstärke eines Revolutionärs hat."

Der Satz lieferte damals die Basis für die Einrichtung von Arbeitslagern zur "Umerziehung", den sogenannten "Militäreinheiten zur Unterstützung der Produktion" (UMAP). In einem dieser Lager sollte auch der international bekannte Sänger Pablo Milanés - so die Parole - "zum richtigen Mann werden". Auch in der Dokumentation zur Ausstellung von Alejandro González finden sich derartige Details wieder. Minuziös hat der 33-jährige Fotograf die wichtigsten Etappen im Umgang mit der homosexuellen Minderheit festgehalten und den Besuchern zur Ausstellungseröffnung in die Hand gedrückt. Wenig später verschwanden die aufwendigen Broschüren allerdings aus der Galerie.

 Warten auf die Schwulen-Ehe

 Die Herleitung des Begriffs "ungebührliches Verhalten" - als welches das Schwulsein im Polizeijargon bezeichnet wird - passte den Verantwortlichen in Havanna anscheinend genauso wenig wie die Erwähnung nüchterner Fakten - darunter etwa die Ausreise von 125 000 Kubanern über den Hafen von Mariel 1980. Unter den Emigranten, die Fidel Castro öffentlich als "lumpens" bezeichnet hat, waren auch zahlreiche Homosexuelle wie Reinaldo Arenas - Kubas wohl bekanntester homosexueller Autor. Der verliess das Land, weil er für sich keine Perspektiven auf der Insel sah.

An Ausreise denkt der Travestie-Star Abraham hingegen nicht. Er kann von seiner Arbeit leben, hat eine eigene Wohnung und kann sich darauf verlassen, als HIV-Positiver in Kuba medizinisch angemessen versorgt zu werden - Vorteile, die er anderswo kaum hätte. Ärger mit der Polizei, über deren Willkür viele Homo- und Transsexuelle laut dem Institut für Sexualerziehung immer wieder klagen, hat Abraham nie gehabt. Gleichwohl würde er es begrüssen, wenn er seinen Partner Elier heiraten könnte. Doch da werden sie noch ein wenig warten müssen, denn die entsprechenden Gesetzesanträge hat Mariela Castro zurückgezogen. Dafür scheint es noch ein wenig zu früh zu sein im revolutionären Kuba.

 Knut Henkel