MEDIENSPIEGEL 1.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (Tojo)
- Rabe-Info 1.3.10
- Demo-Initiative im Stadtrat (4.3.10)
- Film über Heroinabgabe-KlientInnen
- Asylnetz LU
- Police ZH: Mehrarbeit ärgert
- Grenzwache vs Police CH
- Fussball: Praxis und Schnellgerichte
- Biedermann Sizzla verleugnet seine Homohasssong-Verzichtserklärung-Unterschrift
- Ungarn ganz rechts

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REITSCHULE    
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Mi 03.03.10
19.00 Uhr - SousLePont - Brasilien Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Grazia Pergoletti "Dessert"

Do 04.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Grazia Pergoletti "Dessert"
20.30 Uhr - Tojo - "Im Gange" von 7Elles. Choreografie: Michael Schulz.
20.30 Uhr - Kino - DOK am Donnerstag: Space Tourists, Christian Frei, CH 2009
21.00 Uhr - Rössli-Bar - Side Road Tour: Factor, Kay the Aquanaut Def 3 (Canada) und Zoën (Frankreich). Style: Alternative Hip-Hop

Fr 05.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Grazia Pergoletti "Dessert"
20.30 Uhr - Tojo - "Im Gange" von 7Elles. Choreografie: Michael Schulz.
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde: Por Amor, Isabelle Stüssi, CH 2009
21.00 Uhr - Rössli-Bar - Tsigan (BE), Remy Rem (2.Liga, Labellobby), Arte Brà und DJ Kermit (Boys on Pills), Mr. Thrillin (Cratekemistry Soundsystems). Style: Berner Hip-Hop
22.00 Uhr - Frauenraum - POPSHOP: DJ Photoeffekt (DiscoPopElektro) und DJ Lady Kane (DiscoFunk80iesPopElectro). Women only!

Sa 06.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: dampfzentrale, Text: Grazia Pergoletti "Dessert"
20.30 Uhr - Tojo - "Im Gange" von 7Elles. Choreografie: Michael Schulz.
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde: Wanakam, Thomas Isler, CH 2005
22.00 Uhr - Dachstock - 10 Years USP: Black Hole: Kindzadza (OSOM Music/RUS). Kasatka (active meditation/DE), Tallkirsch (kadesha), Tsunamix (mythos productions), Zenkatsu (USP), Milosz (USP), Stardust (USP), Bassgabe (USP), Ruff (USP), Dusky (USP), Score (plan b), Tex (plan b). Style: Darkpsy, Full Power Trance

So 07.03.10
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt und Brunch im SousLePont bis 16.00 Uhr
13.30 Uhr - Kino - Kinderfilm am Flohmi: Heidi Luigi Comencini, Schweiz 1952
19.00 Uhr - Tojo - "Im Gange" von 7Elles. Choreografie: Michael Schulz.

Infos: http://www.reitschule.ch

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kulturstattbern.derbund.ch 1.3.10

Gisela Feuz am Montag den 1. März 2010 um 07:00 Uhr

Kulturbeutel 09/10

(...)

Signora Pergoletti empfiehlt:
Das Tanzstück "Im Gange" der Compagnie 7Elles, choreographiert von Michael Schulz, weil sie vor etwa zwei Jahren einmal eine Produktion exakt dieser Truppe gesehen hat und richtiggehend begeistert war. Im Tojo, Donnerstag bis Samstag um 20.30 Uhr, am Sonntag um 19 Uhr. Und sie erinnert daran, dass im Schlachthaus die letzte Folge der "Siegenthalers im Seich" zu sehen ist!

(...)

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RABE-INFO
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Mo. 1 März 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_1._Maerz_2010.mp3
- Ein neues Gesetz soll Argentiniens Medienlandschaft demokratisieren
- Psychologen erforschen die emotionale Wirkung von Musik auf Menschen

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DEMO-INITIATIVE
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Stadtrats-Sitzung 4.3.10

20.  Initiative "Keine gewalttätigen Demonstranten" (Vortrag sowie Abstimmungsbotschaft) (FSU: Streit / SUE: Nause) 09.000162-1
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2009/09.000162-1/gdbDownload

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DROGEN BE
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BZ 1.3.10

Endstation Sehnsucht: Täglich eine Spritze Heroin

 Schicksale im Visier: Der Dokumentarfilm "Nachgift" des Regisseurs Remo Legnazzi porträtiert vier ehemalige Benützer der kontrollierten Heroinabgabe (KODA) in Bern. Der Bogen des Films reicht von ihrer Situation 1996, nach ihrem Eintritt ins KODA bis zu ihrem Alltag heute. Michel lebt drogenfrei und macht Steinkunst, Evelyn ist integriert, leitet Küche und Einkauf einer Genossenschaftsbeiz und bezieht noch nach 11 Jahren ihre tägliche Heroinspritze im Programm, Markus ist Tauchlehrer und HIV-positiv und Susanne hat ihren grössten Wunsch nach einer Familie längst aufgegeben und ist heute Alkoholikerin und abhängig von Methadon. Die Vergangenheit als "Junkie" hat bei jedem seine Spuren hinterlassen.
 pd

 Heute Montag, 18.30 Uhr im Kino Kunstmuseum, Bern.

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ASYL
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NLZ 1.3.10

Noch immer droht die Ausweisung

Interview Susanne Balli

 Mit Petitionen wollte das Asylnetz Luzern zwei Familien vor der Ausschaffung bewahren. Diese warten noch immer auf einen Entscheid.

 Die sechsköpfige algerische Familie Arab aus Kriens soll in ihr Heimatland ausgeschafft werden. Dies, weil die Arabs nicht als politische Flüchtlinge und die Eltern der vier Kinder als zu wenig integriert gelten. Die Kinder aber sprechen fliessend Schweizerdeutsch, sind hier zu Hause und haben keinen Bezug zu Algerien. Das gleiche Schicksal droht auch der algerischen Familie Aissaoui aus Luzern. Das Asylnetz Luzern hat sich mit Hilfe der Ökumene Kriens und der katholischen Kirche der Stadt Luzern vergangenen Sommer mit Petitionen für beide Familien eingesetzt. Sie forderten Regierungsrätin Yvonne Schärli auf, sich gegen die Ausweisungen einzusetzen. Seither hat man nichts mehr von den Familien gehört.

 Felix Kuhn, hat sich die Luzerner Regierung für die Familien Arab und Aissaoui eingesetzt?

 Felix Kuhn*: Yvonne Schärli hat im letzten Jahr dem Bundesamt für Migration die Gesuche um Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung für die beiden Familien geschickt. Damit reagierte sie auf die Petition des Asylnetzes und weiterer Organisationen. Es liegen jedoch noch keine Entscheide vor.

 Wann ist damit zu rechnen?

 Kuhn: Jeder Entscheid einer Behörde kann weiter angefochten werden. Wie schnell dann das Bundesverwaltungsgericht arbeitet, ist schwierig zu sagen.

 Wie geht es mit den Familien weiter?

 Kuhn: Sie leben schon seit zwei Jahren in der Nothilfe. Nothilfe bedeutet ein Minimum an finanziellen Mitteln. Zudem gilt ein absolutes Berufsverbot für die Eltern und die ewige Ungewissheit, wie es weitergeht.

 Wo sind die Familien untergebracht?

 Kuhn: Die Familien leben in einfachen Wohnungen.

 Können die Kinder die Schule besuchen?

 Kuhn: Selbstverständlich. Denn es gibt ein Recht auf Bildung. Dieses Recht gilt für die Volksschule, nicht aber für eine Berufsausbildung. In diesem Bereich könnte der Kanton weitergehen, so wie es einzelne Westschweizer Kantone handhaben.

 Für wie viele Leute setzt sich das Asylnetz Luzern momentan ein?

 Kuhn: Zurzeit leben fast 100 Leute von der Nothilfe, wovon ein Viertel Kinder sind. Viele der Personen in der Nothilfe besuchen regelmässig den Mittagstisch im Stutzegg, organisiert und finanziert vom Luzerner Asylnetz.

 Hinweis: Der 54-jährige Felix Kuhn ist Texter und Künstler und im Vorstand Luzerner Asylnetz.

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POLICE ZH
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20 Minuten 1.3.10

Spontan-Demo: Mehrarbeit ärgert Polizisten-Verband

Zürich. Die sofortigen Massnahmen der Stapo nach der Spontan-Demo Anfang Februar belasten die Polizisten zusätzlich. Der Polizeibeamten-Verband schlägt Alarm.

 Mit einer Spontan-Demo haben rund 500 Personen die Stadtpolizei Zürich in der Nacht vom 6. auf den 7. Februar völlig überrumpelt. Im Kreis 4 kam es zu Ausschreitungen mit hohem Sachschaden. Inzwischen hat die Stapo mit Sofortmassnahmen reagiert: zum Beispiel mehr Einsatzkräfte zu kritischen Zeiten und temporäre Pikettdienste. "Für die Polizisten bedeutet dies beträchtliche Mehrbelastungen, zumal das Kommando die Personalressourcen nicht optimal einsetzt", sagt Werner Karlen, Präsident des Polizeibeamten-Verbands der Stadt Zürich, in der "NZZ am Sonntag".

 Dies bestätigt auch Heinz Buttauer, der selber bei der Stapo arbeitet und Präsident des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter ist: "Solche Mehrbelastungen gehen an die Substanz." Zumal Polizisten ohnehin schon stark gefordert seien. "In Deutschland leidet ein Fünftel aller Polizisten am Burn-out-Syndrom - das dürfte hier nicht anders sein", so Buttauer zu 20 Minuten. Er fordert deshalb, dass Politik und Polizeiführungen "endlich" reagieren - der Beruf müsse wieder attraktiver werden, etwa betreffend Lohn. "Es kann doch nicht sein, dass man wie jetzt in Zürich mehr Polizisten fordert, aber die Kosten dafür scheut."  

Roman Hodel

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NZZ am Sonntag 28.2.10

Krawalle: Stadtpolizei Zürich trifft Sofortmassnahmen

 Mit diversen Vorkehrungen reagiert die Stadtpolizei Zürich auf die Ausschreitungen nach einer Kundgebung von Anfang Februar. Für das Personal ergibt sich eine hohe Zusatzbelastung.

 Andreas Schmid

 Die Ausschreitungen in Zürich in der Nacht vom 6. auf den 7. Februar haben die Stadtpolizei zum Handeln veranlasst. Sie hat Sofortmassnahmen ergriffen, um künftig auf Ereignisse wie die anscheinend spontan veranstaltete Kundgebung in jener Samstagnacht vorbereitet zu sein. Mehr Einsatzkräfte zu kritischen Zeiten, temporäre Pikettdienste sowie erhöhte Aufmerksamkeit für Mobilisierungen gehören dazu, wie aus dem Korps zu vernehmen ist.

 Stadtpolizei-Sprecherin Judith Hödl bestätigt, dass aus den jüngsten Vorfällen Konsequenzen gezogen und Sofortmassnahmen getroffen wurden. Was diese beinhalten, gibt sie "aus polizeitaktischen Gründen" nicht bekannt. Die Massnahmen würden zudem laufend überprüft und wenn nötig angepasst, betont Hödl.

 Im Verlauf des als Party angekündigten Strassenumzugs von Anfang Februar haben einige hundert Vandalen in den Stadtkreisen 4 und 5 Schäden in Höhe von über einer halben Million Franken verursacht. Einige wenige Polizisten standen den Krawallmachern machtlos gegenüber, weitere Einsatzkräfte waren nicht aufzubieten.

 Das inzwischen umgesetzte Paket an Sofortmassnahmen habe für die Angehörigen des Korps beträchtliche Mehrbelastungen zur Folge, sagt Werner Karlen, der Präsident des Polizeibeamten-Verbands der Stadt Zürich. Dieser Zustand sei überdies unbefriedigend, weil nicht absehbar sei, wie lange die Sondervorkehrungen in Kraft blieben.

 Die zuständige Stadträtin Esther Maurer und Stadtpolizei-Kommandant Philipp Hotzenköcherle haben personelle Engpässe als Grund für die vor allem an Wochenenden schwierige Situation angeführt. Eine Darstellung, der Karlen widerspricht: "Es ist eine Frage der Prioritätensetzung bezüglich Einsatz der Ressourcen. Der Bestand ist nicht das alleinige Problem." In letzter Zeit sei zusätzlich angestelltes Personal stets für die Verstärkung des rückwärtigen Raums - vor allem für Aufgaben im Büro - eingesetzt worden, sagt Karlen. Diese Problematik will der Personalverband nächstens mit der Polizeiführung diskutieren.

 Nicht einverstanden ist Karlen auch mit Maurers Aussagen, wonach die Stadtpolizei im Ernstfall nicht kurzfristig Leute aufbieten könne. "Es gibt ein Alarmsystem, mit dem Leute zugezogen werden können." Das funktioniere, wie etwa der Bahnunfall vom Oktober 2003 in Zürich Oerlikon gezeigt habe, als schnell einige Dutzend Polizisten ausgerückt und vor Ort gewesen seien.

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POLICE CH
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BZ 27.2.10

Polizei-Kritik

 Grenzwache wehrt sich

 Die Grenzwache mischt sich nach Ansicht der Polizei zu stark in ihre Aufgaben ein. Der Oberzolldirektor lässt das nicht gelten.

 Nachdem sich kantonale Polizeidirektoren und -kommandanten über die Einmischung des Grenzwachtkorps in ihre Hoheit beklagt haben (siehe auch Ausgabe von gestern), bezieht nun Oberzolldirektor Rudolf Dietrich im Interview Stellung. Und er hält klar fest: "Wir machen nur, was ein Kanton uns per Vertrag delegiert und was zu unserem Haupteinsatz passt." Das Verhalten der Kantone irritiere ihn, sagt Dietrich.
 mic

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Konflikte Grenzwache-Kantonspolizeien

 "Doppelspurigkeiten müssen wir sofort abstellen"

 Polizeidirektoren und -chefs werfen der Grenzwache vor, seit Einführung des Schengen-Vertrages vermehrt polizeiliche Aufgaben auszuführen. Sie fordern die Abschaffung der Truppe. Oberzolldirektor Rudolf Dietrich wehrt sich.

 Herr Dietrich, das Grenzwachtkorps (GWK) operiert heute mehr irgendwo im Landesinnern als an der Grenze. Glaubt man einigen Kantonen, geht der Truppe die Arbeit aus. Braucht es die Grenzwache überhaupt noch?

 Rudolf Dietrich: Wer die Abschaffung fordert, missachtet, dass die Hauptaufgabe der Grenzwache nicht polizeilicher Natur ist, sondern die Zollarbeit. Der Zoll ist seit Gründung des Bundesstaates eine nationale Aufgabe. Wir vollziehen rund 150 Gesetze und Verordnungen. Zwei Drittel des GWK operieren nach wie vor an der Grenze.

 Welche Aufgaben hat denn die Grenzwache seit Einführung des Schengen-Abkommens und der Öffnung der Grenzen noch genau?

 Die Zollaufgaben sind von Schengen unberührt. Das GWK hat die Aufgabe, zoll- und fremdenpolizeiliche Bestimmungen durchzusetzen. Schwergewicht ist dabei nicht die Flasche Schnaps, sondern zum Beispiel organisierter Schmuggel. Dazu braucht man professionelle Mittel wie die Observation.

 Verdächtige beschatten oder Personenidentifikationen sind doch typische Polizeiarbeiten. Genau das führe zu Doppelspurigkeiten, beklagen Polizeikreise.

 Wir observieren nur bei schweren Schmuggelfällen. Die Identifikation von Personen ist seit jeher unser Kerngeschäft. Wegen der biometrischen Pässe brauchen wir dafür auch neue technische Geräte.

 Übernimmt die Grenzwache inzwischen nicht zu viele Polizeiaufgaben? Offensichtlich fühlen sich die Kantone eingeengt.

 Die Grenzwache kann das nie von sich aus tun. Wir machen nur, was ein Kanton uns per Vertrag delegiert und was zu unserem Haupteinsatz passt. Es geht in der Regel um kleinere Delikte. Damit entlasten wir die Polizei.

 Aber macht es denn Sinn, wenn Polizei und Grenzwachtkorps die gleiche Arbeit machen?

 Nein, das macht keinen Sinn, und das tun wir auch nicht. Doppelspurigkeiten wollen wir nicht. Stellt ein Polizeikommandant solche fest, dann müssen wir diese sofort abstellen.

 In Appenzell-Ausserrhoden wird die Grenzwache in Doppelpatrouillen mit der Polizei regelmässig für Polizeiarbeit eingesetzt, etwa bei Einbrüchen und Hausfriedensbruch. Wäre es da nicht besser, die Grenzwächter fix der Polizei zuzuteilen?

 Ich bestreite, dass die Zusammenarbeit im Kanton Appenzell so weit geht.

 Grenzwächter und Polizeisprecher bestätigen dies eindeutig. Sie sind offenbar nicht auf dem Laufenden…

 Im Kanton Appenzell sind zweimal pro Monat gemeinsame Patrouillen vereinbart, um Schwergewichtsaktionen gegen illegale Migration im Grenzraum durchzuführen. Aber, wenn die Frage lautet, ob ich es gut finde, wenn Grenzwächter regelmässig gewöhnliche Polizeiarbeit machen, sage ich: Nein.

 Es muss ja in der täglichen Arbeit zu Missverständnissen kommen. Schliesslich sind Grenzwache und Kantonspolizei nicht dem gleichen Kommando unterstellt.

 Kantonale Polizeiangehörige kritisieren, das heutige System mit Polizei und Grenzwache verletze den militärischen Grundsatz "Ein Raum, ein Chef". Der Grundsatz ist gut, aber theoretisch. Die Kantone können die Aufgaben von Zoll und Zollpolizei gar nicht abdecken. Wenn wir etwas Sicherheitsrelevantes entdecken, ist es doch im Sinne der Sicherheit unseres Landes, dass wir eingreifen. Wenn ein Kanton das Gefühl hat, wir machten zu viel, reduzieren wir aber sofort.

 Was spricht grundsätzlich dagegen, die Grenzwachtleute auf die Kantone zu verteilen?

 Vor allem die Zollarbeit. Und: Gemäss Schengen müssen wir zum Beispiel jederzeit die Kontrollen an der Grenze wieder einführen können. Soll der Bundesrat künftig den 16 Grenzkantonen einen Brief schreiben, ob sie bitte an den Grenzen kontrollieren könnten? Das funktioniert nicht. Die Führung des Zolls und der Grenzwache muss zentral und national sein. Warum sollte ein Kanton einen internationalen Zug kontrollieren, der innert Minuten das Kantonsgebiet durchquert hat?

 Wäre es nicht viel effizienter, wenn die Bahnpolizei diese Aufgabe übernehmen würde? Selbst wenn sie aufgestockt und teilweise umgeschult werden müsste, sie fährt ja sowieso schon in Zügen mit.

 Die Bahnpolizei hat bisher die Aufgabe, Ruhe und Ordnung in den Zügen sicherzustellen. Das ist etwas anderes.

 Wie erklären Sie sich denn überhaupt die aktuelle Kritik aus den Kantonen?

 Das Grenzwachtkorps ist in den letzten zehn Jahren deutlich professioneller geworden. Um unseren Auftrag zu erfüllen, brauchen wir Profis und moderne Ausrüstung. Wir sind im Rahmen der Konferenz der kantonalen Polizeidirektoren aber regelmässig im Gespräch miteinander…

 …offenbar reden Sie zu wenig deutlich miteinander, wie die Kritik aus den Kantonen zeigt.

 Wir haben in der Vergangenheit alle delikaten Fälle offen besprochen. Wir sind nie mit Differenzen auseinandergegangen. Schade ist einfach, dass man jetzt nicht darüber spricht, wie man gemeinsam mehr für die Sicherheit tun kann, sondern stattdessen die Abgrenzung sucht.

 Interview: Mischa Aebi  und Michael Widmer

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FUSSBALL
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Bund 1.3.10

Statt "Pyros" nur Hanf konfisziert

 Beim YB-Heimspiel gegen den FC Zürich unterstützte die Polizei erstmals den Sicherheitsdienst bei den Einlasskontrollen - mit mässigem Erfolg. Immerhin: Nach dem "Hochrisikospiel" blieb es ruhig.

 Timo Kollbrunner

 Eine Stunde vor dem "Hochrisikospiel" zwischen YB und dem FC Zürich vor dem Gästesektor des Stade de Suisse: Der Extrazug aus Zürich ist angekommen, lautstark nähern sich die Zürcher dem Stadion. Was auffällt: Die Eingänge sind getrennt. Damen rechts, Herren links. Das ist neu und hat seinen Grund. Erstmals werden die Angestellten des privaten Sicherheitsdienstes, der die Einlasskontrollen durchführt, von einer Gruppe Polizisten unterstützt. Wenn vermutet werde, dass eine Person "pyrotechnisches Material" im Intimbereich ins Stadion schmuggeln wolle, können sie die Polizisten in einem dafür vorgesehenen Raum einer Leibesvisitation unterziehen, erklärt Dieter Schärer, der Einsatzleiter der Polizei an diesem Samstag. Frauen würden dabei von Polizistinnen untersucht, Männer von Polizisten.

 Mit den verschärften Kontrollen wird ein zentraler Punkt erfüllt, auf den sich die Berner Klubs letzten November mit der Stadt geeinigt hatten. Sechs uniformierte Beamte stehen auf den Treppen zum Gästesektor, ebenso viele sind es vor Sektor D, wo die YB-Fans ins Stadion strömen. Die meiste Zeit tun sie nichts, ausser Präsenz zu markieren. "Händer Arbetsplätz gschaffe", höhnt ein Matchbesucher.

 Hin und wieder erweisen sich die Polizisten als tüchtige Helfer der Sicherheitskräfte: Sie rollen auf den Treppenstufen Fahnen aus, um darin verborgene Gegenstände aufzuspüren, oder spähen durch hohle Fahnenstangenrohre. Und sie machen Stichproben: Zwei von ihnen bringen einen jungen Mann hinter die Sichtschutzwände, wo er seine Taschen leeren muss. Bei einigen Matchbesuchern sei Cannabis gefunden worden, sagt Schärer am Tag darauf. Sie müssen mit einer Busse rechnen. An die Unterwäsche gehen die Polizisten an diesem Abend allerdings niemandem. Laut Schärer wurden keine Leibesvisitationen im Intimbereich durchgeführt.

 Beim Führungstor des FC Zürich wird gewiss: Auch die Polizisten konnten nicht verhindern, dass "Pyros" ins Stadion geschmuggelt werden. Zur Feier des Tores zünden die FCZ-Fans mehrere Fackeln. Noch nicht erloschen, werden diese auf die unteren Sitzreihen geworfen. Dort sitzt zwar zum Glück niemand, allerdings liegen meterlange Schriftbanner auf den Sitzen, die zu Beginn des Spiels in die Höhe gehalten worden waren. Nun drohen sie, durch die Fackelreste Feuer zu fangen. Doch ein paar Männer zertreten die Glut mit den Füssen, der Einsatz von zwei herbeigeeilten Feuerwehrmännern wird nicht nötig.

 Die Ruhe nach dem Spiel

 Mehr noch als das Auge werden die Ohren strapaziert. Das Publikum im Stadion schreckt zusammen, als ein sehr lauter Knallkörper gezündet wird. "Die Zutrittskontrolle ist Sache des Veranstalters", sagt Schärer, "dass Fackeln und Knallkörper ins Stadion kommen, kann die Präsenz der Polizei nicht verhindern". Bis kurz vor Spielende haben die Anhänger des FC Zürich allen Grund, ausgelassen zu sein - doch dann wendet sich das Blatt. YB gleicht zuerst aus, und in der Nachspielzeit erzielen die Berner gar noch den Siegestreffer. Die Frustration der Zürcher ist gross - und wird nicht kleiner dadurch, dass sie nach Abpfiff des Spiels noch warten müssen, bis sie das Stadion verlassen dürfen. Der Lärm von Hunderten von Händen, die an die Metallwände poltern und Auslass fordern, lässt wenig Gutes erahnen. Dann öffnen sich die Tore, die Menschen stürmen aus dem Stadion. Doch die Fantrennung funktioniert, die Zürcher werden durch die abgesperrte Gasse zu ihrem Extrazug begleitet, ohne dass es zu nennenswerten Scharmützeln mit Bernern kommt. Die Unterstützung eines Untersuchungsrichters ist an diesem Abend nicht nötig (siehe Interview unten). Der Zug fährt los, nach einem verhältnismässig friedlichen "Hochrisikospiel" kehrt die abendliche Ruhe ein.

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Rolf Grädel, Generalprokurator des Kantons Bern, zu der engeren Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz bei "Risikospielen"

 "Entscheidend ist nicht ein rasches Urteil, sondern das Beweisfundament"

 Seit dem vergangenen Wochenende können auch in Bern bei Ausschreitungen rund um Sportveranstaltungen Schnellrichter zum Einsatz kommen. Wie ist es zu diesem Entscheid gekommen?

 Ich muss zuerst etwas klarstellen: Schnellrichter sind nichts Neues. Bereits anlässlich der Fussball-Europameisterschaft waren Schnellrichter im Einsatz. Auch in anderen Bereichen werden sie eingesetzt. Ein Beispiel: Wenn Ausländer, die keinen festen Wohnsitz haben, ein Delikt begehen, war man schon immer in der Lage, kurzfristige Strafmandate auszustellen.

 Warum sind denn bei Sportveranstaltungen bisher keine Schnellrichter eingesetzt worden?

 Weil sich bis jetzt diese Problematik gar nie gestellt hat.

 In den letzten Jahren hat es doch rund um Spiele von YB, dem SCB oder auch des EHC Biel immer wieder Ausschreitungen gegeben.

 Die Verfahren wurden erledigt wie alle übrigen Verfahren mit bekannter Täterschaft mit festem Wohnsitz. Entscheidend beim Vorgehen gegen den Hooliganismus ist nicht, ob innert ein paar Stunden ein Urteil gefällt werden kann, sondern ob das Beweisfundament für eine Verurteilung genügt.

 Was hat sich denn nun in der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz rund um Sportanlässe konkret verändert?

 Neu ist, dass wir die Zusammenarbeit enger verknüpft haben. Vor Hochrisikospielen nimmt die Polizei mit dem Untersuchungsrichter Kontakt auf. Man spricht ab, wie man im Falle einer polizeilichen Intervention vorgehen wird, falls die Polizei die Unterstützung eines Untersuchungsrichters benötigt.

 Kommt dann der Untersuchungsrichter ins Stadion?

 Nein. Der Untersuchungsrichter geht dorthin, wo die Polizei ihren Standort hat, wo diese die Leute hinbringt und die Personalien aufnimmt. Wird jemand festgenommen, darf die Polizei diese Person höchstens 24 Stunden festhalten. Danach muss der Untersuchungsrichter innerhalb von weiteren 24 Stunden entscheiden, ob ein konkreter Tatverdacht und ein Haftgrund gegeben sind. Im Zusammenhang mit Hooligans wäre ein naheliegender Haftgrund etwa die Verdunkelungsgefahr: dass also die betreffende Person in Freiheit Beweismittel vertuschen oder beseitigen könnte. In diesem Fall wird der Person die Haft im Büro eröffnet. Dort hat man, anders als im Stadion, auch die nötigen Unterlagen und den Zugang zum eidgenössischen Strafregister. Ist der Sachverhalt geklärt oder kommt man zum Schluss, dass kein Nachweis für eine strafbare Handlung vorliegt, wird die Person entlassen - mit oder ohne Strafmandat.

 Was muss Ihrer Meinung nach darüber hinaus geschehen?

 Man müsste die vorhandenen Instrumentarien, etwa zur Verhängung von Stadion- und Rayonverboten, noch konsequenter ausschöpfen. Auf eidgenössischer Ebene wurde zudem von der Konferenz der Schweizerischen Strafverfolgungsbehörden eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die versucht, eine einheitliche Regelung bei der Bestrafung der häufigsten Delikte, die hier zur Diskussion stehen, zu verabschieden.

 Welche Delikte sind denn die häufigsten?

 Das sind vor allem Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Beamte, Sachbeschädigungen bis hin zu Körperverletzungen.

 Mit welchen Sanktionen muss ein Hooligan rechnen, der zum Beispiel mit Gegenständen gegen Polizisten wirft?

 Für die Bemessung der konkreten Strafe kommt es auch noch darauf an, wie gefährlich der Gegenstand war und ob der Polizist verletzt wurde. Die Strafandrohung für solche Delikte geht von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe. Wichtig scheint mir aber, dass künftig bedingte oder teilbedingte Strafen mit einer Weisung verbunden werden, die zum Beispiel ein Stadion- oder Rayonverbot beinhalten. Hält sich der Verurteilte nicht an diese Weisung, kann der bedingte Vollzug der Strafe widerrufen werden. (tik)

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BIEDERMAN(N) SIZZLA
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Sunday Mail Simbawe 28.2.10
http://www1.sundaymail.co.zw/inside.aspx?sectid=4928&cat=3

King Sizzla on mission

By Mtandazo Dube

THE man Zimbabwean promoters have been chasing for the past 10 years is finally here!

Ishe (King) Sizzla Kalonji is in town — it took a personal phone call from the President of the Republic of Zimbabwe, Cde Robert Mugabe, for him to make the trip — of course not without support from the sponsors, Shumba Instrumentation, the Ministry of Information and Publicity, and the Zimbabwe Tourism Authority, to mention just a few.
The Jamaican dancehall king arrived in the country on Thursday morning for the 21st February Movement celebrations held last night in the country's second largest city, Bulawayo, at the ZITF grounds.
The 34-year-old self-confessed mbanje (marijuana) smoker, anti-gay lyricist and champion of the repatriation movement of black people living in Western hemispheres promised "love, happiness, togetherness and righteousness” to music lovers at the ZITF show and the HICC gig today.
Zimbabwean reggae outfit Transit Crew were standing in for Kalonji's band and will be in action again tonight alongside Mic Inity and many other reggae/ragga singers in the country, in what is dubbed the Youth International Raggae Festival.
The Sunday Mail Leisure caught up with him at a local hotel and this is what he had to say . . .
Q: How did you get to be invited to perform in Zimbabwe?
A: It was all because of the efforts of Nhamo (Chitimbe) who tried to bring me here about 10 years ago. We are good friends but I have been busy and this time I had time plus I was called by the President of Zimbabwe, so I couldn't turn that down.
I immediately started writing a song for Zimbabwe and I'm going to be performing it for the first time at the birthday celebrations. Actually I gave up some shows in Europe to come here for these shows — so that I can dispel the lies being told about Zimbabwe.
Q: Which other African countries have you performed in?
A: I have been to Ethiopia, Senegal, Gambia and now I'm in Zimbabwe.
Q: Why is it that you guys talk about repatriation but most of you have not set foot in a handful of African countries?
A: It's the system. A lot of lies are told about Africa and in the end we all just get scared. Plus there are not many reggae music promoters on the continent. We need the money, that's how we artistes survive; in fact, I think you journalists are not doing your job right.
You need to propagate Africa and conscientise the people, tell them about the Africa you live in, this Africa that I'm experiencing right here.
Q: You have only been here for a few hours. What do you think of the country?
A: Beautiful! Really, it's an honour for me to be here at the request of the President plus I have seen so much love around. You people are very hospitable — everything is different and I love it.
But let me also point out that I support President Mugabe's efforts as a black empowerment icon. However, I feel that he should take it further by being a champion of black repatriation for black people living in the Western world.
Q: I understand you were made to sign some documents that forbid you from singing anti-gay songs when you are in Europe. What is your position on gay relationships?
A: The preachings and teachings of the Most High say that it is not right for a man to be with another man or a woman with another woman. All of us wouldn't be here if it wasn't for the union of a man and woman. Family is a basic unit in society.
I support the royal family set-up of a king and a queen.
I did not sign any papers, it is just an agreement I have with certain promoters — it is their system. I cannot stop singing those songs because there is a message in those songs which people should hear.
Q: And the marijuana thing?
A: Yes, I smoke marijuana. I believe it's a holy sacrament, used long before us for righteous purposes. In fact, I was recently charged for possession of marijuana in Jamaica.
Q: Which Rastafarian church do you belong to?
A: Every one of them. I'm an African and Rastafarianism is all about Africa.
Q: What is your inspiration?
A: Jah, Africa, Bob Marley, Rastafarianism and the domestic life of every human being.
Q: What is your comment on the Buju Banton saga?
A: To tell the truth, I don't believe anything bad said about Rastaman. Rastaman provides the light to the dark world in the west and they don't like it so they try to destroy. Buju is a talented and very famous artiste — I don't like what is being done to him and I know his fans don't like it either.
Q: Some of your fans say that you have gone soft in your music and that you are no longer releasing music like you used to. What's your take?
A: I make a lot of music for different people. My audience is varied so I use different tempos for different music in order to satisfy my many fans. I have not gone soft at all I just try to reach out to as many people as possible.
And to say that I'm no longer churning out music as I used to when I have 60 commercial albums and many other underground products is an insult to me. It's only that the market enjoys gangster and sex music, and when I don't give them that they say I'm not releasing. Actually I have increased not reduced the amount of music I release.
I also use a strategy of making people wait for my music — to whet their appetites.
Q: Do you classify yourself as a reggae or dancehall artiste?
A: As players of instruments, it is our duty to reach out and give light to those in the dark in whatever way that we can. All my actions are a fulfilment of all the African music genres — I'm only trying to maintain the culture and the tradition. I am a musician.
Q: Should we expect any collaborations between you and local acts?
A: I'm expecting to be doing something before I leave the country some time next week. Are there any good singers locally?

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UNGARN
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Cicero 1.3.10

"Noch nie hatten wir solche Angst"

Von Stephan Ozsvath

Weltbühne

 Die politische Radikalisierung in Ungarn nimmt dramatisch zu. Blutige Anschläge gegen Roma, Hetze gegen Juden und Großungarn-Propaganda fallen auf fruchtbaren Boden. Bei der Parlamentswahl im April dürfte die rechtsradikale Jobbik-Partei davon profitieren

 Die Straßen sind voller als sonst. Auf Budapests Freiheitsbrücke stauen sich Autos und Taxis wegen des Streiks der Verkehrsbetriebe. Gegenüber der restaurierten alten Markthalle lädt Sándor Seregi seine Kunden ein, die Füße auf dem Konterfei des Sozialisten Ferenc Gyurcsány abzutreten. "Die Fußabtreter verkaufen sich sehr gut", sagt der Mittvierziger mit dem Stirnband. Gyurcsány ist Hassobjekt Nummer eins der ungarischen Rechtsextremen. Er gilt als Profiteur des alten wie des neuen Systems. Und seine "Lügenrede", in der er 2006 zugab, die Wähler über den wahren Kassenstand getäuscht zu haben, klebt an ihm wie ein schmutziges Bonbon. Umfragen, wenige Wochen vor der Parlamentswahl im April, sehen daher die Sozialisten deutlich unter 20 Prozent. Daran konnte auch nichts ändern, dass Gyurcsány die Macht im vergangenen Jahr an einen Jugendfreund abgegeben hat, den Parteilosen Gordon Bajnai. Die beiden kennen sich aus dem Kommunistischen Jugendbund KISZ. Beide sind reich. Und beide sind unbeliebt. Bajnai hat den Ungarn in der Wirtschaftskrise eine Rosskur verordnet: Er hat Sozialleistungen, Renten und die Gehälter der etwa 700 000 Angestellten im öffentlichen Dienst gekürzt. Die OECD bescheinigt Bajnai, der keine weitere politische Karriere anstrebt, dass er Ungarn wieder auf den richtigen Weg bringt - raus aus der immensen Staatsverschuldung, auch wenn das unpopulär ist.

 "Die Steuern sind zu hoch, die Regierung macht uns arm", schimpft der Plattenverkäufer Sándor Seregi. Die politische Klasse hingegen bereichere sich und verkaufe Ungarn an ausländische Großkonzerne, ereifert sich der Mann. "Es muss einen radikalen Wechsel geben", sagt der Langhaarige in Rockerkluft und zeigt die kleinen Kalender, mit denen die rechtsextreme Partei Jobbik (Die Rechteren/ Besseren) um Rückenwind bei den Parlamentswahlen im April wirbt. Die Partei ist der Abstauber bei Politikver Politikverdrossenen wie Seregi. Bei den Europawahlen im vergangenen Jahr holte sie fast 15 Prozent der Stimmen, im ländlich geprägten Armenhaus Ungarns im Osten gibt es Ortschaften, in denen fast 40 Prozent der Stimmberechtigten Jobbik wählten. "Das sind Gegenden, wo es den Staat nicht mehr gibt", sagt der Politologe Zoltán Kisszelly. Dort gibt es keine Polizei, keine Arbeit, keine Zukunft.

 Das heutige Ungarn ist klein und hoch verschuldet. Wer in der Gegenwart keine Zukunft hat, der träumt von der Vergangenheit. Großungarn heißt die Zeitschrift, die bei Sándor Seregi auf dem Tresen liegt. Er verkauft Aufnäher und Aufkleber mit der großen Landkarte. Sie zeigt Ungarn in den Grenzen von 1914. Damals gehörten noch Siebenbürgen, die Vojvodina, Teile Sloweniens, der Slowakei, der Karpato-Ukraine und das Burgenland zu Ungarn. Der Friedensvertrag von Trianon nach dem Ersten Weltkrieg reduzierte das Land auf ein Drittel seiner einstigen Größe. Etwa drei Millionen Ungarn leben heute jenseits der Landesgrenze. "Das ist die brennende Wunde Ungarns", erklärt Kisszelly. Und davon profitiert Jobbik.

 Auf der anderen Seite der Donau, im Stadtteil Buda, hat Jobbik ein kleines Büro. Vor der Tür stehen ein paar Glatzköpfe in schwarzen Bomberjacken und rauchen. Stapel der hauseigenen Zeitschrift Barrikade liegen herum. Von der schmuddeligen Wand blicken Jobbik-Chef Gábor Vona und die EU-Abgeordnete Krisztina Morvai. "Die neue Kraft" prahlt das Poster. Im sicheren, abgedunkelten Hinterzimmer sitzt der Parteichef mit ein paar Getreuen und bespricht die Wahlkampagne. In Anfällen von Größenwahn träumt der Vertreter von Sicherheitstechnik davon, "stärkste Kraft" zu werden. Ausländische Presse ist für den Parteivorsitzenden im Wahlkampf nicht von Vorteil. Er lehnt ein Interview ab. Keine Zeit, lässt er erklären. Sein Kampagnenchef Zsolt Várkonyi nimmt sich umso mehr Zeit. Wichtigstes Thema: Die sogenannte "Zigeunerkriminalität". Várkonyi schwadroniert: "Wir kennen das, Zigeunerbanden laufen rum und nehmen der armen Rentnerin ihr gesamtes Erspartes weg - das ist wie im wilden Westen." Ähnlich wie im Western will Jobbik das Problem auch lösen. "Wir wollen das Recht auf Selbstverteidigung ausweiten", erklärt Várkonyi. Soll sich die Oma also bewaffnen? "Sie wird nicht mit einer Parabellum rumlaufen." Für ihre Sicherheit soll vielmehr die Csendörgarde der Vorkriegszeit sorgen, die für ihre Brutalität berüchtigt war und nun wiederbelebt werden soll. "Wir wollen nicht nur mit der Ungarischen Garde das Vakuum füllen." Auch die Todesstrafe will Jobbik wieder einführen. "Eine Nazipartei sind wir aber nicht", beteuert Vonas Adlatus.

 Mit ihrer Propaganda trifft Jobbik durchaus einen Nerv. Jobbik habe ein dringendes Problem auf die Tagesordnung gebracht, bestätigt der Budapester Kriminologe Szilveszter Póczik. "Auf dem Lande gibt es kriminelle Roma-Familien und ungefähr jeder Zweite in ungarischen Gefängnissen ist ein Roma." Der Wissenschaftler nennt das "organisierte Kriminalität auf niedrigem Niveau": Kleine Diebstähle, Abzocken von Mobiltelefonen in der Schule, Hauseinbrüche, kleinere Raubüberfälle. "Bei Bagatelldelikten im Wert von unter 80 Euro muss die Polizei nicht kommen", erklärt der Politologe Zoltán Kiszelly. "Dieses staatliche Vakuum versuchte Jobbik mit ihrer Ungarischen Garde zu füllen." Die vor dreieinhalb Jahren gegründete Garde ist mittlerweile verboten. Vergeblich: Sie nennt sich jetzt "Neue Ungarische Garde" und marschiert weiter durch die Roma-Viertel und verbreitet Angst.

 Die Visitenkarte hing im Jobbik-Büro: "Jobbtaxi.hu" (Rechtstaxi). Der Fahrer ist kahl rasiert und trägt eine schwarze Bomberjacke. Auf der Taxitür prangt die Großungarn-Landkarte in den National-Farben Weiß, Rot, Grün. "Jeder Kunde ist uns willkommen", behauptet Péter Nagybányai. Seit einem Monat fährt der 33-Jährige "Rechtstaxi". "Das hat nichts zu bedeuten", sagt der Fahrer und spielt das Thema herunter. "Mir persönlich ist die Politik sowieso egal", erklärt er, während er sich durch den dichten Verkehr auf der Elisabeth-Brücke über die Donau wühlt. "Ich gehe schon lange nicht mehr wählen." Nicht mal Jobbik? Er schüttelt den Kopf. "Das wichtigste Problem in Ungarn ist die Arbeitslosigkeit", sagt er, ohne lange zu überlegen. Sein Chef sieht Jobbik offenbar als Heilsbringer. Das Motto des Gesinnungstaxi-Unternehmens ist auf der Internetseite nachzulesen: "Gemeinsam fahren wir für ein besseres, lebenswerteres Ungarn" - das ist auch der Jobbik-Slogan.

 Bei den Sicherheitsleuten der jüdischen Gemeinde lässt das "Rechtstaxi" die Alarmglocken schrillen. "Wir haben so viel Angst wie seit zwanzig Jahren nicht mehr", gibt Péter Feldmájer zu. Er vertritt die jüdischen Gemeinden in Ungarn und deren etwa 80 000 Mitglieder. Der Hass gewinne wieder an Boden. "Alles beginnt mit Worten", sagt Feldmájer. Friedhofs- und Synagogenschändungen, die üblichen Hass-E-Mails, aber auch tätliche Angriffe - das habe zugenommen.

 Nach jüngsten Umfragen der Soziologin Mária Vásarhelyi sind zwei Drittel der erwachsenen Ungarn der Meinung, dass die Juden in der Geschäftswelt zu viel zu sagen hätten, Tendenz steigend. Auf Demonstrationen wird missliebigen Politikern wie dem Budapester Oberbürgermeister Gábor Demszky regelmäßig zugerufen: "Ab in die Donau." Eine üble Anspielung auf die Massenerschießungen ungarischer Juden durch die Pfeilkreuzler im Winter 1944/45. Zum Gedenken an die Massaker stehen bronzene Schuhe am Donauufer - im vergangenen Jahr füllte sie ein Unbekannter mit Schweinefüßen. Die Jobbik-Europaparlamentarierin Krisztina Morvai differenziert in Reden gern zwischen "unseresgleichen" und "ihresgleichen" und meint damit verklausuliert "die Juden". Auf der Internetseite "kuruc.info", hinter der die Partei Jobbik vermutet wird, werden in einer Fotogalerie aktuelle Wahlplakate sozialistischer Abgeordneter gezeigt - der eine wird mit Schläfenlocken und Davidstern verunstaltet. Auf einem anderen Plakat prangt das deutschsprachige Graffito "Juden raus". Die Wochenzeitung Magyar Demokrata empfahl vor wenigen Wochen Rollkommandos, die die Bücher "linksliberaler Landesverräter" wie György Konrád oder Péter Nádas verbrennen sollten. Der ehemalige sozialistische Abgeordnete und Fernsehmoderator Sándor Csintalan wurde von Rechtsextremen 2008 krankenhausreif geprügelt und erklärte: "Dabei bin ich ja nicht mal bekennender Jude." Im vergangenen November entfachten rechtsgerichtete Publizisten einen Sturm im Blätterwald gegen den einzigen ungarischen Literaturnobelpreisträger Imre Kertész. Er hatte in einem Interview mit der Zeitung Die Welt den wachsenden Rechtsdrall in Ungarn beklagt. Schreiber vom Schlage eines Zsolt Bayer warfen ihm daraufhin vor, "Vaterlandsverräter" und "Jude" zu sein. "Die Grenzen des Rechtsextremismus sind bis weit in die Gesellschaft hinein verschoben", warnt der jüdische Philosoph Gáspár Miklós Tamás.

 Die jüdische Gemeinschaft will die antisemitischen Vorfälle jetzt dokumentieren und eine entsprechende Datenbank aufbauen. "Es wird irgendwann jemand geben, der diese Hassparolen wörtlich nimmt", befürchtet Feldmájer. Seit Jahren versucht der Jurist eine Mehrheit zu mobilisieren, damit Rechtsextremen, die in einer Subkultur von Internet, Rockbands und Folklorevereinen ihre Botschaft verbreiten, per Gesetz ein Riegel vorgeschoben wird. Hassparolen sollen verboten werden können. "Die Menschenwürde muss geschützt werden", sagt Feldmájer. "Der Staat muss sie schützen." Entsprechende Initiativen sind bisher am Präsidenten gescheitert. "Wir geben aber nicht auf." Dass eine rechtsextreme Partei wie Jobbik ins Parlament kommen kann, möglicherweise sogar mit einem zweistelligen Ergebnis, macht ihm Sorgen. Er befürchtet Provokationen gegen die ungarischen Juden, um Wähler zu mobilisieren. "Ich hoffe sehr, dass die anderen Parteien sich von Jobbik klar distanzieren. Dieser Appell richtet sich vor allem an den ehemaligen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, dessen rechtskonservativer Bürgerbund Fidesz mit einer satten Zwei-Drittel-Mehrheit rechnen kann - genug, um die Verfassung zu ändern. Mit dem sicheren Sieg in Reichweite verhält sich die Orbán-Partei aber äußerst vorsichtig. Weder distanziert sich Orbán offen von der berüchtigten Garde noch von den extremen Thesen der Rechtsradikalen, weil er die rechten Randgruppen nicht an Jobbik verlieren will.

 In der Dohány utca, im siebten Bezirk, dem ehemaligen Judenghetto, residieren die Roma-Funktionäre der "Romaselbstverwaltung". Am Eingang ist eine Marmortafel "zum Gedenken an die unschuldigen ermordeten Roma" angebracht. Sechs Morde der vergangenen zwei Jahre legt die Polizei einem offenbar rechtsextremen Killerkommando zur Last. "Hier sind unschuldige Menschen umgebracht worden", erklärt der musikalische Leiter des "100-köpfigen Zigeuner-Orchesters", Sándor Buffó Rigó, und nimmt seine Geige von dem Resopaltisch. "Einfach weil in der Krise ein Sündenbock gesucht wird." Im Keller des Gebäudes probt der Klangkörper Walzer. Im Dreivierteltakt streichen unzählige Geigenbögen synchron über die Saiten. "Wir bereiten unsere Frankreichtournee vor", erklärt der Ensemble-Leiter. Dass die Ungarische Garde durch die Dörfer marschiere, flößt auch dem Geiger Furcht ein. "Das ruft sehr unangenehme Erinnerungen wach", sagt er und vertreibt sie mit süßlichen Walzertakten.