MEDIENSPIEGEL 15.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- RaBe-Info 15.3.10
- Stadttauben sind weitergezogen
- Schnüffelstaat: fedpol vs Grundrechte
- Alkohol: Löffel gegen KomatrinkerInnen
- Sexwork BE + FR
- Rauchverbot austricksen
- Rassismus in LU-Clubs
- SG: Shut up für Shut up
- Sandkasten-Blattmann auf dem Prüfstand
- Homohass: Hiphop-Projektile für den Gayboy
- Libanon: a-films zu Nahr al-Bared
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REITSCHULE
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Mi 17.03.10
19.00 Uhr - SousLePont - Island
Spezialitäten
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
20.00 Uhr - Rössli-Bar - Kevin K. Style: Punk
Do 18.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
20.30 Uhr - Kino - Dok am Donnerstag: Space Tourists,
Christian Frei, CH 2009
22.00 Uhr - Rössli-Bar - Heu, Stroh und Hafer. Sonax
400 (live) (midilux, festmacher / be); Sarna (nice try records / zh)
Racker (midilux, festmacher / be). Style: Minimal / Techno / House
Fr 19.03.10
19.00 Uhr - Tojo - "do you get me?" ein Popmusical des
Singtheaters Musikschule Konservatorium Bern. Regie: Katharina Vischer
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde:
Yasmin, Kenny Gleenan, D/GB 2004
23.00 Uhr - Dachstock - Waxolutionists (Sunshine
Enterprises/Supercity/A) live! & TBA!!! Style: Hiphop, Electronica
Sa 20.03.10
19.30 Uhr - Grosse Halle - Blinde Insel Küche: Bio
Hof Heimenhaus, Text: Johanna Lier "Lagos"
19.00 Uhr - Tojo - "do you get me?" ein Popmusical des
Singtheaters Musikschule Konservatorium Bern. Regie: Katharina Vischer
21.00 Uhr - Kino - Migration - Leben in der Fremde:
Einspruch I-V, Rolando Coppola, CH 1999-2007. Nem-Nee - Asylrecht,
Charles Heller, Schweiz 2005
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: RotFront (Essay
Recs/D) & Gypsy Sound System (CH). Style: Emigrantski Raggamuffin,
Gypsy Disco
23.00 Uhr - Frauenraum - Anklang - Streifzüge:
Berybeat (Bärn), Auf Dauerwelle (Züri), Miss Melera
(Holland). Für lesbisch-schwules & sonstig-tolerantes Volk
So 21.03.10
15.00 Uhr - Tojo - "do you get me?" ein Popmusical des
Singtheaters Musikschule Konservatorium Bern. Regie: Katharina Vischer
Infos: http://www.reitschule.ch
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RABE-INFO
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Mo. 15. März 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_15._Maerz_2010.mp3
- Computerspiel mit Hintergrund: Das Serious Game "Frontiers"
versetzt die Spielenden in die Lage eines Flüchtlings
- Die Regierung Revolutionieren: Der parteilose Bruno Moser
fordert radikales Umdenken
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STADTTAUBEN
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Bund 15.3.10
"Stadttauben" vor Ablauf des Ultimatums weitergezogen
Die alternative Wohngruppe verschmäht jedoch das von
der Stadt vorgeschlagene Gelände Wankdorf City.
Am Freitag hatte Gemeinderätin Barbara Hayoz (fdp)
den "Stadttauben" ein Ultimatum zur Räumung der besetzten Brache
in der Lorraine bis Montagmorgen gestellt. Bereits am Samstagnachmittag
ist die alternative Wohngruppe mit ihren Wohnwagen vom Centralweg aus
in Richtung Westen aufgebrochen. Gestern präsentierte sich das
Gelände inmitten des Wohnquartiers leer und aufgeräumt. Am
Strassenrand standen nur noch fein säuberlich aufgereiht einige
blaue Abfallsäcke.
"Ich bin fast ein bisschen traurig", sagt Catherine Weber
vom Verein für ein lebendiges Lorrainequartier. Dieser hatte sich
mit den "Stadttauben" solidarisiert und die Stadt dazu aufgefordert,
eine einvernehmliche Lösung mit den Besetzern zu finden. In den
letzten Tagen hätten sogar Leute aus dem nahen Altersheim die
"Stadttauben" besucht. "Es gab im Quartier kaum Widerstand gegen diese
Zwischennutzung", so Weber. Der Lorraine-Breitenrain-Leist sieht dies
anders. Bereits unmittelbar nach der Besetzung am 6. März forderte
er eine Räumung und drohte mit Klagen "geschädigter Nachbarn".
Aufenthaltsort unbekannt
Nun sind die Nomaden weitergezogen, wohin ist nicht
bekannt. Das von der Stadt angebotene Gelände Wankdorf City
verschmähen sie offenbar. Sie seien in den Westen Berns gezogen,
sagt Weber. Genaueres weiss auch die Polizei nicht. Und SVP-Grossrat
Thomas Fuchs, der im Westen der Stadt wohnt, kennt den Aufenthaltsort
der "Stadttauben" ebenfalls nicht. Sie seien im Gäbelbach
vorbeigekommen, sagte Fuchs. Diese Woche hätte er eine Petition
zur Räumung des Geländes in der Lorraine lancieren wollen.
(rw)
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SCHNÜFFELSTAAT
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Bund 15.3.10
Die Bundespolizei will ermitteln wie ein Geheimdienst
Scharfe Kritik am Bundesamt für Polizei: Es verlangt
nach Kompetenzen, die massiv in die Grundrechte der Bürger
eingreifen.
Jean-Martin Büttner
Die Reaktionen sind heftig und kommen von allen
politischen Seiten: Der bisher unbeachtete Gesetzesentwurf zum neuen
Polizeiaufgabengesetz, dessen Vernehmlassung heute abläuft,
stösst fast überall auf Kritik. Bürgerliche Parteien,
Vertreter der Kantone und Nichtregierungsorganisationen weisen den
Entwurf rundweg zurück oder formulieren zahlreiche Einwände.
Überwachen auf Vorrat
Am meisten zu reden gibt die Forderung des Bundesamtes
für Polizei (Fedpol), Bürgerinnen und Bürger an
öffentlichen Orten filmen, abhören und kontrollieren zu
dürfen. Das alles soll erlaubt werden, bevor überhaupt ein
Ermittlungsverfahren eröffnet wird und bevor es zu einem
ordentlichen Strafverfahren kommt. Damit verlangt das Fedpol
Verschärfungen, die es aus dem Staatsschutzgesetz übernommen
hat.
Diese Verschärfungen hat das Parlament aber bereits
im letzten Jahr an den Bundesrat zurückgewiesen; es wollte keinen
grossen Lauschangriff. "Das neue Gesetz geht weit über die
klassische Polizeiarbeit hinaus", kritisiert Viktor Györffy von
der Organisation Grundrechte.ch; "es ruft nach Geheimdienstmethoden
für die Bundeskriminalpolizei - und das ohne konkreten Verdacht
und ohne Strafverfahren."
Das Fedpol teilte auf Anfrage schriftlich mit, es werde
die Vernehmlassung auswerten und dann veröffentlichen. Einzelne
Stellungnahmen würden nicht kommentiert.
Scharfe Kritik formuliert auch Rainer Schweizer,
Rechtsprofessor an der Hochschule St. Gallen, im Interview mit dem
"Bund". Die wachsende Zentralisierung der Polizeigewalt stehe im klaren
Widerspruch zur revidierten Bundesverfassung. Zudem habe der Bund bis
heute nicht abgeklärt, was die bestehenden Gesetze schon gebracht
hätten: das Staatsschutzgesetz etwa oder die Sicherheitsdienste
von Bund und Armee.
Schweizer findet es auch gefährlich, dass das
Grenzwachtkorps immer häufiger als Ordnungspolizei auftritt, was
eigentlich die Sache der Kantone wäre. Dennoch machten
verschiedene Kantone mit, weil sie bei der Polizei sparen wollten. Mit
dem Grenzwachtkorps und anderen Polizeikräften des Bundes werde
aber die Sicherheitsarchitektur der Schweiz völlig umgebaut.
"Darüber müssten wir zuerst debattieren, bevor wir neue
Gesetze erlassen. Wer soll für welche Polizeiaufgaben
zuständig und verantwortlich sein?"
Kritik an Widmer-Schlumpf
Der Rechtsprofessor wirft Justizministerin Eveline
Widmer-Schlumpf vor, sie habe bisher keine politische
Grundsatzdiskussion über die Verfassungsrevisionen führen
lassen. Eine solche sei hier aber dringend nötig.
— Seite 7
--
Die Lauscher versuchen ihren nächsten Angriff
Das Bundesamt für Polizei will massiv mehr
Kompetenzen beim Überwachen, Aushorchen und Kontrollieren. Das
führt zu heftiger Kritik von allen Seiten.
Jean-Martin Büttner
Wer jemanden kennt, der Drogen nimmt, muss vielleicht
schon bald damit rechnen, dass er in der Öffentlichkeit
abgehört wird, weil sein Freund mit Drogen dealen könnte. Wer
zu einer Organisation gehört, die irgendwann etwas Kriminelles
anstellen könnte, wird allenfalls von der Kriminalpolizei des
Bundes überwacht - ohne dass er es je erfährt. Und
Privatpersonen sollen künftig als Spitzel eingesetzt und bezahlt
werden, ohne dass bei einer allfälligen Klage transparent wird,
wer diese Leute sind, die Informationen weitergeben.
Vor allem aber: Das alles soll passieren dürfen, noch
bevor ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird und bevor es zu einem
ordentlichen Strafverfahren kommt. Die Überwachung, das Aushorchen
und das Fichieren der Bürger durch den Staat bleiben somit im
Dunkeln.
Das jedenfalls fordert der Gesetzesentwurf für ein
neues Polizeiaufgabengesetz, den das Justizdepartement von Eveline
Widmer-Schlumpf - von den Medien unbeachtet - Ende November in die
Vernehmlassung gegeben hat. Diese läuft heute Montag ab.
Das Parlament sagte schon Nein
Die Kritik am Entwurf kommt von allen Seiten und
fällt überwiegend hart aus. Das liegt zunächst daran,
dass das Bundesamt für Polizei (Fedpol) mit diesem Gesetz nach
Kompetenzen und Methoden verlangt, die aus dem zweiten Entwurf zu einem
verschärften Staatsschutzgesetz stammen. Einem Entwurf also, den
das Parlament bereits zurückgewiesen hat. Der Nationalrat trat gar
nicht erst darauf ein, der Ständerat schickte die Vorlage an den
Bundesrat zurück. Verschiedentlich kritisierte man den "grossen
Lauschangriff" und verlangte, die Bürger müssten besser vor
solchen Eingriffen geschützt werden.
Dennoch tauchen solche Forderungen im neuen Polizeigesetz
wieder auf. So soll das Fedpol die Kompetenz erhalten, ohne konkreten
Tatverdacht oder Strafverfahren Personen in der Öffentlichkeit zu
überwachen, zu filmen oder abzuhören. Ohne Wissen der
betreffenden Person können auch ihre Freunde oder Familie befragt
werden. Die Bundespolizei soll selber und ohne externe Kontrolle
entscheiden können, ob sie die überwachte Person
benachrichtigen will oder nicht. Sie darf private Spitzel anwerben und
auch bezahlen, ohne dass sichergestellt ist, ob deren Informationen
auch stimmen.
Übernahme von Hooligan-Daten
Darüber hinaus verlangt die Bundespolizei noch
weitere und weitreichende Kompetenzen. Wenn sie einen "begründeten
Verdacht" hegt, der im Gesetzesentwurf nicht näher präzisiert
wird, will sie auch Informationen über die politische
Betätigung von Bürgerinnen und Bürgern sammeln
dürfen. Und sie möchte die umstrittene Hooligan-Datenbank
führen, für die eigentlich die Kantone vorgesehen waren. Die
wichtigsten Parteien begrüssen es, dass der Bund verstreute
Artikel, Bestimmungen und Verordnungen zu einem neuen Gesetz
bündeln möchte. Damit ist es mit der Zustimmung allerdings
bereits weitgehend vorbei. Die meisten finden, das neue Gesetz gebe der
Bundespolizei zu weitreichende Kompetenzen, deren Kontrolle mangelhaft
sei und die teilweise massiv in die Grundrechte der Bürger
eingriffen. Damit werde die Kantonshoheit über die Polizei
hinterfragt, wenn nicht sogar ausser Kraft gesetzt.
SVP und FDP lehnen den Entwurf in der vorliegenden Version
rundweg ab. Die SVP befürchtet, dass der Bund die Polizeiaufgaben
auf eine Weise zentralisiert, welche die kantonale Polizeihoheit
beschneidet. Sie ist auch dagegen, dass die Schweiz internationale
Polizeiorganisationen finanziell unterstützt.
Die FDP schreibt, der Entwurf bringe dem Bürger
nichts. Auch sei es nicht sinnvoll, Teile des Staatsschutzgesetzes in
das Polizeigesetz auszulagern. Die CVP wiederum bedauert, dass die
kantonalen Gesetze und Sicherheitsorgane nicht vom Bund abgegrenzt und
koordiniert werden. Die SP teilt mit, sie werde ihren Kommentar
später einreichen.
Kantone gegen die Grenzwacht
Für die Konferenz der kantonalen Justiz- und
Polizeidirektoren regelt das Gesetz nicht, was das Grenzwachtkorps
darf, macht und bekommt. Dabei habe es einen eigenen Ordnungsdienst
aufgebaut, der weit mehr dürfe als andere Polizeieinheiten des
Bundes.
Der Verband der Schweizerischen Polizeibeamten stösst
sich vor allem daran, dass Polizeiaufgaben zunehmend privatisiert
würden. Der Bund müsse bindend und klar festlegen, wer wie in
der privaten Sicherheit operieren kann - vor allem auch, welche
Kompetenzen der Bund an solche Firmen delegiere und welche nicht.
Zufrieden reagiert einzig die Vereinigung der Richterinnen und Richter.
Amnesty International und die Gruppe Grundrechte.ch
kritisieren den Entwurf besonders scharf und ausführlich. Bei der
Beschaffung von Informationen über Bürger, schreibt die
Menschrechtsorganisation, werde die Unschuldsvermutung ausgehebelt. Was
die Überwachung angeht, verlangt sie eine Bewilligungspflicht
durch eine unabhängige Behörde. Die wichtigsten Bestimmungen
seien generell zu vage formuliert. Zudem liessen die vielen
Ausnahmebestimmungen den Behörden einen grossen Ermessensspielraum.
Die Gruppe Grundrechte.ch kritisiert zudem, dass der
Entwurf sich nicht auf die unmittelbare Gefahrenabwehr beschränke,
sondern auf Störungen der Sicherheit und Ordnung, die theoretisch
irgendwann in der Zukunft möglich wären. Damit könne die
Bundespolizei schon im Vorfeld gegen Personen vorgehen, ohne dass klar
werde, ob das Vorgehen verhältnismässig, nötig und
angemessen sei. Organisationen finden auch, dass der bezahlte Einsatz
von Privatpersonen als Spitzel die Gefahr von Missbräuchen
erhöhe. "Eine Polizei, die so operieren darf", sagt Viktor
Györffy von Grundrechte.ch, "ist nicht mehr kontrollierbar."
Kein Kommentar vom Fedpol
Und was sagt das Bundesamt für Polizei zu dieser
Kritik? Mediensprecher Stefan Kunfermann bat erst, die Fragen
schriftlich einzugeben, und schrieb dann zurück, das Fedpol werde
die Vernehmlassung zuhanden des Bundesrates auswerten und die Resultate
später veröffentlichen. "Einzelne Stellungnahmen kommentieren
wir nicht."
--
Die Lauscher versuchen ihren nächsten Angriff
Das Bundesamt für Polizei will massiv mehr
Kompetenzen beim Überwachen, Aushorchen und Kontrollieren. Das
führt zu heftiger Kritik von allen Seiten.
Jean-Martin Büttner
Wer jemanden kennt, der Drogen nimmt, muss vielleicht
schon bald damit rechnen, dass er in der Öffentlichkeit
abgehört wird, weil sein Freund mit Drogen dealen könnte. Wer
zu einer Organisation gehört, die irgendwann etwas Kriminelles
anstellen könnte, wird allenfalls von der Kriminalpolizei des
Bundes überwacht - ohne dass er es je erfährt. Und
Privatpersonen sollen künftig als Spitzel eingesetzt und bezahlt
werden, ohne dass bei einer allfälligen Klage transparent wird,
wer diese Leute sind, die Informationen weitergeben.
Vor allem aber: Das alles soll passieren dürfen, noch
bevor ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird und bevor es zu einem
ordentlichen Strafverfahren kommt. Die Überwachung, das Aushorchen
und das Fichieren der Bürger durch den Staat bleiben somit im
Dunkeln.
Das jedenfalls fordert der Gesetzesentwurf für ein
neues Polizeiaufgabengesetz, den das Justizdepartement von Eveline
Widmer-Schlumpf - von den Medien unbeachtet - Ende November in die
Vernehmlassung gegeben hat. Diese läuft heute Montag ab.
Das Parlament sagte schon Nein
Die Kritik am Entwurf kommt von allen Seiten und
fällt überwiegend hart aus. Das liegt zunächst daran,
dass das Bundesamt für Polizei (Fedpol) mit diesem Gesetz nach
Kompetenzen und Methoden verlangt, die aus dem zweiten Entwurf zu einem
verschärften Staatsschutzgesetz stammen. Einem Entwurf also, den
das Parlament bereits zurückgewiesen hat. Der Nationalrat trat gar
nicht erst darauf ein, der Ständerat schickte die Vorlage an den
Bundesrat zurück. Verschiedentlich kritisierte man den "grossen
Lauschangriff" und verlangte, die Bürger müssten besser vor
solchen Eingriffen geschützt werden.
Dennoch tauchen solche Forderungen im neuen Polizeigesetz
wieder auf. So soll das Fedpol die Kompetenz erhalten, ohne konkreten
Tatverdacht oder Strafverfahren Personen in der Öffentlichkeit zu
überwachen, zu filmen oder abzuhören. Ohne Wissen der
betreffenden Person können auch ihre Freunde oder Familie befragt
werden. Die Bundespolizei soll selber und ohne externe Kontrolle
entscheiden können, ob sie die überwachte Person
benachrichtigen will oder nicht. Sie darf private Spitzel anwerben und
auch bezahlen, ohne dass sichergestellt ist, ob deren Informationen
auch stimmen.
Übernahme von Hooligan-Daten
Darüber hinaus verlangt die Bundespolizei noch
weitere und weitreichende Kompetenzen. Wenn sie einen "begründeten
Verdacht" hegt, der im Gesetzesentwurf nicht näher präzisiert
wird, will sie auch Informationen über die politische
Betätigung von Bürgerinnen und Bürgern sammeln
dürfen. Und sie möchte die umstrittene Hooligan-Datenbank
führen, für die eigentlich die Kantone vorgesehen waren. Die
wichtigsten Parteien begrüssen es, dass der Bund verstreute
Artikel, Bestimmungen und Verordnungen zu einem neuen Gesetz
bündeln möchte. Damit ist es mit der Zustimmung allerdings
bereits weitgehend vorbei. Die meisten finden, das neue Gesetz gebe der
Bundespolizei zu weitreichende Kompetenzen, deren Kontrolle mangelhaft
sei und die teilweise massiv in die Grundrechte der Bürger
eingriffen. Damit werde die Kantonshoheit über die Polizei
hinterfragt, wenn nicht sogar ausser Kraft gesetzt.
SVP und FDP lehnen den Entwurf in der vorliegenden Version
rundweg ab. Die SVP befürchtet, dass der Bund die Polizeiaufgaben
auf eine Weise zentralisiert, welche die kantonale Polizeihoheit
beschneidet. Sie ist auch dagegen, dass die Schweiz internationale
Polizeiorganisationen finanziell unterstützt.
Die FDP schreibt, der Entwurf bringe dem Bürger
nichts. Auch sei es nicht sinnvoll, Teile des Staatsschutzgesetzes in
das Polizeigesetz auszulagern. Die CVP wiederum bedauert, dass die
kantonalen Gesetze und Sicherheitsorgane nicht vom Bund abgegrenzt und
koordiniert werden. Die SP teilt mit, sie werde ihren Kommentar
später einreichen.
Kantone gegen die Grenzwacht
Für die Konferenz der kantonalen Justiz- und
Polizeidirektoren regelt das Gesetz nicht, was das Grenzwachtkorps
darf, macht und bekommt. Dabei habe es einen eigenen Ordnungsdienst
aufgebaut, der weit mehr dürfe als andere Polizeieinheiten des
Bundes.
Der Verband der Schweizerischen Polizeibeamten stösst
sich vor allem daran, dass Polizeiaufgaben zunehmend privatisiert
würden. Der Bund müsse bindend und klar festlegen, wer wie in
der privaten Sicherheit operieren kann - vor allem auch, welche
Kompetenzen der Bund an solche Firmen delegiere und welche nicht.
Zufrieden reagiert einzig die Vereinigung der Richterinnen und Richter.
Amnesty International und die Gruppe Grundrechte.ch
kritisieren den Entwurf besonders scharf und ausführlich. Bei der
Beschaffung von Informationen über Bürger, schreibt die
Menschrechtsorganisation, werde die Unschuldsvermutung ausgehebelt. Was
die Überwachung angeht, verlangt sie eine Bewilligungspflicht
durch eine unabhängige Behörde. Die wichtigsten Bestimmungen
seien generell zu vage formuliert. Zudem liessen die vielen
Ausnahmebestimmungen den Behörden einen grossen Ermessensspielraum.
Die Gruppe Grundrechte.ch kritisiert zudem, dass der
Entwurf sich nicht auf die unmittelbare Gefahrenabwehr beschränke,
sondern auf Störungen der Sicherheit und Ordnung, die theoretisch
irgendwann in der Zukunft möglich wären. Damit könne die
Bundespolizei schon im Vorfeld gegen Personen vorgehen, ohne dass klar
werde, ob das Vorgehen verhältnismässig, nötig und
angemessen sei. Organisationen finden auch, dass der bezahlte Einsatz
von Privatpersonen als Spitzel die Gefahr von Missbräuchen
erhöhe. "Eine Polizei, die so operieren darf", sagt Viktor
Györffy von Grundrechte.ch, "ist nicht mehr kontrollierbar."
Kein Kommentar vom Fedpol
Und was sagt das Bundesamt für Polizei zu dieser
Kritik? Mediensprecher Stefan Kunfermann bat erst, die Fragen
schriftlich einzugeben, und schrieb dann zurück, das Fedpol werde
die Vernehmlassung zuhanden des Bundesrates auswerten und die Resultate
später veröffentlichen. "Einzelne Stellungnahmen kommentieren
wir nicht."
--
"Das führt zu einer gefährlichen Entwicklung"
Der Rechtsprofessor Rainer Schweizer kritisiert, dass der
Bund immer stärker in die Polizeiarbeit eingreift. Das verstosse
gegen die Verfassung.
Interview: Jean-Martin Büttner
Was halten Sie vom neuen Polizeigesetz?
Ich begrüsse, dass der Bund mit diesem neuen
Polizeigesetz das Recht bereinigen will. Doch das Bundesamt für
Polizei will jetzt zum Teil auch Methoden und Mittel anwenden
dürfen, die stark in die Grundrechte und Freiheitsrechte der
Bürgerinnen und Bürger eingreifen, gesetzlich aber nicht
präzise gefasst sind.
Lässt sich das mit der Bundesverfassung vereinbaren?
Ich stelle seit einigen Jahren zunehmende und schwere
Missstände im Umgang mit der Verfassung fest. Der Bund beschliesst
immer mehr Gesetze über die innere Sicherheit, für die er
nach der Bundesverfassung gar nicht zuständig ist. Darin sind sich
alle Juristen einig, auch beim Bund selber. Leider hat die
Justizministerin - Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf - bislang
keine politische Grundsatzdiskussion führen lassen.
Das neue Polizeigesetz greift einiges auf, was vom
Parlament oder in den Kantonen abgelehnt wurde.
Ja, nehmen wir zum Beispiel die Datenbank über die
Hooligans, die wegen der Euro 08 im Schnellverfahren eingeführt
wurde. Die Kantone taten danach nichts, also unterstellte der Bund
diese Datenbank dem Staatsschutz. Dann beschloss man, dass die Kantone
sie in einem Konkordat verwalten sollten. Und jetzt kommt wieder der
Bund und möchte diese Datenbank als Aufgabe des Bundesamts
für Polizei definieren. Dabei war von Anfang an klar, dass gerade
der Bund für eine solche Aufgabe nicht kompetent ist. Die Gewalt
von Hooligans zu bekämpfen, ist reine Ordnungspolizei-Sache und
damit ausschliesslich Sache der Kantone.
Das Bundesamt für Polizei argumentiert, es müsse
namentlich schwere Delikte wie die organisierte Kriminalität oder
den Terrorismus bekämpfen. Sind die Kantone damit nicht
überfordert?
Die Kantone arbeiten bei der Strafverfolgung seit
längerem zusammen. Und erzielen dabei häufig bessere
Resultate als der Bund. Bei der Bundeskriminalpolizei arbeiten gegen
tausend Leute. Dennoch haben sie bis heute nicht beweisen können,
dass sie besser sind als die Kantone. Klar ist: Fahndungslisten und
bestimmte Kriminaldatenbanken muss der Bund gesamtschweizerisch
führen - erst recht im europaweiten Informationsaustausch.
Das Problem mit diesem neuen Polizeigesetz ist aber: Es
verlangt zum Teil nach Kompetenzen und Methoden, für die der
Staatsschutz zuständig ist. Damit überschneidet sich die
Polizeiarbeit mit der präventiven Arbeit des Staatsschutzes, der
schon jetzt im Vorfeld der organisierten Kriminalität und des
Terrorismus arbeitet. Dort sind seine Kompetenzen aber klar geregelt
und einigermassen eingegrenzt. Dass auch die Kriminalpolizei des Bundes
auf diese Weise ermitteln soll, finde ich sehr bedenklich.
Dies, obwohl das Schweizer Volk Ende der Siebzigerjahre
eine Bundessicherheitspolizei ablehnte.
Was das Stimmvolk damals nicht wollte, haben wir schon
längst überschritten. Mit dem Grenzwachtkorps und mit seinen
verschiedenen Sicherheitsdiensten darf der Bund heute wesentlich mehr
als das, was man damals für undenkbar hielt. Das Grenzwachtkorps
tritt im ganzen Land als Ordnungs- und Sicherheitspolizei auf. Und
verschiedene Kantone machen mit, weil sie bei der Polizei sparen
wollen. In den Kantonen fehlen etwa 2500 Polizisten. Gleichzeitig sucht
das Grenzwachtkorps seit der Grenzöffnung durch Schengen eine neue
Aufgabe. Und lässt sich im Grenzpolizeidienst von der Armeepolizei
noch unterstützen. Das führt zu einer gefährlichen
Entwicklung.
Was soll daran gefährlich sein?
Das Grenzwachtkorps hat weit mehr Befugnisse zum
Eingreifen als die Kantonspolizei, trägt viel potentere Waffen und
kann den kantonalen Datenschutz aufheben. Es geht aber auch um den
Respekt vor der Demokratie und der Verfassung: Mit dem Grenzwachtkorps
und anderen Polizeikräften des Bundes wird die
Sicherheitsarchitektur der Schweiz völlig umgebaut. Darüber
müssten wir zuerst debattieren, bevor wir neue Gesetze erlassen.
Wer soll für welche Polizeiaufgaben zuständig und
verantwortlich sein? Ich habe nichts dagegen, dass der Bund bei der
inneren Sicherheit eine wichtige Rolle spielt. Aber das darf nicht
einfach portionsweise vom Parlament durchgewinkt oder vom Bundesrat
beschlossen werden.
Der 66-jährige Rainer Schweizer ist Professor
für öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an
der Universität St. Gallen sowie Rechtsanwalt und Rechtsberater.
---
Tagesanzeiger 15.3.10
Kommentar
Wenn aus Sicherheit Bedrohung wird
Jean-Martin Büttner
Jean-Martin Büttner über die Zentralisierung der
Polizeigewalt - und die fehlende Diskussion darüber.
Kurt Furgler würde sich freuen. Im Dezember 1978
wollte das Volk noch gar nichts von seiner Forderung wissen, in der
Schweiz eine bundeseigene Sicherheitspolizei zu installieren. Ohne dass
die Bevölkerung es gemerkt hat, hat der Bund seither viel mehr
erreicht als das, womit der damalige Justizminister gescheitert war.
Der Staat übernimmt immer mehr Polizeiaufgaben, obwohl dafür
die Kantone zuständig sind. Er setzt dazu das Grenzwachtkorps ein,
die Bahnpolizei, die Armee und sogar private Sicherheitsfirmen. Und er
verlangt Kompetenzen und Methoden, die ihm von der Verfassung her gar
nicht zustehen.
Letzte Etappe dieser schleichenden polizeilichen
Zentralisierung: Der neue, bislang unbeachtete Gesetzesentwurf, der die
Aufgaben der Bundeskriminalpolizei neu regelt. Ohne angemessene
Kontrolle und teilweise mit Geheimdienstmethoden möchte die
Bundeskriminalpolizei massiv in die Grundrechte der Bürgerinnen
und Bürger eingreifen. Sie soll Leute überwachen,
abhören, bespitzeln und kontrollieren dürfen, selbst wenn
kein konkreter Tatverdacht gegen sie besteht.
Das Bundesamt für Polizei begründet seinen
Wunschkatalog mit der Gefahr, die von der organisierten
Kriminalität und dem Terrorismus ausgeht. Allerdings ist bis heute
nicht klar, wie viel besser Polizisten des Bundes solche Fälle
lösen als die Kollegen in den Kantonen. Die spektakulären
Ankündigungen standen oft in keinem Verhältnis zum
tatsächlichen Erfolg der Ermittlungen.
Selbstverständlich soll der Bund bei komplex
organisierten, international vernetzten Kriminalfällen mithelfen
und koordinieren. Das aber darf nicht an der Verfassung vorbei
entschieden werden. Es braucht klar geregelte Zuständigkeiten und
eine rechtsstaatliche Kontrolle. Statt immer neue Gesetze zu erlassen,
müsste der Bundesrat sich diesen Fragen einmal gründlich
stellen. Dass das Justizdepartement von Eveline Widmer-Schlumpf eine
dermassen brisante Vorlage unter dem Radar hindurch in die
Vernehmlassung schickte, zeugt nicht von Diskussionskultur. Die breite
Kritik, die der Bundesrätin jetzt entgegenschlägt, liefert
dafür die Quittung.
---
grundrechte.ch 15.3.10
Polizeiaufgabengesetz unzumutbar
15. März 2010
Die Lauscher versuchen ihren nächsten Angriff
Das Bundesamt für Polizei will massiv mehr
Kompetenzen beim Überwachen, Aushorchen und Kontrollieren. Der
geplante Eingriff in die Grundrechte der Bürger führt zu
heftiger Kritik.
Die Kritik am Entwurf kommt von allen Seiten und
fällt überwiegend hart aus. Das liegt zunächst daran,
dass das Bundesamt für Polizei (Fedpol) mit diesem Gesetz nach
Kompetenzen und Methoden verlangt, die aus dem zweiten Entwurf zu einem
verschärften Staatsschutzgesetz stammen. Einem Entwurf also, den
das Parlament bereits zurückgewiesen hat. Der NationaIrat trat gar
nicht erst darauf ein, der Ständerat schickte die Vorlage an den
Bundesrat zurück. Verschiedentlich kritisierte man den "grossen
Lauschangriff" und verlangte, die Bürger müssten besser vor
solchen Eingriffen geschützt werden.
Dennoch tauchen solche Forderungen im neuen Polizeigesetz
wieder auf. So soll die Fedpol die Kompetenz erhalten, ohne konkreten
Tatverdacht oder Strafverfahren Personen in der Öffentlichkeit zu
überwachen, filmen oder abzuhören. Ohne Wissen der
betreffenden Person können auch ihre Freunde oder Familie befragt
werden. Die Bundespolizei soll selber und ohne externe Kontrolle
entscheiden können, ob sie die überwachte Person
benachrichtigen will oder nicht. Sie darf private Spitzel anwerben und
auch bezahlen, ohne dass sichergestellt ist, ob deren Informationen
auch stimmen.
Amnesty International und die Gruppe grundreche.ch
kritisieren den Entwurf besonders scharf und ausführlich. Bei der
Beschaffung von Informationen über Bürger, schreibt die
Menschrechtsorganisation, werde die Unschuldsvermutung ausgehebelt. Was
die Überwachung angeht, verlangt sie eine Bewilligungspflicht
durch eine unabhängige Behörde. Die wichtigsten Bestimmungen
seien generell zu vage formuliert. Zudem liessen die vielen
Ausnahmebestimmungen den Behörden einen grossen
Ermessensspielraum.
Die Gruppe grundrechte.ch kritisiert zudem, dass der
Entwurf sich nicht auf die unmittelbare Gefahrenabwehr beschränke,
sondern auf Störungen der Sicherheit und Ordnung, die theoretisch
irgendwann in der Zukunft möglich wären. Damit könne die
Bundespolizei schon im Vorfeld gegen Personen vorgehen, ohne dass klar
werde, ob das Vorgehen verhältnismässig, nötig und
angemessen sei.
Beide Organisationen finden auch, dass der bezahlte
Einsatz von Privatpersonen als Spitzel die Gefahr von Missbräuchen
erhöhe. "Eine Polizei, die so operieren darf", sagt Viktor
Györffy von grundrechte.ch, "ist nicht mehr kontrollierbar".
Polizeiaufgabengesetz (Entwurf)
http://grundrechte.ch/2010/Polizeiaufgabengesetz.pdf
Erläuternder Bericht (Fedpol)
http://grundrechte.ch/2010/Bericht_Fedpol.pdf
Vernehmlassung von grundrechte.ch
http://grundrechte.ch/2010/Vernehmlassung_Polizeiaufgabengesetz.pdf
siehe auch
BWIS II kommt erst 2013 ins Parlament
http://grundrechte.ch/2009/aktuell30122009.shtml
---
ejpd.admin.ch 27.11.09
Polizeiliche Aufgaben des Bundes: Vernehmlassung zu neuem
Bundesgesetz
http://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/dokumentation/mi/2009/2009-11-273.html
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ALKOHOL
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Blick am Abend 15.3.10
Betrunkene zur Kasse bitten
IDEE
Ruedi Löffel will wie Zürich eine Zentrale
Ausnüchterungsstelle - zur Entlastung der Spitäler.
markus.ehinger@ringier.ch
Seit dem Wochenende sammelt die Stadtpolizei in
Zürich Leute ein, die betrunken oder drogenberauscht negativ
auffallen und bringt sie in die Zentrale Ausnüchterungsstelle
(ZAS). Dort betreuen geschultes medizinisches Personal und
Sicherheitleute die Berauschten. Die Betrunkenen aber müssen das
Ausnüchtern selbst berappen. Wer innert dreier Stunden wieder auf
den Beinen ist, bezahlt 600 Franken. Dauert es länger als drei
Stunden, stellt die Stadt 950 Franken in Rechnung.
"Die Zentrale Ausnüchterungsstelle ist für Bern
nachahmenswert", sagt EVP-Grossrat Ruedi Löffel. "Sind die
Betrunkenen minderjährig, werden die Eltern zum Abholen ihrer
Sprösslinge in die ZAS bestellt, wo auch ein Gespräch mit
Mitarbeitern des Sozialdepartementes auf sie wartet", sagt Löffel.
"Ich sehe den Vorteil vor allem darin, dass die Eltern die Kosten
übernehmen müssen und so in die Pflicht genommen werden." Das
habe einen erzieherischen Effekt. Ausserdem könnten so die
Notfallaufnahmen der Spitäler entlastet werden, welche die
Betrunkenen bisher grösstenteils betreuen mussten.
Löffel will in der Fragestunde des Parlaments deshalb
vom Regierungsrat wissen, was er von der Idee einer ZAS hält und
welche rechtlichen Grundlagen bereits vorhanden sind, um eine
Ausnüchterungsstelle auch in Bern einzurichten.
---
BZ 15.3.10
Mehr ältere Komatrinker
Nicht nur Jugendliche, sondern vor allem Erwachsene
trinken bis zum Umfallen. Dies zeigt eine neue Studie des Inselspitals.
Die Notfallstation des Inselspitals behandelt immer
öfter Patienten mit Alkoholvergiftungen. Wurden im Jahr 2000 noch
134 Fälle registriert, waren es 2007 bereits 373. Dies besagt eine
neue Studie des Spitals. Zwar stieg die Zahl der jugendlichen mit
Alkoholvergiftung an. Laut Studienleiterin Monika Haberkern sind die
"Wiederholungstäter" jedoch meist Männer im Alter zwischen 25
und 55 Jahren.
Während in Bern die Krankenkassen für die
Ausnüchterung aufkommen, müssen die Patienten in Zürich
ihre Behandlung selber bezahlen. as
Seite 21
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Neue Alkoholstudie des Inselspitals
Trinken bis zur Vergiftung
Immer mehr Patienten mit Alkoholvergiftung landen in der
Notaufnahme. Allerdings sind es nicht nur Jugendliche, sondern immer
mehr Erwachsene, die sich bis zu Bewusstlosigkeit betrinken. Dies zeigt
eine Studie des Inselspitals.
In der Notaufnahme des Inselspitals wurden allein in der
Nacht von Samstag auf Sonntag vier Patienten mit Alkoholvergiftung
behandelt. Bei ihnen handelt es sich allerdings nicht um Jugendliche
Komatrinker, sondern um erwachsene Männer. Der jüngste ist 18
Jahre alt, die drei andern sind 26 und 27 Jahre alt. Dass Erwachsene
immer öfter bis zum Umfallen trinken, ist denn auch das Ergebnis
einer neuen, noch unveröffentlichten Studie des Inselspitals.
Mit 4,4 Promille in der Insel
Von 2000 bis 2007 behandelte das Universitäre
Notfallzentrum für Erwachsene am Inselspital 1763 Patienten mit
Alkoholvergiftung. Davon waren 1422 Erstdiagnosen und 341
"Wiederholungstäter". Zwar nahmen laut der Studie die Fälle
von Alkoholvergiftung bei 16- bis 25-Jährigen von 29 Fällen
im Jahr 2000 auf 74 Fälle im Jahr 2007 zu.
Gestiegen ist jedoch auch die Zahl jener Patienten, die
wiederholt mit einer Alkoholvergiftung ins Spital eingewiesen wurden.
Laut Monika Haberkern, Co-Leiterin der medizinischen Notfallstation des
Inselspitals und Leiterin der Alkoholstudie, handelt es sich dabei
meist um Erwachsene im Alter von 25 bis 55 Jahren. Unter ihnen sind
eineinhalb Mal so viele Männer wie Frauen, und sie werden im
Durchschnitt mit 2,25 Promille eingeliefert.
Der höchste im Insel-Notfall gemessene
Blutalkoholwert betrug 4,4 Promille. Solche Werte erreichten
typischerweise 30- bis 40-jährige alkoholkranke Männer, sagt
Haberkern. "Am fraglichen Abend trinken sie noch massiver als sonst.
Häufig sind sie bereits arbeitslos und verwahrlost."
Drogencocktail bei Jungen
Bei den jugendlichen Komatrinkern ist der
durchschnittliche Promillewert mit 1,67 zwar tiefer. Dafür kommen
sie oft mit Mischvergiftungen in den Notfall, weil sie Alkohol zusammen
mit Drogen oder Medikamenten konsumiert haben. "96 der 418 erfassten
Jugendlichen hatten neben Alkohol Drogen wie Cannabis und Kokain
konsumiert", sagt Haberkern. Typische Partydrogen wie Ecstasy seien nur
in 2,4 Prozent der untersuchten Fälle nachgewiesen worden. Laut
Haberkern liegt dies daran, dass der Nachweis von Partydrogen,
hauptsächlich von Liquid Ecstasy, schwierig sei.
Das Schweigen der Ärzte
Problematisch bei Minderjährigen, die wegen Drogen-
und Alkoholmissbrauchs im Insel-Notfall landen, ist auch, dass die
Ärzte die Eltern oft nicht informieren dürfen. "Ist der
Patient noch ansprechbar, dann müssen wir uns an unsere
Schweigepflicht halten", sagt Haberkern. Zwar erhalten die Eltern die
Rechnung für die Behandlung ihrer betrunkenen Kinder - bezahlen
tut sie in der Regel aber die Krankenkasse. Einzig in Zürich
müssen die Komatrinker selber für das überwachte
Ausnüchtern aufkommen (siehe Zweittext).
Die kantonale Gesundheits- und Fürsorgedirektion hat
darauf reagiert, dass das Komatrinken bei Jugendlichen zugenommen hat,
und der Stiftung Berner Gesundheit den Auftrag erteilt,
Früherfassungsangebote zu entwickeln (siehe Box).
Behandlung mit Polizeihilfe
Die Gründe, die zum Komatrinken führen, sind
laut Haberkern vielfältig. Während Jugendliche trinken, weil
sie Spass haben wollten, sei bei Erwachsenen oft Einsamkeit oder der
Stellenverlust der Grund für den übermässigen
Alkoholkonsum. Es gebe jedoch auch Geschäftsleute, die sich bis
zur Besinnungslosigkeit betränken, weil sie mit dem beruflichen
Druck nicht klarkämen, so Haberkern.
Für die Spitäler sind alkoholisierte
Notfallpatienten eine Belastung, sagt Haberkern. Bei der Einweisung
seien sie oft äusserst aggressiv, würden verbal
ausfällig oder sogar gewalttätig und könnten nur mit
Hilfe von Polizei oder Securitas behandelt werden. "Manchmal sind
fünf bis acht Leute nötig, um einem Patienten die
nötigen Medikamente zu verabreichen."
Andrea Sommer
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Teures Ausnüchtern in Zürich
In Zürich landen stark Betrunkene nicht mehr auf
einer Notfallstation, sondern in der neuen Ausnüchterungsstelle.
Wer in Zürich betrunken oder im Drogenrausch von der
Polizei aufgegriffen wird, landet seit letzten Freitag in der Zentralen
Ausnüchterungsstelle. Dort kümmern sich drei Sicherheitsleute
und zwei medizinische Fachkräfte um die Berauschten. Damit
reagiert Zürich darauf, dass Betrunkene regelmässig in den
Notaufnahmen der Spitäler randalieren. Das Ausnüchtern in
einer der zwölf Zellen geht dabei erstmals in der Schweiz voll zu
Lasten der Patienten. Dauert es länger als drei Stunden, werden
950 Franken fällig. Die sogenannte Kurzzeitpauschale (bis 3
Stunden) beträgt 600 Franken.
In Bern werden viele Betrunkene ins Inselspital
eingeliefert. Für Aris Exadaktylos, leitender Arzt am
Notfallzentrums, ist dies die sicherere Lösung. "Viele der
Patienten haben eine sehr starke Alkohlvergiftung oder eine
Mischvergiftung mit Medikamenten oder Drogen und müssen
medizinisch sehr intensiv überwacht werden." Dafür
stünden in der Insel Fachärzte und die Intensivstation zur
Verfügung. Leichter Betrunkene, die mit dem Gesetz in Konflikt
geraten sind, landen in den Arrestzellen der Kantonspolizei. Dies
allerdings erst, nachdem ein Arzt ihnen Hafterstehungsfähigkeit
attestiert hat.
jsp/as
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Jugendliche Rauschtrinker
Der Jüngste war 10-jährig
Die Spitäler im Kanton Bern behandelten im Jahr 2008
insgesamt 462 Jugendliche und junge Erwachsene wegen Alkoholmissbrauchs
und gegen dadurch entstandene Verletzungen. Im Jahr 2002 waren es noch
174 Fälle.
Dass das Rauschtrinken bei Jugendlichen zugenommen hat,
bereitet der kantonalen Gesundheits- und Fürsorgedirektion Sorgen.
Deshalb erteilte sie der Stiftung für Gesundheitsförderung
und Suchtfragen, Berner Gesundheit, den Auftrag,
Früherfassungsangebote für Jugendliche und junge Erwachsene
im Alter zwischen 12 und 25 Jahren zu entwickeln.
Unter dem Titel "vollRausch" und "AlcoFlop" startete die
Berner Gesundheit vom Mai 2007 bis Dezember 2008 ein Pilotprojekt.
Während dieser Zeit wurden insgesamt 34 Jugendliche und junge
Erwachsene beraten. Die grösste Gruppe bilden die 16- bis
19-Jährigen. Der jüngste Patient mit Alkoholvergiftung war
2008 ein 10-jähriger Knabe.
Seit 2009 gehören "vollRausch" und "AlcoFlop" zum
festen Beratungsangebot der Berner Gesundheit. Aktuelle Zahlen zu den
Beratungen sind nicht erhältlich. Laut Berner Gesundheit bleibe
jedoch bei jungen Männern die Zahl der Spitaleinweisungen auf
hohem Niveau. Bei den Frauen sei die Entwicklung rückläufig.
Das Angebot wurde laut Berner Gesundheit vor allem von
Jugendgerichten und Heimen genutzt. Sie wiesen die jungen Leute der
Beratungsstelle zu. Die Beratung steht jedoch allen, auch Eltern, offen
und ist gratis. Die Kosten trägt der Kanton.
as
http://www.bernergesundheit.ch
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20 Minuten 15.3.10
Ausnüchterungsstelle: Erste Betrunkene eingeliefert
ZÜRICH. Die neue Zentrale Ausnüchterungsstelle
wurde am Startwochenende bereits rege genutzt: "Es lief wie erwartet an
- wir mussten verschiedene Personen medizinisch versorgen", sagt
Stapo-Medienchef Marco Cortesi. Wie viele stark betrunkene Jugendliche
wie lange betreut wurden, konnte er noch nicht sagen. Die schweizweit
einmalige Einrichtung verfügt über 12 Zellen und soll die
Notfallstationen der Spitäler und die Polizei entlasten.
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SEXWORK
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20 Minuten 15.3.10
Regierung will keine Wohnwagen-Bordelle
BERN. Statt auf der Strasse sollen Prostituierte in
Wohnwagen anschaffen. Die Berner Stadtregierung lehnt diese Forderung
ab, sucht aber nach geeigneten Liegenschaften, um Bordelle einzurichten.
"Die Situation auf dem Berner Strassenstrich ist unhaltbar
und menschenunwürdig", sagt CVP-Stadtrat Henri-Charles Beuchat.
Zudem sei die Sexmeile bei der Dreifaltigkeitskirche illegal. Mit einer
Motion möchte er den Gemeinderat verpflichten, den Strich
aufzulösen und dafür Puff-Parkplätze zu schaffen, damit
die Prostituierten ihre Kundschaft in Campern und Wohnwagen empfangen
könnten. Für eine solche Zone eigne sich etwa der
Lorraine-Brückenkopf. Die käuflichen Damen könnten dort
polizeilich kontrolliert, aber auch beraten werden.
Doch der Gemeinderat sträubt sich: "Sexarbeiterinnen,
die auf dem Strassenstrich anschaffen, haben in der Regel nicht die
nötigen finanziellen Mittel, um ein Wohnmobil zu kaufen." Zwar
wäre die Stadt gemäss der Prostitutionsverordnung
verpflichtet, einen geschützten Rahmen zu schaffen, findet aber
keine Häuser für solche legalen Puffs.
Auf Beuchats Vorstoss hat sich ein
Unterstützungskomitee gebildet, das mit einem Brief an die Stadt
die Auflösung des Strassenstrichs verlangt. Für Anwohnerin
Therese Kleinert ist klar: "Dieser Tummelplatz für Freier, Spanner
und ausgebeutete Frauen gehört nicht in ein Wohnquartier."
Patrick Marbach
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Freiburger Nachrichten 15.3.10
Das neue Gesetz über die Prostitution ist in Fachkreisen
sehr umstritten
Der Grosse Rat berät am Dienstag ein umstrittenes
Gesetz über die Ausübung der Prostitution.
freiburg Rund 150 Sex Anbietende gibt es laut
Schätzung der Kantonspolizei im Kanton Freiburg. Dank einem neuen
Gesetz sollen sie besser vor Ausbeutung und Zwangsprostitution
geschützt werden. Die parlamentarische Kommission stellt gar den
Antrag, dass sich alle Prostituierten bei der Polizei anmelden
müssen.
Darüber sind die Fachfrauen von "Fri-Santé",
die sich für bessere Bedingungen der Sex Anbietenden einsetzen,
nicht glücklich. Sie sind überzeugt, dass jene, die sich
illegal in der Schweiz aufhalten, sich nicht melden werden und sich
ihre Lage noch verschlechtert, da sie so leichter zu Opfern der
Ausbeutung werden. az
Bericht Seite 3
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Schwerpunkt
"Ein Gesetz schützt Sex Anbietende nicht vor
Ausbeutung - im Gegenteil"
Der Grosse Rat debattiert morgen Dienstag über das
neue Gesetz über die Prostitution. Fachfrauen der Szene warnen
aber.
Arthur Zurkinden
Die Gefahren für die Prostituierten haben gemäss
Staatsrat in den letzten Jahren stark zugenommen. Er hofft deshalb, mit
einem Gesetz die Sex Anbietenden besser vor der Zwangsprostitution und
der Ausbeutung zu schützen. Er ist überzeugt, dass dies am
besten möglich ist, wenn die Polizei möglichst viele Angaben
über sie besitzt. Diese erfahre so nicht nur, wo die betreffende
Person arbeite, sondern vernehme auch einiges über ihre Lebens-
und Arbeitsbedingungen. Deshalb sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die
Polizei alle im Milieu tätigen Personen registriert.
Obligatorische oder freiwillige Anmeldung?
Viel zu diskutieren gab im Vorfeld die Frage, ob die
Anmeldung obligatorisch oder freiwillig erfolgen soll. Im
Gesetzesentwurf hat sich der Staatsrat für eine freiwillige
Anmeldung entschieden die parlamentarische Kommission beantragt aber
dem Grossen Rat eine obligatorische (vgl. Kasten).
Gesetz kann leicht umgangen werden
So oder so nicht glücklich über ein Gesetz ist
die Vereinigung "Fri-Santé", die sich mit ihrem Programm
"Grisélidis" für bessere Arbeitsbedingungen und eine
bessere Hygiene einsetzen. So wird u. a. einmal wöchentlich in
einem Info-Bus in der Grand-Fontaine das Gespräch mit den Sex
Anbietenden gesucht (vgl. Kasten).
"Nicht alle Sex Anbietende haben eine
Aufenthaltsbewilligung. Sie melden sich also nicht bei der Polizei. Im
Gegenteil, die Pflicht, sich anmelden zu müssen, birgt die Gefahr
in sich, dass sich ihre sonst schon sehr prekäre Lage noch
verschlechtert und sie sich aus der Stadt entfernen. So ist es für
Grisélidis und andere Organisationen, die schützen und
helfen wollen, noch schwieriger, mit ihnen in Kontakt zu treten", sagen
Anne Roth, Präsidentin von Fri-Santé, und Sandra Modica,
Vorstandsmitglied, in einem Gespräch mit den FN. "Mit einem
solchen Gesetz kann man die Sex Anbietenden nicht schützen, im
Gegenteil. Es gibt viele Möglichkeiten, das Gesetz zu umgehen",
stellen sie weiter fest.
Polizei ja, sofern ...
Sie hätten eigentlich nichts dagegen, wenn die
Polizei das Milieu kontrolliert und dafür sorgen würde, dass
die Arbeitsbedingungen stimmen und keine Wucherzinse verlangt werden,
wenn sie nicht gleichzeitig die Aufenthaltsbewilligungen
überprüfen müsste. Aber sie sind sich auch bewusst, dass
eine solche Forderung kaum Chancen hätte, gesetzlich verankert zu
werden.
Nicht alle sind Opfer
Anne Roth und Sandra Modica weisen auch darauf hin, dass
sich nicht alle Sex Anbietenden einig sind über die
Anmeldepflicht. "Jene, die Schweizer sind oder eine
Aufenthaltsbewilligung besitzen, haben keine Probleme mit einer
Anmeldung bei der Polizei. Aber die Anmeldepflicht kann eine gewisse
Rivalität unter ihnen auslösen und andere Probleme schaffen."
Negativ wirkt sich die obligatorische Anmeldung
gegenüber jenen aus, die sich illegal in der Schweiz aufhalten.
"Es gibt aber auch welche, die sich gelegentlich anbieten, um den
finanziellen Engpass am Ende des Monats zu überbrücken oder
um das Studium zu finanzieren usw.", sagt Sandra Modica. "Auch sie
haben kein Interesse an einer Anmeldung, denn sie wollen den Nebenjob
diskret ausüben und nicht in einem Register geführt sein. Und
ohne Anmeldung müssten sie ihrer Arbeit auch illegal nachgehen,
obwohl die Prostitution als Metier ja legal ist", ergänzt sie.
Die Nähe als Lösung?
Welche Lösung sehen aber Anne Roth und Sandra Modica?
"Prekär ist die Situation vor allem für diejenigen Sex
Anbietenden, die sich illegal in der Schweiz aufhalten. Sie sind aber
da. Wir können diese Tatsache nicht einfach verdrängen und
die Augen schliessen. Der Bundesrat will ja den jugendlichen
Sans-Papiers auch die Möglichkeit bieten, eine Berufslehre zu
absolvieren", sagen sie.
Sie sind überzeugt, dass die Situation dieser
Kategorie von Prostituierten verbessert werden kann, wenn man den
Zugang zu ihnen findet und mit ihnen diskutieren und ein
Vertrauensverhältnis aufbauen kann. Und diskutieren möchten
sie mit ihnen über die Arbeitsbedingungen, Hygiene, Gesundheit,
Versicherungen, Gewalt, Zwangsprostitution oder gar Menschenhandel.
"Ja, die Nähe zu ihnen ist wichtig."
Grisélidis: Im Einsatz zum Schutz der Sex
Anbietenden
Seit 2007 gibt es "Grisélidis", ein Programm der
Vereinigung "Fri-Santé". Ziel ist es, die Nähe der
Professionellen des Sexgewerbes zu suchen und ihnen Informationen
über die Gefahren des Berufs zu vermitteln. So sollen sie vor
allem beraten werden, wie sie sich gegen Krankheiten (Aids usw.) zu
schützen Können. Aber auch die allgemeine Verschlechterung
des gesundheitlichen Zustandes der Prostituierten (Alkohol- und
Drogenkonsum, Gewalt) wird thematisiert. Die Sex Anbietenden
können dank Grisélidis die sanitären Strukturen
(Ärzte, Prävention) in Anspruch nehmen, aber auch die
sozialen und juristischen. In diesem Zusammenhang wird ihnen z. B. auch
beigebracht, wie sie besser mit den Freiern und Vermietern verhandeln
können.
Mit Info-Bus auf der Strasse präsent sein
Diese Ziele sollen vor allem erreicht werden, indem
Grisélidis einmal pro Woche mit einem Info-Bus an der Rue
Grand-Fontaine in Freiburg präsent ist. Zwei Frauen, darunter eine
Gesundheitsfachfrau, geben dabei kompetent Auskunft. Im vergangenen
Jahr wurden 1284 Besuche registriert.
Weiter hat Grisélidis 50 Besuche in Salons
abgestattet und mit 44 Sex Anbietenden das Gespräch gefunden. "In
der Regel halten sich die Frauen in den Salons legal in der Schweiz auf
und geniessen auch bessere Arbeitsbedingungen", hält Anne Roth,
Präsidentin von Fri-Santé, fest.
Keine Studie über die Situation in Freiburg
Anne Roth und Sandra Modica, Vorstandsmitglied, bedauern
im Übrigen, dass das Gesetz ausgearbeitet wurde, ohne
vorgängig die Situation im Kanton Freiburg zu studieren. Nach
ihren Worten kann sie nicht einfach so mit jenen in andern Kantonen
verglichen werden. Gemäss ihrer Kenntnis ist z. B. der
Menschenhandel in Freiburg ein weniger vordringliches Problem als
anderswo.
Sie anerkennen aber, dass dank einem Gesetz ihr Einsatz im
Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention besser
finanziell unterstützt wird. az
Kommission: Im Hinblick auf gesamtschweizerische
Lösung
Alle Personen, die im Kanton die Prostitution
ausüben, melden dies vorher bei der Kantonspolizei. Diesen Satz
will die parlamentarische Kommission unter dem Präsidium von
Emmanuelle Kaelin Murith (CVP, Bulle) im Gesetz verankert haben. Und
genau diese obligatorische Anmeldung ist laut "Grisélidis" sehr
problematisch.
Keine Jagd auf Illegale
"Wir wollen nicht, dass nun die Polizei Jagd auf die
illegalen Prostituierten macht. Ziel des Gesetzes ist aber in erster
Linie der Schutz vor der Zwangsprostitution und der Ausbeutung. Die
Anmeldung ist eher als eine Begegnung gedacht, die es erlaubt, in einem
bevorzugten Rahmen Kontakt aufzunehmen und ein
Vertrauensverhältnis zwischen der Polizei und den Sex Anbietenden
zu schaffen. Und wir wollen eine gesetzliche Basis schaffen, damit die
Polizei in den Salons intervenieren kann. Im Kanton Neuenburg, der die
obligatorische Anmeldung kennt, hat sich die Situation verbessert. In
der Waadt mit einer freiwiligen Anmeldung ist man nicht
glücklich", hält Emmanuelle Kaelin fest und vertritt die
Ansicht, dass in Zukunft nur eine gesamtschweizerische, einheitliche
Lösung Sinn macht, um Netzwerke zu zerschlagen. Und so soll auch
vermieden werden, dass sich die illegalen Prostituierten vor allem in
den Kantonen ohne obligatorische Anmeldung niederlassen.
Eine obligatorische Anmeldung mache das ganze Gesetz auch
kohärenter. So ruft sie in Erinnerung, dass die Personen, die
Räumlichkeiten für die Prostitution zur Verfügung
stellen, eine Bewilligung einholen müssen. Eine solche wird nur an
Personen mit einem guten Leumund erteilt, und die Räumlichkeiten
müssen gewissen Anforderungen an Sicherheit und Sauberkeit
genügen. Zudem müssen die Inhaber der Bewilligung Auskunft
über die Personen, die dort als Prostituierte arbeiten, sowie
über die Höhe der Miete geben. So wäre es ihrer Ansicht
nach nicht logisch, wenn für die Sex Anbietenden die Anmeldung
nicht obligatorisch wäre. "Zudem erlaubt die Sammlung all dieser
Daten, inklusive Anmeldung, einen wirksameren Kampf gegen die
Zwangsprostitution, wenn dies auch die anderen Kantone so handhaben und
zusammenarbeiten." az
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RAUCHVERBOT
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St. Galler Tagblatt 15.3.10
Wie Wirte das Rauchverbot umgehen
Wo das Rauchen in Gaststätten verboten wird, gibt es
Versuche, das Verbot zum umgehen. Zum Beispiel in Basel, wo Beizer den
Verein "Fümoar" gegründet haben.
Das Prinzip von "Fümoar" ist simpel: Mit einem
Beitrag von zehn Franken erhalten Raucherinnen und Raucher einen
Mitgliederausweis. Er öffnet ihnen Tor und Tür zu Bars und
Restaurants, die zurzeit zu privaten Clubs mutieren. Als solche gilt
für sie das kantonale Gesetz nicht. Zwischen 20 und 30 Lokale
hätten sich dem jüngst gegründeten Verein bereits
angeschlossen, erklärte Präsidentin Lotti Weber. "Die
Stammkunden dieser Beizen haben sehr positiv darauf reagiert. Wir haben
schon fast 10 000 Mitgliederausweise drucken lassen", sagt Weber, die
im Restaurant Torstübli wirtet. Die wundersamen
Türöffner finden übrigens nicht nur bei Rauchern
Anklang. Überlebensstrategie der Kleinen.
Restaurants, Cafés und Bars
"Fümoar" vereint Lokale unterschiedlicher Art und
Grösse: Restaurants, Cafés, Bars und andere. Den Betreibern
steht es frei, ihre Räumlichkeiten ganz oder nur teilweise in
einen Raucher-Club umzuwandeln. Im "Torstübli" etwa wird ab 1.
April eine Etage öffentlich, heisst rauchfrei, und eine Etage wird
Klubmitgliedern vorbehalten sein. Weder Menü noch Preise werden
sich ändern. Das "Hahn" wiederum wird tagsüber ein
Nichtraucher-Restaurant sein und sich erst abends in ein
Raucher-Etablissement verwandeln, wie Wirtin Claudia Tonin
ausführt.
Tonin ist überzeugt, dass der Verein für kleine
Lokale die einzige Überlebenschance ist. Wer vor allem mit Bier,
Wein und Drinks sein Geld verdiene, habe oft über 80 Prozent
rauchende Klientel. Lotti Weber versichert, dass nur Personal in den
Clubs arbeiten werde, das einverstanden sei, im blauen Dunst zu
servieren. Das baselstädtische Rauchverbot erlaubt es
Gastbetrieben, sich in Raucher-Clubs umzuwandeln - unter der Bedingung,
dass nur Mitglieder Zutritt haben und dass die Vorkehrungen nicht nur
dazu dienen, das Rauchverbot zu umgehen. Möglich, dass die
Raucher-Clubs in Basel die Behörden schon bald dazu veranlassen,
strenger zu werden. "Ich glaube nicht, dass wir mehr als zwei Jahre
durchhalten können", sagt die Betreiberin des "Hahn".
Von Kanton zu Kanton anders
Kantonal wird der Schutz vor dem Passivrauchen sehr
unterschiedlich gehandhabt. In Uri gibt es seit dessen Einführung
im September 2009 ebenfalls etwa ein halbes Dutzend private Raucher-
Clubs, darunter eine grosse Diskothek, wie Roland Hartmann von der
Gesundheitsdirektion auf Anfrage sagte. Im Kanton Zürich - mit
Rauchverbot ab 1. Mai in öffentlich zugänglichen Lokalen -
werden Privat-Clubs strenge Vorschriften auferlegt. Sie müssen
konsequent durchsetzen, dass nur Mitglieder Zutritt erhalten und dass
kein Personal eingesetzt wird, wie es bei der Volkswirtschaftsdirektion
heisst.
Personal nicht erlaubt
Restriktiver sind die Kantone Waadt, Freiburg und Bern.
Hier gibt es keinen Unterschied zwischen privaten und öffentlichen
Lokalen. Wo Getränk ausgeschenkt wird, ist das Rauchen verboten.
Die Lungenliga Schweiz, die sich für Rauchverbote engagiert, wehrt
den Vorwurf ab, dass sie auch in privaten Clubs das Rauchen verbieten
will. Sie fordert aber, dass kein Servicepersonal angestellt werden
darf. (sda)
--
Fumoir auf Rädern
Das Rauchverbot regt Phantasie und Kreativität der
helvetischen Restaurantbetreiber und Barbesitzer an. Im "Couronne d'Or"
in Lausanne bieten an die 40 mit "Fumoir" bedruckte Regenschirme
Raucherinnen und Rauchern Schutz vor Regen und Wind. Und wer wirklich
friert, bekommt eine Decke.
Ein "Freiluft-Fumoir" hatte der Wirt des "Caravelle" in
Bösingen FR installiert: Ein Brett am Fenster mit Löchern auf
Kopf- und in Armhöhe erlaubte es den Rauchern, drinnen zu stehen
und draussen zu rauchen. Berner Raucherinnen und Raucher konnten im
Dezember und Januar in Gondeln ihrer Sucht frönen. Die drei
Gondeln vor dem Restaurant "Lötschberg" boten ausserdem Platz
für ein Fondue-Caquelon.
In Biel gibt es das "Fumoir auf Rädern": ein massives
Holzfass, das auf zwei Parkfeldern steht. Darin finden 18 Personen
Platz. (sda)
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20 Minuten 15.3.10
Schon Tausende Basler sind Mitglieder von Raucherclubs
BASEL. Private Clubs sagen dem Rauchverbot den Kampf an:
Ihre Mitgliederzahlen schnellen rasant in die Höhe.
Noch zweieinhalb Wochen, dann hat es sich in allen Basler
Lokalen ausgepafft. Doch rund 60 Baizen, Cafés und Bars umgehen
das Verbot und werden dann zu Raucherclubs.
"Bei uns kommen täglich Anfragen von Lokalen rein",
sagt Lotti Weber, Präsidentin des Vereins Fümoar und Wirtin
des Torstüblis im Kleinbasel. Grosse Namen wie das Restaurant
Eintracht oder die Bar Grenzwert seien auch dabei.
Das Prinzip des Vereins ist simpel: Mit einem Beitrag von
zehn Franken erhalten Raucher einen Mitgliederausweis. Er öffnet
den Mitgliedern Türen zu allen Clubs, die bei Fümoar
mitmachen. "Wir haben auch viele Nichtraucher, die einfach genug von
der Bevormundung haben", so Weber. Mehrere tausend Basler besitzen die
Fümoar-Karte bereits - über die genaue Zahl hat Weber den
Überblick verloren.
Das baselstädtische Rauchverbot erlaubt es
Gastbetrieben, sich in Raucherclubs umzuwandeln. "Es muss aber wirklich
ein Verein sein und darf keinen öffentlichen Charakter haben", so
Regierungsrat Hans-Peter Wessels. Er betrachtet den Fümoar-Boom
gelassen: "Momentan herrscht ein ziemlicher Raucherclub-Hype. Die
Situation wird sich rasch klären, wenn das Verbot in Kraft ist",
sagt er.
Anna Luethi
--
Schon Tausende Basler sind Mitglieder von Raucherclubs
BASEL. Private Clubs sagen dem Rauchverbot den Kampf an.
Ihre Mitgliederzahlen schnellen rasant in die Höhe.
Wenn am 1. Mai das nationale Rauchverbot in
Gastro-Betrieben in Kraft tritt, werden rund 60 Beizen, Cafés
und Bars in Basel zu Raucherclubs.
"Bei uns kommen täglich Anfragen von Lokalen rein",
sagt Lotti Weber, Präsidentin des Vereins Fümoar und Wirtin
des Torstüblis im Kleinbasel. Das Prinzip des Vereins ist simpel:
Mit einem Beitrag von zehn Franken erhalten Raucher einen
Mitgliederausweis. Er öffnet den Mitgliedern die Türen zu
allen Clubs, die bei Fümoar mitmachen. "Wir haben auch viele
Nichtraucher, die einfach genug von der Bevormundung haben", so Weber.
Mehrere tausend Basler besitzen die Fümoar-Karte bereits -
über die genaue Mitgliederzahl hat Weber den Überblick
verloren.
Das baselstädtische Rauchverbot erlaubt es
Gastbetrieben, sich in Raucherclubs umzuwandeln. "Es muss aber wirklich
ein Verein sein und darf keinen öffentlichen Charakter haben", so
Regierungsrat Hans-Peter Wessels.
Kantonal wird der Schutz vor dem Passivrauchen sehr
unterschiedlich gehandhabt. In Uri gibt es seit September 2009
ebenfalls etwa ein halbes Dutzend private Raucherclubs, darunter eine
grosse Disco.
Im Kanton Zürich werden Privatclubs strenge
Vorschriften auferlegt. Sie müssen konsequent durchsetzen, dass
nur Mitglieder Zutritt erhalten und dass kein Personal eingesetzt wird.
Anna Luethi
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RASSISMUS
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NLZ 15.3.10
Stadt Luzern
Rassismus-Vorwürfe gegen Luzerner Clubs
Kleidung sei wichtiger als die Nationalität, sagen
Clubbetreiber in der Stadt Luzern. Abgewiesene Gäste glauben ihnen
nicht. Sie sprechen von Rassismus.
red. Die Vorwürfe sind happig: Weil sie
ursprünglich aus Balkanländern stammten, würde den
Partygästen der Zutritt zu Nachtclubs in der Stadt Luzern
verweigert. "Ich habe es oft schwer, in einen Club zu kommen", sagt ein
junger Mann gegenüber unserer Zeitung. Für den Schweizer mit
kosovarischen Wurzeln ist klar, dass er wegen seiner Herkunft
abgewiesen wird. Die gleiche Beobachtung macht ein Musik-DJ, der
regelmässig in einem Luzerner Lokal hinter dem Plattenteller
steht. Kundschaft aus dem Balkan dürfe in diesen Club nicht mehr
rein, sagt er.
Betrunkene werden abgewiesen
Solche Diskriminierungsvorwürfe lassen die
Clubbesitzer nicht gelten. Nationalitäten würden nicht
ausgeschlossen, lautet der Tenor bei einer Umfrage. Betrunkene und
"offensichtlich aggressive Leute", wie es
Casineum-Geschäftsführer Wolfgang Bliem formuliert,
würden vom Sicherheitsteam abgewiesen. Entscheidender für den
Zutritt seien ein gepflegtes Erscheinungsbild und passende Kleidung.
Seite 19
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Diskriminierung
Securitas verweigert Türsteherdienst
Eine der grössten privaten Sicherheitsfirmen der
Schweiz, die Securitas AG, hat sich bereits vor einiger Zeit aus dem
Türstehergeschäft zurückgezogen. "Es gab Fälle, wo
wir gebeten wurden, gewisse Personen aufgrund ihrer Hautfarbe oder
Herkunft abzuweisen", sagt Firmensprecher Urs Stadler. Solche
Aufträge habe man nicht mehr annehmen wollen, weil sie nicht dem
geltenden Recht (Antirassismus und Diskriminierung) entsprochen
hätten.
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Stadt Luzern
Clubs verwehren Ausländern den Zutritt
Von Daniel Schriber und Barbara Inglin
Partygänger aus dem Balkan haben es schwierig, in
Luzerner Clubs eingelassen zu werden. Die Clubbetreiber kontern die
Vorwürfe.
Vitim K.* hat es schon öfter erlebt. Der junge
Schweizer, der ursprünglich aus dem Kosovo stammt, will mit
Freunden feiern gehen. Doch dann ist für ihn die Party schon an
der Clubtür zu Ende. "Ich habe es oft schwer, in einen Club zu
kommen", sagt Vitim, der sich in einem Mail an unsere Zeitung als
"normal und gut integriert" beschreibt. "Obwohl ich aus dem Kosovo
komme, fühle ich mich mehr als Schweizer." Dennoch ist Vitim
überzeugt, dass er oft nur aufgrund seiner Herkunft abgewiesen
wird. "Das ist Rassismus."
Schlägereien im Lokal
Ein DJ*, der regelmässig in einem Luzerner Lokal
auflegt, berichtet von ähnlichen Problemen. Unlängst hat er
sich mit einem Schreiben an seine Facebook-Fangemeinde gewandt. Dabei
berichtet er von einem Luzerner Club, der erst kürzlich "zu
drastischen Massnahmen greifen musste und keine Kundschaft aus dem
Balkan mehr reinlässt". Nicht betroffen sei einzig die
langjährige Kundschaft. Diese "tragische Entwicklung" sei
nötig geworden, nachdem es in dem besagten Club innert weniger
Wochen zu mehreren Schlägereien kam, in die jeweils Leute aus dem
Balkan involviert waren. "Diese Prügeleien haben das Image des
Clubs stark in Mitleidenschaft gezogen und ihm Umsatzeinbussen von bis
zu 10 000 Franken eingebrockt", so der DJ. Dies habe den Klubbesitzer
derart in Rage versetzt, dass er bis auf weiteres an der Einlasssperre
festhalten werde.
Vom Club, der von den Diskriminierungsvorwürfen
betroffen ist, erhielt unsere Zeitung trotz Anfrage keine
Stellungnahme. Selbst Türsteher, die nicht namentlich genannt
werden wollen, bestätigen indirekt die gegen die Luzerner Clubs
gestreuten Vorwürfe, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen
gleich behandelt werden. "Bei bestimmten Nationalitäten sind wir
schon etwas strenger", sagt ein Luzerner Türsteher, ohne konkreter
zu werden.
Luzerner Clubs wehren sich
Eine Umfrage bei Luzerner Clubchefs hat ergeben, dass sie
sich von Diskriminierung distanzieren. "In unserem Club unterscheiden
wir prinzipiell nicht nach der Zugehörigkeit zu einer
Nationalität", sagt Philipp Waldis, Pächter des Clubs Pravda
beim Hotel Astoria. Wichtig sei vielmehr ein gepflegtes
Erscheinungsbild und ein gutes Auftreten. "Und natürlich haben es
Stammgäste leichter, in den Club zu kommen", so Waldis. Ebenso
werde an der Tür konsequent auf die Mischung zwischen Männern
und Frauen geachtet.
Im Opera am Hallwilerweg und im Casineum an der
Haldenstrasse werden gemäss Eigendeklaration keine
Nationalitäten ausgeschlossen. Dafür werden betrunkene oder
"offensichtlich aggressive Leute" vom Sicherheitsteam abgewiesen,
erklärt Wolfgang Bliem, Geschäftsführer des Grand Casino
Luzern. Ausserdem werde sowohl im Opera als auch im Casineum auf die
Kleidung geachtet. Kommt es zu gewalttätigen Zwischenfällen -
"und das passiert leider ab und zu" (Bliem) - verteilt das Casineum
konsequent unbefristete Hausverbote.
Securitas berichtet von Rassismus
Brisante Aussagen machte hingegen der Generalsekretär
der Securitas AG kürzlich gegenüber "20 Minuten". Die
Securitas AG habe sich mittlerweile fast ganz aus dem
Türstehergeschäft zurückgezogen. Die Firmenleitung
störte sich daran, dass die Aufträge der Clubs offenbar nicht
immer geltendem Recht entsprochen haben - und zwar im Bereich
Diskriminierung und Antirassismus.
"Es gab Fälle, wo wir gebeten wurden, gewisse
Personen aufgrund ihrer Hautfarbe oder der Herkunft abzuweisen", sagt
Securitas-Sprecher Urs Stadler auf Anfrage unserer Zeitung. "Solche
Aufträge können wir nicht annehmen." Die Securitas hat in der
ganzen Schweiz Türsteherdienste wahrgenommen. Ob sie auch in
Luzern Türsteher stellte, weiss Stadler nicht - heute sei dies
aber definitiv nicht mehr der Fall.
Trotz den happigen Vorwürfen der Securitas hat die
Luzerner Polizei keine Kenntnis von Rassendiskriminierungen vor
Luzerner Bars oder Clubs. In den Jahren 2007 und 2008 hat es keine
entsprechenden Anzeigen gegeben, sagt Polizeisprecher Richard Huwiler
auf Anfrage. Die Zahlen von 2009 liegen noch nicht vor.
* Namen der Redaktion bekannt.
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SHUT UP
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Blick am Abend 15.3.10
"Ein Stadion darf so etwas verbieten"
HALTS MAUL
Stadion bannt Träger des "Shut up"-T-Shirts -
Juristen stützen den Entscheid.
daniel.steiner@ringier.ch
Das T-Shirt zeigt die St. Galler Regierungsrätin
Karin Keller-Sutter. Mit zugeklebtem Mund und der Aufschrift "Shut up".
Halts Maul. Den Verantwortlichen in der Rapperswiler Eishockeyarena
geht das zu weit. Sie haben das T-Shirt im Stadionverboten und drohen
den Trägern mit zwei Jahren Stadionverbot. "Das Tragen solcher
Leibchen verstösst gegen das Reglement der Schweizer
Eishockey-Nationalliga und gegen unsere Stadion-Vorschriften", heisst
es beim Verwaltungsrat der Rapperswil-Jona Lakers. Man wolle Sport
betreiben und lehne Fans ab, die Menschen angreifen und beleidigen.
HSG-Professor Thomas Geiser sagt dazu: "Die
Stadionverantwortlichen haben gute Gründe, dieses T-Shirt zu
verbieten, weil es beleidigend und wohl auch
persönlichkeitsverletzend ist." Der Professor für Privat- und
Handelsrecht wirf jedoch eine andere Frage auf. "Man kann jetzt
darüber diskutieren, ob das Verbot geschickt ist.".
Die Vertreter der Fanvereinigung "Szene Rappi" haben am
Samstag gegen diese Zensur demonstriert. "Wir fragen uns, wohin die
steigenden Repressionen führen und was ein Verbot nach dem anderen
bewirken soll." Das Leibchen sei kein persönlicher Angriff gegen
Karin Keller-Sutter, sondern eine Kritik an ihren Plänen, welche
die Fankultur zerstören würde.
Was sagt Karin Keller-Sutter zu den Hass-Shirts? "No
Comment", heisst es in ihrem Departement. Sie wolle sich zu solchen
Dingen nicht äussern.
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"Was sollen diese Verbote bewirken?"
Fackel hat mehr Fans als sie
Die sicherheitspolitische Hardlinerin zieht mit ihrem Kurs
auch im Internet den Zorn auf sich. Am 23. Februar wurde auf Facebook
ein Fackel-Profil eröffnet mit dem Titel "Kann diese Pyrofackel
mehr Fans haben als Karin Keller-Sutter". Heute morgen konnte die
Fackel 1798 Fans für sich verbuchen - die Gruppe "Karin
Keller-Sutter in den Bundesrat" bringt es auf 21 Fans.
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SANDKASTEN
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Blick am Abend 15.3.10
Blattmanns Karte zerpflückt
BEDROHUNG
Experten halten das Szenario der Armee für
völlig unrealistisch.
Sicherheitsexperten zerpflücken die Analyse von
Armeechef André Blattmann gnadenlos. Der frühere
ETH-Professor Kurt Spillmann: "Das ist ein rabenschwarz
überzeichnetes, völligunrealistisches Szenario. Wir haben
doch von unseren Nachbarn militärisch nichts zu befürchten!"
Selbst wenn sich die Lage in Griechenland zuspitze, könne daraus
niemals eine Bedrohung für die Schweiz erwachsen. Eine
Bedrohungskarte sorgt am Wochenende für Wirbel: Selbst in
Ländern wie Deutschland oder Schweden rechnet unsere Armee
offenbar mit Unruhen, welche die Sicherheit der Schweiz gefährden
könnten. Besonders die Situation im krisengebeutelten Griechenland
bereitet Blattmann Bauchweh. Mehr Verständnis für den
Armeechef hat der ehemalige Uni-Professor Albert Stahel. "Es ist seine
Aufgabe, die Lage in Europa zu analysieren." Doch solche
Erwägungen dürften nicht in den Medien landen, betont Stahel.
hhs
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BZ 15.3.10
André Blattmann
Armeechef unter Beschuss
Armeechef André Blattmann erntet heftige Kritik:
Seine Risikoplanung sorgt sogar im Ausland für Irritation.
Vor der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) des
Nationalrats zeigte Armeechef André Blattmann eine Karte, die
folgende EU-Staaten als Risikozonen ausweist: Griechenland, Spanien,
Italien, Frankreich und Portugal. Die Karte sorgte für Furore,
nachdem Blattmann in einem Interview mit dem "Tages-Anzeiger" gesagt
hatte: "Auch grosse Migrationsströme könnten einen Einsatz
nötig machen. Denken Sie nur an die wirtschaftliche Situation in
Griechenland!" Darüber scheint Griechenland alles andere als
erfreut zu sein. "Wir sind überrascht über diese Aussage",
sagte Achilles Paparsenos, Sprecher der griechischen UNO-Mission in
Genf. Auch andere EU-Staaten befänden sich derzeit in einer
schwierigen finanziellen Lage. "Niemand erwartet, dass Bürger
dieser Länder allenfalls in die Schweiz kommen möchten."
Zudem soll die umstrittene Aussage Blattmanns ebenfalls im Parlament
ein Nachspiel haben: Linke Kreise verlangten eine Aussprache an der
nächsten Sitzung der SiK. Zudem werde das Gespräch mit
Armeeminister Ueli Maurer gesucht.
Zusätzlich erntet Armeechef André Blattmann
Kritik aus den eigenen Reihen. Der Grund: Im erwähnten Interview
schlug Blattmann auch einen "Pikett-WK" vor. Soldaten gewisser
Waffengattungen sollen in Zukunft nicht mehr in den WK einrücken,
sondern stattdessen ihrer Arbeit nachgehen und auf Pikett bleiben. Hans
Schatzmann, Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft
(SOG), reagierte darauf scharf. Mit dieser Aussage habe Blattmann "die
allgemeine Wehrpflicht und das Milizsystem unnötig unter Druck
gesetzt", sagte er an der Delegiertenversammlung der SOG vom Samstag,
wie die "SonntagsZeitung" berichtete.
ki
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HOMOHASS
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queer.de 13.3.10
http://www.queer.de/detail.php?article_id=11883
Berliner Rapper: "Projektile für den Gayboy"
Der 26-jährige Kaisa gibt ein unzitierbares Interview und
singt über den bewaffneten Kampf gegen "schwule Missgeburten".
Von Norbert Blech
Das Interview (http://rap.de/features/935/t1)
und das neue Album sind bereits eine Woche alt, aber die Wellen der
Empörung stehen noch aus: Gegenüber dem Online-Magazin
"rap.de" hat der Berliner Rapper Kaisa seinem Hass gegen Schwulen
freien Lauf gelassen. "Wenn ich schwul wäre, würde ich
wahrscheinlich aufwachen und mich ankotzen müssen, weil ich mich
einfach nicht dabei gut fühle", sagt der 27-Jährige an einer
Stelle.
Auf Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit
bezogen meint Kaisa: "Muss ich auch wiederum sagen: Respekt dafür,
wenn jemand sagt: 'Ich bin schwul. Ich steh dazu.' Wenn der dann auch
noch, nicht dieses primitive Schwulsein propagiert, sondern einfach
sagt: Okay ich bin Arzt, der ist Anwalt, die heiraten damit die ihre
ganzen Steuergeschichten und ihre Sachen da machen können..."
Bevor der Gedanke sich zu einer Art von Akzeptanz entwickeln
kann, sagt er allerdings im direkten Anschluss: "Mann ey, Freunde von
meiner Mutter, das ist auch ein schwules Pärchen und die sagen
selber, dass die das überhaupt nicht abkönnen, wenn andere
Schwule so tuntig rumlaufen und Männer sich wie Frauen anziehen.
Weißt Du, was ich meine, das ist kranke Scheiße einfach,
kranke Scheiße, ob du das jetzt aus Spaß machst oder ob
du's machst, weil du einen Fetisch hast."
Werteverfall als Grund für Homosexualität
Kaisa, der an anderer Stelle Eva Herman lobt, kritisiert einen
Werteverfall in der Gesellschaft, der auch zu Homosexualität
führe: "Ich glaub, das hat mit dem ganzen Wandel der Welt zu tun.
Es ist die komplette Kommerzialisierung, das ständige: 'Ja, es ist
alles normal'." Schwule würden "da draußen mittlerweile
richtig gepusht", es gebe "schon richtige Schwulenghettos zum Beispiel
in Schöneberg", die, wenn man das Interview richtig versteht,
Homophobie begründen: "Wenn das so ist, dann kann ich das auch auf
meine Art und Weise machen und Sachen machen, die ihr jetzt vielleicht
eklig findet. So wie ich, wenn ich da jeden Tag vorbei fahre und die
ganzen Schwulen da sehe, die sich da Massenweise in ihren Lederhosen
die Ärsche lecken."
In dem Interview, das aufgrund von Sprüngen in Gedanken und
Satzbau kaum zitierbar ist und weitere Passagen zum Thema
Homosexualität enthält, bezeichnet Kaiser ansonsten Juden
noch als Rasse, vergleicht den Holocaust mit der Sklaventreiberei und
bezweifelt die Anzahl der ermordeten Juden. Und man weiß gar
nicht, was man noch alles erwähnen soll.
"Ne Kugel in Dein Face, Boy"
Kaisa, auch Kaisaschnitt, ist bereits seit acht Jahren aktiv und
hat mehrere Alben veröffentlicht, ohne bisher der Schwulenbewegung
groß aufgefallen zu sein. Dabei hat er von Anfang an auf
Homophobie gesetzt mit Lyrics wie "Komm du Schwanzlutscher, bell wie
ein Hundesohn / Schmink dir weiter das Gesicht und lauf wie eine Tunte
rum".
Zumeist sind "Kollegen" gemeint, und nicht Schwule, doch die
Grenzen sind fließend: "Wer will ein schwulen Sohn in seiner
Company / Er kommt vom andern Ufer wie man auf dem Koffer sieht". In
dem kürzlich kostenlos auf Myspace veröffentlichten Song
"Ladyboykilla" (!) heißt es "Ladyboy, zeig uns Deine Fotze, Du
Sau / Du schwule Missgeburt (...)"
Doch wie das Interview richten sich mittlerweile einige Lyrics
direkt gegen Schwule: Anfang März erschien das Album "K.M.K.". In
einem Song werden Menschen und Dinge aufgezählt und als Hurensohn
bezeichnet, darunter auch Gayboys und CSDs, aber auch NPD und Adolf
Hitler (Eva Herman wird hingegen ausdrücklich gelobt und Jörg
Tauss als Kinderficker bezeichnet). Refrain des Lieds: "Alles ist so
Hurensohn / Ja du bist ein Schwulensohn / Dein Vater fickt nen anderen
Mann / so wie Wowereit, ja Du tust mir leid." Das Lied lässt sich
so interpretieren, dass es in einem Amoklauf endet.
Vor allem in dem "K.M.K."-Song "Endlich Klartext" steht Kaisa
jamaikanischen Hass-Sängern in nichts nach: "Ne Kugel in Dein
Face, Boy / Neun-Millimeter-Projektile für den Gayboy / und wenn
der Sack hat zu viel gelutscht / er muss kotzen, immer wieder, wenn er
in den Spiegel guckt". Feinde hätten nicht viel zu lachen: "Keine
Chance / so wie im KZ / die neue Weltordnung / alles klingt perfekt".
Die Alben von Kaisa sind unter anderem bei Amazon
erhältlich, indiziert wurde bisher nur eins aus dem Jahr 2003. Die
zitierten Passagen finden sich in Songs von anderen Alben, sie sind
auch größtenteils bei Youtube verfügbar (Queer.de hat
nur in einige Lieder reingehört). "K.M.K." ist bei Soulfood Music,
einem Label aus Hamburg, erschienen.
Nachtrag, 14.3., 10h: Da er in den Lyrics eine Aufforderung zum
Mord sieht, hat der Grünenpolitiker Volker Beck noch am Samstag
Strafanzeige gegen den Sänger gestellt. "Das kann man weder bei
deutschen Rappern noch bei jamaikanischen Dancehall-Sängern
durchgehen lassen," sagte er. "Wir gehen davon aus, dass
Bundesministerin Köhler darüber hinaus einen Antrag auf
Indizierung einzelner Liedtexte wegen Aufruf zum Mord und Leugnung des
Holocaust stellen wird. Ich werde sie hierzu in der kommenden Woche
brieflich auffordern."
--
Kaisa - Endlich Klartext. Die zitierte Passage findet sich ab
1:18.
http://www.youtube.com/watch?v=_0vUiDB7dPI
Homepage von Kaisa
http://www.kaisa030.de
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LIBANON
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Indymedia 15.3.10
Libanon: Checkpoints und mehr (Film) ::
AutorIn : a-films: http://a-films.blogspot.com
Film Still aus "Nahr al-Bared: Checkpoints und mehr" Das
Flüchtlingslager Nahr al-Bared hat sich bis heute nicht vom
verheerenden Krieg 2007 erholt.
Die libanesische Armee hält das Camp und die 20.000
zurückgekehrten PalästinenserInnen nach wie vor fest im
Griff. Die militärische Belagerung behindert den wirtschaftlichen
Wiederaufbau Nahr al-Bareds stark, da der Zugang enorm restriktiv ist
und das Gebiet zur Militärzone erklärt wurde. Nach einer
kürzlich erschienenen Studie werden die Präsenz und
Maßnahmen der Armee von 98 Prozent der palästinensischen
GeschäftsbesitzerInnen als Problem bezeichnet. Das Militär
begründet seine Präsenz derweil mit der Garantie der
Sicherheit der Flüchtlinge.
Ein 30-minütiger Film dokumentiert nun die Konsequenzen der
Belagerung Nahr al-Bareds. HändlerInnen und Handwerker
erklären ihre spezifischen Probleme und der zuständige
UNRWA-Projektmanager, eine Projektkoordinatorin der
Palästinensisch-Arabischen Frauenliga, der Präsident des
lokalen Händlerkomitees und ein Wissenschaftler schildern ihre
Perspektiven und Gedanken zum Thema.
Der Kurzfilm kann hier angeschaut und/oder heruntergeladen
werden:
http://a-films.blogspot.com/2010/03/10mar15de.html#1
Das autonome Medienkollektiv 'a-films' dokumentiert seit
zweieinhalb Jahren die Nachkriegs-Entwicklungen in Nahr al-Bared. Die
Gruppe hat zahlreiche Reportagen publiziert und etwa ein Dutzend
Kurzfilme produziert und veröffentlicht:
http://a-films.blogspot.com