MEDIENSPIEGEL 28.3.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Schützenmatte: Antrag Staatsanwaltschaft
- Club-Leben Bern: Schüsse beim ISC
- Club-Leben Thun: ein Monat nach der Mokka-Schlägerei
- Big Brother Video: Nause + die Kameras
- Sexwork: Rathausgasse
- Drogenszene Thun: Bilanz Heroinabgabe
- Comeback Heroin
- Squat LU: Geissmätteli besetzt
- Sempach: Maurer feat. Neonazis
- Antisemitismus: Zunahme Übergriffe
- Nothilfe: Migros-Gutscheine im Soli-Verkauf
- Ausschaffungs-Tod: Identität ungeklärt; Demo in Bern
- Homohass: Uganda ganz rechts
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REITSCHULE
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Di 30.03.10
20.00 Uhr - Kino - The Mountain meets its Schadow (Im
Schatten des
Tafelberges), Alexander Kleider und Daniela Michel in Kooperation mit
Romin Khan Kapstadt, Südafrika, D 2009. Anschliessend
Gespräch mit den zwei Aktivisten der Anti Eviction Campaign aus
Kapstadt, sowie den Filmemachern.
20.30 Uhr - Tojo - "Lustiger Dienstag 46" mehr als
Variété!
Mi 31.03.10
19.00 Uhr - SousLePont - Luzerner Spezialitäten
22.00 Uhr - SousLePont - Offene Bühne #121
Do 01.04.10
22.00 Uhr - Dachstock - Wild Wild East: Gypsy.cz (CZ) .
Style: Gypsy
Hiphop, Balkan Beats
Fr 02.04.10
23.00 Uhr - Dachstock - Diskoquake: Headman
(Relish/Gomma/D) & Acid
Washed (Record Makers/F), Support: Radiorifle (so). Style: Electro,
Techno, Disko
Sa 03.04.10
23.00 Uhr - Dachstock - Dangerdubz. Style: Dubstep
Infos: http://www.reitschule.ch
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SCHÜTZENMATTE
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BZ 27.3.10
Tod vor der Reitschule
"Bei jungen Tätern ein deutliches Zeichen setzen"
Freiheitsstrafen zwischen 5 und 8 Jahren beantragt der
Staatsanwalt für die Männer, die 2008 vor der Reitschule
einen Drogensüchtigen totprügelten. Das sei mit Vorsatz
geschehen. Die Verteidigung geht von Fahrlässigkeit aus.
"Diese Tat wird mich ein Leben lang begleiten. Ich wollte nicht,
dass so etwas passiert." Der 21-jährige Mann, der diese Sätze
gestern zum Abschluss der Verhandlungen vor dem Kreisgericht
Bern-Laupen sagte, ist einer von drei Angeschuldigten. Und er muss von
den dreien wohl mit der höchsten Strafe rechnen. 8 Jahre
Freiheitsstrafe beantragte Staatsanwalt Klaus Feller für ihn. Der
21-jährige Kosovare sei schuldig zu sprechen wegen
eventual-vorsätzlicher Tötung. Eine Freiheitsstrafe von 6,5
Jahren solle der zweite Haupttäter bekommen, mindestens 5 Jahre
der dritte der Gruppe. Ihm wird Gehilfenschaft vorgeworfen.
Sühne und Resozialisierung
"Gerade bei jungen Tätern muss in der Strafzumessung ein
deutliches Zeichen gesetzt werden", betonte der Staatsanwalt. Dabei
dürfe es aber nicht allein um Sühne gehen, "sondern auch
darum, dass eine solche Tat nicht wieder passiert". Aus diesem Grund
sollen aus seiner Sicht zwei der drei Täter ihre Strafe als
Massnahme verbüssen. Das heisst, dass sie in eine spezielle
Einrichtung für junge Erwachsene eingewiesen würden, wo sie
eine Therapie machen müssten und die Möglichkeit hätten,
eine Berufslehre zu machen.
Opfer "sinnloser Gewalt"
Der Vater des Opfers hörte den Plädoyers des
Staatsanwalts und der Verteidiger zu. Für ihn muss die Diskussion
über die Zukunft der Täter schwierig zu ertragen sein. Er
verlor am 6. September 2008 seinen Sohn M*. Der 36-jährige
Drogenabhängige starb im Spital an den Folgen der schweren inneren
Verletzungen, welche ihm zwei der drei Angeschuldigten eine Woche
vorher zugefügt hatten. "Es ist das zweite Familienmitglied, das
mein Mandant auf Grund von sinnloser Gewalt verliert", sagte sein
Anwalt. M.s Vater, der im Verfahren als Privatkläger auftritt,
musste 1999 seine Frau beerdigen. Sie war von einem Raser totgefahren
worden.
Für den Anwalt des Privatklägers sind die vom
Staatsanwalt beantragten Strafen "an der untersten Grenze". Er verlangt
für seinen Mandanten zudem eine Genugtuung von rund 32000 Franken,
welche die beiden Hauptangeschuldigten zu zahlen bereit sind.
Urteil nächsten Mittwoch
Das Kreisgericht wird sein Urteil am kommenden Mittwoch bekannt
geben. Es wird dabei vor allem zu klären haben, ob die Tötung
von M. mit Vorsatz geschah, wie dies der Staatsanwalt sagt, oder auf
Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Von Letzterem gehen
die Verteidiger aus.
"Mein Mandant wollte den Tod von M. nicht", sagte der Verteidiger
des 21-jährigen Kosovaren. Dieser hatte bei M. auf dem Vorplatz
der Reitschule für 20 Franken Heroin gekauft. Weil dieses nicht
den Vorstellungen der drei entsprach, suchte der Käufer den Dealer
erneut auf. Er habe dies mit der Absicht getan, sein Geld
zurückzuerhalten oder besseren Stoff zu bekommen, sagt sein
Verteidiger.
Der Staatsanwalt sieht das anders: "Da ging es nicht nur um die
20 Franken, es ging ums Prinzip." Das Trio habe den Dealer
"verbrätschen" wollen, wie einer in der Voruntersuchung ausgesagt
hatte. Zeugen bestätigen, dass die beiden Schläger noch auf
M. einprügelten, als dieser wehrlos am Boden lag. "Mein Mandant
konnte nicht wissen, dass solche Schläge das Risiko einer
tödlichen Verletzung bergen", sagte der Verteidiger des zweiten
Schlägers. Unbestritten ist, dass der dritte nicht zuschlug. Da er
aber wie der mutmassliche Haupttäter wegen diverser brutaler
Raubüberfälle vorbestraft ist, dürfte sich das in der
Strafzumessung auswirken.
Mirjam Messerli
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CLUB-LEBEN BERN
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police.be.ch 28.3.10
Medienmitteilung vom 28. März 2010
Bern / Zeugenaufruf
Schussabgabe vor einem Berner Nachtlokal
pkb. In der Nacht auf Samstag gab ein unbekannter Mann vor einem
Nachtlokal an der Berner Neubrückstrasse mehrere Schüsse in
Richtung eines benachbarten Gebäudes ab. Verletzt wurde niemand.
Die Kantonspolizei Bern sucht Zeugen.
Am Samstagvormittag, 27. März 2010, ging bei der Kantonspolizei
Bern eine Meldung ein, wonach in der Nacht auf Samstag ein unbekannter
Mann vor dem ISC-Club an der Neubrückstrasse 10 mehrere
Schüsse aus einer Faustfeuerwaffe abgegeben habe. Den
polizeilichen Ermittlungen zufolge hatte sich der Vorfall bereits um
ca. 0320 Uhr zugetragen. Zu diesem Zeitpunkt wollten drei junge
Männer das Nachtlokal betreten, wurden jedoch vom Türsteher
wegen der bevorstehenden Schliessung abgewiesen. Beim Weggehen gab
einer der drei Unbekannten mehrere Schüsse aus einer
Faustfeuerwaffe in Richtung eines benachbarten Gebäudes ab.
Verletzt wurde niemand.
Laut Zeugenaussagen waren die drei jungen Männer im Hip-Hop-Stil
gekleidet. Beim Schützen handelt es sich um einen 18-20 Jahre
alten, höchstens 170 cm grossen Mann mit kindlichem Gesicht. Zur
Tatzeit trug er ein Baseball-Cap. Er spricht Berndeutsch.
In diesem Zusammenhang sucht die Kantonspolizei Bern Zeugen. Personen,
die sachdienliche Angaben machen können, werden gebeten, sich
unter der Telefonnummer 031 634 41 11 bei der Polizei zu melden. Dies
gilt insbesondere für die drei Männer, die um ca. 0320 Uhr
den ISC-Club betreten wollten.
Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland
(bwb)
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CLUBLEBEN THUN
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Thuner Tagblatt 27.3.10
Einen Monat nach der Schlägerei im "Mokka" in Thun
Opfer liegt immer noch im Spital
Einen Monat nach der Schlägerei im "Mokka": Bleibt das verletzte
Opfer behindert? Vier Männer sind noch in U-Haft.
Seit der Schlägerei im "Mokka" ist ein Monat vergangen. Zwar ist
im Tanzraum das Blut entfernt, und die Wände sind gestrichen, doch
Mesfen Semer Hagos liegt immer noch im Spital; mit einer Hirnverletzung
und ohne Prognose, ob und wie stark er behindert bleiben wird. Ein
"Mokka"-Fanclub hat dem Opfer 700 Franken gespendet. Pädu Anliker
verdoppelt den Betrag.
Die Ermittlungen dauern an, die vier Haupttäter sind noch in
U-Haft. Nächste Woche laden die Stadtbehörden zu einer
Sitzung, in welcher allfällige Massnahmen diskutiert werden. sft
Seite 27
--
Einen Monat nach der brutalen Schlägerei im Cafe Mokka in Thun
Bleibt das Opfer behindert?
Heute vor vier Wochen geschah die brutale Schlägerei im
"Mokka". Noch immer liegt das schwer verletzte Opfer im Spital und die
vier Hauptschläger sind in U-Haft. Eine Zeugin erzählt heute,
wie sie es damals erlebt hat.
Mesfen Semer Hagos liegt im Spitalbett in Thun. Die rechte Hand
liegt auf einem Kissen. Er bewegt sie nicht. Sie ist noch gelähmt.
Wie zum Teil auch seine übrige rechte Körperhälfte. Der
28-Jährige lacht. Er strahlt über das ganze Gesicht. Ibrahim
Ahmed Hassan ist gekommen und greift seine rechte Hand. Mesfen Semer
Hagos drückt sie und lächelt. Er trägt einen Helm. Zu
seinem Schutz. Auf der linken Seite wurde nach der Hirnoperation
vorübergehend ein Teil des Schädelknochens entfernt.
"Wie geht es dir?", fragt ihn Ibrahim Ahmed Hassan und
erklärt dabei: "Manchmal sagt Mesfen ein Wort in Englisch oder
Arabisch, dann eines in Tigrinisch und danach eines in Amharisch."
Einmal antworte er, dann wieder nicht und meistens lache er. "Doch es
gibt Augenblicke, in denen denke ich, dass er ein wenig mehr als am
Vortag versteht und womöglich sogar etwas von seinem
gesundheitlichen Zustand realisiert."
Unterschriften gesammelt
Mesfen Semer Hagos aus Heimberg, dessen Vater aus Eritrea und
dessen Mutter aus Äthiopien stammt, ist das schwer verletzte Opfer
der blutigen Schlägerei im "Mokka" von vor einem Monat. Der
30-jährige Sudanese Ibrahim Ahmed Hassan besucht ihn täglich
und versucht, sich um dessen Angelegenheiten zu kümmern. Er kauft
ihm Unterhosen, telefoniert mit den Sozialdiensten, der
Asylkoordination. Er führt Gespräche mit dem Anwalt, dem
Untersuchungsrichter und setzt sich ein, dass sich die Opferhilfe
einschaltet. Bis vor kurzem hat Ibrahim Ahmed Hassan bei Freunden und
Bekannten Unterschriften gesammelt. Er suchte Unterstützung
für sein Anliegen, eine Vollmacht zu erhalten.
"Mesfen hat hier keine Familie und kann auf Grund der
Hirnverletzung noch keine Entscheide treffen", sagt Ibrahim Ahmed
Hassan, der im "Alpenrösli" arbeitet - ebenso in der Nacht, als
die Schlägerei nebenan im "Mokka" stattfand. "Ich habe erst
realisiert, dass etwas passiert ist, als es draussen laut wurde und ich
Dutzende von Polizisten und Ambulanzfahrzeuge sah." Er sei
hinausgerannt. "Ich kenne die vier Afrikaner, die angegriffen wurden",
sagt er. Sie hätten die Schläger nicht gekannt. "Zum
Glück sind die anderen drei Opfer nicht schwer verletzt."
Eine Informationssperre
Während die Polizei und der Untersuchungsrichter immer noch
Befragungen durchführen und die vier Hauptschläger in U-Haft
sitzen, ist offen, wie die Zukunft von Mesfen Semer Hagos aussieht. Ob
er je wieder gesund wird und welcher Grad an Behinderung durch die
Hirnverletzung zurückbleiben wird, ist ungewiss. "Leider
können wir zu seinem Gesundheitszustand nichts Genaues sagen und
dürfen uns wegen der Informationssperre auch nicht zum Fall
äussern", erklärt Spitaldirektor Christian Pfammatter.
Auch der durch die Vormundschaftsbehörde soeben
eingeschaltete Anwalt Peter Huber konnte sich noch nicht über alle
Details in Kenntnis setzen. "Es ist ein tragischer Fall, der viele
Menschen beschäftigt", sagt er und erlaubt deshalb, das Foto von
den beiden Freunden im Spital in der Zeitung zu zeigen. Die Anteilnahme
am Schicksal von Mesfen Semer Hagos ist tatsächlich gross - zum
Beispiel auch bei einer Zeugin, die die Schlägerei miterlebt hat.
"Ich bin froh, dass er nun wenigstens aus dem Koma erwacht ist", sagt
Sonja* (vgl. auch Interview rechts).
Bald nach Basel verlegt?
Ibrahim Ahmed Hassan lässt die Hand seines Freundes los und
verabschiedet sich von ihm. Vorgesehen ist, dass Mesfen Semer Hagos
nach Basel in eine neurologische Spezialklinik verlegt wird. "Er ist
dann dort ganz alleine ohne Freunde", sagt der Sudanese und macht sich
Sorgen. "Heute besuchen ihn nebst mir auch einige Freunde und stehen
ihm bei. Doch ich weiss nicht, ob wir ihn dort weiterhin so oft
besuchen können."
Franziska Streun
* Name geändert
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Augenzeugin
"Ich war geschockt"
Sonja* hat die Schlägerei miterlebt und kennt das Opfer. Die
Erinnerungen sind auch einen Monat danach noch intensiv.
Gehen Sie trotz der blutigen Schlägerei wieder ins "Mokka"?
Sonja*: Meine Freundinnen und ich sind gerade wegen dieses
Vorfalles gleich wieder an den Ort des Geschehens gegangen.
Was haben Sie von der Tat mitbekommen?
Es befanden sich viele Leute im Untergeschoss. Die meisten, so
auch wir und die vier später angegriffenen Afrikaner, waren am
Tanzen. Auf einmal realisierte ich, dass etwas los war und die Menge
zum Ausgang drängte.
Als die Schlägerei begann?
Wegen der vielen Leute sah ich zunächst nichts. Alles lief
extrem schnell ab und dauerte nur ein paar Minuten. Auf einmal flogen
Scherben durch die Luft und lagen am Boden, die Musik wurde abgestellt,
Leute schrien, und ich sah Blut an ihnen, am Boden und an den
Wänden.
Sahen Sie dann, was ablief?
Als sich nicht mehr viele Menschen im Raum befanden, sah ich
einen der Schläger, ging auf ihn zu und hielt ihn fest. Als er mir
sagte, er sei nun ruhig und werde aufhören, liess ich ihn los.
Hatten Sie keine Angst?
Nein, in diesem Moment handelte ich im Affekt und konzentrierte
mich auf diesen Typen. Ich sah jedoch nicht, dass er eine Flasche in
der Hand hatte.
Sahen Sie Verletzte? Erkannten Sie das schwer verletzte Opfer?
Ja, es waren mehrere Menschen verletzt und hatten Blut an ihren
Kleidern. Mesfen sass auf einer Musikbox in der Ecke und schien
erschöpft zu sein.
War er noch bei Bewusstsein?
Ja. Doch als der Typ ihn sah, rannte dieser auf Mesfen los und
schlug mit der Flasche auf seinen Kopf, bis wir ihn stoppen konnten.
Traf mittlerweile die Polizei noch nicht ein?
Doch, gerade in diesem Moment. Sie schnappten den Schläger,
und wir redeten zu Mesfen, der voller Blut war und in diesem Augenblick
ohnmächtig auf den Boden fiel. Ein ebenfalls am Kopf verletzter
Kollege von ihm war völlig durcheinander, weil er dachte, Mesfen
sei tot.
Und wie ist es Ihnen danach ergangen?
Es war ein Schock. Am Montag darauf war es nicht einfach, mich im
Alltag zurechtzufinden. Mittlerweile wandelte sich der Schock in einen
Frust über die Tatsache, dass so etwas überhaupt passieren
kann. Mich beschäftigt und bewegt nun vor allem auch Mesfens
Schicksal und Gesundheitszustand.
Kannten Sie die Schläger?
Nein. Es waren vielleicht acht bis zehn Männer. Ob sie alle
aus dem Balkan kamen, kann ich nicht sagen. Derjenige, den ich hielt,
war vielleicht dreissig Jahre alt und sprach Berndeutsch.
Interview: Franziska Streun
* Name geändert
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Solidarität zum Mokka
Über 1500 Franken gespendet
Solidarität mit dem "Mokka": Der Fanclub zählt 700
Leute, sie spendeten je 1 Franken für das Opfer. Pädu Anliker
erhöht die Spende.
"Besucht die Konzerte, konsumiert und benehmt euch wie Menschen,
um ein Zeichen zu setzten!"; "Wenn wieder alle ins ‹Mokka› gehen, dann
sieht es wieder viel besser aus."; "Wir lassen uns nicht von ein paar
hirnlosen Idioten das tägliche Leben diktieren!"; "Die
‹Mokka›-Jugend, zirka 1991 bis 1996, das waren noch schöne
Zeiten."; "Es wird Zeit für frischen Wind im ‹Mokka›!": Diese und
viele andere Einträge, sowohl wohlwollende wie auch kritische,
sind auf der "Mokka"-Facebook-Website zu lesen.
Die Solidarität mit dem Café Mokka in Zeiten des
Gästemangels und der Gewalt scheint gross zu sein. Auf Facebook
sind knapp 800 Personen registriert. Auch sind Fotos des schwer
verletzten Opfers Mesfen Semer Hagos aufgeschaltet, welche Ibrahim
Ahmed Hassan aufgenommen hat (vgl. Haupttext).
700 Franken gespendet
Einer, der sich besonders fürs "Mokka" und dessen Zukunft
einsetzt, ist Christoph Stauffer aus Uebeschi. Der 42-Jährige hat
in seiner Jugend viel Zeit im "Mokka" verbracht und dort vor zwölf
Jahren seine grosse Liebe, seine heutige Frau, kennen gelernt. Nun hat
der Familienvater auf der "Mokka"-Facebook-Website eine
Sympathie-Mitgliedschaft ins Leben gerufen. "Die Idee ist, wieder mehr
Leute ins ‹Mokka› zu bringen oder gar eigene Anlässe dort zu
veranstalten", erklärt er. Heute seien schon über 700
Mitglieder dabei. Auf Anregung von Pädu Anliker hat er nun deren
symbolischen Mitgliederbeitrag von einem Franken dem schwer verletzten
Opfer gespendet.
Christoph Stauffer hat Pädu Anliker die 700 Franken
überreicht. "Ich verdopple diesen Betrag und gebe ihn zusammen mit
dem von vielen anderen Menschen gespendete Geld den Freunden von
Mesfen", sagt Anliker. "Die brutale Schlägerei hat bei uns Trauer,
Wut und zugleich viel Arbeit und Betroffenheit ausgelöst, doch
dies ist nichts im Vergleich zu seinem Schicksal."
sft
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Weitere Reaktionen
Braucht es einen Sicherheitsdienst im "Mokka"?
Die brutale Schlägerei hat einerseits eine grosse
Solidarität mit dem Café Mokka und auch dem schwer
verletzten Opfer zur Folge (vgl. Hauptartikel), andererseits ernteten
Pädu Anlikers Äusserungen zu den "serbischen Faschos" und zum
"Alpenrösli"-Wirt auch Kritik. Das Geschehene wirft zudem viele
Fragen auf, wie etwa zu den Themen Sicherheit und Zukunft des
Betriebes. Nächste Woche findet zur Schlägerei im "Mokka"
eine Sitzung statt, zu welcher die zuständige Gemeinderätin
Ursula Haller (BDP) geladen hat.
"Wir werden alle Fragen diskutieren, die im Raum stehen", sagt
sie. Dabei würden die Zukunft des Betriebes und die Sicherheit
einige der vielen Themen sein. "Wie diese und andere Fragen jedoch
beantwortet und mit welchen Mitteln allfällige Massnahmen bezahlt
werden, ist noch offen."
Für den "Mokka"-Betreiber Pädu Anliker hat sich die
Situation einen Monat nach der Schlägerei wieder einigermassen
beruhigt. Das Blut im Tanzraum ist entfernt, die Wände sind neu
gestrichen. "Es waren happige vier Wochen, die uns belastet und auch
blockiert haben. Doch das alles ist natürlich im Verhältnis
zum Schicksal des Schwerverletzten nicht von Bedeutung", blickt er
zurück. Vorläufig als einzige Massnahme hat Anliker
verfügt, dass die Kasse bis zur Schliessung geöffnet bleibt.
"So kommt niemand ungesehen ins ‹Mokka› hinein." Von einem
Sicherheitsdienst hält Anliker nicht viel. "Das löst das
Problem mit Schlägern nicht."
Der "Mokka"-Betreiber hofft auf eine andere Lösung, wegen
der wirtschaftlich schwierigen Zeit und wegen der stets zunehmenden
Gewalt: "Der beste Sicherheitsdienst sind ‹normale› und viele
Besucherinnen und Besucher." Deshalb freut er sich auch über das
Engagement von Christoph Stauffer, der einerseits einen Fanclub
aufgebaut hat und nun auch Geld für den Schwerverletzten gespendet
hat (vgl.Artikel unten).
Betroffen über das Geschehene sind viele, auch der Thuner
Unternehmer und SVP-Grossrat Carlo Kilchherr. Einer seiner Angestellten
ist der Haupttäter, der 32-jährige Familienvater, der mit
Frau und Tochter in Thun lebt. Dieser hat dem schwer verletzten Opfer
die Wunden am Kopf zugefügt und befindet sich wie drei weitere
Hauptschläger in U-Haft. "Wir sind alle enttäuscht", sagt
Kilchherr. Andrej* (*Name geändert), der aus Mazedonien komme und
perfekt Berndeutsch spreche, arbeite seit 2,5 Jahren bei ihm als
Gipser. "Nachdem er schon einige Male aufgefallen ist, haben wir
eigentlich alle geglaubt, dass er aus den Erfahrungen gelernt hat und
keine Schwierigkeiten mehr machen wird."
sft
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BZ 27.3.10
Wie weiter?
Security kommt nicht in Frage
Der Vorfall in Thun wirft viele Fragen auf, wie etwa zu den
Themen Sicherheit und Zukunft des Betriebes. Nächste Woche findet
zur Schlägerei im "Mokka" eine Sitzung statt, zu welcher die
zuständige Gemeinderätin Ursula Haller (BDP) geladen hat.
Für den "Mokka"-Betreiber Pädu Anliker hat sich die Situation
einen Monat nach der Schlägerei wieder einigermassen beruhigt. "Es
waren happige vier Wochen, die uns belastet und auch blockiert haben.
Doch das alles ist natürlich im Verhältnis zum Schicksal des
Schwerverletzten nicht von Bedeutung", blickt er zurück.
Vorläufig als einzige Massnahme hat Anliker verfügt, dass die
Kasse bis zur Schliessung geöffnet bleibt. "So kommt niemand
ungesehen ins ‹Mokka› hinein." Von einem Sicherheitsdienst hält
Anliker nicht viel. "Das löst das Problem mit Schlägern
nicht." Der "Mokka"-Betreiber hofft auf eine andere Lösung, wegen
der wirtschaftlich schwierigen Zeit und wegen der stets zunehmenden
Gewalt: "Der beste Sicherheitsdienst sind ‹normale› und viele Besucher."
sft
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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 27.3.10
Berner Stadtrat macht ersten Schritt hin zu Videoüberwachung
Am späten Donnerstagabend hat der Berner Stadtrat einen
Vorstoss überwiesen, mit welchem der Gemeinderat aufgefordert
wird, die Grundlagen für Videoüberwachung im
öffentlichen Raum auszuarbeiten. Der Entscheid fiel mit 40 Ja-
gegenüber 24 Nein-Stimmen deutlich aus. Ausschlaggebend war das
Einlenken der GFL/EVP-Fraktion. Sie stimmte dem Vorstoss nur deshalb
zu, weil er in ein unverbindliches Postulat umgewandelt wurde.
Sicherheitsdirektor Reto Nause kündigte trotz der Postulatform an,
dem Parlament so bald wie möglich einen konkreten
Reglementsentwurf zu unterbreiten. Das rasche Vorgehen begründete
er mit "erheblichem Zeitdruck". Bislang sei der Gemeinderat "zum
Nichtstun verdammt" gewesen. (bro) - Kommentar rechts, Seite 29
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Stadtrat gibt Startschuss für Videoüberwachung
Kehrtwende in der Stadt Bern - Grundlagen für Kamera-Einsatz
gefordert.
Christian Brönnimann
Dem Berner Gemeinderat sind in Sachen Videokameras im
öffentlichen Raum nicht mehr länger die Hände gebunden
(siehe Text unten). Ausschlaggebend für das stadträtliche Ja
am späten Donnerstagabend war die GFL/EVP-Fraktion. Noch vor knapp
einem Jahr hatte sie gegen einen ähnlichen Vorstoss in Motionsform
votiert. "Wir hätten einer verbindlichen Motion auch an diesem
Donnerstag nicht zugestimmt", sagt GFL/EVP-Fraktionssprecher Peter
Künzler dazu. Der Gemeinderat solle nun erst einmal einen Bericht
erstellen mit den Leitplanken für allfällige
Videoüberwachung.
Entscheidend für die Haltung seiner Fraktion sei, wo die
Grenzen der Überwachung angesetzt würden, sagt Künzler
und führt aus: "Es darf nicht sein, dass Leute im
öffentlichen Raum beliebig und ohne Anlass beobachtet werden
können." Als Anlass reiche für ihn eine Häufung von
Delikten an einem Ort nicht aus. Das heisst: Kameras an Hotspots wie
der Aarbergergasse oder der Grossen Schanze, die an Wochenenden nachts
grundsätzlich eingeschaltet sind, kommen für Künzler
nicht infrage. "Die Kameras dürften erst eingeschaltet werden, um
einen Polizeieinsatz vorzubereiten, um einen ganz spezifischen Anlass
zu überwachen oder wenn ein Notruf eingeht", erklärt er.
Gemeinderat prescht vor
Gemeinderat Reto Nause (cvp) spricht von einem "Entscheid mit
Signalwirkung". Nun sei der Startschuss gefallen, um ein Reglement zur
Videoüberwachung in der Stadt Bern auszuarbeiten. Damit geht die
Regierung weiter, als es der Parlamentsauftrag vorsieht. Ein Postulat
verlangt nur nach einem Bericht, nicht aber nach einem Reglement. "Der
Effekt des Postulats ist in diesem Fall eigentlich derselbe wie der
einer Motion", sagt Nause dazu.
Hat sich die GFL/EVP-Fraktion also verspekuliert? "Nein,
überhaupt nicht", sagt Peter Künzler. "Das Vorgehen des
Gemeinderates ist zwar aussergewöhnlich, liegt aber ganz in seinem
Ermessen." Seine Fraktion behalte sich aber vor, mitzuhelfen, das
Geschäft "bereits in der Eintrittsdebatte zu versenken", je
nachdem wie der Reglementsentwurf aussehen werde, sagt Künzler.
Das rasche Vorgehen begründet Sicherheitsdirektor Nause mit
dem "erheblichen Zeitdruck". Bisher sei der Gemeinderat wegen der
abgelehnten Motion vor Jahresfrist "zum Nichtstun verdammt" gewesen.
Für ihn am vordringlichsten sei die Überwachung des
"Fan-Walks" zwischen Stade de Suisse und Wankdorfbahnhof, so Nause.
Auch Echtzeitüberwachung solle möglich sein.
Im Reglement wird es primär darum gehen,
Zuständigkeiten und Verfahrensabläufe zu klären. Die
Vorgaben, wo und wie Videoüberwachung grundsätzlich
möglich ist, stammen vom Kanton. Gemäss Artikel 51a des
Polizeigesetzes ist dies an Orten der Fall, "an denen Straftaten
begangen worden sind oder an denen mit Straftaten zu rechnen ist". Will
eine Gemeinde Kameras aufstellen, muss sie unter anderem ausweisen,
welche Massnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung vorgängig
am fraglichen Ort getroffen worden sind. Bewilligungsinstanz für
Kameras ist die Kantonspolizei.
SP fordert dreijährige Pilotphase
Die SP Stadt Bern bedauert den Entscheid des Stadtrats, wie die
Partei in einer Mitteilung schreibt. Die Mehrheit der Partei sei der
Meinung, dass Videoüberwachung ein "untaugliches und
unverhältnismässiges Mittel" sei. Die SP fordert nun ein
dreijähriges Pilotprojekt mit externer Auswertung vor einer
allfälligen definitiven Einführung von Kameras. Über die
Standorte der Kameras solle der Stadtrat entscheiden können.
Einzelne SP-Parlamentarier haben am Donnerstag für das Postulat
gestimmt.
--
Berner Stadtrat
Klarer Entscheid für Kameras
Das Parlament hat den Grundsatzentscheid für Kameras mit 40
zu 24 Stimmen deutlich gefällt.
Die Berner Stadtregierung kann den Entwurf für ein Reglement
zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum ausarbeiten. Das
Stadtparlament hat am Donnerstag den entsprechenden Auftrag mit 40 zu
24 Stimmen erteilt. Bereits vor zehn Monaten hatte der Rat das Thema
diskutiert. Philippe Müller (fdp) hatte sich damals geweigert,
seine verbindliche Motion in ein unverbindliches Postulat zu wandeln
und so wenigstens einen Prüfungsauftrag auszulösen. Der Rat
lehnte darauf die Motion ab. Nun nahm die BDP/CVP-Fraktion einen
zweiten Anlauf für eine Motion. Doch im Gegensatz zu Müller
liess sich Motionär Martin Schneider (parteilos) davon
überzeugen, die Motion in ein Postulat umzuwandeln. Zuvor hatte
sich erneut abgezeichnet, dass eine Motion chancenlos sein würde.
Damit kann sich der Gemeinderat an die Arbeit machen. Im Vorstoss
wird gefordert, den gezielten Einsatz von Videoüberwachung in die
Wege zu leiten.
Die Debatte lief ähnlich wie vor zehn Monaten. Die Linke
setzte grosse Fragezeichen hinter die Wirksamkeit von Videokameras. Die
Kriminalität werde sich einfach verschieben. Zudem fürchtet
die Linke, dass dies nur der erste Schritt zu einer
flächendeckenden Videoüberwachung des öffentlichen Raums
sei. Die Bürgerlichen wiederum erklärten,
Videoüberwachung sei zwar kein Allheilmittel, aber sie sei ein
wichtiger Mosaikstein in der Verhinderung von Straftaten. Zudem
könnten dadurch Straftaten rascher aufgeklärt werden.
Sicherheitsdirektor Reto Nause (cvp) beschwor den Stadtrat, dem
Gemeinderat den Auftrag zu erteilen. St. Gallen beweise, dass
Videoüberwachung wirke. Auch die Schläger von Kreuzlingen
hätten so dingfest gemacht werden können. Der Stadtrat
könne bei der Vorlage des Reglements wieder mitreden.
Ganz klar war die Haltung des Parlaments in der Frage, ob auch in
Schulen Videokameras installiert werden sollen. Dies lehnte der
Stadtrat mit 41 zu 11 Stimmen ab. (sda)
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Kommentar
Gemeinderat steht vor heikler Aufgabe
Christian Brönnimann
Nun sind auch in der Stadt Bern die Weichen für punktuelle
Videoüberwachung im öffentlichen Raum gestellt. Andere
Städte im Kanton sind Bern in dieser Sache voraus. Am weitesten
ist Thun. Die Stadt hat kürzlich entschieden, fünf
problematische Orte mit Kameras zu bestücken. Biel arbeitet
derzeit daran, die Bestimmungen zur Videoüberwachung im
städtischen Polizeireglement zu verankern.
Dass nun auch der Berner Gemeinderat vorwärtsmachen kann,
ist zu begrüssen. Angesichts steigender Zahlen in der
Kriminalitätsstatistik und der spürbaren Verunsicherung in
Teilen der Bevölkerung müssen alle Möglichkeiten der
Verbrechensbekämpfung geprüft werden. Mit dem
überwiesenen Postulat ist ein pragmatischer, gangbarer Weg
gefunden, um die Diskussion in Gang zu bringen. Der Vorstoss ist aber
kein Freibrief für Kameras. Gefordert wird lediglich, dass die
Grundlagen für einen allfälligen Einsatz geklärt werden.
Dem Gemeinderat kann es offenbar nicht schnell genug gehen. Der
Stadtrat hat ihm den kleinen Finger gegeben, die Regierung ist drauf
und dran, sich die ganze Hand zu nehmen. So mutet zumindest die Haltung
von Sicherheitsdirektor Reto Nause an. Er will so rasch wie
möglich ein Reglement vorlegen - was über die
stadträtlichen Forderungen hinausgeht. Einerseits ist es
verständlich, dass Nause in Anbetracht der polizeilichen
Herausforderungen - beispielsweise bei Risiko-Fussballspielen - die
neuen Möglichkeiten bald einsetzen möchte. Andererseits muss
der Gemeinderat aufpassen, dass er sich nicht selber ein Bein stellt.
Bei der Formulierung des Reglements ist Fingerspitzengefühl
gefordert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die nötige und
sinnvolle Diskussion bei der nächsten Beratung im Parlament
bereits im Keim erstickt wird. Dann nämlich, wenn der Stadtrat das
Eintreten auf das Geschäft verweigert. Der Stadtrat hat sich von
seiner Fundamentalopposition gegen Überwachungskameras
verabschiedet, nun gilt es sorgfältig abzuwägen, wie und wo
der Einsatz mehrheitsfähig ist.
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BZ 27.3.10
Videoüberwachung
Nause setzt Kameras in der Stadt Bern durch
Die öffentliche Videoüberwachung hält bald auch in
Bern Einzug. Der Stadtrat hat im zweiten Anlauf einen Vorstoss
überwiesen.
Es ist ein grosser Sieg für den Stadtberner Polizeidirektor
Reto Nause (CVP). Immer wieder brachte er seit seinem Amtsantritt im
Jahr 2009 das Thema Videoüberwachung im öffentlichen Raum
aufs lokalpolitische Parkett - auch nachdem das Stadtparlament das
Vorhaben im vergangenen Mai klar abgelehnt hatte.
Diese Woche nun die Kehrtwende im Stadtrat: Im zweiten Anlauf hat
der Rat ein BDP/ CVP-Postulat mit 40 zu 24 Stimmen überwiesen. Das
Postulat fordert, "den gezielten Einsatz der Videoüberwachung in
die Wege zu leiten". Nauses Durchbruch wurde möglich, weil die
fundamentale Opposition auf linker Seite bröckelte - gerade auch
in der SP. Am Tag nach der Abstimmung im Stadtrat ist der Widerstand
der Genossen gegen die Videoüberwachung sogar vollends
eingebrochen. Die Stadtberner SP akzeptiere, dass die
Videoüberwachung eine deutliche Mehrheit im Parlament gefunden
habe, tat die Parteileitung gestern kund.
"Diesen Entscheid habe ich mir stets erhofft", sagt Reto Nause im
Interview mit dieser Zeitung. "Jetzt darf ich endlich loslegen - und
mit meiner Direktion ein Reglement für Überwachungskameras
erarbeiten." Die ersten Kameras in Bern würden allerdings
frühstens in eineinhalb Jahren installiert. Zuerst dürfte
sich wohl noch das Stimmvolk dazu äussern. tob
Seite 25
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Stadtrat
Big Brother bald auch in Bern
Kehrtwende im Stadtrat: Das Parlament hat sich im zweiten Anlauf
doch noch für die öffentliche Videoüberwachung
entschieden. Einen Tag später bricht auch der SP-Widerstand. Es
ist ein klarer Sieg für Gemeinderat Nause.
Wie schnell sich die Mehrheiten in der Stadtberner Politik
verschieben können: Im vergangenen Mai noch hatte der Stadtrat die
Einführung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum mit
41:25 Stimmen deutlich abgelehnt (wir berichteten). Kein Jahr
später hat das Stadtparlament komplett anders entschieden - und
ein BDP/CVP-Postulat überwiesen, das auf den Buchstaben genau die
gleiche Forderung stellt. Nämlich: "den gezielten Einsatz der
Videoüberwachung in die Wege leiten".
"Es ist nie zu spät"
Motionär Martin Schneider (parteilos) begründete im
Rat, weshalb er so kurz nach dem Scheitern im ersten Anlauf eine zweite
Motion nachgeschoben hat: "Man könnte meinen, dieses Vorgehen sei
renitent. Ich aber sage: Es ist nie zu spät, etwas dazuzulernen."
Jede Tankstelle und viele Läden würden heute überwacht.
Jeder Handybesitzer könne auf 50 Zentimeter genau geortet werden.
"Dagegen wehrt sich ja auch niemand." Jetzt gehe es darum, dass die
Stadt Bern einzelne Brennpunkte überwachen dürfe. "Mit klaren
Regeln und unter Einhaltung des Datenschutzes."
Für die SP/Juso-Fraktion hielt Leyla Gül dagegen: "Die
Kriminalität nimmt wegen Kameras nicht ab - sie verschiebt sich
nur." Es entstünden neue Brennpunkte, die man Überwachen
müsse. Deshalb befürchte die SP, dass früher oder
später eine flächendeckende Videoüberwachung entstehen
würde.
Auch die GB/JA-Fraktion bekämpfte die Vorlage:
"Videoüberwachung wird als Allheilmittel dargestellt", sagte Rahel
Ruch. "Doch sie ist ein Eingriff in die Grundrechte." Am Ende sei die
Stadt voller Kameras - und keine davon könne ein Delikt verhindern.
Trotz dieser kämpferischen Worte verliessen in der
anschliessenden Abstimmung einige SP-Politiker die Parteilinie. Und die
- vor kurzem noch chancenlose - Vorlage fand mit 40:24-Stimmen eine
Mehrheit.
Nauses grösster Erfolg
Mit diesem Resultat fuhr Gemeinderat Reto Nause (CVP) seinen
bisher grössten Erfolg als Polizeidirektor ein - obschon der als
Motion eingereichte Vorstoss in ein weniger verbindliches Postulat
umgewandelt worden war (siehe Interview unten). "Diesen Entscheid habe
ich mir lange erhofft", sagte Nause am Tag danach. Er sei möglich
geworden, weil sich bei den Linken im Thema Videoüberwachung in
den letzten Monaten vieles bewegt habe. Vor kurzem hat sich etwa Flavia
Wasserfallen, die neue Stadtberner SP-Co-Präsidetin, in dieser
Zeitung für die Videoüberwachung ausgesprochen.
Die SP schwenkt ein
Gestern lenkten die restlichen Genossen ein. Die SP nehme zur
Kenntnis, dass die Videoüberwachung eine deutliche Mehrheit
gefunden habe, schrieb die Partei in einer Medienmitteilung. Deshalb
fordert die SP nun in einem Vorstoss ein dreijähriges Pilotprojekt
mit Kameras an "klar definierten und anzahlmässig
beschränkten Standorten".
Tobias Habegger
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"Jetzt darf ich endlich loslegen"
Für Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) hat die
Videoüberwachung nun Priorität. Beginnen will er beim Stade
de Suisse.
Reto Nause, ab wann gibts in der Stadt Bern die ersten
öffentlichen Überwachungskameras?
Reto Nause: Frühstens in eineinhalb Jahren. Denn bisher
waren mir in dieser Sache die Hände gebunden.
Weshalb? Das kantonale Polizeigesetz erlaubt
Videoüberwachungen seit September 2008?
Obschon es sich dabei um ein übergeordnetes Gesetz handelt,
muss jede Gemeinde selber einen Grundsatzentscheid über die
Videoüberwachung fällen. Vor weniger als einem Jahr hat sich
der Berner Stadtrat noch eindeutig dagegen ausgesprochen. An diesen
Beschluss musste sich die Stadtregierung halten. Das hat sich aber nun
geändert. Am Donnerstagabend hat der Stadtrat ein neues Signal
ausgesendet: Jetzt darf ich endlich loslegen - und mit meiner Direktion
ein Reglement für Überwachungskameras erarbeiten. Dieser
Auftrag hat für uns höchste Priorität.
Sie reden von einem Auftrag. Dabei hat der Stadtrat lediglich ein
unverbindliches Postulat überwiesen…
…ein Postulat, das ich beantworten muss. Meine Antwort wird ein
Reglement sein, das die Grundlage für Überwachungskameras in
der Stadt Bern bildet und die Zuständigkeiten ebenso regelt wie
die Finanzierungsarten.
Wie viel kostet die Videoüberwachung den Steuerzahler?
Jetzt schon Zahlen zu nennen wäre Spekulation. Fakt ist:
Videoüberwachung ist nicht ganz billig zu haben. Es braucht mehr
als einen Masten und eine Kamera. Das Ganze muss vandalensicher
konstruiert sein. Für jeden Kamerastandort brauchts ein eigenes
Kreditbegehren. Es wird ein Kampf um jeden Franken. Schon nur deshalb
muss niemand befürchten, dass es je eine flächendeckende
Videoüberwachung geben wird.
Wo liegen die weiteren politischen Hürden?
Sobald das Reglement da ist, muss der Stadtrat nochmals
darüber befinden. Das wird ein Grundsatzentscheid pro oder kontra
Überwachungskameras. Zudem gehe ich davon aus, dass die Vorlage
auch vors Stimmvolk kommt. Erst danach beginnt die Diskussion über
die Standortwahl. Das dürfte - vor allem in der Innenstadt - eine
heikle Debatte werden.
Wo sehen Sie die sogenannten Hotspots?
Für mich hat der Fan-Walk beim Stade de Suisse
Priorität. Das Gebiet zwischen dem Ausgang des Gästesektors
und der S-Bahn-Station Wankdorf ist die eigentliche Problemzone nach
YB-Spielen. Mit Kameras könnten wird das Polizeiaufgebot
herunterschrauben. Dadurch gewonnene Polizei-Ressourcen würden
für Patrouillen in der Innenstadt frei.
Interview: tob
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SEXWORK
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Bund 27.3.10
Schon bald wieder rotes Licht an der Rathausgasse 64?
Anwohner befürchten, dass die Prostitution in das ehemalige
Bordell in der Berner Altstadt zurückkehren könnte.
Das Bauvorhaben an der Rathausgasse 64 erscheint auf den ersten
Blick harmlos: ein Barbetrieb im Untergeschoss, Sanierung von Dach und
Terrassen, Umbau der Nasszellen und Küchen in den oberen
Stockwerken. Trotzdem sind laut Hans Martin Schaer vom
Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland "rund zwei Dutzend"
Einsprachen gegen das Projekt eingegangen.
Stein des Anstosses ist laut Edi Franz, Präsident des
Rathaus-Brunngass-Leistes, eine Treppe, die im Bauplan erscheine und
die die Bar im Keller direkt mit den Wohnungen im Obergeschoss
verbinden soll. Drei der Wohnungen sollen zudem zu Kleinstwohnungen
ohne Küche umgebaut werden. Der Verdacht liege deshalb auf der
Hand, dass in diesen Räumen künftig wieder käuflicher
Sex angeboten werde, so Franz.
Die Vermutung der Einsprecher ist nicht ganz aus der Luft
gegriffen, denn die Rathausgasse 64 ist eine Adresse mit langer
Vorgeschichte. Über Jahre hinweg waren in den Obergeschossen
"Massagesalons" eingemietet - ohne den offiziellen Segen der
Behörden. Als 2002 der Unternehmer Werner Stierli im gleichen
Gebäude einen Sexshop eröffnen wollte, nahm das
Bauinspektorat auch die Obergeschosse genauer unter die Lupe. Es folgte
ein mehrjähriger Rechtsstreit, der 2005 schliesslich vor
Bundesgericht endete. In den Wohnungen im Obergeschoss darf seither
entsprechend dem Zonenplan nur noch gewohnt und nicht mehr
geschäftet werden.
Gleicher Besitzer, neue Firma
Die Liegenschaftsbesitzerin Vitalis AG hatte sich damals vor
Gericht auf das Gewohnheitsrecht berufen, weil der Bordellbetrieb
bereits seit über einem Jahrzehnt ein offenes Geheimnis gewesen
war. Man habe insofern nicht gegen Treu und Glauben verstossen. Beim
aktuellen Baugesuch ist erneut die Vitalis AG federführend, die
seit Anfang Monat aber unter dem Namen Axpel AG im Handelsregister
aufgeführt ist. Bei der Axpel war gestern niemand für eine
Stellungnahme erreichbar. (sem)
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DROGENSZENE THUN
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Thuner Tagblatt 27.3.10
Thun: Hegebe
Start ist geglückt
Anfang März zügelte die Heroingestützte Behandlung weg
von der Thuner Innenstadt. Für die Betreiber ist der Start
geglückt.
Die Heroingestützte Behandlung (HeGeBe) ist ein
Therapieangebot für Schwersüchtige - und befand sich bisher
mitten in der Innenstadt. Nach teils heftiger Kritik zügelte sie
auf Anfang März an die Allmendstrasse 10. Eine erste Bilanz zeigt:
Die Betreiber und der Gemeinderat sind mit dem Start am neuen Standort
zufrieden. Auch Anwohner haben bisher keinen Grund für Klagen,
bleiben aber skeptisch.
mik
Seite 29
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Thun: heroingestützte Behandlung an der Allmendstrasse 10
Erste Bilanz nach Umzug positiv
Anfang März ist die Heroingestützte Behandlung (HeGeBe)
von der Innenstadt an die Allmendstrasse gezügelt. Die erste
Bilanz von Betreibern und Stadt ist positiv. Die Einsprecher hegen
Befürchtungen für die Zukunft.
Start am neuen Standort geglückt: Das vermeldet Ariane
Schweizer, Leiterin des Zentrums für Substitutionsbehandlungen in
Thun. Anfang März ist die als HeGeBe (Abkürzung für
Heroingestützte Behandlung) bekannte Institution von der
Marktgasse an die Allmendstrasse 10 gezügelt (siehe auch Kasten).
"Die grosszügigeren, helleren Räume führen dazu, dass
die Abgabe ruhiger verläuft", konnte Schweizer feststellen.
Ausserdem habe die HeGeBe-Leitung die Umgebung gut im Überblick,
weil sie viel offener sei - und nicht so verwinkelt wie am alten
Standort. Was wiederum nicht allen Süchtigen gefällt: "Sie
fühlen sich zum Teil ein wenig ausgestellt", sagt Ariane
Schweizer. Andererseits zeige dies, dass die soziale Kontrolle am neuen
Standort funktioniere. Positiv überrascht ist die HeGeBe-Leiterin
von der Nachbarschaft: "Die meisten Leute sind sehr offen."
Erstmals wieder Warteliste
In der HeGeBe Thun gibt es 70 Plätze für
Heroingestützte Behandlung, wo den Süchtigen Diaphin als
Heroinersatz abgegeben wird. Erstmals seit Monaten muss Ariane
Schweizer wieder Personen auf eine Warteliste nehmen. Ob dies einen
Zusammenhang mit dem neuen Standort hat, kann sie nicht sagen.
Die Abgabezeiten sind klar geregelt: Von Montag bis Freitag, 7
bis 9 und 16.45 bis 18.50 Uhr, sowie am Samstag und Sonntag, 8 bis 10
und 16.45 bis 18.50 Uhr. Ansammlungen rund um die HeGeBe werden nicht
geduldet: "Wer sich vorher im Areal aufhält, kriegt eine
Verwarnung", führt Schweizer aus. Zum Teil hätten sich
Gruppen etwas weiter weg gebildet. "Wir sind noch am Ausprobieren, wie
wir das steuern können." Nach der Abgabe müsse das Areal
rasch verlassen werden. Wer sich trotz Verwarnung nicht an die Regeln
halte, komme in ein Spezialprogramm und müsse zu einer Randzeit
antraben. "Das ist sehr verpönt", weiss Ariane Schweizer. Nur im
Extremfall werde jemand vom Programm ausgeschlossen. Stellt die
HeGeBe-Leitung fest, dass in der Umgebung gedealt wird, holt sie die
Polizei, "mit der wir sehr gut zusammenarbeiten".
Gemeinderat zufrieden
Der zuständige Gemeinderat, Sozialvorsteher Andreas
Lüscher (SVP), ist mit dem Start ebenfalls zufrieden: "Ich habe
keine negativen Meldungen oder Reklamationen erhalten." Auch er stellt
eine noch grössere soziale Kontrolle durch die Nähe zu
Polizei, Verwaltung und Durchgangsverkehr fest. Und: "Aus meiner Sicht
funktionieren Hausordnung und Konzept der HeGeBe. Die Leitung hat den
Betrieb im Griff."
Überhaupt findet Lüscher, dass sich die vor rund Ende
2008 eingeführten schadensmindernden Massnahmen anstelle einer
Kontakt- und Anlaufstelle für Drogensüchtige bewähren.
"Natürlich gibt es ab und zu Ansätze von Szenenbildungen. Das
verfolgen wir aufmerksam und schreiten wenn nötig ein." Er sei
sich bewusst, dass die aktuell "relativ gute Situation" fragil sei.
Deshalb müssten auch Prävention und Repression
aufrechterhalten werden.
Skepsis in Nachbarschaft
"Bis jetzt haben wir von der HeGeBe nicht viel gemerkt", stellt
Alain Marti von den Thuner Kinobetrieben fest. Er hatte einst mit
Anwohnern und Gewerbetreibenden gegen den neuen Standort eine
Einsprache eingereicht. Dies vor allem aus zwei Gründen: Weil sich
durch die Nähe von Notschlafstelle und HeGeBe eine Konzentration
ergebe und wegen der geplanten neuen Überbauung auf dem
Gerberkäse-Areal und dem Kino-Neubau (wir berichteten). "Da sehen
wir Konfliktpotential. Wir werden die Entwicklung aufmerksam
verfolgen", sagt Marti. Ähnlich äussert sich Simon Widmer,
Präsident des Aarefeldleists. Er habe bisher keine
Rückmeldungen von Leistmitgliedern erhalten. Wegen der
Notschlafstelle habe es teilweise Verschmutzungen und Missbrauch von
Toiletten bei Kino und Restaurants gegeben. Widmer: "Sollte sich das
noch verstärken, würden wir das nicht tolerieren."
Ebenfalls eine Einsprache hatte die Firma Emmi gemacht - im
Hinblick auf den Verkauf des Gerberkäse-Areals. "Für uns ist
es im Moment kein Thema mehr", sagt Monika Senn von der
Emmi-Pressestelle. Die Situation müsse neu beurteilt weden, wenn
es dereinst um die Investorensuche gehe.
Michael Gurtner
http://www.hegebethun.ch
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Hegebe Thun: Die Fakten
Bald über 100 Plätze im Programm
In der HeGeBe Thun werden Heroingestützte Behandlungen
(Diaphin, 70 Plätze) und Substitutionsbehandlungen (Methadon,
Subutex und ähnliches, 30 Plätze - soll auf 50 aufgestockt
werden) angeboten. Die heroingestützte Behandlung ist ein
Therapieangebot für schwer heroinabhängige Menschen, bei
denen andere Behandlungsformen nicht den gewünschten Erfolg
gebracht haben oder deren Gesundheitszustand andere Behandlungsformen
nicht zulässt. Die Stadt Thun amtiert als Auftraggeberin für
die HeGeBe und ist Vertragspartnerin für Bund und Kanton. Sie
trägt die strategische Verantwortung und hat den Verein für
Behandlung und Integration suchtkranker Menschen (VBI) mit dem Betrieb
beauftragt. Die HeGeBe zügelte Anfang März vom bei Anwohnern
heftig kritisierten Standort an der Marktgasse in der Thuner Innenstadt
an die Allmendstrasse 10. Das dortige Gebäude wurde nach einem
Stadtratsentscheid im Baurecht an den VBI verkauft - für 200000
Franken. Die Umbaukosten von rund 1,3 Millionen Franken übernahmen
der VBI und der Kanton. Im Erdgeschoss ist der Patientenbereich mit
Warteräumen, Abgabestelle und Untersuchungszimmer eingerichtet.
mik/pd
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HEROIN
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Basler Zeitung 27.3.10
Die Rückkehr des Heroins
Jugendliche haben die Scheu vor der Droge verloren
MIscha Hauswirth
In der Region Basel konsumieren vermehrt sozial gut integrierte
Jugendliche Kokain und Heroin. Die EU stuft die Situation als
"besorgniserregend" ein. Drogenfachleute beobachten die Entwicklung
bereits sehr genau und fordern mehr Prävention an den Schulen.
Eine Reportage.
Die beiden Männer in ihren neuen Jack-Wolfskin-Jacken fallen
auf. Nicht, weil sie vor der Basler Kontakt- und Anlaufstelle
Wiesenkreisel stehen und wie zivile Polizisten aussehen. Sondern weil
sie gelassen beobachten, wie Männer und Frauen mit käsig
blasser Haut sich an den Securitas-Wachen vorbei hinter den Sichtschutz
schieben. Wenn Süchtige eines gemeinsam haben, dann sind es ihre
hektischen Bewegungen.
René Keller und Andreas Röllin gehen als Mittler im
öffentlichen Raum täglich auf Rundgang. Sie sehen nach, wo
sich Drogenkranke aufhalten, ob auf öffentlichen Plätzen, bei
Parkbänken und Hauseingängen Spritzen herumliegen. Und sie
nehmen die Beschwerden der Anwohner auf, die sich über die
"Drögeler" in ihrer Nachbarschaft ärgern. Der 45-jährige
Keller und der 37-jährige Röllin kennen viele Süchtige
durch persönliche Gespräche. Es ist ihr Job,
Veränderungen in der Drogenszene wahrzunehmen und diese an die
Abteilung Sucht des Gesundheitsdienstes Basel-Stadt weiterzuleiten.
Die Europäische Union stuft im Drogenbericht 2009 den
zunehmenden Heroinkonsum unter sozialintegrierten jugendlichen Gruppen
als besorgniserregend ein. Auch die Basler Mittler schauen genau hin.
Keller sagt: "Heroin galt jahrelang als Verliererdroge und war bei
Jugendlichen out. Mittlerweile gibt es Bereiche der Party- und
Technoszene, in denen Heroin wieder als Droge auftaucht." Solche Raver
und Szenengänger haben einen Job oder stecken in der Ausbildung,
sind sozial integriert.
Unbekannte Gesichter
Fachleute wie Keller und Röllin sind alarmiert. Ihr Augenmerk gilt
besonders jenen, die sie noch nie vor den Kontakt- und Anlaufstellen
und im näheren Umfeld gesehen haben, den Neuen. Und vor allem den
Jugendlichen wie dem Rappertypen mit Kopfhörer und Kapuzenpulli,
der rasch durch den Eingang schlüpfen will. Ein Wachmann stoppt
ihn. Erst als er dem Wachmann seinen Ausweis zeigt, darf er rein. Unter
18-Jährige haben keinen Zutritt.
"Den habe ich hier noch nie gesehen", sagt René Keller zu
Andreas Röllin. "Wir sprechen unbekannte Gesichter an, versuchen
mit ihnen ins Gespräch zu kommen, um mehr von ihnen zu erfahren",
erzählt Keller. Den Neuen drücken die Mittler ein handliches
Büchlein mit Adressen und Telefonnummern in die Hand, vermitteln
ihnen Termine bei der Drogenberatung, begleiten Konsumenten zu
Amtsstellen oder ins Spital.
"Unser Ziel ist es, die Süchtigen in ein Therapieprogramm zu
bringen, damit sie die Sucht hinter sich lassen", sagt Eveline
Bohnenblust, Leiterin der Abteilung Sucht der Gesundheitsdienste
Basel-Stadt. Es ist der erste Schritt, um die Sucht hinter sich zu
lassen. Oder sie zumindest so weit zu kontrollieren, damit neue
Lebensinhalte wieder Platz finden. Wie viele es jährlich schaffen,
auszusteigen, darüber gibt es keine Zahlen. Auch keine
darüber, wie viele von leichteren Drogen in den Heroinkonsum
abgleiten und in dieser Sucht hängen bleiben. Immerhin, als
statistisch erhärtet gilt: Vier von fünf Jugendlichen, die
Drogen konsumieren, kommen aus eigenem Antrieb wieder davon los.
Dass es wieder mehr Heroinkonsumenten gibt, beobachtet auch
Evelyne Flotiront (55), Leiterin der Kontakt- und Anlaufstellen in
Basel: "Viele kommen sehr jung zu uns, manchmal sind sie nicht einmal
25 Jahre alt. Das Schlimme daran: Wer sich hier aufhält, hat
bereits eine jahrelange Suchtphase hinter sich."
Suchtkranke begeben sich oft erst spät in Behandlung. Hannes
Strasser, ärztlicher Leiter des Zentrums für
heroingestützte Behandlung an den Universitären
Psychiatrischen Kliniken Basel, beobachtet, "dass in letzter Zeit sehr
junge Menschen mit einer Mehrfachabhängigkeit und weiteren
schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen
medizinisch-psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen". Strasser ist
überzeugt: "Es entwickelt sich eine neue Population von
Heroinkonsumenten."
kokain als einstieg. In der statistischen Erfassung der
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt zeigt sich die jüngste Entwicklung
noch nicht - die Verzeigungen wegen Heroinbesitzes gingen auch 2009
gegenüber dem Vorjahr zurück. "Allerdings beschlagnahmen wir
vermehrt Heroin bei den Grossdealern und an der Grenze", sagt Thomas
Homberger, Leiter des basel-städtischen Drogendezernats.
Noch verzeichnen die Fahnder 2009 die meisten Drogenkonsumenten
auf dem Kokainmarkt (BaZ von gestern). Evelyne Flotiront: "Kokain ist
mit Abstand die am weitesten verbreitete Droge, auch bei den
Jugendlichen." Die vernebelten Raucherräume in den Kontakt- und
Anlaufstellen sind deshalb stets voll. Dutzende von Süchtigen
drängen sich vor den vergilbten und mit Pissoir-Kritzeleien
versehenen Wänden, um die Kokaindämpfe zu inhalieren.
Cocktail
Doch Heroin ist auf dem Vormarsch. Viele der Drogenkonsumenten mixen
sich ihren Cocktail selbst, bestehend aus flüssigem Methadon,
Kokain, Benzodiazepinen wie Valium, und Heroin. "Menschen, die nur noch
heroinabhängig sind, sehen wir im Vergleich zu früher kaum",
so Strasser. "Die Leute konsumieren meist neben Heroin andere
Substanzen."
Keller wie Flotiront erklären den Grund für diese
diabolische Mixtur so: Kokain für Energie und Antrieb, und wenn
Konsumenten dann drei, manchmal vier Tage lang "so auf Speed sind",
dass sie nicht mehr schlafen können, brauchen sie wieder etwas,
das sie beruhigt: Heroin.
Strasser: "Es sind in der Schweiz bereits Fälle bekannt
geworden, bei denen Kokaindealer Heroin dazumischten,
möglicherweise, um neue Kunden zu gewinnen." Mittler Andreas
Röllin sieht ausserdem zusätzlichen Anreiz für
Heroinneueinsteiger: Ein "Schuss" kostet mit 15 Franken heute nur noch
einen Viertel dessen, was ein Junkie vor 25 Jahren bezahlen musste.
Eine Lebensgeschichte
Die Mittler sehen einige der Süchtigen ein- oder zweimal, dann
schaffen diese den Ausstieg. Andere tauchen immer wieder auf, wie
beispielsweise Eva-Maria T. Die 47-Jährige trägt ihre langen,
fettigen Haare unter einem Béret, ihren ausgemergelten
Körper hält sie unter einer Jacke mit Raubkatzenmuster
versteckt. Grosse blaue Augen, rötlich aufgedunsene Hände,
spindeldürre Beine.
Sie erzählt den Mittlern ungefragt ihre Lebensgeschichte:
Eva-Maria lebte Ende der 1980er-Jahre auf dem Platzspitz in
Zürich, jobbte als Kellnerin, verlor die Arbeit und finanzierte
sich ihre Sucht, indem sie auf den Strich ging. Es folgten
Diebstähle, Aufenthalte im Gefängnis. Mit Tränen auf den
Wangen berichtet sie von zahllosen vergeblichen Therapien, davon, dass
sie jetzt Gott und den Glauben gefunden habe, auch wenn der sie noch
nicht von der Sucht befreien konnte. Sie preist die Liebe, verflucht
das Heroin.
Jugendliche Neueinsteiger sind zu jung, um die
erschütternden Junkiebilder vom Platzspitz zu kennen, die um die
Welt gingen. Sie haben auch nicht das Elend auf dem Zürcher
Bahnhof Letten Anfang der 1990er-Jahre mitbekommen. Keller und Strasser
sehen genau dort das Problem. "Die abschreckenden Bilder von damals
kennen die heute 20- bis 30-Jährigen kaum noch", sagt René
Keller.
Peter A. ist einer von ihnen. Der 26-jährige Aargauer sieht
mit seinem Bart und der ovalen Brille aus, als wäre John Lennon
sein Vorbild. "Ich habe mit 16 Jahren meine Drogenkarriere begonnen",
sagt er und stockt mitten im Satz. "Leider fangen viele sehr früh
an. Aus Neugierde, wie ich, auch aus Unwissenheit, was einem
blüht, wie ich."
Mehr Prävention
In Italien, Deutschland und Österreich gibt es die neue Generation
von jungen Heroinkonsumenten bereits. Und in Basel? Niemand weiss es
wirklich. Die Fachleute geben es nur ungern zu, doch bei der Erfassung
von Suchtproblemen gibt es ein unheimliches Zeitfenster. "Erst wenn die
Jugendlichen durch die Netze der Schule und der Berufsschule fallen und
ihnen am Arbeitsplatz oder zu Hause niemand hilft, erfährt der
Staat Jahre später von ihrer Sucht", sagt Keller.
Die EU schreibt im Drogenbericht aus dem Jahr 2009: "Jegliche
Anzeichen für eine Verschärfung der Situation geben Anlass zu
ernsthafter Sorge, insbesondere, da für Europa nun eine
wirtschaftlich schwierige Phase beginnt."
Evelyne Flotiront kennt den Hintergrund der Sorgen aus
Brüssel: "Wenn die wirtschaftlichen Bedingungen schlecht sind,
wächst die Sehnsucht nach einer dämpfenden, beruhigenden
Droge gegen Ängste und Unsicherheiten."
René Keller und Andreas Röllin beobachten weiter die
Strasse. Mit Evelyne Flotiront und Hannes Strasser sind sie sich aber
einig: "Die Heroinprävention muss wieder besser werden."
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SQUAT LU
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zisch.ch 26.3.10
Andere Pläne
"Zick und Zwerg" besetzen das Geissmättli
Eine Gruppierung namens "Zick und Zwerg" hat das ehemalige Restaurant
Geissmättli in der Stadt Luzern besetzt. Ziel: Der ehemalige
Fixerraum soll zum "kulturellen Café" werden.
Das Geissmättli an der St. Karlistrasse soll "Platz zur Vernetzung
von Künstlern, Kulturinteressierten und Jugendlichen bieten und
als Plattform und Diskussionsraum für Visionen einer anderen
Stadtentwicklung dienen", wie es in einem Mail mit anonymem Absender
heisst.
Die Gruppierung "Zick und Zwerg" habe das Geissmättli seit
Donnerstagabend "wiederbelebt". Laut beigelegtem Flyer wird am
(heutigen) Freitag am Abend und an diesem Wochende auch tagsüber
ein kulturelles Programm angeboten.
Stadt will polizeilich räumen lassen
Wie die Baudirektion der Stadt Luzern mitteilt, seien die Besetzer in
einem Gespräch aufgefordert worden, die Liegenschaft zu verlassen.
Der Stadtrat akzeptiere die Besetzung nicht und werde beim
Amtsstatthalteramt Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch einreichen.
Ausserdem wird laut Mitteilung die polizeiliche Räumung beantragt,
falls die Liegenschaft nicht unverzüglich geräumt werde.
Die Stadt Luzern ist Eigentümerin der Liegenschaft und hat im
Februar einen Mietvertrag mit einem Nachmieter abgeschlossen. Bereits
am 1. Juli soll das Restaurant Geissmättli laut Mitteilung dem
künftigen Betreiber übergeben werden. Ab April wird die Stadt
die nötigen Umbauten und Sanierungsarbeiten vornehmen.
Protest gegen neues Restaurant
Mit der Besetzung soll gegen die Pläne der Stadt, aus dem
Geissmättli wieder ein Restaurant zu machen, protestiert werden.
Das Argument: Zur Wiederbelebung des Restaurants Geissmättli seien
verschiedene Ideen und Vorstösse bei den Stadtbehörden
eingereicht. Statt eine "transparente und demokratische"
Auseinandersetzung in die Wege zu leiten, habe die Stadt alle
Interessierten vor "unumstössliche" Fakten gestellt - "dieses
Verhalten ist kein Einzelfall".
"Zick und Zwerg" fordern, dass die Bewilligung für das gestellte
Baugesuch nicht erteilt und der Pachtvertrag zurückgezogen wird.
Im Gegenzug sollen Verhandlungen zur längerfristigen Nutzung des
Geissmättlis in die Wege geleitet werden.
scd/ana
--
Reaktion
Jungfreisinnige fordern "sofortige" Räumung
Die Jungfreisinnigen Stadt Luzern verurteilen die Aktion, wie die
Partei in einer Medienmitteilung schreibt. Diese sei "ohne jegliche
Berechtigung und für einen Dialog absolut schädlich". Man
unterstütze das Vorgehen des Stadtrates und fordere eine
"sofortige" Räumung. Die dafür verantwortlichen Personen
seien dafür zur Rechenschaft zu ziehen.
scd
---
Indymedia 26.3.10
luzerner Geissmättli wiederbelebt ::
AutorIn : Zick und Zwerg
Die Medienmitteilung zum seit gestern (25/03/10) besetzten und
wiederbelebten Restaurant Geissmättli, in Luzern
Medienmitteilung
von "Zick & Zwerg"
Restaurant Geissmättli wiederbelebt
Seit Donnerstag Abend haben Zick und Zwerg das ehemalige Restaurant
Geissmättli wiederbelebt. Das Geissmättli ist ein idealer Ort
für die Verwirklichung kultureller Projekte. Es soll Platz zur
Vernetzung von KünstlerInnen, Kulturinteressierten und
Jugendlichen bieten und als Plattform und Diskussionsraum für
Visionen einer anderen Stadtentwicklung dienen. Alle Menschen sind
herzlich dazu eingeladen, sich für den Aufbau eines kulturellen
Cafés im Geissmättli einzusetzen.
Zur Wiederbelebung des Restaurants Geissmättli wurden verschiedene
Ideen und Vorstösse bei den Stadtbehörden eingereicht.
Offensichtlich besteht ein breites öffentliches Interesse an einer
kulturellen Nutzung dieser Räume. Eine transparente, demokratische
Auseinandersetzung darüber wäre unabdingbar gewesen.
Stattdessen aber stellt die Stadt alle Interessierten vor
unumstössliche Fakten. Dieses Verhalten ist kein Einzelfall: Die
Stadtbehörden sind seit Jahren blind für die
vielfältigen Anliegen der Luzerner Kulturszene. Mehrere
Verhandlungsversuche sind am Desinteresse der Stadtbehörden
gescheitert. Weder die Aktion Freiraum noch der Wagenplatz Sous-le-pont
sind in den Verhandlungen mit Behörden und Politik zu einem
Resultat gekommen. Weitere kulturelle Räumlichkeiten sind
ersatzlos abgebaut worden oder längerfristig bedroht. Doch Zick
und Zwerg geben sich mit diesem Vorgehen nicht mehr zufrieden.
Denn diese Politik vertreibt Randgruppen, Andersdenkende, sozial
Schwächere aus der Stadt und zerstört die kulturelle
Vielfalt. Stadtentwicklung wird mit einem Monopoly-Spiel verwechselt.
Wir wehren uns dagegen, das Geissmättli bloss als ein weiteres
Feld in diesem Spiel zu betrachten. Wir sind keine Steuerfaktoren, wir
sind Menschen, Menschen mit Bedürfnissen, Wünschen, Ideen und
Projekten. Und wir brauchen Platz für diese.
Deshalb fordern wir:
Keine Bewilligung für das gestellte Baugesuch und Rückzug des
Pachtvertrags
Verhandlungen zur längerfristigen Nutzung des Geissmättlis
für kulturelle Zwecke
Eine Stadtentwicklung, in welcher nicht Profitmaximierung, sondern
kulturelle Vielfalt und Lebensqualität im Zentrum stehen.
Wir stehen wir Ihnen unter der Nummer 077 433 43 91 gerne für
Fragen zur Verfügung.
Wir danken für die Berücksichtigung in Ihrer
Berichterstattung.
Mit freundlichen Grüssen
Zick und Zwerg
--
Wiederbelebungsprogramm
26.03.2010 17:34
Hier die fixen Punkte bis Sonntag (neben dem ständigen Kafibetrieb)
http://ch.indymedia.org/images/2010/03/74614.jpg
AutorIn: zick und zwerg
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zisch.ch 15.3.10
Geissmättli hätte Kulturbüro werden sollen
Nun geht etwas mit dem seit langem leer stehenden ehemaligen Restaurant
Geissmättli an der St.-Karli-Strasse in Luzern. Doch in die
komplett falsche Richtung, findet David Roth.
Das zwischenzeitlich als Fixerraum betriebene Gebäude soll wieder
als Restaurant genutzt werden - ein entsprechendes Baugesuch liegt seit
dem 5. März auf. "Ein Vertrag mit einem Wirt ist abgeschlossen",
sagt Stefan Christen, Leiter Finanzliegenschaften der Stadt. Bei den
Umbauten, die rund 100'000 Franken kosten, handelt es sich
hauptsächlich um Arbeiten, die das Restaurant behindertengerecht
machen. Geht alles nach den Wünschen der Stadt, liegt die
Bewilligung Ende Mai vor, sodass im Sommer die Arbeiten ausgeführt
werden können. Dann könnte im September/Oktober das Lokal
eröffnet werden.
Keine Antwort von Stadtverwaltung?
Doch das freut nicht alle. Grossstadtrat David Roth hat namens der
SP/Juso-Fraktion zusammen mit Monika Senn Berger und Stefanie Wyss die
Dringliche Interpellation "Wie verlief die Vergabe des
Geissmättli?" eingereicht. Gemäss ihm hätten
Einzelpersonen vor einem das Projekt "Kulturbüro Zentralschweiz"
bei der Stadtverwaltung eingereicht. Dieses Projekt sei in den
Räumlichkeiten des ehemaligen Restaurants Geissmättli geplant
gewesen. Die Initianten dieses Projektes hätten nie etwas von der
Stadtverwaltung gehört. Dieses Vorgehen des Stadtrates,
insbesondere der Baudirektion, wird von den Unterzeichnern in einem
Schreiben an die Medien als "untragbar" bezeichnet. Nun möchte
Roth unter anderem genauer wissen, weshalb dies so gelaufen sei.
scd/red
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zisch.ch 21.8.08
Geissmättli
Die Stadt Luzern schliesst ihren Fixerraum
Weil im Schnitt nur acht Süchtige den Fixerraum Geissmättli
in Luzern besucht hatten, geht er Ende August 2008 zu. Der Stadtrat
schlägt dem Grossen Stadtrat nun vor, das Pilotprojekt mit
angepasstem Konzept in der GasseChuchi zu Ende zu führen.
Über die Ursachen für diese tiefen Frequenzen im Fixerraum
sei man sich nicht im Klaren, teilte die Sozialdirektion der Stadt
Luzern mit.
War der Standort zu wenig zentral? Fehlte die Kombination von
Drogenkonsumräumen mit anderen Angeboten? Welche Rolle spielen
veränderte Konsummuster? Um diese Fragen zu klären, soll nun
ein Kontakt- und Anlaufstellen-Provisorium in der GasseChuchi
eingerichtet werden.
Aus der schlechten Auslastung könne man zwar schliessen, dass der
Bedarf an einem Fixerraum in Luzern nicht bestehe, heisst es in der
Mitteilung. Es seien aber im öffentlichen Raum immer wieder
Spritzen gefunden und auch die GasseChuchi sei mit Drogenkonsum
konfrontiert worden.
Der Fixerraum Geissmättli war im August 2007 für einen
18-monatigen Versuchsbetrieb eröffnet worden. Die verbleibende
Projektphase bis Ende Januar 2009 soll nun also genutzt werden, den
Standort zu wechseln und das Konzept anzupassen.
sda
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SEMPACH
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Bund 27.3.10
Ueli Maurer unterstützt Petition, die Rechtsextreme verharmlost
Der Verteidigungsminister engagiert sich für eine
traditionelle Schlachtfeier in Sempach - trotz Neonazi-Aufmarsch.
David Schaffner, Bern
Ueli Maurer macht sich dafür stark, dass die Sempacher
Schlachtfeier trotz des Aufmarschs von Rechtsextremen in den letzten
Jahren auch künftig im bisherigen Rahmen stattfindet. Er stellt
sich damit gegen die Luzerner Regierung, die dieses Jahr anstatt des
Umzuges nur einen Gedenkgottesdienst durchführen will. Sie
möchte den Neonazis keine Plattform mehr bieten. Die SVP Luzern
will diesen Entscheid mit einer Petition umkehren. Einer der
Unterzeichner ist Bundesrat Ueli Maurer, wie das
Verteidigungsdepartement gegenüber dem "Bund" bestätigt.
Neonazis oder "junge Patrioten"?
Luzerner Politiker reagieren mit harscher Kritik auf die
Unterstützung durch einen Bundesrat. Sauer stösst vor allem
auf, dass die Petition die Neonazis verharmlost: Es seien nie Neonazis
mitmarschiert, sondern "friedliche und anständige junge
Patrioten", heisst es auf der Website der Luzerner SVP.
Luzerner Politiker empört
Der Luzerner CVP-Präsident Martin Schwegler hingegen meint:
"Die Unterschrift von Ueli Maurer ist sehr heikel, denn offensichtlich
handelte es sich um rechtsextreme Kräfte." Auch SP-Nationalrat
Hans Widmer sagt: "Ueli Maurer unterstützt gefährliche
Kräfte." Nach dem letztjährigen Aufmarsch von rund 260
Rechtsextremen seien zwei Personen wegen verbotenen Waffentragens
verurteilt worden. Überdies habe sich ein Bundesrat nicht in die
Belange eines Kantons einzumischen. "Ueli Maurer hat die Autonomie der
Kantone zu respektieren", findet Widmer. Und der grüne Nationalrat
Louis Schelbert ergänzt: "Maurer muss sich künftig genauer
mit den Forderungen auseinandersetzen, unter die er seine Unterschrift
setzt."
Der Verteidigungsminister lässt den Vorwurf der
Unterstützung extremer Kräfte indes nicht gelten, wie er
einen Sprecher ausrichten lässt: "Bundesrat Maurer distanziert
sich von politischem Extremismus. Die Empfänger der Petition
werden aufgefordert, sich für die schweizerische Kultur
einzusetzen und eine würdevolle Feier zu organisieren."
Würdevoll bedeute eine Feier ohne politischen Extremismus.
Wie eine traditionelle Feier ohne Neonazi-Aufmarsch möglich
sein soll, ist den Luzernern indes ein Rätsel. Gerade deshalb
wolle man eine neue Feier. Wie es 2011 weitergeht, lässt der
Kanton offen. Eine Projektgruppe erarbeitet ein grundlegend neues
Konzept.
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ANTI-SEMITISMUS
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NZZ 27.3.10
Zunahme judenfeindlicher Übergriffe
(sda) ⋅ Die jüdischen Gemeinden in der Westschweiz sind
beunruhigt: Im letzten Jahr zählte die Westschweizer
Koordinationsstelle gegen Antisemitismus und Diffamierung (Cicad) 153
judenfeindliche Übergriffe. Im Vorjahr waren es 96 gewesen. Vor
allem Internet-Blogs dienen als Schauplätze von Diffamierungen,
wie es in dem am Freitag präsentierten Cicad-Jahresbericht heisst.
Die Autoren verstecken sich dabei meist hinter Pseudonymen. Neben
zahlreichen kleineren Vorkommnissen zählt die Cicad auch 22
"ernste" Fälle auf. Dabei geht es vor allem um Beschimpfungen und
Bedrohungen, um öffentliche Diffamierungen und um antisemitische
Sprayereien.
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NOTHILFE
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NZZ am Sonntag 28.3.10
Sozialhilfestopp zeigt wenig Wirkung
Abgewiesene Asylsuchende halten sich mit Verkauf von
Migros-Gutscheinen über Wasser
Trotz minimaler Unterstützung bleiben viele abgewiesene
Asylsuchende in der Schweiz. Das habe auch damit zu tun, dass
Organisationen und Private den Asylsuchenden Hilfe bieten, kritisieren
Kantonsvertreter.
Matthias Herren
Am Dienstag über Mittag ist das Flüchtlingscafé
in Zürich gerammelt voll. Woche für Woche kommen im
Durschschnitt 150 abgewiesene Asylsuchende in das Lokal an der
Militärstrasse. Sie wechseln hier ihre acht Franken Nothilfe, die
sie im Kanton Zürich pro Tag in Form von Migros-Gutscheinen
erhalten, in Bargeld.
"Oft ist nicht die Migros die beste Gelegenheit, sich
möglichst günstig mit dem Nötigsten einzudecken", sagt
Michael Stegmaier vom Flüchtlingscafé. "In Caritas- oder
Secondhand-Läden kaufen die Asylbewerber billiger ein." Doch
dafür brauchen sie Bargeld, genauso wie für das Zugfahren
oder das Telefonieren. Entsprechend stark hat der Handel mit den
Migros-Gutscheinen in den letzten Monaten zugelegt. Zurzeit werden
wöchentlich Gutscheine im Wert von rund 10 000 Franken umgetauscht.
Eigentlich dürften die Nothilfebezüger gar nicht mehr
in der Schweiz sein. Um sie zur raschen Ausreise zu bewegen, wurde
Anfang 2008 für abgewiesene Asylbewerber der Sozialhilfestopp
eingeführt. Doch die vom damaligen Bundesrat Christoph Blocher
(svp.) lancierte Massnahme zeigt bisher nicht die gewünschte
Wirkung. Die Zahl der Ausgewiesenen, die in der Schweiz bleiben,
stagniert auf hohem Niveau. 2008 verliessen nur 12 Prozent die Schweiz,
im ersten Halbjahr 2009 waren es mit 10 Prozent gar noch weniger. Mitte
2009 erhielten 5246 Menschen Nothilfe.
Kantone zahlen Millionen
Im Kanton Zürich bezieht die Hälfte der abgewiesenen
Asylbewerber bereits zwischen einem und vier Jahren Nothilfe. Die 6000
Franken, die der Kanton pro Fall vom Bund als Pauschale erhält,
decken aber nur die Kosten von knapp vier Monaten. Für die rund
1000 Nothilfebezüger müsse der Kanton deshalb jährlich
gegen neun Millionen Franken aus der eigenen Kasse bezahlen, sagt Ruedi
Hofstetter, Chef des kantonalen Sozialamts. Dass nun mit
Migros-Gutscheinen gehandelt wird, stört ihn. "Wir haben aber
keine bessere Lösung." Das Abgeben von Lebensmittelpaketen sei
zwar geprüft, doch aus hygienischen Gründen wieder verworfen
worden. Auch wäre der Vertrieb sehr teuer gewesen.
Im Kanton St. Gallen hat sich die Zahl der Nothilfebezüger
innerhalb eines Jahres von 129 auf 208 Personen nahezu verdoppelt. Dass
der Sozialhilfestopp nicht die gewünschte Wirkung zeigt, hat
für den stellvertretenden Leiter des St. Galler
Ausländeramts, René Hungerbühler, damit zu tun, dass
er ständig unterlaufen werde. "Gewisse Personen und Institutionen
bilden eine eigentliche Schattenbetreuung für Ausreisepflichtige,
so dass diese immer weniger mit dem absoluten Minimum leben
müssen", kritisiert Hungerbühler. Auch im Kanton Aargau gibt
es immer mehr Nothilfebezüger. Der Sprecher des Aargauer
Gesundheitsdepartements, Balz Bruder, sieht das Problem im
"mangelhaften Wegweisungsvollzug".
Vollzug muss optimiert werden
Die Klagen der Kantone wurden in Bern gehört. Ein
Fachausschuss, bestehend aus Vertretern von Bund und Kantonen, setzt
sich zurzeit mit der Langzeitproblematik in der Nothilfe auseinander.
Mario Gattiker, Leiter des Ausschusses und Vizedirektor des Bundesamtes
für Migration, betont, dass sich der Sozialhilfestopp bewährt
habe. "Ohne diesen wären noch mehr abgewiesene Asylbewerber in der
Schweiz." Allerdings müsse der Vollzug optimiert werden. Dazu legt
der Fachausschuss bis Ende April einen Bericht vor. Michael Stegmaier
vom Flüchtlingscafé ist jedoch überzeugt, dass die
Nothilfebezüger auch bei verstärktem Druck nicht ausreisen
werden. Sie würden selbst ohne Unterstützung bleiben. "Was
aber steigen wird, ist die Kriminalität", sagt er.
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Grenchner Tagblatt 27.3.10
"Flüchtlinge" verflüchtigt
Die sinkenden Aufnahmezahlen rühren auch daher, dass die
Anzahl Nichteintretensentscheide (NEE) weiter zunimmt. Bedingt durch
das neue Dublinverfahren, werden immer mehr Asylsuchende abgewiesen.
Dies zeigen die Zahlen aus dem Kanton Solothurn: 2008 waren es 70, 2009
bereits 230 NEE. Aus Angst vor einem Wegweisungsentscheid oder der
Ausschaffung stehlen sich solche Asylsuchende dann frühzeitig
davon. Bernhard Felder, LeiterSozialhilfe und Asyl Kanton Solothurn,
bestätigt, dass diese Personen nur äusserst selten wieder
gefunden werden. Sie tauchen unter, "in einen anderen Kanton oder ein
anderes Land". Genau wisse man das nicht, so Felder. (fup)
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AUSSCHAFFUNGS-TOD
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Sonntagszeitung 28.3.10
Name des Toten unbekannt
Kloten Der Mann, der am 17. März bei der versuchten
Zwangsausschaffung von 16 Nigerianern verstorben ist, ist nicht, wie
die Polizei anfänglich glaubte, der 29-jährige Alex Uzowulu.
Ein Verwandter hatte die Leiche nicht identifizieren können. Auch
nach der Obduktion ist die Todesursache ungeklärt. Laut Amnesty
International und Waadtländer Polizeikreisen hatten die
Zürcher Polizisten die Nigerianer zu eng gefesselt. Dabei sagt
Jean-Michel Claude, Direktor des Genfer Gefängnisses Frambois, in
dem zwei der Nigerianer einsitzen, "seine" beiden Häftlinge
wären freiwillig nach Lagos geflogen. Amnesty fordert in Briefen
an den Zürcher Regierungsrat Markus Notter und Justizministerin
Eveline Widmer-Schlumpf, einen ausserkantonalen Untersuchungsrichter
einzusetzen. (PT)
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bernerzeitung.ch 27.3.10
Nigerianer demonstrieren gegen Rassismus und Gewalt
sda / jam
Über 100 Personen, die meisten von ihnen aus Nigeria, haben
am Samstag in Bern gegen den Tod eines Ausschaffungshäftlings im
Kanton Zürich protestiert. Sie forderten Gerechtigkeit und
prangerten rassistische Vorfälle in der Schweiz an.
Der Tod des 29-jährigen Nigerianers Mitte März sei nur
eines von verschiedenen Beispielen, sagte ein Sprecher der Kundgebung
auf dem Berner Waisenhausplatz. Rassistische Angriffe, insbesondere
gegen Schwarzafrikaner, seien in der Schweiz kein seltenes
Phänomen.
Die Kundgebungsteilnehmer, darunter auch Nationalrat Ricardo
Lumengo (SP), wandten sich gegen behördliche Übergriffe,
gegen Menschenrechts- und Grundrechtsverletzungen sowie gegen
Diskriminierung. Auf Transparenten standen Slogans wie "Stopp das
Morden" oder "Kein Mensch ist illegal".
Widerstand gegen die Ausschaffung
Der 29-jährige Nigerianer starb am 17. März auf dem
Flughafen Zürich-Kloten. Von dort hätte er mit einem
Sonderflug nach Nigeria gebracht werden sollen.
Der Mann hatte sich heftig gegen die Ausschaffung gewehrt und
wurde deshalb mit Gewalt gefesselt. Plötzlich verschlechterte sich
sein Gesundheitszustand rapide und er starb trotz
Reanimationsmassnahmen. Der Nigerianer war einige Tage zuvor in einen
Hungerstreik getreten.
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HOMOHASS
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NZZ 27.3.10
Hetze gegen Homosexuelle in Uganda
Sektenprediger schüren die Abneigung gegenüber Schwulen
und Lesben in afrikanischen Gesellschaften
Die Rechte von sexuellen Minderheiten werden fast überall in
Afrika mit Füssen getreten. In Uganda sieht eine Gesetzesvorlage
für gewisse Fälle gar die Todesstrafe vor.
Markus M. Haefliger, Kampala
Was Bischof Christopher Senyonjo sagt und tut, ist nur wahr und
vernünftig, aber es könnte ihn ins Gefängnis bringen,
wenn in Uganda ein neues Gesetz über das Verbot der
Homosexualität angenommen wird. Der 78-jährige anglikanische
Geistliche im Unruhestand betreibt in einem ehemaligen Ladenlokal der
Hauptstadt Kampala eine Familienberatungsstelle. Er ist bekannt
dafür, dass seine Türen auch homosexuellen Paaren
offenstehen. Schwule und Lesben hätten in Uganda ein schweres Los,
sagt Senyonjo. Sie litten an Schuldgefühlen oder daran, dass sie
keine Partner fänden. Wenn sich ihre Veranlagung herumspreche,
würden sie drangsaliert.
Rufer in der Wüste
Der Bischof spricht ruhig und im gepflegten Englisch älterer
Ugander, die noch während der Kolonialzeit in die Missionsschule
gingen. Er trägt einen Ring aus Amethyst, der zum violetten Talar
passt. Diesen hat er wie zum Trotz angezogen, wenn er sonntags in die
Kirche geht. Der Erzbischof von Uganda untersagte ihm, Messen zu lesen.
Senyanjo hatte sich geweigert, seine Haltung gegenüber
Homosexuellen zu widerrufen. Die meisten Homosexuellen könnten
sich nicht ändern, sagt er. "Sie sind Menschen wie du und ich."
In Uganda gelten solche Ansichten als ketzerisch. Sektenprediger
und Politiker schüren seit zwei Jahren eine in afrikanischen
Gesellschaften latent vorhandene Homophobie. Dabei spielen sie sich als
Wohltäter auf, die Schwule und Lesben von ihrem Zustand
"erlösen" wollten, und sei es mit der Androhung drakonischer
Strafen. Die Hetze wurde von Martin Ssempa ausgelöst, dem Leiter
der Makerere Community Church, einer der Pfingstbewegung nahestehenden
Erweckungskirche.
Vor seiner eigenen Bekehrung hatte Ssempa das ugandische
Anti-Aids-Programm mitgestaltet, das mit amerikanischen Geldern der
Administration Bush finanziert worden war. Dabei lernte er Missionare
des Family Life Network kennen, einer amerikanischen Organisation, die
im Kampf gegen Aids Treue und sexuelle Abstinenz propagiert. 2008 und
2009 lud er seine Verbündeten zu Vortragsreihen ein, um die
Ugander über die Gefahren der Homosexualität
aufzuklären. An den Veranstaltungen nahmen auch Polizisten, Lehrer
und Politiker teil. Eine Kernaussage der Seminare lautete nach
Beobachtern, ausländische Schwule wollten "die afrikanische
Familie" zerstören.
Schwulenbars vor dem Out
Laut Pepe Onziema von der Bürgerrechtsbewegung Sexual
Minorities Uganda (Smug) werden Homosexuelle seither systematisch
drangsaliert. Eine Boulevardzeitung ("Red Pepper") veröffentlicht
Namenlisten von Homosexuellen, die Polizei hält Schwule und Lesben
oft stundenlang fest. Laut Onziema machen sich "Boda-Bodas", Fahrer von
Motorradtaxis, einen Sport daraus, Schwule zusammenzuschlagen. Lesben
würden, häufig von Familienmitgliedern, mit dem
höhnischen Ruf bedroht, sie benötigten "eine Lektion".
Onziema, eine bekennende Lesbe, kleidet sich weiterhin eigenwillig in
Anzug und Krawatte, aber die 29-Jährige gibt mehr für
Taxifahrten aus als für das Essen. Sie fühle sich nur in
geschlossenen Räumen sicher, sagt sie.
In Kampala sind fast alle Schwulenbars verschwunden. Zuvor hatte
es drei solche Treffpunkte gegeben; sie waren an allen Tagen
geöffnet. Die Polizei soll darauf Gespräche mit den Besitzern
geführt haben, worauf diese die Etablissements schlossen oder den
Pächter auswechselten. Zurzeit können Homosexuelle noch einen
Nachtklub besuchen, ohne behelligt zu werden - einmal pro Woche. Die
Stimmung in dem Lokal ist an einem dieser Abende aufgeräumt. Auf
einer Freiluftbühne treten Gruppen von jungen Frauen oder
Männern auf, die zur aufgelegten Musik tanzen. Zwei
Conférenciers reissen anzügliche Sprüche. Die Schwulen
sind in der Minderheit. Sie bewegen sich ungeniert, aber nicht
schamlos. Niemand weiss, wie lange die Toleranz noch währt. Im
Februar wechselte die Betriebsführung auch hier.
Letztes Jahr sprangen Politiker auf den Anti-Schwulen-Zug auf.
Ugandas Minister für Ethik und Integrität, James Buturo, warf
der Uno vor, Afrikanern die Duldung der Homosexualität aufzwingen
zu wollen. Anfang dieses Jahres rief er Bürgerrechtlern zu,
Homosexuelle könnten "ihre Menschenrechte vergessen". Bereits im
September hatte David Bahati, ein bisher weitgehend unbekannter
Jungpolitiker des regierenden National Resistance Movement, im
Parlament den Entwurf für ein Anti-Homosexuellen-Gesetz
eingebracht.
Rabiates Gesetz
Nach dem Gesetzesvorschlag muss als Mindeststrafe für
homosexuelle Handlungen lebenslänglicher Freiheitsentzug
verhängt werden. Wiederholungstäter und Personen, die mit
Jugendlichen sexuell verkehren, sollen gehenkt werden.
Unterstützung für Homosexuelle würde mit bis zu sieben
Jahren, die Beihilfe zu Homo-Ehen mit lebenslänglich
Gefängnis bestraft. Wer Kenntnis hat von homosexuellen Umtrieben,
muss diese innert 24 Stunden der Polizei melden; Zuwiderhandlungen
werden mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. Ausserdem soll
Uganda alle internationalen Verträge kündigen, welche die
Rechte von Homosexuellen gewährleisten.
Martin Ssempa, der Urheber der homophoben Welle, steht an einem
sonnigen Sonntag als Vorbeter vor seiner Gemeinde. Der Gottesdienst
findet in einer Halle der Universität Makerere statt. Zur
Einstimmung werden Kirchenlieder gesungen. Der Pastor gibt im Rhythmus
den Text vor, die rund 350 Besucher psalmodieren. Auf der Bühne
täuschen feenhaft gekleidete Frauen Ekstase vor, während eine
elektrische Orgel und eine Bassgitarre das Erlebnis untermalen. Ssempas
Kirche ist keine Armenkirche, in der die Anhänger schnell einmal
den Kopf verlieren. Laut Teilnehmern sind die meist jugendlichen
Mitglieder Studenten und an der Uni ausgebildete Berufsleute.
Ssempa pflegt seine Predigten mit Fakten zu untermauern. An
diesem Tag wettert er gegen die Ausbeutung der Massen durch
ausländische Mobiltelefonie-Unternehmen und lässt dazu eine
mehrseitige Dokumentation verteilen. Mit ähnlicher Zielsetzung
projizierte er kürzlich pornografische Bilder der wüstesten
Sorte an die Wand. Ssempa erwähnt sein Lieblingsthema diesmal nur
am Rande, im Zusammenhang mit dem besonderen Verkaufsargument seiner
Kirche, nach dem alle Sünder, ob Ausbeuter oder Homosexuelle,
Läuterung erwarten dürfen. "Yes, you can", lautet das aus
Amerika importierte Motto.
Penelope Kirabo, die als Sekretärin in einem
Anwaltsbüro arbeitet, ist mit Ssempa einverstanden. Schwule
hätten "Probleme mit ihren Geschlechtsteilen", die niemanden
gleichgültig lassen könnten. Sie glaubt auch die demagogische
Behauptung des Pastors, Ausländer lockten Studenten mit Stipendien
an, um sie "für die Sache der Homosexualität zu rekrutieren".
Die Absicht rechtfertige die Todesstrafe, sagt sie.
Homophobie dringt nicht nur in Uganda in den öffentlichen
Raum ein, sondern in mehreren Ländern Afrikas (siehe Zusatz). Die
Aktivistin Pepe Onziema sieht als einen Grund dafür das wachsende
Selbstbewusstsein von Schwulen und Lesben. In Uganda hatte die Gruppe
Smug 2007 erstmals eine Medienkampagne unter dem Titel "Let us live in
peace" geführt. Danach hätten die Angriffe begonnen. Eine
zweite Ursache liegt wohl darin, dass Politiker die Homophobie als
Resonanzkörper für wohlfeile Reden entdeckt haben, mit denen
sie von der Korruption und der versäumten Entwicklung ablenken.
Ssempa, der mit der First Lady, Janet Museveni, befreundet ist, hat die
Korruption an der Staatsspitze bezeichnenderweise noch nie aufgegriffen.
Tabuisierung Aids-freundlich
Die dritte Triebfeder ist die Furcht vor Aids. Die amerikanische
Organisation Human Rights Watch dokumentierte schon 2003, wie in
Staaten des südlichen Afrika Regierungspolitiker Schwule zum
Sündenbock machen. In Tat und Wahrheit ist es umgekehrt - die
Tabuisierung der Homosexualität erhöht die Ansteckungsgefahr,
wie eine letztes Jahr in der Fachzeitschrift "Lancet"
veröffentlichte Untersuchung nachweist. Danach heiraten Schwule in
Afrika häufig Frauen, die so einem erhöhten Risiko ausgesetzt
werden. Ausserdem sind Schwule oft von Angeboten im Rahmen von
Anti-Aids-Massnahmen ausgeschlossen.
Ein vierter Grund liegt in der Krise der afrikanischen
Grossfamilie. Früher regelte die Sitte die sexuellen Rechte und
Pflichten von Familienmitgliedern rigoros. Zur Zeit seiner Eltern seien
Tabus so mächtig gewesen, dass in seinem Dorf im Südwesten
Ugandas Verwandte mit abweichendem Verhalten von einem hohen Felsen
gestossen worden seien, sagt der Familiensoziologe Peter Atekyereza. In
der Folge von Modernisierung und Verstädterung ist die Institution
der Grossfamilie in Auflösung begriffen und lebt für viele
Afrikaner nur noch in der Erinnerung fort. Als umso attraktiver
erweisen sich symbolische Stützen, welche wahre und vermeintliche
Traditionen anbieten.
Die Zukunft der ugandischen Vorlage ist offen. Sie ist
populär und verspricht der bedrängten Regierungspartei bei
den Wahlen 2011 Stimmengewinne. Aber weil das entrüstete Ausland
mit einer Kürzung der Finanzhilfen droht, ist Präsident
Museveni in der Zwickmühle. Gut möglich, dass er das
Gesetzesprojekt schubladisieren lässt.
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Behördliche Homophobie in Afrika
mhf. ⋅ In rund zwei Dritteln der afrikanischen Staaten sind
homosexuelle Handlungen strafbar. Die einschlägigen Bestimmungen
stammen meist aus der Kolonialzeit. Sie wurden lange kaum angewendet,
nun jedoch vermehrt aus der Mottenkiste geholt.
Am letzten Montag verfügte ein Richter in Malawi, dass sich
zwei Männer im Alter von 26 und 20 Jahren vor Gericht zu
verantworten haben. Die beiden behaupten, nie Sex miteinander gehabt zu
haben. Sie hatten sich im Januar an einer traditionellen Feier die
"Ehe" versprochen, für die es in Malawi gar keine Rechtsgrundlage
gibt. Ihnen drohen bis zu 14 Jahre Freiheitsentzug.
In Tansania verfolgten im Mai 2009 Fotografen und Polizisten
gemeinsam ein schwules Paar in ein Hotel und brachen in deren Zimmer
ein. Die Männer wurden verhaftet, die gemachten Aufnahmen
ungehindert publiziert.
Im April 2009 nahm Burundi Homosexualität als Tatbestand in
das Strafgesetz auf. Auf entsprechende Handlungen stehen Strafen von
bis zu 3 Jahren Gefängnis.
Im Dezember 2008 verurteilte ein Gericht in Senegal 9
Männer, die eine Hilfsorganisation für HIV-positive Schwule,
Lesben und Transsexuelle gegründet hatten, zu je 8 Jahren
Gefängnis. Später annullierte ein Berufungsgericht das
Urteil. Laut Menschenrechtsgruppen verurteilte Senegal 2009 insgesamt
30 Männer wegen "Handlungen wider die Natur".