MEDIENSPIEGEL 14.7.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Programm
- Nachtleben im Sommerloch: Wieder Polizeistunde?
- Ausschaffungen: Tschetschenische Familie; Du Bois-Reymond in
Nigeria
- Big Brother: Millionen für was?
- Pnos: Verbotsdebatte
- Ex-Rotbrigadist darf nicht nach Zureich ziehen
- Anti-Atom: Viele gegen Gösgen 2; Vernunft gegen Kernkraft
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REITSCHULE
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Fr 16.07.10
20.00 Uhr - Vorplatz - Albino und Madcap (D) ab 22.00 -
Polit-Rap
Do 22.07.10
22.00 Uhr - SLP - CIVET (USA) Rock'n'Roll, Support:
Snakebone (CH) -
Punkrock
Mi 28.07.10
22.00 Uhr - Vorplatz - SLP-Offene Bühne
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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NACHTLEBEN
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20 Minuten 14.7.10
Durch Polizeistunde weniger Gewalt?
ZÜRICH. Eine gesetzliche Einschränkung der
Ausgangszeiten würde die Jugendgewalt deutlich eindämmen: Der
Vorschlag eines Strafrechtlers stösst bei der Polizeigewerkschaft
auf helle Begeisterung.
Um die Jugendkriminalität einzudämmen, wäre
die
Wiedereinführung der Polizeistunde in Städten wie Zürich
eine taugliche Massnahme: "Wir haben starke Indizien dafür, dass
die Jugendgewalt massiv zurückgehen würde, wenn die
Jugendlichen nicht mehr bis in alle Nacht hinein im Ausgang
wären", sagt der Strafrechtler Martin Killias gegenüber dem
"Tages-Anzeiger". Auch ein Alkoholverkaufsverbot ab Mitternacht
wäre laut Killias wirksam. "Wenn ein Staat Ja zur 24-Stunden-Stadt
sagt, muss er auch akzeptieren, dass es zu mehr Gewaltdelikten kommt",
sagt Killias. Es sei am Staat, zu entscheiden, ob er das wolle.
Der Vorschlag stösst beim Generalsekretär der
Polizeigewerkschaft Max Hofmann auf offene Ohren: "Die
Wiedereinführung der Polizeistunde könnte die Polizei
entlasten." Vielen Eltern sei es egal, wo sich ihre Kinder
herumtrieben. Deshalb müsse der Staat Grenzen setzen. Für
Gegner solcher Massnahmen, die auf die Selbstverantwortung der
Bürger verweisen (siehe Box), hat Hoffmann kein Verständnis:
"Wenn Selbstverantwortung bedeutet, sich zu betrinken und sich
anschliessend zu prügeln, kann man dem nicht tatenlos zusehen." Ob
ein Alkohol-Verkaufsverbot ab Mitternacht etwas bringen würde,
findet er allerdings fraglich: "Die Jugendlichen würden sich wohl
ein- fach rechtzeitig mit Alkohol eindecken." Dp
--
Würde eine Wiedereinführung der Polizeistunde in
allen
Kantonen etwas bringen?
"Ich weiss nicht, ob eine Polizeistunde etwas bringt.
Manche
machen ja extra das Gegenteil von dem, was sie dürfen."
Yvona Kljaic (20) Thun
"Nicht der Staat, sondern die Eltern sollten sich darum
kümmern, dass ihre Kinder nicht zu spät nach Hause kommen."
Camilo Cieslik (19) Zürich
"Bei einer Polizeistunde würden die Jugendlichen
einfach
vorher mehr trinken und wären früher betrunken."
Samuel Hügli (19) Arlesheim
"Ich halte nichts von einer Polizeistunde oder einem
Alkohol-Verbot. Für unser St. Galler Nachtleben wäre das der
Tod."
Sabrina Fust (25) Gähwil, SG
--
Politiker von links bis rechts sind gegen Polizeistunde
ZÜRICH. Bei den Parteien stösst die Idee einer
Bregrenzung des Nachtlebens auf Widerstand. "Es ist nicht die Aufgabe
des Staates, die Jugendlichen in die Schranken zu weisen, sondern die
der Eltern", so CVP-Nationalrat Christian Miesch. Nathalie Rickli (SVP)
findet, dass man nicht die Freiheit aller Jugendlicher
einschränken sollte, nur weil sich einige danebenbenehmen.
Effektiver als eine Polizeistunde seien härtere Strafen für
jugendliche Kriminelle. FDP-Nationalrätin Gabi Huber appelliert an
die "Selbstverantwortung des Bürgers". Die SP dagegen will auf
"Integration und bessere Berufschancen" setzen.
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Tagesanzeiger 14.7.10
Politiker: Die Polizeistunde hält die Jungen nicht vom
Saufen ab
Es brauche nicht neue Sperrzeiten, sondern mehr Härte
gegenüber jungen Säufern, ist der Tenor.
Von Liliane Minor
Zürich - Wenn man die Jugendgewalt eindämmen
wolle, sei
die Wiedereinführung der Polizeistunde "eine taugliche Massnahme":
Dies sagte Strafrechtsprofessor Martin Killias gestern im
"Tages-Anzeiger". Seine Worte stossen bei Politikern von links bis
rechts, in Stadt und Kanton allerdings auf taube Ohren. Von einer neuen
Polizeistunde will kaum jemand etwas wissen. Einzig Alecs Recher,
Fraktionschef der AL im Zürcher Stadtparlament, meint vorsichtig:
"Vielleicht muss man sich wirklich überlegen, ob es in der Stadt
wieder so etwas wie Ruhezeiten braucht. Aber das zwinglianische
Zürich will niemand zurück."
Dezidiert gegen Einschränkungen ist Mauro Tuena,
SVP-Fraktionschef im Gemeinderat: "Nur weil sich ein paar wenige nicht
an die Regeln halten, müssten ganz viele dran glauben." Er glaubt,
eine Polizeistunde wäre kontraproduktiv: "Die Sauereien sind ja
nicht in den Bars, sondern anderswo - zum Beispiel am See. Die meisten
Lokalbetreiber hingegen sorgen mit einem riesigen Aufwand für Ruhe
und Ordnung."
"Nicht ganz so dramatisch"
Auch die Chefs der anderen Fraktionen im Gemeinderat
halten die
Wiedereinführung einer generellen Polizeistunde für
übertrieben. Viele warnen, Verbote würden die Jungen nur noch
mehr anstacheln. Markus Knauss (Grüne) sagt: "Wenn die
Jugendlichen merken, dass sie uns mit Saufen provozieren können,
dann ist dieses Verhalten doch gesetzt." Überhaupt sei die Jugend,
die heute nächtelang ausgehe und sich volllaufen lasse, zwar ein
Problem, aber kein riesiges, finden die Politiker. Störende
Auswüchse seien der Preis für die Freiheit. Und die meisten
Jugendlichen seien im Ausgang anständig.
Dennoch: Einfach nichts zu tun, sei auch falsch, finden
alle
befragten Politiker. Vor allem der Rauschmittelkonsum sei
besorgniserregend, ebenso die Gewaltbereitschaft einiger Jugendlicher.
Auf die Frage, was denn getan werden müsste, tun sie sich aber
schwer mit einer klaren Antwort. Das Ganze sei eben ein
gesamtgesellschaftliches Problem - und dementsprechend nicht mit
einfachen Rezepten zu lösen - schon gar nicht von der Stadt allein.
Für FDP-Fraktionschef Roger Tognella sind mobile
Interventionsgruppen wie die Sip und die Aufsuchende Jugendarbeit ein
tauglicher Lösungsansatz: "Sie leisten gute Arbeit." Sein
CVP-Kollege Christian Traber hingegen pocht ebenso wie Mauro Tuena auf
mehr Härte gegenüber jenen, die randalieren oder
prügeln. "Wer auffällt, weil er betrunken ist, soll
konsequent ‹ine gno› werden", fordert Traber, "und zwar mit
Kostenfolgen für den Betroffenen beziehungsweise seine Eltern."
Ruhezonen in der Stadt
Gelöst werden müsse schliesslich das Problem,
dass
immer öfter Wohnquartiere unter dem 24-Stunden-Zürich leiden
müssten, sagt Markus Knauss (Grüne), weil Heimkehrer
spätnachts herumkrakeelten: "Die Polizei muss darauf ein Auge
haben." Es gehe zudem nicht an, Clubs in unmittelbarer Nähe von
Wohnquartieren zu bewilligen.
Der Polizeivorsteher der Stadt Zürich, Daniel Leupi,
nimmt
die Forderungen ernst - mehr als Symptombehandlung könnten Polizei
und Sip aber nicht anbieten, sagt Leupis Sprecher Reto Casanova:
"Insgesamt muss die Stadt wohl mit diesem Phänomen leben, trotz
der unschönen Situationen." Ob eine Wiedereinführung der
Polizeistunde etwas bringe, lässt er offen. Das Gastgewerbegesetz
samt Sperrstunde liege nicht in der Kompetenz der Stadt, sondern des
Kantons. Und der wolle nichts ändern.
Stubenarrest oder Putzen
In der Tat: Selbst in der kantonalen EVP, die 1996 noch
gegen die
Abschaffung der Polizeistunde gekämpft hatte, ist eine
Wiedereinführung heute kein Thema mehr, wie Fraktionschef Peter
Reinhard sagt: "Es gibt dringendere Probleme als die Sperrstunde."
FDP-Fraktionschef Thomas Vogel fordert: "Die Eltern
müssen
wieder die Hauptverantwortung tragen." Er könnte sich einen
Stubenarrest für Jugendliche, die über die Stränge
hauen, vorstellen. Wichtig sei Prävention, sagt Thomas Maier,
GLP-Fraktionschef im Kantonsrat: "Wir müssen den Jugendlichen
klarmachen, was die Folgen ihrer Exzesse sind." Vielleicht, so sinniert
er, wäre es für manch einen eine hilfreiche Lektion, wenn er
an einem Sonntagmorgen unter der Hardbrücke putzen müsste.
--
Einst und jetzt
Zum Glück gab es früher den letzten Zug
Kurz vor Mitternacht ging früher der letzte Zug. Wohl
oder
übel zogen wir nach Hause. Maulend zwar, doch innerlich ganz froh,
konnten wir abziehen, ohne uncool zu wirken, was damals noch bieder
hiess. Denn eigentlich hatten wir genug getrunken, die
Feuchtfröhlichkeit war einer gewissen Dumpfheit gewichen, das
Sackgeld war bereits wie gewonnen, so zerronnen. Und die Welt hatten
wir mit Worten statt Taten schon längst verändert.
Kurzum, es drohten Langweile und ein Kater. Heutige
Jugendliche
haben es da schwerer. Kein letzter Zug, keine Polizeistunde, keine
Möglichkeit, maulend, aber innerlich ganz froh den Abgang zu
machen. Cool ist, wer erst um 23 Uhr anrollt.
Was aber macht man bis dann? Facebook? Vortrinken?
Youtube-Filmchen schauen? Vorschlafen? Ein Weichei ist, wer schon um
zwei Uhr in der Früh heim zu Mami kriecht und sich dort
verkriecht. Vielleicht wären manche Jugendliche -
selbstverständlich nur insgeheim - ganz dankbar, wenn sie
früher nach Hause müssten, weil Zürich dichtmacht. Laut
maulend natürlich.
Helene Arnet
--
Die 24-Stunden-Stadt
Das Volk hat es so gewollt
Party rund um die Uhr, Bier an jeder Ecke und
öffentlicher
Verkehr die ganze Nacht lang: Alles ist demokratisch legitimiert.
Von Jürg Rohrer
Es ist noch nicht lange her - 20 Jahre -, da gab es in der
Stadt
Zürich nur 37 Beizen und Bars, die nach Mitternacht offen hatten.
Heute sind es über 600. "Rasen betreten verboten" war 1990 am
Zürichhorn bereits verschwunden, doch wer um 18.30 Uhr noch keinen
Salat gepostet hatte, ging ohne Salat ins Bett. Oder man suchte die
Bahnhofläden heim, die mit der Inbetriebnahme der S-Bahn das
Eisenbahngesetz ausreizten und erstmals bis 20 Uhr offen hielten.
Die erste grosse Liberalisierung geschah im Dezember 1996,
als
das Volk der Totalrevision des kantonalen Gastgewerbegesetzes
zustimmte. Neu durften alle Wirte Alkohol ausschenken. Die
Polizeistunde um Mitternacht galt grundsätzlich immer noch, doch
erhielt jeder Wirt einen Rechtsanspruch auf dauernde Verlängerung,
solange sein Lokal die Nachtruhe nicht störte. 59 Prozent der
Stimmenden in Stadt und Kanton hiessen diese Befreiung gut. Klar
dagegen war der Kreis 1 in der Stadt, der wusste, was auf ihn zukommt,
während der Kreis 5, der damals noch nicht Zürich-West hiess,
nichts ahnte und mit 71 Prozent begeistert zustimmte.
Nach dem Ausgang wurde der Einkauf liberalisiert. Im
Dezember
1997 stimmte die Stadt Zürich der Verlängerung der
Ladenöffnungszeiten bis 20 Uhr zu; 70 Prozent sagten Ja. Im
März 1998 war der Kanton an der Reihe, der sogar mit 80 Prozent
zusagte. Deshalb steht heute in §4 des Ruhetags- und
Ladenöffnungsgesetzes: "Von Montag bis Samstag können die
Läden der Detailhandelsbetriebe ohne zeitliche Beschränkung
geöffnet sein."
Der dritte Schritt zum 24-Stunden-Kanton wurde im Dezember
2002
unternommen, indem der Verkehrsverbund erstmals Nachtbusse in Betrieb
nahm. Heute umfasst das Nachtnetz am Wochenende zwischen 1 und 4 Uhr 9
S-Bahn-Linien und 47 Buslinien. Rund 12 000 Fahrgäste - mehr oder
weniger nüchtern - fahren im Schnitt pro Nacht mit. Auch dieses
Angebot ist demokratisch legitimiert, letztmals mit dem Ja des
Kantonsrats zum ZVV-Betriebsbeitrag von 720 Millionen Franken für
die Jahre 2009/10.
Auch der Sonntagsverkauf in den grossen Bahnhöfen,
inbegriffen Bier und Schnaps, ist mittlerweile vom Volk abgesegnet,
stimmte es doch im Dezember 2005 den neuen Ladenöffnungszeiten in
den Zentren des öffentlichen Verkehrs zu. Der Kanton Zürich
sagte Ja mit 63 Prozent, die Stadt gar mit 66.
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AUSSCHAFFUNGEN
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sf.tv 14.7.10
Familie unrechtmässig ausgeschafft
sf/webp/engf
Das Bundesamt für Migration hat eine tschetschenische
Flüchtlingsfamilie unrechtmässig aus der Schweiz
ausgeschafft. Dies urteilt das Bundesverwaltungsgericht in seinem
jüngsten Entscheid. Damit habe das Bundesamt Verfahrens- und
Völkerrecht verletzt.
Das Bundesamt für Migration hatte die
tschetschenische
Familie im Herbst 2009 nach Frankreich ausgeschafft, ohne auf deren
Asylgesuch einzugehen. Dies, weil die Familie bereits in Frankreich ein
Asylgesuch gestellt hatte und die Schweiz demzufolge gemäss dem
sogenannten Dublin-Abkommen nicht ebenfalls auf ein Asylgesuch
eintreten muss.
Keine Zeit für eine Beschwerde
Das Bundesverwaltungsgericht hält in seinem Urteil
jedoch
fest, dass die sofortige Ausschaffung der Familie unter anderem
Verfahrens- und Völkerrecht verletzt habe. Dies, weil die Familie
sofort aus der Schweiz ausgewiesen wurde, ohne die Chance gegen den
Entscheid Beschwerde einzureichen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte die sofortige
Wegweisungspraxis des Bundesamts für Migration bereits vor einem
halben Jahr in einem Grundsatz-Entscheid kritisiert.
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Tagesanzeiger 14.7.10
Ausschaffungen
Du Bois-Reymond verhandelt in Nigeria
Alard du Bois-Reymond, Chef des Bundesamts für
Migration
(BFM), befindet sich zurzeit laut gut informierten Quellen in Nigeria.
Das BFM will über den Besuch erst in einigen Tagen - nach der
Rückkehr du Bois-Reymonds - informieren. Die Reise steht im
Zusammenhang mit den Zwangsausschaffungen abgewiesener Asylbewerber aus
Nigeria. Im März war in der Schweiz ein Nigerianer bei einer
Zwangsausschaffung gestorben, worauf die Sonderflüge nach Nigeria
gestoppt wurden. Mit seinem Besuch will der BFM-Direktor die
Wiederaufnahme von Sonderflügen zur Ausschaffung von Nigerianern
erreichen. Du Bois-Reymond wird den nigerianischen Behörden dazu
auch das rechtsmedizinische Gutachten erläutern, welches ein
Herzleiden als eine Ursache für den Tod des Nigerianers eruierte.
Offen ist, ob sich der BFM-Chef auch mit Angehörigen des
Verstorbenen trifft. Die Schweiz hat dessen Familie 50 000 Franken als
"humanitäre Geste" überwiesen. (br)
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Newsnetz 14.7.10
Zwangsausschaffungen: Schweiz verhandelt in Nigeria
sda / jak
Nach dem Tod eines nigerianischen
Ausschaffungshäftlings
wurden sämtliche Sonderflüge ins afrikanische Land gestoppt.
Nun bemüht sich Bern um ein neues Abkommen.
Wann die Sonderflüge für Zwangausschaffungen von
der
Schweiz nach Nigeria wieder aufgenommen werden, ist weiter offen. Die
Schweiz und Nigeria stünden in engem Kontakt, um den Zeitpunkt
für die Wiederaufnahme der Flüge zu bestimmen, teilte das
Bundesamt für Migration mit.
Sämtliche Sonderflüge waren nach dem Tod eines
nigerianischen Ausschaffungshäftlings im vergangenen März auf
dem Flughafen Zürich gestoppt worden. Nachdem sich herausgestellt
hatte, dass der Mann an einer schweren Herzkrankheit gelitten hatte,
wurden die Flüge wieder aufgenommen - ausser nach Nigeria.
Eine von BFM-Direktor Alard du Bois-Reymond geleitete
Delegation
des Bundesamtes für Migration (BFM) kehrte am Mittwoch aus Nigeria
zurück. Die dortigen Behörden seien über die
Todesursache des verstorbenen Nigerianers informiert worden, teilte das
BFM mit. Du Bois-Reymond habe dabei sein Bedauern über den
tragischen Vorfall zum Ausdruck gebracht.
Das Angebot der Schweiz
Das Bundesamt für Migration bietet ab sofort für
jeden
Sonderflug ein medizinisches Begleitteam auf, dem ein Arzt
angehört. Ausserdem stellen die Kantone die Übermittlung
medizinischer Daten sicher. Den nigerianischen Gesprächspartnern
bot du Bois-Reymond an, dass Vertreter der nigerianischen
Migrationsbehörden mitfliegen können.
Ein weiteres Thema des Arbeitsbesuches in dem
westafrikanischen
Land war die geplante Migrationspartnerschaft Nigerias mit der Schweiz.
Die Verhandlungen stünden kurz vor einem Abschluss, schrieb das
BFM dazu. Im Oktober werde eine Delegation aus Nigeria in der Schweiz
erwartet.
Hoffen auf eine verbesserte Zusammenarbeit
Die Partnerschaft der beiden Länder soll gemeinsame
Projekte
fördern, etwa zu den Themen Migration und Entwicklung, zur
Bekämpfung von Menschenhandel, der Vorbeugung von irregulärer
Migration sowie zur Rückübernahme und Reintegration von
Abgewiesenen. Der am 17. März in Zürich verstorbene
Ausschaffungshäftling war ein abgewiesener Asylbewerber ohne
gültige Reisepapiere. Er hätte mit einem Sonderflug nach Laos
zurückgeführt werden sollen.
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BIG BROTHER
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Landbote 14.7.10
Millionenbudget - aber kaum Transparenz
Luca De Carli
Dass die Schweiz einen Geheimdienst hat, ist bekannt -
ebenso,
dass dieser in regelmässigen Abständen in Skandale verwickelt
ist. Wie viel Geld dessen Betrieb aber jährlich verschlingt, darf
die Öffentlichkeit nicht erfahren.
BERN - Selbst die grössten ihres Fachs haben es heute
schwer: So sollen etwa die kürzlich in den USA verhafteten Spione
des russischen Auslandgeheimdienstes (SWR) in mehr als zehn Jahren
Einsatz kaum eine verwertbare Information nach Moskau geliefert haben.
Einzig ihr Austausch gegen russische Gefangene letzte Woche auf dem
Wiener Flughafen erinnerte noch einmal an die Blütezeit der Spione
zur Zeit des Kalten Krieges. Die amerikanischen Nachrichtendienste
ihrerseits schlagen sich in der neuen Welt ohne klares Feindbild kaum
besser. Hinweise auf Anschläge und Anschlagversuche werden
regelmässig übersehen oder gehen im Konkurrenzgerangel der
einzelnen Dienste unter. Wirklich zu funktionieren scheint in den USA
einzig die Bundespolizei (FBI) - sie war es auch, die den russischen
Stümperagenten letztendlich das Handwerk legte.
Auch die Schweiz hat ihre Nachrichtendienste. Deren
Strukturen
seien seit den 80er-Jahren und im Zuge der diversen Skandale sogar noch
"aufgebläht" worden, sagt Albert A. Stahel, Dozent an der
Universität Zürich und Sicherheitsexperte. "Anstelle einer
kleinen, schlagkräftigen Gruppe von vielleicht 20 gut vernetzten
Personen arbeiten deshalb heute sehr viel mehr Leute für den
Nachrichtendienst."
Klassifizierung "geheim"
Wie viele es genau sind, kann weder Stahel noch sonst ein
Aussenstehender sagen. "Der Personalbestand und das Budget des
Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) sind geheim", lässt dessen
Kommunikationsabteilung auf Anfrage verlauten. Selbst für den
Bestand des ehemaligen Inlandgeheimdienstes (DAP), der seit 2009 nicht
mehr dem Justizministerium, sondern dem Militärdepartement
unterstellt ist und 2010 mit dem früheren Auslandgeheimdienst
(SND) fusioniert wurde, gelte heute "die Klassifizierung ‹geheim›".
Kurz vor der Zusammenlegung beschäftigte der DAP gemäss den
letzten offiziellen Angaben in Bern 118 Mitarbeitende, die sich 110
Stellen teilten. Hinzu kamen geschätzte 70 von Bern bezahlte
Mitarbeiter, die in den Kantonen stationiert waren. Für die
Auslandabteilung gehen Stahel wie andere Experten von einem
vergleichbar grossen Bestand aus, sodass heute zwischen 200 und 300
Personen für die beiden Flügel des NDB arbeiten dürften.
Hinzu kommen die Mitarbeiter der militärischen Nachrichtendienste.
Ständerat Claude Janiak (SP, BL), der als Präsident der
Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) die Oberaufsicht
über die Nachrichtendienste innehat und deshalb die aktuellen
Zahlen kennt, liess einzig durchblicken, dass seit der Zusammenlegung
nicht aufgestockt wurde.
Ein grosses Fragezeichen besteht beim Budget des NDB. Im
Gegensatz zum Personalbestand wurde dieses selbst beim
Inlandgeheimdienst vor der Fusion nicht öffentlich ausgewiesen.
Das Bundesamt für Polizei (Fedpol), das inklusive dem ihm bis 2009
angegliederten DAP 953 Personen beschäftigte, wies für 2008
ein Budget von 241 Millionen Franken aus. Umgerechnet auf die
Grösse des NDB würde dessen Jahresetat somit rund 60
Millionen betragen. Geht man beim NDB von einem Anteil des
Personalaufwandes am Gesamtbudget wie beim Fedpol aus (52 Prozent),
betrüge dieses ebenfalls rund 60 Millionen - bei 250 Mitarbeitende
mit einem Jahreslohn von 150 000 Franken.
Brisante Aussage ohne Beweise
Die Schweiz lässt sich ihre Schlapphüte also
einiges
kosten. Ob diese mit ihrer Arbeit den Aufwand auch rechtfertigen, kann
aufgrund mangelnder Transparenz nicht eindeutig beurteilen werden. Das
einzige vom NDB für die Öffentlichkeit bestimmte Zeugnis
seiner Arbeit lässt aber an deren Qualität zweifeln. Letzte
Woche publizierte der NDB seinen Bericht "Sicherheit Schweiz". Ein Echo
löste vor allem das Kapitel "Verbotener Nachrichtendienst" aus.
Die Kernbotschaft: Ausländische Nachrichtendienste sollen den
Schweizer Finanzplatz ausspionieren, "um nach unversteuertem Geld ihrer
Bürger zu suchen". Eine brisante Aussage. Doch nach stichhaltigen
Beweisen für diese These, selbst in anonymisierter Form, sucht man
im Bericht vergebens. Konkret wird der NDB gar im gesamten Kapitel nur
ein einziges Mal: Als Illustration für die illegalen
Nachrichtendienstaktivitäten wird der Fall eines estnischen
Spitzenbeamten geschildert, der für Russland spioniert hat. Ein
Fall, der bereits 2008 ein Thema in der internationalen Presse war.
95 Prozent öffentliche Quellen
Dieses Beispiel scheint typisch für die Arbeit des
NDB.
Seine Informationen beschafft er sich nicht wie im Film mit der Pistole
hinter feindlichen Linien, sondern über öffentlich
zugängliche Quellen - sprich Zeitungen oder wissenschaftliche
Arbeiten. Experte Stahel spricht gar von einem Anteil öffentlicher
Quellen von 95 Prozent. Der kleine Rest stamme vor allem aus dem
Austausch mit anderen Nachrichtendiensten und von Informanten. Diese
Aussage bestätigt auch ein Mitarbeiter des NDB in einem nicht
autorisierten Interview, das die Wochenzeitung 2009 abdruckte. Der
verantwortliche Journalist versicherte gegenüber dieser Zeitung
dessen Echtheit. Stahel kommt zum Schluss, dass der Schweizer
Nachrichtendienst seinen Aufwand konzentrieren sollte. "Weniger ist
oftmals mehr", so Stahel. Als Beispiel könnte auch der deutsche
Bundesnachrichtendienst (BND) dienen, der pro Mitarbeiter zwei Drittel
weniger Geld verbraucht als geschätzt sein Schweizer Pendant.
Während beim BND die Angaben dazu erst noch öffentlich
zugänglich sind.
LUCA DE CARLI
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PNOS
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NLZ 14.7.10
Kanton Luzern
"Pnos verbieten? Das ist heikel"
Von Harry Tresch
Die Jungsozialisten fordern ein Verbot der Pnos. Dies
umzusetzen
dürfte aber schwierig werden - zu stark ist die Meinungsfreiheit
in der Schweiz geschützt.
Das Parteiprogramm tendiert zum Rechtsextremismus, die
Rhetorik
geht in dieselbe Richtung: Die Partei National Orientierter Schweizer
(Pnos) macht keinen Hehl daraus, auf welcher Seite sie politisch steht.
Doch in letzter Zeit hielten sich die Mitglieder mit Provokationen
zurück.
Jetzt aber ist die Partei verärgert: Sie
verdächtigt
linke Aktivisten, das Winkelried-Denkmal in Sempach verschmiert zu
haben. Ausserdem ist ein Kranz verschwunden, den die Pnos an der
diesjährigen Schlachtjahrzeit niedergelegt hat. Man werde im
nächsten Jahr am Schlachtjahrzeit eine Sprengfalle montieren,
liess die Sektion Willisau per Medienmitteilung verlauten. Die
Linksaktivisten hätten im nächsten Jahr nichts zu lachen
(siehe Ausgabe vom Montag).
Gefährdung der Sicherheit?
Die Jungsozialisten Luzern kontern und fordern ein Verbot
der
Partei. Die Pnos vertrete ein menschenverachtendes und
gefährliches Gedankengut. Doch: Ist ein Verbot überhaupt
umsetzbar? "Die Pnos verbieten? Das ist heikel", sagt
Staatsrechtsprofessor Paul Richli von der Universität Luzern.
"Parteien dürfen nur verboten werden, wenn von ihnen eine
schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung ausgeht." Ob dies bei der Pnos gegeben ist, bezweifelt er. "Man
müsste genau wissen, mit welchen Mitteln und Werkzeugen die
Anhänger vorzugehen gedenken", so Richli. "Es ist also
abzuklären, ob von den geplanten Sprengfallen tatsächlich
eine Gefahr ausgeht." Gegebenenfalls sei an ein Rayonverbot, nicht an
ein Parteiverbot zu denken.
Nur el Kaida ist verboten
Richli befürchtet insbesondere eine starke
Einschränkung der Meinungs- und der Vereinigungsfreiheit. "Diese
sind in der Schweiz grundrechtlich geschützt", sagt Richli. Nur
zwei Parteien wurden jemals in der Schweiz verboten: die Kommunisten
1940 und die Nationalsozialisten gleich nach Ende des Zweiten
Weltkriegs. Seither ist dem Staatsrechtsprofessor ausser der
Terrorgruppierung el Kaida keine weitere Vereinigung bekannt, die sich
in der Schweiz nicht versammeln dürfte. Ein Verbot wäre
für den zukünftigen Rektor der Universität Luzern
unverhältnismässig: "Schauen Sie, wie risikobelastet
Fussballspiele sind. Dort sind Ausschreitungen und Gewalt häufige
Risikofaktoren. Bei der Meinungsfreiheit darf sicher nicht pingeliger
vorgegangen werden."
Marcel A. Niggli, Strafrechtsprofessor der
Universität
Fribourg, hält fest, dass ein Verbot grundsätzlich
möglich wäre - "etwa, wenn eine Partei als Ziel hätte,
eine Veränderung der demokratischen Struktur der Schweiz mittels
Gewalt zu erzwingen." Verbote von Parteien würden in der Schweiz
aber nie ausgesprochen. Das Parteiprogramm der Pnos enthalte zwar
spezifische rechtswidrige Aspekte. Man könne aber nicht ableiten,
dass deshalb die ganze Partei rechtswidrig sei, so Niggli.
"Das sind keine Töfflibuebe"
Menschenrechtler und Neonaziexperte Heinz Kaiser
kämpft seit
2002 gegen die Neonaziszene in der Schweiz. Insgesamt zehn Aargauer
Vorstandsmitglieder der Pnos brachte er vor Gericht - alle wurden wegen
Rassendiskriminierung verurteilt. "Ein Verbot dieser Partei ist
denkbar, denn es gibt die Möglichkeit, Vereine aufzulösen,
wenn sie gegen Gesetze verstossen." Nach Artikel 78 des
Zivilgesetzbuches dürfe ein Verein nichts Widerrechtliches oder
Unsittliches machen, sonst könne er von einem Gericht
aufgelöst werden, erklärt der Fricktaler. Welche Art von
Verband spiele keine Rolle. Und für Kaiser ist klar: "Die Pnos ist
ganz klar kriminell."
Heinz Kaiser ist überrascht, dass die Pnos derart
offensiv
an die Öffentlichkeit tritt. Die Drohungen müsse man sehr
ernst nehmen. "Das sind keine pubertierenden Töfflibuebe."
harry.tresch@neue-lz.ch
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Pnos Willisau
Anzeige unklar
Die Pnos Sektion Willisau drohte vergangene Woche den
"Linksaktivisten", die ihrer Ansicht nach das Winkelried-Denkmal in
Sempach verschmiert und einen Gedenkkranz gestohlen hatten. In einer
Mitteilung sprach sie davon, einen Sprengkörper beim Denkmal
anzubringen. Die Luzerner Polizei klärt derzeit ab, ob die Pnos
Sektion Willisau wegen Schreckung der Bevölkerung oder Drohung
angezeigt wird. Gemäss Simon Kopp, Informationsbeauftragter der
Strafuntersuchungsbehörden, ist weiterhin unklar, ob es zu einer
Anzeige kommt.
Neuer Kranz niedergelegt
Am vergangenen Freitag haben Pnos-Anhänger einen
neuen Kranz
beim Denkmal niedergelegt. Die Polizei habe Kenntnis vom Kranz, sagte
Kopp auf Anfrage. Ob die Polizei diesen auf Sprengkörper
untersucht hat, dazu wollte Kopp indes keine Stellung nehmen.
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ROTE BRIGADEN
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Tagesanzeiger 14.7.10
Ex-Terrorist darf nicht zu seinen Kindern in Zürich ziehen
Ein ehemaliges Mitglied der italienischen Roten Brigaden
will in
die Schweiz ziehen, wo es zur linksautonomen Szene Kontakte pflegt. Ein
Gericht verwehrt ihm das.
Von Stefan Hohler
Bern/Zürich - Der heute 54-jährige Italiener
lebte
zwischen 1996 und 2002 illegal bei seiner Schweizer Freundin in
Zürich. Das Paar hat eine Tochter und einen Sohn. Die Frau starb
2002 an Krebs, die Kinder kamen zu einer Pflegemutter. Der Mann war
laut einem Urteil des römischen Geschworenengerichts zwischen 1985
und 1989 ein militantes Mitglied der Brigate Rosse. Zwischen 1989 und
1992 sass er in Frankreich als Mitglied einer kriminellen Organisation
eine dreijährige Gefängnisstrafe ab, unter anderem weil er in
Paris illegal Munition gelagert hatte.
Für das römische Geschworenengericht war
"Vincenzo", so
sein Kampfname, zwar nicht einer der führenden Organisatoren der
Terrorgruppe. Er habe die Gruppe aber mitgegründet und aktiv
unterstützt. Er wurde deshalb am 18. September 2001 in Abwesenheit
in Italien zu fünfeinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Im
März 2002 wurde er nach zehnjähriger Flucht in Zürich
auf offener Strasse verhaftet und im September gleichen Jahres nach
Italien abgeschoben. Dort musste er seine Strafe absitzen.
Nach seiner Freilassung im Frühling 2005 reichte
"Vincenzo"
eine Beschwerde gegen eine Einreisesperre ein, die das Bundesamt
für Polizei (Fedpol) am 3. März 2003 ausgesprochen und auf
zehn Jahre befristet hatte. Die Sperre ist also noch drei Jahre
gültig. Der Italiener bemühte sich auch um eine
Aufenthaltsbewilligung im Kanton Zürich, was die kantonalen
Behörden aber ablehnten. Der Vater erhielt jedoch die Erlaubnis,
jährlich drei- bis viermal für zehn Tage zu seinem Sohn und
seiner kranken Tochter zu reisen. Das Mädchen leidet an einer
unheilbaren Stoffwechselkrankheit.
In der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht schreibt
seine
Anwältin, die beiden Verurteilungen lägen 16 bis 20 Jahre
zurück. Ihr Mandant habe sich seit der Entlassung in Frankreich
1992 bis zu seiner Verhaftung in der Schweiz 2002 nichts zuschulden
kommen lassen. Er sei in der Schweiz einzig wegen illegalen Aufenthalts
mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Aus sozialer Sicht sei es wichtig,
dass der Vater mit seinen in Zürich lebenden Kindern
möglichst oft Kontakt habe. Die Vormundschaftsbehörde habe
ihm, in Kenntnis seiner Vergangenheit, die elterliche Sorge
übertragen. Während seines sechsjährigen Aufenthalts in
Zürich habe "Vincenzo" für seine Familie gesorgt und sich in
die Gesellschaft integriert. Der Mann bestreitet, Mitglied der Roten
Brigaden gewesen zu sein. Er bezeichnete sich aber als ein mit den
Brigate Rosse assoziierter Revolutionär.
Kontakt mit Autonomenszene
Für das Bundesverwaltungsgericht hat der
54-Jährige
immer noch eine gefährliche Gesinnung. Er habe sich nie von den
Roten Brigaden distanziert. Das Gericht stützt sich dabei auf
Informationen des ehemaligen Inlandgeheimdienstes DAP (heute
Bundesnachrichtendienst) und Presseberichte. So hatte "Vincenzo" in den
letzten Jahren mehrmals Kontakt zu namhaften Exponenten der Brigate
Rosse und nahm mindestens einmal an einem Treffen einer
europäischen gewaltbereiten linksextremen Organisation teil. In
der Schweiz unterhält er enge Beziehungen zur linksautonomen
Szene, konkret zum Revolutionären Aufbau. Die Pflegemutter seiner
Kinder würde mit diesen Kreisen sympathisieren, schreibt das
Gericht.
Ob der Mann gegen das Urteil eine Beschwerde an das
Bundesgericht
einreicht, wollte seine Zürcher Anwältin gestern nicht sagen.
C-1118/2006
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http://relevancy.bger.ch/pdf/azabvger/2010/c_01118_2006_2010_07_02_t.pdf
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ANTI-ATOM
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Oltner Tagblatt 14.7.10
Viel Echo zum zweiten KKW
Kanton Solothurn Gegen 800 Einwendungen zum
Richtplanentwurf
Zum Begehren nach einem zweiten Kernkraftwerk im Niederamt
gibt
es vorderhand eine erhebliche Grundsatz-Opposition und zahlreiche
Vorbehalte im Detail: Dieser Schluss lässt sich aus der Zahl von
fast 800 Einwendungen ziehen, die gegen die vom Kanton Solothurn
aufgelegte Richtplananpassung im Hinblick auf ein zweites Kernkraftwerk
direkt neben dem bestehenden KKW Gösgen eingegangen sind.
Abgesehen von den bekannten Argumenten der Gegnerschaft
gegen
neue Kernkraftwerke haben die Gemeinden der Region ihre konkreten
Forderungen beim Solothurner Bau- und Justizdepartement deponiert. Auf
eine Stellungnahme zum Richtplan verzichtet hat hingegen die Stadt
Olten. (cva) Seite 11
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Fast 800 Einwendungen zu einem zweiten Kernkraftwerk
Richtplan Viel Arbeit fürs Solothurner
Raumplanungsamt beim
Auswerten bis Ende August
Letzte Woche ist die Frist für Einwendungen zur
Richtplananpassung für ein zweites Kernkraftwerk im Niederamt
abgelaufen. Gegen 800 Einwendungen trafen beim Solothurner Bau- und
Justizdepartement ein. Bis Ende August will dieses einen
Auswertungsbericht vorlegen.
Christian von Arx
Auf 769 bezifferte Bernard Staub, Chef des
Raumplanungsamts des
Kantons Solothurn, am Montag die Zahl der eingegangenen Einwendungen.
21 weitere seien noch angekündigt, mögliche weitere nicht
auszuschliessen, da die Frist vom 7. Juli nicht sakrosankt sei.
Über die Grössenordnung von 800 Stellungnahmen
zur
Richtplananpassung für ein zweites Kernkraftwerk im Niederamt
zeigte sich Staub nicht überrascht: "Viele sind gleichlautend,
einige Organisationen haben Muster-Einwendungen angeboten." Wobei er
gleich anfügt: "Auch diese werden selbstverständlich
sorgfältig angeschaut, ausgewertet und beantwortet."
Stadt Olten verzichtete
Eine Pflicht, sich zu Richtplanänderungen vernehmen
zu
lassen, gibt es nicht. So haben zwei gewichtige Betroffene des Projekts
KKW Niederamt ausdrücklich auf eine Stellungnahme verzichtet: Die
Stadt Olten und die Gemeindepräsidentenkonferenz Niederamt (GPN).
Bei der GPN ist klar, dass sie zu einem zweiten KKW keine
einstimmige Meinungsäusserung hätte abgeben können. Sie
überliess es deshalb den einzelnen Gemeinden, ihre Eingaben nach
Solothurn zu schicken.
Erstaunlicher ist die Zurückhaltung der Stadt Olten.
Sie
verzichtet damit auf die Möglichkeit, im Rahmen des
Richtplanverfahrens über Fragen wie beispielsweise den
Parallelbetrieb KKW Gösgen-KKW Niederamt, die Art des
Kühlturms, die Auswirkungen auf den Verkehr oder die Abgeltungen
ihre Interessen gegenüber dem Kanton zu vertreten. Zweifellos ist
sich der fünfköpfige Oltner Stadtrat über das
grundsätzliche Ja oder Nein zu einem zweiten KKW innerhalb von 5
Kilometern um die Stadt nicht einig. Doch das dürfte auch für
die meisten Gemeinderäte im Niederamt zutreffen.
Gegner organisierten sich
Es liegt auf der Hand, dass die Möglichkeit zu
Einwendungen
vor allem die Gegner auf den Plan ruft. Die Organisation "Nie wieder
Atomkraftwerke" (NWA), mit Sektionen in den Kantonen Solothurn und
Aargau, gab an einer Veranstaltung in Niedergösgen Tipps für
Einwendungen gegen die Richtplanänderung; diese wurden offenbar
zahlreich befolgt.
Erwartungsgemäss bekräftigten die SP und die
Grünen der Region Olten, aber auch mehrere ihrer Ortsparteien,
ihre grundsätzliche Opposition gegen den Ausbau der Kernkraft,
namentlich am Standort Niederamt. Auch die kantonalen
Grünliberalen lehnten ein KKW Niederamt ab. Widerstand "mit allen
rechtlichen und politischen Mitteln" kündigte die Regierung des
Kantons Basel-Landschaft an; dazu ist sie von ihrer Kantonsverfassung
verpflichtet.
Die "Allianz gegen neue AKW", die gesamtschweizerisch alle
wichtigen Gegnerorganisationen umfasst, forderte den Kanton Solothurn
in ihrer Eingabe rundweg auf, die Richtplananpassung ersatzlos fallen
zu lassen. Diese sei angesichts der Bundeskompetenz für die
Rahmenbewilligung ein "planungsrechtlicher Leerlauf" und diene nur
dazu, "bei der Solothurner Bevölkerung ohne echte inhaltliche
Diskussion einen positiven Bescheid zu Gösgen II abzuholen", liess
sie verlauten.
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Das fordern die Gemeinden der Region
Der Gemeinderat von Dulliken kam zum Schluss, dass die
Richtplananpassung den vitalen Interessen der Gemeinde und des
Niederamts zuwiderlaufe. Ansonsten enthalten die Stellungnahmen der
Niederämter Gemeinden, darunter die gemeinsame der drei
vorgesehenen Standortgemeinden Däniken, Gretzenbach und
Niedergösgen, in der Regel konkrete Forderungen für den Fall
einer Realisierung des zweiten Kernkraftwerks im Niederamt, darunter
folgende:
· Zu wenig Zeit: Der Regionalverein
Olten-Gösgen-Gäu (OGG) bemängelt, die 30-tägige
Frist zur Vernehmlassung sei angesichts der Tragweite viel zu kurz
ausgefallen, um substanziiert Stellung nehmen zu können. Die
Standortgemeinden und weitere Regionsgemeinden verlangen, die
Richtplananpassung dürfe nicht abgeschlossen werden, bevor die von
der GPN in Auftrag gegebene sozioökonomische Studie vorliege.
Deren Ergebnisse müssten zwingend in den Richtplan einfliessen.
· Parallelbetrieb: Der Gemeinderat Obergösgen
verlangt, dass der Parallelbetrieb mit der Abschaltung des KKW
Gösgen endet und somit nicht automatisch ein Bauplatz für ein
drittes KKW entsteht. Starrkirch-Wil fordert die Beschränkung des
Parallelbetriebs auf fünf Jahre nach Inbetriebnahme des KKN.
· Ersatz KKW Gösgen: Die drei
Standortgemeinden
verlangen, dass die Richtplanänderung nur für ein KKW und
nicht für ein Öl- oder Gaskraftwerk, aber auch nicht für
ein Nachfolgewerk des KKW Gösgen gelten darf.
· Kühlsystem: Die Standort- und weitere
Regionsgemeinden verlangen einen genügenden Lärmschutz beim
Hybridkühlturm. Die Grünliberalen lehnen einen
Hybridkühlturm als technisch nicht befriedigend ab und verlangen
einen Nasskühlturm (wie Gösgen). Dagegen begrüsst der
Planungsverband der Region Aarau (PRA) den Einsatz eines
Hybridkühlturms. Mehrere Gemeinden wünschen Vorschriften
über die Nutzung der Abwärme.
· Stromleitungen: Der Gemeinderat Obergösgen
ruft
nach neuen Starkstromleitungen, die ausserhalb des Siedlungsgebiets,
nach Möglichkeit im Boden verlaufen müssten. Auch der
Gemeinderat Lostorf verlangt die Vermeidung von zusätzlichem
Elektrosmog.
· Verkehr: Der Regionalverein OGG und mehrere
Gemeinden
bezeichnen die Aussagen des Richtplanentwurfs zu den Auswirkungen von
Bau und Betrieb des neuen KKW auf die Verkehrssituation als
ungenügend und rufen nach einem Verkehrskonzept.
· Abgeltungen: Die Standortgemeinden und zahlreiche
weitere Gemeinden der Region verlangen eine verbindliche Festlegung der
Steuergrundsätze und Abgeltungen. Auch der Regionalverein OGG ruft
diesbezüglich nach einer Koordination des Kantons. Der
Planungsverband der Region Aarau wünscht, dass die Abgeltung nicht
auf das Niederamt beschränkt, sondern "der Abgeltungsperimeter mit
dem unmittelbaren Gefahrenbereich in Übereinstimmung gebracht
wird".
· Tiefenlager: Die Standort- und weitere Gemeinden
fordern, dass die Richtplananpassung kein Präjudiz für ein
Tiefenlager für radioaktive Abfälle in der Region darstellen
dürfe. Lostorf verlangt, es sei zwingend auf ein Tiefenlager zu
verzichten. (cva)
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Handelszeitung 14.7.10
Essay WWF-Chef Hans-Peter Fricker zur AKW-Debatte
Die Vernunft spricht gegen die Kernkraft
Atomkraft - keine andere Energieform sorgt für mehr
Polarisierung in der öffentlichen Diskussion. Da wird munter
polemisiert, behauptet und zugespitzt. Diesen Eindruck hinterlässt
auch der Artikel von Walter Krämer, der unter dem Titel "Wer hat
Angst vor dem AKW?" jüngst in der "Handelszeitung"
veröffentlicht worden ist. Der Statistikexperte kommentiert darin
ausgiebig und süffisant eine Studie zu Leukämiefällen im
Umfeld von Atomkraftwerken, welche in Deutschland die AKW-Gegner ins
Feld führen. Krämer tut dabei so, als ob die Angst vor
Leukämie das Argument schlechthin gegen die neuen Grossprojekte
der Atomlobby sei. Dem ist nicht so. Denn nicht die Angst spricht gegen
neue AKW, sondern primär die Vernunft oder anders gesagt: Die
Fakten.
Solche Fakten liefert zum Beispiel die neue Studie von
Kantonen
und Umweltverbänden: "Stromeffizienz und erneuerbare Energien -
wirtschaftliche Alternative zu Grosskraftwerken" (Infras/TNC,
Zürich 2010). Danach lässt sich der künftige Strombedarf
der Schweiz, so wie er von der Elektrizitätswirtschaft selber
errechnet wurde, auch ohne neue AKW decken. Den wichtigsten Beitrag
dazu leistet die Effizienz: Zum einen der Einsatz von Geräten,
Motoren und Lampen, die wenig Strom verbrauchen. Zum andern das
Abschalten von Elektrogeräten, die zwar in Betrieb sind, deren
Leistung aber nicht genutzt wird. Solche Geräte verbrauchen in
unserem Land 30% der gesamten Stromproduktion. Laut Studie reicht es,
diese Verschwendung um einen Sechstel zu reduzieren, indem zum Beispiel
moderne Steuerungen dafür sorgen, dass die Geräte nur bei
Bedarf laufen. Das, was es an zusätzlichem Strom dann noch
braucht, kann mit Biomasse, mit der Sonne, aber auch mit neuen
Wasserkraftwerken, Windrädern und später auch mit der
Geothermie produziert werden. Der von Alpiq, Axpo und BKW
prognostizierte Energie-Mehrverbrauch kann zu zwei Dritteln mit
Effizienzverbesserungen und zu einem Drittel mit erneuerbaren Energien
gedeckt werden. So können wir getrost auf den Bau weiterer AKW
verzichten.
Eine neue, nachhaltige Energie-Strategie lohnt sich auch
finanziell, weil die Schweiz so wirtschaftlich deutlich besser
fährt als mit neuen Grosskraftwerken. Für den Bau von zwei
neuen Atomkraftwerken und einem riesigen Gaskraftwerk wären
Investitionen von rund 39 Mrd Fr. nötig. Die Investitionen
für den nachhaltigen Weg dürften zwar rund 26 Mrd Fr. sein.
Die nachhaltige Strategie ist unter dem Strich trotzdem
wirtschaftlicher, weil zum Beispiel sparsame Geräte über die
ganze Lebenszeit gerechnet deutlich tiefere Betriebskosten verursachen.
Satte 12 Mrd Fr. macht die Differenz zugunsten der nachhaltigen
Energien aus. Neue AKW dagegen drohen volkswirtschaftlich zum
Verlustgeschäft zu werden, denn die Investitionen werden laut
Studie durch die zu erwartenden Erträge kaum gedeckt. Insofern
sind Investitionen in neue AKW Hochrisikogeschäfte, und es
dürfte schwierig sein, überhaupt genügend Geld für
solche Megaprojekte zu beschaffen.
Auch bei der Wertschöpfung und punkto
Arbeitsplätze
schneiden Investitionen in Stromeffizienz und erneuerbare Energien
deutlich besser ab als Investitionen in neue Grosskraftwerke. So
schafft ein nachhaltiges Szenario dauerhaft 5300 Arbeitsplätze.
Diese Arbeitsplätze beleben die Schweizer Volkswirtschaft, und sie
sind, vom Bodensee bis zum Genfersee, von Basel bis ins Tessin, erst
noch gleichmässig über das ganze Land verteilt. Die
einheimische, dezentrale Produktion stärkt die
Versorgungssicherheit und macht uns zusammen mit den Investitionen in
die Energieeffizienz unabhängiger vom Ausland. Auch wichtige
staatspolitische Gründe sprechen also für das
Nachhaltigkeits-Szenario.
Die Beschäftigungswirkung beim Bau von neuen
Grosskraftwerken ist demgegenüber deutlich geringer und fällt
in weniger produktiven Branchen wie dem Baugewerbe an. Sie
beschränkt sich auf wenige Regionen der Schweiz und ist nur von
kurzer Dauer, weil sie vor allem die Bauphase von AKW betrifft.
Atomkraftwerke bringen zudem erhebliche Gefahren für Mensch und
Umwelt mit sich: Von der Freisetzung radioaktiver Strahlung beim Abbau
des Urans bis hin zur Wiederaufbereitung, vom weltweit ungelösten
Problem der Endlagerung von radioaktivem Abfall über die weitere
Verbreitung von Kernwaffen bis zur politischen Unwägbarkeit. Denn
es ist gut möglich, dass das Schweizervolk neue Atomkraftwerke an
der Urne ablehnen wird.
Um in der Schweiz ein nachhaltiges Szenario zu
realisieren, ist
die Politik gefordert, zum Beispiel mit der Einführung einer
Lenkungsabgabe. Strom ist in der Schweiz sehr billig - es gibt also
keinen Anreiz, sparsam damit umzugehen. Ein solcher Anreiz kann mit
einer Lenkungsabgabe geschaffen werden, die den Strom verteuert. Diese
Abgabe wird der Bevölkerung mit einer Reduktion der
Krankenkassenprämien und der Wirtschaft mit einem Rabatt auf dem
AHV-Arbeitgeberbeitrag zurückerstattet. So werden Stromsparer
belohnt. Der Kanton Basel-Stadt hat damit gute Erfahrungen gemacht.
Sein Beispiel zeigt, dass die Lenkungsabgabe wirkt: Basel liegt seit
deren Einführung beim Stromverbrauch deutlich unter dem nationalen
Trend, bei der Wirtschaftsentwicklung aber deutlich darüber. Es
ist höchste Zeit, dass unser Land aus der energiepolitischen
Sackgasse findet und in zukunftsfähige Energien investiert.
Hans-Peter Fricker, CEO, WWF Schweiz, Zürich.