MEDIENSPIEGEL 6.10.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)

Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS, Tojo, GH, Kino, SLP)
- Reitschule bietet mehr: Veranstaltungen + SVP-Nonsense
- Antifa-Abendspaziergang: Kostenfragen
- Anti-Minarett-(Gegen-)Demo: Unruhiges Langenthal
- Alois B. Stocher: Olaf auf SVP-(Ab)Wegen
- Ausschaffungen: Online-Petition gegen Sonderflüge
- Liechtenstein ganz Rechts: Knast für Brandstiftung
- RaBe-Info 5.10.10
- Rauschknast: 15 Berauschte à Fr 950.-- pro Wochenende
- Drogen: Solothurn; Winterthur; Kifflizenz Kalifornien
- Alkohol: Gegen Billigräusche
- Anti-Feminismus: ZKB vs IGAF
- Waffenindustrie: Ruag goes Malaysia
- Migration Control: 50 Mio für Libyen
- Taser: Toter in Australien
- Chile: Teilabbruch Hungerstreik und Sozial Kämpfe Mapuche
- Homohass: Uganda startet Hetzjagd
- Anti-Atom: Atom-Lobby

----------------------
REITSCHULE
----------------------

Mi 06.10.10
19.00 Uhr - SousLePont - Bayrische Spezialitäten

Do 07.10.10
21.00 Uhr - Rössli - Kafkas (D)
20.30 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Kald Mig Bare Axel (Nenn mich einfach Axel) | Pia Bovin, Dänemark 2002

Fr 08.10.10
19.30 Uhr - Infoladen - "Willkommen im Paradies" Integration - Gleichstellung oder Anpassung? mit Solidarité sans Frontières
21.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Mein Vater mein Onkel | Christoph Heller, D 2009
23.00 Uhr - Dachstock - Dangerdubz: CASPA (UK) & MC ROD AZLAN, DJ's Ben Danger & BB1 (be), VJ

Sa 09.10.10
21.00 Uhr - Kino - "MUSLIM/A" - Mein Vater mein Onkel | Christoph Heller, D 2009
21.00 Uhr - Tojo - Plattentaufe "To The Bone" von 2FORSOUL.
23.00 Uhr - Frauenraum - ANKLANG - sie er LAUBt. Mit DJ's Princess P (BE) und Wicked Wilma (ZH) " elektro
22.00 Uhr - Dachstock - Patchwork & Dachstock present: TY (UK) & Band!, DJ's Sassy J & Soul Sociedad " hiphop, soul
22.00 Uhr - Grosse Halle - BOOKA SHADE in concert (Get Physical/D), M.A.N.D.Y. (Get Physical/D), Animal Trainer (Stil vor Talent) & Robel (Audiotheque)

So 10.10.10
20.00 Uhr - Rössli - Ceschi, 2econd Class Citizen, Buddy Peace

Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch

---

Kulturstattbern.derbund.ch 6.10.10

Von Benedikt Sartorius am Mittwoch, den 6. Oktober 2010, um 07:29 Uhr

Die Plattenhändler an der Ecke

Traditionell findet bei Konzerten der Band Shellac (oder auch Shellac of North America) in den Gitarrenstimmpausen eine Fragerunde statt. Das tönt dann so: "When does your next record come out?" oder "What's your favourite color?" oder wieder wichtiger: "Where are your amps?" Nun, das Trio aus Chicago hatte bei ihrem einzigen Schweizer Konzert in diesem Jahr natürlich einige Verstärker auf die Bühne des Dachstocks gestellt, nur: Bei einer Band mit eingeschworenen Fans fällt den Eingeweihten schon auf, dass dort nicht die bekannten und seltenen Alu-Verstärker im Raum zu sehen waren.

Die Frage stand aber auch symptomatisch für eine Band, deren ausgeprägtes Soundbewusstsein auch Uneingeweihten bekannt sein dürfte, ist doch an Shellac-Konzerten mit Steve Albini eine der prägenden Studiopersonen der letzten zwanzig Musikjahren an Gitarre und mit Sprechstimme jeweils abseits der Regler zu erleben. Albini und seine Freunde sind Gewissen einer sturen (Gegen-)Kultur, die äusserlich so gar nichts cooles an sich hat, die eher wie der grummlige, verdankenswert besserwissende Plattenhändler an der Ecke wirkt und die Codes - hier Rock-Codes - zitieren und imitieren darf, ohne dass sie peinlich wirken.

Steve Albini, Todd Trainer und Bob Weston

Und natürlich die Sounds: Die Gitarren nagen an den Riffs, die ausgeweidet erscheinen und doch ökonomisch auf den Punkt gespielt werden, während Bob Westons Bass und das Schlagzeug des comichaften Hundehalters Todd Trainer knapp umspielen und vertracken, hin zu einer minimalen Musik mit maximaler Wirkung, die hart und unbequem, zynisch und lustig, rockistisch und doch Anti-Rock ist und immer ihren eigenen Rhythmus abseits des uniformen Business gehen wird.

Bob Weston übrigens hatte auch eine Frage an einen Herrn im Publikum: "Where did you get those pants?" Antwort: "Hennes & Mauritz". Wenn Sie also einen sympathischen Herrn heute Vormittag in der H&M-Filiale antreffen, grüssen Sie ihn höflich - auf dass Shellac wieder Bern besuchen bei ihrer nächsten Konzertfahrt.

---

BZ 5.10.10

Konzert im Dachstock der Reitschule

 Minimalistischer Rock mit Nonsense-Texten

 Reduziert auf das Maximum: So könnte die Musik von Shellac (USA) umschrieben werden. Minimalistischer Rock, knochentrocken, messerscharf und treibend dargebracht in Verbindung mit surrealen, gelegentlich an Nonsense grenzenden Texten. Auf der Bühne sind Steve Albini (git./ voc.), Todd Trainer (dr/voc.), und Bob Weston (b/voc.) auf einer Linie positioniert, links und rechts thronen zwei metallische, identisch aussehende Verstärker hinter Gitarre und Bass, alte Modelle aus Russland, die zum charakteristischen Sound der Band beitragen. Eine eingängige Sache.
 pd

 Heute, 20.30 Uhr, Dachstock der Reitschule, Neubrückstrasse 8, Bern.

---

kulturagenda.be 5.10.10

TY mit Liveband im Dachstock

Der Brite TY gehört zu den Hip-Hop-Künstlern, die über die Genregrenzen hinaus für Begeisterung sorgen können. Und dort pflegt er auch seine Kontakte. So hat er schon zusammen mit Tony Allan, De La Soul oder Damon Albarn (von Blur) Musik gemacht. Bei seinem dritten Besuch im Dachstock tritt er mit seiner Live-Band auf. Aufwärmrunden gibt es mit den DJs Sassy J und Soul Sociedad.
Dachstock der Reitschule, Bern. Sa., 9.10., 22 Uhr

---

kulturagenda.be 5.10.10

Zweiter Pulli für den Herbst

Soulklassiker, reduziert zu reiner Schönheit: Im Tojo Theater tauft 2ForSoul ihr zweites Album, "To the Bone". Raphael Jakob und Marco Basci sind die Köpfe dahinter.

Gute Soulmusik wärmt Herzen wie ein warmer Pulli. 2ForSoul, die Band um Sänger/Gitarrist Raphael Jakob und Keyboarder Marco Basci, hat für den Herbst ihr zweites Album gestrickt, "To the Bone". "Gemeint ist, dass wir die Klassiker bis auf die Knochen reduzieren", sagt Basci, "wir suchen ihre Essenz und machen sie zu unseren Songs."

Auf dem Grat zwischen Original und originell

Kein einfaches Unterfangen: Die Songs sind so bekannt, dass man sehr behutsam mit ihnen umgehen muss. Das Publikum erwartet bei Stücken wie "Heard it through the Grapevine" von Marvin Gaye das Gefühl des Originals, und doch soll es nicht klingen wie einfach nachgespielt. Eine Gratwanderung, die Jakob und Basci in den letzten Jahren an diversen Konzerten vorzüglich gelungen ist. Die Covers treffen die Originale auf Augenhöhe.
Hierfür helfen erfahrene Mitmusiker. Das Duo wird ergänzt durch Schlagzeuger Sam Baur (Stop the Shoppers, Gus Mc Gregor) und Toni Schiavano (Jamie Wong-Lee, Tonnee).
Michael Feller
\
 \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \

Tojo Theater, Bern. Sa., 9.10., 22 Uhr
www.tojo-theater.ch

---

kulturagenda.be 5.10.10

Booka Shade beschallt die Grosse Halle der Reitschule

Get Physical heisst das Techno-Label, dem der Technoparty-Veranstalter Ammonit einen Abend widmet. Zwei DJ-Auftritte des Berliner Kollektivs stehen auf dem Programm. Zum einen das Duo Booka Shade (Bild) mit seinen lyrischen Synthesizer-Linien auf leichtfüssigen Elektrobeats. Zum anderen soll M.A.N.D.Y. dafür besorgt sein, dass Bern der "Physical-Sound" nicht nur an die Physis, sondern auch ins Herz geht. Zwei Schweizer DJs komplettieren die Liste: Animal Trainer (Stil vor Talent) und Robel (Audiothèque).
Grosse Halle der Reitschule, Bern. Sa., 9.10., 22 Uhr

---

kulturagenda.be 5.10.10

"Fucking different Tel Aviv" im Kino in der Reitschule

Nach Berlin (2005) und New York (2007) rückt der Produzent Kristian Petersens im dritten Teil seiner "Fucking Different"-Reihe Tel Aviv ins Zentrum. Zwölf Dokumentar-, Experimental- und Kurzfilme beleuchten das homosexuelle Leben und Lieben in der israelischen
Grossstadt. Sexy, intelligent und politisch.


---

BZ 5.10.10

Terre des Hommes

 Kampagne gegen den Hunger

 Das Kinderhilfswerk Terre des Hommes (TdH) hat gestern seine nationale Kampagne gegen Hunger gestartet. Am 16. Oktober werden rund 500 Restaurants einen Teil ihrer Tageseinnahmen für unterernährte Kinder in 15 Ländern spenden. In den kommenden zwei Wochen sollen Plakate, Reportagen, Unterlagen und Appelle die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren. Jeden Tag sterben weltweit rund 25 000 Menschen an Unterernährung - drei Viertel davon sind Kinder. An der Aktion beteiligen sich etwa das Restaurant Sous le Pont in der Reitschule in Bern, das Schützenhaus Albisgüetli in Zürich oder das "eo ipso" in Basel.
 sda

-----------------------------------------------
REITSCHULE BIETET MEHR
-----------------------------------------------

20 Minuten 5.10.10

Reitschule macht weiter - die Kontrahenten auch

 BERN. Nach dem Ja an der Urne plant die Reitschule schon wieder weiter. Auf dem Programm stehen neu eine politische Veranstaltungsreihe und eine Kunstausstellung.

 Die Reitschule wird jetzt politischer als vorher. Ab nächsten Freitag startet das alternative Zentrum eine neue Reihe zum Thema "Schweiz und Migration". "Wir wollen wieder häufiger mit politischen Inhalten an die Öffentlichkeit gelangen. Zuletzt waren wir ja nur noch als Kulturort im Gespräch", sagt Sprecherin Karin Jenni. "Mit ‹Willkommen im Paradies› ändern wir das jetzt."

 Aber nicht nur: Im November stellt die Vereinigung Artisma Werke verschiedener Künstler in der grossen Halle aus.

 Trotzdem: Die Vorwürfe der Gegner, die Reitschule sei ein Hort von Drogen und Gewalt, gingen nicht spurlos an den Betreibern vorbei. Sie wollen darum weiterhin selbst für Ruhe auf dem Vorplatz sorgen. Wie genau Dealer und Drögeler abgeschreckt werden sollen, ist aber noch unklar.

 Das geht den Kontrahenten nicht weit genug. Die SVP-Grossräte Thomas Fuchs und Erich Hess planen schon die nächsten Züge: So müssten die Graffiti vom "Schandfleck Reithalle" verschwinden, fordern sie. Das Geld, das die Stadt der Reitschule zuschiesst, solle ihr ausserdem vollumfänglich von den Kulturbeiträgen des Kantons abgezogen werden.

 Pedro Codes

---

BZ 5.10.10

Abstimmung

 Beschwerde nicht weitergezogen

 Alt-Grossrat Erwin Bischof und Fred Moser, Präsident des Vereins "Bern sicher und sauber!", ziehen ihre Beschwerde gegen die Reitschule-Abstimmung nicht ans Verwaltungsgericht weiter. Beim Regierungsstatthalter beschwerten sie sich über die Abstimmungsbotschaft. Nachdem dieser die Beschwerde abgewiesen hatte, lief gestern die Frist ab, in der sie die Beschwerde hätten weiterziehen können.

---------------------------------------------------------------------------------------------
ANTIFASCHISTISCHER ABENDSPAZIERGANG
---------------------------------------------------------------------------------------------

BZ 6.10.10

Leserbriefe

Anzeigen sind "für d Füchs"

Antifa-Demo: Kosten sind noch unklar, Ausgabe vom 5. 10.

 Für oder gegen die Reitschulbetreiber zu sein, dagegen habe ich nichts. Etwas dagegen habe ich aber, wenn - vom wem auch immer - versucht wird, der Bürgerschaft Sand in die Augen zu streuen. So wird die Höhe der Sachschäden nach der Antifa-Demo zwischen 10 000 und mehreren 100 000 Franken angegeben. Gemäss den Hauptschuldigen (Antifa) entstand gar kein Schaden. Die am meisten mitschuldige Sicherheitsdirektion von Reto Nause gibt ganz wenig Schaden an. Fragt doch die geschädigten Hauseigentümer, Autobesitzer, was es sie an Är-ger und Geld kostet. Anzeigen sind "für d Füchs", weil kaum Schmierfinken (Sprayer) angehalten werden. Bei der Anhaltung solcher zahlt ohnehin der Steuerzahler, weil die Sprayer kein Geld haben. Sandsteinspezialisten und Fassadenreiniger kämen, wenn der erhobene Zeigfinger nicht wäre, auf ganz andere Kosten. Da sie damit rechnen müssen, keine Aufträge mehr zu erhalten, bleiben sie vermutlich vorsichtig. Ist es möglich, dass es auch in der Stadtregierung korrupte Elemente gibt?

 Walter Krebs Bern

---

Bund 5.10.10

Anzeige wegen Sachbeschädigung am Abendspaziergang

 Stadt Bern - Im Nachgang zum Antifaschistischen Abendspaziergang, in dessen Rahmen am Samstag rund 1000 Linksautonome in Berns Gassen unterwegs waren, ist es bis gestern Nachmittag bereits zu einer Anzeige gekommen. Nach Angaben der Kantonspolizei ist der Grund dafür ein beschädigtes Auto. Der Sachschaden betrage etwa 4000 Franken. Ausserdem wurden den Ordnungshütern Sprayereien am Amtshaus gemeldet. Insgesamt schätzt die Polizei den Schaden auf mehrere 10 000 Franken, betont aber, dass dies erst grobe Schätzungen seien. SVP-Stadtrat Roland Jakob schrieb dagegen gestern in einem Leserbrief, er gehe von mehreren 100 000 Franken aus. "Ich berücksichtige auch das Geld für den Polizeieinsatz", präzisierte er auf Anfrage.

 Zudem will Jakob beobachtet haben, wie Leuchtpetarden gegen Häuser und "offene Fenster" geschleudert worden seien. Die Polizei gibt grundsätzlich nicht bekannt, wie teuer sie ein Einsatz zu stehen kommt, und bestätigt auch die Petarden nicht. SVP-Grossrat Erich Hess sagt auf Anfrage, nun würden im Stadtrat Vorstösse zur städtischen Bewilligungspraxis und zur Haftungsfrage folgen - letzte Woche hatte Hess den Berner Gemeinderat kritisiert, weil die Antifa-Demonstranten kein Gesuch hatten einreichen müssen. Vom Regierungsrat will er zudem erfahren, wie teuer der Polizeieinsatz gewesen ist. (sn)

--

BZ 5.10.10

Antifa-Demo

 Kosten sind noch unklar

 Es gibt Sachschäden nach dem Antifa-Spaziergang, aber sie dürften nicht so horrend sein, wie Leserbriefschreiber behaupten.

 Während des antifaschistischen Abendspaziergangs kam es am Samstag zwar nicht zu direkten Auseinandersetzungen, wohl aber zu Sachbeschädigungen (Ausgabe von gestern). Empörte Leserbriefschreiber, unter ih-nen SVP-Fraktionschef Roland Jakob, sprachen gestern von "mehreren 100 000 Franken" Schäden an versprayten Fassaden und beschädigten Fahrzeugen.

 Diese Zahl kann man bei der zuständigen Sicherheitsdirektion nicht bestätigen: Es sei zu früh, um die Schäden zu beziffern, heisst es bei der SUE auf Anfrage. Betroffene würden ja erst Anzeige erstatten. Auch die Höhe von mehreren 100 000 Franken dürfte nicht eintreffen. "Bis jetzt ist erst eine Anzeige wegen eines beschädigten Autos bei uns eingegangen", sagte Kapo-Sprecher Michael Fichter gestern am frühen Abend. Man habe weiter Kenntnis von einer Sprayerei am Amthaus. Nach ersten "ganz groben Schätzungen" seien Sachschäden in Höhe von einigen 10 000 Franken realistisch.
 mm

--------------------------------------
ANTI-MINARETT-DEMO
--------------------------------------

Langetnthaler Tagblatt 6.10.10

"Wir wollen keine Konflikte"

 Minarett Mutalip Karaademi reagierte gestern überrascht auf die Ankündigung einer Kundgebung gegen das geplante Minarett an der Bützbergstrasse (siehe Umfrage rechts). Der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft Xhamia e Langenthalit hatte noch nichts von der geplanten Demo gehört, wie er auf Anfrage sagte. Karaademi reagierte gelassen auf die Ankündigung: Wenn die Demo erlaubt sei, sollen sie das tun. "Ich habe keine Probleme damit, im Gegenteil. Das ist ein demokratisches Land", sagte er. Allerdings gab er zu bedenken: "Wir können die Probleme nicht auf der Strasse lösen."

 Es sei auch nicht das erste Mal, dass vor der Moschee an der Bützbergstrasse demonstriert werde, so Karaademi. Die Glaubensgemeinschaft wolle keine Konflikte und auch nicht provozieren. "Deshalb werden wir schauen, dass am Samstag niemand im Lokal der Gemeinschaft anzutreffen ist." Probleme erwartet Karaademi jedoch keine. "Nein, es wird nichts passieren."

 Darauf hofft auch die Stadt, welche die Demonstration bewilligt hat. Das bestätigte Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) am Montag. Es müssten während der Demo bestimmte Bedingungen eingehalten werden, dann sei nicht mit Problemen zu rechnen, sagte er. (tg)

---

20 Minuten 6.10.10

Minarett-Demo: Aufruf zum Chaos

 LANGENTHAL. In Langenthal droht eine Demoschlacht: Linksaktivisten wollen am Samstag die von Vertretern der Pnos und der Autopartei geplante Anti-Minarett-Demo verhindern. Im Internet rufen die Linken mit einem Flyer dazu auf, "antifaschistische Eigeninitiative" zu zeigen. Brisant: Auf dem Flugblatt zeigen sie einen Vermummten, der mit Steinen wirft. Der Langenthaler Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP) stellte im Vorfeld der Minarett-Kundgebung die Bewilligung in Aussicht. "Es fehlt aber noch die Zusage der Organisatoren", so Rufener. Angesichts der Gegendemo könnte sich die Haltung der Stadt aber ändern: "Sollte sich das Sicherheitsrisiko als hoch erweisen, kann es gut sein, dass wir die Bewilligung wieder zurückziehen."  pec

---

Indymedia 5.10.10

PNOS-Kundgebung # 9.10.10 # Langenthal # Verhindern ::

AutorIn: ...         

Am Samstag, 9. Oktober 2010 will ein "überparteiliches Komitee" in Langenthal gegen das gelanre Minarett demonstrieren. Diesem Komitee gehört auch die Partei National Orientierter Schweizer PNOS an.     

Wie aus bürgerlichen Medien und Facebook zu erfahren ist, findet die Kundgebung diesen Samstag in Langenthal statt. Die Platzkundgebung findet ab 14.30 Uhr vor dem Islamischen Kulturzentrum, an der Bützbergstrasse 101 in Langenthal statt.

Gemäss der Aargauer Zeitung ist die Kundgebung bewilligt. Dies jedenfals, wenn sie die Veranstalter an gewisse Bedingungen halten würden.

Antifaschistische Eigeniniatitive zeigen…
Samstag, 9. Oktober 2010, Langenthal BE

---

Bericht der Berner Zeitung vom 28.09.2010:
http://www.bernerzeitung.ch/region/emmental/Nun-doch-keine-Demo-gegen-Minarett/story/11883321

Bericht der Berner Zeitung vom 04.10.2010:
http://www.bernerzeitung.ch/region/emmental/Neuer-Aufruf-zur-AntiMinarettDemo/story/12079623

Bericht der Aargauer Zeitung vom 04.10.2010:
http://www.aargauerzeitung.ch/langenthal/pnos-und-autopartei-wollen-gegen-minarett-demonstrieren-100335653

Facebookgruppe des Komitees:
http://blogme.ch/minarett

---

BZ 5.10.10

Minarett

 Jetzt doch eine Demo

Pnos und Autopartei stecken hinter einem neuen Aufruf zu einer Demo gegen das Langenthaler Minarett.

 Zu einer "bewilligten Platzkundgebung am Samstag, 9. Oktober, um 14.30 Uhr" ruft eine Facebook-Gruppe "Nein zum Minarett Langenthal" auf. Dahinter stecken Willi Frommenwiler (Präsident der Autopartei Kanton Bern) sowie der Langenthaler Dominic Lüthard (Pnos). Ihren Aufruf haben sie im Namen eines überparteilichen Komitees lanciert. Angefragt hätten sie auch die Schweizer Demokraten, aber noch keine Antwort erhalten, so Lüthard.

 Das Schweizer Stimmvolk habe sich für ein Verbot von Minaretten ausgesprochen. Trotzdem habe der Kanton der islamischen Glaubensgemeinschaft Langenthal kürzlich die Baubewilligung für ein Minarett erteilt. Und die bezeichne dies sogar als Sieg der Demokratie. Das wolle man nicht hinnehmen, schreiben die Organisatoren.

 "Aus der braunen Ecke"

 Das offizielle Langenthaler "Aktionskomitee Stopp Minarett" distanziert sich von diesem Aufruf. Sein Sprecher Daniel Zingg sagt: "Wir kennen die Organisatoren nicht, ihr Name ist irreführend." Zingg spricht von Trittbrettfahrern, "die möglicherweise aus der braunen Ecke stammen". Sein Komitee werde das Minarett auf rechtlichem Weg bekämpfen und wolle in den nächsten Wochen eine öffentliche Diskussion organisieren.

 Bewilligung wird erteilt

 Stadtpräsident Thomas Rufener bestätigte Kontakte zu den Organisatoren und nannte als Ansprechpartner Dominic Lüthard (Pnos): "Die Bewilligung ist in Aussicht gestellt, aber noch nicht erteilt." Es spreche jedoch nichts dagegen. Allerdings müssten sich die Organisatoren mit den üblichen Bedingungen einverstanden erklären und seien für das Sicherheitskonzept mitverantwortlich. Die Stadt habe zusammen mit der Kantonspolizei eine Lagebeurteilung vorgenommen. Rufener geht davon aus, dass die Kundgebung in einem geordneten Rahmen verläuft, "so wie andere auch schon". Mitorganisator Dominic Lüthard rechnet mit "hundert oder ein paar hundert" Demonstrierenden.
 rgw

---

Bund 5.10.10

Langenthal

 Demonstration gegen Minarett

 Am nächsten Samstagnachmittag wird vor dem islamischen Kulturzentrum in Langenthal eine Demonstration gegen das geplante Minarett stattfinden - dieses hat der Kanton vor Kurzem bewilligt. Dazu aufgerufen hat ein angeblich überparteiliches Komitee. Dahinter verbirgt sich die Facebook-Gruppe "Nein zum Minarett in Langenthal" - gegründet von Willi Frommenwiler, Präsident der Berner Autopartei, und Pnos-Mitglied Dominic Lüthard. Das Komitee "Stopp Minarett Langenthal" distanziert sich in einer Mitteilung vom Aufruf. (sn)

---

Langenthaler Tagblatt 5.10.10

Aktionskomitee distanziert sich, Stadt sagt Ja

Fabienne Wüthrich

 Minarett Ein überparteiliches Komitee aus der Pnos und der Autopartei will am Samstag eine Platzkundgebung gegen das geplante Minarett durchführen.

 Die Diskussion um das Minarett geht auch nach dem neuerlichen Entscheid der kantonalen Baudirektion weiter. Nun will ein vermeintlich überparteiliches Komitee - zusammengesetzt aus der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) und der Autopartei - diesen Samstagnachmittag eine Platzkundgebung unter dem Namen "Nein zum Minarett in Langenthal" durchführen. Die Demonstration soll laut Dominic Lüthard, Parteipräsident Pnos Schweiz, direkt beim geplanten Minarett stattfinden. "Die Kundgebung ist von der Stadt bewilligt", sagt er. Er müsse heute nur noch seine Unterschrift auf der Stadt geben. Das bestätigt Stadtpräsident Thomas Rufener (SVP): "Wir haben ihnen die Bewilligung in Aussicht gestellt." Es gebe aber bestimmte Bedingungen zu erfüllen, diese müssten noch unterschrieben werden. Würden diese Bedingungen eingehalten, müsse die Stadt am Samstag auch nicht mit Problemen rechnen. "Es ist aber schwierig, die Lage zu beurteilen - wie bei jeder Demonstration." Der Grund für die Kundgebung: "Die islamische Glaubensgemeinschaft akzeptiert den Volkswillen nicht", sagt Lüthard. Vielleicht werde die Gemeinschaft nach der Kundgebung von ihrem Vorhaben absehen. Der Entscheid der kantonalen Baudirektion "war sehr enttäuschend". "Wird dieses Minarett gebaut, folgen bestimmt andere", sagt er.

 Daniel Zingg, Pressesprecher des Aktionskomitees "Stopp Minarett", betont auf Anfrage: "Wir distanzieren uns klar von dieser geplanten Demonstration." Das seien Trittbrettfahrer, die mit dem Namen "überparteiliches Komitee" die Leute in die Irre führen wollten. "Wir haben absolut nichts damit zu tun." Eine Demonstration sei übrigens bereits letzten Samstag geplant gewesen. Das ist ebenfalls auf der Internetplattform Facebook ersichtlich. Da der Organisator dieser Demonstration jedoch bereits genug Rückmeldungen in den Medien hatte, habe er darauf verzichtet, schreibt er.

 Das Aktionskomitee gehe seinen eigenen Weg - dazu gehörten keine Demonstrationen. "Das könnte kontraproduktiv sein", so Zingg. Dies, weil Rechtsextreme und Leute aus der braunen Ecke dabei mitmachen würden und die islamische Gemeinschaft "erneut ihre Opferrolle ausspielen kann". "Dafür bieten wir sicher keine Hand." Es sei auch gut möglich, dass es bei der Demonstration zu Sachbeschädigungen kommen würde. "Damit wollen wir nichts zu tun haben." "Stopp Minarett" gehe den juristischen Weg, habe Einsprache eingereicht und wolle öffentlich über das Minarett diskutieren.

 Das sei der Weg der SVP, sagt Lüthard. Die Partei reiche Beschwerden ein; "wir gehen jedoch auf die Strasse". Er gibt zu: Im Nachhinein sei der Name wohl nicht überlegt gewesen und könne durchaus Verwirrung stiften.

 Der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft, Mutalip Karaademi, war gestern nicht erreichbar.

---

20 Minuten 5.10.10

Demo gegen Minarett

 LANGENTHAL. Auf Facebook wird erneut zur Demo gegen das geplante und bewilligte Minarett beim Islamischen Zentrum in Langenthal aufgerufen. Am Samstagnachmittag wollen die Minarett-Gegner ihrem Ärger über "die Missachtung des Volkswillens" gleich bei der Moschee Ausdruck verleihen. Hinter dem Aufruf stecken Willi Frommenwiler, Präsident der Berner Autopartei, und Dominic Lüthard von der Pnos.

---------------------------------------
ALOIS B. STOCHER
---------------------------------------

20min.ch 6.10.10

Lösung der Ausländerfrage: Markieren, sammeln, ausschaffen

 Die "Organisation zur Lösung der Ausländerfrage" von Alois B. Stocher vertritt eine radikale Linie. Die Fan-Gemeinde wächst: Die einen glauben an Satire, die anderen an die Ideen.

Amir Mustedanagic

 Links Toni Bortoluzzi, rechts Ulrich Schlüer und in der Mitte ein glücklicher Alois B. Stocher. Der Geschäftsführer der "Organisation zur Lösung der Ausländerfrage" (OLAF) hat eine neue Trophäe. Als bekennender Fan der SVP und der beiden Nationalräte schmückt er sich gerne mit dem Foto auf seinem Facebook-Profil. 554 Freunde hat der 47-Jährige inzwischen: Caspar Baader, Christa Markwalder, Christian Lüscher, Felix Gutzwiller oder auch Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer gehören dazu. Sie alle haben das Projekt von Olaf und Stocher kennengelernt: "Jeder Ausländer in der Schweiz ist ein Ausländer zu viel", steht beispielsweise unter dem Punkt "Worum geht es?" auf der Olaf-Webseite Volksbefreiung.ch. Der Lösungsansatz ist in drei Phasen unterteilt: 1. Markierung, 2. Sammlung und 3. Ausschaffung.

 Für seine radikalen Ideen hat Alois B. Stocher bereits Wochen vor der Abstimmung über die SVP-Ausschaffungsinitiative und den direkten Gegenvorschlag zu werben begonnen, denn all die SVP-Ideen gehen ihm zu wenig weit. Studiert man die Seite etwas genauer, wird schnell klar - das ist Satire. Schon alleine der Name des Geschäftsführers ist ein Wink mit dem Zaunpfahl: Alois B. Stocher erinnert nicht zufällig an Christoph W. Blocher. Die Webseite Volkbefreiung.ch ist ein Abklatsch der SVP-Seite Volksbefragung.ch, nur eben mit den Ideen von Olaf und Stocher.

 Nicht alle haben die Ideen als Denkanstoss verstanden

 Trotz der offensichtlichen Satire muss man nicht in den Tiefen des Internets graben, um Befürworter der Aktion hervorzukramen. Längst nicht alle haben die Aktion als Denkanstoss verstanden, wie ein Blick auf das Facebook-Profil von Alois B. Stocher verrät. "Ausmisten! Endlich wird es auf der Strasse wieder sauberer", schreibt beispielsweise ein junger Mann auf Mundart. Und als ihm einige versuchen zu sagen, dass der Herr Stocher nicht existiere, lässt er sich nicht beirren. "Von mir aus kann der Herr sich auch Aladin aus dem Araberland nennen, solange die Gruppe etwas taugt, ist mir das wurst."

 Schaut man noch etwas genauer hin, findet man schon die eine oder andere Person, bei der die Frage offen bleibt: Tatsächlich Fan der Ironie oder doch der Ideen? Zumindest bei Pnos-Mitglied Dominic Lüthard darf man diese Frage durchaus im Raum stehen lassen. Der Mann ist nicht nur Sänger der rechtsextremen Band "Indiziert", sondern auch vorbestraft wegen Rassendiskriminierung. In seinen Liedtexten geht es um "Rassenschande" und "Mulattenflut". Doch wer steckt im immer gleichen, schlecht sitzenden Anzug von Alois B. Stocher und vor allem was bezweckt er mit der Gratwanderung?

 Der Mann mit Schnauz und ordentlichem Seitenscheitel tritt nicht zum ersten Mal in den Weiten des Internets auf. Alois B. Stocher hat bereits zur Waffensammelaktion auf dem Zürcher Helvetiaplatz aufgerufen. "Spenden Sie Ihre Waffen für Bedürftige und Kinder in Drittweltländern", forderte er damals als Präsident der "Kriegsentwicklungshilfe" während des Abstimmungskampfes um Kriegsmaterialexporte. Prompt hatte er eine Anzeige am Hals: Ein Zürcher Autor war der Meinung, dass die Aktion rassistisch und volksverhetzerisch sei. Ein Coup für Alois B. Stocher - oder auch für den klagenden Schriftsteller, denn sämtliche Internetseiten, die Stocher betreibt, führen an die Adresse des Autors im Zürcher Kreis 4.

 Stocher will zur SVP-Vollversammlung

 Alois B. Stocher wohnt natürlich nicht dort, wird einem am Telefon mitgeteilt. Doch Olaf und Stocher kennt man nur zu gut und ist ob dem Anruf gar nicht überrascht. Warum alle Anhaltspunkte an die Adresse des Zürcher Autors führen, ist für den Schriftsteller am anderen Ende der Leitung klar: "Der für die Kampagne verantwortliche Grafiker wohnt hier, aber selbstverständlich existiert Alois Stocher." Der Grafiker ist nicht zu sprechen, will aber viel lieber nicht zuhause sein, was zu einem absurden Gespräch führt. "Er sagt, er sei nicht zuhause", sagt der Autor. "Wenn er sagt, er sei nicht zuhause, ist er doch da?" "Das stimmt: Ich frage nochmals nach." (Pause, Stimmen, Geschepper) "Er sagt, er müsse jetzt gleich dringend in eine Sitzung." Natürlich rückt der Grafiker letztlich weder seinen Namen noch die richtige Adresse von Alois B. Stocher heraus, aber den Mann gebe es - "ganz klar", lässt er erneut ausrichten.

 Das Hin-und-Her geht einige Zeit und man einigt sich darauf, dass Ironie und Satire nur funktioniert, wenn sie nicht blinkend angeschrieben ist. "Was man mit so einer Kampagne bezwecken könnte, wenn es denn eine Kunstaktion wäre, liegt auf der Hand", erbarmt sich der Künstler dann doch noch zu einer Erklärung. Das Ziel sei zu zeigen, wie klein die Unterschiede seien zwischen den Stimmen auf Olaf und denjenigen auf der SVP-Seite und in anderen Foren zur Ausschaffungsinitiative. "Es ist eine Gratwanderung und die Parallelen sind erschreckend." Natürlich gehe es auch darum Stimmung zu machen, aber hauptsächlich auch darum, Argumente zu parodieren. "Ein Argument, das auf der Olaf-Seite erscheint, kann kaum noch in der Stimmungsmache verwendet werden: Heute sind es die kriminellen Ausländer, morgen alle."

 Alois B. Stocher wäre es lieber heute als morgen. Er lässt sich jedenfalls nicht beirren von Gerüchten, dass eine linke Gruppierung dahinter stecke und es nur Satire sei. "Die Leute sind ja nicht dumm", sagte er der Wochenzeitung, "jeder Besucher unserer Website wird merken, dass wir alles andere als links sind - sonst verstehe ich die Welt nicht mehr." Stocher jedenfalls freut sich, wie er auf seinem Facebook-Profil schreibt, über den tollen Vorschlag von Toni [Bortoluzzi], "OLAF Schweiz an der nächsten SVP-Vollversammlung einen 45-minütigen Redeblock zur Verfügung zu stellen, damit auch die Basis ins Bild gesetzt wird über unsere Fortschritte und Erfolge in der Ausländerpolitik". Da ist sie wieder, die Satire, denn natürlich kennt Toni Bortoluzzi weder Olaf, noch weiss er, wer Alois B. Stocher ist. Dabei ist Stocher so ein grosser Fan des Zürchers.

--------------------------------
AUSSCHAFFUNGEN
--------------------------------

augenauf.ch
http://www.augenauf.immerda.ch/

Petition Zwangs-Ausschaffungen: Stoppt die "Sonderflüge"

Die Unterzeichnenden fordern den Bund und die Kantone auf, keine weiteren Zwangs-Ausschaffungen mit Sonderflügen mehr zu vollziehen.

Zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. August 2010 sind 2578 Menschen in 355 Sonderflügen aus der Schweiz ausgeschafft worden. Betroffene erklären übereinstimmend, dass sie bei diesen Ausschaffungen "wie Pakete verschnürt" werden. Nachdem der nigerianische Flüchtling Joseph C. am 17. März in der Ausschaffungshalle der Flughafenpolizei in voller Fesselung gestorben ist, wurden die Sonderflüge kurzzeitig sistiert. Inzwischen haben Bund und Kantone den "Betrieb" wieder aufgenommen. Zahlreiche Chartermaschinen mit Ausschaffungshäftlingen haben die Schweiz wieder verlassen - unter anderem nach Rom, Dakar, Banjul, Abidjan, Kinshasa und Damaskus. Im Flugzeug nach Syrien wurde ein ganze Familie verfrachtet.

Bei den Ausschaffungen mit Sonderflügen wird die Würde und die persönliche Integrität der Menschen systematisch verletzt.

Die von der Polizei angewandten Methoden sind für die betroffenen Flüchtlinge traumatisierend und verletzen das Prinzip der Verhältnismässigkeit in krasser Form.

Niemand kann und will die Verantwortung dafür übernehmen, dass es wegen des enormen Stresses und der körperlichen und psychischen Belastungen, denen die Flüchtlinge ausgesetzt sind, nicht zu weiteren Zwischenfällen kommt.

Solange dies nicht möglich ist, sind Zwangsausschaffungen mit Sonderflügen rechtsstaatlich unzulässig, moralisch verwerflich und politisch ein Skandal.

Mit der unverhältnismässigen, unmenschlichem und erniedrigenden Behandlung von Flüchtlingen bei Zwangsausschaffungen verletzt die Schweiz die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention. Damit muss Schluss sein.

Wir rufen Ärzte, Flugpersonal, Gefängnis-Angestellte, Polizisten und andere Personen, die an der Vorbereitung oder der Durchführung von Level-IV-Ausschaffungen beteiligt sind dazu auf, ihren "Dienst" zu verweigern. Es gibt keine Pflicht, sich an Handlungen zu beteiligen, die die Menschenwürde in derart krasser Form verletzen.


Bitte unterzeichnen Sie hier die Petition :
Anzahl Unterschriften bis heute : 252
http://www.augenauf.immerda.ch/

-------------------------------------------------------
LIECHTENSTEIN GANZ RECHTS
-------------------------------------------------------

Liechtensteiner Vaterland 6.10.10

Liechtenstein

Brandstifter muss ins Gefängnis

 Das Kriminalgericht hat gestern einen 22-jährigen Liechtensteiner der versuchten Brandstiftung schuldig gesprochen. Er muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis.

 Von Janine Köpfli

 Vaduz. - Zwei Brandanschläge werden dem Liechtensteiner, der seit dem 25. Mai in U-Haft sitzt, zur Last gelegt. Zum einen soll er in der Nacht auf den 26. Februar 2010 die Fenster eines kurz vor der Eröffnung stehenden Kebab-Bistros in Nendeln eingeschlagen und zwei Molotowcocktails ins Ladeninnere geworfen haben. Beim Anschlag entstand erheblicher Sachschaden. Zum anderen soll er in der Nacht auf den 22. November 2009 einen Molotowcocktail gegen ein Wohnhaus in Nendeln geworfen haben. Personen wurden keine verletzt, es entstand aber grosser Sachschaden. Einen weiteren Brandanschlag, der in der besagten Novembernacht in Nendeln begangen wurde, konnte das Kriminalgericht aufgrund mangelnder Beweise dem Angeklagten nicht anrechnen.

 Der 22-jährige Liechtensteiner war teilweise geständig. Er gab zu, den Anschlag auf das Kebab-Bistro zusammen mit einem Mittäter verübt zu haben. Er begründete die Tat damit, dass er nicht gewollt habe, dass es "zu viele Kebab-Läden im Unterland gibt". In diesem Zusammenhang gab er auch zu, seit seinem 12. Lebensjahr eine rechtsradikale Gesinnung zu haben. Er stritt jedoch bis zum Schluss ab, in irgendeiner Form in die Anschläge im November verwickelt zu sein. Das Richtergremium vermutete jedoch, dass er dies aus taktischen Gründen behauptete. Weil die Beweislage bei den November-Anschlägen eher dünn ist, habe der Ageklagte seine Schuld in diesem Zusammenhang verschwiegen. Der Richter verurteilte den 22-Jährigen zu zweieinhalb Jahren unbedingter Freiheitsstrafe. Als besonders erschwerend habe sich der Umstand ausgewirkt, dass es sich um mehrere Verbrechen mit einem rassistischen Hintergrund gehandelt habe. Dies sieht das Gericht als "verwerflich" an. Seite 3

--

 "Es erschien mir nicht angebracht"

 Abschrecken habe er die Türken wollen, die in Nendeln planten, ein Kebab-Bistro zu eröffnen. Der 22-jährige Liechtensteiner gab zu, den Brandanschlag in Nendeln aus rassistischen Gründen geplant und ausgeführt zu haben.

 Von Janine Köpfli

 Vaduz. - Es war eng im Gerichtssaal 2, als gestern Nachmittag die Verhandlung gegen den Liechtensteiner begann, der drei Brandanschläge in Nendeln verübt haben soll. Gekommen waren vor allem Freunde und Verwandte des Angehörigen, aber auch Betroffene der Anschläge - Personen, die in den Wohnungen wohnten, die im November 2009 mit Molotowcocktails beworfen wurden oder die das Kebab-Bistro in Nendeln eröffnen wollten. Sie alle kamen mit dem Schrecken davon, denn die Brandanschläge endeten in Sachbeschädigungen. "Zum Glück", betonte der Staatsanwalt immer wieder. Auch in der Anklageschrift war von "glücklichen Umständen" die Rede, dass nichts Schlimmeres passierte, und es beim Versuch der Brandstiftung geblieben war.

 Teilgeständnis

 Laut Staatsanwaltschaft schmälerten die "glücklichen Umstände" aber keinesfalls die Schuld des Angeklagten. Er habe gewusst, dass in den Wohnungen ausländische Familien schliefen, die in Folge eines Feuers hätten sterben können. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 22-jährigen Liechtensteiner vor, dass er sowohl an den Brandanschlägen im November als auch am Anschlag auf das Kebab-Bistro im Februar beteiligt gewesen sein soll. Die Taten seien aus rassistischen und fremdenfeindlichen Gründen begangen worden.

 Der Angeklagte legte ein Teilgeständnis ab. Er sei verantwortlich für den Anschlag auf das Kebab-Bistro, habe mit den anderen zwei Anschlägen aber nichts zu tun. Auf die Frage des Richters, warum er auf die Idee gekommen sei, Brandsätze in das Ladenlokal zu werfen, sagte der 22-Jährige, dass er nicht wollte, dass in Nendeln ein "Kebab-Laden" eröffne. Es erschien ihm nicht angebracht, wie er sagte, dass es "im Unterland so viele Döner-Läden" gebe. Aus diesem Grund habe er sich längere Zeit Gedanken gemacht, wie er die türkischen Inhaber von der Eröffnung abhalten könnte. "Ich wollte sie abschrecken", sagte der Liechtensteiner, der zugegeben hat, seit seinem 12. Lebensjahr in der rechten Szene zu verkehren. Er habe sich vorbereitet, die Molotowcocktails präpariert, habe dann aber den geplanten Anschlagstermin verschlafen. Erst eine Nacht später habe er sich mit dem Mittäter um 2 Uhr morgens getroffen. Zusammen seien sie zum Ladenlokal gegangen, er habe die Scheibe mit Steinen eingeschlagen und beide hätten die Brandsätze geworfen. Der Angeklagte blieb bei seiner Aussage, dass es nur einen Mittäter gab.

 Mehrere Mittäter?

 In diesem Punkt passt das Geständnis des Angeklagten nicht mit den Untersuchungsergebnissen der Landespolizei überein. Diese gehen von mindestens drei Mittätern aus. Zum einen will ein anonymer Zeuge in jener Nacht im Februar vier Männer beobachtet haben, die Brandsätze auf ein Gebäude warfen, zum anderen fand die Polizei Indizien, die auf mehrere Täter hindeuten.

 Zwar nannte der Angeklagte einen Mittäter, Ermittlungen ergaben jedoch, dass gegen die Person kein dringender Tatverdacht besteht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte die wahren Mittäter schützt. Klarheit konnte in diesem Zusammenhang auch die gestrige Verhandlung nicht bringen.

 Was geschah im November?

 Weil der Angeklagte den Anschlag auf das Bistro zugegeben hatte, ging es in der Schlussverhandlung vor allem um die Nacht auf den 22. November 2009. Zeugen sagten aus, dass sie am Vorabend mit dem Angeklagten in dessen Wohnung in Nendeln gefeiert hätten und dass es kaum möglich gewesen wäre, dass er unbemerkt für einige Zeit verschwinden hätte können. Mit absoluter Sicherheit konnte jedoch kein Zeuge sagen, dass der Angeklagte rund um die Uhr anwesend gewesen ist. Am Ende stützte sich das Richtergremium auf einen am Tatort gesicherten Fingerabdruck des Angeklagten und auf eine Aussage eines Zeugen. Dieser sagte aus, dass der Angeklagte ihm gegenüber einmal erwähnte, dass er etwas mit den Anschlägen zu tun gehabt habe. Da zum Zeitpunkt des Gesprächs der Februar-Anschlag noch gar nicht passiert gewesen war, hätte es sich wohl um die Anschläge im November gehandelt.

 Sinneswandel

 Zu seiner Verteidigung gab der Angeklagte an, ausser dem Brandanschlag auf das Kebab-Bistro nie eine Straftat aus rassistischen Gründen begangen zu haben. Er habe auch seine Einstellung geändert. Ihm sei in den vergangenen Monaten klar geworden, dass "alles, was ins Radikale geht", nicht gut für ihn und seine Familie sei. Mit Hilfe seiner Familie und seiner Freundin wolle er ein neues Leben beginnen. Er sei froh, dass beim Anschlag kein Vollbrand entstanden und nicht mehr passiert sei. Er habe nicht gewusst, dass im Gebäude Familien wohnten. Hätte er es gewusst, hätte er die Tat nicht begangen, so der Angeklagte in seinem Schlusswort.

 "Grosse kriminelle Energie"

 Der Staatsanwalt forderte einen Schuldspruch mit unbedingtem Freiheitsentzug - eine "strenge Strafe, um ein Zeichen zu setzen". Der Angeklagte habe mit seiner Tat Angst und Schrecken in der Bevölkerung ausgelöst. Als einzigen Milderungsgrund sah der Staatsanwalt die Unbescholtenheit des jungen Mannes. Er habe jedoch weder ein reumütiges Geständnis abgegeben, noch habe der Angeklagte zur Wahrheitsfindung beigetragen. Erschwerend sei die grosse kriminelle Energie mit der er gehandelt habe sowie der rassistische Hintergrund der Tat.

 "Der Schein trügt"

 Der Verteidiger stellte sich auf den Standpunkt, dass "der Schein trügt" und machte auf einige Ungereimtheiten aufmerksam. Er ersuchte um ein mildes Urteil für einen jungen Mann, der bisher einen ordentlichen Lebenswandel führte. Die Tatsache, dass der Angeklagte bis zum Anschlag nicht straffällig geworden sei, obwohl er sich seit seinem 12. Lebensjahr in der rechten Szene bewegte, sei auch eine Leistung, sagte der Verteidiger und löste mit dieser Aussage verwunderte Blicke im Publikum aus.

 Noch nicht rechtskräftig

 Nach einer rund einstündigen Beratung sprach das Kriminalgericht den Angeklagten des Verbrechens der versuchten Brandstiftung in zwei der drei Anklagepunkte schuldig. Der 22-Jährige muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis und für die Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 3000 Franken aufkommen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Verteidigung hat Bedenkzeit angemeldet, um zu entscheiden, ob sie das Urteil annehmen oder anfechten will.

---------------------
RABE-INFO
---------------------

Mi. 6. Oktober
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_7._September_2010_01.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_7._September_2010_01.mp3&song_title=RaBe-%20Info%207.%20September%202010
- Bitterer Beigeschmack süsser Schokolade
- Pride in Belgrad in Gefahr
- James Cook und der Berner Künstler

Links:
http://www.childlabor-payson.org
http://www.queeramnesty.ch
http://www.bhm.ch/james-cook.html

---

Di. 5. Oktober 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_5._Oktober_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_5._Oktober_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%205.%20Oktober%202010
- Sozialstaat- Tradition oder Errungenschaft des kolonialismus in Südasien?
- Stuttgart21- Volkswille oder Prestigeprojekt?
- Stillen- Mutterglück oder Emanzipations- Killer?

---------------------------
RAUSCHKNAST
---------------------------

Tagesanzeiger 6.10.10

Ausnüchterungszellen gut besetzt

 Jedes Wochenende nimmt die Polizei rund 15 Berauschte in Gewahrsam.

 Von Liliane Minor

 Als am 12. März dieses Jahres die Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) im alten Zellentrakt der Stadtpolizei in der Urania-Wache ihren Betrieb aufnahm, stellten sich die Verantwortlichen vor allem auf eine Klientel ein: jugendliche Kampftrinker. Jetzt, nach einem halben Jahr Betrieb, zeigt sich, dass die ZAS, eine Schweizer Premiere, bitter nötig ist - aber nicht in erster Linie für Minderjährige.

 366 Personen sind bis zum 12. September in den spartanisch eingerichteten Zellen gelandet, davon waren aber nur 18 minderjährig. ZAS-Leiter Mario Dändliker erklärte das gestern vor den Medien damit, dass die soziale Kontrolle unter Jugendlichen grösser sei als angenommen: "Sie gehen meist in Gruppen in den Ausgang, und wenn einer total verladen ist, dann schleppen sie ihn halt mit und lassen ihn nicht liegen."

 Es waren grösstenteils 18- bis 24-jährige Männer, die in der Betrunkenenzelle unter medizinischer Kontrolle ausgenüchtert wurden. 100 Personen fallen in diese Alterskategorie. 86 waren zwischen 25 und 35 Jahre alt. Alter schützt übrigens nicht vor Trunkenheit: Der älteste ZAS-Klient war 69 Jahre alt.

 Die Frauen sind, wenig überraschend, eher seltene Kunden: Von den 366 Personen waren nur 50 Frauen; allerdings steigt der Frauenanteil mit zunehmendem Alter eher an. Unter den 22 über 55-jährigen Klienten waren immerhin fünf Frauen.

 Spucken, schreien, beissen

 Für die Verantwortlichen ist nach einem halben Jahr klar: "Es braucht die ZAS. Und sie funktioniert sehr gut." Es sind nicht einfach "normale" Betrunkene, die dorthin gebracht werden, sondern Personen, die im Rausch - zum Teil auch von Drogen verursacht - sich oder andere gefährden. Der Blutalkoholgehalt ist kein Kriterium: Die 366 bisherigen Klienten hatten zwischen 0,07 und 4,2 Promille intus.

 "Grundsätzlich gilt, dass wir nur Leute hierher bringen, welche die Kontrolle über sich verloren haben", sagt Dändliker. Das bekommen Polizeibeamte, Sicherheitsleute und das medizinische Personal, das die Berauschten betreut, oft zu spüren. Dass sie angeschrien werden, gehört zum Standard, oft wird auch gespuckt, einmal wurde eine Beamtin so heftig gebissen, dass sie verarztet werden musste. Und ein Mann schaffte es in seiner Wut, das Chrom- stahlklo aus der Wand zu reissen und damit das kleine Panzerglasfenster aus der Türe zu schlagen. "Das Schwierige ist, dass es nicht voraussehbar ist, wann jemand ausflippt", sagt Dändliker. "Deshalb legen wir alle Personen in Handschellen, bis sie in der Zelle sind."

 Dort werden sie von angehenden Ärzten per Video ständig medizinisch überwacht. 22 Personen mussten im letzten halben Jahr in Spitalpflege gebracht werden, weil beispielsweise ein Verdacht auf Knochenbrüche oder innere Blutungen bestand.

 Freigelassen werden die Klienten wieder, sobald sie vernünftig Auskunft geben, gerade gehen und Treppen steigen können. Auch hier ist der Blutalkoholgehalt nicht ausschlaggebend: Ein Alkoholiker konnte die Zelle mit mehr als drei Promille wieder verlassen.

 Rund ein Viertel der Klienten war schon nach weniger als drei Stunden entlassungsreif, die meisten blieben bis zu neun Stunden. Das wird dann richtig teuer: Unter drei Stunden wird der ZAS-Aufenthalt mit 600 Franken verrechnet, dauert er länger, sind 950 Franken zu berappen.

 7 Tage offen wäre das Ziel

 Die ZAS ist in der bestehenden Form ein Pilotprojekt, das auf ein Jahr beschränkt ist. Unter dem Strich kostet es die Stadt rund 330 000 Franken. Für die Verantwortlichen ist aber bereits heute klar, dass die ZAS weiterbestehen muss. Das Ziel ist es, sie mit der Rückführungsstelle für Drogenabhängige zusammenzulegen und während der ganzen Woche offen zu halten. Wie viel der Betrieb dann kosten wird, ist noch unklar.

 Im Stadtparlament dürfte das noch zu reden geben. Schon das Pilotprojekt war umstritten, unter anderem deshalb, weil die Stadtpolizei die Überwachung der Betroffenen einer privaten Sicherheitsfirma überlässt. ZAS-Projektleiter Beat Käch sagte gestern, die Skepsis sei nicht gerechtfertigt gewesen: "Die Zusammenarbeit ist hervorragend."

---

NZZ 6.10.10

Reger Betrieb in der Ausnüchterungsstelle
 
366 eingelieferte Berauschte in sechs Monaten - Stadtzürcher Behörden ziehen Zwischenbilanz

 Nach sechsmonatiger Projektphase betonen die Behörden den Nutzen der Zentralen Ausnüchterungsstelle (ZAS). Probleme bereiten renitente Eingewiesene.

 Marc Tribelhorn

 Seit März werden Personen, die am Wochenende auf Zürichs Strassen im Rausch Radau machen und sich selbst oder andere gefährden von der Polizei festgenommen und in den alten Zellentrakt auf der Hauptwache Urania gebracht. Wer in die Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) eingeliefert wird, verbringt die Nacht unter medizinischer Aufsicht in einer Zelle. Das einjährige nationale Pilotprojekt soll zum einen zu mehr Sicherheit in der Limmatstadt führen sowie die Regionalwachen und die Notfallstationen der Spitäler entlasten. Zum anderen kann erstmals in der Schweiz ein Teil der Kosten für die Ausnüchterung auf die Eingelieferten überwälzt werden - Personen, die in weniger als drei Stunden wieder auf den Beinen sind, bezahlen 600 Franken, alle anderen 950 Franken (NZZ 10. 3. 10). Am Dienstag haben Vertreter der am Projekt beteiligten Stadtpolizei und der städtischen Gesundheitsdienste nach sechsmonatiger Projektdauer vor den Medien eine Zwischenbilanz gezogen.

 Nur wenige Minderjährige

 Wie Projektleiter Beat A. Käch sagte, haben die Erfahrungen "leider klar gezeigt", dass die ZAS notwendig ist. Im Durchschnitt wurden pro Wochenende 13 Personen eingeliefert. Insgesamt waren es 316 Männer und 50 Frauen im Alter zwischen 15 und 69 Jahren, 22 davon wurden später wegen Verdachts auf innere Blutungen oder Frakturen in ein Spital überwiesen. Die Projektverantwortlichen hatten mit 600 Personen für das ganze Jahr gerechnet. Die ursprüngliche Annahme, dass viele Minderjährige in die ZAS gebracht werden, hat sich laut Mario Dändliker, dem operativen Leiter der ZAS, aber nicht erhärtet. Lediglich 18 Personen waren unter 18 Jahre alt, die Hauptklientel der ZAS ist hingegen im Alter zwischen 18 und 24. Von den 366 eingelieferten Personen wohnten 153 in der Stadt Zürich, 112 im übrigen Kantonsgebiet. Auch zeigte sich gemäss Dändliker, dass die Polizei nicht - wie vereinzelt befürchtet worden war - proaktiv und unverhältnismässig Berauschte in Gewahrsam nimmt: Über 70 Prozent aller Aufgegriffenen wurden nämlich von Drittpersonen bei der Polizei angezeigt.

 Der gemessene Blutalkoholgehalt bei den eingewiesenen Personen lag zwischen 0,07 und 4,19 Promille. Dändliker vermutet aber, dass eine erhebliche Anzahl seiner Klienten noch andere Drogen konsumiert hat. Ein möglicher Mischkonsum werde bisher aber nur mündlich erfragt und nicht getestet.

 Die eingelieferten Personen verhalten sich laut Dändliker nicht selten äusserst renitent und würden daher mit Handschellen gefesselt. Tritte, Spuckereien und verbale Attacken seien an der Tagesordnung, eine Angestellte wurde sogar gebissen. Auch die spartanisch eingerichteten Zellen würden vereinzelt beschädigt, ein Mann riss beispielsweise eine Toilettenschüssel aus der Verankerung und schlug damit das Panzerglas seiner Zellentür ein. Etwa alle zwei Wochen würden überdies Zellen mit Fäkalien verschmiert, sagte Dändliker.

 Schlechte Zahlungsmoral

 Sachbeschädigungen und Reinigungskosten werden den Verursachern zusätzlich zur Übernachtung in Rechnung gestellt. Wie Projektleiter Beat A. Käch sagte, ist es um die Zahlungsmoral aber nicht allzu gut bestellt. Von den verschickten Rechnungen in der Höhe von rund 250 000 Franken seien bis jetzt erst zirka 90 000 Franken bezahlt worden. Mahnungen und Betreibungen seien unvermeidlich, vereinzelt werde auch in Raten bezahlt. Die ZAS wäre aber auch nicht kostendeckend, wenn alle Klienten ihre Rechnungen begleichen würden. Eine einzige Einweisung kostet gemäss Käch bereits 1600 Franken. Dennoch stösst das Projekt auch in anderen Schweizer Städten wie Bern, Lausanne und Burgdorf auf grosses Interesse.

--

 Neuer Standort ungeklärt

 fbi. · Die Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) ist provisorisch bis März 2011 im alten Zellentrakt auf der Hauptwache Urania beim Hauptbahnhof Zürich untergebracht. Nach der einjährigen Pilotphase soll die ZAS mit dem seit 15 Jahren auf dem Kasernenareal bestehenden Vermittlungs- und Rückführungszentrum für Drogenkonsumierende (VRZ) zusammengeführt werden. Dereinst sollen auch unter der Woche Berauschte in die ZAS eingeliefert werden können.

 Da die Zukunft des Kasernenareals ungewiss ist, wird mit einer Projektgruppe intensiv nach einem neuen, gemeinsamen Standort gesucht. Die Suche gestaltet sich aber ausserordentlich schwierig, wie Beat A. Käch, Projektleiter der ZAS, auf Anfrage sagt. Noch zwei Standorte würden derzeit näher in Betracht gezogen. Um welche Liegenschaften es sich dabei handelt, wollte Käch nicht verraten. Ein definitiver Entscheid soll jedoch in den nächsten Wochen gefällt werden.

 Falls kein geeignetes Gebäude gefunden wird, muss laut Käch der Stadtrat über ein längerfristiges Provisorium am jetzigen Standort entscheiden. Dass die ZAS, die in der Schweiz Vorbildcharakter habe, nicht weitergeführt werde, könne er sich nicht vorstellen.

---

Limmattaler Tagblatt 6.10.10

Ausnüchterungszelle gut belegt

 Die erste Zentrale Ausnüchterungsstelle der Schweiz wird rege genutzt: Seit der Eröffnung im März haben 366Personen in den ausgedienten Zürcher Gefängniszellen ihren Rausch ausgeschlafen, je nach Wochenende waren es bis zu 25. Spitzenreiter war das "Züri-Fäscht"-Wochenende, an dem die Polizei 25Personen einsammelte, die entweder sich selber oder andere gefährdeten.

 Im Durchschnitt wurden pro Wochenende 13Personen im alten Zellentrakt eingeschlossen und beim Ausnüchtern medizinisch überwacht. (sda) Seite 27

--

Mit 4,19 Promille im Blut in die Ausnüchterungszelle

Alfred Borter

 Zürich In die Ausnüchterungszellen in Zürich sind im ersten halben Jahr 366Personen eingeliefert worden.

 Mit der Ausnüchterungsstelle in der städtischen Polizeihauptwache Urania haben an den ersten 28Wochenenden 366Personen Bekanntschaft gemacht. Die am stärksten alkoholisierte Person wies im Blut einen Alkoholgehalt von 4,19Promille auf.

 Die Ausnüchterungsstelle entspricht einem Bedürfnis. Dieses Fazit zog Projektleiter Beat A.Käch vom Polizeidepartement nach dem ersten halben Betriebsjahr. 316Männer und 50Frauen sind an den bisher 28Wochenenden von der Polizei eingeliefert worden. Der jüngste Klient war gerade mal 15Jahre alt, der älteste 69. Die höchste gemessene Promillezahl liegt bei 4,19; wie viele Klienten auch unter Drogeneinfluss standen, wurde nicht erhoben.

 42Prozent stammen aus Zürich selber, 31Prozent aus dem übrigen Kantonsgebiet, 18Prozent aus anderen Kantonen und 9Prozent haben ihren Wohnsitz im Ausland oder sie verfügen über keinen festen Wohnsitz.

 Keine Jagd

 Wie Käch betonte, waren die anfänglich herumgebotenen Befürchtungen, die Polizei mache nun in den Trendquartieren Jagd auf Alkoholsünder, völlig aus der Luft gegriffen. Wer friedlich sein Bierchen konsumiere, riskiere nichts; mitgenommen würden bloss schwer berauschte Leute, die randalierten und sich oder andere gefährdeten. In 70Prozent der Fälle werde die Polizei von Drittpersonen gerufen, etwa wenn jemand stockbetrunken auf der Strasse liege.

 Handschellen obligatorisch

 Die aber werden in Gewahrsam genommen, und das heisst: mit Handschellen gefesselt, damit sie weder den Polizisten noch sich selbst Gewalt antun können. Das Aggressionspotenzial sei nämlich zum Teil ganz erheblich, und es komme immer wieder vor, dass die Beamten auch angespuckt würden, einmal wurde eine Beamtin gebissen.

 Die Einrichtung in den Zellen sei zwar an sich vandalensicher. Man habe ihm versichert, die WC-Schüsseln könnten auch von drei Kranzschwingern nicht aus der Verankerung gerissen werden, und doch sei genau das einem eher schmächtigen Mann gelungen. Er habe sie gegen die Panzerglasverschalung geworfen, und diese sei so stark beschädigt worden, dass man die Hand habe durch die Scheibe hindurchstrecken können.

 Insgesamt stehen 12Zellen zur Verfügung. Eine davon ist die Pink-Zelle - in einer Farbe angestrichen, welche beruhigend wirken soll. Aufgrund der Eingangskontrolle wurden 22Personen in ein Spital gebracht, weil sie offensichtlich an Wunden oder anderen medizinischen Problemen litten.

 Die übrigen wurden so lange zurückbehalten und auch medizinisch versorgt, bis man sie wieder guten Gewissens entlassen konnte. Nüchtern mussten sie nicht sein, aber wenigstens auf den eigenen Beinen stehen können. Am meisten zu tun gab es am Wochenende des "Züri-Fäschts", als man 25Eintritte zählte. Im Minimum gab es 4Einweisungen. Durchschnittlich waren es 13.

 Hohe Kosten

 Die Verursacher haben ansehnliche Kosten zu tragen: Wer nach weniger als einer Stunde entlassen werden kann, kommt noch gratis weg, zwischen einer und drei Stunden kostet der Aufenthalt 600Franken, wer länger als drei Stunden einbehalten wird, hat 950Franken zu zahlen. Verunreinigt jemand die Zelle stark und muss eine Spezialreinigung angeordnet werden, kostet das zusätzlich 350Franken. Die Zahlungsmoral sei nicht überaus gut, meinte Käch, bisher habe man für 250000Franken Rechnung gestellt, und 90000Franken seien eingetroffen.

 Manchmal müsse man eben zweimal mahnen, bis die Zahlung eingehe. Auch habe man schon Hand geboten zu Abzahlungsverträgen, etwa wenn eine Mutter aus erzieherischen Gründen fand, ihr Sohn solle die Kosten aus seinem Lehrlingslohn "abstottern".

 Wollte man die ganzen Kosten den Klienten überwälzen, müsste man übrigens 1600Franken pro Fall verlangen. Übrigens findet auch eine Nachberatung statt, wenn das für sinnvoll erachtet wird. Der Zürcher Pilotversuch, eine Gemeinschaftsarbeit der Polizei und der Gesundheitsdienste der Stadt Zürich, findet auch ausserhalb Zürichs Beachtung. So hätten sich schon Lausanne, Bern oder Burgdorf für die Erfahrungen interessiert; allerdings stelle sich auch die Frage, ob die rechtlichen Grundlagen gegeben seien. In Zürich stützt man sich auf das Polizeigesetz.

 Wenn der Pilotversuch nach einem Jahr ausläuft, fasst man eine Zusammenlegung mit dem Vermittlungs- und Rückführungszentrum in der alten Kaserne ins Auge. Die Standortsuche gestalte sich allerdings nicht einfach, erwähnte Käch.

---

BZ 6.10.10

Pilotversuch in Zürich

 Ausnüchtern in der Zelle boomt

 Die erste Zentrale Ausnüchterungszelle (ZAS) in Zürich wird rege genutzt: 366 Personen haben dort seit März ihren Rausch ausgeschlafen. In pinkfarbener Umgebung beruhigt sich die renitente Kundschaft besonders schnell.

 Am meisten Betrieb herrschte am ersten Juli-Wochenende, während des Züri-Fäschts: 25 Personen musste die Polizei einsammeln, weil sie im Alkoholrausch entweder sich selber oder andere gefährdeten. Seit März wurden in Zürich im Durchschnitt pro Wochenende 13 Personen im alten Zellentrakt des Gefängnisses eingeschlossen und beim Ausnüchtern medizinisch überwacht.

 Bis zu 4,19 Promille

 "Diese Zahlen zeigen, dass die Zentrale Ausnüchterungszelle (ZAS) leider notwendig ist", sagte Projektleiter Beat Käch gestern, als er vor den Medien eine erste Bilanz zog. Der Bedarf für diese Einrichtung sei klar vorhanden - nicht zuletzt, um die Notaufnahmen der Spitäler zu entlasten.

 Laut Käch ist die Hauptklientel der ZAS männlich und zwischen 18 und 24 Jahre alt. Allerdings habe die Stadtpolizei auch schon einen 69-Jährigen eingeliefert. Auch 18 Minderjährige landeten in der ZAS, der jüngste war gerade mal 15 Jahre alt. Frauen sind in der ZAS seltener anzutreffen: Von den 366 eingelieferten Berauschten waren nur 50 weiblich.

 Der höchste in der ZAS gemessene Blutalkoholgehalt betrug 4,19 Promille. 22 der insgesamt 366 betreuten Personen mussten ins Spital gebracht werden, in erster Linie wegen innerer Blutungen oder Knochenbrüchen.

 Teure Nächte

 Gratis ist der Aufenthalt in der Ausnüchterungszelle für die Kundschaft nicht. Wer länger als drei Stunden betreut werden musste, erhält eine Rechnung über 950 Franken. Aber jene, die schneller wieder munter sind, werden zur Kasse gebeten: Sie schulden der ZAS immerhin 600 Franken. Doch kostendeckend sind die ausgestellten Rechnungen nicht. Die einzelne Einweisung verursacht Kosten von 1600 Franken.

 Schlechte Zahlungsmoral

 "Der Aufenthalt in der ZAS soll der eingelieferten Person eine Lehre sein", sagte Käch. Doch die pädagogische Massnahme hat offenbar keinen Einfluss auf die Zahlungsmoral: Diese sei "nicht sehr gut", sagte Käch. Gegenüber Radio DRS sprach er von einer grossen Bandbreite: Während einige nie bezahlen würden, sei es schon vorgekommen, dass ein Kunde die Rechnung gleich beim Austritt beglichen habe.

 Auch Bern will eine ZAS

 Das Zürcher Pilotprojekt stösst auch in anderen Regionen der Schweiz auf Interesse: Der Berner Regierungsrat beispielsweise hat im März entschieden, ebenfalls eine Ausnüchterungsstelle einzurichten, um die Notaufnahmen der Spitäler zu entlasten. In der Novembersession wird der Grosse Rat das Thema behandeln.

 Pink beruhigt

 Inzwischen haben die Betreiber der ersten ZAS in der Schweiz gemerkt, was besonders renitente Kunden am schnellsten wieder zur Vernunft bringt: der Aufenthalt in einer pinkfarbenen Zelle. Wie das Bieler Gefängnis, das bereits über vier pink gestrichene Zellen verfügt, hat auch das Bezirksgefängnis Pfäffikon zwei solche Räume. Auch in der ZAS wurde nach diesem Vorbild eine Zelle vom Boden bis zur Decke leuchtend rosa gestrichen. Und es wirkt offenbar: In der pinkfarbenen Zelle habe sich bisher noch der schwierigste Kunde wieder beruhigt, sagte Käch gestern. Wissenschaftlich sei die Zürcher Stadtpolizei bei ihrem Farbversuch aber nicht vorgegangen. "Wir haben von den pinkfarbenen Zellen gehört und uns gedacht, nützts nichts, so schadets nichts."

 1970 hat ein amerikanischer Wissenschaftler zur Beruhigung der Insassen die ersten Zellen pink anmalen lassen.
 sda/sgs

---

20 Minuten 6.10.10

"Für speziell Aggressive haben wir die Zelle in Pink"

 ZÜRICH. Die Zellen sind mit Kot verschmiert, viele Eingelieferte gewalttätig: Jedes Wochenende erlebt Mario Dändliker, Leiter der Ausnüchterungsstelle ZAS, wüste Szenen.

 Mario Dändliker, die ZAS ist seit einem halben Jahr in Betrieb. Worüber staunen Sie am meisten?

 Mario Dändliker: Dass bei uns entgegen der Prognosen eher wenig Jugendliche landen, sondern primär Erwachsene.

 Und sonst?

 Schockierend sind die Gewaltausbrüche. Drei Viertel aller Klienten wurden tätlich. Die Gewalt kommt meist unvermittelt, etwa plötzlich bei der ärztlichen Kontrolle. Zum Glück ist die Urania-Wache im selben Haus. Wiederholt mussten wir Hilfe anfordern, weil die Situation zu eskalieren drohte.

 Ist für jene besonders aggressiven Leute die in Pink gestrichene Zelle gedacht?

 Ja. Die Klienten beruhigen sich dort auch tatsächlich. Doch vermutlich hätten sie sich das in einer normalen Zelle ebenfalls. Die Farbe war eine spontane Idee - als Vorbild diente das Gefängnis Pfäffikon.

 Was wissen Sie über die eingelieferten Berauschten?

 Viele konsumieren neben Alkohol auch Drogen oder sind wegen Körperverletzung bereits polizeibekannt. Auffallend ist zudem, dass nicht wenige die Zelle mit ihrem Kot verschmieren.

 Das klingt alles zermürbend. Erleben Sie auch Amüsantes?

 Sicher. Als ein Mann Mitte 40 seinen Rausch ausgeschlafen hatte, legte er zum Bezahlen der 950 Franken eine 1000er-Note hin und sagte, der Rest ist Trinkgeld fürs Team und vor allem für die hübsche Ärztin.  

Roman Hodel

--

 Erste 6 Monate in Zahlen

 316 Männer und 50 Frauen wurden zwischen April und September 2010 in die ZAS eingeliefert.

 15 Jahre alt war der Jüngste, die Jüngste 17; 69 der Älteste und 63 die Älteste.

 42% der Eingelieferten stammten aus der Stadt, 31% aus dem Kanton Zürich, 18% aus anderen Kantonen.

 4,19 war der höchste gemessene Promillewert, 0,07 der tiefste.

 25 Einlieferungen gab es am Züri-Fäscht-Wochenende - die bisher meisten.

---

10vor10 5.10.10

Zürich: Erfolgreiches Ausnüchterungszellen-Konzept

Immer häufiger werden schwer Betrunkene auf den Strassen ausfällig. In der Stadt Zürich werden neu gefährliche Betrunkene in einem speziellen Ausnüchterungs-Gefängnis eingeschlossen. Ein erfolgreiches Konzept, wie die Polizei Bilanz zieht.
http://videoportal.sf.tv/video?id=1e2112e5-1250-4104-9a41-281bf65e5053

---

Blick am Abend 5.10.10

Mit 4,2 Promille in der Ausnüchterungszelle

 BILANZ

 366 Personen mussten seit der Eröffnung hier ihren Kater Ausschlafen.

 Die erste Zentrale Ausnüchterungszelle (ZAS) der Schweiz ist nötig: Seit der Eröffnung im März haben 366 Personen in den umfunktionierten Zürcher Gefängniszellen ihren Rausch ausgeschlafen, 50 davon waren Frauen.

 13 Personen wurden durchschnittlich pro Wochenende im alten Zellentrakt in der Nähe des Hauptbahnhofes untergebracht und beim Ausnüchtern medizinisch überwacht. Der höchste gemessene Blutalkoholwert betrug krasse 4,19 Promille.

 Die Kosten für die Ausnüchterung müssen die Benutzer selber tragen: Wer eine Nacht lang betreut werden muss, erhält eine Rechnung über 950 Franken. Aber auch jene, die in weniger als drei Stunden wieder munter sind, müssen 600 Franken bezahlen. Während der einjährigen Pilotphase ist die ZAS jeweils vom Freitag 22 Uhr bis Sonntag um 15 Uhr geöffnet. Das Zürcher Projekt hat bereits Nachahmer gefunden. In Bern wird im November über die Einführung einer ZAS entschieden. SDA

---

tagesanzeiger.ch 5.10.10

Ausnüchterungszelle: Einer riss die Toilette aus der Verankerung

Felix Schindler

 Seit sechs Monaten gibt es Ausnüchterungszellen in Zürich. An einer Medienkonferenz wurden erstaunliche Angaben über die Insassen gemacht.

 "ZAS-Pink" heisst die Farbe, in der eine der zwölf Zellen der Zentralen Ausnücherungsstselle (ZAS) gestrichen ist. In dieser Zelle landen jene Personen, die besonders renitent sind, sagt Beat Käch, Projektleiter der ZAS heute Dienstag vor den Medien. "Dort sind sie alle wieder runter gekommen."

 Seit sechs Monaten ist die ZAS in Betrieb, 366 Personen musste dort bisher ihren Rausch ausschlafen, weil sie entweder sich selbst oder Dritte gefährdeten. Spitzenreiter war das "Züri-Fäscht"-Wochenende, an dem die Polizei 25 Personen einsammelte, die entweder sich selber oder andere gefährdeten.

 Die ZAS-Klienten

 Bisher 316 Männer und 50 Frauen im ZAS eingeliefert worden Mit Abstand am meisten Insassen sind zwischen 18 und 24 Jahre alt, nämlich fast 29 Prozent Der jüngste Insasse war 15-jährig, der älteste 69 Der höchste gemessene Blutalkoholgehalt betrug 4,19 Promille. 31 Personen haben es geschafft, trotz einem Blutalkoholgehalt von weniger als einem Promille in der ZAS zu landen 22 aller betreuten Personen mussten ins Spital gebracht werden, in erster Linie wegen innerer Blutungen oder Knochenbrüchen. Die meisten Insassen (107) werden nach 3 bis 6 Stunden wieder entlassen. 74 Personen brauchen allerdings 9 Stunden oder mehr, bis sie wieder entlassen werden konnten. Obwohl die Einrichtung so gestaltet ist, dass nichts kaputt gehen kann, sei es einem Insassen gelungen, die Toilette aus der Verankerung zu reissen und damit das Panzerglas zu beschädigen.

 Einmal ausnüchtern: 950 Franken

 Die Kosten für die Ausnüchterung werden zu einem grossen Teil auf die Benutzer abgewälzt: Wer länger als drei Stunden betreut werden muss, erhält eine Rechnung über 950 Franken. Aber auch für jene, die in unter drei Stunden wieder munter sind, wird es teuer: Sie sind der ZAS immerhin 600 Franken schuldig. Häufig komme es vor, dass die Insassen ihre Zelle massiv verunreinigen. Wenn dadurch eine zusätzliche Spezialreinigung nötig wird, dann schlägt sich das zusätzlich zu Buche. Gratis ist der Aufenthalt nur, wenn er weniger als eine Stunde dauert.

 Trotz der hohen Preise ist das Projekt bei weitem nicht kostendeckend. 950'000 Franken sind für das Projekt budgetiert, eine Einweisung verursacht Kosten von 1600 Franken. Zudem ist die Zahlungsmoral der Klienten alles andere als gut: Von den 250'000 Franken, die bisher an die Klienten in Rechnung gestellt wurden, sind erst 90'000 Franken beglichen worden.

 Bern will auch ein ZAS

 Das Zürcher Pilotprojekt stösst auch in anderen Regionen der Schweiz auf Interesse: Der Berner Regierungsrat entschied im März, ebenfalls eine Ausnüchterungsstelle einzurichten, um die Notaufnahmen der Spitäler zu entlasten. Im November wird der Grosse Rat das Thema behandeln.

--

Der "betrunkene" Polizist

fsc

 Wer in einer Ausnüchterungszelle landet, ist oft in einem beschämenden Zustand. Um darzustellen, wie das aussieht, haben sich Polizisten als Schauspieler versucht.

 366 Personen sind in den letzten sechs Monaten in der Zentralen Ausnüchterungsstelle (ZAS) der Stadt Zürich eingeliefert worden - sie alle waren dermassen berauscht, dass sie entweder sich selbst oder Dritte gefährdet haben. Heute Dienstag präsentierte die Stadt eine erste Bilanz der Ausnüchterungszelle. Dabei gab der Projektleiter des Polizeidepartements Beat Käch bekannt, dass sich die Polizisten schon einiges gefallen lassen mussten - denn die Insassen sind ausfällig und gehen in ihrem Rausch auch mal auf die Polizisten los. Wenn nicht mit Gewalt, dann mindestens mit Worten oder einer gezielten Ladung Spucke. Kürzlich wurde eine Mitarbeiterin gebissen und musste darauf ärztlich behandelt werden.

 Laienbühne Urania

 In jeder der zwölf Zellen ist eine Videokamera installiert, jeder Insasse wurde also gefilmt. Die Polizei darf die Aufnahmen aus Datenschutzgründen allerdings nicht zeigen. Deshalb hat ein Team der Stadtpolizei nachgestellt, wie eine Verhaftung von typischen ZAS-Insassen aussieht. Als Vorbild suchten die Filmer allerdings keinen der renitenteren Fälle aus. Immerhin zückt der Mann am Ende seines Aufenthalts brav die Kreditkarte und bezahlt die Kosten seines Aufenthalts.

---

sf.tv 5.10.10

Ausnüchtern bei der Polizei: Ein Renner für 950 Franken

 Der erste Ausnüchterungstrakt der Schweiz ist an den Wochenenden stark belegt: Seit der Eröffnung im März mussten 366 Personen in den ausgedienten Zürcher Gefängniszellen ihren Rausch ausschlafen, 50 davon waren Frauen.

sda/bami

 Seit März hat die Polizei pro Wochenende durchschnittlich 13 Personen, die betrunken negativ aufgefallen sind, im alten Zellentrakt in der Nähe des Hauptbahnhofes untergebracht.

 Zur Polizei anstatt ins Spital

 Anders als in Ausnüchterungszellen auf Regionalwachen werden die Betrunkenen in der Zentralen Ausnüchterungszelle (ZAS) von geschultem Personal medizinisch betreut. Der höchste seit März gemessene Blutalkoholgehalt betrug 4,19 Promille.

 Diese Zahlen zeigten, dass die ZAS leider notwendig sei, schreibt das Zürcher Polizeidepartement in einer Mitteilung. Der Bedarf für eine solche Einrichtung sei klar vorhanden.

 Teure Übernachtung ohne Luxus

 Die Kosten für die Ausnüchterung werden vollständig auf die Benutzer abgewälzt: Wer eine ganze Nacht lang betreut werden muss, erhält eine Rechnung über 950 Franken. Aber auch für jene, die in weniger als drei Stunden wieder munter sind, wird es teuer: Sie sind der ZAS immerhin 600 Franken schuldig.

 Seit März läuft eine einjährigen Pilotphase, während der die ZAS jeweils vom Freitag um 22 Uhr bis Sonntag um 15 Uhr geöffnet ist.

 Auch Bern überlegt sich Ausnüchterungszellen

 Das Zürcher Projekt hat bereits Nachahmer gefunden: Der Berner Regierungsrat entschied im März, ebenfalls eine Ausnüchterungsstelle einzurichten, um die Notaufnahmen der Spitäler zu entlasten.

 Auch dort sollen die Kosten den Benutzern oder deren Eltern in Rechnung gestellt werden. Im November wird der Grosse Rat des Kantons Bern das Thema behandeln und über die Einführung entscheiden.

----------------
DROGEN
----------------

Grenchner Tagblatt 6.10.10

"Drogenbahnhof" fordert Opfer

Andreas Kaufmann

 Solothurn In "René's Bahnhof Metzg" gingen vorige Woche die Lichter aus. Mitschuldig ist laut Metzger René Uebersax auch die prekäre Lage am Drogenumschlag Hauptbahnhof.

 Wer auf die Imbisskarte hinter der Fensterscheibe von "René's Bahnhof Metzg" blickt, lässt sich seit Dienstag letzter Woche vergeblich gluschtig machen auf Currywürstli und Co. Denn René Uebersax' Traditionsmetzg und -imbiss am Hauptbahnhof ist Vergangenheit. Nach 17 Jahren dreht der 61-jährige Metzger zwangsläufig den Schlüssel an der Zuchwilerstrasse. Zuvor hatte Uebersax eine Grossmetzg in Sursee geleitet. "Als ich hier in Solothurn anfing, war das Geschäft eine Goldgrube. Ich hatte super Umsätze", erinnert er sich.

 Umsatz um Hälfte eingebrochen

 Doch dieses Zeitalter ist passé. Gerade die letzten Jahre haben ihm keine verheissungsvollen Zahlen mehr beschert. Einen Umsatzeinbruch von rund 50 Prozent verzeichnet er in seiner Buchhaltung. Vor einigen Monaten musste auch die unterdessen einzige Mitarbeiterin den Hut nehmen. Dabei konnte auch der Angebotsmix das Ende nicht abwenden: Neben dem Fleischverkauf und dem Take-away betrieb er auch das Metzgerei-Stübli und einen Catering-Service. Für die schlechten Verkaufszahlen sieht Uebersax mehrere Gründe.

 Einerseits war es der kürzliche Bahnhofsumbau und der dadurch nach Süden verlagerte Personenumschlag, der ihm zusetzte: "Haufenweise Cars und Privatautos blockierten damals die Zufahrt und die Parkplätze der Kundschaft."

 "Niemand traut sich mehr her"

 Als zweiten Grund nennt Uebersax die Szene der Drogendealer, die die Kunden gerade in der letzten Zeit abschreckten - was darin mündet, dass mittlerweile Frauen von den Dealern belästigt werden. Laut seiner Einschätzung habe auch der Sicherheitszirkel der Stapo, Kapo und Transportpolizei keine Besserung bewirkt: "Im Gegenteil, es ist schlimmer geworden." Und offenbar warnen die Dealer einander gegenseitig per Handy, noch bevor die Polizisten aus dem Patrouillenfahrzeug aussteigen: Funkgerät versus Natel. Als dritten Faktor führt Uebersax schliesslich die Mittagsöffnungszeiten im Denner vis-à-vis an. Gerade dessen Tiefpreise und Fleischauswahl setzten der kleinen Metzg zu. "Doch dagegen kann man sich ja nicht gross wehren", sagts und zuckt mit den Schultern.

 Unklare Zukunftsaussichten

 Nach Uebersax' Geschäftsaufgabe bleiben in Solothurn noch drei Fleischfachverkäufer übrig: Wälchli AG Metzgerei, Metzgerei Bommer und Wanners Pferdemetzg. Demgegenüber zählte Solothurn in den Fünfzigern noch rund 40 Metzgereien. Für Uebersax steht jetzt nur noch eines aus: aufräumen und putzen. "Wie es nun beruflich weitergeht? Ich habe keine Ahnung."

---

Landbote 6.10.10

Heute gilt Heroin als Verliererdroge

 Fabian Eberhard

 Im Stadtpark floriert der Handel mit Kokain. Ein Blick auf die Winterthurer Drogenszene zeigt aber, dass die Zahl der Schwerstabhängigen stabil bleibt. Viel mehr zu schaffen macht den Fachleuten der Medikamentenmissbrauch.

 Es sind vor allem ältere Menschen, die sich an diesem kalten Herbstnachmittag vor der Drogenanlaufstelle an der Meisenstrasse aufhalten. Dicht gedrängt stehen sie auf dem Trottoir, in der einen Hand ein Bier, in der anderen eine Zigarette. Vor allem Personen mit einer starken Abhängigkeit von Kokain oder Heroin verkehren hier. Rund 120 Süchtige zählt die Anlaufstelle pro Tag. Ein Fünftel davon sind Frauen, das Durchschnittsalter liegt bei 40 Jahren. Junge oder Jugendliche trifft man nur selten an.

 Toni Berthel, Koleiter der Integrierten Suchthilfe der Stadt, erstaunt das nicht: "Die Zahl der stark abhängigen Konsumenten von harten Drogen ist in Winterthur seit Jahren stabil", sagt er. "Weder die Heroin- noch die Kokainszene ist gewachsen." Die meisten der Süchtigen sind laut Berthel Personen, die bereits vor zwanzig Jahren auf dem Platzspitz oder dem Letten in Zürich verkehrten. "Neueinsteiger oder junge Menschen mit einer starken Abhängigkeit beobachten wir selten."

 Szene ist der Polizei bekannt

 Im Heroinbereich sind die Zahlen eindeutig. Rund 400 Personen sind in der Stadt Winterthur wegen Heroinproblemen in Behandlung, die Hälfte davon befindet sich im Methadonprogramm. Waren 1994 noch 35 Prozent der Konsumenten jünger als 23 Jahre alt, sind es heute nur noch 7 Prozent. Hingegen sind heute 34 Prozent älter als 33, im Gegensatz zu 11 Prozent vor 16 Jahren. Berthel führt diese Entwicklungen mitunter auf das negative Image der Droge zurück. "Das Heroin gilt als Verliererdroge. Die Bilder von heruntergekommenen Süchtigen auf dem Platzspitz sind in den Köpfen der Menschen nach wie vor präsent."

 Ähnliche Erfahrungen macht auch die Stadtpolizei. "Die meisten der Drogenkonsumenten in der Stadt sind uns bekannt. Viele dieser Leute bewegen sich schon seit Jahren oder Jahrzehnten in diesem Milieu", sagt Polizeikommandant Fritz Lehmann. Der Grossteil der involvierten Personen halte sich im Umfeld der Drogenanlaufstelle und im Stadtpark auf. Hinzu komme aber auch die Gegend zwischen dem Bahnhof und dem Zentrum Töss.

 Neben den Konsultationen wegen Heroinproblemen ist auch die Zahl der Behandlungsfälle von Kokainabhängigen stabil. Bei der Integrierten Suchthilfe Winterthur hat sie sich bei rund 50 Konsultationen pro Jahr eingependelt. Trotzdem: In der Schweiz wird massiv mehr geschnupft als früher. Einst die Aufputschdroge der High Society, ist das Kokain massentauglich geworden und wird in allen sozialen Schichten konsumiert. Zwei bis drei Prozent der Bevölkerung haben laut Studien von Sucht Info Schweiz mindestens einmal in ihrem Leben Kokain konsumiert. Rund ein Zehntel davon tut dies sogar regelmässig. Zahlen, die laut Berthel auch auf Winterthur zutreffen. Eine grosse Gruppe der Konsumenten entwickelt aber keine ausgeprägten Abhängigkeitsprobleme, weshalb diese Fälle meist nicht in den Zahlen der Suchtberatungsstellen auftauchen.

 Es sind dann auch nicht diese Leute, welche die Droge im Stadtpark kaufen. Dort beschaffen sich vor allem die schwer Süchtigen, bekannten Konsumenten ihr Kokain. Wieso die Dealeraktivitäten trotzdem zugenommen haben ("Landbote" vom 15. September), darüber kann Polizeikommandant Lehmann nur spekulieren. Es könnte sein, dass sich das bis anhin lose Dealernetzwerk in ein zentralisiertes, gut organisiertes im Stadtpark verlagert hat. Zudem ist neben dem Heroin auch das mehrheitlich reine und somit sehr wirksame Kokain bezahlbar geworden, was die Konsumationsmenge entsprechend erhöht. Kostete ein Gramm, das für mehrere Linien reicht, Mitte der Achtzigerjahre noch 600 Franken, liegt der Preis dafür heute zwischen 40 und 120 Franken, je nach Reinheit des Stoffes.

 "Braindoping" im Trend

 Mehr zu schaffen macht den Fachleuten in der Schweiz das sogenannte "Braindoping". Davon spricht man, wenn leistungssteigernde Medikamente wie Ritalin als Aufputschmittel missbraucht werden. Das geschieht oft im Zusammenspiel mit Alkohol und ist insbesondere bei Jugendlichen in der Partyszene beliebt. Dass dies auch in Winterthur ein Thema ist, bestätigt Berthel von der Integrierten Suchthilfe. Obwohl verlässliche Zahlen fehlen, gehöre der Trend zu den neuen Herausforderungen im Suchtbereich. Die Behandlungsfälle sind in dieser Sparte zwar nicht gestiegen, Sorgen macht ihm aber die einfache Beschaffung dieser Medikamente über das Internet.

 Die gleiche Entwicklung fällt der Polizei auf: "Wir stellen fest, dass sich Medikamente wie Ritalin einer steigenden Beliebtheit erfreuen", sagt Lehmann. Aber auch betäubungsmittelhaltige Substanzen wie Methadon nennt er als Beispiele, die mit Alkohol oder klassischen Drogen kombiniert werden. Gleichzeitig ist ein Rückgang des Konsums von Partydrogen wie Ecstasy zu beobachten.

FABIAN EBERHARD

--

 Kunstausstellung von Suchtkranken

 Seit zwei Jahren findet in der Drogenanlaufstelle DAS an der Meisenstrasse jeden Donnerstag ein Kreativnachmittag statt. Die Klientinnen und Klienten können sich unter fachlicher Anleitung einer Mitarbeiterin künstlerisch betätigen. Sie erhalten die Möglichkeit, mit verschiedenen Materialien und Techniken zu experimentieren, eigene Ideen einzubringen und diese umzusetzen. Das Angebot soll den Teilnehmenden eine Abwechslung in ihrem meist inhaltsleeren Alltag ohne Arbeit bieten und sie die Sucht für einen kurzen Moment vergessen lassen.

 Im Rahmen einer Ausstellung werden die Produkte der vergangenen Jahre jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt. Zwischen dem 6. und 31. Oktober können Interessierte die entstandenen Werke bewundern. Zum Start der Ausstellung findet heute eine Vernissage mit einer Ansprache von Sozialvorsteher Nicolas Galladé (SP) statt. (feb)

 Vernissage in der DAS-Anlaufstelle

 Mittwoch, 6. Oktober, 18 Uhr, Meisenstrasse 3

---

NZZ 6.10.10

Lizenz zum Kiffen

 Eine Initiative in Kalifornien will den Anbau, Verkauf und Konsum von Cannabis legalisieren

 Im November stimmt die Bevölkerung in Kalifornien darüber ab, ob Marihuana in Zukunft legal angebaut, gehandelt und konsumiert werden darf. Die Auswirkungen der Legalisie- rung sind jedoch unklar.

 Bettina Ambühl, Palo Alto

 Der Konsum von Cannabis ist in Kalifornien seit 1996 zu medizinischen Zwecken erlaubt. Nun steht ein Volksentscheid über eine vollständige Legalisierung bevor. Am 2. November wird darüber abgestimmt, ob der Anbau, der Verkauf und der Konsum von Marihuana grundsätzlich erlaubt sein sollen. Mit einer Annahme der Initiative hätte Kalifornien das toleranteste Marihuana-Gesetz weltweit: Erwachsene ab 21 Jahren dürften bis zu knapp 30 Gramm der Droge besitzen und sie auf einer Fläche von maximal 2,3 Quadratmetern anbauen. Der Konsum von Cannabis wäre allerdings nur an privaten oder dafür lizenzierten Orten erlaubt. Das Kiffen in Anwesenheit Minderjähriger und das Fahren unter Cannabis-Einfluss wäre weiterhin verboten.

 Starke Preissenkung erwartet

 Trotz diesen Einschränkungen lässt die Initiative viel Spielraum offen. Die Vergabe von Verkaufslizenzen und die Besteuerung der Droge würde den Lokalbehörden überlassen. Diese hätten zudem die Möglichkeit, den Cannabis-Anbau zu kommerziellen Zwecken in grösserem Stil zu erlauben.

 Laut einer Untersuchung der Denkfabrik Rand könnte der Preis für Marihuana nach der Legalisierung um bis zu 80 Prozent fallen. Die Autoren der Studie sind jedoch äusserst zurückhaltend, was Voraussagen betrifft. Die Auswirkungen der Legalisierung auf den Konsum seien schwer abzuschätzen, da bisher nirgends Erfahrungen mit derart tiefen Preisen gemacht worden seien, heisst es in einer Medienmitteilung von Rand. Der Konsum könne um zwischen 50 und 100 Prozent zunehmen.

 Vor dem Hintergrund der enormen Staatsverschuldung Kaliforniens werden im Abstimmungskampf häufig finanzielle Argumente angeführt. Die Befürworter sehen neben den Einsparungen im Gefängnis- und Gerichtswesen eine ersehnte Geldquelle in der Besteuerung von Cannabis voraus, während Gegner befürchten, dass längerfristige Kosten im Gesundheitswesen die Gewinne überwiegen könnten.

 Für Keith Humphreys, Psychiatrieprofessor an der Universität Stanford und ehemaliger Berater des amerikanischen Präsidenten in Fragen der Drogenpolitik, liegt das Hauptproblem der Cannabis-Legalisierung jedoch darin, dass sich eine der Tabakindustrie vergleichbare Marihuana-Industrie entwickeln könnte, deren Lobbying und Marketing zusätzlich zu einer Steigerung des Konsums beitragen würden. Humphreys warnt vor längerfristigen gesundheitlichen Schäden und Begleiterscheinungen wie Autounfällen oder Schulausschlüssen von kiffenden Schülern. Er nimmt an, dass die Schäden gewichtiger sein werden als die zu erwartende Verringerung von Gewalttaten, die mit dem Schwarzmarkt verbundenen sind.

 Letzteres ist hingegen ein zentrales Anliegen von Jonathan Simon, einem Rechtsprofessor an der University of California in Berkeley. Er spricht sich für die Legalisierung aus und sieht sie als Schritt in die richtige Richtung; weg von einer sich aufs Strafrecht verlassenden Politik. Die Legalisierung würde nicht nur den mexikanischen Drogenkartellen Wind aus den Segeln nehmen, sagt Simon, sondern auch unnötige Stigmatisierungen junger Erwachsener als Kriminelle vermeiden. Auch Simon anerkennt das Problem einer Konsumsteigerung. Dem könne aber durch das Erheben von Steuern sowie eine gezielte Aufklärungs- und Beratungsarbeit entgegengewirkt werden.

 Konflikt mit Bundesgesetz

 In einer Meinungsumfrage äusserten sich kürzlich 49 Prozent der Befragten zustimmend zur Initiative, 42 Prozent ablehnend. Aber auch im Falle einer Annahme bleibt die weitere Entwicklung ungewiss. Nach Bundesgesetz ist Cannabis nach wie vor illegal. Unter Präsident Bush hatte Washington auf die Durchsetzung dieses Verbots gepocht, sein Nachfolger Obama hingegen entschied 2009, die Verwendung von Marihuana zu medizinischen Zwecken in Kalifornien zu akzeptieren. Wie die amerikanische Regierung auf eine vollständige Liberalisierung reagieren würde, bleibt abzuwarten.

------------------
ALKOHOL
-----------------

Zürichsee-Zeitung 6.10.10

Alkohol Fünfliber-Abende und Budget-Partys sind bei Jungen beliebt - eine Stiftung kämpft für ein Verbot
 
Gegen das Saufen zum halben Preis

 Clubs aus der Region werben mit Alkoholika für einen Fünfliber. Nun sollen solche Angebote verboten werden.
 
Michael Grimm

 Clubs rund um den Obersee preisen Partys gerne mit dem Ausschank von Billig-Alkohol an. Das "Centurio" in Feusisberg beispielsweise schreibt auf seiner Internetseite: "In dieser Nacht werden (beinahe) alle Getränke für läppische fünf Franken über den Tresen geschoben, und das in gewohnt gutem Mischverhältnis." Damit will der Club für Gäste ab 18 Jahren Herz für deren Portemonnaie zeigen.

 Viel trinken für wenig Geld

 Bei der Präventionsstelle Sucht-Info Schweiz kommen solche Angebote gar nicht gut an. Sie kritisiert, dass Fünfliber-Abende die Gäste animieren würden, für weniger Geld mehr zu trinken. Eine spezielle Anziehungskraft hätten diese Angebote laut der Stiftung vor allem auf junge Konsumierende, wie Mediensprecherin Monique Helfer sagt: "Das jüngere Publikum ist sehr preissensibel und reagiert stark auf solche Lockvogelangebote".

 An Wochenenden wolle das wirtschaftlich wenig potente Ausgeh-Volk oft über die Stränge schlagen. Da kämen solche Angebote gerade recht, sagt Helfer. Zugaben oder Vergünstigungen, die Konsumierende anlocken sollen, unterliefen jegliche Prävention. Deshalb fordert Sucht-Info Schweiz ein striktes Verbot sämtlicher Vergünstigungen bei alkoholischen Getränken. Die Total- revision des Alkoholgesetzes sei dafür eine ideale Gelegenheit.

 Freier Eintritt und viele alkoholische Getränke für nur fünf Franken - dies ist auch ein fester Bestandteil im Angebot des Clubs Halli Galli in Rapperswil-Jona. Regelmässig findet dort die "Budget-5-Party" statt, wo auch Jugendliche ab 16 Jahren Einlass erhalten. Vom geforderten Verbot hält man im "Halli Galli" nichts. Zuerst müsse der Bier- und Wodka-Verkauf an Tankstellen unterbunden werden, wo die Preise noch viel tiefer seien, erklärte ein Verantwortlicher. Seite 3

--

Alkohol Strengere Kontrollen gegen Alkoholausschank zum Spottpreis gefordert

 Ist bald Schluss mit Billigrausch?

 Alkoholische Drinks für fünf Franken dürfen Clubs vielleicht bald nicht mehr verkaufen. Darauf reagieren Anbieter ganz unterschiedlich.

 Michael Grimm

 Die Präventionsstelle Sucht-Info Schweiz will ihre Chance packen. Mit dem neuen Alkoholgesetz, das bis Ende Oktober in der Vernehmlassung ist, könnte mit Lockvogelangeboten ein für allemal aufgeräumt werden. Unter Lockvogelangeboten versteht Sprecherin Monique Helfer Happy Hours, Fünfliber-Abende oder Pauschalangebote. "Solche Aktionen steigern den Konsum beim jüngeren Publikum und fördern das Rauschtrinken nachweislich", sagt Helfer. Ob sich die Clubs an ein Verbot halten würden, hinge auch von den Kontrollen ab.

 Vorwurf des Preisdumpings

 Mehrere Clubs in der Obersee-Region haben das Billigtrinken im Programm - mit mehr oder weniger Erfolg. Francesco Melpignano, Geschäftsleiter des Clubs Centurio in Feusisberg, lancierte kürzlich erstmals den Abend Fast Five. Dies, obwohl befreundete Gastronomen wenig Verständnis aufbrachten und Preisdumping orteten. Bier und Spirituosen gingen für einen Fünfliber über die Theke. Wie gesetzlich verlangt, wurden Getränke ohne Alkohol günstiger verkauft. "Wir legen Wert darauf, uns nicht in einer Grauzone zu bewegen", erklärt der 30-Jährige. Trotz des Billigangebots sei nicht mehr getrunken worden als sonst. Und hätte doch einer über die Stränge geschlagen, wisse man zu reagieren. In Extremfällen seien schon Autoschlüssel abgenommen und Partybesucher zu Fuss nach Hause geschickt worden.

 Umsatz gesunken

 Wirtschaftlich sei das Fünf-Franken-Angebot für den Club nicht interessant. Melpignano rechnet vor, dass ein Gast nur acht Franken für Getränke ausgab. An normalen Abenden seien es 32 Franken. Der Billig-Abend betrachtet er deshalb nur als Experiment, das er voraussichtlich nach einem bis zwei weiteren Auflagen abbrechen werde. Dies auch, weil die etwa 18- bis 20-jährigen Partygänger nicht gerade zahlreich erschienen sind. "Heute wird eben mehr Wert auf einen guten DJ und die Musik gelegt. Der Getränkepreis ist Nebensache." Wird das Alkoholgesetz verschärft, kann Melpignano also gut damit leben.

 Der Joner Club Halli Galli des bekannten Unternehmers Bernhard Wild zieht ebenfalls hauptsächlich junges Publikum an. Seine "Budget 5 Partys" werden ganz bewusst meist kurz vor dem Zahltag veranstaltet. Bier, Wein, Salitos, Sekt oder Sangria gibt es dann zum Spezialpreis von fünf Franken, während ein Mineralwasser einen Franken günstiger ist. Mehr Gäste würden wegen des Sonderangebots aber nicht verzeichnet. Ebenso bewege sich das Alter im gewohnten Bereich, schreibt der Club, der nur schriftlich zu den Fragen der "ZSZ" Stellung nehmen wollte.

 Dass ein Verbot von Budget-Partys Junge vom Trinken abhalten würde, glaubt man im "Halli Galli" nicht. Zuerst müsste der Alkoholikaverkauf abends an Tankstellen verboten werden, heisst es. Dort koste ein Bier bloss einen Franken, eine Flasche Wodka 15 Franken. "Da kann weder eine Happy Hour noch eine Budget-Party mithalten."

 Wie der Club im Joner Industriequartier Buech wurde auch das nahe gelegene "Skylite" schon Kontrollen der eidgenössischen Alkoholverwaltung unter- zogen. Im "Skylite" hat man allerdings schlechte Erfahrungen gemacht, als man alkoholische Getränke als Werbemittel einsetzte. "Wir warben mit einem Gratisdrink für all jene, die verkleidet zum Abba-Abend erschienen. Prompt flatterte eine Bussenandrohung ins Haus", erklärt Geschäftsleiter Oliver Bühler. Im Wiederholungsfall hätte der Club 300 Franken bezahlen müssen. Bühler sieht darin eine Demonstration der klaren Haltung, die in der Stadt Rapperswil-Jona vorherrsche.

 Weitere Beispiele dafür seien nicht bewilligte Feste wie ein Oktoberfest oder ein Bar- und Pub-Festival. Laut Organisator Bühler habe die Stadt die Absage jeweils so begründet, dass Anlässe, die einzig dem Konsum von Alkohol dienten, nicht unterstützt würden.

 Die Präventionsstelle warnt: Kostet ein alkoholhaltiges Getränk viel weniger als üblich, fördert dies vor allem bei jungen Gästen das Rauschtrinken. Partyveranstalter aus der Region wollen das nicht bestätigen. (key)

-------------------------------
ANTI-FEMINISMUS
--------------------------------

Tagesanzeiger 6.10.10

Die ZKB will mit Frauenhassern nicht geschäften

 Die Zürcher Kantonalbank hat einen Kontoantrag der "Antifeministen" abgelehnt.

 Von Daniel Schneebeli

 Zürich - Die Interessengemeinschaft Antifeminismus hat es nicht einfach. Erst wollte das Restaurant Waid das erste internationale Antifeminismus-Treffen nicht durchführen. Und nun hat die IG auch noch von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) einen Korb bekommen. Die Zürcher Staatsbank will kein Konto für die Organisation eröffnen. "Wir sind an der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit Ihrem Verein nicht interessiert", heisst es im Ablehnungsschreiben.

 Für den Gründer der Interessengemeinschaft, den ehemaligen Luzerner SVP-Präsidenten René Kuhn, ist die Sache klar: "Die ZKB ist unter feministischer Kontrolle." Mitarbeiter würden auf feministischen Kurs getrimmt, und sie missbrauchten die Staatsbank, um ihre gesellschaftspolitischen Ziele durchzusetzen. Kuhn betont, er sei zusammen mit den 800 Mitgliedern seiner Organisation nun umso mehr angespornt, gegen die totalitäre Ideologie des Feminismus anzukämpfen: "Keine Bank der Welt, und schon gar nicht die ZKB, kann uns dabei aufhalten!"

 Die Kantonalbank verteidigte ihren Entscheid. Sie sei nicht verpflichtet, mit der IG Antifeminismus zu geschäften. Deren Ziele seien nicht kompatibel mit den Grundwerten der ZKB. Die Bank stehe für Chancengleichheit und gegenseitigen Respekt ein.

 Fry springt in die Bresche

 René Kuhn nimmt in der Tat kein Blatt vor den Mund, wenn es um Frauen und Feministinnen geht. Er bezeichnet "linke Emanzen" etwa als "ausgelumpte Vogelscheuchen" oder "Mannsweiber". Einen Lichtblick gibt es aber für die IG Antifeminismus, deren Signet ein Frauensymbol im Papierkorb zeigt. Für ihr internationales Treffen am 30. Oktober ist ein Lokal gefunden: das Giardino Verde in Uitikon. Es wird geführt von Giusep Fry, dem Wirt vom Hotel Uto Kulm.

---

20 Minuten 6.10.10

Kein Konto für Antifeministen

 ZÜRICH. Die Interessengemeinschaft Antifeminismus (IGAF) schäumt. Grund: Der Verein wollte bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) ein Konto eröffnen - und wurde abgewiesen. "Die ZKB steht für Chancengleichheit und gegenseitigen Respekt ein. Die IGAF und ihre Ziele sind nicht kompatibel mit den Grundwerten unserer Bank", so Sprecherin Sibylle Umiker. Für die IGAF dagegen ist klar: Die ZKB verfolge politisch und ideologisch einen feministischen Kurs.

---

Blick 6.10.10

Kein ZKB-Konto für Anti-Feministen

 Am 30. Oktober findet in Zürich das "1. Internationale Antifeminismus-Treffen" statt. Hinter dem Meeting steckt der Luzerner SVP-Politiker René Kuhn (43, Bild), der mit Sprüchen über "linke ausgelumpte Weiber" immer wieder für Schlagzeilen sorgt. Keine Sympathien für den "Frauen-Lästerer" zeigt jetzt die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Sie lehnt es ab, für Kuhns Verein Antifeministen (IGAF) ein Konto zu eröffnen. "Man sei an der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen nicht interessiert", teilte ihm das staatliche Institut mit. Sprecherin Sibylle Umiker: "Die ZKB steht für Chancengleichheit und gegenseitigen Respekt. Deshalb sind die IGAF und ihre Ziele nicht kompatibel mit den Grundwerten der ZKB." Kuhn wittert nun eine Verschwörung. Die ZKB sei selber in "feministischen Händen", glaubt er.  

Marcel Odermatt

---------------------------------
WAFFENINDUSTRIE
----------------------------------

Bund 5.10.10

Ruag plant eine Tochterfirma in Malaysia - und erntet Kritik

 Der Rüstungskonzern des Bundes will Kampfjets in Malaysia warten. Sicherheitspolitiker warnen vor dieser Expansion.

 Markus Brotschi

 Der bundeseigene Rüstungs- und Technologiekonzern Ruag erwägt, in Malaysia eine Niederlassung zu gründen. Die Expansion nach Südostasien gehört zur Strategie des Konzerns, das Auslandgeschäft auszubauen. Bereits heute wartet die Ruag in der Schweiz Komponenten malaysischer Kampfjets vom Typ Tiger und F/A-18. Nun zieht die Ruag in Betracht, ganze Flugzeuge der malaysischen Armee vor Ort zu unterhalten, wie der Konzern einen Bericht der "Berner Zeitung" bestätigt.

 Sicherheitspolitiker zeigen sich erstaunt und halten das Vorhaben für problematisch. Zu den Kritikern zählen nicht nur linke Gegner des Kriegsmaterialgeschäfts, sondern auch bürgerliche Ratsmitglieder. FDP-Ständerat Hans Altherr (AR) hat zwar Verständnis dafür, dass die Ruag neue Absatzmärkte sucht. "Allerdings sollte die Ruag im Ausland in andere Bereiche diversifizieren, nicht in die Rüstungssparte." Altherr befürchtet "Reputationschäden für die Schweiz", falls von der Ruag gewartete malaysische Kampfjets in einen Ernsteinsatz verwickelt würden. "Dann wäre das eine Verletzung der Neutralität."

 Auch SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer (ZH) warnt: "Die Ruag zeigt sich als sehr geschäftstüchtig, aber sie kann sich über die neutralitätspolitischen Erwägungen der Schweiz nicht einfach hinwegsetzen." Er hält das Engagement eines Bundesbetriebs in dieser Weltregion für gefährlich: "Für die Schweiz hätte das Folgen, wenn die Ruag im Konfliktfall einer Seite etwas geliefert hätte."

 Bundesrat soll eingreifen

 Die Ruag unterhält bereits Produktionszentren in Deutschland, Österreich, Schweden, Ungarn und den USA. "Zweigniederlassungen oder Exporte sind für alle Länder, die wir bedienen, eine konstante Fragestellung", sagt Ruag-Sprecher Jiri Paukert. Über das Engagement in Malaysia sei noch nicht entschieden. Klar sei für die Ruag, dass sie in Malaysia nur Flugzeuge reparieren, warten und technisch aufwerten würde. Keinesfalls sei eine Rüstungsproduktion geplant. In die sorgfältige Prüfung beziehe die Ruag auch ein, dass sie die Filiale wieder schliessen müsste, falls Malaysia in einen Krieg verwickelt würde.

 "Ich hoffe, das Geschäft kommt nicht zustande", sagt die Berner SP-Nationalrätin Evi Allemann. Sie kämpfte im letztes Jahr vergeblich dafür, dass Rüstungsexporte aus der Schweiz verboten werden. Zwar lehnte das Volk die GSoA-Initiative gegen Kriegsmaterialexporte mit 68 Prozent Nein-Stimmen ab. Doch Allemann erinnert daran, dass Bundesrätin Doris Leuthard die Initiative bekämpfte, um heimische Arbeitsplätze der Rüstungsindustrie zu erhalten. Deshalb sei es unverständlich, wenn die bundeseigene Ruag nun Arbeitsplätze im Ausland schaffen wolle. "Für einen Bundesbetrieb sollte ein solches Engagement tabu sein", sagt der grüne Nationalrat Jo Lang (ZG). "Die Wartung der Flugzeuge dient der Kriegsführung." Lang gehörte als Vorstandsmitglied der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) zu den Initianten eines Waffenausfuhrverbots.

 Direkten Einfluss auf die Ruag haben die Parlamentarier aber nicht. Schlüer ärgert sich, dass mit der Umwandlung der Ruag in eine Aktiengesellschaft des Bundes das Parlament "ausgeschaltet wurde". Bewilligungsinstanz für Rüstungsexporte ist wie für alle Firmen das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Dieses muss die Flugzeugwartung in Malaysia erst bewilligen. Doch Schlüer kann sich nicht vorstellen, dass der Bundesrat bei einem solchen Auslandengagement nicht mitredet. "Ich erwarte vom Bundesrat, dass er auf die Ruag einwirkt."

 Klar sei für die Ruag,  dass sie in Malaysia nur  Flugzeuge reparieren, warten und technisch aufwerten würde.

---

BZ 5.10.10

Auslandplan

 Ruag unter Beschuss

 Politiker üben massive Kritik am Plan des staatlichen Rüstungskonzerns Ruag. Dieser plant eine Niederlassung in Malaysia.

 Roland Borer, SVP-Nationalrat und Sicherheitspolitiker, sagt: "Solange die Ruag ein Staatsbetrieb ist, kommen solche Auslandexperimente sicher nicht in Frage." Seine Kritik gilt den neuen Plänen des staatlichen Rüstungs- und Technologiekonzerns Ruag mit Hauptsitz in Bern. Die Ruag erwägt, in Malaysia eine Filiale zu gründen. Sie möchte vor Ort den Gesamtunterhalt von Kampfflugzeugen der malaysischen Armee übernehmen.

 Für den SVP-Mann Borer, aber auch für Nationalrat und Aussenpolitiker Geri Müller (Grüne) sind solche Pläne viel zu riskant. Die beiden wie auch die freisinnige Christa Markwalder, Präsidentin der nationalrätlichen Kommission für Aussenpolitik, erklären, die Lage im südostasiatischen Raum sei sehr instabil. Kriegerische Konflikte seien geradezu absehbar, sagt Müller. Für die Schweiz bestehe die Gefahr, in Konflikte verwickelt zu werden.
 ma

 Seite 3

--

Ruag will Filiale in Malaysia

 Scharfe Kritik an Plänen der Ruag

 Dass die Ruag als Staatsbetrieb erwägt, in Malaysia eine Filiale zu gründen, um der dortigen Armee militärische Dienstleistungen zu verkaufen, stösst selbst bei bürgerlichen Politikern auf harte Kritik. Das wird ein Thema im Nationalrat.

 Mit seinen neuen Auslandsplänen hat der staatliche Rüstungskonzern Ruag selbst rechtsbürgerliche Politiker auf dem linken Fuss erwischt. Die Ruag möchte in Malaysia oder in Brasilien Tochtergesellschaften gründen, wie diese Zeitung gestern aufdeckte (siehe Kasten). Für den SVP-Nationalrat Roland Borer ist klar: "Solange die Ruag ein Staatsbetrieb ist, kommen solche Auslandexperimente sicher nicht infrage."

 "Wäre unkontrollierbar"

 Für Borer, der sich als Nationalrat auf Sicherheitspolitik spezialisiert hat, gibt es gleich mehrere Punkte, die eindeutig gegen eine Malaysia-Expansion der Ruag sprechen. Erstens gebe es keinen Grund, dass ein Betrieb im Besitz des Staates rund um den Globus Filialen gründet.

 Damit gehe die Ruag Risiken ein, für die bei einem Scheitern der Steuerzahler geradestehen müsse. Zudem liege Malaysia in einer äusserst instabilen Region. "Es gibt dort grosses kriegerisches Konfliktpotenzial." Eine Tochtergesellschaft wäre für die Schweiz unkontrollierbar, so Borer. Und: "Das wäre ein Problem für die Schweiz, die so leicht in internationale Konflikte verwickelt werden könnte."

 Thema im Nationalrat

 Borer betont indessen: "Wäre die Ruag nicht Eigentum des Bundes, hätte er kein Problem mit solchen Expansionsplänen." Borer kämpft seit langem dafür, dass die Ruag aufgeteilt wird. Demnach würde der Bund nur jene Teile der Ruag behalten, die für den Unterhalt der eigenen Armee nötig sind. Ebenso eindeutig ist die Kritik von Nationalrat Geri Müller. Der grüne Politiker war bis vor kurzem Präsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. "Mit einem solchen Engagement begibt sich ein Unternehmen, das zu 100 Prozent dem Bund gehört, eindeutig in den Dienst einer fremden Armee." Allein dies sei neutralitätspolitisch äusserst heikel.

 Müller hält zudem fest: "Militärische Konflikte in dieser Region sind geradezu absehbar." So gebe es in Malaysia Gebiete, deren Zugehörigkeit umstritten ist. Zudem besitze das Land Erdölfelder, was in Südostasien früher oder später fast immer zu militärischen Auseinandersetzungen führe. Dazu komme, dass Malaysia ein Menschenrechtsproblem habe. Die malaysische Regierung trete Grundrechte der Bürger mit den Füssen. All dies spricht für Müller dafür, die Auslandspläne der Ruag zu stoppen. Müller will dies an der nächsten Sitzung der aussenpolitischen Kommission thematisieren.

 Markwalders Fragezeichen

 Selbst für die freisinnige Christa Markwalder, amtierende Präsidentin der aussenpolitischen Kommission, stellen sich Fragen. Weil auch sie den südostasiatischen Raum als instabil und politisch unberechenbar einschätzt, möchte sie unter anderem geklärt haben, ob ein solches Engagement der Ruag im Konfliktfall den Ruf der Schweiz als neutrales Land gefährden könnte.

 Gsoa: "Höchst bedenklich"

 Kaum überraschend ist die Kritik der Gruppe Schweiz ohne Armee (Gsoa): Sie hält die Malaysia-Pläne der Ruag für "höchst bedenklich", wie Sekretär Patrick Angele gegenüber der SDA sagte. Schon andere bundeseigene Betriebe wie die Post und die Swisscom seien bei Auslandsengagements auf die Nase gefallen. "Wirtschaftlich war das immer ein Desaster, eine Verschleuderung unserer Steuergelder."
 
Mischa Aebi

--

 Ruag

 Der Plan

 Die Ruag erwägt, in Malaysia eine Tochtergesellschaft zu gründen. Sie möchte im Auftrag der malaysischen Armee den Unterhalt von bestimmten Kampfflugzeugtypen übernehmen.

 Die Ruag bestätigt so viel: Es stimme, dass man sich diesbezüglich Gedanken mache. Die Ruag hat noch andere Expansionspläne. Auch Brasilien oder Chile seien Optionen für solche Filialen.
 ma

--------------------------------------
MIGRATION CONTROL
--------------------------------------

NZZ 6.10.10

Die EU finanziert Projekte in Libyen

Schweiz. Depeschenagentur (sda)

 (sda) · Die EU-Kommission finanziert mit 50 Millionen Euro Projekte zur Steuerung der Flüchtlings- und Einwandererströme in Libyen. Eine entsprechende Vereinbarung für eine Zusammenarbeit in Migrationsfragen kam bei Gesprächen der EU-Kommissare Malmström und Füle mit dem libyschen Aussenminister Koussa in Tripolis zustande. So wird die EU Libyen bei der Grenzüberwachung, beim Umgang mit dem Migrationsfluss und bei der Unterbringung der Flüchtlinge helfen. Auf die Kritik, die EU unterstütze mit Libyen ein Land, dessen Regierung sich nicht an internationale Gepflogenheiten halte, sagte ein EU-Sprecher, um langfristige Lösungen zu finden, müsse die EU-Kommission über den Dialog schrittweise vorgehen. "Libyen ist nicht der einfachste Partner in der Zusammenarbeit."

--------------
TASER
--------------

st.tv 5.10.10

Schockierender Taser-Einsatz in Australien

sda/godc

 Tödliche Schüsse aus Elektroschock-Pistolen haben die Polizei in Australien in die Kritik gebracht. Ein Mann starb in Sydney, nachdem ihn ein Polizist aus nächster Nähe mit einer Elektroschock-Pistole in den Brustkorb geschossen hatte. Für Aufsehen sorgen auch Filmaufnahmen von einem Taser-Einsatz aus dem Jahr 2008. Das Video lässt nachempfinden, wie schmerzhaft ein solcher Waffen-Einsatz für einen Menschen ist.

 Der Mann aus Sydney sei mit Messern bewaffnet gewesen, verteidigte sich die Polizei nach dem Tod des Mannes.

 "Die Polizisten haben in Bruchteilen von Sekunden eine Entscheidung getroffen, die nach meiner Überzeugung ihr Leben gerettet hat", sagte Polizeichef Andrew Scipione. Die Beamten waren wegen sexueller Übergriffe zu einem Haus gerufen worden.

 Schockierendes Video zeigt Taser-Einsatz

 In Australien war gerade erst ein Polizei-Video aus dem Jahr 2008 veröffentlicht worden, das einen unbewaffneten Ur-Einwohner zeigt, der mit 13 Elektrostössen traktiert wird.

 Der Zwischenfall geschah in Perth in West Australien. Das Video zeigt, wie der Mann bei jedem Elektrostoss aufschreit. Er hatte eine Leibesvisitation verweigert. "Das war falsch", räumte der dortige Polizeichef Chris Dawson ein.

 Eine Kommission hatte das Video im Rahmen eines Berichts über den Einsatz von Elektroschockpistolen veröffentlicht. Sie kam zu dem Schluss, dass die Pistolen immer öfter eingesetzt werden, um Verdächtige zur Kooperation zu zwingen, vor allem Ur-Einwohner. Die Beamten mussten eine Geldstrafe bezahlen.

 300 Tote in den USA

 Seit 2001 haben alleine in den USA bereits über 300 Menschen den Einsatz der umstrittenen Elektroschockwaffe nicht überlebt. Ungeachtet der Gefährlichkeit dieser Waffen, wird der Taser auch in der Schweiz von mehreren Polizeikorps eingesetzt.

---

20 Minuten 5.10.10

Missbrauch: Einbrecher stirbt nach Taser-Attacke

 Mit einer Elektroschockpistole streckt ein Polizist in Australien einen Einbrecher nieder - er stirbt. Jetzt kam ein weiteres schockierendes Video an die Öffentlichkeit.

 Nach einem tödlich endenden Einsatz mit einer Elektroschockpistole steht die Polizei in Australien in heftiger Kritik. Ein Polizist feuerte mit einem Taser auf einen Einbrecher, der später in einem Spital verstarb. Die genaue Todesursache wird derzeit geklärt.

 "Es rettete ihr Leben"

 Die Polizisten hätten in einem Sekundenbruchteil eine Entscheidung treffen müssen, die "ihr Leben gerettet hat", rechtfertigt Polizeichef Andrew Scipione die Reaktion der Ordnungshüter. Der Mann sei mit zwei Messern bewaffnet gewesen und dabei erwischt worden, wie er in ein Haus einbrechen wollte, berichtete World News Australia.

 13 Mal mit Taser attackiert

 Der Fall entfachte erneut eine Debatte um den Einsatz von Elektroschockpistolen. Die staatliche Kommission für Korruption und Kriminalität veröffentlichte eine schockierende Überwachungskamera-Aufnahme. Darin ist zu sehen, wie ein Unbewaffneter, umringt von neun Polizisten, mit 13 Elektrostössen traktiert wird. Der Aborigine habe sich einer Leibesvisitation entziehen wollen.

 Der Zwischenfall ereignete sich im August 2008 in West Australien. "Es war falsch und inakzeptabel", kommentierte Chris Dawson, dort diensthabender Polizeikommissar, den Vorfall. Zwei ranghöhere Polizeibeamte wurden damals zu einer Geldstrafe von 1200, die anderen mit je 750 australischen Dollar verurteilt. Premierminister Colin Barnett sprach von einem groben Handlungsverstoss. Er verlangt eine Überarbeitung der Richtlinien für den Gebrauch von Tasern. (dga)

------------
CHILE
------------

Radio Corax (Halle) 6.10.10

Chiles Ringen mit gesetzlichen Altlasten: Das "Terrorismusgesetz" existiert weiter

Nach mehr als 80 Tagen haben einige in Chile inhaftierte Mapuche ihren Hungerstreik beendet. Ihre Forderung nach Abschaffung des sogenannten "Terrorismusgesetzes" aus der Zeit der Diktatur konnten sie nicht erreichen. Auch die Verbesserung der Haftbedingungen konnte noch nicht durchgesetzt werden. Dennoch gibt es Erfolge zu verzeichnen. Nils Brock, Redakteur der Lateinamerika Nachrichten, zieht in einem Gespräch mit Helen von Radio CORAX in Halle ein vorläufiges Resümee des sozialen Kampfes der Mapuche.

Interview mit Hintergrundinformationen und Vorgeschiochte: http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=36288

----------------------
HOMOHASS
----------------------

queer.de 5.10.10
http://www.queer.de/detail.php?article_id=12861

"Hängt sie": Ugandische Zeitung startet Outing-Kampagne

Eine neue ugandische Boulevardzeitung ruft zur Gewalt gegen Schwule auf - und veröffentlicht Facebook-Bilder von mutmaßlichen Homosexuellen.

Wie der Nachrichtendienst "Box Turtle Bulletin" meldet, ist das "Rolling Stone" vergangenen Monat in der Hauptstadt Kampala aufgetaucht. Das Blatt hat keine Verbindung zur gleichnamigen amerikanischen Musikzeitschrift. Auf der Titelseite verspricht die ugandische Zeitung in seiner Ausgabe vom 2. Oktober, in einer Serie 100 Bilder von "Top-Homos" zu veröffentlichen. Daneben steht in kleinerer Schrift die Aufforderung: "Hängt sie".

In Uganda gab es bereits in den letzten Jahren mehrere Outing-Kampagnen durch die Medien. So hat die Zeitung "Red Pepper" erst im April 2009 eine Liste von 50 mutmaßlichen Homosexuellen mit vollem Namen und teilweise mit Bildern veröffentlicht (queer.de berichtete). Es ist nicht bekannt, was mit den meist wenig prominenten Geouteten geschehen ist. Wie in anderen Teilen Afrikas auch gilt Homosexualität in Uganda als schwere Sünde und gesellschaftlich inakzeptabel. Zudem droht Schwulen eine Haftstrafe von bis zu 14 Jahren. Seit letztes Jahr gibt es zudem eine Gesetzesinitiative, die die Einführung der Todesstrafe für Homosexuelle anstrebt (queer.de berichtete).

In seiner ersten Ausgabe hat "Rolling Stone" einige Dutzend Männer und Frauen geoutet, darunter etwa einen amerikanischen Journalisten, aber auch einfach Dorfbewohner. Die veröffentlichten Bilder sind dabei offenbar meist von sozialen Netzwerkseiten wie Facebook heruntergeladen worden. Auf der Titelseite wurde zudem der ehemaliger anglikanische Bischof Christopher Senyonjo als schwul geoutet - Senyonjo ist in Wirklichkeit verheiratet und hat sich in der Vergangenheit für die Rechte von Schwulen und Lesben eingesetzt.

Zeitung: Ugander werden vom Westen schwul gemacht

In einem "investigativen Bericht" erklären die Autoren zudem, warum Homosexuelle so gefährlich sind. Demnach investieren Schwule und Lesben aus westlichen Länder Milliarden, um die ugandische Jugend schwul und lesbisch zu machen. Die Autoren glauben, dass "reiche Schwule aus den Vereinigten Staaten, Norwegen, Kanada und Großbritannien" den neuen "Mitgliedern" ein monatliches Gehalt für ihre Homo-Werdung zukommen lassen. Außerdem erhielten alle neue Spitznamen, mit denen sie in "Homo-Zirkeln" angesprochen werden. Am Ende des Monats soll es regelmäßig Treffen in den Häusern der "Gay Leaders" geben, bei denen Wein serviert wird. Sie enden nach Information des "Rolling Stone" meist in Orgien.

Die Zeitung schreibt ferner, dass bereits jetzt 10.000 ältere Schüler "angeworben" worden seien. 100.000 Schulabgänger sollen gegenwärtig in schwulen oder lesbischen Organisationen aktiv sein. Über seine Quellen verrät das Blatt indes wenig - und auch nicht darüber, wer hinter der Zeitung steht.

Homo-Hass ist in Uganda Mainstream

"Rolling Stone" baut auf der von ugandischen Homo-Gegnern oft zitierten These auf, dass gleichgeschlechtlicher Sex erst durch weiße Kolonialherren in Afrika Einzug gehalten habe. Auch Präsident Yoweri Museveni sieht Homosexualität als "negative westliche Kultur" an (queer.de berichtete). Seine Frau fiel zuletzt durch die - jetzt auch von "Rolling Stone" wiederholte - Behauptung auf, dass junge Ugander schwul werden, weil ihnen das finanzielle Vorteile verschaffe (queer.de berichtete). Auch das Volk denkt so: 19 von 20 Ugandern sind laut einer Umfrage aus dem Jahr 2007 dafür, Homosexualität zu bestrafen.

So ist es keine Überraschung, dass auch in anderen Zeitungen Ugandas Stimmung gegen Schwule und Lesben gemacht wird. Erst Ende September veröffentlichte etwa "Red Pepper" eine Titelgeschichte mit der Überschrift: "Dieses schwule Monster hat Jungs in der Schule vergewaltigt, konnte es aber seiner Frau nicht besorgen".

Bei dem Mann handelt es sich in Wirklichkeit um einen Homo-Aktivisten, der bei einem Interview mit einem US-Magazin über seine Schulzeit gesprochen und dabei berichtet hat, dass er damals nicht als einziger in der Klasse "experimentiert" hatte. Auf diesem Interview basiert die Geschichte in "Red Pepper". Der Aktivist hat inzwischen Asyl in den Vereinigten Staaten beantragt. (dk)



---------------------
ANTI-ATOM
--------------------

Basler Zeitung 6.10.10

Mitbericht*

 Departementsverteilung: Siegerin ist die Atomlobby

Rudolf Rechsteiner

 Die Neuverteilung der Departemente erfolgte ohne Konsens. Neue Energieministerin ist Doris Leuthard. Eine Frau, die man nie unterschätzen sollte. Sie kommt aus dem Aargau, sass früher im Verwaltungsrat der Axpo-Tochter EGL. Ihr Herz schlägt ganz für Economiesuisse und Atomkraftwerke, und sie wird für ihre Vorhaben viel einfacher Mehrheiten finden als Moritz Leuenberger. Das sollte man nicht unterschätzen, im Guten wie im Bösen. Für erneuerbare Energien kann sie die CVP zusammen mit Rot-Grün und BDP mobilisieren, für Deregulierungs- und Atomvorlagen wird sie auf die bürgerliche Allianz aus SVP, FDP und CVP setzen. Erst am Ende der Entscheidungskette kann das Volk mitreden und auch das nur bei referendumsfähigen Gesetzesänderungen.

 Neue Atomkraftwerke. Für die Elektrizitätswirtschaft sind die nächsten fünf Jahre entscheidend. Circa ab 2017 ist zu erwarten, dass der europäische Markt für neue Kraftwerke praktisch nur noch mit erneuerbaren Energien bestritten wird, getrieben von Einspeisevergütungen und sinkenden spezifischen Kosten.

 Das weiss die Atomlobby. Deshalb verlangt Gerold Bührer, Chef von Economiesuisse, zwei neue Atomkraftwerke schon bis 2020. Und deshalb haben die Atomkonzerne Axpo und BKW vorsorglich die Preise erhöht, trotz sinkenden Beschaffungskosten und dreistelligen Millionengewinnen. In den ersten 20 Betriebsjahren ist es wegen der Fixkosten unwahrscheinlich, ein AKW kostendeckend zu betreiben.

 Atomreaktoren werden hierzulande keine mehr hergestellt. ABB Schweiz hat diese Abteilung schon vor Jahren geschlossen. Sie verdient ihr Geld mit Automation und Elektronik sowie mit Übertragungstechnik für erneuerbare Energien, zum Beispiel Gleichstromkabel für Windfarmen.

 Neue Schweizer Atomreaktoren müssen importiert werden, zusammen mit den Brennstäben, die, wie kürzlich die TV-Sendung "Rundschau" aufzeigte, zum Teil aus der berüchtigten russischen Atomfabrik Majak kommen. Die Axpo-Propaganda von der einheimischen und sauberen Atomenergie ist mehr als bloss angekratzt. Doch das Bundesamt für Energie spielt brav mit. Es will Herkunft und Verbleib von Uran in der Schweiz nicht offenlegen.

 Der Entscheid pro oder kontra AKW ist auch ein wirtschaftspolitischer. Die Schweizer Solarindustrie operiert höchst erfolgreich und macht laut Swisssolar mittlerweile etwa zwei Milliarden Umsatz, davon drei Viertel mit Exporten. Bezieht man Windkraft und Übertragungstechnik mit ein, wird deutlich, wie wichtig dieser Industriezweig für die Schweizer Wirtschaft inzwischen geworden ist.

 Bewilligungsverfahren. Allerdings haben diese meist jungen Unternehmen in der Economiesuisse wenig bis gar nichts zu bestellen, denn dort regieren - wie in der Politik - die halbstaatlichen Atomkonzerne mit dem dafür nötigen Geld.

 Immerhin sind mittlerweile über 10 000 neue Kraftwerke bei Swissgrid angemeldet oder schon in Betrieb, die, würden sie alle gebaut, 7,5 Terawattstunden produzieren könnten. Das wären etwa 13 Prozent des Endverbrauchs oder mehr als die zwei Atomkraftwerke Beznau I und II jährlich erzeugen. Die meisten dieser Anlagen stehen erst im Bewilligungsverfahren oder erhalten wegen des Deckels für Fotovoltaik erst dann Einspeisevergütungen, wenn die Solarstromkosten weiter sinken.

 Letzteres geht allerdings sehr schnell. Die deutsche Bundesnetzagentur hat letzte Woche die Vergütungshöhe für 2011 bekannt gegeben. Für Freiflächenanlagen betragen sie erstmals weniger als 30 Rp./kWh (21 Cents), die teuersten Dachanlagen (unter 30 kW) erhalten neu noch 38 Rp./kWh (28,6 Cents). Da die Sonneneinstrahlung in der Schweiz höher ist als in Deutschland, dürften die Kürzungen des Marktführers bei uns nachvollzogen werden.

 Im Durchschnitt sanken die deutschen Vergütungen seit Beginn (2004) um 8,2 Prozent pro Jahr. Geht es so weiter, werden Dachanlagen die Grenze von 20 Rp./kWh im Jahr 2019 unterschreiten, Freiflächenanlagen schon 2015. Allerdings verläuft technischer Fortschritt nicht linear. Allein von 2008 bis Juli 2010 wurden die Vergütungen um 30 Prozent abgesenkt, während die Zahl der deutschen Installationen explodierte. Wettbewerb, Massenproduktion und Innovation werden weitere Preissenkungen beschleunigen.

 Der Entscheid über neue Atomkraftwerke wird zum Wettlauf mit den neuen Technologien. Die Schweizer Atomlobby dürfte sich über die neue Departementsverteilung am meisten freuen.