MEDIENSPIEGEL 4.11.10
(Online-Archiv: http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/index.html)
Heute im Medienspiegel:
- Reitschule-Kulturtipps (DS)
- Selbstverwaltungs-Suppeznacht
- 40 Jahre Kellerkino
- Big Brother Video: Folge 3 im Stadtrat
- Big Brother Sport: Pyros legalisieren
- RaBe-Info 4.11.10
- Squat FR: Inti mit Kulturdirektorin; Hausfriedensbruchklage
- Squat ZH: Keine Einigung; Porträit; Hausdiebstahl
- Kulturstreik GE: Kulturraumnot
- Rassismus: gra.ch-Neue Chronologie
- Härtefälle: Kritik an Behörden
- Ausschaffungen: 6.11.: Ausländersammeln mit olaf +
2xNein-Aktionstag; Provo-Videos; ZH-Praxis; Knast Wauwilermoos
- Bürgerwehr: Bewaffnete in Hüttikon
- Anti-Antikapitalismus: die Weltwoche verteidigt den
Klassenfeind... ☺
- G20 Südkorea: Strategie der Spannung; Handbuch gegen
Proteste
- Anti-Atom: Energiewende BE; EU-Atommüll-Endlager
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REITSCHULE
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Do 04.11.10
20.30 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Snijeg -
Snow, Aida
Begic, Bosnien und Herzegowina 2008
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Rössli - DJ Jane Vayne. - Broadband
Spectrum
Fr 05.11.10
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the
Devil Back to
Hell, Gini Reticker, USA 2008
22.00 Uhr - Frauenraum - POPSHOP feat. Rubinia DJanes.
Mit DJ Nordlicht
und DJ Ellen V.
22.00 Uhr - Dachstock - Dubby Clubnight: FILEWILE (CH)
& 340 ML
(RSA/MZ), DJ Kev the Head. -- Dub, Electronica
Sa 06.11.10
18.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Pray the
Devil Back to
Hell, Gini Reticker, USA 2008
20.30 Uhr - Tojo - Ein Heimspiel. Von Theater Ararat.
Regie: Hanspeter
Utz.
21.00 Uhr - Kino - Ohne Frauen keinen Frieden: Sturm,
Hans-Christian
Schmid, D/DK/NL 2009
22.00 Uhr - Dachstock - 20 Jahre Gassenküche: DEXTER
JONES CIRCUS
ORCHESTRA (SWE), ZENO TORNADO (CH), EXENTERATION (CH). -- Rock,
Country, Metal, Blues
So 07.11.10
09.00 Uhr - Grosse Halle - Flohmarkt und Brunch im
SousLePont - bis
16.00 Uhr
13.30 Uhr - Kino - Kinderfilm am Flohmi-Sonntag: Muli -
Ein Film
über Menschen, Maultiere und Maulesel in der Schweiz, Schweiz
2010, Ines Meyer, Dialekt, 80 Minuten. In Anwesenheit von Maultieren
19.00 Uhr - Tojo - 1 m2 Freiheit. Von Lemon Kuliba. TOJ,
Jugendarbeit
Bern West. Regie: Azad Süsem.
20.00 Uhr - Rössli - JAPANESE NEW MUSIC FESTIVAL:
Tatsuya Yoshida,
Atsushi Tsuyama und Makoto Kawabata. -- Noise, Rock, New Music
20.15 Uhr - Kino - Zusammen TATORT gucken
Infos:
http://www.reitschule.ch
http://www.reitschulebietetmehr.ch
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Bund 4.11.10
Dexter Jones Circus
Rock 'n' Roll statt Manegen-Zauber
Aus Europas zweitemsigstem Pop-Exportland Schweden reist
das
Dexter Jones Circus Orchestra an. Doch die Show der Mannen aus
Stockholm beinhaltet weder draufgängerischen Manegen-Zauber noch
Spurenelemente gängiger schwedischer Popmusik - das Dexter Jones
Circus Orchestra steht für herzhaften, ernsten, souligen,
schweren, erdigen und doch irgendwie ohrwurmigen Rock 'n' Roll
nordamerikanischer Prägung. (ane)
Reitschule Dachstock Sa, 6. Nov., 22 Uhr.
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Bund 4.11.10
Japanese New Music
Eine Band wird zum Festival
Dass sich die Gruppe Acid Mother's Temple wegen
künstlerischer Differenzen auflösen könnte, ist
auszuschliessen. Die drei Japaner haben das Projekt Japanese New Music
Festival erfunden: An einem Abend treten sie dabei in sieben
Kleinformationen auf - das Spektrum reicht von gregorianischem
A-cappella-Gesang über psychedelischen Abenteuer-Space-Rock bis
zum irrwitzigen Gebrauchtwaren-Punk. (ane)
Reitschule Dachstock So, 7. Nov., 20 Uhr.
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SELBSTVERWALTUNG
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WoZ 4.11.10
Selbstverwaltung
Bereits zum dritten Mal organisiert Attac Bern eine
Suppenznacht-Reihe. Titel in diesem Jahr: "Macht Alternativen!" Mit
warmer Suppe im Bauch wird nach einer kurzen Einführung zu
verschiedenen Themen diskutiert. Beim nächsten Anlass geht es um
Möglichkeiten und Grenzen der Selbstverwaltung am Beispiel der
Berner Reitschule.
Bern aki, Alpeneggstrasse 5, Mi, 10. November, 19 Uhr.
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40 JAHRE KELLERKINO
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BZ 4.11.10
40 Jahre Kellerkino
Ein Kino aus rebellischen Zeiten
Das Kellerkino wird vierzig: Mitbegründerin Theres
Scherer-Kollbrunner und Ex-Mitarbeiter Bernhard Giger erinnern sich an
stürmische Zeiten. Der aktuelle Leiter Simon Schwendimann
verrät, was er sich für die Zukunft wünscht.
Mit vierzig braucht man nicht mehr gegen alles und jeden
zu
rebellieren. Die wilden Zeiten gehören der Vergangenheit an, die
Persönlichkeit ist bestenfalls gefestigt. Auf das Kellerkino, das
vor genau vierzig Jahren von zwei befreundeten Ehepaaren ins Leben
gerufen wurde, trifft das jedenfalls zu.
Zu diesen Pionieren gehört Theres
Scherer-Kollbrunner, die
1941 in Bern geborene Filmproduzentin, die nach Reisen durch die ganze
Welt mit ihrem Mann Heini in die Kramgasse 26 zog. Hier begann im
ehemaligen Weinkeller des Hotel Bellevues die Geschichte des
Kellerkinos. Im Mai 1968 sei sie in Paris gewesen und habe die
Auswirkungen des Aufstands der Studenten hautnah miterlebt,
erzählt Theres Scherer-Kollbrunner. In Zürich ging die Jugend
derweil auf die Strasse, als das geplante Autonome Jugendzentrum im
ehemaligen Globus-Provisorium nicht zustande kam.
Brisante Premiere
"Der erste Film, den das Kellerkino zeigte, war ‹Krawall›
des
Schweizer Regisseurs Jürg Hassler", so Theres Scherer-Kollbrunner.
"Der Film galt als höchst brisant, da er ein klares politisches
Statement für die Demonstrierenden und ihre Anliegen formulierte.
‹Krawall› wurde weder vom Schweizer Fernsehen noch von den
regulären Kinos ausgestrahlt. Wir sprangen in die Bresche."
Der damals 18-jährige Bernhard Giger ging zur
Eröffnung
und lernte so Theres-Scherer Kollbrunner kennen. Bald gehörte er
zum Team des Kellerkinos. "Man sprach damals vom unabhängigen,
anderen Kino", erinnert er sich. Viele Schweizer Filmer hätten
plötzlich ihre Stimme für Unterdrückte und Randfiguren
erhoben. Während seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter des
Kellerkinos von 1973 bis 1980 schrieb Giger Dokumentationen, die jeder
Kinobesucher vor dem Film erhielt. "Es ging uns darum, zu den Filmen
Hintergründe mitzuliefern, dazu gehörte auch, dass wir
über die Produktionsverhältnisse des Filmes aufklärten."
Der gelernte Fotograf realisierte 1981 schliesslich seinen ersten
eigenen Film: "Winterstadt" ist ein Stimmungsbild der
Nach-80er-Bewegung, in dem ein Mann scheinbar teilnahmslos durch Bern
streift. Natürlich fand die Premiere des Filmes, dessen
Produzentin Theres-Scherer Kollbrunner war, im Kellerkino statt.
Alternative Plattform
Anlässlich des Jubiläums zeigt Simon
Schwendimann, der
seit Anfang 2009 das Kino leitet, diesen Film und andere, die hier
einst Premiere feierten, als Reprise. "Auch ein Fassbinder und ein von
Praunheim mussten im Jubiläumsprogramm dabei sein, da das
Kellerkino diese Filme als erstes Kino in der Schweiz gezeigt hat."
Schwendimann versteht, wie schon seine Vorgänger, das Kellerkino
als Plattform, mehrheitlich für nichtkommerzielle Schweizer Filme,
die in anderen Kinos keinen Platz finden. Auch Filmen, die nur ganz
kurz in regulären Kinos liefen, wie zum Beispiel "Zwerge sprengen"
von Christof Schertenleib, verhilft das Kellerkino zu mehr
Aufmerksamkeit. Was wünscht Schwendimann dem Kino für die
Zukunft? "Ich möchte, dass das Kellerkino wieder vermehrt zu einem
Treffpunkt für alle jene wird, für die Kino nicht nur
Unterhaltung bedeutet, sondern eine Auseinandersetzung mit der
Wirklichkeit und dem eigenen Selbstverständnis."
Helen Lagger
Jubiläumsprogramm: 4.-10. 11., Kellerkino, Kramgasse
26,
Bern. http://www.kellerkino.ch.
--
Jubiläumsprogramm
Von Göttern und Vögeln
Das Jubiläumsprogramm (4.- 10. 11.) startet mit
Götter
der Pest" von Rainer Werner Fassbinder (Do, 4. 11., 20.30 Uhr). Weiter
gehts mit Unsere Leichen leben noch von Rosa von Praunheim (Fr, 5. 11.,
20.30 Uhr). Die Kurzfilme Der kleine Emmentalfilm von Bernhard
Luginbühl, Der Vogel Flemming von Anton Grieb und Bananera
Libertad von Peter von Gunten werden als Block präsentiert (Sa, 6.
Nov., ab 15 Uhr). Am Samstag (18.30 Uhr) folgen Bernhard Gigers
Winterstadt (20 Uhr) Sans Soleil von Chris Marker, Yossi und Jagger von
Eytan Fox (22 Uhr), E Nacht lang Füürland von Remo Legnazzi
und Clemens Klopfenstein (So, 7. 11., 20.30 Uhr), Fieber Zeit von
Christof Schertenleib und Alpenglühn (Mo, 8. 11., 20.30 Uhr). Den
Schlusspunkt setzen Max Haufler - Der Stumme von Richard Dindo (Di, 9.
11., 20.30 Uhr) und Das ganze Leben von Bruno Molls (Mi, 10. 11., 20.30
Uhr).
hl
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BIG BROTHER VIDEO
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Bund 4.11.10
Videoreglement zum Dritten
Das Berner Stadtparlament befasst sich heute Abend zum
dritten
Mal in Folge mit dem Videoreglement. Dies, nachdem es das Reglement
letzte Woche knapp abgelehnt hatte. Die FDP stellte jedoch erfolgreich
einen Wiedererwägungsantrag. Zankapfel ist unter anderem die Frage
nach der Zuständigkeit. Ein Teil des Rates will sich die Kompetenz
übertragen, selber über die Standorte von
Überwachungskameras im öffentlichen Raum entscheiden zu
können. Der andere Teil des Rates will dies dem Gemeinderat
überlassen. Erstere Hälfte setzte sich letzte Woche mit
Stichentscheid von Ratspräsident Urs Frieden (GB) durch. Auch
heute sind äusserst knappe Mehrheitsverhältnisse zu erwarten.
(bro)
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BIG BROTHER SPORT
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BZ 4.11.10
SP will Pyro-Fackeln legalisieren
Regelmässig missachten Fussballfans das Pyro- Verbot.
Nun
will die Stadtberner SP das Abbrennen von Petarden legalisieren.
Die Delegierten der Stadtberner SP fordern ein
Pilotprojekt zum
kontrollierten Ablassen von Pyro-Fackeln in Fussballstadien. "Das
Pyro-Verbot nützt niemandem", steht in einer Medienmitteilung.
Denn es werde missachtet und kaum geahndet.
"Fans, die Pyros zünden, sind nicht gleichzusetzen
mit den
wenigen Gewalttätern im Stadion", sagt Flavia Wasserfallen,
Co-Präsidentin der SP Stadt Bern. "Die Fackeln sind Teil der
Fankultur. Bilder davon werden in den Medien oft verbreitet, um die
gute Stimmung zu illustrieren." Gleichzeitig würden die Anwender
stigmatisiert und kriminalisiert. "Das ist schizophren."
Die SP stellt weitere Forderungen an die Politik: Die
Fanarbeit
Bern soll mehr finanzielle Mittel erhalten. "Weil Fans aus der ganzen
Region an YB-Spiele gehen, soll auch die Regionalkonferenz einen Betrag
beisteuern", sagt Wasserfallen. Zudem dürfe es für
Fussballfans keine spe-zielle Rechtsprechung geben. "Schnellgerichte
gehören abgeschafft oder gar nicht erst eingeführt", schreibt
die Stadtpartei.
Tobias Habegger
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spbern.ch 3.11.10
Stärkung der Fanarbeit für eine gewaltfreie Fankultur
Die SP Stadt Bern hat an ihrer Delegiertenversammlung vom 1.
November
2010 das Thema Gewalt an Sportanlässen sowie ein Positionspapier
der JUSO zur Stärkung der Fanarbeit diskutiert.
Auf dem Podium waren Lukas Meier, Fanarbeiter, Dieter
Schärer,
stv. Chef der Regionalpolizei und Anton Lehmann, Verantwortlicher
für Integration und Prävention beim Bundesamt für Sport.
Die SP-Delegierten unterstützten im Anschluss an die engagierte
Diskussion grossmehrheitlich die Forderungen der JUSO Bern, welche u.a.
auf eine professionalisierte Fanarbeit zielen und die Fans nicht
stigmatisieren wollen. Zudem wurde deutlich, dass die Clubs sich
stärker an den Sicherheitskosten, die der öffentlichen Hand
entstehen, beteiligen müssen.
Forderungen:
* Die Fanarbeit leistet effektive Präventionsarbeit und
wirkt
deeskalierend. Stadt, Region, Kanton und die Clubs müssen für
die Fanarbeit Bern zusätzliche finanzielle Mittel bereitstellen.
* Die Partizipation der Fanvereine und der Fanarbeit muss bei
allen
fanrelevanten Entscheiden gewährleistet sein.Für Fussballfans
darf es keine spezielle Rechtsprechung geben. Schnellgerichte etc.
gehören abgeschafft oder gar nicht erst eingeführt.
* Eine totale Videoüberwachung und Internetpranger sind aus
Datenschutzgründen abzulehnen.
* Ein Verbot von Choreographien, wie es z.B. vorübergehend
in St.
Gallen verhängt wurde, ist abzulehnen.
* Das so genannte Pyroverbot wird von den Fans missachtet und
von der
Polizei nicht geahndet. Da ein solches Verbot niemandem nützt,
soll das kontrollierte und gesicherte Ablassen von Pyrotechniken in
einem Pilotversuch erlaubt werden. Die Sicherheit der
MatchbesucherInnen hat dabei oberste Priorität, damit auch in
Zukunft keine Verletzungen durch Pyros erfolgen.
* Statt Alkohol in den Stadien zu verbieten, soll mehr auf
Prävention gesetzt werden.
* Fanmärsche und Freinächte sollen sich nicht
konkurrenzieren. Beides soll erlaubt sein (sofern es irgendwann mal
eine Freinacht geben sollte).
SP Stadt Bern
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RABE-INFO
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Do. 4. November 2010
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_4._November_2010.mp3
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_4._November_2010.mp3&song_title=RaBe-%20Info%204.%20November%202010
- Kinder leiden unter Härtefallregelung- Entscheiden
- Theaterstück zum Thema Fremdsein und Heimat
- Klingende Religionen- vom Sound für Gott
Links:
http://www.beobachtungsstelle.ch/fileadmin/user_upload/pdf_divers/Berichte/Haertefallbericht_D_def.pdf
http://www.theater-ararat.ch
http://www.haus-der-religionen.ch/assets/files/NachtderReligionen_Bern_10.pdf
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SQUAT FR
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Freiburger Nachrichten 4.11.10
"Als wäre eine neue Generation am Werk"
Das Kollektiv Raie-Manta hat bereits drei leerstehende
Gebäude in der Stadt Freiburg besetzt. Die jungen Leute fordern
mehr Freiraum für die Kultur. Madeleine Genoud-Page (CSP),
Kulturdirektorin der Stadt Freiburg, nimmt Stellung.
Nicole Jegerlehner
Das Kollektiv Raie-Manta fordert mehr Freiraum für
die
Kultur in der Stadt Freiburg. Sehen Sie das auch so: Fehlt es in der
Stadt an Raum für Künstlerinnen und Künstler?
Wir hatten günstige und geeignete Räume für
Künstler - in der Johanniterkomturei. Ende Februar mussten sie
aber die Räume verlassen, weil der Kanton - ihm gehört die
Komturei - dort künftig seinen Kulturgüterdienst unterbringen
wird. Seither suchen diese Künstlerinnen und Künstler nach
neuen, geeigneten Räumlichkeiten.
Einer dieser Künstler ist Pierre-Alain Rolle. Als
SP-Generalrat hat er in einem Vorstoss ein Haus für
Kunstschaffende gefordert. Kann der Freiburger Gemeinderat da
Lösungen anbieten?
Wir haben drei, vier Ideen, wo ein solches Haus entstehen
könnte. Die Verhandlungen mit den Besitzern sind aber schwierig.
Hat der Gemeinderat bei der Suche nach geeigneten
Häusern
geholfen?
Nein, das ist nicht unsere Aufgabe. Aber wir vermitteln
zwischen
Kunstschaffenden und Hausbesitzern.
Dann können Sie also der Forderung des
Besetzerkollektivs
zustimmen: In der Stadt mangelt es an Raum für Kunstschaffende.
Solcher Raum fehlt. Die Besetzerinnen und Besetzer haben
aber
einen ganz anderen Ansatz als die Kunstschaffenden der
Johanniterkomturei. Letztere suchen im Dialog mit den Behörden
nach neuen, günstigen Räumlichkeiten. Die Besetzerinnen und
Besetzer jedoch wollen keinen Dialog und keine Zusammenarbeit mit den
Behörden - sie verlangen einfach, dass sie leerstehende
Gebäude gratis nutzen können.
Verstehen Sie diese jungen Leute?
Ja. Mir kommt es vor, als wäre da eine neue
Generation am
Werk - die ihre Freiräume fordert, so wie andere vor zwanzig,
dreissig Jahren. Die heutige Generation ist sich nicht bewusst, was die
Generation vor ihr schon alles erreicht hat. Das macht auch nichts, das
gehört dazu. Allerdings verstehe ich die Strategie des
Besetzerkollektivs nicht: Ohne Dialog werden sie nie ein Haus benutzen
dürfen.
In anderen Schweizer Städten setzt sich der
Gemeinderat bei
Besetzungen leerstehender Gebäude ein und vermittelt zwischen
Besetzern und Besitzern, um Zwischennutzungen zu ermöglichen.
Macht das auch die Stadt Freiburg?
Nein, wir haben ja auch kaum leerstehende Gebäude in
der
Gemeinde Freiburg. Auch das Boxal, welches das Kollektiv zurzeit
besetzt, steht erst seit kurzem leer. Und andere Häuser, die
unbewohnt sind, dürfen aus sicherheitstechnischen Gründen
nicht mehr benutzt werden.
Ist die Stadt an den Verhandlungen mit den Besetzern
beteiligt?
Nein, das geht alles über den Oberamtmann.
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La Liberté 4.11.10
Fribourg
Un répit pour les squatteurs de Boxal
Claude-Alain Gaillet
La société Metalwerke Refonda AG,
propriétaire du site de Boxal, à Fribourg, a
déposé hier une plainte pour violation de domicile contre
le collectif Raie Manta, qui occupe une partie des locaux depuis
mercredi dernier. Les squatteurs n'ont toutefois pas à redouter
une expulsion immédiate, comme ce fut le cas pour les
occupations à la rue de l'Industrie puis dans l'immeuble en haut
de la Route-Neuve, actuellement en démolition. Explications avec
le préfet de la Sarine, Carl-Alex Ridoré.
Vous avez ordonné l'évacuation des
squatteurs
à deux reprises et pas dans le cas de Boxal. Pour quelles
raisons?
Contrairement à une idée reçue, le
préfet n'a pas de compétence en matière
d'occupation illicite. Cette compétence incombe au juge, qui
peut ordonner l'expulsion. Mes précédentes interventions
n'étaient pas fondées sur l'illégalité de
la présence des squatteurs, mais sur d'autres raisons:
l'insalubrité et le manque de sécurité des locaux
occupés. Dans le cas de Boxal, la situation est
différente. La présence de vapeurs de solvants, d'amiante
et des normes insuffisantes en matière de police du feu
justifient la fermeture du site. Toutefois, des mesures provisoires ont
été prises en matière de police du feu pour
prolonger le séjour des locataires afin de leur laisser le temps
de retrouver de nouveaux locaux. En juillet 2009, je leur ai donc
accordé un délai de quinze mois. Ce délai est
échu à fin septembre. Mais les derniers locataires ont
recouru auprès du Tribunal cantonal. J'attends sa
décision (celle-ci est attendue pour la fin de l'année,
voir "La Liberté" du 28 octobre, ndlr), qui dira si une
évacuation pour cause de sécurité
défaillante est justifiée.
Avez-vous rencontré les squatteurs?
Je les ai vus lorsqu'ils occupaient le bâtiment
à la
rue de l'Industrie. Lors de la deuxième occupation, ils ont
demandé à me parler. Je me suis rendu sur place et je
leur ai expliqué que j'allais examiner la question sous l'angle
de la sécurité. Sur le volet culturel de leur
démarche, je leur ai dit que j'étais à leur
disposition pour en discuter. Je leur ai même écrit pour
le confirmer. Personne ne m'a recontacté.
Quel est votre sentiment personnel sur leurs
revendications
culturelles?
Je suis incapable de vous répondre puisqu'ils n'ont
jamais
eu l'occasion de me les présenter. Lors de leur premier squat,
ils ont écrit à la ville de Fribourg pour dire qu'ils
étaient pacifiques et ouverts à la discussion. Je lis
dans "La Liberté" qu'ils ne veulent plus dialoguer avec
l'autorité. Par contre, j'ai déjà rencontré
à deux reprises cette année des artistes membres d'un
autre collectif pour discuter de la problématique du manque de
locaux. Une troisième rencontre est prévue avant la fin
de l'année. Là, les choses se passent très bien et
sont très constructives. I
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SQUAT ZH
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20 Minuten 4.11.10
Keine Einigung mit Besetzern
ZÜRICH. Zwischen dem Mieter und den Besetzern des
früheren Luxushotels Atlantis ist gestern keine Einigung
übers weitere Vorgehen erzielt worden. Mieter Werner Hofmann will
dort bis Mitte Dezember 150 Studentenwohnungen anbieten können,
die Besetzer hingegen Räume für Kultur.
---
Hotelrevue 4.11.10
Atlantis wird zum Wohnhaus für Studenten
Im ehemaligen Fünfsternehotel Atlantis am Stadtrand
von
Zürich gehen bald Studierende ein und aus. Das Gebäude werde
an die Tescon T.S.C. AG aus Buchs ZH vermietet, lässt die
Besitzerin "Neue Hotel Atlantis AG", eine Tochter der Rosebud Hotels
Holding in Luxemburg, verlauten. Es geht um eine Zwischennutzung von
bis zu zwei Jahren. Zwischenzeitlich wird ein Bewilligungsgesuch
für die Erstellung von Stadtwohnungen vorangetrieben.
---
Tagesanzeiger 4.11.10
Atlantis-Besetzer lassen Frist verstreichen
Zürich - Die Atlantis-Besetzer haben die Frist von
gestern
verstreichen lassen. Statt das Feld zu räumen, luden sie zu einer
Openend-Party ein.
Bei einem Treffen am Mittwochnachmittag konnten sich die
Besetzer
und Atlantis-Mieter Werner Hoffmann nicht einigen. "Sie wollen ein
Kulturzentrum, ich günstigen Wohnraum", sagt Hoffmann. Er
könne sich vorstellen, einige Räume im Hotel für Kultur
zur Verfügung zu stellen. "Doch ohne Konzept und Mietvertrag gibt
es nichts." Der Unternehmer wird heute laut eigenen Angaben mit der
Pinselrenovation beginnen. Er will ab Dezember Studenten und junge
Leute mit tiefen Einkommen im ehemaligen Hotel wohnen lassen.
Hoffmann gehen nach eigenen Angaben 1000 Franken pro Tag
verloren, solange die Besetzer im Haus sind. Wenn diese nicht
freiwillig ausziehen, schaltet der Hausbesitzer wohl die Polizei ein.
Laut Marco Cortesi, Medienchef der Stadtpolizei, wird ein Haus erst
dann geräumt, wenn entweder eine Abbruchbewilligung oder eine
Baubewilligung vorliege. Zudem muss eine Anzeige wegen
Hausfriedensbruchs erstattet werden. "Wir suchen dann das Gespräch
mit den Besetzern und geben ihnen ein paar Tage Zeit, dann wird
geräumt", erklärt Cortesi. Hoffmann ist zuversichtlich, dass
die Besetzer noch einlenken. Dann will er ihnen helfen, eine leere
Liegenschaft in einem Industriequartier in der Stadt zu finden, "wo sie
ihre Kunst machen können". Für seine geplanten Zimmer hat
Hoffmann bereits mehrere Interessenten. (Tagesanzeiger.ch/Newsnetz)
---
Zürichsee-Zeitung 4.11.10
Hotel Atlantis Hausbesetzer lassen Deadline des Vermieters
ungenutzt
verstreichen
Besetzer wollen nicht auschecken
Am Mittwoch hätten die Besetzer des "Atlantis" Mieter
Werner
Hofmann ein Konzept vorlegen oder ausziehen müssen. Doch sie
weigern sich und organisieren stattdessen eine Open-End-Party.
Caroline Bossert
Freudig tanzen die bunt maskierten Besetzer auf der
Terrasse des
Zürcher Hotels Atlantis herum und fideln munter auf der Geige, im
Glauben, der Welt auf der Nase herumtanzen zu können. Zuvor sassen
sie mit Werner Hofmann, Mieter des ehemaligen Luxushotels und
Unternehmer aus Buchs, am runden Tisch, jedoch ohne Erfolg. "Unsere
Meinungen sind zu verschieden. Wir sind darüber sehr traurig",
erklärten die Maskierten gestern Nachmitag um vier Uhr vor den
Medien. Sie wollen im "Atlantis" ein Kulturzentrum errichten, der neue
Hausherr möchte billigen Wohnraum für Studenten schaffen.
Hofmann hat der "Familie Donovan", wie sich die Besetzer
nennen,
angeboten, ihnen einzelne Räume für kulturelles Schaffen zu
überlassen. "Ich möchte aber einen Verantwortlichen haben,
der mir ein Konzept vorlegt und einen Mietvertrag unterschreibt. Etwas
anderes kommt mir nicht in die Tüte." Allerdings wolle keiner der
Besetzer diese Verantwortung übernehmen, erklärte er gestern
Nachmittag nach den gescheiterten Verhandlungen.
Keine sofortige Räumung
Den Besetzern gehen Hofmanns Pläne ohnehin zu wenig
weit.
Einzelne Kulturräume genügen ihnen nicht. Sie bräuchten
das ganze Hotel, um ihre Vision verwirklichen zu können,
erklärte Besetzer Peter gestern auf Tele Züri. Darum wollen
sie die Räumlichkeiten weiterhin in Beschlag nehmen und haben in
der Nacht auf heute per SMS eine Open-End-Party organisiert.
Hofmann ist weiterhin frohen Mutes. Er werde heute
früh um
acht Uhr für die Pinselrenovation mit den Maschinen auffahren.
"Dann werden bestimmt die meisten ihre Zimmer freiwillig verlassen",
ist er überzeugt. Falls nicht, müsse die Polizei
einschreiten. Bis zu einer Räumung könnten allerdings noch
einige Tage bis Wochen verstreichen, wie Marco Cortesi, Mediensprecher
der Zürcher Stadtpolizei, gestern erklärte.
"Ich hoffe aber, dass es auch ohne die Polizei geht. Ich
habe die
Besetzer bisher als friedliche Leute erlebt", betont Hofmann. Auch
Sachschaden sei in der Liegenschaft bisher noch keiner entstanden. Die
Besetzer haben zudem versprochen, die Bauarbeiten nicht zu behindern.
Auf heute Donnerstag sind wei- tere Gespräche angesetzt.
---
Landbte 4.11.10
Gespräche mit Besetzern gescheitert
Zürich - Zwischen dem neuen Mieter und den Besetzern
des
2004 geschlossenen Luxushotels Atlantis ist gestern bei einem Treffen
keine Einigung erzielt worden. Der Mieter will ab Dezember
Studentenwohnungen anbieten, die Besetzer wollen ihr Kulturprojekt
weiterführen. Wie ein Mitarbeiter von Mieter Werner Hofmann sagte,
treffen sich Hofmann und die Hoteleigentümer heute mit den
Behörden und besprechen die nächsten Schritte. Hofmann will
möglichst bald mit der Renovation beginnen. Er deutete auf Tele
Züri aber an, dass ein Nebeneinander möglich sein
könnte. Allerdings nicht zum Nulltarif. Sein Projekt dient als
Zwischennutzung. Die Besitzer möchten Wohnungen im Atlantis bauen,
haben aber noch kein Bauprojekt eingereicht. Die Stadtpolizei schreitet
in Zürich erst ein, wenn eine (Um-)Baubewilligung vorliegt.
Wie die Besetzer bei einem Rundgang mit dem "Landboten" im
"Atlantis" sagten, sammeln sie Ideen, was mit dem inzwischen maroden
Hotel künftig geschehen könnte. (sda/red) lSeite 25
--
Die Hotel-Utopie der "Donovans"
Seraina Kobler
Seit 13 Tagen ist das Hotel Atlantis am Fuss des
Üetlibergs
von Kulturaktivisten besetzt. Bei einem Rundgang erzählen sie von
ihren Plänen.
Zürich - Geisterhaft still ist es, wenn man die
Strasse zum
Y-förmigen Betonbau hinaufkommt. Erst die Transparente und Plakate
verraten, dass hier jemand ist. Ein grosser Smiley lächelt von der
Fassade. Über die Terrasse kommt man in den ersten Stock. Drinnen:
elektronische Musik, Überwachungskameras, Wände voller
Zeitungsartikel - kreatives Chaos.
"Hier sind wir in der Ideenstube. Seit der Besetzung
sammeln wir
alle Visionen für das Hotel", erklärt ein Mitglied der
"Familie Donovan", wie sich die Besetzer nennen. Die Wände sind
mit Packpapier ausgekleidet. Musik, Garten, Kinder, Bildung und Neue
Medien lauten einige der Überschriften, die mit Filzstift fett
umrundet sind. "Im Prinzip wollen wir hier eine Plattform schaffen, auf
der sich Menschen treffen, austauschen und ihre Projekte in Angriff
nehmen können", sagt "Donovan". Er ist ein Mann Anfang dreissig,
der sich auskennt in der Zürcher Hausbesetzerszene.
Luxus für alle
Das sei ein Raum für Experimente, sagt er. "Bis heute
ein
Künstler ins Museum kommt, ist er meistens schon tot. Ich meine,
das Geld kommt meist erst dann." "Donovan" zeigt um sich: "Hier
könnte ein Labor entstehen, wo jeder das einbringt, was er gut
kann, mit einer Infrastruktur, die dies ermöglicht." Über 200
Ideen sind auf einem eigens eingerichteten Blog eingegangen. "Für
ein Projekt dieser Grösse sind neue Medien wie Facebook oder Blogs
wichtig, da viele Leute mobilisiert werden müssen." Nun werden
immer wieder Sitzungen organisiert und Interessierte
zusammengeführt. "So bilden sich Gruppen, die sich dann
selbstständig weiterentwickeln", erklärt "Donovan".
Schliesslich sei das Ziel, das Hotel komplett zu beleben.
Breit gefächert sind die Angebote auf dem
Atlantis-Blog:
Einer bietet einen Kinderbetreuungsdienst für Eltern an, die
keinen der raren subventionierten Plätze ergattert haben. Jemand
bietet an, ein komplettes Schneideratelier einzurichten. Gastrokurse,
Biogemüse, Deutschunterricht werden angeboten. Ein Radiomacher
möchte einen Monat lang vom Hotel aus senden. Geld soll bei all
diesen Vorhaben nicht fliessen. Luxus für alle eben.
"Wir wollen keinen Stress"
Noch sieht es im leeren Hotel aus wie im versunkenen
Atlantis.
"Wir haben vorläufig nur die oberen Stöcke besetzt", sagt
"Donovan". Dem noch laufenden Liquidationsprozess sei man ausgewichen.
"Wir wollen ja keinen Stress." Der Flur im zweiten Stock ist lang und
schwarz. Erhellt wird er nur von einer Lichtinstallation, die
Eiskristalle an die Wände projiziert.
Zwei junge Frauen mit Reisetaschen und Papierrollen unter
dem Arm
kommen die Treppe hoch. "Wo sind unsere Zimmer?" Sie lachen. "Das sind
schon erste Nicht-Donovan-Bewohnerinnen. Studentinnen übrigens",
sagt "Donovan" und runzelt die Stirn. Es komme ihm seltsam vor, dass
die Besetzer vom neuen Zwischenmieter, Werner Hofmann, nun gegen
Studierende ausgespielt werden. Denn viele Aktivisten seien selbst
Studenten.
Zweifel an der Rentabilität
In den Zimmern: bröckelnder Verputz, halb offene
Steckdosen
und dreckige Teppiche. Weit ist die Sicht vom Balkon, zum Limmattal bis
über den Zürichsee geht der Blick. "Für uns sieht es
nicht so aus, als hätte der Plan vom Studentenheim Hand und Fuss",
sagt "Donovan". Auch bei einer Vollbelegung der 150 Zimmer für 400
Franken pro Zimmer vom ersten Tag an - was mitten im Semester und in
der Weihnachtszeit aber eher unwahrscheinlich sei - würde die
Rechnung nicht aufgehen, hat "Donovan" ausgerechnet. Verluste seien
programmiert, denn rechne man einmalige Investitionen von einer halben
Million und monatliche Ausgaben von über 50 000 Franken für
Mietzins, Strom, Heizung, Abwart und Verwaltung zusammen, könne
für Hofmann Ende Monat unmöglich eine schwarze Null stehen.
Woher dieses doch sehr soziale Engagement komme, wisse
"Donovan"
nicht. "Wir vermuten aber, dass wir mit unseren eigenen Waffen
geschlagen werden sollen." Lasse sich die Neue Hotel Atlantis AG doch
von einer der grössten Kommunikationsagenturen des Landes beraten.
Vor dem gestrigen Gespräch mit Hofmann (das ohne
Einigung
beendet wurde) hatte "Donovan" noch seine Hoffnung zum Ausdruck
gebracht, dass es zu einer Lösung kommt: "Wir möchten
bleiben." Anderseits kennt "Donovan" das Business. Er zuckt mit den
Schultern. In den letzten Jahren seien viele besetzte Häuser
geräumt worden. Temporärer Raum im halblegalen Bereich, der
für die Subkultur überlebenswichtig sei, schwinde, sagt er
fast resigniert.
SERAINA KOBLER
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Weltwoche 4.11.10
Menschenrecht auf Diebstahl
Linke "Aktivisten" haben das ehemalige Hotel "Atlantis" in
Zürich besetzt. Als sie vermummt an die Öffentlichkeit
traten, griff die Polizei nicht ein. Die Rechtsbrecher finden in
Schweizer Städten paradiesische Verhältnisse vor. Die
Behörden dulden sie nicht nur, sie unterstützen sie
finanziell.
Von Philipp Gut
Sie kamen am Freitagmorgen vor einer Woche. Eine
unbekannte
Anzahl sogenannter Aktivisten besetzte das "Atlantis" am Fusse des
Üetlibergs, hoch über der Stadt Zürich. Das ehemalige
Fünfsternehotel, erbaut Ende der 1960er Jahre vom Architekten Hans
Hubacher, der auch das Strandbad Mythenquai oder die
Kuppelgewächshäuser im Botanischen Garten entwarf, wurde vor
sechs Jahren geschlossen. Bis im vergangenen August nutzte es die Stadt
als Unterkunft für rund 200 Asylbewerber.
Die Besetzung sorgte für Schlagzeilen, Polizei und
Behörden wurden bisher nicht aktiv. Auch als sich die Besetzer
vermummt an die Öffentlichkeit wandten - dies ein
zusätzlicher Rechtsbruch, der kantonale Gesetze ver- letzt -,
griffen sie nicht ein.
Man reibt sich die Augen und stösst unweigerlich auf
offene
Fragen. Schützt die grösste Schweizer Stadt die Rechte ihrer
Bürger nicht mehr? Warum greift die Polizei nicht ein? Steht
dahinter vielleicht sogar eine bestimmte Politik? Und: Ist Zürich
ein Spezialfall, oder stellt sich die Lage in anderen Schweizer
Städten ähnlich dar?
"Am liebsten vermöbeln"
Recherchen bei den beteiligten Parteien, bei
Behörden,
Polizei, Juristen und Politikern, führen zu erschreckenden
Resultaten. Offenbar ist, um es vorwegzunehmen, das Recht auf Eigentum,
das am Ursprung jeder freiheitlichen Ordnung steht und eng mit dem
Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Habeas Corpus)
verknüpft ist, das Papier nicht wert, auf dem es steht. Mehr noch:
Es ist in Schweizer Städten gängige Praxis, dass Besetzer
belohnt und Besitzer bestraft werden.
Um mir vor Ort ein Bild zu machen und die Argumente und
Beweggründe der "Aktivisten" kennenzulernen, fahre ich den
Döltschiweg hinauf, bis ans Ende, die Nummer 234. Über der
grosszügigen Einfahrt des "Atlantis" hängt ein Tuch mit der
roten Aufschrift "Besetzt". Schilder weisen darauf hin, man solle den
"Haupteingang benutzen". Doch die Türen sind verschlossen, auf
Klopfen reagiert niemand.
Es wird Abend, die Dämmerung senkt sich nieder, im
grauen
Betongebäude gehen einzelne Lichter an. Ein Zimmer weit oben ist
grün, ein anderes blau beleuchtet. An der Frontseite gegen die
Stadt hinunter hängt ein Smiley-Plakat, die Besetzer legen
offenbar Wert darauf, als freundliche Menschen wahrgenommen zu werden.
Als plötzlich zwei Gestalten aus einem alten VW-Bus
aussteigen, der auf dem Parkplatz vor dem Hotel steht, ist der erste
Eindruck ein anderer. Ich stelle mich als Journalist der Weltwoche vor
und frage, ob ich das Gebäude betreten und mit den Besetzern reden
dürfe. Der eine der beiden Typen greift zum Telefon und spricht
offensichtlich mit einer Art Chef, der drinnen sitzt. "Hier ist ein
Mitarbeiter von Roger Köppel", sagt er, "am liebsten würde
ich ihn vermöbeln. Darf er reinkommen?"
Die Antwort ist: Nein. "Ist er der Capo?", frage ich.
"Hier sind
alle Capos", erklärt der Fahrer des Busses, der vollgeladen ist
mit irgendwelchen Sachen und auf dessen Dach sich ein kleines blaues
Licht dreht, eine Mischung aus Stroboskop und Alarmsirene. Auch
für die Besetzerszene gilt offensichtlich die alte sozialistische
Weisheit: Alle sind gleich, aber einige sind gleicher.
Das scheint sich auch an den beiden Typen zu beweisen.
Während der eine, auf dem Kopf eine Mütze der Schweizerischen
Kreditanstalt (SKA), trotz anfänglichem Unwillen und unverhohlener
Aggression, immer mehr ins Reden kommt, fragt der andere ("Manuel"), ob
er ein paar Dinge hinauftragen dürfe. Er darf.
Sex und Sicht auf den Säntis
Der Mann mit der Mütze geht, wie er später sagt,
gegen
die vierzig zu. Er trägt ein gestreiftes Sweatshirt über
einem zerbeulten Kittel, unter dem SKA-Chäppi quillt lockiges
dunkles Haar hervor, in seinem Atem riecht man Alkohol. Keine
unsympathische Erscheinung, trotz allem.
Ich werde eingeweiht in die Usanzen der "linken Szene",
der er
sich zurechnet. Die Besetzung beschreibt er als "Phänomen", das
sich "wie von selber entwickelt" habe: "Plötzlich bist du drin."
Am Anfang steht ein Zettel oder eine SMS: "Triemli, 9 Uhr,
pünktlich."
Der Begriff ist das Zauberwort der Szene: "Pünktlich"
bedeutet für den Eingeweihten, dass es zur Sache geht. Wenn sie
sonst die Werte der "Leistungsgesellschaft" verachten, wissen die
"Aktivisten" doch, dass Exaktheit und Verlässlichkeit in
bestimmten Situationen lebenswichtig sein können. "Wenn du allein
irgendwohin kommst, und dort stehen zwei Polizisten, dann hast du ein
Problem." Es geht darum, Macht durch Masse zu demonstrieren. "Die
Polizei passt sich der Situation an", sprich: Sie lässt den Dingen
ihren Lauf, wenn sie sich einer Übermacht gegenübersieht.
Mein Gesprächspartner, nennen wir ihn Max, ist mit
dem
Verlauf der Aktion zufrieden. Er will nicht verraten, wie viele sie
sind, aber es wird klar, dass sich darunter auch Frauen befinden. "Ich
habe noch nie so viel Sex gehabt. Ich bin am Morgen aufgewacht und habe
vom Balkon aus den Säntis gesehen. Ich wäre ja blöd,
wenn ich hier nicht einziehen würde."
Max erzählt von einem Vorfall: Er stiess mit einem
Kollegen
zusammen und hätte ihn am liebsten rausgeworfen. Fast wäre es
zu einem Handgemenge gekommen. Die beiden beruhigten sich, und am Abend
habe der andere eine Tomatensauce mit Trauben gekocht, "zauberhaft",
wie Max gerührt erzählt.
Ich störe die Idylle mit der Frage nach der
Verletzung des
Eigentums, will wissen, wie er zum eklatanten Rechtsbruch stehe. "Das
habe ich nie überlegt, das interessiert mich nicht", sagt Max.
Die Selbstverständlichkeit, mit der die Besetzer
ihren
kriminellen Akt begehen, mag überraschen, in Wirklichkeit ist sie
nur folgerichtig. Die Verluderung des Rechtsgedankens wird vom Staat
geduldet, wenn nicht gefördert. Besonders in den links-grün
dominierten Städten, die nicht selten von Politikern regiert
werden, die in der Neuen Linken der siebziger und achtziger Jahre
sozialisiert wurden und mit Slogans wie "Besetzt die Häuser" oder
"Wo-wo-Wonige" aufgewachsen sind.
Die aus solchen Traditionen hervorgegangene Missachtung
des
Eigentums ist aktenkundig. Ein "Merkblatt" zu "Hausbesetzungen in der
Stadt Zürich" stellt klar, dass Besitzer einer besetzten
Liegenschaft nicht das Recht haben, dass diese geräumt und der
gesetzliche Zustand wiederhergestellt wird. Dem Eigentümer, nicht
den Dieben werden Auflagen gemacht. Neben einem Strafantrag müssen
beispielsweise eine Abbruchbewilligung oder eine Baubewilligung
inklusive Baufreigabe vorliegen. "Die unverzügliche Aufnahme der
Abbruch-/Bauarbeiten muss belegt werden", heisst es lapidar.
Mit anderen Worten: Einem Eigentümer, der seine
Liegenschaft
nicht sofort umbaut oder abreisst, sondern etwa Geld spart, bis er sie
renovieren kann, wird der Rechtsschutz verweigert. Das wäre so,
wie wenn jemand ein Auto klaut und die Polizei das gestohlene Fahrzeug
den Dieben zur Nutzung überlässt. Zurückgegeben
würde es nur dann, wenn der Besitzer beweisen könnte, dass er
das Auto nach der Rückgabe verkauft oder verschrottet.
"Krass rechtswidrig"
Was Laien unmittelbar einleuchtet, sehen Juristen nicht
anders.
Rechtsanwalt und Hells-Angels-Verteidiger Valentin Landmann hält
die Zürcher Regelung für "krass rechtswidrig". Der Schutz des
Eigentums sei "nicht gewährleistet".
Wie ein unglaublicher Fall aus der Stadt Zürich
zeigt, wird
Eigentümern nicht nur der Rechtsschutz verweigert, man bittet sie
für das erlittene Unrecht auch noch zur Kasse. Der Zürcher
Ombudsmann berichtet von einem Fall aus dem Jahr 1999. Die
Wohnliegenschaft eines Ehepaars wurde im Jahr 1996 von Jugendlichen
besetzt, Strom und Wasser benutzten die Einbrecher weiter, die Rechnung
ging an die Besitzer. Einer Aufforderung des Ehepaars, die Lieferung
abzustellen, kamen die städtischen Elektrizitäts- und
Wasserwerke (EWZ) nicht nach. Die Stadt stellte sich, mit Verweis auf
ein besetzerfreundliches Bundesgerichtsurteil (BGE 119 Ia), auf den
Standpunkt, "ein solches Abstellen verstiesse gegen die
Menschenrechte". Darauf erhielten die doppelt und dreifach
geschädigten Eheleute eine Rechnung über Fr. 15 514.20.
260 000 Franken für Illegale
Zürich steht nicht allein, ähnliche
Verhältnisse
herrschen in anderen Schweizer Städten. Die Basler
Hausbesetzerszene, die laut Wochenzeitung einen "festen Kern von mehr
als fünfzig Personen" umfasst, hat unter anderem die Villa Rosenau
in ihre Gewalt gebracht. Besitzer der Liegenschaft ist das Bundesamt
für Strassen, verwaltet wird sie vom Tiefbauamt des Kantons
Basel-Stadt. Die Rechnungen für Strom und Wasser, schreiben die
Besetzer auf ihrer Homepage, würden "brav" von den Steuerzahlern
beglichen.
Geduldet, geschont, privilegiert werden die Rechtsbrecher
auch in
Bern. Die Besetzer der berüchtigten Reithalle wurden für ihr
illegales Tun gleich mehrfach belohnt: Ihr Vergehen wurde erstens nicht
geahndet, zweitens lega- lisiert - und drittens werden sie heute sogar
subventioniert.
Die Hände reiben dürfen sich die Bewohner der
illegalen
Hüttensiedlung Zaffaraya. Nachdem sie widerrechtlich Land besetzt
und bebaut hatten, mussten sie ihren Platz wegen eines
Autobahnzubringers räumen. Was dann passierte, scheint typisch:
Zaffaraya zog um, der neue Ort - im Besitz des Bundes - ist noch
widerrechtlicher als der alte, da zusätzlich mit einem Bauverbot
belegt. Und was macht die Stadt? Sie finanziert die Erschliessung mit
einem Kredit von 260 000 Franken.
Grossrat Thomas Fuchs (SVP) hat in dieser Sache vor zwei
Jahren
eine aufsichtsrechtliche Beschwerde eingereicht. Regierungsstatthalter
Christoph Lerch machte deswegen Druck bei der städtischen
Baudirektion. Bis heute blieb eine Antwort aus, zuletzt mit dem Hinweis
auf "Herbstferien" des Gemeinderats.
Dieser will sogar noch weiter gehen und eine sogenannte
"Zone
für Wohnexperimente" schaffen, in der sich die "Stadtnomaden" und
andere Besetzer-Gruppierungen niederlassen dürfen. Wiederum zahlt
sich illegales Handeln aus. Allein für die Planung hat der
Gemeinderat 60 000 Franken gesprochen.
Ob sich an den rechtswidrigen Verhältnissen etwas
ändern wird, darf bezweifelt werden, jedenfalls sind Behörden
und Polizei mit ihrer Politik zufrieden. "Wir haben mit dieser Praxis
sehr gute Erfahrungen gemacht", sagt Marco Cortesi, Medienchef der
Stadtpolizei Zürich, "auch wenn möglicherweise nicht alle
Juristen die Sache gleich beurteilen."
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KULTURSTREIK
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L'Hébdo 4.11.10
Vie nocturne à Genève
MOBILISATION FESTIVE
PAR CLÉMENT BÜRGE ET SOPHIE
MURITH
LES FAITS
La fermeture, pour des raisons de sécurité,
des
boîtes de nuit le MOA et le Weetamix a déclenché
une vague de protestations à Genève. Lors des deux
derniers week-ends, environ 3000 personnes ont participé, en
pleine nuit, à des "manifestations festives". Ils
dénoncent la mort de la vie nocturne genevoise,
spécialement celle des milieux alternatifs.
LES COMMENTAIRES
Parmi la pléthore d'articles consacrés au
sujet par
la Tribune de Genève, un éditorial revient sur le manque
de crédibilité des autorités qui "du jour au
lendemain" ont estimé que ces salles étaient dangereuses.
Il explique alors que "faute de lieux appropriés, les jeunes
s'en iront toujours plus loin le week-end ou s'entasseront à
L'Usine - un des derniers établissements alternatifs vivants -,
déjà saturée. En termes de nuisances et de
risques, le remède pourrait se révéler pire que le
mal." Le Courrier estime que la fermeture de ces deux boîtes de
nuit symbolise la "pénurie festive" qui sévit dans le
canton. Le quotidien rappelle que les milieux alternatifs se
mobilisaient déjà en 2008. Historiquement, cette
situation a même "un air de déjà-vu: en 1989,
l'association Etat d'Urgence avait obtenu L'Usine à la suite
d'incessantes lettres aux autorités, manifestations et
discothèques sauvages. Vingt ans plus tard, alors que plusieurs
lieux alternatifs ont fermé, l'histoire se
répète." Le journal soutient les manifestants dans leur
lutte et avertit les autorités: "Sans promesses
sérieuses, la mobilisation continuera."
À SUIVRE
Le manque d'anticipation politique est flagrant. Certes,
plusieurs partis et politiciens ont annoncé leur soutien
à la mobilisation. Mais pour l'instant, si ce n'est condamner
l'attitude des manifestants ou esquisser de vagues solutions, les
autorités de la ville et du canton n'ont pris aucune mesure
concrète.
---
Tribune de Genève 4.11.10
Rencontre avec David Simonnin
Il veut une caserne festive
Chloé Dethurens
C'est dans la rue, aux côtés du public de
l'Usine,
qu'il a fêté ses 29 ans, vendredi dernier.
Président de l'Association pour la reconversion des Vernets
(ARV), David Simonnin est l'un des organisateurs de ce
défilé qui a réuni des milliers de manifestants.
Son objectif: réclamer l'ouverture d'espaces nocturnes et
culturels sur un site en particulier: celui de la caserne des Vernets,
bientôt désaffecté.
Comme la plupart des membres de l'ARV, David Simonnin
n'est ni DJ
ni organisateur régulier de soirées. "Je suis juste un
représentant du public, explique-t-il. L'idée de
l'association est née en discutant autour d'un verre. En nous
demandant où nous allions sortir ce soir-là, nous avons
juste constaté qu'il n'y avait rien à faire. " Alors
qu'Artamis vit ses derniers instants, David Simonnin tombe sur
plusieurs articles de presse concernant l'avenir de la caserne.
L'idée fait son chemin, l'ARV est lancée.
Son jeune président n'est pas qu'un noctambule:
fraîchement sorti de l'EPFL, il est aussi ingénieur en
environnement. Après deux mois passés en Mongolie
à effectuer le diagnostic d'un réseau d'eau potable pour
son travail de master, il travaille aujourd'hui à Genève:
"C'était une expérience enrichissante mais difficile
professionnellement. Je croyais pouvoir me rendre directement utile et
efficace! Mais j'avais besoin de plus d'expérience. J'ai donc
décidé de rester travailler en Suisse plutôt que de
repartir directement à l'étranger. " Gestion des eaux,
concepts énergétiques: des compétences utiles au
projet de reconversion des Vernets. "Les membres du comité de
l'ARV ont presque tous une spécialisation liée à
l'aménagement du territoire, poursuit David Simonnin. Cela donne
à l'association une identité propre et nous permet de
dialoguer avec les politiques, d'étudier la gestion de la vie
nocturne en amont. "
Son implication dans l'associatif, son souci de
l'environnement,
David Simonnin les doit à son éducation, reçue au
Petit-Saconnex où il vit encore aujourd'hui. "Mon père
est né paysan. J'ai souvent passé mes vacances dans la
ferme familiale de Porrentruy. Dès le collège, j'ai pris
conscience que notre système économique n'était
pas compatible avec les ressources naturelles disponibles. J'ai
dès lors souhaité apprendre un métier utile de ce
point de vue. "
Entouré de 160 membres, dont une vingtaine
d'actifs, David
Simonnin préside l'ARV en parallèle à son
métier d'ingénieur. En plus d'entraînements de
basket réguliers et d'une formation en gestion
énergétique, le rythme est parfois difficile à
tenir: "Cela ne me laisse pas beaucoup de temps libre. Mais je ne
compte pas quitter pour autant l'ARV: ce projet nécessite au
moins cinq ans d'investissement. Le but n'est pas de faire un coup
d'éclat puis se dissoudre. "
Peu à peu, l'ARV fait sa place. Mandaté par
la
Ville, David Simonnin vient de participer, avec une dizaine de membres,
à une étude sur la vie nocturne genevoise. Le projet a
nécessité trois mois de travail, aboutissant à un
constat peu étonnant pour l'ingénieur: "L'étude a
montré qu'il existe des lieux de fête à
Genève, mais qu'ils sont chers et sélectifs. Ce n'est pas
surprenant: sur 350 endroits, seuls dix sont alternatifs. "
Et concernant la caserne des Vernets? En attente d'une
réponse du Canton quant à une éventuelle
collaboration, l'ARV vient d'élaborer son propre projet. Le
dossier fixe de nombreux objectifs quant à l'aménagement
du site, notamment en termes de mètres carrés et de
hauteur de plafond, nécessaires aux besoins des futures
activités nocturnes et culturelles. "Nous avons consulté
plusieurs associations afin d'élaborer un projet adapté,
précise David Simonnin. Grâce à nos
compétences, il s'agit d'un projet professionnel complet. "
Actuellement, l'ARV est à bout touchant avec une école
d'architecture prête à étudier le projet dans le
cadre de travaux d'étudiants.
Ce projet de caserne version ARV terminé, David
Simonnin
ne ralentit pas le rythme pour autant. Si son quotidien est à
Genève, il n'exclut pas de repartir plus tard travailler
à l'étranger. En ce moment, il vole au-dessus de
l'Atlantique, direction New York. Objectif: participer avec son
frère et son père au marathon!
--
David Simonnin
Bio express
1981Naissance le 30 octobre à
Genève.
2006Travail de master en Mongolie, afin d'effectuer le
diagnostic
d'un réseau d'eau potable.
2006Août: obtention du master en sciences de
l'environnement à l'Ecole polytechnique fédérale
de Lausanne (EPFL).
2008Création de l'Association pour la reconversion
des
Vernets (ARV).
2009Il est engagé chez CSD Ingénieurs,
à
Genève. Il s'occupe de gestion des eaux et de concepts
énergétiques.
2010Participation à l'étude "Voyage au bout
de la
nuit". Formation postgrade en gestion énergétique.
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RASSISMUS
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gra.ch 1.11.10
Medienmitteilung
Neue Form der gedruckten Chronologie "Rassismus in der Schweiz"
-
Vollständige Ausgabe auf www.gra.ch
Zürich, 1. November 2010 - Die gedruckte Ausgabe der
jährlich
an 15'000 Opinion- Leaders in der Schweiz versandten Chronologie
"Rassismus in der Schweiz" erscheint in neuer Form mit reduziertem
Umfang. Die vollständigen und laufend aktualisierten
Einschätzungen von Rassendiskriminierung und Rechtsextremismus
sowie die rassistischen Vorfälle in der Schweiz finden sich
benutzerfreundlich und mit Full-Search-Funktion unter "Chronologie" auf
http://www.gra.ch.
Seit Anfang der 1990er Jahre erscheint jährlich eine von
der GRA
Stiftung gegen Rassismus und der GMS Gesellschaft Minderheiten in der
Schweiz herausgegebene Chronologie der rassistischen Vorfälle in
der Schweiz. Mit der Neugestaltung und Auffrischung des
Erscheinungsbilds der webbasierten Chronologie hat sich die Benutzung
durch Politiker, Medienschaffende und Studierende zunehmend auf das
elektronische Medium verlagert. Dieses hat den Vorteil, dass es laufend
aktualisiert wird und dass die praktische Full-Search-Funktion in
Sekundenschnelle eine gezielte Suche von der Gegenwart bis zurück
ins Jahr 1992 ermöglicht.
Die gedruckte Ausgabe der Chronologie "Rassismus in der Schweiz"
erscheint deshalb von nun an in reduziertem Umfang. Die zweiteilige und
zweisprachige Publikation auf Deutsch und Französisch erfasst
einerseits alle öffentlich bekannten Vorfälle. Andererseits
ordnet der Verfasser Hans Stutz, Journalist mit Schwerpunkt Rassismus
und Rechtsextremismus, in einer Analyse der Hauptverursacher
rassistischer Ereignisse diese Vorfälle in die gesellschaftliche
Entwicklung ein. Die Chronologie wird jährlich an 15'000
Persönlichkeiten und Institutionen aus Politik, Wirtschaft,
Medien, religiösen Gemeinschaften, an Bund und Kantone sowie an
Schulleitungen in der ganzen Schweiz versandt.
Beim Stichtag sind letztes Jahr 112 rassistische Vorfälle
erfasst
worden, während es 2008 zum gleichen Zeitpunkt 92 waren. Ein Grund
für diesen Anstieg kann beim Gaza-Krieg im Frühjahr des
vergangenen Jahres verortet werden, welcher auch in der Schweiz
verstärkt zu Manifestationen von sonst latentem Antisemitismus
geführt hat. Ferner wurden Muslime und Roma 2009 Zielscheibe
politischer Kampagnen des nationalkonservativen Lagers. Feindlichkeit
gegen in der Schweiz lebende Deutsche ist namentlich von der
Zürcher SVP auf die politische Bühne gehievt worden.
Die Chronologie 2009 "Rassismus in der Schweiz" kann beim
Sekretariat
der GRA zum Preis von CHF 14.50 bezogen werden. Die laufend
aktualisierten Vorfälle können auf http://www.gra.ch unter "Chronologie"
eingesehen werden.
Für weitere Fragen:
Dr. Ronnie Bernheim Dr. Giusep Nay
Präsident GRA Stiftung gegen
Rassismus und Antisemitismus
T +41 (0)79 662 66 50
Präsident GMS Gesellschaft
Minderheiten in der Schweiz
T +41 (0)79 610 91 21
Sekretariat GRA GMS
Postfach, 8027 Zürich T 043 344 49 66 F 043 344 49 69
infogra@gra.ch www.gra.ch
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HÄRTEFÄLLE
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NZZ 4.11.10
Kinderrechte in der Härtefallpraxis
Erneute Kritik an den Ausländerbehörden
C. W. · Die Schweizerische Beobachtungsstelle
für
Asyl- und Ausländerrecht kritisiert in einem Bericht, dass die
Ausländerbehörden bei der Beurteilung von
Härtefällen zu wenig auf die Situation der ganzen Familie und
insbesondere auf die Rechte der Kinder achteten. Es geht dabei um
Aufenthaltsbewilligungen, wie sie fünf Jahre nach Einreichen eines
Asylgesuchs, nach fünfjähriger vorläufiger Aufnahme oder
unter bestimmten Bedingungen nach illegalem Aufenthalt erteilt werden
können. Jährlich haben ungefähr 3000 Gesuche Erfolg.
Die Praxis, bei der die Kantone über einiges Ermessen
verfügen, ist immer wieder umstritten. Letztes Jahr hatte die
Flüchtlingshilfe eine Analyse publiziert, nun zeigt die
Beobachtungsstelle - ein Verein unter dem Präsidium der
früheren SP-Nationalrätin Ruth-Gaby Vermot - anhand einzelner
Fälle die ihrer Meinung nach bestehenden Mängel auf.
Eine Härtefallbewilligung wurde beispielsweise
abgelehnt,
weil der Aufenthaltsort der Gesuchsteller den Behörden nicht, wie
gesetzlich gefordert, immer bekannt war oder eine Person ein Delikt
begangen hatte. An manchen Beispielen fällt übrigens auf, wie
unbekümmert Familien ohne Aufenthaltsrecht vergrössert werden
oder wie lange Behörden untätig bleiben. Nach Ansicht der
Beobachtungsstelle dürften Kinder aber gemäss
Kinderrechtskonvention nicht für das Verhalten ihrer Eltern
"bestraft" werden. Sie müssten zudem im Verfahren angehört
werden.
Im Weiteren berücksichtigen die Behörden zwar
die Dauer
der Anwesenheit, relativieren sie aber bei illegalem Aufenthalt. Dies,
wird kritisiert, widerspreche dem Sinn der Härtefallregelung.
Beanstandet werden auch die Unterschiede zwischen den Kantonen, etwa
bei den Massstäben für die wirtschaftliche Integration.
Rechtsmittel garantiert das Gesetz den Gesuchstellern nur im
Zustimmungsverfahren des Bundes; so weit gelangen die Fälle aber
nur nach positivem kantonalem Entscheid.
---
Aargauer Zeitung 4.11.10
Härtefallpraxis: Kinderrechte nicht eingehalten
Sarah Weber
Die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und
Ausländerrecht (SBAA) ist besorgt: Bei Härtefallregelungen
für Familien werden die Kinderrechte missachtet. Der Vorwurf der
Beobachtungsstelle: In der Praxis beurteilten die Behörden nur die
Situation der Eltern, kaum aber die der Kinder. So trifft eine
Wegweisung besonders Minderjährige, die lange in der Schweiz
leben, zur Schule gehen, Deutsch reden und integriert sind.
Besonderes Aufsehen erregten in Vergangenheit Fälle
wie
beispielsweise der Maturand aus Aarau oder die Schwestern aus
Zürich, bei denen sich schliesslich das soziale Umfeld gegen die
drohende Ausschaffung wehrte. Deshalb fordert Claudia Dubacher,
Geschäftsleiterin der Beobachtungsstelle: "Die Kinder müssen
bei der Beurteilung wenigstens angehört werden." Denn: Man
dürfe migrationspolitische Interessen nicht stärker gewichten
als Kinderrechte.
Handlungsbedarf auf politischer Ebene sieht deshalb auch
der
Schwyzer SP-Nationalrat Andy Tschümperlin. Er will in der
kommenden Herbstsession eine entsprechende Motion einreichen. Darin
fordert er, dass die UN-Kinderrechtskonventionen auch in der
Härtefallpraxis zwingend eingehalten werden müssen. Dies
würde automatisch auch die Unterschiede zwischen den Kantonen
verkleinern, so Tschümperlin.
Deutschschweizer viel strenger
Die Härtefallbewilligung soll den Aufenthalt von
illegal
anwesenden oder nur vorläufig aufgenommenen Menschen legalisieren
- vorausgesetzt, sie erfüllen gewisse Kriterien. "Die
Anforderungskriterien in der Verordnung sind aber schwammig - das sind
Gummiparagrafen", kritisiert Claudia Dubacher. Und so legen die
Deutschschweizer Kantone das Gesetz trotz Harmonisierungsversuchen noch
immer viel strenger aus als die Westschweizer. Die Praxis einiger
Kantone treffe so besonders Familien mit Kindern
unverhältnismässig hart, schreibt die Beobachtungsstelle in
ihrem gestern veröffentlichten Bericht. Und befürchtet
weiter: "Offizielle Zahlen gibt es nicht, aber wir stellen eine
Verschärfung des Problems fest", so Dubacher.
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AUSSCHAFFUNGEN
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Bund 4.11.10
Ausländersammeln auf dem Bundesplatz
Ein Aktionskünstler hat eine radikale Lösung
für
die Ausländerfrage: markieren, sammeln, ausschaffen.
Simone Rau
Der 47-jährige Alois Stocher trägt Anzug und
Krawatte,
Schnauz und Seitenscheitel. Er hat in Beirut Militärwissenschaften
und Ethik studiert. Und er ist Geschäftsführer der
"Organisation zur Lösung der Ausländerfrage" (OLAF). Auf der
Webseite Volksbefreiung.ch wirbt der bekennende SVP-Fan für die
sofortige Ausschaffung von Ausländern. Denn von diesen hält
er nichts: "Jeder Ausländer in der Schweiz ist ein Ausländer
zu viel!"
Sein "Lösungsmodell" ist in drei Phasen unterteilt:
"1.
Markierung". Nicht nur der kriminelle, sondern jeder Ausländer
stelle eine potenzielle Gefahr für die Schweizer Bevölkerung
dar, schreibt Stocher. Deshalb habe OLAF "spezielle Armbinden
produziert, mit denen sämtliche Ausländer markiert werden
sollen". "2. Sammlung". Nachdem alle Ausländer markiert worden
sind, will Stocher sie in speziellen Hallen "zwischenlagern und
für ihren Abtransport in ihre Herkunftsländer" vorbereiten.
"3. Ausschaffung". Zuletzt sollen die Ausländer, so Stochers Idee,
in Container verfrachtet und per Zug ausser Landes gebracht werden.
"Sammeltag für Ausländer"
Am Samstag nun gilt es ernst: Alois Stocher ruft zum
nationalen
"Sammeltag für Ausländer" auf dem Bundesplatz in Bern auf. Ab
14.30 Uhr nimmt er "Ausländer aller Art und Abstammung" entgegen
und verfrachtet diese in den bereitstehenden Container. Sein
eindringlicher Appell an die Schweizerinnen und Schweizer: "Bringen Sie
uns alle nicht mehr gewollten oder nicht mehr gebrauchten
Ausländer." Wer den Ausländer lieber ausschaffen wolle, ohne
dabei gesehen zu werden, könne ihn "ganz einfach und anonym in die
dafür vorgesehene ‹Ausländer-Klappe› des Containers" werfen".
Was bitterböse klingt, ist in Wirklichkeit - Satire.
Und
Alois Stocher die politisch unkorrekte Kunstfigur eines Zürcher
Aktionskünstlers. Seinen Namen will der 34-Jährige nicht in
der Zeitung lesen. "Noch nicht", wie er am Telefon sagt. Möglichst
lange wolle er die Verunsicherung, die seine "Volksbefreiung" bei den
Bürgern auslöse, aufrechterhalten. Denn nur so könne er
deutlich machen, wie gefährlich die Ausschaffungsinitiative der
SVP sei: "Wie schon bei der Minarettinitiative schürt die SVP
massiv Ängste. Mit dem Bild des kriminellen Ausländers,
welches das Bauchgefühl der Schweizer anspricht, will sie
Rassismus in der Verfassung installieren."
Auslöser der Aktion seien Plakate der SVP sowie die
von der
Partei betriebene Website Volksbefragung.ch gewesen, sagt der
Künstler. Am meisten schockiert hätten ihn dort die
"höchst ausländerfeindlichen" Äusserungen der Blog-User.
Die bisherigen Reaktionen auf Alois Stocher seien "erschreckend": "Ganz
viele Leute nehmen unsere Aktion ernst."
Laut Marc Heeb, Leiter der städtischen Orts- und
Gewerbepolizei, ist die Aktion des Künstlers bewilligt. Für
den gleichen Tag sei zudem eine Bewilligung für den politischen
Anlass "Nein zur Ausschaffungsinitiative" ausgestellt worden. Die
Organisatoren hätten daraufhin entschieden, sich
zusammenzuschliessen.
--
Organisation zu Lösung der Ausländerfrage
http://olaf-schweiz.ch
---
http://www.ausschaffungsinitiative-2xnein.ch/nationaler-aktionstag-2xnein-6-november-2010/
NATIONALER AKTIONSTAG 2xNEIN | 6. November
Das Komitee 2xNEIN ruft zum NATIONALEN AKTIONSTAG am 6. November
auf!
Stehen wir ein für das 2xNEIN und verschaffen ihm auf der Strasse
kräftig, bunt und laut Gehör! Mach mit und besuche die Aktion
in deiner Nähe. Detaillierte Informationen findest du hier.
Flyer:
http://www.ausschaffungsinitiative-2xnein.ch/blog/wp-content/uploads/2010/10/nationaler_aktionstag_web.jpg
Baden
Standaktion an der Badstrasse vor der Migrosbank von 9.00 bis
15.00 Uhr.
mit Ueli Leuenberger, Präsident Grüne Schweiz und
Nationalrat
| Yahya Hassan Bajwa, Grossrat Aargau und Delegierter European Greens |
Geri Müller, Nationalrat. Organisiert von den Grünen
Aargau.
Basel
Strassentheater | Treffpunkt 13.00 Uhr | Barfüesserplatz.
Organisiert von der Juso und dem Regiokomitee Basel.
Bern
Bundesplatz Bern | ab 14.30 Uhr
Slam Poetry mit Renato Kaiser, Kilian Ziegler, Valerio Moser,
Simon Chen
und Anton Meier | Konzerte mit Tsigan und Surprise Act
Info- und Platzaktionen: Schuhsammelstation für "das
Schuhprojekt”
| Videoecke | Projekt kreAktiv
dazu Suppe und Glühwein
MOTTO: BRING DEINE ALTEN SCHUHE MIT!
An der Schuhsammelstation werden deine alten Schuhe zum
Kunstobjekt.
Organisert durch das Berner Komitee 2xNEIN.
Fribourg
Manif de rue pour le 2xNON | Départ devant le magasin
Manor
à 14h.
Organisé par le CCSI Fribourg et le comité 2xNON
Fribourg
Frauenfeld | Kreuzlingen
Standaktion und Strassentheater. Ab 10.00 Uhr.
Organisert von der Juso TG
Genève [Flyer, 2543 KB]
http://www.ausschaffungsinitiative-2xnein.ch/wp-content/uploads/2010/10/flyer-2xnon.pdf
6 stands dans un peu toute la ville (place Grenus, Place du
Molard,
PLace de la Navigation, Marché aux puces, Marché de Rive,
Marché de Carouge) de 10h à 16h et un rassemblement de
16h à 18h devant la poste du Mont Blanc, à la rue du
même nom, juste en dessous de la gare. Organisé par
Stopexclusion.
Lausanne [Flyer, 46KB]
http://www.ausschaffungsinitiative-2xnein.ch/wp-content/uploads/2010/10/tract_A5s...pdf
Manifestation | Départ: Place saint-françois
à
16h45
Marche à travers la ville, pour terminer vers 18h
à la
Place Arlaud, où se trouve La
Fraternité. Dans cet espace, nous organisons un
apéro
anti-raciste. Dès 20h30: soirée à l'Espace
auto-géré, et il y aura plusieurs concerts pendant toute
la soirée. Organisé par le MLCR.
Luzern
Stand- und Platzaktion am Hauptbahnhof. 9.00Uhr - 12.00 Uhr
Organisiert vom Luzerner Komitee 2xNEIN
Schaffhausen
Überraschungsaktion. Organisiert von der AL Schaffhausen.
Solothurn
Stand- und Platzaktion in der Solothurner Innenstadt. ab 12.00
Uhr
Organisiert von den Jungen Grünen.
St.Gallen
Stand- und Platzaktion am Bärenplatz. Mit Etrit Hasler und
anderen. Ab 13.00 Uhr
Organisert vom St.Galler Komitee 2xNEIN.
Zürich
Stand- und Platzaktionen | 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr
Die Stände sind an folgenden Orten:
Bahnhofstr. / Rennweg / Oetenbachgasse
Bahnhofbrücke / Bahnhofquai, Brückenkopf ggü.
"Coop”
Tessinerplatz
Utoplatz
Universitätsstr. 120
Marktplatz Oerlikon
Schmiede Wiedikon
Limmatplatz 7 (AL)
Seefeldstr. / Höschgasse
Scheffelstr.
Dazu: Lesung mit Charles Lewinsky, Stephan Pörtner, Petra
Ivanov
ab 16.30h | Kunsthalle der "Stiftung Trudi Demut Otto
Müller" |
Güterbahnhof, Hohlstrasse 150, Zürich
Organisiert vom Zürcher Komitee 2xNEIN
Zug
Stand- und Platzaktion am Hauptbahnof von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr.
Organisert vom Zuger Komitee 2xNEIN.
Weitere Infos erhältst du bei den Regionalkomitees
http://www.ausschaffungsinitiative-2xnein.ch/werde-aktiv-regionalkomitees/
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WoZ 4.11.10
Gegen die Ausschaffungsinitiative
Vom Umdrehen der Spiesse
"Normalerweise provoziert die Volkspartei mit harschen
Kampagnen
ihre Gegner. Diese verhelfen der Partei mit ihren Reaktionen immer
wieder zu Medienöffentlichkeit", schreibt das Netzwerk
Kunst+Politik in einer Pressemitteilung. Und stellt fest: "Für
einmal ist es um gekehrt: Mitglieder des SVP-Initiativkomitees
reagieren entrüstet und offensichtlich nervös auf die Filme
des Regisseurs Micha Lewinsky."
Dreimal eine Minute Film gegen die Ausschaffungsinitiative
haben
genügt, um Exponenten der SVP in aller Öffentlichkeit in Rage
zu versetzen: Der Walliser Nationalrat Oskar Freysinger bezeichnete die
von Kunst+Politik initiierten Spots im "Kulturplatz" des Schweizer
Fernsehens als "Schwachsinn", sein Zürcher Kollege Hans Fehr
bezichtigte den Filmemacher der Verbreitung von Unwahrheiten.
Mit ihren Äusserungen verhelfen Freysinger & Co.
der
Kampagne gegen die menschenrechtsfeindliche Initiative (und den nicht
minder ausländerfeindlichen Gegenvorschlag) zu noch mehr medialer
Beachtung. Die Spots "Vor die Tür!", die alle in einer Schulklasse
spielen, zeigen in einfachen Dramaturgien die Folgen der
Ungleichbehandlung von AusländerInnen und SchweizerInnen (siehe
WOZ Nr. 42/10). Nachdem sie in einer Woche bereits über 100 000
Mal im Internet angeschaut wurden, kommt es nun im Kult.Kino Atelier in
Basel zur Kinopremiere.
Neben dem doppelten Nein der Delegierten der
Sozialdemokratischen
Partei zu Initiative und Gegenvorschlag ist der Zuspruch, den Lewinskys
Kurzfilme in weiten Kreisen erfahren, ein weiteres positives Signal. Wo
es um Grundrechte geht, haben wahlarithmetische und polittaktische
Überlegungen nichts mehr verloren. adr
"Vor die Tür" in: Basel Kult.Kino Atelier, Di,
9.
November, 18 Uhr. Podium mit Jugendlichen, moderiert von Alfred
Schlienger (NZZ).
Die Spots "Vor die Tür!" anschauen und verlinken:
http://www.vor-die-tuer.ch
"Ausgeschafft!", eine Veranstaltung von Kunst+Politik,
unter
leibhaftiger oder anderweitiger Mitwirkung von Schweizer
Künstlern, halbschlauen Literatinnen, möglicherweise
Intellektuellen und waschechten Ausländern in: Zürich Theater
Neumarkt, So, 14. November, 19 Uhr. Eintritt frei.
http://www.kunst-und-politik.ch
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NZZ 4.11.10
Zürcher Praxis erfüllt Gegenvorschlag
Bei Ausländern mit einer Freiheitsstrafe von
mindestens
einem Jahr prüft das Migrationsamt die Wegweisung
Ausländischen Delinquenten, die zu einer Strafe von
über einem Jahr verurteilt worden sind, droht im Kanton
Zürich die Wegweisung. Manchmal genügen bereits kleinere
Strafen.
Dorothee Vögeli
Gemäss Gegenvorschlag zur Ausschaffungsinitiative
sollen
ausländische Delinquenten, denen von Gesetzes wegen eine
mindestens einjährige Freiheitsstrafe droht, ausgeschafft werden.
Darunter fallen Sexual-, Drogen- und Gewaltdelikte. Bei solchen
Straftaten fährt das Bundesgericht bereits heute eine harte Linie:
Bei Freiheitsstrafen von über zwei Jahren stellt es das
Bleiberecht in Frage, der Entzug der Aufenthalts- oder
Niederlassungsbewilligung ist auch bei einjährigen
Freiheitsstrafen zugelassen. Nur ganz selten hebt es entsprechende
Wegweisungsverfügungen des Zürcher Migrationsamts auf.
600 Wegweisungen 2009
Laut Sprecherin Bettina Dangel prüft das
Migrationsamt bei
allen Ausländern, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens
einem Jahr verurteilt worden sind, die Wegweisung. Letztes Jahr
erhielten 113 straffällige Personen im Kanton Zürich eine
Wegweisungsverfügung. Gesamtschweizerisch lag 2009 die Zahl der
deswegen angeordneten Wegweisungen bei etwa 750.
Der Anteil der Wegweisungen im Kanton Zürich, welche
die
Bedingungen des Gegenvorschlags erfüllen, macht allerdings nur
einen kleinen Teil aller Wegweisungsverfügungen aus. Letztes Jahr
widerrief das Migrationsamt in etwa 600 Fällen die Aufenthalts-
oder Niederlassungsbewilligung. Zu den Gründen für die
Wegweisung von rund 490 Ausländern zählen etwa die Scheidung
innerhalb von drei Jahren, Scheinehe, anhaltender Sozialhilfebezug und
die "Erfüllung des Aufenthaltszwecks" wie Studienabschluss oder
Beendigung einer Erwerbstätigkeit. Auch kleinere Strafen wie etwa
die Verurteilung zu zwei Monaten bedingt wegen Fahrens in angetrunkenem
Zustand können zum Widerruf der Aufenthaltsbewilligung
führen. Denn sobald mit einer schweren Gefährdung der
öffentlichen Sicherheit zu rechnen ist, gilt die Bedingung einer
längerfristigen Strafe nicht mehr, wie der Ausländer
vertretende Zürcher Anwalt Bernhard Zollinger sagt.
Eine Frage der Optik
Darüber hinaus stütze das Bundesgericht auch in
den
meisten Fällen, bei denen die Wegweisung eine Trennung von der
Familie nach sich ziehe, die kantonalen Behörden. Offiziell
wiegten die Lausanner Richter zwar, wie vom europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte verlangt, öffentliche sowie
familiäre und private Interessen gegeneinander ab. Die
Abwägung werde dem Einzelfall aber nur sehr selten gerecht. Auch
bei weniger schwerwiegenden Fällen tendiere das Bundesgericht
dazu, die öffentliche Sicherheit und Ordnung über das
Grundrecht auf Schutz des Familienlebens zu stellen, fasst Zollinger
seine Erfahrungen zusammen.
Diese Kritik am angeblich von höchster Stelle
praktizierten
Automatismus bei Straftätern ist im Kreis der Zürcher
Anwälte, die sich im Unterschied zu Zollinger auch politisch gegen
Verschärfungen im Asyl- und Ausländerrecht engagieren, weit
verbreitet. Ebenso ist man sich in der Einschätzung der
Zürcher Praxis bei verurteilten Ausländern einig. Sie gilt
als sehr hart, was auf der Homepage des Migrationsamts seit neustem
überprüft werden kann: Die seit Anfang Oktober geltenden,
internen Weisungen sind publiziert.
Natürlich müssen die Gerichte bei Rekursen gegen
Wegweisungen eine Einzelfallprüfung machen - eine solche verlangt
auch der Gegenvorschlag, wie Ausländeranwalt Peter Nideröst
einräumt. Dazu gehört die Berücksichtigung der Schwere
des Verschuldens, des Integrationsgrads, der Anwesenheitsdauer und der
persönlichen Situation. Laut Nideröst stützt das
Verwaltungsgericht je nach Besetzung manchmal Beschwerden, insbesondere
solche, die das Personenfreizügigkeitsabkommen betreffen.
Beispiele aus der Praxis
Als beispielhaft für die Zürcher Härte
nennt Peter
Nideröst folgenden Fall: Ein Drogenhändler wird zu
siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er ist von seiner
schwer psychisch kranken Ehefrau geschieden und hat das alleinige
Sorgerecht für seinen 16-jährigen Sohn. Dieser ist in der
Schweiz geboren, hier zur Schule gegangen und hat das Bürgerrecht.
Da der Vater weggewiesen wird, müsste der Sohn entweder allein
hier bleiben oder ihm in ein gänzlich fremdes Land folgen. Der
Fall ist beim Verwaltungsgericht hängig. Der Ausgang hängt
davon ab, wie stark die Kinderrechtskonvention gewichtet wird.
Gar keine Chance haben laut Peter Nideröst
straffällige
Secondos im Kanton Zürich, die nicht verheiratet sind, keine
Familie und keine Kinder haben. Nur bei sehr langer Anwesenheit gebe es
Ausnahmen. Auch andere Kantone seien hart. So hatte Nideröst einen
inzwischen 40-jährigen Mandanten aus dem Kanton Thurgau, der als
15-Jähriger in die Schweiz gekommen war. Wegen Veruntreuung,
Betrugs und Alimentenschulden wurde er zu einer Strafe von neun Monaten
verurteilt und musste das Land verlassen. Denn eine Wegweisung
lässt sich gemäss Ausländergesetz nicht nur mit einer
längerfristigen Freiheitsstrafe, sondern auch mit verschiedenen
kleineren Verstössen rechtfertigen.
"Aussichtsloser Kampf"
Caterina Nägeli ist eine Zürcher Anwältin,
die in
der linken Szene als bürgerlich gilt. Wie sie auf Anfrage sagte,
hat sie seit dem Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes vor
drei Jahren keine Fälle von straffälligen Migranten mehr
angenommen. "Bereits vorher wurde bei Straftätern die
Familiensituation ausgeblendet. Der immer gleiche, aussichtslose Kampf
war frustrierend", begründet sie diesen Schritt. Unabhängig
davon, ob ein Mandant mit B-Bewilligung verheiratet gewesen sei oder
Kinder gehabt hätte, sei der böse Brief vom Migrationsamt
umgehend gekommen, wenn eine Strafe von zwei Jahren zur Diskussion
gestanden habe. Nur bei ganz speziellen Konstellationen, etwa wenn ein
behindertes Kind mitbetroffen war, sei es zu Ausnahmen gekommen,
hält Nägeli fest.
So streng die Zürcher Wegweisungspraxis ist, so weit
wie die
Ausschaffungsinitiative geht sie trotzdem nicht. Gemäss dieser
wird zum Beispiel ein Sozialhilfebezüger automatisch ausgewiesen,
der einen Nebenverdienst unterschlagen hat. Gemäss heutiger Praxis
ist dies nur im begründeten Wiederholungsfall möglich.
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presseportal.ch 4.11.10
Ausschaffungsgefängnis Wauwilermoos bezugsbereit
Luzern (ots) - Nach einer intensiven Planungs- und
Bauphase von
rund neun Monaten können Anfangs November 2010 die Umbauarbeiten
am neuen Ausschaffungsgefängnis in der Strafanstalt Wauwilermoos
abgeschlossen werden.
Wegen den anstehenden Sanierungen im bisherigen
Ausschaffungsgefängnis Sursee und der im offenen Strafvollzug
rückläufigen Belegung, hat der Regierungsrat des Kantons
Luzern entschieden, die Ausschaffungshaft für den Kanton Luzern in
die Strafanstalt Wauwilermoos zu verlegen.
Für die Ausschaffungshaft wurde in der Strafanstalt
Wauwilermoos ein bestehender Wohnpavillon so umgebaut, dass dieser den
Ansprüchen des geschlossenen Vollzugs genügt. Dazu wurden die
Fenster vergittert, der Eingang mit einer Zutrittsschleuse versehen,
für die Bewegung im Freien ein Spazierhof erstellt und
umfangreiche technische Anlagen zur Erhöhung der Sicherheit
installiert.
Das neue Ausschaffungsgefängnis verfügt
über 14
Plätze in Doppelzellen. Für den offenen Strafvollzug
verbleiben 58 Plätze, wobei die Zuteilung der Plätze zu den
beiden Vollzugsformen ein Stück weit flexibel gehandhabt werden
kann.
Die Umbauarbeiten und die umfangreichen technischen
Installationen haben Investitionen von rund Fr. 1 Mio. nötig
gemacht, um den Standard für geschlossenen Freiheitsentzug zu
erreichen. Die Inbetriebnahme wird in nächster Zeit erfolgen.
ots Originaltext: Staatskanzlei Luzern Internet:
www.presseportal.ch
Kontakt: Auskunft erteilen (am 04.11.2010 von 08.00 bis
15.00
Uhr):
Dr. Barbara E. Ludwig Leiterin der Dienststelle
Militär,
Zivilschutz und Justizvollzug Mobile: +41/79/711'13'57
Andreas Naegeli Direktor der Strafanstalt Wauwilermoos
Tel.:
+41/41/984'24'44
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BÜRGERWEHR
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Tagesanzeiger 4.11.10
In Hüttikon patrouillieren bewaffnete Dorfbewohner
Mit der Pistole am Gurt sorgen Freiwillige im kleinen Dorf
für Ruhe und Ordnung. Dass private Gemeindesicherheitsdienste mit
einer Waffe unterwegs sind, ist unüblich.
Von Sarah Sidler
Hüttikon - Die 700-Seelen-Gemeinde Hüttikon
liegt
idyllisch am Fusse des Altbergs. Doch der Schein trügt: Nach
Einbruch der Dunkelheit machen dort bewaffnete Dorfbewohner Jagd auf
Verbrecher: Uniformierte Mitglieder des Gemeindesicherheitsdiensts
(GSD) sorgen in ihrer Gemeinde freiwillig für Ruhe und Ordnung.
"Die Gefahr von Einbrüchen ist gross", sagt Markus
Imhof,
Gemeindepräsident und Sicherheitsvorstand (SVP). Und die
Präsenz der Polizei am äussersten Zipfel des Kantons sei
nicht besonders hoch. Mit Sicherheits- und Überwachungsmassnahmen
soll der Gemeindesicherheitsdienst Verbrecher abschrecken. "Der GSD hat
eine unterschwellige polizeiliche Funktion", sagt Imhof: Kommt der
Patrouille eine Person verdächtig vor, kontrolliert sie diese. Die
Mitglieder des Gemeindesicherheitsdienstes sind uniformiert und mit
Pistolen ausgerüstet. Zum Einsatz gekommen sind diese aber noch
nie: "Die Waffen sorgen für eine gewisse Sicherheit", sagt Imhof.
Die Mitglieder des Gemeindesicherheitsdienstes wollen nicht Räuber
und Poli spielen. "Sie sind sich ihrer Verantwortung bewusst." Imhof
betont, dass die Polizei auf jeden Fall eingeschaltet würde, wenn
sich ein Zwischenfall ergäbe.
Unerlaubte Personenkontrolle
Nur Schweizer Bürger mit einwandfreiem Leumund
würden
in den GSD aufgenommen. Derzeit werden zwei weitere Freiwillige gesucht
für etwa zwei Patrouilleneinsätze pro Monat. Vor
Dienstantritt müssen die Mitglieder einen Waffenschein erwerben.
Und sie absolvieren viermal jährlich Schiesstrainings bei einer
privaten Sicherheitsfirma.
Gemäss Marcel Strebel, Chef der Informationsabteilung
der
Kantonspolizei Zürich, dürfen die Angehörigen des GSD
Hüttikon bewaffnet patrouillieren, wenn sie eine
Waffentragbewilligung des Statthalteramts besitzen und die Gemeinde sie
zum Patrouillendienst ermächtigt hat. Personenkontrollen
dürfen sie aber keine durchführen: "Bei Personenkontrollen
handelt es sich um eine Art Zwangsmassnahme. Diese dürfen immer
nur durch Angehörige der Polizei vorgenommen werden", sagt er.
Zudem findet es Strebel unüblich, dass die Hüttiker
Patrouillen bewaffnet unterwegs sind: "Die meisten privaten
Sicherheitsdienste verüben ihre Aufgaben ohne Waffe." Peter
Reinhard, Präsident des Verbands Kantonspolizei Zürich,
bestätigt dies. Auch er findet das Vorgehen des
Gemeindesicherheitsdienstes in Hüttikon nicht alltäglich:
"Die meisten privaten Sicherheitsdienste sind unbewaffnet unterwegs."
Sie sorgen allein durch Präsenz an neuralgischen Stellen für
Ruhe und Ordnung im Dorf.
Weniger Einbrüche
Dass der GSD in Hüttikon nach neuen Mitgliedern
sucht,
erstaunt Reinhard: "Die Zahl der privaten GSD ist abnehmend, seitdem in
den vergangenen Jahren die Gemeindepolizeiposten ausgebaut und die
Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei vertieft wurden." Gemäss
Gemeindepräsident Imhof wird in Hüttikon trotz der
Patrouillen eingebrochen, jedoch nicht mehr in "erschreckendem
Ausmass". Die Anzahl der Einbrüche sei in der 15-jährigen
Tätigkeit des GSD deutlich zurückgegangen.
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ANTI-ANTIKAPITALISMUS
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Weltwoche 4.11.10
Feinde der Gesellschaft
Linke Politiker schiessen scharf auf "Reiche" und
"Superreiche".
Manager werden auf Brachial-Plakaten bis auf die Unterhosen ausgezogen.
Der sozialdemokratische Amoklauf gegen die Wohlhabenden verkennt das
Wesentliche: Die Schweiz verdankt gerade ihren Reichen sehr viel.
Von Alex Reichmuth
Die Jagd auf Reiche ist eröffnet. Es wird zum Halali
auf
Gutsituierte geblasen. Populistische Politiker, linke Ökonomen und
ihnen zugewandte Journalisten erklären Vermögende zu
Freiwild. Sie stellen Multimillionäre als Schmarotzer hin und
deklarieren sie zu Feinden der Gesellschaft. "Dank automatisch sich
vermehrendem Grossvermögen wächst ein Geldadel heran", warnte
der Ökonom Hans Kissling. "Superreiche schaden der Wirtschaft",
schrieb Philipp Löpfe vom Tages-Anzeiger. Das "Zeitalter der neuen
Oligarchie" habe nun auch in der Schweiz begonnen. "Wilhelm Tell
jedenfalls würde sich im Grabe umdrehen, wenn er heute diese
superreichen Feudalherren in der Schweiz sähe", wird
SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen in der NZZ zitiert.
Jahrelang standen die "Abzocker" im Visier linker Politik
- allen
voran Manager, die Millionensaläre abholen. Die "Abzocker" mussten
herhalten im Kampf für mehr Umverteilung und gegen die Sanierung
der Sozialwerke. Ein Abzocker ist definitionsgemäss jemand, der
sich zu Unrecht bereichert und damit anderen etwas wegnimmt. Im Vorfeld
der Abstimmung über die Steuererhöhungs-Initiative der SP
wird jetzt ein Gang zugelegt: Das Trommelfeuer gilt den Reichen per se.
Statt massvoller Sozialdemokratie gibt es harten Sozialismus. Reiche
sollen an allen möglichen gesellschaftlichen Problemen schuld
sein: an sinkenden Reallöhnen, an hohen Immobilienpreisen, an den
leeren Kassen der Sozialversicherungen. "Eigentlich", so die Botschaft
dahinter, "müsste man diesen Geldsäcken all ihren Reichtum
wegnehmen und ihn im Volk verteilen". Den Wohlhabenden wird das Messer
an den Hals gesetzt. Man gibt sich aber konziliant: Falls sie ein
Lösegeld in Form von höheren Steuern entrichten, lässt
man sie am Leben - zumindest vorläufig. Die Steuerinitiative, die
schweizweit verbindliche Mindeststeuersätze für Wohlhabende
und Gutverdienende fordert, soll in diesem Licht als gemässigt
erscheinen. "Für einmal kommt eine Volksinitiative moderat und
realitätsbezogen daher", kommentierte Rudolf Strahm, ehemaliger
Preisüberwacher und Ex-Nationalrat der SP. Als Zeichen eines
"intakten Gerechtigkeitsempfindens" wertete die Basler Zeitung die
derzeit hohe Zustimmung zur Steuerinitiative.
Pünktlich einen Monat vor der Entscheidung über
die
Initiative publizierte der Basler Soziologie-Professor Ueli Mäder
sein Buch "Wie Reiche denken und lenken" (Seite 42). Der ehemalige
baselstädtische Parlamentarier einer Links-aussen-Partei nutzte
die ihm gewährte mediale Plattform geschickt, um seine
altbekannten sozialistischen Botschaften zu platzieren. "Die Reichen
haben den Reichtum nicht selbst erwirtschaftet", dozierte er. "Andere
haben viel dazu beigetragen." Mäder ortete "hohen
Handlungsbedarf": Man könne sich diesen "einseitig angeeigneten
Reichtum", der die Gesellschaft auseinanderdriften lasse, nicht mehr
erlauben.
Mäder und seine politischen Mitstreiter argumentieren
jeweils mit einer Schere, die aufgehe, und dem "sozialen Frieden", der
dadurch gefährdet sei: Die Reichen würden immer reicher, die
Armen immer ärmer. Es wird beklagt, dass die hundert Reichsten der
Schweiz ihr Geld in den letzten zwanzig Jahren verfünffacht
hätten. Und dass wenige Prozent der Bevölkerung mit 48
Prozent einen Grossteil des Vermögens besässen.
Reichtum kann vermehrt werden
Stimmt es, dass das Vermögen, wie behauptet, immer
ungleicher verteilt ist? Zeigen sich die Wohlhabenden tatsächlich
unsolidarisch? Schaden die Reichen der Wirtschaft und der Gesellschaft?
Hinter radikalen Umverteilungsforderungen, wie sie nun
wieder
erhoben werden, steht das falsche Bild, dass das Volksvermögen
eine fixe, unveränderliche Grösse habe. Daraus folgt, dass
jedem, der überdurchschnittlich viel besitzt, ein anderer
gegenüberstehen muss, der entsprechend weniger hat. Reichtum ist
somit per se ungerecht. Übergangen wird dabei, dass Reichtum in
einer funktionierenden Wettbewerbsgesellschaft geschaffen und vermehrt
werden kann, ohne dass irgendjemandem etwas weggenommen wird.
Über 210 000 Millionäre
Die Behauptung, die Reichsten besässen einen immer
höheren Anteil des Vermögens, ist falsch, wenn man auf die
letzten hundert Jahre zurückschaut. Dies zeigen die Zeitreihen des
Berner Ökonomen Reto Föllmi (Grafik 1). Richtig ist zwar,
dass der Vermögensanteil der Reichsten seit Anfang der achtziger
Jahre gestiegen ist. Blickt man aber weiter zurück, ist der
heutige Anteil nicht aussergewöhnlich. Das reichste Prozent der
Bevölkerung besass oft einen deutlich höheren Anteil des
Vermögens. 1913 waren es 45 Prozent, 2006 hingegen nur 38 Prozent.
Das reichste Promille der Bevölkerung besitzt heute zwar einen
etwas höheren Anteil als in den letzten hundert Jahren. Dieser
fällt mit etwa 20 Prozent aber keineswegs aus dem Rahmen.
Richtig ist, dass die Schweiz die höchste
Millionärsdichte weltweit nach Singapur und Hongkong hat.
Über 210 000 Millionäre leben in unserem Land. Ein Problem
ist das aber nicht. Die Schweiz kann sich im Gegenteil glücklich
schätzen über so viel Reichtum - aus sechs Gründen:
1 Die Steuern
Der Staat werde mehrheitlich von Unternehmen und einer
kleinen
Minderheit der Privatpersonen finanziert, lautete 2007 das Fazit einer
Studie des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse. Die
bestverdienenden 20 Prozent der Bevölkerung tragen fast gleich
viel zu den öffentlichen Haushalten und Sozialversicherungen bei
wie die übrigen 80 Prozent. Die Zahlen der Steuerverwaltungen
zeigen, dass das bestverdienende Viertel der Bevölkerung 84
Prozent der direkten Bundessteuer bezahlt. Bei der Vermögenssteuer
in den Kantonen stammen 89 Prozent der Einnahmen von den reichsten 10
Prozent der Bevölkerung (Personen mit Vermögen über 500
000 Franken). Unter den Reichen tragen die sogenannt Superreichen eine
besonders hohe Steuerlast: Wie die Bilanz vor zwei Jahren ermittelte,
bezahlte zum Beispiel der Industrielle Thomas Schmidheiny im Steuerjahr
2007 insgesamt 77 Millionen Franken, der Unternehmer Thomas Straumann
20 Millionen und der Unternehmer André Kudelski 15 Millionen.
Aus Sicht der Steuerämter ist eine möglichst ungleiche
Verteilung von Einkommen und Vermögen sogar positiv: Wegen der
Progression fallen dadurch die Steuereinnahmen höher aus.
Die Reichen entziehen sich keinesfalls immer mehr ihrer
überdurchschnittlichen Verpflichtung der Gesellschaft
gegenüber, wie linke Politiker behaupten: 2007 zeigte eine Studie
des Bundes, dass das Viertel der Steuerzahler mit den höchsten
Einkommen 2004 durchschnittlich 27,8 Prozent des Einkommens in Form von
Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen ablieferte. Sechs Jahre
vorher waren es erst 25,9 Prozent gewesen. Falsch ist auch, dass der
Steuerwettbewerb zwischen Kantonen und Gemeinden ruinös wirkt:
Zwischen 1990 und 2008 sind die Einkommenssteuern in der Schweiz um 73
Prozent gestiegen, was über dem Wachstum des Bruttoinlandprodukts
liegt (Grafik 2). Die Vermögenssteuern haben sich sogar auf das
Zweieinhalbfache erhöht. Die Steigerungen waren möglich,
obwohl viele Kantone gleichzeitig die Steuersätze massiv gesenkt
haben.
Was aber passiert, wenn die Reichen vertrieben werden,
musste der
Kanton Baselland in den siebziger Jahren schmerzlich erfahren. Das
Baselbieter Stimmvolk erhöhte 1972 auf Initiative der SP die
Steuern für Gutverdienende drastisch. Ein Jahr später nahm
der Kanton 10 Millionen Franken weniger Einkommenssteuern ein. Das
steuerbare Vermögen war innert Jahresfrist wegen Abwanderung von
846 Millionen auf 477 Millionen gesunken. Baselland kam rasch wieder
von seiner Reichtumssteuer weg.
2 Das Kapital
Philipp Löpfe schrieb vor einigen Tagen auf der
Onlineplattform des Tages-Anzeigers, die Superreichen würden so
viel Geld horten, dass sie es nicht schafften, es wieder auszugeben.
Damit entzögen sie dem Wirtschaftskreislauf Geld und schadeten so
der Wirtschaft. Löpfe suggerierte damit, in den Schlafzimmern der
Reichen würden sich Geldkoffer stapeln. Tatsächlich ist ihr
Vermögen aber zum allergrössten Teil im Wirtschaftskreislauf
investiert. Viele Reiche sind Unternehmer, die es aus eigener Leistung
zu viel Wohlstand geschafft haben - zum Beispiel der
hundertjährige Auto- und Softwarehändler Walter Haefner. Ihr
Geld steckt zum grossen Teil in der eigenen Firma und ermöglicht
so Arbeitsplätze. Aber auch Reiche ohne eigene Firma haben ihr
Vermögen vorwiegend in Wertpapieren und Beteiligungen angelegt -
nur so wirft es etwas ab.
Kapital, das zur Verfügung gestellt wird, ist eine
der
tragenden Voraussetzungen unseres Wirtschaftssystems. Nur wenn
genügend Geld bereitsteht, um wirtschaftliche Wagnisse einzugehen,
sind Innovation und Fortschritt möglich und entstehen
Arbeitsplätze. Risikokapital muss von Leuten (und Unternehmen)
kommen, die den Verlust dieses Kapitals notfalls verkraften
können. Wer kaum etwas hat, kann sich keine Experimente leisten.
Die Anhäufung von Vermögen ist somit zwingend. Eine
Gesellschaft, die zu viel Geld für den Konsum ausgibt, aber zu
wenig spart, gerät in massive Probleme - wie das Beispiel der USA
zeigt.
Der berühmte Ökonom Friedrich von Hayek stellte
1952
fest, dass Reichtum die Voraussetzung für die Entwicklung von
Technik in der westlichen Welt gewesen sei. Er schrieb: "Kann ein
ernster Zweifel darüber bestehen, dass wir nicht annähernd so
weit wären, wenn irgendeine Weltbehörde eine
gleichmässige Verteilung der Einkommen erzwungen hätte?" Der
wirtschaftliche Fortschritt sei vielmehr dadurch möglich geworden,
"dass die kostspielige Periode der Experimentation zunächst von
einer kleinen privilegierten Schicht bestritten wurde".
Laut dem World Economic Forum ist die Schweiz das
wettbewerbsfähigste Land der Welt. Der Reichtum hierzulande ist
eine Voraussetzung dafür.
3 Der Konsum
Leute mit hohem Einkommen geben weit mehr aus als Leute
mit
tiefem Einkommen. Ein Indikator dafür ist die Mehrwertsteuer, die
(einigermassen) proportional zum Konsum anfällt. Diejenigen 20
Prozent der Haushalte mit dem höchsten Einkommen leisten etwa
viermal mehr Mehrwertsteuer als die 20 Prozent mit dem tiefsten
Einkommen - ihr Konsum ist also viermal höher. Damit
ermöglichen Reiche Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. Man
kann zwar argumentieren, dass der Konsum der gesamten Bevölkerung
wohl höher wäre, wenn Vermögen und Einkommen
gleichmässiger verteilt wären. Allerdings liegt dieser
Überlegung wiederum die falsche Annahme zugrunde, dass
Volkseinkommen und Volksvermögen beschränkt sind. Wird der
Reichtum vermehrt - durch höhere Leistung der einheimischen
Bevölkerung oder durch Zuzug von Wohlhabenden -, steigt auch der
Konsum insgesamt.
Reiche geben aber nicht nur mehr Geld aus. Sie geben es
auch
anders aus. "Reichere Leute konsumieren mehr innovative Produkte, die
am Anfang ihres Produktezyklus stehen", stellt der Berner
Ökonomieprofessor Reto Föllmi fest. Nur wer genügend
Geld hat, kann sich das modernste Handy, das neueste Auto oder die
trendigste Mode leisten. Das Konsumverhalten der Reichen fördert
Innovation also speziell, was letztlich wiederum der ganzen
Volkswirtschaft nützt.
4 Die Mäzene
Viele Reiche geben Geld für wohltätige und
gemeinnützige Zwecke aus. Der vor einigen Tagen verstorbene
Unternehmer Branco Weiss spendete vor sechs Jahren der ETH Zürich
23 Millionen Franken für ein neues Wissenschaftszentrum für
Informationstechnologien (siehe auch Seite 30). Bern konnte 2005 dank
privater Finanzierung das 125 Millionen teure Zentrum Paul Klee
eröffnen. In Basel wurde im letzten März bekannt, dass die
Basler Mäzenin Maja Oeri 50 Millionen Franken für die
Erweiterung des Basler Kunstmuseums spendet. Allgemein dürften
Reiche überproportional an den 1,3 bis 1,6 Milliarden Franken
beteiligt sein, die in der Schweiz jedes Jahr von Privatpersonen
für wohltätige Zwecke gespendet werden.
Ein Indikator für das Mäzenatentum Wohlhabender
sind
Stiftungen. Im eidgenössischen Handelsregister waren Ende 2009
über 12 000 gemeinnützige Stiftungen eingetragen. Ihr totales
Kapital betrug zwischen 40 und 80 Milliarden Franken. Das Centrum
für Philanthropie und Stiftungswesen der Universität Basel
schätzt die Fördersumme, die jedes Jahr von diesen Stiftungen
ausgeschüttet wird, auf 1 bis 1,5 Milliarden Franken. Die Zahl der
Stiftungen nimmt immer schneller zu: Heute entstehen jährlich etwa
400 neue Stiftungen - doppelt so viele wie vor zwanzig Jahren.
5 Die Perspektive für Randregionen
Kantone und Kommunen, die abseits der grossen Zentren
liegen und
höchstens schöne Wohnlagen zu bieten haben, erhalten dank dem
Steuerwettbewerb neue Chancen. Mit tiefen Steuersätzen können
sie fehlende Zentrumsleistungen und weite Arbeitswege ausgleichen. So
schafft es zum Beispiel der bergige Kanton Obwalden mit einigem Erfolg,
Gutverdienende und Vermögende anzuziehen. Kann ein Kanton
besonders viele Reiche anlocken (zum Beispiel wohlhabende
Ausländer), profitiert davon wegen des Finanzausgleichs die ganze
Schweiz. So bezahlt der Kanton Zug als ausgesprochenes Steuerparadies
im kommenden Jahr voraussichtlich 2230 Franken pro Einwohner in den
Finanzausgleich.
6 Ausserordentliche Leistungen
In einer intakten Wettbewerbsgesellschaft besteht die
Chance
für viele, dank Einsatz, Geschick und Glück unermesslich
reich zu werden. Das spornt zu ausserordentlichen Leistungen an: Kaum
ein Unternehmer wird jahrzehntelang seine ganze Zeit und sein ganzes
Geld in die eigene Firma stecken, wenn er nicht die Aussicht auf
Wohlstand und Reichtum für sich, seine Familie und seine
Nachkommen hat.
Eine Gesellschaft, die sich wirtschaftlich und kulturell
weiterentwickeln will, ist aber auf ausserordentliche Anstrengungen
Einzelner angewiesen. Werden die Erfolgreichen und Gutverdienenden
unisono als Abzocker beschimpft und finanziell bestraft, schwindet
jedoch ihr Elan und ihre Motivation - zum Schaden der ganzen
Gesellschaft.
Laut Boris Zürcher, Chefökonom von Avenir
Suisse, weist
die Schweiz im internationalen Vergleich eine relativ hohe
Einkommensmobilität auf. Das bedeutet, dass das Einkommen des
Einzelnen vergleichsweise stark von der eigenen Bildung und Leistung
abhängt und weniger von der familiären Herkunft. Mit anderen
Worten: In der Schweiz kann man auf einen grünen Zweig kommen,
wenn man sich anstrengt. "In einer Gesellschaft, die dem Einzelnen den
Aufstieg ermöglicht, kann auch mehr Verteilungsungleichheit
akzeptiert werden", stellt Zürcher fest.
Gerecht, aber arm
Oft wird beklagt, der Zuzug von Reichen lasse die
Immobilienpreise übermässig steigen, was den durchschnittlich
Verdienenden immer mehr aufs Portemonnaie drücke. Für einige
Standorte, namentlich am Zürichsee, in der Innerschweiz und am
Genfersee, mag es zutreffen, dass Wohneigentum für Normalverdiener
kaum mehr erschwinglich ist. Allgemein stiegen die Immobilienpreise in
der Schweiz in den letzten Jahren aber weniger stark als in den meisten
anderen Industriestaaten - trotz der hohen Millionärsdichte.
Selbst wenn der Zuzug von Reichen ein Stück weit an
steigenden Immobilienpreisen in der Schweiz schuld sein sollte,
überwiegt der gesellschaftliche Nutzen von Vermögenden immer
noch stark. Wer Reichtum prinzipiell als Problem erachtet und darum
bekämpft, sägt letztlich am Ast, auf dem der Wohlstand dieses
Landes wesentlich beruht. Der Kreuzzug gegen Reiche hat sich zwar mehr
"Gerechtigkeit" auf die Fahnen geschrieben. Ob eine Gesellschaft aber
gerecht ist, in der alle gleicher und ärmer sind, sei
dahingestellt.
--
Kampagnen
"Linker Alltagsstress"
Der Soziologe Ueli Mäder prangert die Reichen an. Wie
kommt
der staatlich besoldete Professor dazu?
Von Daniel Glaus
Das Buch ist ein Kassenschlager: "Wie Reiche denken und
lenken"
wurde in den ersten zwei Tagen 3000-mal verkauft, kürzlich ging
die zweite Auflage in den Druck. Der Basler Soziologe und Psychologe
Ueli Mäder scheint einen Nerv getroffen zu haben.
In seiner Studie, erschienen beim linksgerichteten
Rotpunkt-Verlag, schreibt er, die Schweiz habe die dritthöchste
Milliardärsdichte der Welt. Drei Prozent der Bevölkerung
versteuerten gleich viel Vermögen wie die restlichen 97 Prozent.
Für Mäder ist klar: Die "Schere zwischen Arm und Reich ist
massiv aufgegangen". Er beschreibt, wie "die Reichen" - für ihn
Personen mit einem Vermögen von über 30 Millionen Franken -
sich "abschotten" mit eigenen Privatschulen, Läden und Skipisten.
In einem Interviewteil kommen 34 Reiche zu Wort. "Ich habe noch selten
so viel Negatives über Reiche gehört wie in den
Gesprächen mit Reichen", sagt Mäder im Tonfall des
einfühlsamen Seelsorgers. Sein Befund ist drastisch: "Wir kommen
weg vom meritokratischen Leistungsprinzip und bewegen uns Richtung
Oligarchie und Feudalismus." Wer ist der Mann? Wie kam er zu solchen
Einschätzungen?
Der 59-jährige Professor der Universität Basel
hat sich
mit "Armutsstudien" einen Namen gemacht. Er gilt als Experte für
"soziale Ungleichheiten", Verdingkinder und Gewalt. Allesamt Themen,
die Mäder aus einer bewegten Vergangenheit mitbekommen hat: Der
Sohn einer Aushilfsverkäuferin und eines Fabrikmetzgers ist
geprägt von 1968. Nach der Wirtschaftsmatur studierte er
Soziologie, Psychologie und Philosophie, arbeitete als
Geschäftsführer einer Entwicklungsorganisation und spielte in
der Nationalliga A Handball.
Keine "sanfte Tour"
Mit gut dreissig schrieb er das autobiografische Buch
"Sepp. Ein
Männerbericht". Sepp führt zwar ein alternatives Leben - er
arbeitet halbtags als Sekretär bei einer Organisation für
Entwicklungsfragen und kümmert sich in der übrigen Zeit um
Haushalt und Kinder. Aber mit seinem Leistungszwang gleicht er eher
einem Manager als einem Aussteiger. Sepp eilt von Sitzung zu Sitzung,
von Vortrag zu Vortrag und an politische Versammlungen. Während er
Kinder hütet, schreibt er Artikel, seiner Frau drückt er die
Türklinke in die Hand. Von "Musse und Vergnügen" träume
Sepp zwar, hiess es 1983 in der Rezension der Basler Zeitung, doch "im
linken Alltagsstress verkommen diese Ideale zu Worthülsen".
Der unermüdliche, bisweilen von missionarischem Eifer
getriebene Mäder schaffte es ins Kantonsparlament: Für die
Progressiven Organisationen Basel (POB) sass er im Grossen Rat. Als die
POB aufgelöst wurden, war Mäder Gründungsmitglied von
"Basels starker Alternative", kurz "Basta!". Politik am linken Rand.
Der Soziologe und Linksparlamentarier avancierte zum
"Experten":
Im "Fest-Spezial" der Schweizer Woche äusserte er sich Mitte der
neunziger Jahre etwa zum Thema "Schweizer sind keine ‹Festmuffel›".
"Der Calvinismus steckt uns tief in den Knochen. Wir haben Mühe
mit Formen von Glückseligkeit. Die jungen Leute haben es da
einfacher. Es fällt ihnen leichter, spontan lustig und
fröhlich zu sein. Sie haben noch nicht den biederen, bitteren
Ernst von uns Erwachsenen", sagte er. Zur Jugendgewalt meinte
Mäder 1997 in der Schweizer Familie: "Kinder, die geschlagen
wurden, schlagen später zurück. Deshalb gilt die Familie als
Keimzelle der Gewalt."
Im Grossen Rat unterstützte er die Forderung einer
"Gewaltsteuer für alle Männer". Die Frauenliste Basel
forderte 1997 eine solche Zusatzsteuer, um eine Studie zur "Kostenfolge
von Gewalttaten für das Gemeinwesen aus einer
geschlechterdifferenzierten Optik" zu finanzieren. Der Vorstoss kam
nicht durch. Mäder in der BaZ: "Mir geht es gegen den Strich, mir
lange zu überlegen, wie ich es diplomatisch am besten anstelle,
die Auseinandersetzung mit der Gewaltproblematik den Männern
schmackhaft zu machen. Gerade in einem so tabuisierten Themenbereich
führt uns die ‹sanfte Tour› alleine nicht weiter."
Die "sanfte Tour" ist auch heute nicht Mäders Masche.
Reichtum sieht er als etwas Problematisches an. Man bekommt den
Eindruck, dass es dem Mittelstand und "den Armen" besser ginge, wenn
man den Reichen nur mehr wegnehmen würde. Auf Anfrage relativiert
Mäder: "Natürlich haben Armut und Reichtum viel miteinander
zu tun. Aber nicht als Nullsummenspiel. Wenn jemand reich ist, dann ist
deswegen nicht automatisch eine andere Person arm. Aber bei uns
profitieren viele Reiche davon, dass andere so wenig verdienen." Bei
der Verteilung hapere es. "Die einen haben zu viel, andere zu wenig.
Das bringt Leid mit sich. Auch Spannungen. Wenn der Reichtum besser
verteilt wäre, gäbe es in vielen Familien weniger Stress."
Mäders Konzept: "Ich würde zuerst die unteren Löhne
anheben und allen Jugendlichen eine Ausbildung ermöglichen."
Mäders Streitschrift liefert geistige Munition für die linke
Steuerinitiative, mit der Besserverdiener geschröpft werden sollen.
Ueli Mäder: Wie Reiche denken und lenken.
Rotpunktverlag.
448 S., Fr. 38.
--
Editorial
Linke Professoren
Die schludrige SP-Propaganda des Basler Soziologen Ueli
Mäder. Und: Warum die Schweiz wirklich reich wurde.
Von Roger Köppel
Wie falsch und schludrig dürfen staatlich besoldete
Hochschulprofessoren forschen? Wie viel linke Ideologie kann unter dem
Deckmantel der Wissenschaft verbreitet werden? Unter grossem Jubel, vom
Tages- Anzeiger bis zur NZZ am Sonntag, von der Basler Zeitung bis zum
Berner Bund, trägt der Basler Soziologieprofessor Ueli Mäder,
ehemals Kommunist, derzeit seine jüngsten Studien zum
verderblichen Einfluss der Schweizer Reichen vor. Auf seinem Triumphzug
durch die Zeitungen bleiben ihm kritische Fragen erspart, und selbst
wenn er offenherzig zugibt, seine mit Steuergeldern finanzierte Arbeit
diene der Unterstützung der SP-Initiative zur Vertreibung der
Wohlhabenden, schlägt ihm nicht Skepsis, sondern Freundlichkeit
entgegen. Stellen wir uns nur für einen Moment vor, was mit einem
Soziologen passierte, der eine Studie über
Ausländerkriminalität herausbringen und vor Reportern
Sympathien für die aktuelle Ausschaffungsinitiative der SVP
enthüllen würde. Der Mann, den es bezeichnenderweise nicht
gibt, würde von einem Tsunami der Empörung aus dem Amt
gefegt. Rechte Neigungen kommen akademischem Selbstmord gleich.
Mäders Thesen sind eine Mischung aus Statistiken,
Interviews
und linkem Stammtisch: Der Wohlstand der Schweiz ist für den
Soziologen nicht die Frucht von harter Arbeit, unternehmerischem
Pioniergeist und einem Staatsaufbau, der Eigenverantwortung und
Freiheit fordert. Mäder sieht die Schweiz vielmehr als
Parasitenstaat, der seinen Reichtum mit mafiosen Methoden
zusammenräuberte: Am Anfang waren die Söldner, die im Ausland
Beute machten. Dann kamen die patrizischen Oberschichten, die ihr Geld
auf Kosten ihrer Untertanen rafften. Die Industrialisierung brachte den
Unternehmern Geld dank Kinderarbeit und Sklavenhandel. Im 20.
Jahrhundert profitierte die Schweiz von zwei Weltkriegen, den Nazis,
der Apartheid, den gehorteten Milliarden ausländischer Tyrannen
und der wilden Gier kranker Spekulanten, die von der
eidgenössischen Finanzaufsicht gedeckt werden. Ehrliche
Unternehmer kommen bei Mäder kaum vor, dafür liegt die Macht
heute in den Händen einer Oligarchie der Erben in einer Schweiz am
Rande des Feudalismus. Dass die düstere Aufzählung lediglich
in die Forderung nach höheren Steuern mündet,
überrascht, Mäder hätte konsequenterweise für
Enteignung plädieren müssen.
Was ist die Theorie wert? Nicht viel. Das zeigt sich an
den
Details. Die grossräumigen Deutungen sind gespickt mit
Faktenfehlern. Auf Seite 44 beschreibt Mäder den Aufstieg des
Industriellen Christoph Blocher: "Der Pfarrersohn, der vor seinem
Betriebswirtschaftsstudium eine Ausbildung zum Landwirt gemacht hatte .
. ." Falsch: Blocher studierte nicht Wirtschaft, sondern Recht. In
einem anderen Kapitel wird der Werdegang des früheren CEO der UBS,
Marcel Rohner, dargestellt. Seite 105: "Bekannt sind auch Urs Rohner,
Präsident der Credit Suisse, sowie Marcel Rohner, ehemaliger
Konzernchef der UBS und heute CEO der Uhrenfirma IWC." Wieder falsch:
Nicht Marcel Rohner, sondern Georges Kern heisst der Chef der
Luxusmarke aus Schaffhausen. Schliesslich kommt Mäder auch auf die
Weltwoche zu sprechen und den Verfasser dieser Zeilen. Auf Seite 158
heisst es: "Bei der Weltwoche hat das finanzielle Engagement des
rechtskonservativen Christoph Blocher die entsprechende Ideologisierung
verstärkt." Nochmals falsch: Blocher ist mit keinem Rappen an der
Weltwoche beteiligt. Das Blatt ist im Alleinbesitz des Chefredaktors,
dessen unternehmerische Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit
der Staatsangestellte Mäder mit Unwahrheiten diskreditieren
möchte. Wie schludrig darf ein Professor forschen? Wie blind sind
unsere Bildungsbehörden auf ihrem linken Auge, wenn das Fach
Soziologie zum Instrument politischer Agitation unter dem Deckmantel
der Wissenschaft verkommt?
Den am Thema wirklich Interessierten sei der grosse
Klassiker der
Schweizer Reichtumsforschung zur Lektüre empfohlen: "Das heimliche
Imperium" des früheren Weltwoche-Leitartiklers Lorenz Stucki
liefert kein unkritisches, aber ein realistischeres Bild der
Wohlstandsentwicklung in diesem Land. Für Stucki waren
abenteuerlustige Pioniere, puritanisch veranlagte Schwerarbeiter
für den Aufstieg verantwortlich. Leute, die den Mut besassen, ihre
Existenz aufs Spiel zu setzen für unternehmerischen Erfolg.
Zwischen der Französischen Revolution und dem Ersten Weltkrieg
wurden die Grundlagen geschaffen für ein "heimliches Imperium", in
dem Stucki vor allem eine Kraft am Wirken sah: "Den Perfektionismus,
die Zähigkeit, den oft bis zur Sturheit getriebenen Willen, es
nicht beim halbbatzigen, nicht einmal beim
Fünfundneunzigprozentigen bewenden zu lassen, diesen Willen, ohne
den es keine Spitzenqualität gibt." Die Schweiz wurde erfolgreich
durch die Not, aus kargen Lebensumständen das Beste herauszuholen
im Sinne einer einzigartigen Nischenpolitik.
Neben Tüchtigkeit und Fleiss ermöglichte eine an
Geiz
grenzende Sparsamkeit die für den industriellen Aufschwung
nötige Kapitalbildung. Die Schweiz verfuhr nach dem Prinzip der
Verlässlichkeit und der perfekten Dienstleistung, die nichts so
sehr illustriert wie die Karriere des Walliser Oberkellners Cäsar
Ritz, der zum Stammvater der modernen Luxushotellerie avancierte. Wer
Stuckis Studie liest, gewinnt das Bild eines Landes, das wie eine
hervorragende Privatbank funktionierte: diskret im Aussenauftritt,
peinlich bedacht, kein Aufsehen zu erregen, weltoffen und bauernschlau,
wenn es um die Schaffung von Reichtümern ging. Interessanterweise
kommt der Staat bei Stucki nur insofern vor, als er sich aus den
Angelegenheiten der Bürger weitgehend heraushielt, um sich auf
seine Kernfunktionen zu beschränken. Gerade dadurch schuf er die
Voraussetzungen für politische, religiöse und
unternehmerische Freiheiten, die "gewaltige schöpferische
Kräfte freisetzten", die dann schrittweise zurückgefahren
wurden. Der Glaube an den Staat habe, so Stucki 1968, den Glauben "an
die unbegrenzte Freiheit der Leistung" ersetzt.
Wer meint, die Schweiz werde dadurch reicher, dass man die
Reichen durch höhere Steuern ärmer macht, muss Stucki lesen.
Der brillante Autor hätte die SP-Initiative fulminant zerlegt.
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G20 SÜDKOREA
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Telepolis 29.10.10
Ex-Soldaten drohen mit militanten Protesten
Matthias Monroy 29.10.2010
Verrückte Welt in Südkorea: Der anstehende G20-Gipfel
wird
ein neues Superlativ mit noch mehr Polizei und militanten
Demonstrationen
Pensionierte Soldaten wollen angeblich Tanker und Tanklaster in
Brand
setzen, um für höhere Pensionen zu kämpfen. 50.000
Polizisten und noch mehr Soldaten sollen jetzt mobilisiert werden.
Südkorea folgt den auch in Westeuropa üblich gewordenen
Standards bei Gipfelprotesten: Gesetzesänderungen,
weiträumige Absperrungen, Datentausch und Reisesperren für
Demonstranten.
(...)
Kriminalisierung von Protest
Die Europäische Union betreibt mit "EU-SEC II" ein
Forschungsprogramm zu vorsorglichen Maßnahmen gegen
Gipfelproteste. Ein daraus entstandenes Handbuch rät, hohe
Festnahmequoten zu erzielen, die Informationshoheit in Massenmedien
nicht zu verlieren sowie vor und nach Protesten Daten zu tauschen.
(...)
Mehr: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33559/1.html
---
http://www.statewatch.org/news/2007/jan/eu-sec-handbook-int-events.pdf
NOTE
from : Presidency
to : Police Cooperation Working Party
No. prev. doc. : 12798/06 ENFOPOL 153
5744/1/04 REV 1 ENFOPOL 14
12637/3/02 REV 3 ENFOPOL 123
Subject: Security handbook for the use of police authorities and
services at international
events
Introduction
1. The current document sets out a proposal for a security
handbook for
the use of police
authorities and services at international events, which
integrates the
2001 Security Handbook
for the use of police authorities and services at international
events
such as meetings of the
European Council and the 2004 Handbook for the cooperation
between MS
to avoid terrorist
acts at the Olympic Games and comparable sporting events. The
"football
handbook", a
revised version of which was approved by the Council on 4-5
December
2006 has not been
integrated.
Mehr: http://www.statewatch.org/news/2007/jan/eu-sec-handbook-int-events.pdf
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ANTI-ATOM
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20 Minuten 4.11.10
AKW-Befürworter ziehen in den Abstimmungskampf
BERN. Mit einer höchst umstrittenen Aussage ziehen
die
Gegner der Atomausstiegsinitiative EnergieWendeBern in den
Abstimmungskampf: Bei einem Ja würden sich die Strompreise
verdoppeln, behauptet ein Komitee aus Vertretern der FDP, SVP und
Wirtschaftsverbänden auf Flyern und Plakaten. Das Stadtberner
Stimmvolk entscheidet am 28. November, ob es ab 2030 oder 2039
vollständig auf Atomstrom verzichten will.
---
BZ 4.11.10
Energiewende
Die Gegner werben für Doppel-Nein
Für die Gegner der Initiative "Energiewende Bern" ist
der
völlige Verzicht auf Atomstrom in den nächsten 30 Jahren "ein
Ding der Unmöglichkeit". Werde der Ausstieg erzwungen, drohe eine
happige Erhöhung des Strompreises.
Ab 2031 soll die Stadt Bern gänzlich ohne Atomstrom
auskommen. Das wollen die rot-grünen Initianten der "Energiewende
Bern" gesetzlich festschreiben. Etwas mehr Zeit - bis 2039 - will sich
der Gemeinderat mit dem Ausstieg aus der Kernenergie lassen. Sein
Gegenvorschlag deckt sich mit der Strategie der stadteigenen
Energieversorgerin Energie Wasser Bern (EWB).
Für ein Nein zu beiden Ausstiegsvarianten kämpft
ein
bürgerliches Komitee, das gestern seine Argumente
präsentierte. Die Gegner aus FDP, SVP, BDP und allen Berner
Wirtschaftsverbänden argumentieren hauptsächlich damit, dass
ein erzwungener Wechsel von Atomstrom zu erneuerbaren Energien zu einer
happigen Erhöhung des Strompreises führen würde. Dieser
würde sich verdoppeln, behaupten die Gegner.
Als Grundlage für seine Berechnungen nahm das Komitee
eine
von Kernkraftgegnern in Auftrag gegebene Studie für die gesamte
Schweiz sowie Aussagen von EWB-Chef Daniel Schafer. Eine rein bernische
Studie gebe es nicht, räumte Stadtrat Bernhard Eicher (JF) ein.
Aber: "Wir haben tonnenweise Indizien, dass sich der Strompreis massiv
erhöhen wird." Das sei auch logisch, argumentierte Eicher:
"Fällt die günstigste Energie, der Atomstrom, weg und muss
durch viel teurere Wind- oder Solarenergie ersetzt werden, spüren
das die Konsumenten in ihren Portemonnaies."
Auch die bürgerliche Seite setze sich dafür ein,
dass
vermehrt erneuerbare Energien genutzt würden, betonte BDP-Grossrat
Mathias Tromp. "Der Ersatz von Atomstrom ist von uns nicht bestritten.
Man darf ihn aber nicht gesetzlich festschreiben." Es sei "ein Ding der
Unmöglichkeit", dass EWB in den nächsten 20 oder 30 Jahren
sämtliche Beteiligungen an Kernkraftwerken aufgebe. Tromp
plädierte dafür, weiterhin auf den "bewährten Mix" von
Atomstrom und alternativen Energien zu setzen.
Auch im Grossen Rat werde er sich für ein neues
Kernkraftwerk in Mühleberg einsetzen, sagte Tromp. Es sei doch
sinnvoller, in der Schweiz "sauber" produzierten Atomstrom zu kaufen
als im Ausland Energie, welche in der CO2-Bilanz deutlich schlechter
abschneide.
mm
---
NZZ 4.11.10
Die EU verlangt Pläne für Atommüll-Endlager
Harmonisierte Sicherheitsstandards für
hochradioaktive
Abfälle
Die EU-Kommission schlägt ein Gesetz vor, in dem die
Mitgliedstaaten gezwungen werden, bis in vier Jahren verbindliche
Pläne für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in
tiefen geologischen Schichten vorzulegen.
Peter Winkler, Brüssel
Mehr als 50 Jahre nach der Inbetriebnahme des ersten
Atomkraftwerks auf dem Gebiet der heutigen EU existiert noch in keinem
Mitgliedstaat ein Endlager für hochradioaktive Abfälle aus
solchen Reaktoren, aber auch aus der Forschung und der Medizin. Es sei
der Studien, Debatten und Diskussionen nun genug, meint die
Brüsseler EU-Kommission. Sie will die Mitgliedstaaten mit einer
neuen Richtlinie zwingen, die Planung solcher Endlager in tiefen
geologischen Schichten innert vier Jahren nach der Verabschiedung der
Richtlinie konkret und verbindlich an die Hand zu nehmen.
Pläne erst in drei Ländern
Die 143 Kernkraftwerke, die in 14 EU-Mitgliedstaaten in
Betrieb
sind, produzieren laut der Kommission im Schnitt rund 7000 Kubikmeter
hochradioaktiven Abfall pro Jahr. Dazu kommen ausgebrannte
Brennelemente und Abfälle aus Medizin und Forschung. Bis jetzt
haben erst drei Mitgliedstaaten - Finnland, Frankreich und Schweden -
konkrete Pläne, Endlager zwischen 2020 und 2025 in Betrieb zu
nehmen.
Die neue Richtlinie, die vom Rat der Mitgliedstaaten
verabschiedet werden muss, setzt den Mitgliedstaaten keine eigene
Zeitlimite, auch keine Vorgaben für die geografische Lage. Sie
zwingt die EU-Staaten aber, verbindliche Pläne auszuarbeiten, wo,
wie und in welchen Etappen sie Endlager bauen wollen und wie diese
finanziert werden. Die Kommission kann solche Pläne zur
Überarbeitung an den Absender zurückweisen. Zur Finanzierung
von Endlagern empfahl Brüssel bereits 2006, Betreiber von
Kernkraftwerken sollten drei bis vier Prozent der Kosten der
Stromerzeugung zu diesem Zweck beiseitelegen.
Einklagbare Standards
Mitgliedstaaten dürfen sich gemäss dem
Richtlinienentwurf für den Bau und Betrieb eines Endlagers
zusammentun. Doch der Export von Atommüll aus der EU hinaus soll
grundsätzlich verboten werden. Aus- und Wiedereinfuhr zum Zweck
der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente dagegen bleiben
erlaubt. Heute werden hochradioaktive Abfälle in temporären
Anlagen, meist in der Nähe von Atomkraftwerken, zwischengelagert.
Diese stellen in der Einschätzung der Kommission aber auch ein
Sicherheitsrisiko dar, da sie entweder auf oder nur wenig unter der
Erdoberfläche angelegt sind.
Es bestehe ein breiter Konsens in der Wissenschaft, dass
die
Lagerung in tiefen geologischen Schichten die sicherste Methode
für die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle sei. Eine
einheitliche Tiefe wird nicht vorgeschrieben, da die geologischen
Umstände überall verschieden seien. Das einzige Kriterium
soll Sicherheit sein, die auch ohne aktive Überwachung gewahrt
bleiben soll. Die neue Richtlinie will dazu internationale Standards
der Atomenergieagentur in EU-Recht übernehmen und damit einklagbar
machen.