MEDIENSPIEGEL
10. - 16. OKTOBER 2011
kulturstattbern.derbund.ch 16.10.11
Schwiegersöhne für Mamma Monster
Von Ruth Kofmel am Sonntag, den 16. Oktober 2011, um 13:33 Uhr
Gestern im Dachstock
waren The Monsters
zwecks Plattentaufe zu hören. Eine, so kann man mit gutem Gewissen
sagen, äusserst hartnäckige Band, gibt es sie denn seit fast
25 Jahren.
Anders gesagt, schart der Frontmann Beat-Man seit 1986 gewillte
Männer
um sich, die seiner heftig geliebten Musik, die er mit 60ies
Garage Punk, Wild Teenage Trash Rockabilly and Primitive Rock‘n‘Roll
umschreibt, jeweils Geburtshilfe leisten.
Songs auf die Welt stellen, das machen sie live wie auf Platte ("Pop Up Yours")
äusserst gekonnt. Beat-Man gibt am Konzert den
charmanten Conférencier, der die Magenverstimmung des
tatsächlich fahlgesichtigen Bassisten als Running Gag
ausschlachtet. Die zwei Männer am Klonschlagzeug
(was das genau ist, lesen Sie bitte hier
nach) sehen aus wie Schwiegermamas-Lieblinge und sind auch sonst
ausgesprochen treffsicher, was wiederum sehr gut tönt. Der Bassist
hat
ein grosses Talent, im richtigen Moment virtuos und
musikalisch zu schreien und es mag an der Magenverstimmung
gelegen haben, aber das klang sehr glaubwürdig.
Und auch wenn Beat-Man gerne tiefstapelt und sogar auf dem
Konzertplakat "a night with no hits, no melody and no skills
to shake your ass to"
ankündigt, stimmt so nur Letzteres, denn, da waren natürlich
Hits zu
hören, was am zahlreichen und mitsingenden (manche davon taten das
sogar in perfekter Imitation von Beat-Mans Stimme) Publikum
festzumachen war, Melodien gab es zu Hauf und spielen können die
eben
auch - da ist einfach zu viel Tempo drin, als dass man denn jegliche
Fingerfertigkeit und Präzision in den Wind schiessen könnte.
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20 Minuten 14.10.11
Pfarrer lässt die Puppen tanzen
Sa, 15.10., 22 Uhr, The Monsters - Albumtaufe, Dachstock.
GARAGE-PUNK. Eine laute und wilde Party ist garantiert: Reverend
Beat-Man und seine Schäfchen von The Monsters bitten am Samstag
zur Plattentaufe von "Pop Up Yours" - das mittlerweile achte Album der
Berner Punk-Institution. Trotz 25 Jahren Bandgeschichte verloren die
wackeren Musiker auf dem neuesten Werk nichts von ihrer Wut,
Kreativität und Kompromisslosigkeit: Die Platte rockt wie eh und
je, glänzt mit geistreichen Songzeilen wie "Blow Um Mau Mau" und
schert sich einen Dreck um irgendwelche Trends. In den Worten der Band:
"Es ist 187% kein MTV- und Top-100-Shit!" Ausserdem sind die Herren
weltweit berühmt für ihre Liveshows. PEC
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Bund 14.10.11
Action Theatre London im Tojo
Schrumpfkur für den aufgeblasenen Zeitgeist
Eigentlich würden sie ja perfekt zusammenpassen. Der Mann
und die Frau, die eine Paarungsbörse im Internet
zusammengeführt hat. Mögen sie doch beide Tolstois
Meisterwerk "Krieg und Frieden". Er stellt sich als Pierre vor, sie
doppelt mit Natascha nach. Wobei ihm, dem bekennenden Pazifisten, der
erste Teil des Romans allerdings viel lieber ist. Sie dagegen steht
ganz klar auf Teil zwei. Wegen des Krieges.
Auch sonst sind da noch ein paar kleine Unterschiede zwischen den
beiden nicht mehr ganz jungen Turteltäubchen auszumachen. Doch zu
gefährlich ist die Situation, in der das ungleiche Paart bereits
bei seinem zweiten Date landet: ein Kajakunfall samt fünf toten
Frauen, ungeniessbare Sandwiches, Hunger und die Jagd auf einen weissen
Hasen katapultieren die beiden in eine Höhle. Dort stossen sie auf
Menschenknochen und die "Schrift der Darwina", ein Dokument, älter
als die Bibel, geschrieben auf Englisch und Chinesisch.Und
plötzlich stehen nicht mehr das fachgerechte Entfernen von
Blutegeln und die delikate Zubereitung von Fledermaus-Burgern ohne
Chips im Vordergrund. Jetzt gehts in ihrem Überlebenskampf ans
Eingemachte, an die Schöpfungsgeschichte, die umgeschrieben werden
und somit auch das ganz persönliche Sein oder Nichtsein neu
definiert werden will.
Ins finstere Herz der Zivilisation
Wie bereits in ihrer letzten Produktion "Dying for Oil, Gods and
iPods" (2010) zerlegen Arne Nannestad und Doraine Green vom Action
Theatre (Bern) in Zeiten grenzenloser Selbstentfaltung die ganz grossen
Fragen der Weltgeschichte in handtaschentaugliche Kapitel. Mit
minimalsten Mitteln - Moskitonetz und Rucksack - brechen die beiden in
"Peace - the Permanent War. Twitters from an Other Universe" zu einer
tollkühnen Exkursion ins finstere Herz der Zivilisation auf, das
einzig durch immer neue Erleuchtungen aufgehellt wird.
Und das ziemlich grell. Denn Doraine Green und Arne Nannestad
scheuen in ihrem Überlebenskampf auf der Tojo-Bühne keine
Tabus, alle demontieren sie in bewährter und hemdsärmliger
Do-it-yourself-Manier: Mythen werden geknackt, Götter entthront,
Seelen seziert, Zombies gefüttert und Insekten gegessen. Um Kopf
und Kragen reden sich die beiden in ihrem achtzigminütigen Dialog,
einem fulminanten Plädoyer für ganz persönliche
Überlebensstrategien.
Und je abstruser ihre Geschichten ausarten, desto
glaubwürdiger ist das Auftreten von Doraine Green und Arne
Nannestad, denen es einmal mehr gelingt, den aufgeblasenen Zeitgeist
gehörig zu schrumpfen.
Brigitta Niederhauser
Weitere Aufführungen: Heute und morgen, 14./15. Oktober,
jeweils um 20.30 Uhr im Tojo der Reitschule Bern.
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Aargauer Zeitung 14.10.11
La Cherga führt Balkan-Pop in eine neue Ära
La Cherga heisst die neue musikalische Sensation vom Balkan. Die
bekannte Mischung aus explosiver Balkanbrass, Jazz und Reggae wird bei
La Cherga um Drum ’n’ Bass, Rock, Funk, Soul und Electronica erweitert.
Angeführt von der charismatischen Sängerin Adisa Svekic sorgt
die kroatisch-bosnischmazedonisch-jamaikanische Band für
schweisstreibende Tanzgrooves und führt den Balkan-Pop in eine
neue Ära.
Stefan Künzli
La Cherga Revolve, Asphalt Tango. Live: 21. Okt. Dachstock Bern,
22. Okt. KiFF Aarau.
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10vor10 13.10.11
Polizisten an der Front
Jugendliche
machen jedes Wochenende die Strassen in Schweizer Städten
unsicher. Die
Polizisten sind im Dauereinsatz und müssen sich vieles gefallen
lassen.
"10vor10" hat die Berner Sicherheitspolizei an einem Samstagabend
begleitet.
http://videoportal.sf.tv/video?id=df39514e-9406-4134-b645-f84c7ce9d7d3
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kulturstattbern.derbund.ch 13.10.11
Kapitales Poetenkräftemessen
Von Manuel Gnos am Donnerstag, den 13. Oktober 2011, um 06:00 Uhr
Von
jungen Menschen lernen gesetztere Semester manchmal Erstaunliches. So
zum Beispiel gestern, als Ihr Berichterstatter (selbst in den
Enddreissigern) dem Capital Slam im Rössli
einen Besuch abstattete. "Fisten tut nur weh bis zum Handgelenk",
erklärte eine der Slammerinnen in der Pause nach der Vorrunde. Aha.
Ansonsten war Sex gestern kaum ein Thema in den Texten der
Wettkämpfer. Beliebt waren dagegen die Stoffe, die das Leben in
unseren Breiten- und Längengraden zusammenhalten: Liebe,
TV-Werbung und Apple. Gewonnen hat Patrick Armbruster
aus Winterthur, der unter Beweis stellte, was oft auffällt bei
dieser
Art von Poetenkräftemessen: Das Pulver wird in den Vorrunden
verschossen. Was dazu führt, dass die Finalrundentexte meist
merklich
abfallen gegenüber dem davor Gebotenen. Natürlich, irgendwie
muss man
es ja in die Endrunde schaffen, trotzdem ist das schade.
Item, Armbruster hat wohl letztlich gewonnen, weil er mit seinem
letzten Text näher an sein Einstiegsniveau herangelangte als
Martina
Hügi, seineGegenspielerin im Final. Sie hatte mit einem Text
über die
Liebe zu einem Leprakranken einen passablen Einstieg, bot dann aber im
Halbfinal einen Text dar, der zu meinem Liebling des Abends wurde: Mit
subtilem Wortwitz und deftigen Einfällen
persiflierte sie eine Dauerwerbesendung für die
Sterbehilfeorganisation
Dignitas, mit Angeboten von "stirb langsam bis ‘die hard’".
Leider ist dieser Text im Netz nirgends zu finden, dafür habe
ich für Sie ein Bild des Siegers:
http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/files/2011/10/P1060344.jpg
P.S. Diego Häberli, der im zweiten Teil durch den Abend
führte,
verspätete sich gestern etwas, weil er zusammen mit Alexander
Tschäppät
die 50. Ausgabe von Pixmix
in der Dampfzentrale eröffnen durfte. Von dort gibt es hier und
heute
leider kein Bericht, weil unsere Abgesandte kurzfristig unpässlich
war.
Sie dürfen uns aber gerne in den Kommentaren mitteilen, wie es war.
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Bund 13.10.11
The Monsters
Auf ein Gipfeli mit dem Monster
The Monsters präsentieren sich im 25. Jahr ihres Bestehens
in Höchstform. Ihr Garage-Rock ’n’ Roll ist auf dem Album "Pop up
Yours" primitiver und grossartiger denn je. Frontmann Beat-Man
erklärt warum.
Ane Hebeisen
Alles begann am 1. August 1986, einem sonnigen Freitag, an dem
keine nennenswerten Weltgeschichten geschrieben wurden. Etwa drei
Monate zuvor war in Tschernobyl immerhin ein Atomkraftwerk in die Luft
geflogen, YB war amtierender Schweizer Fussballmeister, und in den
Hitparaden der Schweiz wechselten sich Eros Ramazotti, Samantha Fox und
Elton John an der Spitze ab. Damit waren die drei jungen Herren
unzufrieden, die an ebendiesem 1. August 1986 in die
Kellerräumlichkeiten eines besetzten Hauses in Kehrsatz
hinunterstiegen, während draussen die ersten Raketen zur Feier des
695. Geburtstages der Schweiz gezündet wurden. Zweck der
Zusammenkunft: Gründung einer lauten Rockabilly-Punk-Band. Problem
dabei: Keiner der Beteiligten beherrschte ein Instrument. An diesem
Umstand scheiterte auch bald das Vorhaben, die Stücke alter Helden
nachzuspielen. Es musste einfacheres Liedgut ersonnen werden, Songs,
die dem Können der Band entsprachen, und so wurde an ebendiesem 1.
August 1986 die Gruppe The Monsters erfunden - die lauteste und beste
Rock-’n’-Roll-Garage-Punk-Thrash-Band der Schweiz.
Ungezügelte Party-Happenings
Beat-Mans Stimme ist merklich aufgeraut, als er an seinem
Frühstückstisch im Berner Wylerquartier die Geschichte seiner
Band erzählt. Er klingt ein bisschen wie ein Bandit in einem
verstaubten Westernfilm, isst dabei Mohngipfeli mit Käse und
versucht daneben seinen aufgeweckten Sohn Chet zu zähmen. Gerade
ist er von einer Monsters-Tournee durch halb Europa zurückgekehrt,
zwölf Konzerte in zwölf Tagen - ein aufreibendes Programm,
wenn man bedenkt, dass Monsters-Konzerte keine ordinären
Musikaufführungen, sondern ziemlich ungezügelte
Party-Happenings mit ebenso ungezügelten Fans sind. Beat-Man ist
Gitarrist und Sänger der Monsters, Letzteres nicht, weil er die
beste Stimme der Gründungsmitglieder hatte, sondern weil er am
lautesten singen konnte, was zu dieser Zeit weit wichtiger war.
"Irgendwann waren wir auf der Suche nach einem Kontrabassisten und
hatten vernommen, dass es im Kanton Aargau einen gebe, der die gleiche
Frisur hatte wie ich" erzählt Beat-Man. "Wir orderten ihn nach
Bern, nahmen ihn in unsere Band auf, fanden dann aber bald heraus, dass
er zwar einen Bass besass, diesen aber nicht spielen konnte. Am Ende
stand er hinter dem Bass, und wir drückten ihm die Finger dorthin,
wo wir den richtigen Ton wähnten. Er heisst Janosh und ist das
zweitälteste Bandmitglied der Monsters."
Geniale Dilettanten
Ansonsten hat die Formation einige personelle Mutationen erlebt.
Ein Instrument beherrsche er noch heute nicht, behauptet Beat-Man,
einen Migros-Gitarrenkurs habe er nach nur einer Lektion abgebrochen,
weil es ihm weniger auf die korrekte Harmonie als auf die rohe Energie
seines Instruments ankomme. Diesem Prinzip sind Beat-Man und The
Monsters bis heute treu geblieben, und auf der neuesten Einspielung
"Pop up Yours" (Voodoo Rhythm), die pünktlich zum
25-Jahr-Jubiläum der Band erschienen ist, wird ihm mit der
grösstmöglichen Inbrunst gefrönt. Es sind kurze,
prägnante und energetische Rock-’n’-Roll-Nummern, die hier auf den
Zuhörer lospreschen, einfach im Wortlaut, simpel in Wuchs und
Gestalt, aber in einer derartigen Wucht und Erregung dahingespielt,
dass keine Wünsche und auch keine Fragen offenbleiben. The
Monsters pferchen auf "Pop up Yours" den Rock ’n’ Roll auf seine
Grundstoffe zusammen: Primitiv, gradlinig, laut und aggressiv ist er
(die Sexyness wird seit je konsequent ausgeblendet), eher dem Instinkt
als der Harmonielehre folgend und im Kern - prägnanter denn je -
dem bitter-schwarzen Blues verpflichtet. Die Energie hat das Quartett
(plus Tonmann) auf seinem sechsten Studiowerk nicht gedrosselt, sondern
eher noch potenziert. Gewisse Songs präsentieren sich in
HiFi-Stereo inklusive Ohrwurm-Qualität, andere sind kunstvoll in
verrauschtem LoFi gehalten und scheppern und knarzen wie zu den
Anfangszeiten der Band.
Als Beat-Man vor 25 Jahren die Monsters gründete, war er
bereits eine auffällige Erscheinung in der Berner Subkultur. Einer
Szene zuzuordnen, war er nicht. Vor dem 1. August 1986 spielte er in
einer New-Wave-Band, man traf ihn an Punk-Festivitäten, und
über seiner Stirn trug er stets eine schmucke Rockabilly-Tolle. Es
war eine Zeit, in der alles möglich schien, die Dogmen des Punk
waren gefallen, das Experimentieren konnte beginnen. "Ich war schon
damals an den Wurzeln und an der Geschichte der Musik interessiert",
erzählt Beat-Man. "Ich bewunderte die Bands der Gegenwart,
erkannte aber, dass doch alles, was sie taten, auf den Blues und ganz
besonders auf den guten alten Robert Johnson zurückging."
Auf der anderen Seite seines musikalischen Spektrums fanden sich
Bands wie die Einstürzenden Neubauten oder Elektro-Blueser wie Jim
Foetus, die genialen Dilettanten des Post-Punk, von denen sich Beat-Man
und seine Mannschaft den Antrieb holten, ohne viel Können an einem
autarken Ausdruck zu werkeln. The Monsters sind Kinder dieser Epoche,
und auf "Pop up Yours" präsentiert sich die Band, die den Techno
und die Lounge-Musik überlebte, auf dem Höhepunkt ihres
Schaffens. Die Ansprüche der Musiker an sich selbst sind
gestiegen, von zehn neuen Songs schafft es laut Beat-Man nur gerade
einer aufs Album.
Mit aller Entschlossenheit
"The Monsters sind zu meiner musikalischen Heimat geworden", sagt
Beat-Man, der als Solokünstler ebenfalls auf der ganzen Welt
konzertiert und kürzlich gar einen Auftritt in einer
Jubiläumssendung von "Tracks" (Arte) absolvieren durfte (als
Einmannband in einem Wrestling-Ring, umrahmt von gut gebauten
Nackt-Performerinnen). "Wir sind eine Art Männerclub, wir treffen
uns jeden Montag zum Musizieren, zum Trinken und zum Führen von
Männergesprächen." Und The Monsters sind längst auch die
mit Abstand erfolgreichste Band des berüchtigten
Voodoo-Rhythm-Labels, das Beat-Man durch eine immer unwirtlicher
werdende Musiklandschaft steuert.
Bloss eines fuchst den Berner mit der heiseren Stimme über
Gebühr: Die Monsters-Auftritte in der Schweiz sind rar geworden,
weil Beat-Man in seinen Verträgen einen Lautstärken-Wert
festlegt, der mit der helvetischen Schall-Verordnung nicht ganz
harmoniert. "Unsere Musik muss laut und physisch erlebbar sein. Wenn
das nicht gewährleistet ist, trete ich nicht auf. Fertig,
Schluss." Und da ist sie wieder, diese wohltuende und im heimischen
Musikbusiness so rar gewordene Entschlossenheit, die das Schaffen des
Berners kennzeichnet. Eine Entschlossenheit, die auch in jeder Rille
des neuen Monsters-Album spür-, hör- und erlebbar wird. Man
möchte eine Rakete zünden, zur Feier des Tages.
Reitschule Dachstock Samstag, 15. Oktober, 22 Uhr.
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kulturagenda.be
13.10.11
Zwei Griffe für den Energieschub
Beat "Beat-Man" Zeller tauft in der Reitschule mit seiner
Garage-Punk-Band Monsters das neue Album, "Pop up Yours". Die Songs
darauf sind so was wie zu Traubenzucker kristallisierte Musikgeschichte.
"Die Energie ist noch dieselbe wie in den 80er-Jahren", sagt Beat
"Beat-Man" Zeller am Telefon. Zwar ist er hörbar auf den Felgen,
eben erst zurückgekehrt von einer Europatournee. Aber ebenso
hörbar ist: Dieser Mann steht noch immer unter Strom.
Verzerrte Gitarren, schreiender Beat-Man
Anders ginge das auch nicht, bei dem Hochspannungslärm, den die
Monsters seit einem Vierteljahrhundert produzieren: reduzierte Songs
mit lauten Gitarren, verzerrt bis ins Blecherne, mit dem schreienden
Sänger Beat-Man und mit dem hart rumpelnden Schlagzeug. Nein, mit
zwei hart rumpelnden Schlagzeugen. Die Monsters treten neuerdings mit
einer so ernannten Clone-Drum auf. Das sind zwei vis-à-vis
aufgestellte Schlagzeuge mit einer gemeinsamen Bassdrum, die von beiden
Seiten bespielt wird. "Wir kamen darauf, als wir damit rechneten, dass
Schlagzeuger Tübu aus Zeitnot nicht mit uns auftreten könnte.
Er ist schliesslich der Einzige mit einem richtigen Job." Der neue
Drummer sollte in die Songs eingeführt werden, doch weil die Musik
mit zwei Schlagzeugen noch besser tönte, entschloss sich die Band,
gleich so weiterzufahren. Jetzt tritt sie - falls es sich alle
einrichten können - mit den zusammengewachsenen
Schlagzeugküchen auf.
Lieder mit Traubenzuckerschub
Mit zwei oder drei Griffen kommen die meisten Songs des neuen Albums
"Pop up Yours" aus. Nummern wie "Blow Um Mau Mau" tönen wie die
eingekochte Garage-Rock-Geschichte der letzten Jahrzehnte.
Dröhnend, trashig, wild und mitreissend. Beat-Man strapaziert
dabei seine Stimmbänder, dass man sich schon fragt, wie das so
viele Jahre lang hat gut gehen können. Er beschränkt sich
dabei inhaltlich auf die drei Wörter im Songtitel. Nach 130
Sekunden ist der Spuk schon wieder vorbei, und es folgen weitere
Stückchen, die wie Traubenzucker schuben: kurz und heftig. Es sind
heitere bis unheimliche Kleinode, die, wie schon seit 25 Jahren und 5
Alben, den gemeinsamen Nenner haben: Sie sind total radiountauglich,
weil ungehobelt und ungeschliffen. Es sind Songs für Liebhaber.
Erschienen ist die neue Monsters-Scheibe bei Voodoo Rhythm Records -
Beat-Mans Label, versteht sich von selbst. Natürlich nicht nur auf
Plastik, sondern auch auf Vinyl - auch das ist bekanntlich eine
Liebhabersache.
Obwohl, nein, gerade weil Beat-Man nicht in erster Linie auf die
Verkäuflichkeit seiner Ware schaut, hat er sich im Zirkel der
Liebhaber rumpelnder Rockmusik grossen Respekt verschafft. Die
Unbeirrbarkeit Zellers ist gleichermassen bei seiner eigenen Musik zu
hören (neben den Monsters: unter anderem "Reverend Beat-Man" und
"Die Zorros") wie bei der Musik, die er mit seiner Plattenfirma
vertreibt. Was tun am
Montagabend? Üben!
Der gut vernetzte Beat-Man ist aber auch über sein eigenes
Gärtchen hinaus eine grosse Nummer. Mit den Techno- DJs Round
Table Knights nahm er letztes Jahr den Song "Cut to the Top" auf.
Sicher etwas vom Besten, das von der Schweiz aus auf die Reise
über die Tanzparkette dieser Welt geschickt wurde. Bei aller
Offenheit für musikalisches Fremdkochen - einem Jahrzehnte
überdauernden Team wie den Monsters sind feste Gewohnheiten nicht
a priori abträglich: "Wir üben seit 25 Jahren immer am
Montagabend."
Michael Feller
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \ \
Dachstock der Reitschule, Bern
Sa., 15.10., 22 Uhr. www.dachstock.ch
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BZ 13.10.11
Rock
Monster im Dachstock
Nach 25 Jahren Bandgeschichte tauft die Berner Band The Monsters
ihr achtes Album. Die Songs auf ihrer neuen Platte erinnern an die
frühen AC/CD oder UFO. Sie sind aufs Minimum reduziert, Beatman
singt, nein, schreit nur ein paar wenige Worte. Die Musik bleibt
konsequent laut und wild, doch ist sie primitiver denn je. Immer noch
scheissen die Grunge- und Punkmusiker auf Verkaufszahlen und etwaige
Trends.pd
Konzert und Plattentaufe:
Sa, 15. Oktober, Türöffnung 22 Uhr, Dachstock,
Reithalle, Bern.
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Bund 13.10.11
Busdriver
Sachverständiger für Surrealismus
Busdriver aus Los Angeles lotet die Möglichkeiten und
Unmöglichkeiten des Hip-Hop aus.
Die Ansage ist unmissverständlich: "Club Anthems, this is
what you want. Right? - Sorry, Fuckers." So leitete Regan Farquhar sein
letztes Album "Jhelli Beam" ein und machte unmissverständlich
klar, dass da einer keineswegs im Sinn hat, geläufige
Hip-Hop-Stereotypen wiederzukäuen. Und das Bedienen von
Hörgewohnheiten liess er dann auch ein ganzes Album lang
äusserst konsequent bleiben.
Busdriver gehört zu jener seltenen Spezies in der
Sprechgesangsszene, die die Möglichkeiten und - ganz besonders -
die Unmöglichkeiten des Genres auszuloten pflegen. Für die
ganz grosse Karriere steht ihm immer wieder sein Forschergeist und sein
etwas besonderer Humor im Wege. Seine Stimme wurde im Blues und im Folk
geschult, seine Skills an diversen Freestyle-Wettkämpfen
verfeinert - und seine Idee von Groove ist nicht mit einer simplen
Bassdrum und einer Snare zu bewerkstelligen.
Do-It-Yourself-Frickler
Die Beats von Busdriver holpern auch schon mal über den
Viervierteltakt hinaus, es kann auch vorkommen, dass er eine
Mozart-Partitur als Rap-Vorlage auswählt oder dass er die
unsorgfältig geschnittene Aufnahme einer Industriemaschine als
Taktgeber benutzt. Und wenn ihm der Sinn danach steht, erfindet er
kurzerhand das Genre des Stadion-Hip-Hops - mitsamt grossen Gesten,
dicken Hosen und ganz viel Ironie.
Im Kreise der amerikanischen Hip-Hop-Familie ist Busdriver der
Do-It-Yourself-Frickler, der Über-den-Tellerrand-Späher und
der Sachverständige für Kunst und Surrealismus. Lange Zeit
findet er keine Plattenfirma, die seine irrwitzigen und tollkühnen
Bastelarbeiten herausgeben will, weshalb er aus lauter Verzweiflung
Anfang der Nullerjahre ein eigenes Label gründet, um irgendwann
dann doch die Anerkennung der Zunftgenossen und der begeisterten
Fachpresse einzuheimsen.
Mittlerweile veröffentlicht er mal auf dem Tom-Waits-Label
Epitaph, mal auf dem Ninja-Tune-Hip-Hop-Ableger Big Dada. Die
Reaktionen auf seine Alben reichen von Verzückung über
Verstörung bis zu ungezügelter Begeisterung. Bloss die
Hip-Hop-Polizei hat ihn auf dem Kieker - und zwar mächtig. (ane)
Reitschule Rössli Mittwoch, 19. Oktober, 20 Uhr.
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kulturstattbern.derbund.ch 10.10.11
Kulturbeutel 41/11
Von Gisela Feuz am Montag, den 10. Oktober 2011, um 05:04 Uhr