Vor aufgetürmtem Sperrgut, Holzscheiten, Gemälden, Autoreifen
und Lampenschirmen steht eine lange, festlich gedeckte Tafel.
Anlässlich des Geburtstags des Nesthäkchens Irina, der
gleichzeitig der Todestag des Vaters ist, haben sich Anton Tschechows
"Drei Schwestern" mit ihrem Gefolge in heimeliger Atmosphäre im
Tojo-Theater zusammengefunden. Anlass also auch, um ganz im Sinne
Tschechows sowohl zurück als auch vorwärts - oder genauer:
nach Moskau - zu schauen. Denn voller Sehnsucht, Nostalgie und
Träumereien sind die drei Schwestern in Gedanken überall -
nur nicht im Hier und Jetzt.
Die Inszenierung (Regie: Claudia Bossard) des Berner StudentInnen
Theaters (bestOFF) trägt dieser "leeren Gegenwart" durchaus
Rechnung: Abwesend stehen Olga, Mascha und Irina an der Rampe, das
Partyhütchen will nicht recht sitzen, und den Avancen der
Männer, stets einen Tick zu aufdringlich, möchte man am
liebsten entfliehen. Nur Olga (Simone Gfeller), die Älteste, macht
strahlende Miene zum bösen Spiel und scharwenzelt unermüdlich
zwischen Tisch und Stühlen umher. Das Zusammenspiel von Tschechows
isolierten Figuren, alle gefangen in ihrem ganz eigenen Käfig,
erhält auf der Bühne des Tojo-Theaters eine unterhaltsame
Dynamik: Die kratzbürstige Mascha (Denise Pezzatti) versteckt sich
hinter ihren Büchern, die teilweise allzu hysterische Irina
(Barbara Boss) hat die Qual der (Männer-)Wahl, der
schnöselige Tusenbach (Dominik Widmer) findet alles langweilig,
der phlegmatische Bruder Andrej (Lorenz Bader) hat heimlich eine
Hypothek aufs Haus aufgenommen, und seine arg überzeichnete Frau
Natascha (Caroline Stähli) hat nur ihr "ganz
aussergewöhnliches Kind" im Kopf.
Doch Tschechows Stück lediglich nach seinen Figuren
aufzudröseln, verliert bald seinen Reiz. Damit hat auch die
bestOFF-Produktion zu kämpfen, denn Einfälle wie rhythmische
Einlagen à la "Stomp", Running Gags oder ein Wasserfall von
Pingpongbällen (Bühne: Christof Bühler) vermögen
nur bedingt die Spannung zu halten, die gegen Ende gänzlich
abhandenkommt. So verpasst es die Inszenierung auch, rechtzeitig einen
Schlusspunkt zu setzen. Wie Kitt zwischen den Szenen wirken die Geigen-
und Gitarrenklänge (Musik: Moritz Achermann, Lorenz Bader), welche
die tschechowsche Einöde stimmungsvoll untermalen. Lena Rittmeyer
Weitere Vorstellungen: 17.-23. März jeweils um 20.30 Uhr im
Tojo-Theater Reitschule.
Mit erstaunen haben wir Ihre Äusserungen im Bund-Interview (http://www.derbund.ch/bern/stadt/Welches-Fiasko-meinen-Sie/story/12976593)
vom letzten Samstag gelesen. Sie scheinen offenbar über die
Schliessung des Sous Soul's schlecht informiert worden zu sein. Anders
können wir uns kaum erklären, dass Ihrer Ansicht nach das
Sous Soul wegen dem neuen Eigentümer Pfarrer Urwyler, sowie aus
"wirtschaftlichen" Gründen (wie die meisten Clubs) schliessen
musste...
Erstaunlich auch, da die Problematik in unzähligen
Zeitungsartikeln erläutert wurde und sowohl Sie persönlich
wie auch andere Stellen der Stadt unsere Pressemitteilung mit der
detaillierten Begründung zur Schliessung per Email erhalten haben.
Gerne erklären wir die Situation aber nochmal, damit
zukünftig alle vom selben sprechen.
Das Sous Soul musste wegen der Lärmklage einer Benachbarten
Anwohnerin schliessen. Diese war 2006 innerhalb der Liegenschaft
Junkerngasse 3 aus dem dritten in den ersten Stock gezogen, und sich
der Existenz des Sous Soul's und dem benachbarten Konzertbetrieb
durchaus bewusst. In Messungen der kantonalen Lärmfachstelle
konnte dem Sous Soul auch bei einem Konzertpegel von 100 dBA keine
Verletzung der vor Ort geltenden Lärmgrenzwerte LSII und LSIII
nachgewiesen werden. Ausserdem konnten Akustiker von Grolimund &
Partner darlegen dass die Lärmfachstelle falsch gemessen hatte. Da
uns auf diesem Wege nichts vorzuwerfen war, kam schlussendlich die
"subjektive Wahrnehmung" zur Anwendung. Beanstandet wurde ein Pegel,
der gemäss professionellen Akustikern so leise ist, dass man ihn
nicht mehr messen kann (17-19 dBA). Daraus schloss die Kantonale
Lärmfachstelle, dass in der Gebäudehülle der
Junkerngasse 1 nur ein maximaler Pegel von 90 bBA zulässig sei.
Damit wurde uns nach 3 Jahren Rechtsstreit Motivation, Grundlage und
Perspektive für zukünftige Konzerte im Sous Soul entzogen.
Dass wir vor dem endgültigen Urteil auf Anordnung des
Regierungsstatthalteramtes gut 10'000. CHF in ineffiziente
Lärmschutzmassnehmen verlochen mussten sei hier auch noch kurz
erwähnt.
Es stimmt dass bei den angewendeten Gesetzten und Vollzugshilfen die
Stadt Bern wenig unternehmen konnte. Aber dass der Gemeinderat seit
Monaten nur zuschaut, und weder von Ihnen noch vom einem Gemeinderat
eine Stellungnahme zu den Entwicklungen rund um die Sous Soul
Schliessung und Verfügungsandrohungen des Regierungsstatthalters
gegen BonSoir (85 dBA), Wasserwerk (80 dBA), Theater National (87 dBA
Verfügt, später vom Verwaltungsgericht annulliert) Ammonit im
Kornhausforum (Regierungsstatthalter und Liegenschaftsverwaltung
schaffen Pattsituation) erweckt aber den Eindruck dass diese
Vorgehensweise nicht in Konflikt mit der städtischen Kulturpolitik
steht. Dennoch ist kaum anzunehmen dass Ihre Regierung auch so
schweigsam wäre, wenn Stadttheater oder Dampfzentrale durch eine
Verordnung des Regierungsstatthalters zum Schliessen gezwungen
würden...
Für die Falschaussagen im Bund-Interview fordern wir von der
Bund-Redaktion eine Richtigstellung. Falls wir, trotz den für
Konzertveranstalter unattraktiven Voraussetzungen in Bern, doch wieder
auf die Suche nach Räumlichkeiten machen, können wir es uns
nicht leisten wenn der Stadtpräsident in der Öffentlichkeit
suggeriert wir seien aus wirtschaftlichen Gründen gescheitert.
Mit freundlichen Grüssen
dein Sous Soul
---
BZ 16.3.12
Reitschul-Debatte abgelehnt
Trotz Wahljahr mögen offensichtlich die meisten Stadträtinnen
und Stadträte nicht mehr in jeder Sitzung über das
öffentlichkeitswirksame Thema Reitschule debattieren. Eine grosse
Mehrheit lehnte gestern die Diskussion über einen Vorstoss von
CVP, SVP und FDP ab. In einer dringlichen Interpellation wollten
Bürgerliche den Kontext zwischen den Mietverträgen mit der
Reithalle und dem Leistungsvertrag geklärt haben. Alexander Feuz
(FDP) kündigte an, er werde das Thema dann halt in anderer Form
wiederaufnehmen.mm
---
20 Minuten 16.3.12
Das grüne Männlein giftelt im Dachstock
BERN. Marsimoto spaltet das deutschsprachige Hip-Hop-Lager. Morgen
kommt das Alter Ego von Marteria nach Bern. Im Dachstock
präsentiert er sein neues Album "Grüner Samt".
Der grüne Ghetto-Schlumpf ist zurück: Der Rostocker Rapper
Marsimoto legt mit "Grüner Samt" sein drittes Werk vor. Auch hier
dreht sich vieles um Marihuana - um den grünen Samt, wie Marsimoto
es nennt. Morgen Abend hüllt sich der Dachstock entsprechend in
Grün und empfängt den bösen Zwilling von Marteria.
Passend zum Hauptthema klingt das Album wie ein Rausch: Die Beats sind
treibend, die Texte abstrakt bis absurd. So rappt er etwa über
einen Baum, der "wie Facebook ist". Der ehemalige U-17-Kaderfussballer
findet aber auch andere Themen. Auf "Wellness" fragt sich der Rapper
mit der gepitchten Stimme, wo die Realness im Hip-Hop hin ist.
Abwechslung macht sich also durchaus breit. Sein moderner Sound kommt
aber nicht überall an. Doch feiern Leute wie Jan Delay, Peter Fox
oder Sido zu Marsimoto ab.
Im Dachstock wird er von Kid Simius und dem Berner Kid Silly begleitet.
Das heisst also: Auch nach dem Konzert stürmen elektronische
Hip-Hop-Beats den Dancefloor.
Pedro Codes
Sa, 17.3., 22 Uhr, Marsimoto Green Tour, Dachstock.
---
Thuner Tagblatt 16.3.12
(Extra)terrestrische Berner Rap-Power
thun · Ab ins Universum von Boys on Pills und Webba: Sie sorgen
morgen Samstag im El Camino für eine geballte Ladung Berner
Rap-Power.
Hoppla, was ist denn da mit einem Teil der Berner Hip-Hop-Elite
geschehen? Die Boys on Pills um Rapper Baze präsentieren sich in
raumfahrtanzugähnlicher Aufmachung, ihr Kumpel Webba lässt
sich als extraterrestrisch anmutender intergalaktischer Kämpfer
ablichten. Klar doch: Boys on Pills und Webba bringen ihr ganz eigenes
Universum mit ins Thuner El Camino, wo sie morgen Samstag gemeinsam ein
Konzert geben.
Frecher Sound, clevere Textzeilen
Ein Blatt namen die Boys on Pills nie vor den Mund. Mal kommen sie
provokativ und heftig daher, mal glänzen sie mit ebenso cleveren
wie nachdenklich stimmenden Textzeilen à la "Zwüsche
Läbe u Tod gits e Wärbepouse". Diese findet sich im Song
"Wenn i läb, wenn i stirb" auf dem brandneuen Album "Nacht".
Musikalisch lassen sich die Boys on Pills - Jonny Bunko alias Elwont
und Dr. Broccoli, besser bekannt als Baze, mit DJ Kermit und Jan Stehle
- kaum einordnen: Ist es Techno-Grime? Oder etwa souliger Electro-Hop?
Oder gar Acid-Rap? Egal: Die Thunerinnen und Thuner können diese
unerhörte Mischung im El Camino selber "erhören" - und zwar
noch vor der offiziellen Plattentaufe am 31. März im Dachstock in
Bern.
Auswärtsspiel in Thun
"Uswärts" heisst das aktuelle Album des Berner Rappers Webba, das
er beim Auswärtsspiel in Thun mit im Gepäck hat. Dominierten
auf dem Debüt "Daheim?" noch warme, soulige Klänge, so wirkt
die neue CD kälter, technoider, und die gewitzten Texte, die sich
locker um Aufbruchstimmung drehen, werden mit deutlich mehr Druck
dargeboten. So stehen Boys on Pills und Webba trotz ausserirdischer
Aufmachung für ein ganz und gar irdisches Konzertvergnügen.
mik, pd
Boys on Pills&Webba in der El Camino Café Bar am
Mühleplatz, Thun: Samstag, 17. März, 21 Uhr.
BERN/REINACH. Schon seit der Veröffentlichung ihres Wahlwerbespots
mit Gesangseinlagen muss die FDP aus Reinach im Baselland Hohn und
Spott über sich ergehen lassen. Jetzt melden sich auch noch Berner
Linksautonome mit einem Videoclip zu Wort, in dem sie sich über
die freisinnigen Sänger lustig machen. Die Aktivisten haben
für den Video-Aufruf zum ersten Mai kurzerhand die gesungenen
Zeilen der FDP übernommen. "Jä, du willsch mi, jä, du
wählsch mi. Zämme sind mir stark, zämme schaffe mirs"
trällern die vermummten Linken. Die Abkürzung FDP haben sie
in F.T.P (Fuck The Police) abgewandelt.
Der Videoclip soll Werbung für die Aktionen zum ersten Mai machen.
Ab dem 22. April geht es bereits mit Filmvorführungen los, am
erstem Mai trifft man sich dann in Bern zur Demo. NJ
Das" Bündnis gegen Rechts", das in der Vergangenheit die
Antifaschistischen Spaziergänge veranstaltet hat, ruft zum 1. Mai
- und bedient sich beim Wahlkampf-Kultvideo der FDP Reinach.
Sie singen, sie tanzen, sie sind maskiert und antikapitalistisch: Auf
der Website des antikapitalistischen "Bündnis gegen Rechts" ist
ein Videoclip aufgetaucht, das mit Parolen wie "Luxus für alle"
und "Die Überwindung des Kapitalismus ist das beste Mittel zur
Lösung der Wirtschaftskrise" aufwartet.
Im Clip inszenieren sich die Antikapitalisten in der Berner Reitschule
als "FTP - Die Libertären" - und veräppeln die FDP Reinach,
die im Februar mit einem Wahlkampfsong schweizweit für Furore
sorgte:"Sie singen, sie tanzen, sie sind liberal", schrieb
DerBund.ch/Newsnet über das Video zum Song "Ja, du wählsch
mi, ja, du willsch mi", das im Internet weite Kreise gezogen hat.
Mit der Coverversion der Wahlkampfhymne rufen die Antikapitalisten zur
Teilnahme an der 1-Mai-Kundgebung in Bern auf. Ob sie mit dem Video
Erfolg haben werden? Jedenfalls sorgte das Original nicht gerade
für einen Wahltriumph der FDP; über einen kleinen
Stimmenzuwachs konnten sich die Baselbieter Politiker dennoch freuen.
(bs)
Das Berner Bündnis "Alle gegen Rechts" veräppelt in einem
Filmchen das Wahlkampfvideo der FDP Reinach. Gedreht wurde in der
Berner Reithalle.
Das Wahlkampfvideo der FDP-Reinach, das im Februar schweizweit für
Erheiterung gesorgt hatte (siehe Video), findet nun auch in Bern
Nachahmer. Das Bündnis "Alle gegen Rechts" hat die Botschaften der
FDP-Politiker durch eigene ersetzt, kopiert sonst aber den Auftritt der
Basler. Im Gegensatz zu den Politikern, sind die Berner Protagonisten
allerdings maskiert und nennen sich "FTP - Die Libertären".
Am Ende des Videos, das auf der Webseite des Bündnisses und auf
Youtube veröffentlicht wurde, rufen die Verantwortlichen zur
Teilnahme an der 1. Mai-Demo auf. Die Szenen für die Kopie wurden
in der Berner Reitschule aufgenommen.
Wie Gerda Massüger von der FDP Reinach gegenüber
Bernerzeitung.ch/Newsnet mitteilte, habe man das Video zur Kenntnis
genommen, aber bis jetzt keine rechtlichen Schritte geplant. (js)
---
kulturstattbern.derbund.ch 15.3.12
Jungs und ihr Bubenzeugs
Von Ruth Kofmel am Donnerstag, den 15. März 2012, um 13:07 Uhr
Männer werden ganz unerträglich, wenn sie aus lauter gutem
Willen vergessen, all dieses seltsame Bubenzeugs zu tun. Dazu
gehört: Allgemeines blöd tun, unanständig sein, gross
rumreden, die Eier richten, in der Nase grübeln, eins oder zwei
über den Durst saufen und dann über die Folgen jammern etc.
Es macht selbstverständlich auch als Frau grossen Spass, die
allermeisten dieser Dinge zu tun, wie es auch für die Männer
manchmal nichts Schöneres gibt, als beispielsweise im Kino los zu
flennen.
Boys on Pills nehmen sich erneut diesem seltsamen Bubenzeugs an und
zelebrieren zum dritten Mal auf ihrem neuen Album "Nacht" verbales
Hodenkratzen. Sie tun das mit Genuss und ohne falsche
Zurückhaltung. Es ist bestimmt nicht für Jedermann und
Jedefrau die perfekte Musik, um nach einem anstrengenden Tag in den
Schlaf zu finden, aber auf jeden Fall tip top geeignet, um neue
Schimpfworte zu lernen - oder schlicht und einfach, um nicht zu
vergessen, mal wieder tüchtig über die Stränge zu
schlagen.
Das Album ist ab Freitag in den Läden, die Platte wird am 31.
März im Dachstock getauft - und bis dahin wird immer mal wieder
eines dieser Lowbudget-Videos ins Netz gehängt.
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Bund 15.3.12
Club-Betreiber setzen sich zur Wehr
In einem offenen Brief kritisieren die Bonsoir- Betreiber den
Gemeinderat.
"Lässt der Gemeinderat das Berner Nachtleben - und damit die
Clubkultur
- einfach vor die Hunde gehen, oder gedenkt er jetzt endlich das Heft
in die Hand zu nehmen?" lautete der Titel einer Interpellation, die im
Sommer 2011 eingereicht worden war. Im Januar 2012 folgte die Antwort
des Gemeinderats, der der Meinung war, dass die Stadt Bern ein
attraktives Nacht- und Kulturleben biete. Die Stadtregierung
führte
zwei Zitate der Betreiber des Clubs Bonsoir an. Beide Zitate aus
Artikeln der "Berner Zeitung" attestieren der Stadt ein
vielfältiges
Nachtleben - gemessen an der Stadtgrösse. Die Betreiber des
Bonsoir an
der Aarbergergasse wehren sich nun gegen die Verwendung ihrer Aussagen
- und werfen dem Gemeinderat in einem offenen Brief vor, dass die
beiden Zitate vom November 2011 "einseitig interpretiert" würden.
Zwar
stehen sie nach wie vor zu der Aussage, dass Bern - gemessen an seiner
Einwohnerzahl und Grösse - über ein attraktives Kultur- und
Nachtlebenangebot verfüge. Doch habe sich die Situation seither -
wegen
der Schliessung des Sous-Soul sowie der "Verunmöglichung" des
Kulturbetriebs im Wasserwerk und derzeit im Kornhausforum - negativ
verändert. Die Bonsoir-Betreiber zu Anwälten der passiven
Nachtleben-Politik machen zu wollen, überrasche und
enttäusche sie. Die
Club-Betreiber wollen sich vielmehr dafür einsetzen, dass die
Stadt
eine Strategie ausarbeite, die den Chancen und Herausforderungen des
Nachtlebens wirklich gerecht werde.
Lösungen für die Zukunft
"Die Zitate dienen der Stadt fälschlicherweise als Basis ihrer
Argumentation", sagt Arci Friede vom Bonsoir. Auch gehe es im Konflikt
nicht, wie von der Stadt dargestellt, um einen "Krieg zwischen
Anwohnern und Clubszene", sondern es gelte, Lösungen aufzuzeigen,
die
für die Zukunft geeignet seien: "Die Frage muss sein, wie wir das
Potenzial der Nachtkultur neben wirtschaftlichen und touristischen
Aspekten auch gesellschaftlich nutzen können", sagt Friede.
Zu Wort meldeten sich auch die Sous-Soul-Betreiber. Im "Bund"-Interview
vom letzten Samstag habe Stadtpräsident Alexander
Tschäppät suggeriert,
dass wirtschaftliche Gründe für die Schliessung des Clubs
mitverantwortlich seien. In einem Brief schreiben die Betreiber, das
Sous-Soul habe wegen der Lärmklage einer Anwohnerin schliessen
müssen.
Das Thema Nachtleben soll heute Abend im Stadtrat aufgegriffen werden.
(bs/wal)
-
bern.ch 15.3.12
Stadtratssitzung 15.3.12
19. Interpellation Manuel C. Widmer (GFL)/Kathrin Bertschy (GLP)/Martin
Schneider (BDP)/Patrizia Mordini (SP)/Bernhard Eicher (FDP)/Aline Trede
(GB)/Simon Glauser (SVP): Lässt der Gemeinderat das Berner
Nachtleben - und damit die Clubkultur - einfach "vor die Hunde gehen"
oder gedenkt er jetzt endlich das Heft in die Hand zu nehmen? (SUE:
Nause) 11.000249 http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2011/11.000249/gdbDownload
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kulturagenda.be 15.3.12
Gute Nacht? - Kommentar zum Abschluss der Serie
Wie viel Lärm darf man einem Menschen zutrauen? Wem gehört
die Stadt? Ist das Berner Nachtleben Sache der Kulturpolitik oder geht
es in erster Linie um Sicherheitsmassnahmen? Was gibt es zu tun? In den
letzten Woche haben wir unsere Interviewpartner in der Serie "Gute
Nacht?" mit diesen und vielen weiteren Fragen konfrontiert.
Die Antworten zeigen, wie gross die Themenpalette ist, die das
"Clubsterben" begleitet. Es geht um Grundsätzliches, darum, wie
viel Raum der Einzelne wo für sich beanspruchen kann und was er
damit anstellen darf.
Bei allem Alarmismus: Die Berner Clubszene geht nicht unter. Der
Begriff "Clubsterben" lässt zwar das Schlimmste erahnen, aber ganz
so dramatisch ist die Situation nicht. Klar ist es jammerschade, dass
ein Sous Soul schliessen musste. Solange aber auch Neues entsteht, geht
die Geschichte weiter.
Und doch muss sich Bern fragen, was es in der Nacht will. Will es
schlafen, auch am Wochenende? Soll die Altstadt zur Ruhezone für
gute Steuerzahler erklärt werden oder darf dort das Leben auch
pulsieren, wie man es in einer Hauptstadt erwarten dürfte?
Vonseiten des Gemeinderats sind die Signale klar. Das Berner Nachtleben
ist ein Sicherheitsdossier unter der Obhut von Reto Nause. Er fordert
Clubrayons, klar definierte Spezialzonen, die eine effiziente
Überwachung ermöglichen. Das stiess bei unseren
Gesprächspartnern auf wenig Gegenliebe. Niemand lässt sich
gerne als Teil einer Problemgruppe abstempeln. Die Partyzonen werfen
aber alle, die nachts unternehmungslustig sind, in denselben Topf:
Besoffene, pöbelnde Jugendliche und kulturinteressierte
Nachtschwärmer. Gefordert wurde in den Interviews hingegen ein
Bekenntnis der Stadt zur spätabendlichen Kultur. Weil
Kultursekretärin Veronica Schaller sich als Verwalterin (und nicht
als Gestalterin) sieht, wollte sie sich in dieser Serie nicht
äussern.
Bei allen Emotionen, die das Thema auslöst: Vielleicht erwartet
man etwas viel von Politik und Verwaltung. Von der Abteilung
Kulturelles der Stadt eine Strategie fürs Nachtleben zu fordern,
ist ein berechtigtes Anliegen, aber ein entsprechendes Kulturkonzept
wird empfindliche Anwohner auch nicht davon abhalten, bei Lärm
Alarm zu schlagen. Das strukturelle Problem, dass ein einziger
Regierungstatthalter mittels Gummiparagrafen für die eine oder die
andere Seite der streitenden Parteien entscheiden kann, löst man
damit ebenfalls nicht. Bis jetzt sind vonseiten der Clubbetreiber und
Nachtschwärmer erstaunlich wenige Vorschläge aufgetaucht
für eine griffige Strategie um das Berner Nachtleben attraktiv zu
halten. Mit pubertären Parolen wie "Figg di Frou Müller"
lässt man zwar Dampf ab und tut (berechtigten) Unmut kund - damit
signalisiert man aber keinen Willen, auf der Suche nach
Problemlösungen mitzuhelfen.
Aus der Clubbetreiberszene ist nun, noch hinter vorgehaltener Hand, zu
vernehmen, dass sich etwas tut. Die Clubs wollen sich in Bern
zusammenschliessen, eine eigene Strategie entwickeln und die vielen
offenen Fragen konkret thematisieren. Eine grosse Chance, denn wie die
Menge der Nachtschwärmer sind die Angebote heterogen. Die
Clubbetreiber können nach dem Motto "Todgeweihte leben
länger" dem Clubsterben die Stirn bieten.
Folgende Gespräche sind in der Berner Kulturagenda erschienen:
25.1.: Fabian Wyssbrod
1.2.: Christian Pauli
8.2.: Christian Reutlinger
15.2.: Etienne Schönberger
22.2.: Carol Fernandez
29.2.: Jane Wakefield
7.3.: Luc Oggier
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kulturagenda.be 15.3.12
Marsimoto rappt im Dachstock
Seine Eltern gaben ihm den Namen Marten Laciny. Als Rapper ist der
Rostocker aber als Marteria bekannt - oder als Marsimoto. Unter diesem
Alias hat er vor wenigen Wochen sein neues Album, "Grüner Samt",
veröffentlicht. Er gehört zu jenen deutschen
Rap-Künstlern, die sich über relevante Themen einen Reim
machen. Und weniger über Nutten und Autos.
Dachstock in der Reitschule, Bern. Sa., 17.3., 22 Uhr
---
kulturagenda.be 15.3.12
"L-Shorts 4" in der Reitschule
Im vierten Teil der Kurzfilmreihe "L-Shorts" sind sieben lesbische
Kurzfilme zu sehen, zusammengestellt von den lesbisch-schwulen
Filmtagen Hamburg. Die Filme aus Deutschland, Grossbritannien, Schweden
und den USA thematisieren divese Themen und bringen diese in 6 bis 25
Minuten auf den Punkt. Im Bild: Filmstill aus "Tools 4 Fools" von Kate
Brandt (USA, 2009).
Kino in der Reitschule, Bern. Di., 20.3., 20.30 Uhr
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WoZ 15.3.12
Filme gegen Rassismus
Er ist kein Aktivist und kein Weltverbesserer: Eine zufällige
Begegnung
macht den Schuhputzer Marcel Marx zu einem Flüchtlingshelfer.
Aki
Kaurismäkis Film "Le Havre" erzählt in wunderschönen
Bildern die
Geschichte eines einfachen Mannes mit gutem Herzen: Als ihm der
Flüchtlingsjunge Idrissa über den Weg läuft, kann er
nicht anders, als
dem Kind zu helfen - aus reiner Menschlichkeit.
Das Kino in der Reitschule zeigt Kaurismäkis Film im Rahmen der
Aktionswoche der Stadt Bern gegen Rassismus, in der auch Referate,
Theatervorstellungen, Konzerte und Podiumsdiskussionen
stattfinden. Zu
sehen ist auch Markus Imhoofs Drama "Das Boot ist voll" (1980), das auf
dem gleichnamigen Buch des Schweizer Schriftstellers Alfred A.
Häsler
basiert. Sechs Flüchtlinge schaffen 1942 die Einreise in die
Schweiz,
doch hier sind sie alles andere als willkommen … Weitere Filme zum
Thema zeigen das Kino Kunstmuseum mit "White Material" (2009) von
Claire Denis und dem französischen Animationsfilm "Le chat du
rabbin"
(2011) von Joann Sfar und Antoine Delesvaux sowie das Kino
Cinématte
und das Kino Lichtspiel mit diversen Kurzfilmen. süs
Aktionswoche der Stadt Bern gegen Rassismus in: Bern, Mi, 21., bis Mi,
28. März. Filme gegen Rassismus: Fr, 23., bis So, 25. März.
www.bern.ch/integration
---
kulturagenda.be 15.3.12
"Drei Schwestern" im Tojo Theater
In einer russischen Provinzstadt sehnen sich die Schwestern Olga,
Mascha und Irina nach dem grossen Glück. Sie träumen vom
schillernden Moskau, während sich in ihrem monotonen Alltag
Langeweile breitmacht und Abgründe auftun. Die Theatergruppe
bestOFF spielt das Stück "Drei Schwestern" von Anton Tschechov.
Regie führt Claudia Bossard.
Tojo Theater, Bern. Do., 15., bis Sa., 17.3., und Di., 20., bis Fr.,
23.3., 20.30 Uhr
---
20 Minuten 15.3.12
Berner Jungschauspieler auf der Gasse
BERN. Das Berner Studententheater verliess gestern die gewohnte
Bühne
und machte kurzerhand die Stadt Bern zum Theaterschauplatz. Mit der
Outdoor-Aktion warb die Studententruppe für ihr neustes
Stück. Ab Mitte
März geben die Jungschauspieler im Tojo "Drei Schwestern" von
Anton
Tschechow zum Besten. Anmelden kann man sich unter
tchechovsschwestern@gmail.com.
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kulturagenda.be 15.3.12
Begehbare Installation in der Grossen Halle der Reitschule
In der begehbaren Rauminstallation "Parasit & Wirt" spielt das
Berner Kreativteam Combostion mit Grössenverhältnissen.
Inspiriert von mikroskopischen Aufnahmen von Kleinstlebewesen formt
Combosition aus Bändern abstrakte Objekte, die die grosse Halle
besiedeln und in deren Gewirr sich der Besucher verlieren kann.
Grosse Halle der Reitschule, Bern. Vernissage: 16.3., 17 Uhr.
Ausstellung bis 29.3.
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WoZ 15.3.12
Zwanzig Jahre Kulturzentrum Bremgarten
Ein autonomer Spielplatz mitten im Städtchen
Im bürgerlich regierten aargauischen Bremgarten steht das wohl
einzige
finanziell noch unabhängige Kulturhaus der Deutschschweiz - in
einer
alten Kleiderfabrik. Zwanzig Jahre nach der Vereinsgründung wird
nun
mit einem Fest und einem Buch gefeiert. Ein Besuch in der Provinz.
Von Lukas Walde (Text) und Ursula Häne (Foto)
Andreas Rolle (40) und Mirco Pizzera (24) trennt eine
Generation -
und verbindet doch vieles. Beide wuchsen im aargauischen Freiamt auf
und investierten einen grossen Teil ihrer Freizeit ins Kulturzentrum
Bremgarten (KuZeB) - ehrenamtlich. Pizzera tut es noch immer, Rolle
trifft man heute in Zürich, wo er im Kreis 4 eine kleine Bar
führt, in
der er auch Punk- und Indie-Konzerte mitveranstaltet. Wie damals
schenkt er Bier aus und organisiert Musik. Nur verdient er heute sein
Geld damit.
Im August 1990, als frischdiplomierter Maler, suchte Rolle keinen Job.
Sondern das Abenteuer. Die Berliner Mauer war gefallen, die Scorpions
pfiffen den "Wind of Change", und in Zürich war Häuserkampf.
Ein paar
übermütige BremgarterInnen suchten nach dem
Freiheitsgefühl. Über den
Sommer campierte man am Ufer der Reuss, bis die Polizei das Treiben
beendete. Für den Winter musste etwas Handfestes her. Die
verlassene
Kleiderfabrik Meyer im Stadtzentrum bot sich an. Zwei der drei
Häuser
standen leer. "Für uns war das wie ein grosser Spielplatz", sagt
Rolle.
Die Gruppe improvisierte drauflos. Strom gab es keinen, geduscht wurde
mit einem Gasdurchlauferhitzer bei Kerzenlicht. Im Dachstock entstand
eine grosse WG. Rolle schnappte sich eine kleine Loge neben der
ehemaligen Produktionshalle. Sein Zimmer renovierte er nach allen
Regeln der Kunst. Bald waren die Wände wieder weiss und die
Sockelleiste sowie der Fensterrahmen lila. Rückblickend spricht
Rolle
von seiner "Hermann-Hesse-Hippiephase".
Das Schweigen der Besitzer
Bald entwickelte sich ein "Räuber und Poli"-Spiel mit den
Behörden. Die
Bremgarter Exekutive ist seit Jahren in bürgerlicher Hand. Kein
Wunder,
ist das besetzte Haus an der Ecke Zürcher-/Zugerstrasse den
Behörden
ein Dorn im Auge. Doch selbst zugemauerte Eingänge und Fenster
hinderten die AktivistInnen nicht an ihren "Sauvage"-Konzerten.
"Das
Bedürfnis nach einem solchen Raum war da - zu den
Konzerten kamen
jeweils bis zu 500 Besucher", sagt Rolle.
Um den behördlichen Druck zu mindern, gründeten die
BesetzerInnen am
18. März 1992 den Kulturverein Kulturzentrum Bremgarten und
strebten
eine primär kulturelle Nutzung an. Einzig eine Loge im Erdgeschoss
ist
heute noch bewohnt. Die Zürcher Besitzer des Areals, Max und Guido
Meyer, sagen, dass sie nur diesen Teil der Gebäude je vermietet
haben.
Für die restlichen Gebäude wird nach wie vor keine Miete
bezahlt. Ein
Aktivist, der nicht genannt werden will, sagt, man stehe in losem
Kontakt mit den Besitzern, aber ausser dem jährlichen Brief mit
den
Abfallgebühren höre man kaum etwas von ihnen.
Die Gebrüder Meyer haben nie Anstalten gemacht, das Projekt in
ihrer
Liegenschaft zu beenden. Ganz anders verschiedene Lokalpolitiker. Am
hartnäckigsten zeigte sich der ehemalige FDP-Stadtammann Peter
Hausherr
(1995 bis 2005). Zum Ende seiner Amtszeit flatterte eine Verfügung
ins
Kulturzentrum, die den Bar- und den Konzertbetrieb dem
Gastgewerbegesetz unterstellen wollte. In letzter Instanz musste der
Aargauer Regierungsrat bemüht werden. Er entschied, der Betrieb
sei
"privat" und also rechtens, auch ohne das Gastgewerbegesetz
einzuhalten. Der Prozess wurde zu Hausherrs grösster Niederlage.
Wenn
er auf ein Bier im Kulturzentrum vorbeischauen würde, bekäme
er mit,
was er angerichtet hat. Ein Getränk zu bestellen, ist kompliziert.
Durstiger: "Ich hätte gerne ein Bier." Barfrau: "Welches?"
Durstiger:
"Ein helles Lager." Barfrau: "Wie viel willst du bezahlen?"
Durstiger: "Warum fragst du mich das?" Barfrau: "Wir
verlangen den
Einstandspreis von 1.50, aber du darfst spenden." Durstiger:
"Wofür?"
Barfrau: "Die Erhaltung der Infrastruktur." Durstiger: "Wie viel
spendet man?" Barfrau: "Leute, die Geld haben, bis fünf Franken
für ein
Kleines. Weil sie es sich so gewohnt sind." Durstiger: "Ich bin es
gewohnt, schnell etwas zu trinken zu kriegen, wenn ich Durst habe. Ich
zahle 2.50."
"Wir lieben und leben es bunt"
Hans-Ruedi Bosshard arbeitete mehrere Jahre als Bremgarter
Kultursekretär. Bosshard beschreibt die Kulturszene in
Bremgarten -
auch dank des KuZeB - als sehr bunt und lebendig. Er hat
jedoch die
Erfahrung gemacht, dass die AkteurInnen schlecht untereinander vernetzt
sind. So komme es oft zu Terminkollisionen. Bosshard würde sich
von der
Stadt die Einführung einer Kulturkommission wünschen, die
auch
Terminsitzungen koordinieren würde, und: "Vom KuZeB wünsche
ich mir
eine Öffnung gegen aussen."
Der amtierende Stadtammann Raymond Tellenbach (FDP) sieht das
ähnlich:
Die alte Kleiderfabrik stelle eine der vielfältigen Facetten des
Stadtlebens und der Kultur dar. Er sieht sich jedoch nicht in der
Position, Wünsche oder gar Forderungen an den Verein zu stellen.
Wenn,
dann wünschte er sich ebenfalls eine Öffnung -
"so könnte man die
Mehrzweckhalle auch für auswärtige Anlässe zur
Verfügung stellen".
Ausserdem befinde sich der Komplex in einem desolaten Zustand. "Da er
sich in Privatbesitz befindet, können wir aber nichts ausrichten."
Die marode Fassade des Kulturzentrums ist Stadtgespräch. Ein solch
heruntergekommenes Objekt im Stadtkern macht sich schlecht auf
Ansichtskarten. Dem Verein reichen zurzeit noch Graffiti, um die
Aussenansicht zu verschönern. An die Wand oberhalb der
verwitterten
Eingangstür hat jemand einen Bagger gesprayt. Und darunter: "Wir
lieben
und leben es bunt." An der Bar im ersten Stock sitzen jedoch
ausschliesslich schwarz gekleidete Menschen. Höchstens eine bunte
Haarsträhne ist da und dort zu erspähen.
Gut essen für fünf Franken
Mirco Pizzera steht am Kochherd. Seinen linken Oberarm ziert ein
klassisches Tribal-Motiv. Seine Jeanskluft ist dunkel. Aus dem sonst
kurzen Haar stehen einzelne Dreadlocks zur Seite ab. Er diskutiert rege
mit den Gästen an der Bar, rührt energisch in einer
dampfenden
Chromstahlpfanne und enerviert sich laut über Leute, die den
Abwasch
vom Vortag nicht erledigt haben.
Pizzera belebt das Haus seit sieben Jahren und ist so etwas wie der
Chef de Cuisine; daneben studiert er in Zürich Japanologie und
Kunstgeschichte Ostasiens. Pizzera kocht an Konzerten, Festivals
oder
- in der Volxküche - auch nur ein Abendessen für
eine Handvoll Leute.
"Wo sonst gibt es ein ausgewogenes Essen für fünf
Franken?" Das System
ist simpel: Am Kühlschrank hängt eine Liste - wer
kochen will, trägt
sich ein. "Das Wort Arbeit bekommt hier eine völlig neue
Bedeutung, da
niemand Geld für seinen Einsatz erhält", sagt Pizzera.
Das Geld, das der Bar- und Konzertbetrieb einspielt, wird nicht in
Löhne, sondern in Projekte investiert. Alle können an der
zweiwöchentlichen Vollversammlung Ideen präsentieren und
um Geld für
deren Umsetzung anfragen. Pizzera: "Wir brauchen einander und
leben
voneinander, Einzelkämpfer gehen unter."
So entstanden in den letzten Jahren aus den zahlreichen Ideen Einzelner
viele Räume, die nun von allen benutzt werden können:
Läsothek, Kino,
Siebdruckatelier, Werkstatt, Näh- und Kunstatelier, Band-,
Computer-
und Trainingsraum. Viele Räume werden umgenutzt, sobald ihre
BetreiberInnen die Motivation verlieren. Als die Skatehalle immer mehr
zum Herumhängen gebraucht wurde, baute sie die Theatergruppe in
eine
Mehrzweckhalle um. Die SkaterInnen, die trotz mehrmaliger
Einladung
nicht an der Vollversammlung erschienen, standen vor vollendeten
Tatsachen.
Auch alle Veranstaltungen müssen von der VV abgesegnet werden.
Diesen
wird erst zugestimmt, wenn der Organisator einen Tontechniker sowie
Kassen- und Barpersonal aufgetrieben hat. "Die meisten unserer Kritiker
meinen, wir würden hier ganz ohne Regeln funktionieren", sagt
Pizzera.
Das Gegenteil sei der Fall. Man schaue zueinander und habe hohe
ethische Ansprüche.
Böses Facebook
Das Wurstmesser arbeitet sich schnell vorwärts. Energiebündel
Pizzera
schneidet noch schneller, als er spricht. Der 24-Jährige nervt
sich
über vieles, das hier vor sich geht. Zum Beispiel darüber,
dass viele
- die Autonomen eingeschlossen - lieber konsumieren als
agieren
würden. In seinen Augen finden zudem zu viele Konzerte im
Kulturzentrum
statt, manchmal bis zu drei in der Woche. Zu viel für ein
Provinzstädtchen. Auch gute Bands müssen sich deshalb
manchmal mit
unter zehn ZuhörerInnen zufriedengeben.
Pizzera erlebt sich zurzeit mehr als ihm lieb ist in der Rolle des
Mahnenden. Er hält die VV-TeilnehmerInnen dazu an, den Freiraum
kreativ
zu nutzen, statt sich nur mit Sound berieseln zu lassen. Manchmal
bleibt er ein Rufer in die Wüste. Am meisten Kopfzerbrechen
bereitet
ihm das "Problem Facebook". Da sich der Verein als offenes Projekt
versteht, finden auch Veranstaltungen aus kommerzielleren Richtungen
wie Goa oder Elektro statt. Gewisse OrganisatorInnen, selbst junge
Politpunks, verzichten dabei auf das gute alte Flyerverteilen und
gründen nur noch Facebook-Gruppen - für Pizzera
ein "No Go". Erstens
würden so alle ausgeschlossen, die sich noch standhaft gegen die
Plattform wehren; zweitens ziehe dies Leute an, die das Konzept des
Hauses nicht verstehen wollten oder könnten. Pizzera will nicht
stundenlang hinterm Herd stehen und Lebensmittel aus nachhaltigem
Anbau verkochen, um am nächsten Tag McDonald’s-Packungen
wegräumen zu
müssen.
Jungaktivist Pizzera und Altpunk Rolle würden sich blendend
verstehen.
Auch Rolle radelt noch immer Ramones pfeifend durch Zürich und
klebt
Plakate für seine Konzerte. Noch immer steht er dem Kulturzentrum
Bremgarten, "dem besten Abenteuerspielplatz einer Adoleszenz",
voller
Empathie gegenüber. Auch Pizzera kann sich nicht vorstellen,
einmal
enttäuscht aus dem Projekt auszusteigen.
Viele AktivistInnen der älteren Generation haben sich dagegen
frustriert abgewandt. Weil sie ihre Ziele im Kollektiv nicht
erreichten, weil sie träge wurden oder es irgendwann
plötzlich ernst
galt. In den ersten Jahren waren Improvisation, Kampf gegen das
Establishment und Abenteuergeist gefragt. Als sich ein gut
funktionierender Betrieb etablierte, begann man sich Gedanken über
die
weitere Gestaltung zu machen. Im Jubiläumsbuch bringt es der
ehemalige
Aktivist Christian F. auf den Punkt: "Irgendwann kamen die Fundis. Ab
da war es plötzlich nicht mehr korrekt, Feldschlösschen zu
trinken. Und
alles Essen musste plötzlich vegetarisch sein. Ich esse aber auch
gern
mal ein Steak. Da war es für mich Zeit zu gehen."
-
Das Buch zum Jubiläum
Andreas Rolle und Mirco Pizzera sind zwei von vielen AutorInnen des
Buchs "20 Jahre Kleiderfabrik Bremgarten". Es wird am Samstag, 17.
März, getauft. Um 17 Uhr findet eine Lesung mit der hauseigenen
Theatergruppe statt, um 20 Uhr tischt Mirco Pizzera eine Volxküche
auf.
Dazwischen und danach spielen der Liedermacher Sarbach, die
Rockabilly-Punk-Band Peacocks und das baskische Swing-Orchestra
Sparteens. Das reich bebilderte Buch umfasst rund 200 Seiten und
enthält viele Erfahrungsberichte.
Sie dachten schräger als die FDP Reinach gehts nicht mehr? Dann
lagen Sie falsch. Aber sehen Sie selbst.
Im Februar sorgte ein Wahlkampfvideo der FDP Reinach (BL) für
Aufsehen und Erheiterung (Blick.ch berichtete). Darin besangen die
Kandidaten ihre politischen Ziele und Ansichten, was im Refrain
"Gäll, du wäählsch mi!" gipfelte. Die
Reaktionen gingen von "erfrischend anders und originell"
bis "peinlich und deplatziert". Das Ziel erreichte die
Partei so oder so: Der Song brachte die kleine Ortspartei landesweit
ins Gespräch.
Nun kopiert eine andere politische Gruppierung die Idee, und was
für eine: Das Berner "Bündnis alle gegen rechts"
änderte selbstverständlich den Inhalt der Botschaft, bleibt
dem Original aber in weiten Teilen treu: Die Posen und Satzstellungen
der Reithalle-Aktivisten sind dem Wahlvideo nachempfunden.
Auch technisch lässt sich das Video durchaus sehen. Das lässt
sich von den Mitgliedern der Antikapitalistischen Kampagne nicht
behaupten: Sämtliche Protagonisten treten maskiert auf.
Die F.T.P. - Die Libertären kämpfen gegen den
Kapitalismus an. Für was F.T.P. steht, darf jeder für sich
selbst entscheiden. Die Links-Aktivisten kritisieren unser
Wirtschaftssystem und die regierenden Politiker als ungerecht. Sowohl
Arbeitgeber wie Politiker würden sich nur um ihre eigenen
Interessen kümmern und nicht um das der Arbeiter. Deshalb fordern
sie "Luxus für alle, statt den Gürtel enger
schnallen!" (vuc)
---
Grenchner Tagblatt 14.3.12
Wolkenkratzer auf der Schützenmatte
Stadt Bern · Stadtpräsident Alexander Tschäppät
begrüsst den Vorstoss der Freisinnigen
Bruno Utz
Das Gebiet der Berner Schützenmatte gilt seit Jahren als
städtebaulicher Sanierungsfall: Eingefasst von der
Drogen-Anlaufstelle, der Reitschule und den SBB-Gleisen nutzt die Stadt
das Areal als Parkplatz. Schon 2007 versprach der Gemeinderat, er wolle
mit den betroffenen Anspruchsgruppen einen Planungsprozess
auslösen und ein Nutzungskonzept erarbeiten. Weil der Gemeinderat
die 2008 im Investitionsbudget eingestellten Gelder nicht nutzte,
forderte 2009 die SP-Fraktion den Gemeinderat zum Handeln auf. Er solle
ein Gestaltungskonzept für das Gebiet
Bollwerk-Schützenmatte-Hodlerstrasse ausarbeiten und dem Stadtrat
einen Projektierungskredit vorlegen. Im Februar 2012 beantragte der
Gemeinderat eine Fristverlängerung. Diese gewährte der
Stadtrat mit 64 zu 2 Stimmen bis Ende März 2013. In der Diskussion
hatte Stadtrat Christoph Zimmerli (FDP) den Bau eines Hochhauses ins
Spiel gebracht.
Höher als der Roche-Turm
Jetzt will die FDP-Fraktion Nägel mit Köpfen machen: Morgen
Donnerstag reicht sie im Stadtrat eine Motion ein. Auf der
"No-Go-Area"-Schützenmatte fordern die Freisinnigen den Bau eines
Hochhauses. "Geplant werden soll ein hochmoderner Wolkenkratzer, der
mindestens einen Meter höher ist als das derzeit höchste
bestehende beziehungsweise in Planung stehende Gebäude der
Schweiz", schreibt die FDP. "Weil der Roche-Turm in Basel 175 Meter
hoch werden soll, fordern wir ein mindestens 176 Meter hohes
Gebäude", wird Stadtrat Christoph Zimmerli auf Anfrage konkret.
Nein, die Motion sei alles andere als ein Wahlgag, weist er
Schaumschlägerei-Vorwürfe entrüstet von sich. Er habe
schon vor einigen Jahren ein Hochhaus ins Spiel gebracht.
Vorausgesetzt, dass sich Mieter für die Läden und
Dienstleister finden lassen, sei ein Wolkenkratzer keine Utopie. Die
nahe Reitschule könne zwar stehen bleiben, das Hochhaus würde
aber dazu beitragen, dass dort mehr Ruhe und Ordnung einkehre. "Seit
Jahren muss sich der Stadtrat fast an jeder Sitzung mit der Reitschule
befassen. "Davon haben wir die Nase voll", sagt Zimmerli.
Unort, an dem niemand Freude hat
Die Schützenmatte sei ein sehr schwieriges und heikles Gebiet,
räumt Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) ein:
"Es ist eine der letzten Brachen im Besitz der Stadt Bern, wo wir ein
städtebauliches Zeichen setzen können. Da kann ein Hochhaus
eine mögliche Antwort sein." Handlungsbedarf sei jedenfalls
gegeben. Die Wünsche seien jedoch vielfältig. "Das Hochhaus
und das Verlangen, dass die Schützenmatte ein Platz mit den
bisherigen Nutzungen bleiben soll, schliessen sich bereits aus."
Gespräche mit den SBB seien zwingend. "Einig sind wir uns aber,
dass die Schützenmatte ein Unort ist, an dem niemand Freude hat."
Grundsätzlich finde er die FDP-Motion gut: "Sie verstärkt den
Druck, dass etwas geschehen soll." Wenn man wirklich
vorwärtsmachen wolle, dann könnte ein Projekt in ein paar
Jahren zum Entscheid gebracht werden. "Dann wird sich weisen, ob das
Volk den Vorschlag akzeptiert."
Schützenmatte im Fokus des Schindler Awards 2012
Der vom Lifthersteller Schindler seit 2004 alle zwei Jahre
international ausgeschriebene Architekturwettbewerb Schindler Award
befasst sich 2012 mit dem Schützenmatte-Areal in Bern.
Europäische Architekturstudenten sind aufgerufen, Vorschläge
zur Neugestaltung des Areals zu machen. Die Schützenmatte stehe in
starkem Kontrast zur restlichen Altstadt, heisst es in der
Ausschreibung. Eingabeschluss ist im Juli, die Preisübergabe
findet am 7. Dezember im Zentrum Paul Klee statt. Bisher standen Areale
in Brüssel, Paris, Wien und Berlin im Fokus der vorangegangenen
Awards. "Ich erwarte einen Ideenkatalog, der aber wenig mit der
Realität zu tun hat", sagt Stapi Alexander Tschäppät.
(uz)
---
Indymedia 13.3.12
Kongress "Recht auf Stadt" vom 6. - 9. Sept. 2012, Bern
AutorIn : Recht auf Stadt: http://stadtkongress.twoday.net/
Kongress "Recht auf Stadt" vom 6. bis 9. September 2012 in Bern, Schweiz
Vom 6. bis 9. September 2012 laden wir, ein überregionales
Netzwerk von stadtpolitisch Interessierten, politischen AktivistInnen,
kritischen KünstlerInnen und AkademikerInnen, zum "Recht auf
Stadt" Kongress in Bern.
Wir veranstalten diesen Kongress, weil wir es als absolut dringend
erachten, Fragen des Städtebaus, des sozialen Zusammenlebens und
die Frage nach Freiräumen wieder zu einem breiten Politikum zu
machen - dies nicht nur in Bern.
Denn: Konsumzwang ist in Städten allgegenwärtig geworden.
Unliebsame Menschen werden per Gesetz aus dem öffentlichen Leben
verdrängt. Woche für Woche führen "Politik" und Polizei
neue Angriffe auf die letzten noch verbliebenen Freiräume aus.
Darum ist es an der Zeit dem Widerstand und Protest eine Plattform zu
geben.
Wir lassen unsere "Quartierträffs", unsere Ausgehlokale, unsere
Stadtgärten nicht einfach schliessen und wegrationalisieren. Wir
wollen nicht länger mitansehen, wie die Möglichkeit, am
sozialen Leben teilzuhaben zunehmend über die Potenz des
Portemonnaies bestimmt wird. Wir haben genug von Luxusbau und
-sanierungen und der damit einhergehenden Aufwertungen unserer
Stadtteile, aus denen wir dann nicht selten wegziehen müssen.
Das "Recht auf Stadt" ist das Recht auf egalitären Zugang,
gleichberechtigte Partizipation und selbstbestimmte Gestaltung des
städtischen Zusammenlebens. Daher fordern wir das Recht die Stadt
als egalitären und nicht ökonomisierten Raum zugänglich
zu haben, sowie das Recht in Würde zu wohnen.
Wir laden alle Interessierten herzlich zum "Recht auf Stadt" Kongress
im September 2012 nach Bern (Schweiz) ein, um unter dem Motto
"Dokumentieren - Informieren - Vernetzten - Animieren" über
Perspektiven und Altrenativen zur aktuellen Stadtentwicklung zu
diskutieren.
Wir wünschen uns aber, dass IHR mitmacht, nicht „nur“ als
TeilnehmerInnen oder BesucherInnen sondern auch bei der
Durchführung des Kongresses selbst. Bereitet einen Workshop vor,
zeigt einen Film, plant ein Kunstprojekt oder schreibt eine
Kurzdarstellung eurer Initiative, eures Projektes und hängt es am
„Marktplatz“ an eine der Stellwände.
Unter Workshop verstehen wir nichts Spezifisches. Ihr könnt dabei
einen Text vorbereiten, der gemeinsam gelesen und diskutiert wird,
Vernetzungstreffen durchführen, ihr könnt ein Kunstprojekt
vorstellen bzw. gemeinsam vorbereiten, einen Vortrag halten usw. Der
Kongress ist grundsätzlich offen. Gerade deswegen funktioniert es
nur mit eurer Beteiligung!
Meldet euch unter stadtkongress(a)immerda.ch
---
kulturstattbern.derbund.ch 13.3.12
"Hoch! Hoch!" - Visionen für Bern
Von Roland Fischer am Dienstag, den 13. März 2012, um 11:52 Uhr
Der Stadtpräsident hätte gern ein Hochhaus auf der
Schützenmatte - und findet im gleichen Atemzug, dass "uns zu einem
richtigen Hochhaus der Mut eher fehlt". Also uns hier bestimmt nicht.
Wir hätten da schon ein paar städtebauliche Ideen für
Bern. Ist ja nicht so, dass die Schützenmatte der einzige Platz
ist in Bern, wo man ein wenig Mut beweisen könnte. Wie wäre
es zum Beispiel mit dem Bahnhof, der sich bis anhin reichlich
verschüchtert unter die Grosse Schanze duckt?
Während sich nun die Politiker mit naturgemäss eher
bodenständigem Architekturverständnis der Causa "Schütz"
annehmen, werden wir hier in loser Folge echte (und planerisch
herausragende, versteht sich) Visionen für Bern entwickeln.
---
Bund 13.3.12
Wolkenkratzer. FDP will Tschäppäts Vision umsetzen
Christoph Lenz
Turmbau zu Bern - die FDP macht Dampf
Ein Wolkenkratzer auf der Schützenmatte - davon träumt, wie
die "Bund"-Leserschaft am Samstag erfahren durfte, Stadtpräsident
Alexander Tschäppät (SP). Vielleicht zwei, drei Nummern zu
gross für Bern, dachte unsereiner, aber allemal eine inspirierende
Idee. Nun ist bekannt, dass die Mühlen der Politik gerade für
den von unendlicher Tatkraft beseelten Freisinn bisweilen zu langsam
mahlen. Wohl deshalb hat Stadtrat Christoph Zimmerli (FDP), als er
gestern Morgen feststellen musste, dass der Wohnturm auf der
Schützenmatte noch immer nicht gebaut ist, Druck aufgesetzt. Noch
vor dem Mittagessen verschickte er einen Vorstoss mit dem Titel:
"Zukunftsprojekt statt No-go-Area: Ein Wolkenkratzer auf der
Schützenmatte!"
Zur Mitsprache berufen fühlt sich Stadtrat Zimmerli, weil die Idee
vom Wolkenkratzer auf der "Schütz" ihn "schon vor Jahren"
beschäftigte, wie er schreibt. Er habe sogar Abklärungen dazu
veranlasst. Nun will Zimmerli dem Gemeinderat auf die Sprünge
helfen, indem er eine detailgetreue Umsetzung seiner eigenen
Projektstudie verlangt. "Geplant werden soll ein hochmoderner
Wolkenkratzer . . . Im Untergeschoss ein grosses Parking, in den
unteren Stockwerken Läden und Dienstleister, weiter oben
Bildungsinstitutionen, Kindertagesstätten, Büros und
allenfalls Wohnungen und zuoberst Restaurants mit einer grandiosen
Aussicht über die Altstadt, in die Alpen und den Jura." Ja, selbst
die Giebelhöhe ist Zimmerli bekannt: Der Wolkenkratzer auf der
Schützenmatte soll "mindestens einen Meter höher sein als das
derzeit höchste bestehende oder in Planung stehende Gebäude
der Schweiz." Jeder Berner soll also dereinst mit stolz geschwellter
Brust ausrufen dürfen: Jawohl, wir haben den Grössten.
Unbestätigten Gerüchten zufolge kann die Projektstudie bei
Zimmerli zu Hause besichtigt werden. Der Wolkenkratzer, erbaut im
Massstab 1:150, steht im Wohnzimmer, gleich neben der Kiste mit den
Legosteinen. Übrigens: Unter dem Sofa fanden kürzlich erste
Sondierungsbohrungen für die zweite Gotthardröhre statt. Die
Baustelle ist aber im Moment stillgelegt. Mitten auf der Strecke liegt
ein staubiger Socken. Die Ingenieure tüfteln seit Wochen an einem
Verfahren, um ihn sicher zu entfernen.
---
20 Minuten 13.3.12
FDP will in die Höhe bauen
BERN. Die Stadtberner FDP will Zürich und Basel übertrumpfen
und das höchste Gebäude der Schweiz auf der
Schützenmatte in Bern bauen. Um mindestens einen Meter soll der
Berner Wolkenkratzer alle anderen in der Schweiz stehenden oder sich in
Planung befindenden Gebäude überragen. Im Untergeschoss des
Grossprojekts wünscht sich FDP-Stadtrat Christoph Zimmerli ein
Parkhaus, im EG und den oberen Etagen sollen unter anderm Gewerbe,
Kitas und Wohnungen Platz finden. Die Forderungen nach einem
Wolkenkratzer auf dem "No-Go-Areal" Schützenmatte ist nicht neu.
Der Gemeinderat solle nun aber mit der Planung des Areals vor der
Reitschule nicht mehr länger warten, fordert Zimmerli in einer
Motion.
Zukunftsprojekt statt No go area: Ein Wolkenkratzer auf der
Schützematte!
Das Gebiet um die Schützenmatte gilt seit Jahren als
städtebaulich unterentwickeltes Gebiet und bezüglich
Sicherheit als "no go area". Dabei liegt der Platz am Einfallstor zur
Hauptstadt, sehr zentral gelegen und bestens erschlossen sowohl mit
öV als auch für den Individualverkehr. In den letzten Jahren
haben sich Stadträte unterschiedlicher politischer Couleur um eine
Aufwertung dieses Raumes bemüht. Auch der Motionär hat
bereits mit Postulat vom 30. August 2008 "keine no go areas in der
Stadt Bern" (08.000360) eine Aufwertung verlangt. Das damalige Postulat
wurde zwar erheblich erklärt; der Bericht des Gemeinderates liess
dann aber bis zum 14. Dezember 2011 auf sich warten. Letztmals hat sich
der Stadtrat der Thematik anlässlich seiner Sitzung vom 2. Februar
2012 (Motion Fraktion SP/Juso vom 22. Januar 2009: Gestaltungskonzept
Bollwerk-Schützenmatt-Hodlerstrasse; Fristverlängerung)
angenommen. Mit Hinweis auf den "Schindler Award 2012", einen
internationalen Studentenwettbewerb, beabsichtigte der Gemeinderat der
Fristverlängerung zur Vorlage eines Prüfungsberichts bis 31.
Dezember 2013 zuzustimmen. Der Stadtrat vertrat dann aber
grossmehrheitlich die Meinung, dass eine Fristverlängerung bis 31.
März 2013 ausreicht (SRB Nr. 040 vom 2. Februar 2012, 09.000032).
In der Fraktionserklärung zu dieser Debatte forderte der
Motionär, nachdem er bereits Jahre zuvor selber erste
Abklärungen diesbezüglich getroffen hatte, den Bau eines
Wolkenkratzers auf dem Areal der Schützenmatte (Protokoll Nr. 3,
Stadtratssitzung vom 2. Februar 2012, S. 123; vgl. auch 20 Minuten vom
16. Januar 2012). In "der Bund" vom 2. Februar 2012 wurde die Idee der
Errichtung eines Wolkenkratzers zwar als "Utopie" abgetan; in der
Zwischenzeit scheint sich aber sogar der Stadtpräsident mit dieser
Idee anzufreunden (vgl. "der Bund" vom 10. März 2012, S. 21/23).
Es kann nun aber nicht sein, auf die Ideen eines Studentenwettbewerbs
zu warten und dann zur Tagesordnung zurückzukehren. Es ist an der
Zeit, eine umfassende Planung des Gesamtareals Schützenmatte rasch
voranzutreiben. Geplant werden soll ein hochmoderner Wolkenkratzer der
mindestens einen Meter höher ist als das derzeit höchste
bestehende bzw. in Planung stehende Gebäude der Schweiz; im
Untergeschoss ein grosses Parking, in den unteren Stockwerken
Läden und Dienstleister, weiter oben Bildungsinstitutionen, KITAs,
Büros und allenfalls Wohnungen und zuoberst Restaurants mit einer
grandiosen Aussicht über die Altstadt in die Alpen und den Jura.
Dabei sollen u.a. die folgenden Überlegungen berücksichtigt
werden:
- Stadt und Region Bern haben in den letzten Jahrzehnten wirtschaftlich
an Gewicht verloren. Viel hängt damit zusammen, dass keine
wirtschaftspolitische Vorwärtsstrategie entwickelt wurde sondern
dass man sich mit zu wenig zufrieden gibt. Es ist an der Zeit ein
Zeichen für die moderne Erneuerung von Bern zu setzen.
- Die Altstadt von Bern ist bekanntlich Weltkulturerbe. Die Vorfahren
haben Grosses geschaffen. Generationen haben dafür gesorgt, dass
dieses grossartige Baudenkmal erhalten und sorgsam renoviert wurde.
Grosse Würfe wurden in der Innenstadt seit der Jahrhundertwende
vom 19./20. Jahrhundert nicht mehr realisiert, einmal abgesehen vom
Hauptbahnhof. Es ist an der Zeit, Bern ein modernes Gesicht zu
verleihen, und zwar nicht nur in der Peripherie im Westen sondern beim
Einfallstor zur Hauptstadt. Ein von einem Stararchitekten errichteter
Wolkenkratzer könnte eine wunderbare Ergänzung zur
historischen Altstadt sein.
- Das Areal Schützenmatte liegt ausserordentlich
verkehrsgünstig und dürfte der besterschlossene Ort im
Schweizer Mittelland sein. Somit ist es ein prädestinierter Ort,
um diesen Standortvorteil optimal zu nutzen. Die Bahnanbindung ist
hervorragend, die Nahverkehrsanbindung (öV und Individualverkehr)
sichergestellt.
- Es besteht Raumbedarf für Restaurants, KITAs,
Bildungsinstitutionen (Fachhochschule, Universität,
Gewerbeschulen, etc.), Banken und Versicherungen,
Dienstleistungsunternehmen, etc. Alle diese Anbieter könnten unter
einem Dach an einem idealen, bestens erschlossenen und entsprechend
frequentierten Ort zusammengefasst werden.
- Das Areal Schützenmatte erhielte damit ein völlig anderes,
ein modernes Gesicht, und könnte sich somit vom Unort in einen
lebendig-urbanen Raum entwickeln.
Wir fordern den Gemeinderat deshalb auf, unverzüglich
sämtliche erforderlichen Planungsmassnahmen einzuleiten, um rasch
möglichst dem Stadtrat bzw. falls nötig dem Souverän
eine Vorlage zur Errichtung eines Wolkenkratzers auf dem Areal
Schützenmatte zum Entscheid vorzulegen.
Von Ruth Kofmel am Montag, den 12. März 2012, um 06:00 Uhr
Kofmel empfiehlt:
Musikalische Entdeckungen sind in Bern immer noch möglich, diesen
Freitag beispielsweise im Rössli.
F. Stokes macht Rapmusik, die
gleich bei der ersten Hörprobe gwunderig auf mehr macht. Für
Tanzinteressierte bietet sich noch die Dampfzentrale an, dort zeigen
die Gewinner des letztjährigen Tanzpreises, die Compagnie 7273 am
Samstag und Sonntag ihr Stück "Nil".
Herr Sartorius empfiehlt:
Das Duo Prinzhorn
Dance School spielt am Mittwoch im Rössli ihren
minimalistischen Post-Punk-No-Wave, der einst fröhlicher war, und
nun die desillusionierte Gegenwartsstimmung ziemlich gut einfängt.
Einen Tag vorher ist der Beat- und Produzentenguru Gaslamp Killer zu
Gast im Bad Bonn, der nach seinem Zusammenspiel mit Gonjasufi vor
eineinhalb Jahren wieder im Senslerland Halt macht. Dann aber auch:
Stephen O’Malley, bekannt als SunnO)))-Soundmönch, gibt sich in
der Kunsthalle die Ehre - mitten in der Museumsnacht. Das freut.