Was ist das "World Economic Forum" eigentlich?

Ein geschichtlicher Abriss

1971 gruendete der Betriebswirtschaftsprofessor Klaus Schwab das "European Management Symposium", welches eine Plattform fuer europaeische Topmanager bieten sollte. Nach dem ersten Erdoelschock und der Flexibilisierung des Wechselkurssystems 1973 wurde der Gipfel in Davos neu ausgerichtet. Neben Managementfragen werden nun auch politische, wirtschaftliche, wissenschaftliche und soziale "Probleme" diskutiert. Mit der Zeit kamen zum jaehrlichen Treffen in Davos immer mehr regionale Konferenzen(z.B. in Lateinamerika, Indien und Ostasien), welche der Organisation rasch den Charakter eines globalen Netzwerkes gaben.
1982 fand im Rahmen des jaehrlichen Treffens in Davos die erste informelle Zusammenkunft von ParlamentarierInnen verschiedener Laender und Koepfen internationaler Organisationen wie der Weltbank, dem IWF und dem GATT statt. Dieses dient seither als Modell fuer weitere aehnliche Treffen.
1987 wurde das "European Management Symposium" in "World Economic Forum" umbenannt.

Politik und Geschaeft

Oberstes Ziel dieses Fonds ist es, eine "globale Gemeinschaft zu bilden, eine weltweite Vernetzung zwischen den Entscheidungstraeger aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien". Deshalb werden neben dem jaehrlichen Treffen immer mehr regionale Konferenzen organisiert, um konkret auf "die Problemstellungen der Region eingehen zu koennen - und nebenbei die "internationale Geschaeftswelt" mit den "politischen Fuehrer" einiger Laender in Kontakt zu bringen. Seit einigen Jahren sind die Mitglieder des Weltwirtschaftsforums auch durch ein Videokonferenzsystem (WELCOM) verbunden. Mit diesem "Privatinternet" haben es die "global leaders" nicht mehr noetig, sich an ermuedenden Konferenzen herumzuschlagen, um sich zu treffen, Entscheide zu faellen, neue strategische Allianzen oder joint ventures zu gruenden. Ein kurzes "Klick" und die Verbindung mit dem potentiellen Geschaeftspartner ist hergestellt, oder man kann sich von "Fachleuten" oder Organisationen wie der WTO oder der OECD beraten lassen.
Im World Competitiveness Report, welcher vom WEF und vom Lausanner Managementinstitut IMD herausgegeben wird, werden die verschiedenen Laender, seit 1994 OECD- und Entwicklungslaender gemeinsam, aufgrund ihrer Wettbewerbsfaehigkeit eingestuft. Wettbewerbsfaehigkeit wird dabei definiert als "institutioneller und politischer Rahmen zur Foerderung eines anhaltend raschen Wirtschftswachstums, und zwar vorausblickend ueber einen Zeitraum von fuenf bis zehn Jahren", was z. B. bedeutet, dass ein ausgebauter Sozialstaat als Bremsklotz, tiefe Steuersaetze als eine der wichtigsten Voraussetzungen fuer eine wettbewerbsfaehige Volkswirtschaft darstellen.

Das Davoser Forum

Das Davoser Forum ist das jaehrliche Treffen der Organisation, der "Gipfel der Gipfel". Hier treffen sich an die tausend Unternehmensfuehrer, rund 250 Staatsvertreter, etwa 300 Wissenschaftler, hochrangige Kulturtraeger, sowie ein Tross von Medienleuten. Das Davoser Forum definiert die "Loesungen" zu wirtschaftlichen, politischen und sozialen Problemen - immer mit Blick auf die Praxis. So bruestet sich das Forum damit, eine Schluesselrolle bei der Festsetzung neuer wirtschaftlicher, politischer, kultureller und sozialer Tendenzen und Stossrichtungen zu spielen und bei der Umsetzung von (neuen) Strategien der multinationalen Konzerne (und Staaten) "Resultate vorantreiben und ihre Potentiale maximieren zu koennen".
Zusammenfassend ist der Zweck des Forums, eine "globale Gemeinschaft, eine weltweite Vernetzung zwischen den Entscheidungstraeger aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien zu schaffen", damit diese Elite besser die Verantwortung, "den Zustand der Welt zu verbessern" uebernehmen kann. In der Realitaet heisst dies, dass die "global leaders" eine tragende Rolle bei der Bestimmeung der Weltpolitik haben sollen: "Unsere Philosophie ist es, dass die grossen Herausforderungen, mit welchen die Menschheit im 21. Jahrhundert konfrontiert sein wird nicht durch durch gemeinsame Bemuehungen der Regierungen und der Geschaeftswelt wieder behebt werden koennen" (K. Schwab). Laut Schwab muessten diese Bemuehungen den "Unternehmergeist" als gemeinsamen Nenner haben: "Wir wissen, dass der Unternehmergeist die Grundlage jeglichen wirtschaftlichen und folglich auch sozialen Fortschrittes ist. Aber dieser Unternehmergeist muss seine soziale Verantwortung wahrnehmen und danach handeln." Zur Erinnerung fuer diejenigen, welchen diese Aussage nicht ganz klar ist, die Devise des Forums:Unternehmergeist im oeffentlichen, globalen Interesse".
Man sieht also, dass sich das WEF weder damit begnuegt, all diese Entscheidungstraeger, Fachleute und "global leaders" zusammenzubringen, noch ihnen Teegebaeck zu servieren, sondern auch aktiv an der Gestaltung der Diskussionen teil nimmt.

Die Themen des Davoser Forum

An jedem Gipfel gibt das WEF - mit Hilfe seiner "institutionellen Partner" (Konzerne, die das WEF finanziell unterstuetzen) - ein "Arbeitsprogramm" heraus, welches "neue Tendenzen", "Probleme" und andere "Veraenderungen" der "globalen Agenda" enthaelt. So waren 1996 "Chancen und Risiken der Globalisierung", 1997 die Informationstechnologie Schwerpunktthemen. Dieses Jahr lautet das Programm:"Die globale Verantwortung: mit der Globalisierung umgehen."

...und deren Umsetzung1

Neben der Definition und der Verbreitung ideologischer Konzepte, kann das WEF auch einige konkrete Erfolge verbuchen - und zwar nicht unwesentliche: das WEF weist stolz darauf hin, im Globalisierungsprozess eine fuehrende Rolle gespielt zu haben. Neben zahlreichen "business opportunities", verdanken wir hauptsaechlich dem WEF, dass die Verhandlungen der "Uruguay-Runde" anfang der achziger Jahre wieder aufgenommen wurden. Ein weiterer "Erfolg" sind die Verhandlungen ueber die Liberalisierung von Finanztransaktionen.
Das WEF spielte auch eine Hauptrolle bei der Entspannung zwischen Griechenland und der Tuerkei 1988; bei der Ausarbeitung des GAP-Projektes in der Tuerkei; bei der Annaeherung West- und Ostdeutschlands 1990 (tatsaechlich haben sich die Chefs, von denen man sagt, sie haetten alles gemeistert, in Davos getroffen...); bei der Lancierung des Umweltgipfels in Rio 1990; bei der Unterzeichnung des "Gaza-Jericho-Abkommens" zwischen der PLO und Israel... Es ist diese Art von "Erfolg", die sie sagen laesst: "Wir glauben, dass der Fortschritt nur moeglich ist, wenn die Regierungen und die Wirtschaft frei und konstruktiv die Probleme diskutieren und zusammen die besten Loesungen erarbeiten koennen."

Die Zitate sind der homepage des WEF (http://www.weforum.org) entnommen.

(1) Siehe auch: "Das WEF und der Osten Europas"