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Zur Sanierungsvorlage der Reitschule

Seine erste Sitzung im Mai wird der Gemeinderat der Stadt Bern einem Hauptthema widmen: der Sanierungsvorlage betreffend Reitschule. Anfang Mai nämlich ist der Moment, in dem die Projektvorlage soweit ausgearbeitet ist, dass sie die Instanzen durchlaufen kann. Das es soweit gekommen ist, war und ist mit vielen Diskussionen und viel Arbeit auch von Seiten der IKuR verbunden.

Am Anfang des aktuellen Geschichtskapitels rund um die Reitschule war der Stadtratsentscheid vom 4. September letzten Jahres, der die Ausarbeitung eines Sanierungsprojektes für die Reitschule verlangte und dafür einen Projektierungskredit zur Verfügung stellte. Auflagen des Projektes waren vor allem die Etappierbarkeit der Gesamtsanierung und das Vorlegen eines längerfristigen Nutzungskonzeptes - was nicht zuletzt eine Regelung betreffend Gastgewerbepatent und Betriebsbewilligung erforderte.
           Sobald der Auftrag an das Hochbauamt und die Liegenschaftsverwaltung erfolgt war, setzten sich Stadtbehörden-VertreterInnen mit der IKuR in Verbindung und fragten nach Zusammenarbeit. Diese wurde zugesagt, und so nahm die Projektierung der Gesamtsanierung mit Mitarbeit der IKuR ihren Lauf.

Gastgewerbegesetz vs. Kollektiv

Die wohl grösste Knacknuss in der Zusammenarbeit Stadt-IKuR stellt die Betriebsbewilligung im Sinne des kantonalen Gastgewerbegesetzes (GGG) dar. Ein kleiner Exkurs: Zwar wurde mit der Revision des GGG die Bedürfnisklausel (pro soundsoviel EinwohnerInnen gibt es nur soundsoviele Kneipen) fallengelassen, bestehen blieb aber der Zwang nach einer Betriebsbewilligung und damit nach einer verantwortlichen Person pro Betrieb. Die verschiedenen Bars und sonstigen gastgewerblich genutzen Räume in der Reitschule werden bekanntlich kollektiv verwaltet, was denn auch das Problem aufzeigt: Kollektiv heisst zusammen, das GGG verlangt aber nach einer einzelnen Person. Für die Reitschule-BetreiberInnen eine Macht- und Verantwortungskonzentration, welche mit der Struktur und Idee der Reitschule nicht vereinbar ist - eigentlich.
           Doch wie das so ist, wenn man von irgendwem irgendwas will, muss man auch etwas geben. Die Sanierung der Reitschule ist uns wichtig, wir wollen weitere zehn oder zwanzig oder hundert Jahre ein autonomes Kulturzentrum betreiben. Wenn wir dies in einem Gebäude machen wollen, das nicht bald zusammenstürzt, sind wir auf die Stadt als Besitzerin und somit Saniererin angewiesen. Die Frage stellt sich bloss, wieweit man auf Gegenforderungen einsteigen will oder nicht. Da uns mehrmals von verschiedenen StadtvertreterInnen zugesichert worden ist (und wir sie immer daran erinnern werden), durch die Sanierung und der damit verbundenen Bedingung werde der Betrieb, wie er heute ist, nicht wesentlich verändert, haben wir uns an einer Vollversammlung dazu durchgerungen, betreffend Betriebsbewilligung mit der Stadt in Verhandlungen zu steigen. Natürlich immer mit der notwendigen Aufmerksamkeit...

Ökologisch, frauengerecht und sozialverträglich

Das Sanierungsprojekt erfüllt auch die zweite Stadtratsauflage, die Etappierung. In einem ersten Schritt (Kosten rund 7.5 Millionen Franken) werden die Gebäudehülle und die baurechtlich notwendigen Installationen (Lüftungen, neue, emissionsärmere Heizung, mehr sanitäre Anlagen, Notausgänge) in Angriff genommen. Grösster Brocken dürfte die Sanierung sämtlicher Dächer sein. Wie auch alle andern Gebäudeteile wurden diese zwar von der IKuR immer wieder geflickt, aber aus finanziellen Gründen jeweils nur notdürftig. Neben den Dächern sollen die Grundmauern - wo undicht - repariert oder ersetzt werden, Fenster, Aussentüren und Tore und Jalousien nur da repariert, wo dies unbedingt nötig ist (bei allen Fassadenreparaturen soll die Denkmalpflege miteinbezogen werden). Und nicht zuletzt soll bzw. muss der Vorraum «entbetonisiert» werden.
           In der zweiten Etappe soll das 1990 abgebrannte Obergeschoss der Remise West wieder aufgebaut werden. Wie dieser Aufbau aussehen wird, ist noch völlig unklar. Ausserdem wird für die Grosse Halle eine Unterkellerung in Erwägung gezogen, um dem Verantsaltungsort Nebenräumlichkeiten zur Verfügung stellen zu können.
Schwerpunkt Ökologie: Für die IKuR ist klar, dass die Sanierung so ökologisch wie nur irgendwie möglich vor sich gehen muss und auch die neuen Installationen ökologische Grundsätze erfüllen müssen. Da sich der …kologieanspruch aber nicht auf beispielsweise Sonnenkollektoren auf dem Dach der Grossen Halle beschränken soll, werden verschiedene Schulklassen diverser Ingenieur- und Hochschulen Grundlagenuntersuchungen betreffend der Energieflüsse in der Reitschule - sowohl während der Sanierung als auch beim Normalbetreib - vornehmen. Die IKuR-Idee dabei ist, aufgrund dieser Grundlagen einen Umsetzungswettbewerb auszuschreiben.
Schwerpunkt frauengerechte Sanierung: Ebenso wichtig ist der IKuR die frauengerechte Planung der Sanierung, was nicht zuletzt auch die Umgebungsgestaltung miteinbezieht. Aktuell ist der Eingang zur Reitschule schlecht gekennzeichnet und beleuchtet, was durchaus abschreckend wirken kann. Ausserdem sind die Frauentoiletten ungünstig angesiedelt (sprich neben bzw. hinter den Männertoiletten), die ganze Reitschule ist tendenziell schlecht ausgeleuchtet und führt die Besucherin kaum an den gesuchten Ort. Dass sich dies in der Reitschule selbst ändern muss, ist selbstverständlich. Dass zu einer (frauengerechten) Planung aber auch die Umgebung gehört, muss den Stadtbehörden erst noch in den Kopf gehämmert werden. So läuft im Moment die Planung für die Umsetzung von KÜL («Kurzfristige Übergangslösungen») für die Innenstadt. Fatalerweise gibt es dabei zwar Arbeitsgruppen, die sich um den Bahnhofplatz, um den Kleeplatz und um die Situation bis auf die andere Seite der Lorrainebrücke kümmern, ausgerechnet der Katastrophensituation Bollwerk aber scheint sich niemand anzunehmen...
Schwerpunkt soziale Sanierung: Die IKuR hat seit Beginn der Projektierungsarbeit daran festgehalten (und wird es auch weiterhin tun), dass das Modell Bauhütte bei der Sanierung zum Zuge kommt. Darunter verstehen wird nicht zuletzt die Mitbestimmung (und nicht nur Mitsprache) der IKuR bei den detaillierten Planungs- und Umsetzungsarbeiten, den Einbezug der BetreiberInnen bei den Renovationsarbeiten, sozialverträgliche Arbeitsbedingungen sämtlicher «Fremdfirmen», die bei der Sanierung beteiligt sein werden, uswusf. Wie weit die Stadtbehörden sich darauf einlassen werden, bleibt abzuwarten. Zwar wird im Entwurf der Abstimmungsbotschaft die «Bauhütte: Neuer Weg bei der Ausführung» erwähnt, doch konkretisiert ist das Phänomen Bauhütte noch lange nicht. Die IKuR wird sich mit der Stadt über Submissionsbedingungen, finanzielle Kompetenzen und Mitbestimmungsrecht noch einige Male streiten müssen...

Wo bleibt die Autonomie?

Natürlich sind die Vorwürfe, die IKuR verkaufe sich mit der Sanierung und den damit verbundenen Bedingungen an die Stadt, längst erhoben worden. Es ist richtig, dass wir den Verhandlungen betreffend Betriebsbewilligung nur zugestimmt haben, weil wir in einem Gebäude arbeiten wollen, das uns nicht früher oder später über dem Kopf zusammen bricht. Es ist auch richtig, dass wir damit einen weiteren Schritt Richtung (totaler) Legalisierung des doch ehemals besetzten Gebäudes gemacht haben. Es ist natürlich auch richtig, dass sich die RGM-Regierung mit dieser Sanierung in den Köpfen der Stimmberechtigten als verhandlungsfähig und offen für alle(s) verewigen will.
           Dies alles hat aber mit der Aufgabe von Autonomie noch gar nichts zu tun. Sondern vielmehr damit, dass wir eben diesen autonomen Betrieb weiterführen wollen in einem Gebäude, welches dies ermöglicht. Und da wir nun mal nicht aus eigener Kraft 7.5 Milionen Franken für eine Sanierung aufwerfen können, lassen wir dies die Liegenschaftsbesitzerin machen (wozu sie nach Obligationenrecht so oder so verpflichtet wäre). Wenn die Stadt das Gebäude saniert, heisst das aber noch lange nicht, dass sie uns in unserem Betrieb reinreden kann. Vielleicht formal mit Betriebsbewilligungen usw., aber ganz bestimmt nicht inhaltlich. Dafür sind wir noch immer selbst verantwortlich und werden es auch bleiben.

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Die Projektierenden
Das Sanierungsprojekt wurde von den ArchitektInnen Silvia und Kurt Schenk und Peter Keller unter Einbezug diverser IngenieurInnen und SpezialistInnen ausgeabeitet. Begleitet wurden sie dabei einerseits von der Projektgruppe (Christian Lindau, Hochbauamt; Marcel Mischler, Liegenschaftsverwaltung, eine Vertreterin des Vereins Grosse Halle und drei VertreterInnen der IKuR) und andererseits von der Baukommission (Victor Riedi, Präsidialdirektion; Maria Holzer-Britschgi, Liegenschaftsverwaltung; Ueli Laedrach, Hochbauamt; eine Vertreterin vom Förderverein, ein Vertreter des Vereins Grosse Halle und zwei VertreterInnen der IKuR).
           Die Arbeit der Projektgruppe bestand seit September vor allem darin, «Detail»-Vorstellungen der IKuR und der Stadt betreffend Sanierung an die ArchitektInnen weiterzuleiten, nachdem sie von beiden Seiten akzeptiert worden waren. Die Baukommission ihrerseits «kontrollierte» die Arbeit und verglich sie jeweils mit dem Auftrag des Stadtrates. Ausserdem wurden von der Baukommission das Nutzungskonzept und die Abstimmungsunterlagen ausgearbeitet und -formuliert. Bereits nach kurzer Planungsarbeit und deutlich an der IKuR-internen Zukunftswerkstatt im Januar 1998 zeigte sich, dass einem wichtigen Aspekt der Sanierung zu wenig Beachtung geschenkt wurde: der Umgebungsplanung. Die Projektgruppe gab daraufhin einer Gruppe «Umgebungsgestaltung» (Gisela Vollmer, Architektin; eine Vertreterin des Vereins Grosse Halle und zwei VertreterInnen der IKuR) den Auftrag, sich darum zu kümmern.
           Auch beim Auftrag an die ArchitektInnen musste die IKuR intervenieren, sah die Stadt doch als Ausführende nur das Ehepaar Schenk vor, welches von der Reitschule und deren Betrieb kaum eine Ahnung hat(te). Mit Peter Keller konnte die IKuR einen «Vertrauensmann» beauftragen, welcher als Mitglied des Fördervereins der IKuR um einiges näher steht.