MEDIENSPIEGEL
17. - 23. OKTOBER 2011
Bund 22.10.11
Brocante.
Die traditionsreiche Berner Brocante findet heuer erstmals in der
Grossen Halle der Reitschule statt. Noch heute und morgen bieten
über 40 Aussteller aus der ganzen Schweiz verschiedenste
Antiquitäten an. (man)
---
BZ 22.10.11
Jimy Hofer: "Und dich nehme ich mir persönlich zur
Brust"
Stadt Bern. Heikle Provokation und denkwürdige Voten im
Stadtrat: Jimy Hofer (parteilos) hat Rolf Zbinden (PdA) gedroht, "ihn
zur Brust zu nehmen". Hofer kündigte zudem an, "illegale Demos"
mit eigenen Leuten verhindern zu wollen.
Einen Tag später relativierte Hofer zumindest einen Teil seiner
Aussagen.
Bei Traktandum 20 kippte die bis dahin freundliche Stimmung im
Berner Stadtrat am Donnerstagabend. Bedächtig begab sich Jimy
Hofer zum Rednerpult, holte Luft - und setzte an: "Einen
illegalen Marsch wie jenen der Antikapitalisten vor zehn Tagen wird es
in Bern nie mehr geben", polterte Hofer in den Saal, "das
kann ich garantieren!" Und: "Ich kenne genug Leute."
Bei der nächsten "illegalen Demo" würden "diese Leute"
frühzeitig bereit sein. "Wir
werden euch in den Weg stehen", sagte Hofer, schaute in Richtung
des Stadtratskollegen Rolf Zbinden (PdA) und rief ihm zu: "Und
dich nehme ich mir persönlich zur Brust!" Er, also Zbinden,
sowie Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP)
hätten von nun an ein Problem, schloss Hofer seine Wutrede
vorerst: "Und dieses Problem heisst Jimy Hofer."
"Diese Ebene passt mir nicht"
"Ich muss auf diese Drohungen hin jetzt nicht grad
hyperventilieren", reagierte Zbinden wenig später vorerst
gelassen. Dann aber enervierte auch er sich zunehmend. Er frage sich,
wo man heute stehe, so Zbinden. Jahrelang habe man in Bern
bezüglich Demos eine ruhige Situation gehabt, auch dank dem
Sicherheitsdirektor. Jetzt sei die Stimmung wieder gekippt. Die
Bürgerwehraktionen an der Antika-Demo (siehe Kasten) seien eine
andere, eine neue Schiene gewesen, so Zbinden, der am unbewilligten
Anlass selber mitgelaufen war. Er sei der Letzte, der nicht verstehe,
wenn man mal explodiere: "Aber dieser persönliche Angriff
von Hofer, diese Ebene, das passt mir gar nicht." Dass sich Hofer
zehn Tage nach der Demo noch einmal derart inszenieren müsse,
"dahinter steckt schlicht und einfach Kalkül".
Die Voten von Hofer stiessen bei einer Ratsmehrheit auf
Unverständnis. "Massiv und nicht zu akzeptieren" sei
es, was Jimy Hofer hier erzähle und wie er einem anderen
Ratsmitglied drohe, fand Rahel Ruch (GB/JA). Hasim Sancar (GB) warf
ein, dass in einem Rechtsstaat nicht einfach Bürger die Aufgabe
der Polizei übernehmen könnten. Und Leyla Gül (SP/Juso)
machte Hofer und die SVP darauf aufmerksam, dass es auch illegal sei,
"sich einfach so ins Getümmel einer unbewilligten Demo zu
stürzen".
"Das war halt Berndeutsch"
Mit einem Tag Abstand relativierte Hofer seine Aussage gestern
zum Teil. "Zur Brust nehmen" sei halt Berndeutsch und
bedeute, dass er sich Zbinden mal persönlich vorknöpfen, also
mit ihm reden wolle. Mit Androhung körperlicher Gewalt habe das
nichts zu tun. Davon distanziere er sich. "Aber mir ist schon
klar, dass man meine Aussage so oder so interpretieren kann." Das
sei auch nicht schlimm und "rüttle den Stadtrat" mal
auf.
Unterstützung in der Sache hatte Jimy Hofer im Stadtrat
zuvor von SVP-Fraktionschef Roland Jakob erhalten. Jakob fand, dass es
bezüglich unbewilligter Demos ohne Bewilligung in Bern "so
nicht weitergehen" dürfe. Auch er rief die Bürger dazu
auf, "hinzustehen und die Chaoten zu stören".
"Wollen keinen Bürgerkrieg"
Mehrmals fiel an diesem Abend der Begriff Bürgerkrieg,
zumeist in Verbindung mit dem Plakat der Reitschule (siehe Kasten).
Jimy Hofer sah sich im Rat schliesslich dazu veranlasst, zu
erklären, dass er nie gesagt habe, dass man einen Bürgerkrieg
wolle. "Das wäre abstrus. Aber die Bürger sollen sich
wehren, wenn es der feige Stadtpräsident und der feige Gemeinderat
nicht machen." Gestern präzisierte Hofer: "Ich habe
auch nie von Bürgerwehr gesprochen, aber es ist so: Die
Bürger müssen sich wehren, nicht vermummt, nicht bewaffnet
und nicht gewalttätig." Auch Roland Jakob (SVP) hielt im Rat
fest: "Wir rufen nicht zum Bürgerkrieg auf. Wir schreiben
aber auch keine ‹Welcome to hell›-Transparente auf das Dach der
Reitschule."
"Jetzt mässigt euch!"
Erschüttert, schlicht erschüttert sei er über
diese Diskussion, sagte schliesslich Polizeidirektor Reto Nause (CVP),
als es an ihm war, auf all die Voten zu reagieren. "Jetzt
mässigt euch!", rief er in den Saal und ergänzte: "Lasst die
Wellen jetzt nicht wieder hochgehen." In Bern
habe man seit vier Jahren keine bürgerkriegsähnlichen
Zustände mehr, sagte Nause in Anspielung auf die Ausschreitungen
am SVP-Marsch im Jahr 2007. Und an die Adresse von Hofer sagte Nause:
"Mit Aufrufen wie jenem, selber auf die Strasse zu gehen, macht
man der Polizei die schwierige Arbeit unnötig noch
schwerer."
Wolf Röcken
-
Antika-Demo
Am Samstag vor einer Woche hatte sich Jimy Hofer beim Bollwerk
vor die unbewilligte Demo der Antikapitalisten (Antika) gestellt.
Demonstranten attackierten ihn mit Pfefferspray (wir berichteten).
Gleich war es SVP-Fraktionschef Roland Jakob ergangen. Im Demozug
mitgelaufen war PdA-Stadtrat Rolf Zbinden. Als Reaktion auf die
Vorkommnisse prangt auf dem Dach der Reitschule seit Anfang Woche der
Schriftzug "Bürgerkrieg jetzt - Jimy Hofer in den
Nationalrat". Hofer bedankte sich am Donnerstag im Stadtrat
ironisch für die "Unterstützung von unerwarteter
Seite".wrs
-
Reitschule
Anlass der Debatte (siehe Haupttext) war eine Interpellation von
Alexander Feuz (FDP). In dieser stellte er die Verlängerung des
Leistungsvertrags mit der Reitschule infrage. Andere Ratsmitglieder
wiesen darauf hin, dass der Vertrag noch nicht traktandiert sei. Feuz
stellte zudem ein Gesuch für Akteneinsicht rund um
Polizeieinsätze bei der Reitschule. Sicherheitsdirektor Nause
kündete an, dies zu gewähren. Nause sagte auch, dass der
Gemeinderat Slogans wie "Welcome to hell" auf dem
Reitschule-Dach aufs Schärfste verurteile und die Reitschule
auffordere, solche Provokationen zu unterlassen.wr
---
Bund 22.10.11
Berner Stadtrat. Die Reitschule als Rückzugsort für
Chaoten: Dieses Thema echauffierte viele Parlamentarier und sorgte
für ein Donnerwetter. Sogar der Ausdruck Bürgerkrieg fiel.
Bürger kriegen keine Sicherheit
Markus Dütschler
Wenn zwei bürgerliche Stadträte von Vermummten an einer
unbewilligten Anti-Kapitalisten-Demo angegriffen werden, besteht
Klärungsbedarf, sobald das Parlament wieder tagt. Das war nach den
Herbstferien erst am Donnerstag wieder der Fall. Den Aufhänger
lieferte Alexander Feuz (FDP) mit einer dringlichen Interpellation.
Zwar hatte der Gemeinderat die darin gestellten Fragen schon
beantwortet, aber eher allgemein und ausweichend, wie es Feuz schien.
Dieser hatte wissen wollen, wie oft Polizisten im Umfeld der Reitschule
angegriffen würden und wie gut oder schlecht die Zusammenarbeit
zwischen Behörden und Reitschule spiele. Es frage sich, so Feuz,
ob mit dieser Institution wieder ein Subventionsvertrag abgeschlossen
werden solle. Dieser wird nächstens behandelt.
Roland Jakob (SVP) war einer der Attackierten am 8. Oktober. Der
andere war Jimy Hofer, dem ein Schwarzblock-Kämpfer Reizgas ins
Gesicht gesprayt hatte. Hofer blieb im Rat vorerst ruhig, dankte der
Reitschule sogar listig für die Propaganda zu seinen Gunsten auf
dem Dach ("Bürgerkrieg jetzt - Jimy Hofer in den
Nationalrat"): So viel Unterstützung erhalte nicht einmal
Rolf Zbinden (PdA). Dieser war 2007 an der unbewilligten Anti-SVP-Demo
mit dem Transparent "Welcome to Hell" aufgefallen und
gehört bei Antifa-Aufmärschen zum Inventar. Roland Jakob
hielt Zbinden zugute, dass er "immerhin sein Gesicht"
zeige. Von Hofer erhielt Zbinden kein Lob, sondern eine Warnung:
"Solche Aufmärsche werden nicht mehr toleriert."
Zbinden nehme er sich persönlich zur Brust, sagte der Alt-Rocker,
"du solltest dich warm anziehen, ich bin hart im Nehmen, aber
noch härter im Geben".
Von linker Seite gab man sich entsetzt. Bürgerkrieg,
Drohungen und Bürgerwehren hätten in einer Demokratie nichts
zu suchen. Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) flehte
erschüttert: "Mässigt euch!" Zbinden sinnierte,
eine Überreaktion in der Hitze der Demo könne er akzeptieren,
nicht aber diese "gezielte Provokation im Rat zehn Tage nach dem
Geschehen". Das sei Kalkül: "Das fährt mir in die
Knie." Leyla Gül (SP) erinnerte daran, dass das Volk
fünfmal Ja zur Reitschule gesagt habe. Zur Kultur in der
Reitschule, gab Hofer zurück, aber nicht zu diesem
"extremistischen Demopack, das die Reitschule missbraucht"
- und so den Freiraum kaputt mache, für den auch er kämpfe.
Simon Glauser (SVP) sagte, er habe sich langsam zu einem
Befürworter der Reitschule entwickelt, doch nun schlage das Pendel
zurück. Bürgerkrieg? Wer hatte eigentlich damit gedroht? Er
nicht, sagte Hofer. So stehe es auf dem Transpi auf dem Reitschuldach.
Er werde bei der nächsten unbewilligten Demonstration keine Gewalt
anwenden, aber er werde nicht mehr alleine vor Ort sein. "Wenn
der Gemeinderat zu feige ist, solche Aufmärsche abzustellen, dann
muss der Bürger auf die Strasse." Jacqueline Gafner (FDP)
sekundierte, es bestehe dringender Handlungsbedarf, "sonst jagt
es dem Normalbürger langsam den Nuggi heraus". Auf die
eigentliche Reitschuldebatte im Spätherbst, wenn es um den
Subventionsvertrag geht, darf man also gespannt sein.
---
Langenthaler Tagblatt 22.10.11
Stadtrat Hofer droht Zbinden
Bern. Antikapitalismus-Demo löst im Parlament
Reitschul-Debatte aus
Die Begleiterscheinungen der jüngsten
Antikapitalismus-Kundgebung haben im Berner Stadtrat die Wogen
hochgehen lassen. Der parteilose Stadtrat Jimy Hofer drohte dem
Ratsmitglied Rolf Zbinden (PdA) offen mit Gewalt. Bei der nächsten
illegalen Kundgebung werde er sich diesen zur Not "selbst zur
Brust nehmen", sagte der Nationalratskandidat Hofer.
Hofer hatte sich am vorletzten Samstag vor den Demonstrationszug
gestellt und war mit Pfefferspray attackiert worden. Gleich erging es
SVP-Stadtrat Roland Jakob, der den Umzug beobachtet hatte. Auf dem Dach
der Reitschule prangt seit kurzem eine zweifelhafte Wahlwerbung
für die Nationalratskandidatur Hofers. Dafür bedankte sich
der Stadtrat mit ironischem Unterton. Sicherheitsdirektor Reto Nause
(CVP) zeigte sich "erschüttert" über die
Diskussion, wie sie "heute geführt worden ist". "Ich rufe euch
auf, mässigt euch."
Den Anstoss für die hitzige Debatte hatte FDP-Stadtrat
Alexander Feuz mit einer Interpellation gegeben. Er stellte die
Verlängerung des Subventionsvertrags mit der Reitschule zur
Debatte. So seien Polizeieinsätze rund um das Gebäude
offenbar "nicht durchführbar". Leyla Gül von der
SP/Juso-Fraktion prangerte das "gebetsmühlenartige
Herumhacken" auf der Reitschule an. Hofer wollte allerdings
festgehalten haben, dass es ihm nicht um die Reitschule gehe, sondern
um die illegalen Kundgebungen.
Zu reden gab weiter die von der Schliessung bedrohte
legendäre Berner Sportanlage Ka-We-De. Der Stadtrat hat einer
FDP-Motion zugestimmt: Diese verlangt, dass eine allfällige
Umnutzung vom Parlament abgesegnet werden muss. (sda)
---
bernerzeitung.ch 21.10.11
Jimy Hofer: "Ich würde ein persönliches Wort mit
Zbinden reden"
Von Adrian Kammer
Die
beiden Stadträte Jimy Hofer und Rolf Zbinden lieferten sich in der
Sitzung vom Donnerstag ein heftiges Wortgefecht. Einen Tag später
relativiert Hofer seine "Drohung".
Am Donnerstag kam es im
Stadtrat Bern zu
einer hitzigen Debatte: Der parteilose Jimy Hofer und Rolf Zbinden von
der kommunistischen Partei gerieten sich in die Haare. Die
Diskussion drehte sich um den Vorfall am Samstag, 8. Oktober, als
Nationalratskandidat Hofer sich vor einen Demonstrationszug stellte und
mit Pfefferspray attackiert wurde.
Wie Hofer gegenüber
Bernerzeitung.ch/Newsnet bestätigte, habe er Zbinden gesagt, er
würde
ihn bei der nächsten illegalen Demonstration "selbst zur
Brust nehmen".
Gleichzeitig relativiert Hofer aber seine Aussage vom Donnerstagabend:
"Das ist halt einfach Berndeutsch. Damit meine ich, dass ich ein
persönliches Wort mit ihm reden würde." Er distanziert
sich von
körperlicher Gewalt als Mittel.
Zbinden will keine "Bürgerwehr"
Für
Zbinden hat die Diskussionen im Stadtrat eine neue Ebene erreicht.
Früher sei es schliesslich auch möglich gewesen, solche Dinge
ohne
Aufregung zu diskutieren. Den genauen Wortlaut von Hofers Aussage kann
Zbinden nicht wiedergeben. Er sagte jedoch zu Bernerzeitung.ch/Newsnet,
dass Hofer gedroht habe, bei der nächsten illegalen Demo "mit
Anderen
aufzukreuzen". Wer mit "Anderen" gemeint sei,
könne man sich ja gut
vorstellen.
Was Zbinden am meisten stört ist, dass Hofer immer
noch nicht von seiner Idee einer Bürgerwehr abgewichen ist: "Ich
verstehe, dass man unmittelbar nach einer Pfeffersprayattacke heftig
reagiert. Doch am nächsten Tag ist man sich bewusst, Dinge gesagt
zu
haben, die man nun bereut." (Bernerzeitung.ch/Newsnet)
---
bernerzeitung.ch 21.10.11
Jimy Hofer drohte Rolf Zbinden mit Gewalt
sda / mau
Die Begleiterscheinungen der jüngsten Antikapitalismus-
Kundgebung haben im Berner Stadtrat die Wogen hochgehen lassen. Der
parteilose Stadtrat Jimy Hofer drohte dem Ratsmitglied Rolf Zbinden
(PdA) offen mit Gewalt.
Bei der nächsten illegalen Kundgebung werde er sich diesen
zur Not "selbst zur Brust nehmen", sagte der
Nationalratskandidat Hofer.
Hofer hatte sich am vorletzten Samstag vor den Demonstrationszug
gestellt und war mit Pfefferspray attackiert worden. Gleich erging es
SVP-Stadtrat Roland Jakob, der den Umzug beobachtet hatte.
Auf dem Dach der Reitschule prangt seit kurzem eine zweifelhafte
Wahlwerbung für die Nationalratskandidatur Hofers. Dafür
bedankte sich der Stadtrat mit ironischem Unterton.
Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) zeigte sich
"erschüttert" über die Diskussion, wie sie "heute
geführt worden ist". "Ich rufe euch auf,
mässigt euch."
Den Anstoss für die hitzige Debatte hatte FDP-Stadtrat
Alexander Feuz mit einer Interpellation gegeben. Er stellte die
Verlängerung des Subventionsvertrags mit der Reitschule zur
Debatte. So seien Polizeieinsätze rund um das Gebäude
offenbar "nicht durchführbar".
Leyla Gül von der SP/JUSO-Fraktion prangerte das
"gebetsmühlenartige Herumhacken" auf der Reitschule
an. Hofer wollte allerdings festgehalten haben, dass es ihm nicht um
die Reitschule gehe, sondern um die illegalen Kundgebungen.
---
derbund.ch 21.10.11
Antikapitalismus-Kundgebung: Hitzige Diskussionen im Stadtrat
sda / gbl
Die Begleiterscheinungen der jüngsten Antikapitalismus-
Kundgebung haben im Berner Stadtrat die Wogen hochgehen lassen. Der
parteilose Stadtrat Jimy Hofer drohte dem Ratsmitglied Rolf Zbinden
(PdA) offen mit Gewalt.
Bei der nächsten illegalen Kundgebung werde er sich diesen
zur Not "selbst zur Brust nehmen", sagte der
Nationalratskandidat Hofer. Hofer hatte sich am vorletzten Samstag vor
den Demonstrationszug gestellt und war mit Pfefferspray attackiert
worden. Gleich erging es SVP-Stadtrat Roland Jakob, der den Umzug
beobachtet hatte.
Auf dem Dach der Reitschule prangt seit kurzem eine zweifelhafte
Wahlwerbung für die Nationalratskandidatur Hofers. Dafür
bedankte sich der Stadtrat mit ironischem Unterton. Sicherheitsdirektor
Reto Nause (CVP) zeigte sich "erschüttert" über
die Diskussion, wie sie "heute geführt worden ist". "Ich rufe euch
auf, mässigt euch."
Den Anstoss für die hitzige Debatte hatte FDP-Stadtrat
Alexander Feuz mit einer Interpellation gegeben. Er stellte die
Verlängerung des Subventionsvertrags mit der Reitschule zur
Debatte. So seien Polizeieinsätze rund um das Gebäude
offenbar "nicht durchführbar".
Leyla Gül von der SP/JUSO-Fraktion prangerte das
"gebetsmühlenartige Herumhacken" auf der Reitschule
an. Hofer wollte allerdings festgehalten haben, dass es ihm nicht um
die Reitschule gehe, sondern um die illegalen Kundgebungen.
---
Bund 21.10.11
Die Farbe der Traurigkeit
"Das Jagdgewehr" von Yasushi Inoue ist eine
grossartige Parabel über Liebe und Selbstbetrug. Im Tojo der
Reitschule wird sie auf die Bühne gebracht.
Brigitta Niederhauser
Laub raschelt, ein Cello schluchzt. Und vergilbt sind die Briefe
in der Hand der Frau. Man ist gewarnt. Bleischwer liegt das
Unglück in der Luft. Und doch ist nichts, wie es scheint. Die drei
Briefe, aus denen die Frau mit dem leicht verhärmten Gesicht auf
der Bühne des Tojo vorliest, erzählen unterschiedliche
Wahrheiten. Es sind Abschiedsbriefe dreier Frauen, adressiert an den
gleichen Mann. Zu sagen haben sie ihm alle drei nachher nichts mehr.
Die Ehefrau will sich von ihm trennen und fordert ein paar seiner
Häuser. Die Geliebte, die Cousine der Ehefrau, vergiftet sich, und
ihre nichts ahnende Tochter, die sich von der Mutter verraten
fühlt, will nichts mehr mit dem ehebrecherischen Onkel zu tun
haben.
Ausgesparte Antwort
Was auf den ersten Blick nach einem komplizierten Dreieck
aussieht, ist eine grossartige Parabel über Liebe und
Selbstbetrug. Sätze wie klirrende Eiszapfen formuliert der
japanische Schriftsteller Yasushi Inoue in der kurzen Geschichte "Das
Jagdgewehr" (1949). "Ja, weil wir nicht anders
können als Verbrecher zu sein, wollen wir grosse Verbrecher sein
und alle täuschen", verspricht die Geliebte ihrem
Angebetenen, als die verbotene Liebesgeschichte ihren Anfang nimmt.
Noch stärker als alle andern täuschte sie sich aber selber,
als sie sich von ihrem untreuen Mann trennte und mit einer verbotenen
Liebe tröstete.
Die Berner Schauspielerin Ruth Schwegler verkörpert alle
drei Frauen ohne grosse äussere Regungen. Als Gefangene des
komplexen Beziehungsgeflechts zeigt sie die drei überwältigt
von unendlicher Trauer und spart eine Antwort auf die Frage aus, ob den
beiden überlebenden Frauen der Neuanfang gelingt. Und gern
hört man ihr zu, weil sie auf Dramatisches genauso verzichtet wie
auf Untertöne und ganz dem ungeschminkten Text vertraut.
Japanischer Malkasten
Allzu rätselhaft präsentiert sich aber die
Aufführung für jene, die mit Inoues komplexer Geschichte
nicht vertraut sind. Da hilft auch die Figur des Mannes nicht weiter,
der als stummer Zeuge sich den Inhalt der Briefe anhört. Philippe
Nauer macht ihn zwar zur Sphinx, an der die Frauen mit ihren
schmerzlichen Erkenntnissen auflaufen, und gelungen ist der Einfall,
ihn wortwörtlich als Projektionsfläche zu benutzen, um auf
seinem Rücken die Rahmenhandlung zu projizieren. Doch allzu
trivial ist sein Auftritt, wenn er nicht aufhören will,
symbolträchtig ein Stück Knetmasse zu traktieren.
Ein Aktionismus, der empfindlich die Verlorenheit der drei Frauen
stört. Denn Regisseurin Katharina Ramser lässt Claudine
Müller die Leerstellen mit herben melancholischen, aber doch
tröstlichen Cellovariationen ausmalen, taucht so die ganze
Aufführung in die Farbe der Traurigkeit, ein zentrales Element des
japanischen Malkastens.
Weitere Aufführungen heute und morgen jeweils um 20.30 Uhr
im Tojo der Reitschule.
---
kulturstattbern.derbund.ch 20.10.11
Roll Bus Roll
Von Benedikt Sartorius am Donnerstag, den 20. Oktober 2011, um
11:12 Uhr
"Pass the Mic"
heisst einer der favorisierten Tracks der Beastie Boys. Das Mikrofon
wandert von MC zu MC und so war das gestern auch ein wenig im Rössli, wo
sich anlässlich der "Weirdo Heroes World Tour" gleich
vier Rapper die Ehre gaben.
Paranoid
Castle besorgte im schweren Anzug den hart-kopfnickenden und
packenden Einstieg, gab das Mik weiter zum schwergewichtigen Ceschi,
dem die Why?-Anticon-Schule schön und deutlich anzumerken war, ehe
Louis
Logic
reizvolle Raps und Sounds und aber auch eine ziemlich unlustige und
polarisierende Geschichte über alte Schwänze und grosse
Vaginas
erzählte.
Schliesslich übernahm Regan Farquhar alias Busdriver
aus Los Angeles das Mik und den Sampler, stellte seine unnachahmliche
virtuose Schnelligkeit in Freestyles, die durch alle Rhythmen und
Tonhöhen fliessen, zur Schau und spielte klassische Tracks wie "Imaginary Places" oder den "Unemployed
Black Astronaut".
Der Höhepunkt seines Auftritts war aber seine
Einlage über den Aphex-Twin-Wundertrack "vordhosbn".
Wie Busdriver über diese verzwickte Vorlage seinen Sprechgesang
legte,
als wärs das leichteste der Welt, das war schön
unerhört.
Überhaupt: Ein schönes Paket war diese
Weirdo Heroes World Tour, die im Rössli gerade an einem kalten
Mittwoch bestens wirkte.
---
kulturagenda.be 20.10.11
Brocante in der Grossen Halle
Zum ersten Mal findet dieses Jahr die Brocante Bern in der Grossen
Halle der Reitschule statt. Die Brocante ist nicht mit dem
allmonatlichen Reithallen-Flohmi zu verwechseln: Rund vierzig
Aussteller bieten während drei Tagen ausgewählte
(halb-)antike Kostbarkeiten von Möbeln über Schmuck und
Keramik bis Werkzeugen feil.
Grosse Halle in der Reitschule, Bern. Fr., 21.10., 14 Uhr, Sa., 22.,
und So., 23.10., 10 Uhr
---
Bund 20.10.11
Killed by 9V Batteries
Kunstvoll ungehobelt
Bands nach ihren Einflüssen zu befragen ist ähnlich
sinnlos, wie nach den Quellen eines Investigativjournalisten zu
fahnden. Die Grazer Gruppe Killed by 9V Batteries gibt John Cage als
Inspirationsquell an, dabei ist ihre Musik eine Art Antithese zur
feinen Tonkunst des Amerikaners. Anstatt mit Stille wird hier mit
Lärm experimentiert, im Stile von Sonic Youth oder The Fall. Das
ist packend wild und kunstvoll ungehobelt. (ane)
Reitschule Rössli Do, 20. Okt., 21 Uhr.
---
WoZ 20.10.11
Saul Williams
Er gilt als der erste Slampoet der Welt, der zum Star wurde: der
inzwischen 39-jährige New Yorker Musiker, Rapper, Schauspieler und
Poet Saul Williams. Er prägte nicht nur die US-Slamszene wie kein
Zweiter, auch im deutschsprachigen Raum galt Williams lange Zeit als
die Messlatte für Bühnenpoesie. Sein Debütalbum
"Amethyst Rock Star" wurde weltweit von der Kritik ge
feiert und gilt bis heute als Meilenstein des alternativen Hip-Hop.
In den Folgejahren veröffentlichte Williams Lyriksammlungen,
arbeitete am Manifest der US-amerikanischen Actors Guild gegen den
Irakkrieg ("Not in Our Name") und trat mit
Symphonieorchestern auf. Seine neuste Platte "Volcanic
Sunlight" ist sein mit Abstand poppigstes Werk - angepasst
ist es aber bei weitem nicht. Wer sein Konzert vor drei Jahren in
Zürich erlebt hat, weiss: Wenn Williams performt, ist es wie am
Tag dabei zu sein, wenn die Aliens aus dem Raumschiff steigen und uns
bitten, sie zu unserem Anführer zu bringen.
Etrit Hasler
Saul Williams in: Bern Reitschule, Dachstock, Mi, 26. Oktober,
20.30 Uhr; Zürich Rote Fabrik, Do, 27. Oktober, 20.30 Uhr.
---
Bund 20.10.11
Saul Williams
Vom Saul zum Paulus
Er ist Poet, Schauspieler, Autor und einer der aufregendsten
Musiker der Jetztzeit. Nun hat Saul Williams ein Pop-Album aufgenommen.
Auch das hat er gut gemacht. Sehr gut sogar.
Ane Hebeisen
Wie hätte es wohl getönt, wenn Friedrich Nietzsche oder
Emile Cioran sich nicht bloss dem schieren Denken, sondern auch dem
Musikschaffen zugewandt hätten? Vermutlich wäre etwas
ziemlich Gewaltiges entstanden, eine Musik, in welcher
ungezügelter Furor auf denkende Weitsicht getroffen wäre, ein
klingendes Kraftfeld, Bombast, Dringlichkeit, wenig Romantik, viel
Verzweiflung und noch mehr Nachdruck.
Vielleicht hätte es ähnlich getönt wie das vor
zehn Jahren erschienene, von Rick Rubin produzierte Debüt-Album
"Amethyst Rock Star" des Philosophie-Gelehrten Saul
Williams. Ein kantiges Werk mit scharfen Beats, einem traurigen Cello,
Stromgitarren, Rap- und Rockposen und voller schlauer zorniger Poesie.
"Ich träume von einer Sprache, deren Worte wie Fäuste
die Kiefer zermalmen", hat Cioran einst geschrieben. Was Cioran
suchte, hatte Saul Williams gefunden. Auf seinem Debüt-Werk und
dem noch ein bisschen furioser gearteten Zweitling "Saul
Williams" potenzierte er die Wucht seiner Sprache mit einer
Musik, die nicht untermalt, sondern das Gesagte zementiert. "Es
gibt nichts Öderes, als ein Gedicht vorzutragen und nachher ein
bisschen Liftmusik im Hintergrund zu inszenieren", hat der New
Yorker nach dem Erscheinen seiner ersten CD erklärt.
Poesie mit Störgeräuschen
1972 ist Saul Williams in Newburgh geboren, einem Städtchen
100 Kilometer vor New York am Hudson River gelegen. Nach seinem
Abschluss in Philosophie bereist er die Welt, lebt längere Zeit in
Brasilien und lässt sich in New York nieder, wo er bald mit der
hippen Poetry-Slam-Szene in Kontakt kommt. Seine ersten Auftritte sind
höchst erfolgreich, er heimst Titel um Titel ein. Daneben schreibt
er als Co-Autor am Drehbuch des Films "Slam" mit und wird
prompt für die Hauptrolle gebucht. Der Film, der 1998 die Goldene
Kamera in Cannes gewinnt, handelt sinnigerweise von einem jungen
Poetry-Slammer, der sich für die Poesie und gegen die Gewalt und
das Rauschgifteln entscheidet.
Kurz darauf beginnt Saul Williams, seine Poesie mit Musik zu
versehen, kreuzt seine Verbalattacken gegen die damals amtierende
Bush-Regierung, gegen kulturelle Verwahrlosung, gegen die zunehmende
Verdummung der Hip-Hop-Kultur oder gegen globale soziale
Unzulänglichkeiten mit angriffiger Tonkunst. Trent Reznor, ein
Mann, der in letzterer Disziplin weltweit zu den Fachgrössen
zählt, wird auf den zornigen schwarzen Mann aufmerksam. Der
Vorsteher der Band Nine Inch Nails und Erfinder der Gruppe Marilyn
Manson lädt Saul Williams für die Aufnahme zweier
Nine-Inch-Nails-Stücke ins Studio, später geht man gemeinsam
auf Tournee. Und es entwickelt sich eine schöne Freundschaft:
"Trent wurde zu dem grossen Bruder, den ich nie hatte" sagt
Saul Williams in dieser Phase. "Er teilt mit mir den Wunsch, das
System zu durchbrechen, aber gleichzeitig völlig auf die Kraft der
Musik und die Intelligenz der Massen zu vertrauen." Das gemeinsam
eingespielte Album "The Inevitable Rise and Liberation of Niggy
Tardust" ist nur als Internet-Download erhältlich, man kann
es gegen einen freiwilligen Beitrag von fünf Dollar herunterladen,
was denn auch fast 160 000 Menschen tun, allerdings bezahlen nur gerade
30 000 von ihnen den kleinen Geldbetrag.
Das Paradewerk
Saul Williams reist weiter durch die Welt, wendet sich
temporär der Neuen Musik zu und nimmt mit dem Arditti-Quartett ein
wenig beachtetes Album auf.
Doch damit des Hakenschlagens nicht genug: Nach einer
enttäuschten Liebe zieht er nach Paris, wo er Anfang Jahr sein
bisheriges Paradewerk einspielt. Es heisst "Volcanic
Sunlight" (Sony) und ist ein veritables Pop-Album. Kein plumpes
notabene, ein schlaues, hochmodernes, eklektisches, leidenschaftliches,
groovendes und aufwühlendes Stück Musik. "Ich habe in
der Vergangenheit viele Wörter gebraucht, um eigentlich einfache
Inhalte zu transportieren", erklärt Saul Williams. "Und ich gebe
es zu, es kann durchaus Spass machen,
möglichst viele Wörter in einen Dreiminutensong zu packen.
Doch nun habe ich herausgefunden, dass es mindestens ebenso viel Spass
macht, zu versuchen, die gleiche Message in drei Wörter zu packen,
oder - noch besser - wenn du es schaffst, dass die Musik die Rolle der
Worte übernimmt."
Er sei in der Vergangenheit oft missverstanden worden, er habe
sich nie als besonders zornigen Menschen empfunden, die Musik habe ihm
als Ventil gedient, Energie abzulassen. Mit "Volcanic
Sunlight" wolle er eine andere Seite von sich präsentieren.
Das klingt wie eine Rechtfertigung für etwas, was keiner
Rechtfertigung bedarf: Saul Williams wollte ein Album lang Spass haben,
und er steckt einen damit an. Mal klingt das nach abgetakeltem
Elektro-Funk, mal verdrahtet er Afrobeat mit Blues, mal Rock mit Funk
oder Elektro mit Soul. Dass er nicht nur ein Meister des gesprochenen
Wortes, sondern auch ein fantastischer Sänger ist, ist ebenfalls
spätestens seit diesem Album klargestellt.
Die Zeit des Anklagens ist vorbei, nun geht Saul Williams in der
Rolle des Vermittlers auf. Vielleicht hat er dabei an Radikalität
eingebüsst, dafür an musikalischem Format gewonnen.
Reitschule Dachstock Mi, 26. 10., 20.30 Uhr.
---
kulturagenda.be 20.10.11
Schiessen auf Japanisch im Tojo
In ihrer Bühnenfassung von Yasushi Inoues "Jagdgewehr"
erzählt Katharina Ramser eine Liebesgeschichte zwischen einem Mann
und drei Frauen. Letztere
verdichten sich im Theaterstück zu einer einzigen Figur und der
männliche
Gegenpart markiert im Rampenlicht nur schweigend seine Präsenz.
Feine Celloklänge bespielen die
melancholische Handlung.
Tojo, Bern. Do., 20., und Fr., 21.10., 20.30 Uhr, sowie So., 23.10., 19
Uhr
---
kulturstattbern.derbund.ch 20.10.11
Von Roland Fischer am Donnerstag, den 20. Oktober 2011, um 05:00
Uhr
Es passiert mir im Theater des öfteren,
dass mir Schauspieler ein wenig leid tun, weil sie, kommt es mir vor,
Druckerschwärze kauen müssen. Manche Texte sind fürs
Szenische gemacht,
andere möchten eigentlich lieber zwischen Buchdeckel bleiben - und
sie
aus diesem geschützten Literaturraum hervorzuholen, bringt oftmals
weder dem Text noch der Schauspieltruppe viel, die sich an ihnen
versucht. Auch bei der aktuellen Produktion im Tojo bekommt man es mit
dem Problem zu tun - hievt das Regie-Schauspiel-Duo Katharina Ramser
und Ruth Schwegler doch gleich einen gewissermassen doppelt
schriftlichen Text auf die Bühne: Inoues "Jagdgewehr", der
wohl berühmteste klassische japanische Roman, bedient sich selbst
einer sehr schriftlichen Erzählform, nämlich des Briefs.
Drei Frauen schreiben darin ein und demselben Mann
und bringen ihre Innenwelten, ihre zerrissenen, wehmütigen und
kalt
abrechnenden Gedanken und Gefühle zu Papier. Auf der sehr
schönen und
herbstlich kargen Tojo-Bühne sind auch drei Personen, doch
verteilen
sich die Rollen auf unerwartete Weise: Ruth Schwegler spielt alle drei
Frauen, der Mann ist auch anwesend, er hört zu, verzieht auch mal
eine
Miene, ist aber zum Schweigen verdammt -ein schöner Regieeinfall,
ihn
so präsent sein zu lassen, als machtloser Adressat, der den
Briefschreiberinnen nicht über den Mund fahren, nicht
widersprechen und
nicht nachfragen darf. Briefe sind so gesehen das wohl grausamste
Kommunikationsmittel. Dazu eine Cellistin am Rand der Bühne, die
das
Geschehen mal umrahmt, mal untermalt. Eine stimmige Besetzung, so
reduziert.
Allerdings: Der Text ist extrem dicht - da ist dann
einiges an mir vorbeigezogen. Dreimal muss man sehr genau zuhören,
damit man die Facetten der Beziehungen und allmählich auch das
ganze,
grosse Bild zusammensetzen kann. Ein Abend für die Generation
Hörspiel
wohl - da wird die notorische Aufmerksamkeitsspanne ziemlich auf die
Probe gestellt. Wer es wagt, wird mit einer der gnadenlosesten
Liebesgeschichten der modernen Literatur belohnt, und wie sich da
Abgründe plötzlich auftun und nur notdürftig zu kitten
sind, das erlebt
man natürlich sehr viel körperlicher im Theater als zuhause
im Bett,
beim Lesen des Buchs.
---
BZ 20.10.11
Von Liebe, Einsamkeit und Tod
Theater In dem Stück "Das Jagdgewehr" geht es um
eine verbotene Liebe. Aus dem Blickwinkel dreier Frauen erzählt
der japanische Autor Yasushi Inoue eine Liebesgeschichte von
melancholischer Schönheit die zentrale Themen wie Liebe,
Einsamkeit und Tod formuliert. Dabei zeigt er, wie schwierig es ist,
aufrichtig zu sein und suggeriert, dass es Wahrhaftigkeit nur in der
Einsamkeit gibt. Ein Theater mit einer Schauspielerin, einem
Cello und einem Mann, der den ganzen Abend stumm bleibt.pd
Heute Donnerstag und morgen Freitag, je 20.30 Uhr,
Tojo Theater in der Reitschule, Bern, www.tojo.ch.
---
Bund 20.10.11
Bühne Flamenco und Neue Musik
Immer den Pünktchen entlang
Rhythmen und Klänge über Stilregrenzen und Lebenszeiten
hinweg: "La...(f)" von Cristina Teuscher. Mehr als ein
Tanzprojekt.
Es ist nicht das erste Mal, dass sie die Fühler nach fernen
Horizonten ausstreckt und ihre Absätze virtuos in fremden Gefilden
stampfen lässt: Die Flamencotänzerin Cristina Teuscher ist in
vielen Welten zu Hause. Regelmässig pendelt sie zwischen der
Schweiz und Jerez de la Frontera in Südspanien. Doch diese
geografische Grenzüberschreitung ist nicht gemeint, wenn man von
ihrer jüngsten Produktion spricht. "La… (f)", heisst
das Werk. Und "…(f)" kann vieles bedeuten: Flamenco, Ferne,
Fremde. Auch Frau, Forte oder Frank (wie Frank Martin)? Den
Pünktchen entlang führt das in die richtige Richtung:
Über alle Grenzen hinweg. Cristina Teuscher hat sich mit der
Sängerin Judith Lüpold und der Pianistin Karin Jampen
zusammengetan. Gemeinsam kreieren sie Bilder zu Kompositionen von Lorca
bis Lachenmann, von Pergolesi bis Globokar und lassen zu Frank Martin
ein musikalisch-tänzerisches Esperanto aufblühen, das die
menschlichen Lebensepochen vom Kind bis zum Erwachsenen ebenso
spielerisch durchwandert wie das 20. Jahrhundert. (mks)
Tojo Reitschule Mi, 26., und Do, 27. Okt., 20.30 Uhr. Alte Oele
Thun, Do, 3. Nov., 20.15 Uhr.
---
20 Minuten 20.10.11
Filmfestivals für Gays und Studenten
BERN. Das Kurzfilmfestival Shnit ging gerade erst über die
Bühne - und schon stehen in Bern zwei neue cineastische Events an.
Heute und morgen steigt in der Cinématte das Science et
Cité Cinema, ein Festival für junge Dokumentarfilmer. Diese
zeigen Werke, die im Rahmen einer Ausbildung an einer Uni oder
Fachhochschule entstanden sind. Mitte November findet dann das 15.
Queersicht statt. Das schwullesbische Filmfestival feiert das
Jubiläum in der Reitschule vom 10. bis 16. November mit einem
umfangreichen Rahmenprogramm.
---
kulturagenda.be 20.10.11
Achterbahn am Aareufer
Der Gaskessel feiert sein 40-Jahr-Jubiläum mit drei Tagen voller
Konzerte und Partys. Dem Festakt ging ein Wechselbad der Gefühle
voraus. Es war nicht das erste in der bewegten Geschichte des
Jugendkulturzentrums.
"Die Ereignisse in diesem Jahr haben sich etwas überschlagen",
sagt Dave Fankhauser mit einem erleichterten Lachen. "Aber wir sind
wieder auf einem guten Weg." 2010 hätte das Jugendkulturzentrum
Gaskessel beinahe Konkurs anmelden müssen, der nur mit grosser
Anstrengung in diesem Frühling abgewendet werden konnte. Die
ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder wie Fankhauser hatten in jener Zeit
"mehr ein Chessu- denn ein Privatleben". Diesen Sommer erhielt der
Verein dann den mit 25 000 Franken dotierten Sozialpreis 2011 der
Bürgi-Willert-Stiftung für seine Projekte.
Ehrenamtliches Engagement
Es ist nicht das erste Auf und Ab in der Geschichte des Gaskessels, der
1971 im Nachgang der 68er-Revolte eröffnet wurde. Im Gegenteil.
Die Chronologie des ehemaligen Autonomen Jugenzentrum (AJZ) ist reich
an Krisen. In ihnen spiegeln sich unter anderem soziale Phänomene
der letzten 40 Jahre, aber auch die Entwicklung der Jugendarbeit in
jener Zeitspanne.
Am Anfang ging es etwa um die Frage, wie frei ein Freiraum sein
könne, nicht zuletzt, weil sich die schweren Drogenprobleme der
70er und 80er auch im Gaskessel manifestierten. Die Auseinandersetzung
ums AJZ gipfelte dann in den frühen 80ern. Der Gaskessel war das
Zentrum der Jugendunruhen, bis sich das Geschehen in die Reitschule
verlagerte. Danach setzte, wie in der ganzen Schweiz, eine zunehmende
Professionalisierung der Jugendarbeit ein. Der Kampf um die dazu
nötigen finanziellen Mittel blieb ein Dauerbrenner, obwohl der
"Chessu" bis heute von einem starken ehrenamtlichen Engagement getragen
wird (8000 bis 9000 Arbeitsstunden jährlich).
Inhaltlich wurden Fragen aufgeworfen wie jene nach dem Machen von
Kultur im Gegensatz zum Kulturkonsum, nach dem Umgang miteinander, nach
Gewaltprävention und später auch nach dem als "Komasaufen"
bekannten exzessiven Alkoholkonsum. Und immer wieder durchlief das
Zentrum Phasen mit starkem Besucherschwund. Letztes Jahr hätte
eine solche beinahe das Ende bedeutet.
Eine Nachwuchsabteilung
Dass es zu solchen Flauten kommt, liegt in der Natur der Sache. In
einem Jugendzentrum wechseln die Generationen schnell, und was für
die eine "cool" war, ist es für die nächste eventuell grad
nicht mehr. "Im Moment sind die Jugendlichen lieber oben in der Stadt",
sagt Fankhauser, "wo mehr Leute sind und sie zwischen verschiedenen
Lokalen wechseln können. Das haben wir gespürt." Zusammen mit
internen Strukturproblemen wuchs sich die letzte Flaute deshalb zur
erwähnten Krise aus. Die ist nun gemeistert, und der Gaskessel
konzentriert sich wieder auf seine Hauptaufgaben: "Wir sind ein grosses
Lernfeld. Hier kann man Erfahrungen machen, die einem später im
Berufsleben nützen. Man lernt viel über Strukturen und
Abläufe und man erfährt die Folgen von Entscheidungen, ohne
seine Lehre damit zu belasten", erklärt Fankhauser. Je nach
Interesse und Ausgangslage wird daraus eine gute Jugendzeit - oder eine
Art Nachwuchsabteilung: "Wir hatten schon Leute, die aus dem Engagement
hier eine Beiz in der Stadt oben eröffneten."
Silvano Cerutti
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \
Gaskessel, Bern
Do., 20., bis Sa., 22.10.
Mit Gus McGregor, Redwood, Kakkmaddafakka,
Rapublik, Noiziety u.v.m.
www.gaskessel.ch
---
Berner Oberländer 20.10.11
Hausbesetzungen in Thun häufen sich
Blick ins Archiv · In den letzten Jahren sind in der Stadt
Thun immer wieder leer stehende Häuser besetzt worden - aus
unterschiedlichen Motiven. Meistens kam es dabei zu keinen
Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Die Hausbesetzung auf dem ehemaligen Emmi-Areal reiht sich
nahtlos an ähnlich gelagerte Aktionen in den vergangenen Jahren in
Thun. Die Namen der Gruppierungen ändern sich alle paar Jahre. So
machte in der Vergangenheit die Aktion Hausgeist auf sich aufmerksam.
Aber auch Raumfänger und die Aktion Platzkratzer besetzten bereits
Gebäude. Wie ein roter Faden zieht sich hingegen die Forderung der
meist jugendlichen Hausbesetzer nach einem autonomen Jugendzentrum
durch ihre Aktivitäten.
Konzerte und Partys
Im Juni 2010 feierten nach Angaben der anonymen Gruppe Aktion
Hausgeist rund 250 Personen ebenfalls in einem leer stehenden
Gebäude auf dem ehemaligen Emmi-Areal ein Fest mit Livekonzerten
und DJ-Sound. Die Aktion Hausgeist nahm ausserdem Ende Mai 2009 nach
einer Demonstration die verlassene Liegenschaft an der
Waisenhausstrasse 18 in Beschlag. 60 Personen feierten eine Party,
verliessen das Gebäude dann aber wieder. Kurz vor Weihnachten 2008
besetzte die Aktion Hausgeist das ehemalige Malergeschäft H. Rupp
und Co. Die Eigentümer zeigten sich an einer Übergangsnutzung
der Liegenschaft interessiert, zu einer Einigung kam es aber nicht. Im
Februar 2008 hatte eine Gruppe, welche sich für ein autonomes
Jugendzentrum in Thun einsetzte, ein leer stehendes Haus am Eichmattweg
besetzt. Das Gebäude biete geeignete Räumlichkeiten, um ein
Konzept für ein Jugendzentrum umzusetzen, sagten die Besetzer. Mit
Transparenten warben sie für ihr Anliegen. Nach ein paar Tagen
verliessen sie das Gebäude auf Drängen des Besitzers wieder.
Mitte Mai 2005 feierten im seit einigen Jahren leer stehenden
Dreifamilienhaus an der Allmendstrasse 12 (ehemaliges
Ausländerhaus) rund 50 zum Teil vermummte Personen aus der linken
Szene eine Party. Beteiligt waren zwei Gruppen: "Raumfänger-Aktion
für freies T(h)un" und die "Aktion Platzkratzer". Beide setzten
sich für ein
autonomes Jugendzentrum und für Freiräume ein. Während
der Besetzung fand ein Konzert statt. Zudem wurde im Garten grilliert.
Der Polizei war die Aktion bekannt, weil die Gruppen im Internet darauf
aufmerksam gemacht hatten. Polizeipatrouillen, der
Liegenschaftsverwalter der Stadt Thun und der Polizeichef begaben sich
am Abend an Ort und Stelle. Die Besetzer verweigerten den
Behördenvertretern den Zutritt. Diese wiederum stellten das
Ultimatum, das Haus bis spätestens 2 Uhr zu verlassen, was dann
auch befolgt wurde. Im Nachgang an die Aktion wurden drei Personen
verurteilt. Das Obergericht sprach später eine junge Frau aber
wieder frei.
"Eine Art Berner Reithalle"
"Wir möchten eine Art Berner Reithalle als
Kulturzentrum hier in Thun aufbauen", sagte ein Besetzer des
Nebengebäudes des einstigen Bellevue-Hotels in Thun im Februar
2001 gegenüber dieser Zeitung. Daraus wurde aber nichts. Die
temporären Bewohner - rund 40 linksautonome Jugendliche - mussten
die Liegenschaft bald wieder räumen.
Im August 1999 hatten acht Personen die Villa Lüthi an der
Hofstettenstrasse in Thun besetzt. Die betagte Besitzerin war
ausgezogen, die Villa stand kurz vor dem Verkauf. Die Besetzer hielten
sich illegal im Gebäude auf. Einer der Jugendlichen wurde
später wegen Hausfriedensbruchs zu einer bedingten
Gefängnisstrafe verurteilt.
"Gruppe Irrenhaus"
Rund 50 Jugendliche hatten Anfang 1999 ein Haus am Reitweg in
Thun besetzt. Es stand seit September leer, weil es der Eigentümer
abreissen lassen wollte. Die meisten der Hausbesetzer, die sich den
Namen "Gruppe Irrenhaus" gaben, waren zwischen 15 und 20
Jahre alt. Die Hausbesetzung am Reitweg war die erste in Thun seit
Anfang der 80er-Jahre. Damals war ein Haus im Wartboden besetzt worden.
Im September 1997 hatten Jugendliche aus dem Verein "Schöner
wohnen" das Parkhotel in Oberhofen besetzt.
Roger Probst
---
BZ 20.10.11
Übergriffe nehmen zu
Reitschule · Seit der Volksabstimmung über die Zukunft der
Berner
Reitschule im letzten Herbst hat die Gewalt aus dem Umfeld des
alternativen Kulturzentrums zugenommen. "In diesem Jahr war eine
Zunahme der Vorkommnisse zu verzeichnen", schreibt der
Gemeinderat der
Stadt Bern in einer Antwort auf eine FDP-Interpellation. "Es
kommt
immer wieder zu Übergriffen auf die Polizei, mehrheitlich mittels
Flaschenwürfen." Zudem gebe es regelmässig
Sachbeschädigungen. Die
Schadensumme im laufenden Jahr: "mehrere 10 000
Franken". tob
-
bern.ch 19.10.11
Dringliche Interpellation Fraktion FDP (Alexander Feuz, FDP): Abschluss
eines Subventionsvertrages mit der Reithalle: "Welcome to Hell"?
Mehr...
(pdf)
---
Bund 20.10.11
Reitschule schlägt Jimy Hofer zur Wahl vor
Das Dach der Reitschule ziert eine neue Botschaft:
"Bürgerkrieg jetzt. Jimy Hofer in den Nationalrat."
Mit dem prominent platzierten Slogan wird auf die Ereignisse von
vorletztem Samstag angespielt. Der parteilose Stadtrat Jimy Hofer hatte
beim Bollwerk versucht, eine unbewilligte Kundgebung gegen den
Kapitalismus zu stoppen, und wurde mit Reizgas bespritzt. Vor kurzem
ist an der gleichen Stelle der Schriftzug "Welcome to hell"
übermalt worden, der auf das SVP-"Familienfest" im
September hin angebracht worden war. (tik)
---
BZ 20.10.11
Reitschule
Werbung für Jimy Hofer auf Dach
Seit gestern steht auf dem Dach der Reitschule nicht mehr
"Welcome to Hell". Stattdessen wird für den
parteilosen Stadtrat Jimy Hofer die Werbetrommel gerührt:
"Bürgerkrieg Jetzt - Jimy Hofer in den Nationalrat",
so der ironische Spruch. Damit spielt die Reithalle auf den Vorfall an,
als Hofer eine unbewilligte Antika-Demo aufhalten wollte (wir
berichteten). Hofer bedankte sich auf Anfrage für die "prominente
Werbung".mau/jek
---
20 Minuten 20.10.11
"Wahlslogan" für Jimy Hofer
BERN. "Bürgerkrieg jetzt - Jimy Hofer in den
Nationalrat": Dieser Schriftzug prangt auf dem Dach der
Reitschule. Anlass dazu gab Hofers Einsatz gegen Demonstranten am 8.10.
Der Stadtrat hatte sich dem Demozug in den Weg gestellt und eine Ladung
Pfefferspray kassiert. Hofer ist nicht unglücklich über die
"Wahlhilfe". Zum Slogan postete er auf Facebook: "Ich
denke, dass sich mit 60 vermummten Feiglingen kein Bürgerkrieg
machen lässt."
---
bernerzeitung.ch 19.10.11
Reitschule verpasst Jimy Hofer neuen Wahlslogan
mau
Ein Plakat mit dem Spruch "Bürgerkrieg Jetzt - Jimy
Hofer in den Nationalrat" ziert seit Dienstag das Reitschuledach.
Es spielt auf den Vorfall an, als er eine unbewilligte Demo auf eigene
Faust stoppen wollte. Jimy Hofer findet die Aktion "in
Ordnung".
Bei der Auseinandersetzung an der Demonstration wurde Jimy Hofer
(parteilos) von Vermummten, nach eigenen Aussagen, mit Tränengas
verletzt. Nach dem Vorfall erstatte der Stadtrat Anzeige und sagte
gegenüber bernerzeitung.ch: "Das sind keine Demonstranten.
Das war eine hoch aufgerüstete linke Fascho-Kampftruppe."
Auf seiner Facebook-Pinnwand fragt er, ob die "Sache mit der
Reitschule und dem schwarzen Block" nun wirklich mit einer
Bürgerwehr gelöst werden müsse.
Auf diese Aussagen hin reagieren die Reitschüler nun mit
einem ironisch gemeinten Plakat, welches den Wahlslogen
"Bürgerkrieg Jetzt - Jimy Hofer in den Nationalrat"
trägt. Zudem informieren sie über eine angebliche
Zusammenarbeit zwischen der "Reitschule und derer terrrorischter
Kampftruppe".
Ironie störe nicht
Auf Anfrage von Bernerzeitung.ch bedankt sich Hofer bei der
Reitschule "für die prominente Werbung". "Es ist
eine Ehre für mich, auf dem Dach der Reitschule eine Plattform zu
erhalten", führt er aus, "noch nicht mancher hat es
auf dieses Dach geschafft". Die Ironie des Plakates stört
den Politiker und Musiker nicht. Hofer findet die Aktion in Ordnung:
"Auch das muss erlaubt sein."
Die Verantwortlichen der Reitschule waren für eine
Stellungnahme noch nicht erreichbar.
---
derbund.ch 19.10.11
Reitschule verpasst Jimy Hofer neuen Wahlslogan
mau
Ein Plakat mit dem Spruch "Bürgerkrieg Jetzt - Jimy
Hofer in den Nationalrat" ziert seit Dienstag das Dach der Berner
Reitschule.
Bei der Auseinandersetzung an der Demonstration wurde Jimy Hofer
von Vermummten, nach eigenen Aussagen, mit Tränengas verletzt.
Nach dem Vorfall erstatte der Stadtrat Anzeige und sagte gegenüber
: "Das sind keine Demonstranten. Das war eine hoch
aufgerüstete linke Fascho-Kampftruppe." Auf seiner
Facebook-Pinnwand fragt er, ob die "Sache mit der Reitschule und
dem schwarzen Block" nun wirklich mit einer Bürgerwehr
gelöst werden müsse.
Auf diese Aussagen hin reagieren die Reitschüler nun mit
einem ironisch gemeinten Plakat, welches den Wahlslogan
"Bürgerkrieg Jetzt - Jimy Hofer in den Nationalrat"
trägt. Zudem informieren sie über eine angebliche
Zusammenarbeit zwischen der "Reitschule und derer terrrorischter
Kampftruppe".
Ironie störe nicht
Auf Anfrage von bedankt sich Hofer bei der Reitschule "für
die prominente Werbung". "Es ist eine Ehre
für mich, auf dem Dach der Reitschule eine Plattform zu
erhalten", führt er aus, "noch nicht mancher hat es
auf dieses Dach geschafft". Die Ironie des Plakates stört
den Politiker und Musiker nicht. Hofer findet die Aktion in Ordnung:
"Auch das muss erlaubt sein."
---
Bund 19.10.11
Videoüberwachung in Berner Clubs ist keine Seltenheit
Der Club Bonsoir will aufgrund des gestern bekannt gewordenen
Angriffs auf den belgischen DJ The Magician vom vergangenen Wochenende
Videokameras zur Überwachung einsetzen ("Bund" von
gestern). Dieses Vorgehen zur Gewaltbekämpfung ist in der Berner
Clubszene jedoch nicht neu. Der Liquid-Club an der Genfergasse zum
Beispiel verfügt seit seinen Anfängen im Jahr 2005 über
eine Videoüberwachung. "Wir wollen damit den Faktor der
Anonymität ausschalten", erklärt Clubbetreiber Stephan
Zesiger. "Denn bei Ansammlungen von Personen ist die
Anonymität oft ein Deckmantel für unerwünschte
Vorkommnisse." Mit diesen Sicherheitsvorkehrungen plus dem
Mitgliedersystem (Gäste erhalten nur mit einer Memberkarte Einlass
und sind somit namentlich registriert) hätten Gewalt,
Diebstähle und auch verbale Belästigungen praktisch auf null
reduziert werden können.
Auch die Silo-Bar in der Matte wird mit Kameras überwacht.
"Wir haben diese vor gut einem Jahr installiert", sagt
Clubbetreiber Benjamin Stutz. "Während des Betriebs helfen
uns die Kameras zur Früherkennung von heiklen Situationen.
Ausserhalb der Betriebszeiten dient das System als Alarmanlage."
Seit seiner Eröffnung Ende Oktober 2010 findet man auch im Le Ciel
im Bollwerk Videokameras. Das Bierhübeli und das ISC hingegen,
beide an der Neubrückstrasse, sind videoüberwachungsfrei.
"Bei uns hat sich zum Glück die Frage nach einer
Videoüberwachung noch nie gestellt", sagt Micha Günter
von Appalooza zum kamerafreien Bierhübeli. Martin Messerli vom ISC
meinte auf Anfrage, dass es bei ihnen noch nie einen Angriff auf DJs
gegeben habe. (man)
---
BZ 19.10.11
Sanierte Fassade für neue Mieter
Bollwerk · Bald soll es klappen mit Nachmietern in den leeren
Liegenschaften von Cinemastar und Cinebar. Vorerst wird die Fassade
saniert.
Seit mehr als einem Jahr stehen die Liegenschaften am Bollwerk 21
leer. Hier waren zuvor das Kino Cinemastar und die Cinebar
untergebracht. An den Fassaden dieser und der benachbarten Gebäude
sind nun Gerüste aufgestellt. Laut Liegenschaftsverwalter Herbert
Mössinger wird während rund dreier Monate die Fassade
saniert: erst an der Seite Bollwerk, später auch gegen die
Aarbergergasse hin. Noch sei kein Vertrag für Nachmieter
unterzeichnet, sagt Mössinger. In den nächsten vier bis
fünf Wochen solle es aber so weit sein. Mit der Fassadensanierung
mache man die Liegenschaft von aussen her bereit für neue Mieter.
Aus welchem Bereich diese kommen, lässt Mössinger offen, "die
Verhandlungen laufen noch". Die Lage ist nicht
für jede Branche gleich geeignet. Trotz Bahnhofsnähe
führen die grossen Passantenströme nicht am oberen Bollwerk
vorbei. wrs
---
Indymedia 18.10.11
https://switzerland.indymedia.org/de/2011/10/83926.shtml
Bürgerkrieg Jetzt - Jimy Hofer in den Nationalrat
AutorIn : Jimy_Hofer_Plus
Endspurt im Wahlkampf - Wir halten Wort.
Jimy Hofer ist offizieller Nationalratskandidat der Reitschule.
Sein neuer Wahlslogan "Bürgerkrieg Jetzt - Jimy Hofer in den
Nationalrat" ziert daher seit gestern das Reitschule Dach.
Die
bis anhin nicht veröffentlichte Zusammenarbeit zwischen der
Reitschule
bzw. derer terroristischer Kampftruppe legen wir nun gerne offen.
Nachdem
wir Jimy Hofer am Antika-Spaziergang vom 8.10.2011 , so wie
abgesprochen mit Pefferspray attackiert haben (die Medien berichteten),
wurde nun auch der zweite Teil der Vereinbarung vollstreckt und das
Dach der Reitschule Herrn Hofer für den Endspurt im Wahlkampf zur
Verfügung gestellt.
Sein neuer Slogan, "Bürgerkrieg Jetzt - Jimy Hofer in den
Nationalrat",
wird ihm nun hoffentlich die restlichen Stimmen zu einer erfolgreichen
Wahl in den Nationalrat verschaffen.
Wir
danken Jimy und den Borncos (welche uns auch an der Demo vom 8.10.2011
tatkräftig unterstützt und im Vorfeld mit Waffen beliefert
haben) für
die tolle Zusammenarbeit und das pünktliche Überweisen der
vereinbarten
Summe. Über die höhe wurde stillschweigen vereinbart - nur
soviel sei
gesagt - falls der Stadtrat den Leistungsvertrag nicht gutheissen
sollte, die ersten zwei Jahre werden wir damit locker überstehen.
Wir
drücken Jimy Hofer die Daumen und freuen uns bereits darauf, bei
der so
gut wie sicheren Wahl am Sonntag, mit ihm und seiner Gang in der
Borncos-Loge zu feiern.
Auf das die Ketten fliegen und die Schrotflinten knallen werden!
Bürgerkrieg Jetzt - Jimy Hofer in den Nationalrat!
Liste 25
- Jimy Hofer plus wählen!
---
kulturstattbern.derbund.ch 17.10.11
Kulturbeutel 42/11
Von Roland Fischer am Montag, den 17. Oktober 2011, um 05:13 Uhr
(...)
---
Migros-Magazin 17.10.11
http://www.migrosmagazin.ch/index.cfm?id=46668
Revolution hinter dem Buffet
1981 schossen in der Schweiz Genossenschaftsbeizen wie Pilze aus
dem Boden. Die Betreiber waren jung, kreativ und politisch aktiv. 30
Jahre danach: Aus den Revoluzzern von damals sind gestandene
Gastronomen geworden.
Ende Mai 1980 stand Zürich im Zeichen der Jugendunruhen. Der
Stadtrat hatte 60 Millionen Franken für die Renovation des
Opernhauses bewilligt und gleichzeitig die Forderung nach einem
autonomen Jugendzentrum für Punk- und Rockkonzerte abgelehnt. Die
Jugend ging auf die Strasse, es kam zu heftigen Zusammenstössen
mit der Polizei. Auch in anderen Schweizer Städten kam es zu
Jugendunruhen.
Der Zusammenstoss zwischen den Jungen und der bürgerlichen
Gesellschaft war jedoch nicht vergebens. Er löste einen Diskurs
aus und brachte langsam eine Annäherung der beiden Fronten. So
wurde beispielsweise im Oktober 1980 die Rote Fabrik in Zürich als
autonomes Jugendzentrum eröffnet. Zuerst als Provisorium und
später als fixer Standort.
Einigen Jugendlichen dauerten die Verhandlungen zu lange, oder
das Prozedere war ihnen zu kompliziert. Sie wurden selbst aktiv,
sammelten Geld, kauften Häuser und schafften sich ihre eigenen
Orte. Räume, in denen sie wohnen konnten. Lokale, in denen sie
ihre Kultur leben und erleben durften. Es entstanden
Genossenschaftsbeizen: das Restaurant Zähringer in Zürich,
der Schwarze Engel in St. Gallen, die Brasserie Lorraine in Bern oder
der Widder in Winterthur. Sie alle orientierten sich am legendären
Kreuz in Solothurn. Die erste Genossenschaft mit Wohngemeinschaft,
Restaurant und Kulturlokal unter einem Dach war bereits 1973
gegründet worden. Als Nachwehe der 1968er-Bewegung, die sich schon
damals für mehr Freiraum eingesetzt hatte.
Die meisten der erwähnten Genossenschaften feiern dieses
Jahr ihren 30. Jahrestag. Das heute geltende Genossenschaftsrecht ist
jedoch viel älter. Es trat 1937 in Kraft. Mit dem Gesetz sollte
verhindert werden, dass kapitalistische, profitorientierte Unternehmen
ins Kleid der Genossenschaft schlüpfen. Es dient noch immer
demselben Zweck: der ökonomischen Selbsthilfe.
Nicht alle Genossenschaften über- lebten. Und manche
können nur noch bestehen, weil sie sich stark reorganisiert und
die gleichberechtigte Arbeitsteilung abgeschafft haben. Einblicke in
vier Beizen, die als Genossenschaften starteten.
Texte Erika Burri, Bilder Mischa Imbach
wwww.migrosmagazin.ch
-
François Baeriswyl (46), Pächter der ehemaligen
Genossenschaftsbeiz Ochsen in Zofingen AG
Irgendwann war die Kasse leer
Genossenschaft Restaurant Ochsen, das war einmal. Vorbei ist die
Zeit, in der das Kollektiv im Altstadthaus von Zofingen wohnte und im
Parterre arbeitete. Den Ochsen kannte man in den 80er-Jahren
schweizweit. Die Konzerte waren gut besucht. Hier gab es Hippies,
Rocker, Weltverbesserer. Linke und bunte Hunde, Freaks mit langen
Haaren. "Fürs Res- taurant musste man reservieren",
sagt François Baeriswyl, der heutige Pächter. Eine Zeit
lang seien die Gäste gekommen, um diese bunte Mischung von Leuten
zu sehen. "Das war eine Sensation." Auch Baeriswyl kam oft
in den Ochsen und ass zum Bier den Ochs-Burger, einen vegetarischen
Hamburger. "Als Langhaariger hatte man hier schnell Kontakt zu
Gleichgesinnten." Dann ist der vier- fache Vater selber
eingestiegen, hat 1999 die Bar im hinteren Teil des Lokals
übernommen, "das Einzige, was in der Genossenschaft noch
rentiert hat". Kurze Zeit später war die Genossenschaft
pleite. Die Gäste kamen nicht mehr wegen der früher bekannten
Bioküche. Denn Bio gab es inzwischen auch bei der Konkurrenz. Die
WG im Haus hatte sich längst aufgelöst. Mit Kindern wollten
die Alternativen lieber an lauschigeren Orten wohnen, da wo ihnen nicht
Betrunkene nachts an die Tür klopften. "15 Jahre lief es so
gut, dass niemand an die Zukunft dachte", sagt Baeriswyl.
Rückstellungen gingen vergessen. Eine anstehende Renovation des
heimatgeschützten Gebäudes, das 1476 das erste Mal urkundlich
erwähnt wird, frass die Ersparnisse auf.
Inzwischen wohnen Studenten in den günstigen Wohnungen. Ein
paar von ihnen arbeiten für Baeriswyl, der sich nach der
Krisensitzung um die Pacht des Restaurants bewarb. In der Küche
wird nicht mehr gekocht. Hier lagert ein Teil der 160 Biersorten, die
der Ochsen auftischt. Im Ochsen gibt es heute zudem 70 verschiedene
Sirupe. Und auch Met, ein altes germanisches Getränk aus Honig und
vergorenen Früchten. Baeriswyl hat sich eine Nische gesucht. Sein
Lokal spricht unter anderem die schweren Jungs und Mädels aus der
Heavy-Metal-Szene an. Met ist dort beliebt. Nachts sorgt Baeriswyl
selber für Ordnung, bleibt immer, bis das Lokal um zwei Uhr
Feierabend macht. Eine Kulturgruppe veranstaltet nach wie vor Konzerte
im ersten Stock. Ab und zu schauen Leute vorbei, die den Ochsen von
früher kennen. Sie kommen in eine Beiz, in der es 700
Getränke gibt und zum Essen ein Faustbrot. "Die offene
Stimmung", sagt Baeriswyl, "versuche ich, so gut wie
möglich zu bewahren."
-
Marguerite "Miguel" Misteli (66), Architektin,
Grüne-Politikerin und Mitbegründerin der Genossenschaft
Restaurant Kreuz in Solothurn, der ersten Genossenschaftsbeiz der
Schweiz
"Wir waren alternativ und wollten die Welt
verändern"
Um die Jahrtausendwende hatte das Restaurant Kreuz finanzielle
Schwierigkeiten. Um die Zukunft zu sichern entschied sich die
Genossenschaft für ein weniger basisdemokratisches Modell und
setzte eine Geschäftsleitung und einen Bereichsleiter ein.
Inzwischen blüht die Genossenschaft wieder. Solothurn ist
überhaupt ein Genossenschaftsmekka mit fünf
Genossenschaftsbeizen und -bars.
Marguerite Misteli erinnert sich: "Das Kreuz war eine
berüchtigte Beiz, wo die leicht bekleideten Frauen verkehrten. Es
gab da sicher auch Prostitution. Mein Traum war es immer, ein
Restaurant zu eröffnen, einen Ort, wo wir Jungen so sein konnten,
wie wir sein wollten. Man muss sich mal die Zeit in Solothurn
vorstellen um 1970: Gemischte WGs waren verpönt. Und Frauen
konnten ohne ihren Ehemann keinen Rappen bei der Bank abheben. Mir
gefällt die Idee der Selbstverwaltung. Während des
Globuskrawalls 1968 habe auch ich für ein autonomes Jugendzentrum
demonstriert. Bei Genossenschaften steht der Mensch im Zentrum. Und das
Geld bleibt im Betrieb. An der ETH, wo ich Architektur studierte, habe
ich mich mit Genossenschaftswohnungsbau auseinandergesetzt. Ich wollte
unbedingt so ein Projekt verwirklichen. Da hörten wir, dass das
Kreuz verkauft werden soll unsere Chance. Für Geld und
Bürgschaften habe ich mich durch die halbe
bürgerlich-liberale Gesellschaft von Solothurn gegessen. 1973
öffneten wir dann. Wir wohnten in den Zimmern, in denen
früher und heute wieder Hotelgäste übernachten. Im
Winter war es eiskalt. Und auch in der Beiz stand damals nur ein Ofen.
Unter dem Holzboden hindurch rannten manchmal Ratten, die von der Aare
her kamen. Und wenn eine verendete, stank es dermassen, dass wir gleich
die Beiz schliessen mussten. Wir waren alternativ, kulturinteressiert
und wollten die Welt verändern. Der damalige Chef der
Kriminalpolizei hat öffentlich eine Wette abgeschlossen, dass es
das Kreuz in sechs Monaten nicht mehr geben wird. Bei uns klappte nicht
immer alles, aber die Leute kamen trotzdem. Es wurde viel diskutiert,
auch über Politik. Die GSoA, die Gruppe für eine Schweiz ohne
Armee, wurde hier gegründet. 1974 starteten wir das erste
alternative Kulturprogramm der Region. Peter Bichsel war von Anfang an
Stammgast. Die Solothurner Literaturtage und die Filmtage haben ihren
Ursprung an einem der Kreuztische. Es war eine bewegende Zeit."
-
Bri Schär (54), Hausverwalterin, und Pesche Weibel (53),
Rechtsanwalt, sind Stammgäste in der Brasserie Lorraine in Bern
"Auch das Personal ging an die Demos dann war die Beiz
zu"
Ende August feierte die Brass, die Brasserie Lorraine in Bern,
ihr 30-jähriges Bestehen. Nach wie vor haben alle den gleichen
Lohn. Einen Chef gibt es nicht. Das wird sich auch nicht ändern,
denn die Zahlen, sagen die Kollektivmitglieder, seien gut. Pesche
Weibel und Bri Schär, Ihr kommt jeden Mittag in die Brasserie.
Wieso?
Pesche Weibel: Hier ist es gemütlich, es gibt gutes,
gesundes, biologisches Essen. Ich habe mein Büro im Quartier und
komme schon seit 20 Jahren.
Bri Schär: Die Brass ist unsere Stube.
Was hat sich verändert?
Bri: Man darf drinnen nicht mehr rauchen.
Pesche: Es ist professioneller geworden, obwohl man immer noch ab
und zu lange aufs Essen wartet.
Hier riecht es nach Cannabis, jemand serviert barfuss. Stört
Euch das nicht?
Bri: Wir sind tolerant.
Pesche: Es ist halt einfach keine normale Beiz. Die Brass trotzte
schon immer dem Kapitalismus.
Wie war es in der Brass in der Anfangszeit?
Bri: Es ging ziemlich wild zu in den 80er-Jahren. Punks haben
hier verkehrt, nachdem die Reitschule für einige Jahre geschlossen
war. Und auch Drogensüchtige waren hier.
Pesche: Hier wurden Transparente für Demonstrationen gemalt.
Eine Zeit lang fanden ja fast jede Woche Demos statt. Auch das
Brass-Personal ging demonstrieren. Die Beiz war dann zu.
Wie kam die Brass bei den Nachbarn an?
Bri: Einige Quartierbewohner waren gegen die Beiz. Die Lorraine
war damals ein Arbeiterquartier und die Nachbarn eher bürgerlich.
Sie beschwerten sich häufig über die Brass, vor allem wegen
des Lärms.
Pesche: Das damalige Brass-Kollektiv machte einen geschickten Zug: Sie
haben mehrere der wildesten Punks aufgefordert, hier zu arbeiten, was
verschiedene dann auch, teilweise für längere Zeit, machten.
-
Bruno Hangarter (61), Buchhalter, und Michael Sauerland (42),
seit 17 Jahren Kollektivmitglied der Genossenschaft Widder in
Winterthur.
Heute gibts sogar Coca- Cola zero
Wer Widder-Anteilsscheine kauft, hat sein Geld gut angelegt. Denn
auf keiner Bank erhält man mehr Zins: vier Prozent jährlich.
Allerdings nicht in bar, sondern in Form von Essensgutscheinen. "Der
Widder läuft gut", sagt Buchhalter Bruno
Hangarter. Er sehe zwar nicht streng aus, sagt Michael Sauerland.
"Unser Buchhalter ist es aber." Der Widder hatte das auch
dringend nötig. 1981 eröffnete das Restaurant Widder, das zur
gleichnamigen Hausgenossenschaft gehört. Ein Kollektiv nahm seine
Arbeit auf, wollte Gleichberechtigung und den Weltfrieden. Nach kurzer
Zeit aber machte es wieder dicht: Zahlungs- probleme. Es kamen weitere
Kollektive. Bruno Hangarter erinnert sich an eine Art Sekte, welche die
freie Liebe zelebrierte. Von Anfang an war es auch die Beiz der Punks.
Wie viele Genossenschaftsbeizen in dieser Zeit war auch der Widder ein
rotes Tuch für die Polizei. Nach dem Anschlag auf das Wohnhaus von
Bundesrat Rudolf Friedrich ermittelte sie auch im Widder.
Ab 1989 wurde es ruhiger. Das jetzige Kollektiv zog ein. Michael
Sauerland stiess vor 17 Jahren dazu. Er war zuerst in der Putzequipe
und organisierte Konzerte im Widder. Wer da arbeitete, tat das nicht in
erster Linie wegen des Geldes, sondern weil es Spass machte. Und ein
bisschen auch wegen der Ideologie. Zwar betrug der Umsatz damals
bereits eine halbe Million Franken. Aber wirklich Gewinn machte die
Beiz, die laut Sauerland "jeden Abend voll war", fast
keinen. Dann übernahm Bruno Hangarter die Buchhaltung und sagte:
"Ihr könnt das besser machen." Die Arbeit sollte
effizienter organisiert werden, schlug er vor. Die Küche wurde
daraufhin professioneller, der Service schneller. Und es wurde weniger
diskutiert. "Wir sind heute pragmatisch", sagt Sauerland.
Der Widder soll ein Restaurant sein, in dem man preisgünstig, gut
und gesund Essen kann, ohne lange darauf warten zu müssen.
Bestellen kann man inzwischen sogar Coca-Cola zero, "wegen der
Geschmacksvorlieben von gewissen Gästen und Kollegen", sagt
Sauerland. Cola-Cola, das Getränk des Kapitalismus, war ein
absolutes No-go für die Genossenschaften der ersten Stunde. Im
Widder trifft sich nach wie vor die alternative, linke Szene. Aber
inzwischen wagen sich auch andere in die Beiz. Der Widder sei
bürgerlicher geworden, bestätigt der Buchhalter, der
inzwischen nicht mehr allen den gleichen Lohn ausbezahlt, sondern
denen, die schon länger dabei sind, nach dem marktwirtschaftlichen
Konzept, etwas mehr.