MEDIENSPIEGEL 29. OKTOBER - 04. NOVEMBER 2012

Bund 3.11.12

http://www.derbund.ch/bern/stadt/Das-Flimmern-ueber-der-Futterkrippe/story/25130203

25 Jahre Reitschule. Wer engagiert sich da eigentlich heute? Eine Porträtserie aus der autonomen Zone.

 

Das Flimmern über der Futterkrippe


Von Regula Fuchs

Carlo Bischoff schaut sich fast alle Filme an, die in Bern laufen. Am liebsten investiert er seine Zeit aber ins Kino in der Reitschule, wo er eine Filmreihe zum Geniessen initiiert hat.

 

"Viele meinen, die Reitschule sei ein rechtsfreier Raum. Für uns als Kulturbetreiber trifft das nicht zu", sagt Carlo Bischoff vom Reitschulkino. Bild: Adrian Moser

Als Carlo Bischoff zum ersten Mal in der Reitschule war, knallte es. Er war noch ein halbes Kind damals. Bischoffs Schwester hatte ihren kleinen Bruder an eine Demo mitgenommen, und als es Krawall gab, flüchteten die beiden hierher. "Wir warteten, bis es vorbei war. Ich fand das natürlich enorm spannend."

 

Nun sitzt Carlo Bischoff an einem der Bistrotischchen im Kino der Reitschule, öffnet ein Maisbier und dreht sich eine Zigarette. Der bald 21-Jährige studiert an der Uni Bern Sozialwissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitet er als Operateur in einem städtischen Kino. Doch Bischoff wollte sich noch stärker für den Film engagieren. Als sein Bruder ihn vor einem Jahr dazu animierte, im Kino-Kollektiv mitzumachen, hatte Bischoff den Ort gefunden, wo er seine Ideen verwirklichen konnte. "Wir sind etwa ein Dutzend Leute und treffen uns alle zwei Wochen. Im Kollektiv sind alle gleichberechtigt, das heisst, alle machen alles." Theoretisch jedenfalls. Denn es gebe einige, die aufgrund ihrer Erfahrung die Federführung innehätten, sagt Bischoff. Doch wer eine Idee habe, der könne sie verwirklichen.

 

So wie er und sein Bruder. "Mellow Mélange" heisst die Programmschiene, die sich die beiden ausgedacht haben. Darin laufen Filme, die nicht nur politisch sind, sondern etwas für die Seele, wie es Bischoff formuliert. Und etwas für jene, die den Weg ins Reitschulkino bisher nicht gefunden haben, weil sie sich beispielsweise nicht für Themen wie Migration oder Menschenrechte interessieren.

 

Denn der politische Film ist nach wie vor das Hauptanliegen des Kollektivs, wie es in einer Grundsatzerklärung auf der Homepage heisst. Dort steht auch, man wolle "unser auf Offenheit, Nähe und Solidarität gründendes Kulturverständnis mittels Filmen einem kulturverarmten Publikum" weitergeben. Bischoff schmunzelt. Der Satz habe aber durchaus seine Gültigkeit. "Ich arbeite ja auch im kommerziellen Kino. Die Industrie ist in einem extremen Wandel, und unser Angebot soll Gegensteuer geben. Zum Beispiel, indem Filme fast immer in Originalsprache gezeigt werden. Oder auf 35 Millimeter. Letzteres hat aber mehr mit Nostalgie zu tun."

 

Das Kino in der Reitschule sucht die Nische, auch die ungewohnteren Formen. Dennoch brauche es die Balance zwischen Experiment und Entertainment, Politik und Populärerem, so Bischoff. Es hat auch schon Vorstellungen gegeben, zu denen gerade mal eine Person gekommen ist. "Ich finde es schade, wenn manche Leute aus Schwellenangst den Weg zu uns nicht finden. Auch wenn ich es ein Stück weit nachvollziehen kann."

 

Über der Bar thront die Projektionskabine, mit Blick über die Stuhl- und Sofareihen. An einer Wand hängen noch die Futterkrippen des ehemaligen Stalls. Eine Kasse aber, die gibt es nicht im Reitschulkino. Nach wie vor besteht das Eintrittsgeld aus einer Kollekte. Die meisten zahlen den Richtpreis von 12 Franken, manche auch mehr. Für Bischoff ist es allerdings auch in Ordnung, wenn jemand, dem der Film nicht gefallen hat oder der kein Geld hat, weniger gibt. Denn über die Kinopreise in der Stadt staunt Bischoff. Da er als Operateur freien Eintritt hat, sieht er sich fast alles an. "Wenn ich nicht auch das Schlechte kenne, weiss ich ja gar nicht, was schlecht ist."

 

Hollywood-Blockbuster würden denn wohl auch nie im Kino in der Reitschule laufen - schlicht nicht nötig, findet Bischoff. Sonst gibt es kaum Barrieren beim Programmieren. Ausser, dass nur Filme gezeigt werden, von denen man auch die Vorführrechte habe. "Viele meinen ja, die Reitschule sei ein rechtsfreier Raum. Für uns als Kulturbetreiber trifft das nicht zu."

 

Eine Kollegin kommt herein, bringt Flyer vorbei. Sie raunt Bischoff etwas zu. "Ach ja, schreib, dass das Reitschulkino das schönste Kino Berns ist", sagt er. Und meint damit wohl nicht nur den charmanten Raum mit seiner Patina. Sondern auch das produktive Miteinander von Reitschule-Veteranen und -Novizen. "Das Kinokollektiv ist wohl die heterogenste aller Veranstaltungsgruppen der Reitschule", sagt Bischoff. "Hier arbeiten Leute - alle ehrenamtlich -, die seit 25 Jahren dabei sind. Aber auch Junge wie ich."

 

Eine gute Mischung, so Bischoff. "Die einen bringen die Erfahrung, die anderen die Energie."


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ronorp.net 2.11.12

http://www.ronorp.net/bern/stadtleben/kultur-politk-bern.741/liebeserklaerungen-an-die-reitschule.292772

 

Liebeserklärungen an die Reitschule

 

 

Die Reitschule hat letztes Wochenende ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. Ich hab mich unter euch Stadtkindern umgehört und nachgefragt, was ihr an  der Reitschule liebt und schätzt. Hier eure Antworten:

 

Markus:

"Das gute Bier, der schöne Dachstock, das Markthallen-Feeling, die verschiedenen Kulturen und Meinungen welche in der Reitschule aufeinandertreffen, die guten Konzerte und das hohe Töggeli-Niveau:)"

 

Debora:

"Ich liebe an der Reitschule, dass sie unkonventionell ist. Ich liebe an der Reitschule, dass sie ihren eigenen Kopf und Charakter hat. Ich liebe an der Reitschule, das sie ein Treffpunkt der Kulturen ist."

 

Philipp:

"Naja, abseits von dem, was man so in den Medien hört? Erstmal natürlich die schöne bunte Fassade. Verschiedene Angebote für Jung und Alt. Und auch die gewissen Tendenzen zum Ungehorsam. Die Halle schafft es aber vor allem, mir Hoffnung zu geben, dass eine vereinte Jugend für ihre Anliegen einsteht. Dass wir vielleicht doch irgendwann ungetrübt durch Blumenfelder hüpfen können. Ich liebe es zu wissen, dass wir weiter für was kämpfen werden. 100 Jahre Halle? Kein Ding! ;)"

 

Natlie Esther:

"Ich liebe an unserer Reitschule, dass sie sich seit zehn Jahren wie mein zweites Zuhause anfühlt. Sie ist die Alte geblieben und ich bin darin erwachsen geworden. Mit 16 war der Dachstock wohl der einzige Club in Bern, in den wir ohne Probleme reinkamen (abgesehen vom Gaskessel, den wir früh für zu uncool befanden). In Gymerzeiten besuchten wir Rap-Konzerte und unsere Jungs organisierten HipHop-Parties im Ifluss. Im Studium dann feierten wir Elektroparties bis morgens um 9 Uhr (Was ich mit 22 an der Reitschule liebte, kannst du übrigens hier nachlesen). Mit der Zeit begab ich mich auch immer mehr in die hinteren Räumlichkeiten der Reitschule. Das Soul-le-pont, das Tojo-Theater, das Kino, der zauberschöne Frauenraum, der Infoladen… (und ja: auch die Cafete): Immer gab es etwas Neues zu entdecken.  

 

Der Zauber der Reitschule ist, dass ich nun auf dem Vorplatz die 16-Jährigen gutmütig belächeln, an Rap-Konzerten von Künstlern, die die Teenies von heute nicht kennen, in Nostalgie schwelgen und mir an einer Elektro-Party nach Bedarf den Arbeitsalltag abtanzen kann."


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20 Minuten 2.11.12

 

Groove im Dachstock

 

Fr, 2.11., 21 Uhr, The Coup & Jono McCleery, Dachstock.

 

HIP-HOP. Abwechslungsreicher und grooviger Abend im Dachstock: Das Programm startet mit der vorzüglichen Stimme von Soulbarde Jono McCleery. Seine Musik wurde von Kritikern als stimmiger Mix aus Miles Davis, Massive Attack, John Martyn, Fink und Radiohead beschrieben. Nach diesem Konzert geht es weiter mit dem sonnengetränkten Hip-Hop von The Coup. Die Kalifornier bringen ihr gerade erst veröffentlichtes Album "Sorry to Bother You" mit. pec

 

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Bund 2.11.12
http://www.derbund.ch/bern/stadt/Stadtrat-will-Bushaltestelle-Bollwerk-auf-Schuetz-verlegen/story/17497571


Stadtrat will Bushaltestelle Bollwerk auf "Schütz" verlegen

 

Wie aus einem Vorstoss zu einer Bushaltestelle eine Stadtratsdebatte über den Unort Schützenmatte wurde.



Gegenüber der Bushaltestelle vor dem Kapitel (links) soll eine neue Haltestelle zu liegen kommen. Bild: Manu Friedrich

"Wir möchten den Raum hinter der Baumallee auf der Schützenmatte aufwerten", sagte Postulant Peter Ammann (GLP). Eine Verschiebung der Bushaltestelle Bollwerk stadteinwärts in Richtung "Schütz" würde zu deren Aufwertung beitragen. Im Vorstoss argumentieren SP und GLP unter anderem damit, dass die bestehende Haltestelle Bollwerk von den Fahrgästen kaum benutzt werde. Bei der FDP stiess das Ansinnen aber auf wenig Verständnis. Sie hatte bereits gestern Morgen in einer Medienmitteilung darauf hingewiesen, dass eine Annahme des Vorstosses "präjudizierende Wirkung für die weitere Entwicklung der Schützenmatte haben könnte". Zurzeit ist ein Vorstoss der Freisinnigen hängig, in dem der Gemeinderat zur Ausarbeitung einer Vorlage für den Bau eines Wolkenkratzers aufgefordert wird. Der Gemeinderat weist in seiner schriftlichen Antwort aber darauf hin, dass die Errichtung eines Hochhauses bloss "eine von mehreren Entwicklungsmöglichkeiten" auf der Schützenmatte darstelle.

 

"Der Unort soll nun durch eine Bushaltestelle aufgewertet werden", frotzelte Christoph Zimmerli (FDP). Die Verlegung einer Haltestelle des öffentlichen Verkehrs als "kreative und wirkungsvolle Umgestaltung" zu bezeichnen, wie dies der Vorstoss tue, sei aber anmassend. "Wir haben nichts gegen eine Verschiebung der Bushaltestelle. Aber uns schwebt eine umfassendere Aufwertung der Schützenmatte durch einen Wolkenkratzer vor." Ein solches Projekt könne auch mit der Verlegung der Bushaltestelle kombiniert werden, sagte Zimmerli.

 

Plexiglaswände bei Reitschule?

 

So wuchs sich die Debatte um die Verschiebung eines Bushäuschens zur Debatte um die Aufwertung des "Schandflecks" Schützenmatte aus. "Wir haben nichts gegen eine Aufwertung des Bollwerks", sagte Simon Glauser (SVP). Diese müsste aber auch die Errichtung von Plexiglaswänden bei der Reitschule beinhalten, damit die Polizeiautos vor Flaschenwürfen geschützt würden, sagte Glauser mit ironischem Unterton. Gemeinderätin Regula Rytz (GB) liess sich nicht provozieren. Sie erinnerte an den Stand der Gesamtplanung Schützenmatte. Kurzfristig müssten die Wasserleitungen saniert werden. Mittelfristig müsse die Umgestaltung mit den Anrainern diskutiert werden. "Das geht nicht von heute auf morgen", sagte Rytz. Das Postulat wurde mit 46 zu 18 Stimmen für erheblich erklärt. (bob)

 

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BZ 2.11.12

http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Bus-soll-auf-der-Schuetz-halten/story/23395534

Bus soll auf der Schütz halten

 

Stadtrat · Die Bernmobil-Haltestelle Bollwerk soll verschoben werden, sodass die Busse auf der Schützenmatte halten.

 

Die Schützenmatte soll mit einer Busstation und einem Kiosk aufgewertet werden. So will es der Stadtrat. Er hat gestern ein Postulat mit 46 zu 18 Stimmen überwiesen. So könnte künftig die Haltestelle Bollwerk für stadt-einwärtsfahrende Busse auf dem Parkplatz vor der Reithalle halten. "Die aktuelle Haltestelle Bollwerk liegt mehr oder weniger offensichtlich am falschen Ort", sagte Postulant Peter Ammann (GLP). "Mit der Verlegung der Haltestelle und einem Kiosk könnten wir den Raum Schützenmatte aufwerten." Der Gemeinderat muss nun die Umsetzung dieser Forderung prüfen. "Wir schauen es im Rahmen der Gesamtplanung Schützenmatte an", sagte Gemeinderätin Regula Rytz (GB). tob

 

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Interfraktionelles Postulat SP/JUSO, GLP (Beat Zobrist, SP/Peter Ammann, GLP): Neugestaltung Schützenmatte - Verlegung der Bushaltestelle Bollwerk; Annahme (TVS: Rytz) 12.000063

http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen/termine/2012/12.000063/gdbDownload

 

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Bund 2.11.12

 

Drogenrazzia rund um die Reitschule

 

Die Kantonspolizei Bern ist gestern Abend in einer koordinierten Aktion gegen die Drogenszene rund um die Reitschule in Bern vorgegangen. Die entsprechenden Personenkontrollen fanden im Bereich Neubrückstrasse, Schützenmatte und Bollwerk statt. Gesamthaft wurden 27 Personen einer Kontrolle unterzogen und zwecks weiterer Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht.

 

10 Personen wurden nach den erfolgten Kontrollen wieder entlassen. Weitere 17 Personen wurden wegen Widerhandlungen gegen das Ausländer- oder Betäubungsmittelgesetz vorübergehend festgenommen. Bei den Festgenommenen handelt es sich um Staatsangehörige aus diversen afrikanischen Staaten.

 

Kokain und Marihuana gefunden

 

3 der vorübergehend Festgenommenen wurden in Ausschaffungshaft versetzt, weitere 7 zudem anderen Kantonen zugeführt, schreibt die Kantonspolizei in einer Mitteilung.

 

Im Verlauf der Aktion wurden insgesamt 17 Kugeln Kokain, rund 34 Gramm Marihuana und mehrere Tausend Franken Bargeld sichergestellt. Das Geld stamme vermutlich aus dem Drogenhandel, schreibt die Kantonspolizei in ihrer Mitteilung weiter. (pkb)

 

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police.be.ch 1.11.12

http://www.police.be.ch/police/de/index/medien/medien/aktuell.meldungNeu.html/police/de/meldungen/police/news/2012/11/20121101_1758_stadt_bern_koordinierteaktiongegendendrogenhandel

 

Stadt Bern: Koordinierte Aktion gegen den Drogenhandel

 

1. November 2012

 

pkb. Am Mittwochabend, 31. Oktober 2012, hat die Kantonspolizei Bern in der Stadt Bern eine koordinierte Aktion gegen den Drogenhandel durchgeführt. Insgesamt 27 Personen wurden kontrolliert und Drogen sowie Bargeld sichergestellt. 17 Personen wurden festgenommen.

Die koordinierte Aktion wegen des Verdachts auf Drogenhandel fand unter Beteiligung verschiedener Bereiche der Kantonspolizei Bern statt. Die Personenkontrollen fanden im Bereich Neubrückstrasse, Schützenmatte und Bollwerk statt. Gesamthaft wurden 27 Personen einer Kontrolle unterzogen und zwecks näherer Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht.

 

Zehn Personen wurden nach den erfolgten Kontrollen wieder entlassen. 17 Personen wurden wegen Widerhandlungen gegen das Ausländer- oder Betäubungsmittelgesetz vorübergehend festgenommen. Drei der vorübergehend Festgenommenen wurden in Ausschaffungshaft versetzt, weitere sieben anderen Kantonen zugeführt. Zehn Personen wurden nach den getätigten Abklärungen im Laufe des Donnerstagvormittags aus der vorübergehenden Festnahme entlassen. Bei den Festgenommenen handelt es sich um Staatsangehörige aus afrikanischen Staaten.

 

Im Verlauf der Aktion wurden insgesamt 17 Kugeln Kokain, rund 34 Gramm Marihuana und mehrere Tausend Franken Bargeld sichergestellt. Das Geld dürfte aus dem Drogenhandel stammen.
(ah)

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kulturstattbern.derbund.ch 1.11.12

 

Open - auch mal Magic Mike

 

Von Resli Burri am Donnerstag, den 1. November 2012, um 06:05 Uhr

 

Offenbar gibt es in Bern viele offene Ohren für offene Mikrofone. Die Vielfalt an Bühnen, auf denen junge oder neue Talente (oder sagen wir mal mutige Menschen) sich dem Publikum stellen können, scheint dies jedenfalls zu belegen. Eigentlich ist die Stadt ein riesiges offenes Mikrofon:
Der Lustige Dienstag  im Tojo der Reitschule sorgt auch in dieser Saison wieder für mindestens einen vergnüglichen Dienstag pro Monat. Dort finden sich vornehmlich KleinkünstlerInnen aus der Sparte Comedy ein.
Grad daneben im Frauenraum gehe es, wurde mir kolportiert, frivol zu und her wenn es jeweils heisst Play Yourself.
Das Café Kairo muss auf dieser Plattform weiss Gott nicht vorgestellt werden: Der Gastgeber heisst Trummer und seine Reihe The Bridge. Diese Reihe spricht eher MusikerInnen an.
Die Piazza Bar am Hirschengraben verkabelt auch hin und wieder ein Paar Mikrofone, die besungen oder besprochen werden wollen.
Traue sich also getrost, wer sich traut!
Am Montag ging es wieder mal TSUNDEROBSI. Man konnte im Schlachthauskeller einen höchst erfrischenden Abend erleben mit unter anderen einem afrikanischen Kabarett mit Aziz, Cristelle und Isaac, den zwei Feigen Feigen und dem erstaunlichen Neo-Troubadour Mischa Wyss. Die Jugendpreisgekrönten Initiantinnen Jacqueline Schnyder und Julia Geiser führten geschwätzig im Doppelpack durch das Gaudi.

 

Und dann das! Als special Guest war Nadja Stoller angesagt. Mit ihrem Arme-Leute-Instrumentarium (Kinder-Keyboard, Banjo, Akkordeon, Xylophon und anderen Brockenstubenutensilien) und einem Loopgerät ausgerüstet, verzauberte sie das Publikum mit ihren betörenden Liedern gänzlich. Als man den Mund wieder zu brachte, war die Kehle trocken und das Bier in der Hand warm. Geben Sie sich ihre Songs. Ihre CD heisst Alchemy und ist sehr zu empfehlen.
Oder gehen Sie sie hören! Zum Beispiel im Bären Buchsi mit dem oben genanntem Trummer.
Magic Mikes soweit das Ohr reicht.

 

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kulturagenda.be 1.11.12

http://www.kulturagenda.be/rubrik/sounds/alte_yb_rostet_nicht/

Alte YB rostet nicht

 

Nachdem die Youngblood Brass Band mit Rapper Bligg dessen Musik vergoldet hatte, ist die US-Gruppe wieder pur, blechern und wild auf der Bühne zu sehen. Im Dachstock bereits zum sechsten Mal.



Spielt für Bern: die Youngblood Brass Band, hier ohne Pauken und Trompeten.


Susafon, Posaunen, Pauken und Trompeten - tönt nach Fasnacht oder allenfalls nach Balkanmusik. Dort geht in der Regel die Post ab - aber so richtig begeisternd ist dieses Instrumentenaufgebot, wenn die Youngblood Brass Band aufspielt, die sich auf ihrer gelb-schwarzen Website mit "YB" abkürzt.

Im Dachstock der Reitschule passiert das öfter: Die US-Amerikaner sind schon zum sechsten Mal geladen. Die Berner Begeisterung für die Band, die ungefähr in Fussballmannschaftsgrösse auftritt, hat indes wenig mit den zufälligen Verbindungen zum örtlichen Fussballclub zu tun. Die Youngblood Brass Band wurzelt in der New-Orleans-Brasstradition, hat sich nach ihrer Gründung Mitte der 90er-Jahre den cooleren Grooves des Hip-Hop angenähert und unterwegs allerlei Popmusik aufgesogen.

 

Kraft durch Dynamik

 

Was die Band stark macht: Die mittlerweile nicht mehr ganz so jungblütigen Musiker wissen die grossen Möglichkeiten ihrer Instrumente zu nutzen. Sie schränzen nicht nur leidenschaftlich, sondern schöpfen die Kraft aus der grossen Dynamik des Blechs: Da sind die feinen Töne eben genauso stark und ermöglichen den Aufbau zur regelrechten Ekstase. Den unverkennbaren Sound verdankt die Band ihrem Arrangeur und Susafonspieler Nat McIntosh. Zwischenzeitlich war er abgesprungen, mittlerweile taucht er indes wieder mit seiner Mannschaft auf der Bühne auf. Er hat die Youngblood Brass Band zu einer der bekanntesten Brassbands der Vereinigten Staaten gemacht, insbesondere mit einem Song: "Brooklin" vom 2003er-Album "center:level:roar" wurde zum grossen Hit der Band. Ein grossartiger Livemitschnitt aus einem Dachstock- Konzert ist 2010 auf dem Sampler "Reitschule beatet mehr" erschienen - er entstand im Abstimmungskampf über die Initiative "Schliessung und Verkauf der Reitschule".

 

Zusammenarbeit mit Bligg

 

Auch der Zürcher Rapper Bligg ist der Qualitäten der Band gewahr worden. Er liess sein Album "Bart aber herzlich" neu arrangieren und hat die recycelten Songs letztes Jahr nochmals auf "Brass aber herzlich" herausgegeben mit YB als Begleitband. Es folgten auch einige ausverkaufte Konzerte - kein Wunder, Bliggs Popsongs haben neuen Biss und Druck erhalten. Im Dachstock ist die Youngblood Brass Band aber wie gewohnt mit ihren eigenen Songs zugegen. Neues Material hat es zwar schon seit dem letzten Studioalbum "Is that a Riot" (2006) nicht mehr gegeben. Aber der Liebe der Berner zu ihren Gelbschwarzen dürfte dies keinen Abbruch tun - und auch der Flirt mit einem Zürcher Rapper nicht.

 

Michael Feller

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Dachstock der Reitschule, Bern

Sa., 3.11., 21 Uhr. www.dachstock.ch

Wir verlosen 2 x 2 Tickets:


Die Youngblood Brass Band spielt "Brooklyn"


Susafonist Nat McIntosh spielt "Brooklyn" mit der Wisconsin Band


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Bund 1.11.12

 

Apparat

 

Poesie in der Mechanik

 

Elektronische Musik paart sich meist mit der Samstagnacht. Der Berliner Apparat beweist, dass sich dafür auch der Sonntag eignet.

 

Am Anfang stand die Faszination. Eine Faszination, die sich 1993 mit dem Einzug der elektronischen Musik in einem Dorf im Südosten Deutschlands einstellte. Der 14-ährige Sascha Ring wollte mehr von diesen Computertönen als nur die Discos, die seine Freunde veranstalteten.

 

Er bestellte Platten von Künstlern wie Funkstörung und schaffte sich die Geräte an, die nötig waren, um seinen Vorbildern nachzueifern.

 

Streber mit Hang zum Chaos

 

Heute lebt Sascha Ring in Berlin und ist besser bekannt unter dem Namen Apparat. Die Faszination für elektronische Musik ist dieselbe geblieben. Hinsichtlich seiner Arbeit sei er ein Streber mit Hang zum musikalischen Chaos, sagt er über sich und seine Schaffensweise.

 

Im Herbst 2011 erschien sein sechstes Album: "The Devil’s Walk", benannt nach der Ballade des 1822 ertrunkenen Schriftstellers Percy Bysshe Shelley. Elektronische Verknüpfung mit alter Dichterkunst. Der Brückenschlag glückt.

 

Poet der Elektroszene

 

Der Apparat bewegt sich weltweit und erarbeitet sich den Ruf des Poeten in der Elektroszene. Anschaulich wird dies im für MTV produzierten Live-Video zum Song "Ash Black Veil": Streichorchester, Schlagzeug, Klavier und die glasklar-präzise Stimme Reichs. Währenddessen sich die Härchen an den Unterarmen aufstellen, kommt einem Radiohead in den Sinn.

 

Und wer jetzt noch hadert - hingehen, nicht hingehen - sucht im Netz nach dem Clip. Bedenken adieu! (mik) Dachstock, Sonntag, 4. November, 20 Uhr.




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kulturagenda.be 1.11.12

 

"Sonnenalle" im Kino in der Reitschule

 

In seiner Komödie "Sonnenallee" (1999) zeigt Leander Haussmann das Leben einer Gruppe Ostberliner Jugendlicher in den 1970er-Jahren. Eine herausragende Rolle spielt dabei nicht nur die Berliner Mauer, sondern auch die Musik von Nina Hagen, den Toten Hosen sowie anderen deutschen Bands. In Deutschland avancierte der Streifen zu einem Kultfilm.

Kino in der Reitschule, Bern. Do., 1.11., 20.30 Uhr




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kulturagenda.be 1.11.12

 

Der Frauenraum lädt zu einem Erotikleseabend

 

Sowohl die St. Gallerin Michaela Friemel als auch Geneva Moser (Bild) aus Uster studieren am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Die jungen Autorinnen lesen im Frauenraum der Reitschule ihre erotischen Texte. Keine leichte Aufgabe, denn "Erotik ist eine Knacknuss", hat Friemel einmal in einem Interview gesagt. Es gilt, die richtigen Worte zu finden, ohne kitschig oder vulgär zu sein.

Frauenraum der Reitschule, Bern. Do., 1.11., 20 Uhr

 

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Bund 1.11.12

 

Ausstellung "Die Nakba"

 

Wo das Übel wurzelt

 

Die Ausstellung "Die Nakba" blendet zu jenem Moment zurück, als sich in Palästina ein grosser Konfliktherd entzündete. Mehr als nur Beigemüse ist das Rahmenprogramm.

 

Für die einen war es ein Segen, für die anderen eine "Nakba", arabisch: Katastrophe: der Entschluss der Vereinten Nationen im Jahr 1947, Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat aufzuteilen. Die Ausstellung "Die Nakba" im Kornhausforum blendet zurück zu diesem historischen Moment, als sich der heutige Konfliktherd zum ersten Mal so richtig entzündete.

 

Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann auch nicht über die Gegenwart urteilen - das ist der Hintergedanke des deutschen Vereins Flüchtlingskinder im Libanon, der die Ausstellung initiiert hat. Didaktische Schautafeln sind jedoch nur das eine - das andere ist ein umfangreiches Rahmenprogramm, welches das Trauma der Palästinenser und Israeli im Theater oder auf der Leinwand fassbar macht. So nimmt die Berner Theatertruppe Peng!Palast ihr vor Jahresfrist erstmals gezeigtes Stück "The Holycoaster (S)hit Circus" wieder auf, in dem sie sich mit vollem Körpereinsatz in eine Zusammenarbeit mit der israelischen Tanztruppe Machol Shalem Dance House stürzt (Tojo-Theater, ab 8. November). Ebenfalls eine schweizerisch-israelische Koproduktion ist "Ich bin Yusuf und das ist mein Bruder" von Amir Nizar Zuabi, ein Stück über eine Dorfgemeinschaft im Angesicht des Krieges (Schlachthaus-Theater, ab 9. November).Einen ganzen Filmzyklus hat das Kino in der Reitschule programmiert (ab 16. November). Es ist ein facettenreicher Einblick in palästinensische Wirklichkeiten: So filmt Regisseur Raed Andoni aus dem Westjordanland seine eigene Psychotherapie ("Fix Me"), in "Rachel" sucht Simone Bitton nach den Gründen für den tragischen Tod der 23-jährigen amerikanischen Aktivistin Rachel Corrie, die im Gazastreifen von einem Bulldozer überrollt wurde, und "The Inner Tour" folgt einer Reise von Palästinensern durch Israel, ein Land, das für sie Besatzungsmacht und verlorene Heimat zugleich ist. (reg)

 

Kornhausforum Vernissage: heute, 19 Uhr. Bis 2. Dezember. www.nakbabern.ch

 

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WoZ 1.11.12

 

Ausstellung

 

Nakba

 

"Die Katastrophe" - Nakba - nennen die Paläs­tinenserInnen die Ereignisse von 1947/48: Zu Hunderttausenden wurden sie aus ihren Häusern vertrieben. Ihr Besitz wurde beschlagnahmt, ganze Dörfer zerstört und der Staat Israel gegründet. Während eines Monats finden in Bern Veranstaltungen zur Nakba statt. Die Fotoausstellung "Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948" im Kornhaus dokumentiert die Ereignisse von damals und ihre Auswirkungen bis heute. Am Eröffnungsabend sind Iren Meier, Nahostkorrespondentin und Redaktorin bei Radio DRS, die grüne Gemeinderätin Regula Rytz und die Ausstellungsmacherin Ingrid Rumpf ­anwesend.

 

Spannende Filme zum Thema gibt es im Kino in der Reitschule: In "The Time That Remains" erzählt der israelische Palästinenser Elia Suleiman seine Familiengeschichte, Si­mone Bitton geht in "Rachel" der Geschichte der 23-jährigen Aktivistin Rachel Corrie nach, die 2003 im Gazastreifen von einem israelischen Bulldozer überrollt wurde. Im Schlachthaus-Theater ist das Theaterstück "Ich bin Yusuf und das ist mein Bruder" des palästinensischen Regisseurs Amir Nizar Zuabi zu sehen. Das Tojo-Theater zeigt mit "The Holycoaster S(hit) Circus" eine satirische, politisch unkorrekte Show des Kollektivs Pengpalast. Zahlreiche Podiumsdiskussionen, Gespräche und Referate runden das Thema ab. süs

 

Die Nakba in: Bern Kornhausforum, Kino in der Reitschule, Tojo Theater, Schlachthaus Theater, Aula Progr, Do, 1. November, bis So, 2. Dezember. www.nakbabern.ch

 

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kulturagenda.be 1.11.12

http://www.kulturagenda.be/aktion/kolumnen/klartext/knatsch_um_die_reitschule/

Klartext mit Michael Röhrenbach über den Knatsch um die Reitschule

 

In der Reitschule geben Flaschenwürfe auf die Polizei und die Verhandlungen zum Leistungsvertrag zu reden. Wie nimmt dies einer, der sich seit zehn Jahren in der Reitschule engagiert, wahr? Wir haben mit Michael Röhrenbach, 54, gesprochen, Mitglied des Tojo-Theater- Kollektivs. Er ist auch Vorstand des Vereins Berner Kulturagenda.

 

In der Reitschule gibt es viele engagierte Menschen, die etwas auf die Beine stellen. Trotzdem steht die Reitschule immer wieder in der Kritik. Nervt Sie das?

 

Mich nervt weniger die Kritik als die Aktionen, die die Kritik auslösen. Die Kritik betrifft ja auch nicht den Kulturbetrieb oder unsere Strukturen, sondern andere Aktivitäten aus dem Reitschulumfeld. Sie ist im Grunde genommen berechtigt. Es gibt ein paar Sachen, die wir nicht gut im Griff haben und die gegen das Reitschulmanifest verstossen.

 

Viele Aktive denken ähnlich wie Sie. Wieso distanziert sich die Reitschule nicht klarer von Flaschenwürfen und Gewaltaufrufen?

 

Bei diesen Aktionen handelt es sich oft um Nacht-und-Nebel-Aktionen unklarer Urheberschaft und mit unklarer politischer Aussage. Es geht nicht darum, Leute zu decken, die Gewalt auf Menschen ausüben. Die Reitschule ist der am wenigsten repressive Ort in Bern. Dementsprechend distanziert sie sich dezent und denunziert nicht.

 

Lässt sich die Reitschule von einigen Egoisten in Geiselhaft nehmen?

 

Nein. Die Mediengruppe macht einen sehr guten Job. In den Communiqués ist eine Distanzierung immer deutlich herauszulesen. Gleichzeitig probiert sie, medial überhöhte Themen in den richtigen Relationen darzustellen.

 

Erschwert die heterogene, konsensdemokratische Organisation der Reitschule die Kommunikation gegen aussen?

 

Vor einigen Jahren wurde über Strukturanpassungen nachgedacht. Das steht sicher wieder an. Es wäre schön, zu prüfen, ob die Strukturen nach 25 Jahren immer noch in jeder Hinsicht funktionieren.

 

In welche Richtung müssten solche Anpassungen zielen?

 

Mir gefällt die letztlich doch gut funktionierende konsensdemokratische Struktur. Sie könnte für mich aber wieder demokratischer werden. Eine Strukturreform sollte zu mehr Demokratie, mehr Einfachheit und letztlich zu mehr Konsens führen.

 

Die Reitschule wird im medialen Scheinwerferlicht immer wieder zum politischen Spielball. Was kann sie dagegen tun?

 

Daran kann die Reitschule wenig ändern. Dennoch ist die Reitschule konstruktiv und steuerte während der Leistungsvertragsverhandlungen alle lösungsorientierten Vorschläge bei. Damit war sie viel erwachsener als der Stadtrat, der den letzten Leistungsvertrag trotzig torpedierte.

 

Wird die Reitschule falsch eingeschätzt?

 

Die Reitschule schätzt sich selbst insofern falsch ein, als sie ihre einheitliche Aussenwirkung ausblendet. Denn das Meinungsspektrum in der Reitschule ist sehr breit. Und diese Meinungen können auch geäussert werden.

 

Interview: Basil Weingartner

 

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WoZ 1.11.12

 

Porträt - Immer weiter gegen die Obrigkeit

 

Tom Locher wollte Buchhändler werden, doch er war zu scheu. Er wurde dann Anarchist. Nun kandidiert der Präsident der Berner Reitschule für das Stadtparlament.

 

Von Timo Kollbrunner (Text) und Manuel Gnos (Foto)

 

Es war ein Abend im November 1987, der 17-jährige Thomas Locher aus Bolligen, einem Dorf bei Bern, war mit einem Kollegen in die Stadt gekommen, um sich im Kino einen Actionfilm anzuschauen. Was sie im Kino suchten, fanden sie bereits am Hauptbahnhof. Action. Sie sahen zu, wie Polizisten einen Sprayer verhafteten. Auf dem Boden blieb eine rote Lache zurück. Ob es Blut war oder Farbe, das weiss Tom, wie ihn alle nennen, bis heute nicht. Aber die Szene machte ihm Eindruck. Vielleicht hatte er damals zum ersten Mal dieses Gefühl, das er heute so artikuliert: "Das ist die Polizei der Obrigkeit. Die Polizei ist nicht für mich da. Sie ist gegen mich."

 

Im November 1987 war Tom Locher weit davon entfernt, gegen die Staatsmacht aufzubegehren. Er war meist in seinem Zimmer in Bolligen und las. Buchhändler hatte er werden wollen, doch er war wohl zu scheu, um ein guter Buchverkäufer zu sein, ganz sicher war er zu scheu, um sich selbst überzeugend zu verkaufen. Rund hundert Bewerbungen hatte er geschrieben, schliesslich nahm ihn das Betreibungsamt. Als Tausende BernerInnen die Stadt einnahmen, für das Autonome Jugendzentrum Reitschule und gegen die Räumung des Hüttendorfs Zaffaraya kämpften, da war Tom Locher zu Hause und hörte das "Radio Zaffaraya" der jungen AktivistInnen, die die Berner Radiostationen besetzt hatten. Als sich die SchülerInnen vor seiner Berufsschule, dem heutigen Kulturzentrum Progr, zum Streik formierten, schaute er fasziniert zu und wagte nicht mitzumachen. Erst im Sommer 1988 besuchte er erstmals die Reitschule, aus Neugier. Bald nahm er dann teil an Protesten, diskutierte nächtelang, erfuhr, wie es sich anfühlt, an Kongressen Manager mit Abfall zu bewerfen. "Wir haben gemerkt: Man kann was machen gegen die herrschenden Zustände." Nach der Lehre holte er das Gymnasium nach, die Reitschule war seine Heimat geworden, er wohnte dort, er wurde Präsident der Ikur, der Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule Bern.

 

Für subversiven Charme

 

Er ist es heute noch. Er ist einer von wenigen in seinem Alter, die geblieben sind, die meisten sind verschwunden. "Karriere, Familie, andere Projekte, Drogen, Krebs", sagt Tom Locher. Er aber bleibt aktiv, auch in der Mediengruppe. Er ist zu vernehmen, wenn wieder jemand mit Farbe gefüllte Flaschen auf Polizeiautos geworfen hat, wie ein paarmal in den letzten Wochen. Er vermisse bei diesen Aktionen "den subversiven Charme", sagt er, die Aktionen seien schlecht vermittelbar, nicht niederschwellig genug, um breiten Widerstand anzufachen. Und vor allem versteht er nicht, warum man vor der Reitschule Flaschen wirft und nicht auf das Hauptquartier der Polizei.

 

Auch bezahlte Arbeiten gibt es in der Reitschule, doch einer solchen geht Tom Locher schon lange nicht mehr nach. Er bezeichnet sich als "Aktivisten und Studenten", und zwar als einen "mit dem Privileg, ein Vorerbe zu beziehen". Toms Vater Heinz ist Präsident der Allianz der grössten Schweizer Krankenkassen   - ja, jener Mann, der SP-Bundesrat Alain Berset unlängst von seinem Zweitwohnsitz London aus mit Hugo Chávez verglich, weil er die Krankenkassen enteignen wolle.

 

Schwarze Phasen

 

Es sei praktisch, dass er dank dem Vorerbe viel Gratisarbeit leisten und hie und da ausschlafen könne, sagt Tom Locher. Aber manchmal würde er lieber sein eigenes Geld verdienen, mit Gassenarbeit oder einer Kampagne für eine NGO. Über seine finanzielle Abhängigkeit denkt er lieber nicht allzu viel nach. "Es ist, wie es ist." Manchmal geniesst er seine Freiheiten, manchmal hadert er mit seiner Existenz. Er habe eine "selbstzerstörerische Ader", sagt er, und einen "Hang zum Radikalen". Tom Locher raucht drei Päckchen Zigaretten pro Tag, und wenn er mal beginnt mit Computerspielen, dann hört er viele Stunden lang nicht mehr auf. Als ihm vor zehn Jahren bewusst wurde, dass er genug damit zu tun hat, zu sich selbst zu schauen, liess er sich unterbinden. Früher hatte er hie und da Phasen, in denen er nur noch schwarzsah. Seit er Medikamente nimmt, geht es besser.

 

Seit sieben Jahren studiert Tom Locher Geschichte und Sozialanthropologie. Buchhändler wird er nicht mehr werden, dafür ist er zu alt und, sofern er das Studium mal beendet hat, überqualifiziert obendrein. Vielleicht wird er stattdessen Politiker. Ende November tritt er bei den Stadtberner Wahlen für die Alternative Linke an, um einen Sitz im Stadtparlament einzunehmen. Dass er das Amt wirklich antritt, falls er gewählt wird, mag er nicht versprechen. Eigentlich, sagt der 42-Jährige, wäre es ihm lieber, die Jungen würden selbst Verantwortung übernehmen, statt sie an ihn zu delegieren. "Sie sollten besser einen Farbbeutel auf den Polizeiposten werfen oder ein Protestzelt in den Garten davor stellen, statt mich zu wählen."

 

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Basler Zeitung 1.11.12

 

Meinung

 

25 Jahre Reitschule Bern

 

"An die Arbeit, ihr Affen"

 

Von Dominik Feusi

 

Wer mit dem Zug im Bahnhof Bern einfährt, kann die Reitschule nicht übersehen. Das ehemals für den Reitsport reservierte Gebäude steht direkt neben den Geleisen einer der am meisten befahrenen Strecken der Eisenbahn. Seit 25 Jahren ist es "autonomes Kulturzentrum". An die mehr oder minder schön aufgesprayten Parolen hat sich der Berner Pendler längst gewöhnt.

 

Jetzt steht da, unübersehbar rot auf blau zu lesen: "An die Arbeit, ihr Affen". Und das ist selbst eher geruhsamen Bernerinnen und Bernern zu viel des   Guten. Die Bewohner der Stadt haben sich mit dem "Kulturzentrum" längst abgefunden. Auch damit, dass die verharmlosend "Reitschüler" genannten Träger jährlich rund 380 000 Franken Subventionen, Wasser und Strom von der Stadt erhalten. Zwar kommt es fast jedes Wochenende zu Krawallen mit der Polizei, die von den "Reitschülern" an ihrer Arbeit gehindert wird. Das stört aber nur die Minderheit der bürgerlichen Politiker. Fünf Initiativen aus Kreisen der SVP zum Verkauf, Umbau oder Abbruch der Reitschule wurden bereits abgelehnt.

 

Die Verhöhnung der "Affen", die zu Tausenden an   der Reitschule vorbei ihrer Arbeit zusteuern, Geld verdienen und genau darauf die sehr hohen Steuergelder bezahlen, die in der Reitschule ausgegeben werden, ist nun aber vielen Bewohnern der Bundesstadt zu viel. Dabei gehört es zum Standardrepertoire sozialistischer Kreise, die durch Arbeit selbstverantwortlich Handelnden lächerlich zu machen und selber vom Staat zu leben. Der französische Publizist Frédéric Bastiat brachte es auf den Punkt: "Alle möchten auf Kosten des Staates leben, vergessen aber, dass der Staat auf Kosten aller lebt." In dem Sinn fällt der farbige Appell an die Absender zurück: An die Arbeit, ihr Affen!
dominik.feusi@baz.ch

 

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DRS1 Regionaljournal Bern 30.10.12

http://www.drs1.ch/www/de/drs1/nachrichten/regional/bern-freiburg-wallis/370264.reitschule-nachtleben-wieviel-freiraum-fuer-bern.html

 

Reitschule, Nachtleben - wieviel Freiraum für Bern?

 

Die einen wollen sich in Bern amüsieren. Die anderen wollen in der Stadt wohnen. Eine Stadt muss vielen gerecht werden. Wie halten es Ursula Wyss (SP), Bernhard Eicher (FDP) und Claude Grosjean (GLP) mit Reitschule, mit Grenzen und Freiräumen?

 

Von links: Claude Grosjean (GLP), Ursula Wyss (SP), Bernhard Eicher (FDP). (SRF)

 

Ursula Wyss fordert, dass sich die Reitschulbetreiber von Gewalt distanzieren. Es brauche aber auch in Zukunft einen aktiven Dialog zwischen Reitschule und Stadt. Bernhard Eicher will die Reitschule mehr in die Pflicht nehmen. So müsse sie etwa die Tore schliessen, wenn die Polizei es verlange. Claude Grosjean findet, die Reitschule solle nicht zum Spielball des Wahlkampfs werden. Die Debatte um Sicherheit dürfe nicht zu Lasten des Kulturbetriebs gehen.

 

Wie viel Freiräume in der Stadt?

Der Grünliberale Claude Grosjean wünscht sich eine 24-Stunden-Partystadt. Wer in der Stadt wohnen wolle, brauche am Wochenende punkto Lärm eine gewisse Toleranz. Auch der Freisinnige Bernhard Eicher möchte die Polizeistunde lockern. Für die Sozialdemokratin Ursula Wyss soll Bern vor allem für die Bewohnerinnen und Bewohner Lebensqualität bringen.

 

Strassen-Restaurants befürwortet Wyss, Videokameras im öffentlichen Raum sind nicht in ihrem Sinn. Für Claude Grosjean bereichern alternative Wohnformen die Stadt Bern. Und kommerzielle Nutzungen des öffentlichen Raums können seiner Meinung nach sinnvoll sein, wenn sie problematische Gebiete betreffen. Bernhard Eicher ist gegen ein Alkoholverbot bei Fussballspielen. Die Schliessung von Schulhausplätzen am Abend braucht es für ihn nicht.

 

Die drei wollen - unter anderen - am 25. November 2012 in die Berner Stadtregierung gewählt werden. (madb)


Streitgespräch mit Ursula Wyss, Bernhard Eicher und Claude Grosjean

Hören (15:37)

http://www.drs.ch/lib/player/radio.php?audiourl=rtmp%3A%2F%2Fcp23910.edgefcs.net%2Fondemand%2Fmpc%2FRegionaljournale%2FBern%2F2012%2F10%2F121030_streitgespraech.mp3&design=drs1&type=popup&type=popup&skin=srdrs


Verantwortlich für diesen Beitrag:

 

Brigitte Mader


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BZ 30.10.12

http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Restaurant-Kapitel-sorgt-fuer-ein-offenes-Klima/story/10951696

Das Restaurant Kapitel sorgt für ein offenes Klima

 

Bollwerk · In wenigen Wochen feiert das Restaurant Kapitel im Dreieck Bollwerk, Reitschule und Drogenanlaufstelle sein einjähriges Bestehen - eine Rekordzeit im Vergleich zu den meisten Vorgängern. Auf der Suche nach dem Erfolgsrezept.




Rundum bekommt das bald einjährige Restaurant Kapitel Komplimente. An der Lage im Dreieck von Bollwerk, Reitschule und Drogenanlaufstelle haben die bisherigen Gastrobetriebe kaum ein Jahr überlebt. Das Erfolgsgeheimnis des Lokals sieht Wirt Tom Weingart im Mix des Angebots: Mittags kommen vorwiegend Geschäftsleute zum Essen, das Restaurant offeriert drei Tagesmenüs. Donnerstag-, freitag- und samstagabends verschiebt Weingart Tische, Stühle und ein Podest, um DJs und Musikern Platz zu machen. Bis 3 Uhr morgens.

 

Sowohl Tom Weingart selbst als auch die umliegenden Geschäfte sehen den Schlüssel zum Erfolg in der Gesprächsbereitschaft der Kapitel-Verantwortlichen mit den verschiedenen Beteiligten im Umfeld. Die bei den Vorgängern oft genannten Spannungen mit der Drogenanlaufstelle ist für den Wirt kein Thema, er winkt ab. Ein guter Draht zur Reitschule ergibt sich schon personell. Mitgründer Diego Dahinden hat unter anderem auch schon als Kulturveranstalter im Dachstock der Reitschule mitgewirkt. Für eine reine Essbeiz sei hier der falsche Platz, sagten die Gründer schon vor einem Jahr. Darum sollen im Kapitel Ess- und Partykultur sowie Tag und Nacht aufeinandertreffen, lautete und lautet ihre Überzeugung. Sie setzen auf eine qualitativ hochwertige, saisonale und lokale Küche sowie abends und am Wochenende auf einen kulturellen Bar-/Loungebetrieb. Auch eine Überzeitbewilligung haben sie erhalten. Schon bei der Eröffnung vor einem Jahr zeigte sich Mitgründer Diego Dahinden zuversichtlich: "Wir gehen davon aus, dass an diesem Ort viel möglich ist." Das Konzept hat sich bisher bewährt.

 

Lebendige Nachbarschaft

 

Von kreativer Zusammenarbeit weiss Nachbar Miro Gadient vom City-Cycles-Veloservice zu berichten. Das neue Lokal habe viele positive Folgen mit sich gebracht. Die Ecke hier am Ende des Bollwerks sei lebhafter geworden. Ihr gemeinsamer Deal: Kommt ein Kunde, um ein Velo flicken zu lassen, belohnt ihn Gadient mit einem Gutschein für ein Getränk beim Kapitel.

 

Gastronomische Ergänzung

 

Konkurrenz belebt, sagt sich David Rütsche, Co-Chef des Restaurants O’Bolles, nur wenige Häuser vom Kapitel entfernt. Über Mittag bieten beide Betriebe Menüs an, die Klientel des Kapitels richte sich aber eher an Geschäftsleute. Das Angebot nach 23 Uhr sieht Rütsche als willkommene Ergänzung. Was Kapitel schon hat, wünscht sich auch der O’Bolles-Wirt: Tische vor dem Lokal in der warmen Jahreszeit. Die schattige Lage am lauten Bollwerk und die aktuelle Verkehrssituation lassen das kaum zu. An der Drogenanlaufstelle ist man ebenfalls des Lobes voll. Ines Bürgi, Leiterin der Regionalstelle Bern, attestiert den Wirten des Kapitels eine klare Kommunikation. Zu Spannungen sei es in diesem Jahr nie gekommen, und an den halbjährlichen Nachbarschaftsversammlungen hätten sie jeweils teilgenommen. Das offene Klima gefällt: "Ich hoffe, es bleibt so."

 

Hannah Einhaus

 

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rabe.ch 29.10.12

25 Jahre Berner Reitschule - Kopf der Woche ist der langjährige Reitschulaktivist Tom Locher
http://www.rabe.ch/sendungen/info-sendung-nachrichten/rabe-info/d/archive/2012/10/29/art/mo-29-oktober-2012.html (ab 11.40 Uhr)

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journal-b.ch 29.10.12
http://www.journal-b.ch/+ei9xl

25 Jahre Reitschule: Die Party in Bildern

Am vergangenen Wochenende hat die Reitschule ihr 25-jähriges Jubiläum mit einem rauschenden Fest gefeiert. Fotograf Sam Buchli hat die Feiern mit der Kamera festgehalten.




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kulturstattbern.derbund.ch 29.10.12

http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/blog/2012/10/29/kulturbeutel-44-12/

Kulturbeutel 44/12

 

Von Roland Fischer am Montag, den 29. Oktober 2012, um 05:00 Uhr

 

(...)

 

Frau Feuz empfiehlt:
Gehen Sie am Donnerstag ins Kairo. Dort wird im Rahmen von philosophie.ch über das Thema "Wen liebe ich?" philosophiert. Wenn Sie sich an dem Abend lieber Bluegrass anhören möchten, dann können Sie das im Rössli der Reitschule bei Handsom Hank tun. Am Wochenende gehen LiebhaberInnen der Englischen Sprache dann ins Theater Remise. The Caretakers führen dort die rabenschwarze Komödie "Life is Life" von Jack R. Williams auf.

 

(...)

 

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bernerzeitung.ch 29.10.12

http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/Zueri-West-schenkten-der-Reitschule-zum-Geburtstag-ihr-Herz/story/14373473

 

Fest mit Züri West

 

Reitschule. Tausende Besucher haben am Wochenende auf dem Vorplatz und in den diversen Lokalen das 25-jährige Bestehen der Berner Reitschule als autonomen Kulturzentrums gefeiert. Im Dachstock traten unter anderen Stiller Has und Züri West auf. Letztere verbreiteten mit ihren zeitlosen Hits Glücksstimmung im Publikum, das aus drei Generationen bestand. Songs aus den bewegten Zeiten gab es kaum.bzr Seite 2 + 3

 

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Züri West schenkten der Reitschule zum Geburtstag ihr Herz

 

Von Norbert Hunziker

 

Im ausverkauften Dachstock der Reitschule feierten rund 800 Zuschauer mit Züri West das 25-Jahr-Jubiläumsfest des Kulturzentrums. Die Berner Kultband bezog sich auf ihre Wurzeln und begeisterte drei Generationen, ohne eine Gage zu verlangen.




Züri West in der Reitschule - ein Heimspiel. Heute wie vor 25 Jahren. Eine Stunde vor Konzertbeginn schlagen an diesem Freitagabend Hunderte Herzen vor Vorfreude schneller. Im Dachstock wird herumgeboten, dass Züri West auf eine Gage für das Jubiläumskonzert verzichten und dass der Auftritt auf ein zufälliges Treffen eines Bandmitglieds mit einem Mitarbeiter des Dachstocks im Lorrainebad zurückgeht. Der Mitarbeiter habe vom Fest erzählt, der Musiker vorgeschlagen, dann aufzutreten.

 

Niklaus Martin (26) aus Bern hält die Hand seiner Freundin Deborah Riesen (21) aus Toffen. Minuten vor Konzertbeginn steht das Paar im Eingangsbereich des Dachstocks der Reitschule und sinniert über das Jubiläumsfest. "Ich bin wegen Züri West hier, aber auch wegen des Jubiläumsfests der Reitschule", sagt der Sozialarbeiterstudent Niklaus Martin.

 

Seine Partnerin besuchte die Reitschule bisher selten und sagt: "Vor 25 Jahren war ich noch nicht geboren. Aber ich vermute, dass das Leben damals einfacher war, weil die Menschen noch nicht so überwacht wurden." Und es habe wohl weniger Regeln, weniger Schilder gegeben, ergänzt Niklaus Martin. Dafür hätten sie nun mehr Möglichkeiten, auch im Job. "Ja, auch wir Frauen haben in der heutigen Zeit mehr Perspektiven in der Ausbildung", findet Deborah Riesen.

 

Züri West bei der Polizei

 

Kuno und seine Mannen betreten die Bühne, herzlicher Applaus brandet ihnen entgegen. In der vordersten Reihe stehen Andreas Berger, der Hausfilmer der Reitschule, und die Fotografin Kim Maurer aus Thun und justieren ihre Kameras. Rote Scheinwerfer blenden die beiden. Rhodes-Pianoklänge und Gitarrenriffs dröhnen. Züri West spielen, wo sie vor 25 Jahren schon spielten, als die besetzte Reitschule nach ihrer Schliessung wieder öffnete.

 

Heute warten drei Generationen gespannt Kuno Laueners Worten entgegen. Und prompt: "Jitz geihts mer wieder viu, viu besser", singt Frontmann Lauener. Oder: "Züri Wescht isch e auti Maschine, wo louft u louft u louft - es isch so schön gsi, u i beröie nüt." Die Intensität der Küsse und Umarmungen im Publikum steigt und ist an diesem Abend keine Frage des Alters. Züri West können es eben auch 25 Jahre später noch.

 

Ein Heimspiel. Und Kuno Lauener kommt ins Erzählen: Man sei auf dem Polizeiposten beim Waisenhausplatz gewesen und habe gefragt, ob man für den Konzertabend Uniformen ausleihen könne. "Aber die hei das nid sone gueti Idee gfunge, die Tuble." Der nächste Song sei für das "Modi" vom Empfang. Ein beherztes Harmonikaintro folgt und dann: "I ha kei Ahnig, wie me mit somene Ängu redt."

 

Zum ersten Mal im Dachstock

 

Christa Camenzind (51) aus dem Monbijouquartier steht mit ihrem Mann Paul (49) eng umschlungen vor der Bühne. "Wir sind noch von der alten Sorte und seit 30 Jahren verheiratet. Das tönt langweilig", sagt sie. Die Gesellschaft sei nun viel offener und toleranter als vor 25 Jahren, meint Christa Camenzind.

 

"Man kann viel mehr sich selber sein und wagen, seinen eigenen Stil zu leben", meint sie und fügt an, dass sie noch nie im Dachstock gewesen seien, aber von ihren Söhnen gehört hätten, wie romantisch es hier sei. "Ich finde die Geschichte der Reitschule sehr bewegend. Sie ist ein Abbild der Gesellschaft, die sich nicht allem unterordnen will", sagt sie. "Ich spüre heute ein wenig die 68er zurück. Ich wurde auch oft von der älteren Generation enttäuscht. Die taten so, wie wenn sie vergessen hätten, dass sie auch mal jung waren."

 

Nach gut drei Stunden verlassen Züri West die Bühne. Hausfilmer Andreas Berger packt seine Filmkamera zusammen und meint zufrieden: "Die Stimmung war grandios. Und ich durfte heute ausnahmsweise auch den Soundcheck von Züri West filmen, ja sogar backstage." Einzig den Song "Hansdampf" habe er vermisst. "Aber offenbar ist der Song so alt, dass die neue Besetzung ihn gar nicht spielen konnte", sagt Berger, der mit Kuno Lauener in derselben Infanterie-RS war. "Wir wurden beide nach einem Jahr für untauglich erklärt", erinnert sich Andreas Berger.

 

Andere Welt vor der Tür

 

Fotografin Kim Maurer sitzt nach dem Konzert an der Bar und sorgt sich im Gedränge um ihre teure Kamera. Das Reitschule-Fest ist weiterhin im vollen Gang, Hunderte Menschen tanzen auf dem Vorplatz. Als Maurer gegen drei Uhr durch die Menge geht, fällt ihr auf, dass viele Frauen von Männern zum Parkplatz begleitet werden. "Ich bin froh, holt mich mein Freund mit dem Auto ab", sagt sie.

 

Der Platz unter der Brücke und die Schützenmatte bleiben Orte, an denen nachts vielen unwohl ist. Zuvor hatten Züri West den Soundtrack zu 25 Jahre Berner Kultur- und Politikgeschichte geliefert - in heimeliger Dachstock-Atmosphäre.

 

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25 Jahre Reitschule

Bilder vom Fest

www.reitschule.bernerzeitung.ch

 

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20 Minuten 29.10.12

 

Züri West feiern die Berner Reitschule

 

BERN. Seit 25 Jahren gibt es die Reitschule in Bern. Als Geschenk gab es ein grossartiges Züri-West-Konzert und viel Schnee.

 

Grosse Jubiläums-Sause für die Berner Reitschule. Das alternative Kulturzentrum feierte am Wochenende seinen 25. Geburtstag - unter anderem mit einer Show der stadteigenen Kultband Züri West. Neben Kuno Lauener und seinen Mannen traten auch Stiller Has, die britische Band The Cesarians und etliche weitere Künstler auf. Tausende fanden sich im Dachstock, auf dem Vorplatz und in den anderen Räumlichkeiten ein, um mit den Reitschule-Machern das Jubiläum zu begehen. Trotz garstiger Temperaturen und einer fast perfekten Schneedecke am Samstag war die Stimmung ausgelassen, aber friedlich.

 

Der Gig von Züri West am Freitag war eines der ganz grossen Highlights. Rund zwei Stunden spielte die Band. Neben Songs aus dem aktuellen Album "Göteborg" wurden auch die bekanntesten Hits gespielt. Vor allem bei Stücken wie "Johnny" oder "I schänke dr mis Härz" sang das Publikum lauthals mit.

 

Sänger Kuno, gezeichnet von einer kürzlichen Grippe, gab sich wortkarg. Sein Einsatz wurde dennoch belohnt: Gleich dreimal wurde er für eine Zugabe wieder auf die Bühne geholt. Pedro Codes