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VON DER POLIZEIKRITIK ZUR DROGENPOLITIK
 

Warum gibt es so viele Polizeieinsätze vor der Reitschule?

Die Polizei agiert bei der Reitschule (fast) ausschliesslich wegen Drogenhandels. Also müssen wir bei der Drogenpolitik anfangen, wenn wir über Polizeieinsätze bei der Reitschule reden wollen. Denn der Drogenhandel floriert nicht zufälligerweise bei der Reitschule, wie sonst kaum irgendwo in der Schweiz.

 

Seit RGM nach der Räumung der offenen Drogenszene auf der Kleinen Schanze und im Kocherpark Anfang der 1990er Jahre die zukünftige Verhinderung einer ebensolchen auf Stadtgebiet versprochen hat, werden die Konsumierenden und Verkaufenden von einem Hauseingang zur nächsten schummrigen Ecke vertrieben. Die Szene soll sich nirgends festsetzen. Das hat zwar für Konsumierende und Verkaufende brutale Konsequenzen, macht aber das Leben für Anwohner_innen und das Gewerbe einfacher. Nicht aber für die Reitschule.

Seit Jahren hat sich der illegalisierte Drogenhandel bei der Reitschule festgesetzt, eine vergleichbare Situation ist schweizweit nicht zu finden. Und ebenso lange unternimmt die Stadt Bern nichts dafür, dass die Belastung der Reitschule kleiner wird. Höchstens vorübergehend war sie bisher willens oder fähig, die Szene aufzulösen, zuletzt 2008. Monatelang versuchte die Reitschule vergeblich auf die offene Drogenszene aufmerksam zu machen. Damals waren täglich an die hundert Drogenkonsumierende unter der Brücke und auf dem Vorplatz, die meisten konsumierten die vor Ort erworbenen Substanzen intravenös. Gemeinderat und Polizeiführung leugneten die Existenz der offenen Drogenszene und griffen erst ein, nachdem ein älterer Drogenkonsument von jugendlichen Drogenkonsumenten unter dem Eisenbahnviadukt niedergeschlagen wurde und eine Woche darauf im Krankenhaus starb. Innert Tagen waren plötzlich weder Konsumierende noch Verkaufende bei der Reitschule zu finden. Doch die Pause währte nur kurz, die Polizei verstärkte nach kurzer Zeit die Repression dort, wohin die Szene geflüchtet war, und schon kamen sie alle wieder zur Reitschule.

Die Taktik der Vertreibung hat eben einen grossen Haken: Der Schwarzmarkt, und dieser ist das Problem, wurde von der Drogenprohibition geschaffen und kann einzig durch eine Abkehr von dieser heuchlerischen Politik beseitigt werden, keinesfalls durch Repression. Denn es geht um viel zu viel Geld, und es geht um Rauschmittel. Und letztere gehören – wohl oder übel – seit jeher zum Menschen.

Also gibt es Konsumierende und also gibt es Verkaufende und also ist es der ermüdende und sinnlose Auftrag der Polizeibeamt_innen, sie in der Stadt herumzuscheuchen. Dass ausgerechnet bei der Reitschule die Vertreibung alles andere als konsequent umgesetzt wird, liegt weder an der angeblichen Beihilfe der Reitschule zum Drogenhandel und noch weniger an vereinzelten Flaschenwürfen. Das sind Schutzbehauptungen seitens der Polizei, denn es liegt in erster Linie daran, dass die Beobachtung und Überwachung des Handels einfacher ist, wenn die Szene sesshaft ist. Und in zweiter Linie daran, dass sich die Szene eben nicht konstant bewegt, wenn es bloss eine einzige Drogenanlaufstelle in der Stadt gibt. Dass es in dritter Linie zudem an der mangelnden Motivation der Drogen-Sondereinheit Krokus liegt, ihren Auftrag bei der Reitschule ebenso konsequent wie sonst überall zu erfüllen, kann jeden Tag beobachtet werden.

So wird eine Situation kultiviert, die es der Polizei ermöglicht, jederzeit bei der Reitschule Einsätze durchzuführen – zur angeblichen Bekämpfung des Drogenhandels. Und nachdem die Polizei sich im vergangenen Jahr mehrmals aktiv in die Politik einzumischen suchte, wagen wir zu behaupten, dass sie berechnend an diesen Zuständen nichts ändern will. Denn einerseits betrachtet Krokus die Reitschule, den Vorplatz und die Schützenmatte als Zone, in der die persönlichen Phantasien, Macht-Allüren und das Gewaltpotential der Grenadiere ausgelebt werden können. Andererseits kann so prima Stimmung gegen die Reitschule gemacht werden. Und ganz nebenbei schadet sie so direkt der Reitschule, wenden Reitschüler_innen doch unzählige Stunden und richtig viel Geld auf, um Drogenhandel und -konsum auf dem Vorplatz und in der Reitschule auf einem erträglichem Niveau zu halten.

DIE SCHÜTZENMATTE, DIE REITSCHULE UND DIE DROGENPOLITIK

DIE AKTEUR_INNEN AUF DER SCHÜTZENMATTE:

 

Die Drogenanlaufstelle an der Hodlerstrasse

Im Gegensatz zu Zürich und Basel hat Bern nur eine Drogenanlaufstelle (ursprünglich war die Hodlerstrasse ja anno Ende 1990er eigentlich als zweite DAst angekündigt worden) und keine 24-Stunden-Angebote für Drogenabhängige. Diese sind aber bekanntlich ja auch vor und nach den Öffnungszeiten der Drogenanlaufstelle süchtig.

Seit der polizeilichen Vertreibung der offenen Drogenszene von der Schützenmatte im Jahre 2008 hat sich zwar die Situation für die Reitschule gebessert, nicht aber für die Drogenabhängigen. Wer Hausverbot hat, aufgrund Einlassbeschränkungen (Alter, Herkunft etc.) nicht reingelassen wird, nicht gerne wartet oder ausserhalb der Öffnungszeiten konsumieren will, hat kaum Angebote für hygienischen Konsum unter unstressigen Bedingungen. Viele konsumieren deshalb am Aarehang, in Seitengassen, in „Drogenwohnungen“, im Bereich zwischen Neubrückstrasse und Uni Hauptgebäude oder Richtung Engehalde/Bedag.

Aus gesundheitspolitischen Gründen wäre daher eine 2. Drogenanlaufstelle und ein ergänzendes niederschwelliges System von hygienischen Konsumplätzen für die Bildung eines 24-Stunden-Angebot wünschenswert. Auch mit der Überlegung, dass sich die Szene mangels Alternativen wieder dazu entschliessen könnte, sich wie 2001-2003 und 2007/08 unter der Eisenbahnbrücke zu treffen.

 

Die Drogenabhängigen

Sind für die Reitschule kein grosses Problem (ausser seltenes Konsumieren unter der Brücke und Einkauf bei den Dealern auf der Schützenmatte).

 

Dealer

Die (mutmasslichen) Dealer auf der Schützenmatte/Vorplatz sind zahlreicher als auch schon (je nach Wochentag 10-80 Personen) und hartnäckig. Gäste und Arbeitende beschweren sich meist über Anmache (Kaufangebote oder anderes). Im Gegensatz zu früheren Dealer-Gangs sind aber gewalttätige Vorfälle die Ausnahme.

 

Nichtsüchtige Käufer_innen

Nichtsüchtige Käufer_innen (Gelegenheitskonsument_innen oder Party-People) sind der finanzielle Motor des Drogenhandels auf der Schützenmatte und machen den Deal erst lukrativ. Nicht selten verwandelt sich die Schützenmatte an Wochenenden in ein Drogen-Drive-In, auf dem Jugendliche und junge Erwachsene aus der umliegenden Grossregion mit ihren eigenen oder dem Auto ihrer Eltern Drogen einkaufen kommen.

Mit einigen nichtsüchtigen Käufer_innen kommt es auch immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen – sei es, weil sie zum Weggehen aufgefordert werden, sei es, weil sie Dealer verprügeln wollen, die sie angeblich „gelinkt“ haben.

 

Jugendliche

Die Situation auf der Schützenmatte ist für Jugendliche drogenpolitisch schwierig. Seit dem Verbot der Hanfläden sind Gras oder Shit auf der Gasse rar geworden und die Preise gestiegen. Der Markt für weiche und harte Drogen hat sich wieder vermischt. Dealer verkaufen z.T. Jugendlichen relativ billiges Kokain oder Speed oder geben es als „Werbegeschenk“ gratis ab.

 

Polizei

Die Stadt- bzw. die Kantons-Polizei war bzw. ist die Institution in der Stadt, welche Dealergruppen (und die Drogenszene) zum Beispiel von der Grossen Schanze oder der Innenstadt vertreibt – seit 15 Jahren meist Richtung Schützenmatte. Die Arbeitsmoral der Grenadier-Spezialeinheit „Krokus“ und der zivilen Fahndung lässt nicht gerade darauf schliessen, dass ein Interesse daran besteht, dass der Deal ganz von der Schützenmatte vertrieben wird. Schliesslich ist hier der Deal schön überschaubar (Ein Phänomen, das schon bei den Problemen mit dem von Schweizer_innen betriebenen Hanfdeal bei der Reitschule 1987-1996 zu beobachten war).

Die chronische Tendenz zu rassistischen und/oder gewalttätigen Übergriffen und unverhältnismässigen Einsätzen sowie das selbstherrliche Auftreten von einigen Angehörigen von „Krokus“ und der zivilen Fahndung trägt jedenfalls nicht gerade zu einem vertrauensvollen und glaubwürdigen Bild der Polizei bei. Ebensowenig die sinnlosen Dealer-Aufscheuch-Aktionen auf der Schützenmatte (die die Dealer Richtung Reitschule treiben), die vierteljährlichen Razzien für die Medien (zuletzt am 31.10.12) und die brutalen Menschenjagden auf „mutmassliche Schwarze“ sowie einzelne Übergriffe gegen Reitschüler_innen, Gäste oder Passant_innen.

 

Reitschule

Die Reitschule hat sich immer wieder mit verschiedenen Massnahmen gegen die oben beschriebenen Zustände eingesetzt. So zum Beispiel mit der „Vorplatzbelebung“ ab 2008 oder aktuell mit der „Vorplatzpräsenz“, welche spezifisch gegen Verkaufende und Kaufende vorgeht.

In den letzten Jahren sind zu den „klassischen Junkies“ vermehrt die in der bürgerlichen Gesellschaft etablierten Kokainkonsument_innen gekommen. Wer sich die einigermassen reinen Substanzen der Teppichetagen nicht (mehr) leisten kann, bzw. keinen Zugang dazu hat oder die Club-Hausdealer_innen nicht kennt, sucht in Bern als erstes die Schützenmatte auf. Die Reitschule muss (seit Jahren) sehr viel Energie, Zeit und Geld darauf verwenden, den Drogenhandel und -konsum in den Räumen (z.B. WCs) und vor allem auf dem Vorplatz, auf einigermassen erträglichem Niveau zu halten. Würde sie das nicht tun, hätte es innert kürzester Zeit wieder eine offene Drogenszene.

 

 

Lösungen

Die Reitschule hat immer wieder Lösungsvorschläge erarbeitet. Die wichtigsten sind:

- Legalisierung aller Drogen und somit Unattraktivität des Strassendeals

- Wiedereröffnung der Hanfläden, dadurch Trennung der harten und weichen Drogenszene

- Den Deal auf die ganze Stadt verteilen (z.B. Dealercorner)

- 2. Drogenanlaufstelle

- Mehr Notschlafstellen, Drogennotschlafstellen, Drogennotschlafstellen für Frauen, die auf dem Drogenstrich arbeiten

- Allgemein mehr niederschwellige Angebote Drogenszene und Gasse

- Sanktionen gegen fehlbare Polizist_innen

 

Link:

Drogenpolitische Forderungen aus dem Jahre 2008

http://www.reitschule.ch/reitschule/mediengruppe/Medienmitteilungen/08-09-17-PK-Reitschule/PK-Zusaetzliche-Forderungen.pdf

Ein paar weitere Gedanken dazu...

Eine Verschiebung der Anlaufstelle haben wir nicht gefordert und werden es auch weiterhin nicht tun. Wir wollen nicht mitmachen in der heuchlerischen Logik von „ich finde es zwar gut, aber nicht in meiner Nachbarschaft“. Solange es ein Gesetz gibt, das gewisse Substanzen für illegal erklärt, gibt es einen Schwarzmarkt dafür und solange gibt es auch all die schrecklichen Erscheinungen, von gestreckten Stoff überunhygienischen Konsum und gesellschaftliche Ausgrenzung (Angesichts dieser Tatsache fordert die Reitschule ebenfalls seit Jahren die Legalisierung aller Drogen. Doch solange es illegalisierte Drogen gibt, so lange erfüllen Institutionen wie die Anlaufstelle eine sehr sinnvolle Aufgabe, nämlich den Abhängigen von sogenannt harten Drogen hygienische Konsumplätze, freiwillige Beratung und den Bezug von sterilen Spritzen zu bieten. Die Leute von der Anlaufstelle machen sehr gute Arbeit und sowieso ist klar, dass die Anlaufstelle irgendwo - zentral - in der Stadt Bern sein muss.

 

Es ist ein politischer Entscheid der Stadt Bern, dass es keine zweite Anlaufstelle gibt, und dass sich der illegalisierte Drogenhandel genau vor dem Gebiet der Reitschule festsetzen konnte und sich dort bis heute hält. (Eine vergleichbare Situation dürfte schweizweit nicht zu finden sein.). Höchstens vorübergehend war sie bisher willens oder fähig, die Szene aufzulösen, zuletzt 2008. Monatelang versuchte die Reitschule damals vergeblich auf die offene Drogenszene aufmerksam zu machen. Täglich waren an die hundert Drogenkonsumierende unter der Brücke und auf dem Vorplatz. Die meisten konsumierten die vor Ort erworbenen Substanzen intravenös. Gemeinderat und Polizeiführung leugneten die Existenz der offenen Drogenszene und griffen erst ein, nachdem ein älterer Drogenkonsument von jugendlichen Drogenkonsumenten unter dem Eisenbahnviadukt niedergeschlagen wurde und eine Woche darauf im Krankenhaus starb. Innert Tagen waren plötzlich weder Konsumierende noch Verkaufende bei der Reitschule zu finden. Doch die Pause währte nur kurz, die Polizei verstärkte nach kurzer Zeit die Repression dort, wohin die Szene geflüchtet war, und schon kamen sie alle wieder zur Reitschule.

 

Die Taktik der Vertreibung hat eben einen grossen Haken: Der Schwarzmarkt, und dieser ist das Problem, wurde von der Drogenprohibition geschaffen und kann einzig durch eine Abkehr von dieser heuchlerischen Politik beseitigt werden, keinesfalls durch Repression. Denn es geht um viel zu viel Geld, und es geht um Rauschmittel. Und letztere gehören - wohl oder übel - seit jeher zum Menschen.

 

Also gibt es Konsumierende und also gibt es Verkaufende und also ist es der ermüdende und sinnlose Auftrag der Polizeibeamt_innen, sie in der Stadt herum zu scheuchen. Dass ausgerechnet bei der Reitschule die Vertreibung alles andere als konsequent umgesetzt wird, liegt weder an der angeblichen Beihilfe der Reitschule zum Drogenhandel und noch weniger an vereinzelten Flaschenwürfen. Das sind Schutzbehauptungen seitens der Polizei, denn es liegt in erster Linie daran, dass die polizeiliche Beobachtung und Überwachung des Handels einfacher ist, wenn die Szene sesshaft ist. Und in zweiter Linie daran, dass sich die Szene eben nicht konstant bewegt, wenn es bloss eine einzige Drogenanlaufstelle in der Stadt gibt. Dass es in dritter Linie zudem an der mangelnden Motivation der Drogen-Sondereinheit Krokus liegt, ihren Auftrag bei der Reitschule ebenso zielführend wie sonst überall zu erfüllen, kann jeden Tag beobachtet werden.

 

So wird eine Situation kultiviert, die es der Polizei ermöglicht, jederzeit bei der Reitschule Einsätze durchzuführen - zur angeblichen Bekämpfung des Drogenhandels. Und nachdem die Polizei sich im vergangenen Jahr mehrmals aktiv in die Politik einzumischen suchte, wagen wir zu behaupten, dass sie berechnend an diesen Zuständen nichts ändern will. Denn einerseits betrachtet Krokus die Reitschule, den Vorplatz und die Schützenmatte als Zone, in der die persönlichen Phantasien, Macht-Allüren und das Gewaltpotential der Grenadiere ausgelebt werden können. Andererseits kann so prima Stimmung gegen die Reitschule gemacht werden. Und ganz nebenbei schadet sie so direkt der Reitschule, wenden Reitschüler_innen doch unzählige Stunden und richtig viel Geld auf, um Drogenhandel und -konsum auf dem Vorplatz und in der Reitschule auf einem erträglichem Niveau zu halten.