MEDIENSPIEGEL 28. NOVEMBER - 04. DEZEMBER 2011

Bund 3.12.11

CVP bedauert Entscheid der Reitschüler

Die CVP bedauert die Weigerung der Reitschule, den auf ein Jahr befristeten Leistungsvertrag zu unterzeichnen. Dies zeuge von einem "seltsamen Demokratieverständnis". Der Vertrag sei mit den Mietverträgen zwischen Stadt und Reitschule gekoppelt. Verweigere die Reitschule den Abschluss des Vertrages, wie ihn die Volksvertreter beschlossen hätten, würden gleichzeitig auch die Mietverträge boykottiert. Darum dürften die von der Stadt gewährten Subventionen nicht ausgerichtet oder müssten von der Reitschule konsequenterweise nicht akzeptiert werden, schreibt die CVP. (pd)

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Le Matin 3.12.11

Opinion

LE COUP D'OEIL

de Peter Rothenbühler

(...)

REITHALLE

UBUESQUE. Berne est la seule ville de Suisse qui entretienne en son centre une petite république autonome, une zone de non-droit où règnent l'anarchie, la provocation et la violence: la Reithalle. Cet ancien manège (qu'on aperçoit depuis le train) est souvent le théâtre d'agressions violentes contre la police, qui n'ose plus y mettre les pieds. La Ville, à majorité socialiste, paie le loyer annuel de 140 000 francs (!) pour le bâtiment et se laisse régulièrement mener en bateau par un petit groupe de personnes qui "gèrent" le lieu et dictent les conditions du contrat. Absurde, ubuesque, bernois.

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Bund 3.12.11

Für den Gaumen und das Tanzbein: im Bollwerk eröffnet neues "Kapitel"

Hauptsächlich Beiz und Bar, aber auch ein wenig Club: Mit dem "Kapitel" geht im ehemaligen "Bollwerk" ein neues Treff- und Ausgehlokal auf - trotz des allgemeinen Clubsterbens in der Stadt Bern.

Rahel Bucher

Kapitel eins: das "Bollwerk". Nahe der Kontakt- und Anlaufstelle (K + A) und der Reitschule gerät es immer wieder in die Kritik. Es ist ein schwieriger Standort - insbesondere für ein Restaurant. Frühere Betreiber des Restaurants am Bollwerk 41 warfen meist nach kurzer Zeit das Handtuch, weil ihnen der Standort zu stark von der Drogen- und Nachtlebenszene beeinträchtigt war. Dieser Problematik sind sich die drei neuen Betreiber des Restaurants Kapitel Bollwerk, das heute eröffnet wird, bewusst.

So haben sie einen Plan auf Lager. "Es ist eine Frage des Konzepts", sagt Diego Dahinden, auch bekannt als Kulturveranstalter im Dachstock der Reitschule. Für eine reine Essbeiz sei hier der falsche Platz. Darum sollen im "Kapitel" Ess- und Partykultur sowie Tag und Nacht aufeinandertreffen. Mit dieser Verbindung glaubt er, im "Bollwerk" ein neues Kapitel schreiben zu können. Auch stellten sie die Existenz der K + A nicht infrage, sagt Dahinden. Doch im Lokal würden Drogenabhängige nicht geduldet.

Projekt mit Freunden

Kapitel zwei: Beiz und Bar. Obwohl man immer wieder einmal das Tanzbein schwingen kann, ist für Tom Weingart wichtig, dass das neue "Kapitel" hauptsächlich Beiz und Bar ist. Dementsprechend wurde es auch umgebaut - übrigens mithilfe von Freunden, wie Weingart sagt. Es gibt drei Bereiche: einen Essbereich im klassischen Sinn mit Tischen und Stühlen, eine Lounge mit alten Polstermöbeln sowie eine Bar. Essen kann jeder dort, wo es ihm gerade passt. Am Mittag stehen jeweils drei verschiedenen Menüs zur Auswahl.

Jakob Siegenthaler, der Koch, der zuvor in der Brasserie Lorraine gekocht hat, legt Wert auf saisonale und regionale Produkte. Auch am Abend. Da gibt es neben dem Kapitelhamburger, Spaghetti, Antipasti oder Salat ein ganz besonderes Angebot: die sogenannten Kapiteli - kleine Häppchen oder wie es der Koch ausdrückt: "Einzelne Komponenten von einem ganzen Menü." So kann man - über mehrere Stunden hinweg - gemütlich sitzen und trinken, während der Gaumen immer wieder von einer kleinen Freude überrascht wird. Wie beim Umbau halfen die Freunde auch bei der Getränkeauswahl. Eine besondere Spezialität ist etwa der Schweizer Absinthe von der grünen Fee aus Solothurn.

Fusion von Essen und Musik

Kapitel drei: Club. "Der Name, der übrigens bei einem gemeinsamen Nachtessen mit Freunden zustande kam, ist auch Programm", sagt Fausto De Siena, der mit Weingart die ehemalige Formbar betrieben hat. Sowohl lokale Musikkenner als auch internationale Künstler sollen hier ihr Kapitel schreiben. Vor allem am Samstag wird es zwischendurch Tanzveranstaltungen geben. Damit der Kapitel-Club am Wochenende nicht überrannt wird - es haben höchstens 150 Leute Platz -, gibt es Freundeskreiskarten. Das ist eine Art Mitgliederausweis, der bei Tanzveranstaltungen zum Eintritt berechtigt. Inhaber eines solchen haben zudem vergünstigten Eintritt und dürfen einen Freund mitbringen. Mit dem Ausweis soll nicht nur die Anzahl Besucher reguliert werden. "Auch wollen wir wissen, wer sich bei uns aufhält", sagt De Siena. Doch auch ohne Ausweis habe man die Chance, bei einer Veranstaltung hineinzukommen, antwortet De Siena auf die Frage, ob der Club nur für eine ausgewählte Klientel offen sei.

Fusion von Essen und Musik

Richtig fusioniert wird Essen mit Musik bei der Veranstaltung Amuse bouge, dem Essenstanz. Nachdem man sich bei einem Sechsgangmenü den Bauch vollgeschlagen hat, schwingt man das Tanzbein. Am Silvester schreibt Amuse bouge das erste Kapitel. Danach findet der Anlass alle zwei Monate statt. Und nicht zuletzt wird das "Kapitel" auch für andere Veranstaltungen wie etwa einen Geburtsvorbereitungskurs am Samstagmorgen genutzt.

Das neue Kapitel im Bollwerk könnte nicht nur den heiklen Standort, sondern auch die kriselnde Clubkultur in der Stadt Bern wiederbeleben. Es soll ein fröhliches und unbeschwertes Kapitel werden, wie aus einem auf der Internetseite des Restaurants publizierten Zitat des Philosophen Demokrit hervorgeht: "Ein Leben ohne Freude ist wie eine weite Reise ohne Gasthaus."

Die Eröffnung findet heute ab 15 Uhr statt. Ab 18 Uhr gibt es Musik. Reguläre Öffnungszeiten: Montag, 11-15 Uhr; Dienstag bis Freitag, 11-0.30 Uhr; Samstag, 15-3.30 Uhr. Kontakt: Kapitel, Bollwerk 41, 3011 Bern, Telefon: 031 311 60 90, info@kapitel.ch, www.kapitel.ch.

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Bund 3.12.11

Adventsgedicht

Der Stapi mit der Vaseline

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor

In schweren Säcken tragen sie mitGold, Weihrauch und Granit.

Wem in der Stadt Bern schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras.

Dann können Schäfchen drauf weiden.

Die können sie schwarz-gelb bekleiden.

Tschäppät meldet sich als Hirte mit Stab

Da ist er ja schon. Noch vor dem Samichlous trampelt der Stadtpräsident aufs Spielfeld. Dichterin Karin Gampp Lehmann aus Kehrsatz beweist mit ihren Zeilen Sinn für Mode: Die Schafe tragen Wespenfarben und der Stapi Stab statt Tschäppu. Falls es ihm aber unter den blökenden YB-Fans nicht gefällt (oder sind es BDP-Mitglieder, Frau Gampp?), kann er wieder abfahren - geräuschlos: "Das blaue Bähnli, nach langem Leiden, bekommt neue Schienen mit Vaseline", dichtete Elisabeth Mattmann aus Bern. Wie ergeht es dem frommen Hirten im Lande der Schafe? Dichten Sie weiter!

Beenden Sie einen Reim und lancieren Sie einen neuen (Reimschema: aa, bb, cc...). Senden Sie Ihre nächsten zwei Zeilen bis 16 Uhr an adventsgedicht@derbund.ch oder gehen Sie auf advent.derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch

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bernerzeitung.ch 2.12.11

11'000 Unterschriften für das Nachtleben in Bern

Adrian Kammer

Am Freitagnachmittag übergaben Mitglieder des Vereins "Nachtleben Bern" fast 11'000 Unterschriften dem Gemeinderat. Das Nachtleben in Bern soll wieder attraktiver werden. Der Verein ist zuversichtlich.

Der Verein "Nachtleben Bern" hat zweieinhalb Monate lang Unterschriften gesammelt. Fast 11'000 Unterschriften kamen dabei zusammen. Der Verein reagierte mit der Petition auf die Schliessung von Berner Klubs und Einschränkungen des Nachtlebens sowie den Kulturangeboten in der Hauptstadt.

Am Freitagnachmittag übergab der Verein die Unterschriften den Vertetern des Gemeinderats und des Regierungsstatthalteramts. Thomas Berger von "Nachtleben Bern" zeigt sich zufrieden mit dem Erfolg der Aktion und sagt gegenüber : "Wir erwarten eine Antwort innerhalb der nächsten drei Monaten." Die Mitglieder des Vereins "Nachtleben Bern" wollen gemeinsam mit der Stadt ein neues Konzept für das Nachtleben ausarbeiten. Thomas Berger zeigt sich zuversichtlich:" Wir sind guten Mutes, dass wir hier etwas erreichen können."

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Bund 2.12.11

Der ewige Kampf

Existenzbedrohende Schikanen der Behörden, wachsender Konkurrenzkampf unter den Konzertlokalen: Die Berner Club-Szene steht unter Beobachtung. Doch welche Probleme drücken wirklich? Herrscht ein Überangebot an Konzerten? Ein Rundgang durch die Kulturstadt Bern ergibt kein einheitliches Bild.

Ane Hebeisen

Der Herr, der da auf die Bühne steigt und sich eine Gitarre umschnallt, ist kein unbeschriebenes Blatt in der Musikmanege. In den Neunzigern gehörte Hans Platzgumer mit seiner Band H. P. Zinker zur verlängerten Speerspitze der New Yorker Avantgarde, später war er Mitglied der Goldenen Zitronen aus Hamburg. Heute Abend tritt er im Café Kairo auf, und niemand schaut hin. Etwa ein Duzend Neugierige haben es sich im Konzertkeller gemütlich gemacht, das Ganze gemahnt an ein Wohnzimmerkonzert mit sehr prominenter Besetzung, ein bisschen zu intim, um Freude daran zu haben, und bestimmt viel zu intim, um damit Geld zu verdienen.

Doch es ist kein Einzelfall. Auch wenn niemand gerne darüber spricht, ist in der Berner Konzertclub-Szene eine gewisse Unruhe auszumachen - immer öfter bleibt das Publikum aus. Warum dem so ist, weiss niemand genau. Eines ist jedoch klar: Der Kampf um den Konzertzuschauer ist härter geworden. Bei einigen Clubs hat sich die Situation in diesem Jahr verschärft, andere machen seit etwa zwei Jahren eine Zuspitzung der Situation aus. Speziell betroffen sind die Indie-Szene und jene Abende, an denen nicht die ganz grossen Namen affichiert sind. Das "Saint Ghetto"-Festival in der Dampfzentrale - immerhin mit dem Hit-Lieferanten Marc Almond als Aushängeschild - hat vor zwei Wochen unter allen Erwartungen abgeschnitten; am bestfrequentierten Abend sind nur gerade knapp 200 Besucher gezählt worden. Im Fri-Son in Freiburg - traditionell eine Art Aussenstelle des Berner Nachtlebens - spielte letzten Monat die Gruppe Blackmail vor rund 15 Leuten, Señor Coconut im Reitschule-Dachstock brachte es auf 10 Leute (auf der Bühne) und etwa 60 im Publikum.

Und auch im Café Kairo sind U-20-Abende (also jene Konzerte mit weniger als 20 Zahlenden) häufiger als in vergangenen Jahren, ohne dass sich an der Programmation viel geändert hätte. "Wir werden umdenken müssen", sagt der Programmverantwortliche Manuel Gnos, "wir werden künftig weniger Konzerte veranstalten, dafür auf grössere Namen setzen. Die Neugier und die Risikobereitschaft der Leute scheinen abgenommen zu haben. Ob daran die Finanzkrise schuld ist? Man weiss es nicht."Genau die gegenteilige Strategie verfolgt das ISC: Keine Risiken mit Hochpreis-Bands geht man hier ein, lieber grast man im unteren Mittelfeld und hofft auf ein nischenspezifisches Stammpublikum. Das geht derzeit einigermassen auf, das Konzert des weitgehend unbekannten norwegischen Singer-Songwriters Moddi vom letzten Donnerstag ist mit circa 100 Zuschauern anständig besucht, und auch sonst ist man im Studentenclub nicht unglücklich mit der Entwicklung. "Im Vergleich zu den letzten beiden Jahren geht es mit dem ISC derzeit eher bergauf", sagt Franziska Scherer vom ISC-Vorstand. "Allerdings ist es noch nicht so, dass wir ob der Besucherzahlen in Begeisterungsstürme ausbrechen. Es muss noch besser werden."

"Der Aufwand wird grösser"

In der Analyse der Situation kommen alle Beteiligten in etwa auf das gleiche Resultat: Die Konzertclubs leiden unter dem Ausbleiben eines Stammpublikums. Das ist kein neueres Phänomen, aber eines, das den Wettkampf unter den Clubs in letzter Zeit verschärft hat. Befand sich in den vergangenen Jahrzehnten eine halbe Studentenschaft (die alten Füchse unter den Veranstaltern schätzen das Potenzial auf 800 bis 1000 Leute) jedes Wochenende in Bern auf der Suche nach konzertanter Zerstreuung und nach neuen hippen Bands, hat sich diese Laufkundschaft in den letzten Jahren in Bern auf etwa 50 bis 100 Neugierige dezimiert. Wo sich der Rest vergnügt - vor der Playstation, im Heimkino oder in den Kaschemmen der Aarbergergasse: Niemand weiss es genau.

"Musikalische Entdeckungen werden heute nicht mehr in den Clubs, sondern im Computer gemacht", sagt Jane Wakefield von der Organisation Petzi, dem schweizerischen Dachverband der nicht gewinnorientierten Musikclubs. Eine Entwicklung, die auch Sabine Ruch vom Reitschule-Dachstock ausgemacht hat. Und so reiche es heute längst nicht mehr, ein Monatsprogramm zu verschicken und zu hoffen, dass die potenzielle Kundschaft kommen wird. Jedes einzelne Konzert muss mit Plakat-Aktionen und Facebook-Interventionen zielgruppengerecht beworben werden. Gewisse Veranstalter sind gar dazu übergegangen, die Botschaftsvertretungen der Heimatländer ihrer auftretenden Bands in die Promo mit einzubeziehen.

"Ein hochstehendes Programm anzubieten, ist das eine", sagt Christian Krebs vom Veranstalterkollektiv Bee-Flat. "Der Aufwand, dieses Programm zu verkaufen, ist in den letzten Jahren jedoch um ein Vielfaches grösser und teurer geworden." Mit der Publikumsentwicklung seiner Konzerte in der Turnhalle des Progr ist er zufrieden, doch würde der Mehraufwand für die Bewerbung der Konzerte nicht betrieben, sähe die Situation wohl anders aus.Wie steht es also wirklich um das Berner Konzertwesen? Mit der Meinung, dass ein Überangebot bestehe, will sich keiner der Veranstalter zitieren lassen, hinter vorgehaltener Hand hört man diese Einschätzung jedoch öfters. Doch auch die Gegenthese findet ihre Anhänger, nämlich dass eine Verkleinerung des Angebots die Attraktivität der Stadt Bern als Ausgeh-Magnet derart ramponieren könnte, dass das auswärtige Publikum gänzlich ausbleiben würde. "Das Angebot der Clubs ist gut abgestimmt", glaubt auch Christian Krebs von Bee-Flat, "es ist ein breites Angebot, aber stilistische Überlappungen sind eher selten."

Bald portugiesische Verhältnisse

Die grössten Probleme scheinen dort zu entstehen, wo das Wagnis eingegangen wird, auch unbekanntere Gruppen auftreten zu lassen. Mit der Schliessung des Sous-Soul Ende Jahr wird sich die Chance für Newcomer-Bands, in Bern eine Bühne zu finden, drastisch verschlechtern. Eine Misere, die in anderen Ländern bereits dramatische Ausmasse angenommen hat. In einer Stadt wie Lissabon gibt es neben den grossen Theatern und den Fnac-Stores nur noch eine Handvoll Bühnen, die sich einen regelmässigen Konzertbetrieb gönnen, die anderen Clubs haben längst auf Disco-Betrieb umgestellt - das ist billiger, die Leute kommen trotzdem. In Deutschland ist der Markt von preisgünstigen und zeigewilligen Bands geradezu überschwemmt, die Clubs sind in der komfortablen Lage, Niedrigst-Gagen zu bezahlen und mit der Disco im Anschluss an die Konzerte ihr Geld zu verdienen. In Frankreich ist dieses Konzept längst etabliert, der Besucher wird nach dem Konzert mehr oder minder höflich aus dem Club begleitet, für die Disco hat er noch einmal Eintritt zu entrichten. In der Schweiz ist die Lage noch nicht ganz so ernst, entsprechende Tendenzen zeichnen sich jedoch ab.

Sina: Nicht ausverkauft

Doch zurück zu den Konzertanbietern. Ein (unvollständiger) Rundgang durch die Konzertclubs am letzten Wochenende ergibt in der Bilanz ein eher optimistisches als ein explizit betrübliches Bild. Die Berner Gruppe Destilacija hat im Reitschule-Dachstock eine Fünfhunderterschaft Neugieriger mobilisiert, in der Mühle Hunziken horchen gegen 150 Besucher der Crooner-Dame Othella Dallas. Der Freiburger Bänkelsänger Gustav kann im Bierhübeli auf ein 700-köpfiges Auditorium blicken, etwas schlechter hat es an gleicher Stätte letzten Donnerstag ausgesehen, als Kutti MC mit Stephan Eicher seine Plattentaufe feierte: Es kamen nur gerade 400 Leute ins 1000 Zuschauer fassende Bierhübeli. Von einer bernweiten Krise will Bierhübeli-Oberhaupt Philippe Cornu nicht sprechen. "Es wird derzeit eine Menge guter Musik veröffentlicht, aber es ist schwieriger geworden, herauszufinden, ob die Leute dies auch mitbekommen. Die grosse tägliche Herausforderung besteht darin, einzuschätzen, ob eine Newcomer-Band für unseren Club schon genug bekannt ist", sagt er. Kleinere Bands würden daher im Bierhübeli ebenfalls eher an den Wochenenden programmiert, und ans Konzert werde eine Party angehängt. So könne ein allfälliges Defizit abgefedert werden.

Im Kulturhof Köniz steht am Testabend der Walliser Pop-Evergreen Sina auf der Bühne. Ein sicherer Wert, könnte man denken, doch das Konzert ist nicht ausverkauft. Mit etwas über 200 Personen ist der schmucke Dachstock immerhin ordentlich gefüllt. Mit der Entwicklung des Lokals gibt man sich in Köniz aber durchaus zufrieden: "Unser Angebot ist breit, wir können hier keine Nische bedienen, und das Publikum scheint den Mix zunehmend zu goutieren", sagt der Programmverantwortliche Robi Maurer. Ähnlich tönt es aus dem Musig-Bistrot im Monbijou, wo circa 40 Zuschauer dem Konzert der Berner Gruppe Daliah beiwohnen. Das kleine Lokal hat sich in letzter Zeit mit einem grossen Entdeckergeist hervorgetan. Im Bistrot spielen immer wieder Bands, die kurz vor dem Durchbruch stehen, die Veranstalterin Andrea Azzi hat sich das Vertrauen ihrer Kundschaft mit ihrem guten Sinn fürs Kommende erarbeitet. Das klappt freilich nicht immer, und der Ertrag steht in keinem Verhältnis zum Aufwand: Die Einnahmen der Türe gehen vollumfänglich an die Bands.Was lässt sich lesen aus diesem wetterwendischen Business? Ein Patentrezept zum Erfolg hat keiner. Zum grossen Jammern anzusetzen, traut sich niemand. Ein unbeschwertes Veranstalter-Dasein wird so bald niemand fristen. "Es ist ein launisches Geschäft geworden", sagt Christian Pauli von der Dampfzentrale mit einem Anflug von Wehmut. "Auch wer meint, er habe es in all den Jahren durchschaut, ist vor Überraschungen nicht gefeit."

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BZ 2.12.11

Bollwerk

Neues Kapitel wird aufgeschlagen

Morgen wird die Brasserie Bollwerk unter neuem Namen und mit neuen Wirten erneut eröffnet. Nach dem Umbau steigt im Restaurant Kapitel eine Eröffnungsparty. Sie beginnt um 15 Uhr, ab 18 Uhr werden DJs Musik auflegen. Das Restaurant wird ab Montag jeden Tag ab 11 Uhr geöffnet sein. Geschlossen ist die Beiz immer sonntags.pd

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20 Minuten 2.12.11

Portugal The Man: Trotz Major weiterhin die Alten

BERN. Unbestechlich ist Portugal The Man: Trotz des Wechsels zu einem Major-Label bleibt das neuste Album eine typische Portugal-Scheibe. Aus dieser spielen sie morgen vor.

Portugal The Man sprühen nur so vor Ideen: In sechs Jahren nahm die Band aus Alaska sechs Alben auf. In dieser Zeit schafften es die vier Bandmitglieder zuerst als Indie-Lieblinge zu Ruhm und überzeugten zuletzt den Major Atlantic von ihrem Mainstream-Appeal.

Und auf ebendiesem Label erschien im Sommer mit "In the Mountain in the Clouds" der letzte musikalische Output des Quartetts. Das Erfreuliche: Die Band hat sich nicht ausverkauft. Zwar klingt sie jetzt um einiges zugänglicher als bis anhin. Doch trotz Radiotauglichkeit frönt Portugal The Man immer noch dem musikalischen Experiment und bleibt damit sich selbst. "In the Mountain in the Clouds" beinhaltet immer noch durchgeknallten 70s-Rock, Psychedelia, Americana und die typisch opulenten Arrangements. pEDRO CODES

Sa, 3.12., 21 Uhr, Portugal The Man, Dachstock.

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Bund 2.12.11

Adventsgedicht

YB-Gras und Osterhas

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor.

In schweren Säcken tragen sie mit

Gold, Weihrauch und Granit.

Wem in der Stadt Bern schenken sie was? YB ein Spielfeld mit echtem Gras.

Dann können Schäfchen drauf weiden.

Hans Scheidegger aus Bern schaffts mit Schafen: Sachte und im sportlichen Trikot schleichen sich die Hirten in unser Gedicht und bringen ihre Blökis mit. Die Verbindung von YB und Weihnachtssymbolik erscheint uns frischer und charmanter als so manches, was derzeit auf schwarz-gelben Plakaten zu lesen ist ("YB ohne dich ist wie Köniz ohne Schloss", herrje). Apropos Tiere: "Niemandem nix! Sie warten auf den Osterhasen - um ultimativ am Kripplein den Frühling zu fordern", dichtete ein Leser namens Thomas. Angesichts des eben angebrochenen meteorologischen Winters heben wir uns die Zeilen gerne für - ziemlich viel - später auf.

Was aber passiert bis dahin auf der saftigen YB-Weide? Kommt jetzt der Wolf? Oder geht der Trainer? Landet ein UFO? Dichten Sie weiter!

Beenden Sie einen Reim und lancieren Sie einen neuen (Reimschema: aa, bb, cc . . .). Senden Sie Ihre nächsten zwei Zeilen bis 16 Uhr an adventsgedicht@derbund.ch oder gehen Sie auf advent.derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch


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Bund 1.12.11

Adventsgedicht

Weihrauch und "Shit"

Seit Stunden schon stehen drei Könige vor der Reitschule sorgsam verschlossenem Tor

In schweren Säcken tragen sie mit

Gold, Weihrauch und Granit

Wem in der Stadt Bern schenken sie was?

[...]

Es ist eine Freude, wie viele Leserinnen und Leser uns gestern zwei Zeilen für das Fortsetzungsgedicht zugesendet haben. Die Wahl war eine langwierige, basisdemokratische Qual für den Advent-Ausschuss: Manch eine Poetin reimte ein drogenpolitisches "Shit" auf "mit", manch ein Dichter mochte es noch explosiver und liess die Könige Dynamit auf sich tragen. Wir haben uns für die zwei Zeilen von Rose-Maria Breinlinger aus Madiswil entschieden, wollen wir doch unbedingt erfahren, wem die Könige was schenken. Überraschen Sie uns!

Beenden Sie einen Reim und lancieren Sie einen neuen (Reimschema: aa,bb,cc...). Senden Sie Ihre nächsten zwei Zeilen bis um 16 Uhr an adventsgedicht@derbund.ch oder gehen Sie auf advent.derbund.ch.

Machen Sie sich einen Reim!

advent.derbund.ch

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Bund 1.12.11

Portugal The Man

Sarah Palins Nachbarschaftsband

Es gibt Bands, die ihren Songs prinzipiell mit Zweifeln, Bedenken und kritischem Skeptizismus begegnen. Bands, die tüfteln müssen und werkeln und ausklügeln, um diese schlechten Gefühle zu beseitigen, und auch den Faktor Zeit auf ihre Kunst wirken lassen wollen, weil das beim Wein ja auch hilft. Diese Gespanne veröffentlichen oft nur alle paar Jahre ein Album, und nicht selten ist dieses dann so verkopft und verheddert, dass es abschmiert und die Künstler nur in noch grössere Zweifel stürzt.

Und dann gibt es Bands wie die Indie-Rocker Portugal The Man. Die haben in den letzten sechs Jahren nicht weniger als sieben Alben rausgehauen, und jedes war für sich genommen ein kleines Meisterwerk. Woher die vier Herren ihre zupackende Art haben? Manche Leute vermuten ja, es liege an ihrer Heimat, Wasilla, Alaska, und zwar deshalb, weil diese Stadt eine prominente Tochter hat, die ebenfalls wegen ihres zupackenden Naturells geschätzt oder angefeindet wird, nämlich Sarah Palin. Aber das ist natürlich Quatsch.

Vielmehr scheint es, als gestatteten sich Sänger und Songwriter John Gourley und seine Herren grössere künstlerische Freiheiten als ihre Konkurrenten. Das befeuert den Ausstoss an Songs, sorgt aber freilich nicht immer für stilistische Schlüssigkeit. Portugal The Man haben ihren am Kunstrock geschulten Sound schon mit psychedelischem Rock gekreuzt, mit Surf-Sound dekoriert, mit Soul angeheizt, mit Wave abgekühlt, mit Brit-Pop versüsst und mit Post-Punk demoliert.

Aktuell - auf "In The Mountain in the Cloud" (Atlantic Records, 2011) - befasst sich das Quartett mit Beat-Pop, Sixties- und Glam-Rock, Streicher-Arrangements und mit den Eigenheiten grosser Refrains und Melodien. Zu hören ist das etwa beim träumerischen "Floating (Time Isn't Working on My Side)" oder bei "Got It All". Nein, man versteht diese Band nicht wirklich. Aber man lässt sich immer wieder gerne überraschen. (len)

Dachstock Reitschule Samstag, 3. Dezember, 21 Uhr.

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kulturagenda.be 1.12.11

Stimme für die Selbstbestimmung

Für "Underground Hip-Hop made in Palestine" sind im Dachstock vier Bands aus Palästina zu Gast. Sie tragen mit ihrer Musik und mit den Reimen den Wunsch nach Veränderung in die Welt.

Schikanen israelischer Besatzer, Racheakte palästinensischer Extremisten, die trennende Mauer, der Kampf für das autonome Palästina: Die Berichte aus Nahost sind seit Jahrzehnten ein Dauerthema. Um die Widrigkeiten des Alltags in den besetzten Gebieten zu ertragen, bietet die Kunst ein Ventil. Für junge Palästinenser ist besonders die Hip-Hop-Musik ein Mittel, der eigenen Meinung und schwierigen Gefühlen eine Stimme zu verleihen.

Westliche Rhythmen und arabische Melodien

Nun bietet der Dachstock in der Reitschule der kleinen, aber sehr lebendigen Hip-Hop-Szene Palästinas eine Plattform. Mit Kayaan, District Rhymes Unit, Darg Team und Dar Qandeel sind vier Musikgruppen zu Gast, die jede auf ihre spezifische Art Stellung zum politischen und sozialen Geschehen in der Heimat nimmt. Während das stilistische Spektrum der Gruppen von traditioneller palästinensischer Musik über westlich beeinflussten Hip-Hop bis hin zu arabischem Jazzrap reicht, beziehen sich die Inhalte der Texte ironisch, kritisch oder in nostalgischer Rückbesinnung auf die angespannte Situation. Darg Team und District Rhymes Unit verstehen sich als Botschafter der Veränderung und sprechen in ihren Texten soziale Themen an, die nicht nur mit der Besetzung durch die Israeli zu tun haben. Kayaan ist eine schweizerischpalästinensisch gemischte Formation, die vom Pianisten und Produzenten Christian Müller gegründet wurde. Der Qandeel wiederum spielt traditionelle, palästinensische Musik.

Eine junge Bewegung

Während im Westen die Hip-Hop- und Rapbewegung bereits Ende der 70er- Jahre ihren Anfang nahm, entstanden die meisten palästinensischen Hip- Hop-Bands erst in den letzten Jahren. Zwei Ereignisse im Jahre 2006 trugen massgeblich zu dieser Entwicklung bei. Im Rahmen der "European Palestinian Hip Hop Tour" tourten erstmals europäische und palästinensische Rapper gemeinsam im Westjordanland. Ebenfalls vor fünf Jahren wurde mit "Dedication " von DAM zum ersten Mal das Album einer palästinensischen Hip- Hop-Band international veröffentlicht. Weltweit auf den Hip-Hop in Nahost aufmerksam wurden zudem viele durch den amerikanischen Dokumentarfilm "Slingshot Hip Hop" (2008) von Jackie Salloum. Trotz der wachsenden Bekanntheit bewegen sich viele Musiker noch im Untergrund, da ihnen durch die kritischen Äusserungen zum System die staatliche Zensur droht.

Christine A. Bloch
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Dachstock der Reitschule, Bern
Do, 1.12, 20 Uhr
Diskussion mit den Künstlern und dem Berner Rapper Greis um 21.30 Uhr
www.dachstock.ch

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WoZ 1.12.11

Film

Das Camp auf dem Viktoriaplatz

Silvie Süess

"77 Tage sind nicht genug   -   Eine Sommergeschichte aus dem Jahr nach Fukushima" in: Bern Kino in der Reitschule, Fr/Sa, 2./3. Dezember; Kino Kunstmuseum, So, 4., Di/Mi 6./7. Dezember; Kellerkino ab 8. Dezember.

In einem sind sie sich einig: Diese neue politische Mitte ist mal Fisch, mal Vogel. Ansonsten sind sie gar nicht derselben Meinung: Tom Locher, Aktivist auf dem AKW-Ade-Camp vor den Büros der Bernischen Kraftwerke (BKE), und Thomas Fuchs, inzwischen abgewählter Berner SVP-Nationalrat. Die beiden beleibten Herren diskutieren über die (vermeintliche) Sicherheit des Atomkraftwerks Mühleberg.

"77 Tage sind nicht genug" heisst der neue Film des Berner Regisseurs Andreas Berger. Berger dokumentiert seit 25 Jahren die BesetzerInnenkultur in Bern, 1986 mit "Zafferlot", 1991 mit "Berner Beben" und 2011 mit "Zaffaraya 3.0". In "77 Tage …" begleitet er die Anti-AKW-Bewegung in Bern, die sich nach der Atomkatastrophe in Fukushima formiert hat.

Zentrum der Bewegung war das Camp auf dem Viktoriaplatz. Während 77 Tagen wurde die kleine Wiese vor den Büros der BKW in diesem Sommer zum Lebenszentrum verschiedenster AktivistInnen. Berger ist nah bei den Bewegten, begleitet sie bei ihren Aktionen und hat ein Auge für aussagekräftige Einstellungen. So filmt er seine junge Protagonistin Stephanie Schärer beim Handygespräch mit ihrem Vater, in dem sie fragt, ob sie im Camp übernachten dürfe, während hinter ihr die Berner Polizei AktivistInnen daran hindert, der japanischen Botschaft ein "Geschenk" zu übergeben. Starke Szenen sind auch die arrangierten Gespräche zwischen Befürwortern und GegnerInnen, wie etwa jenes zwischen dem älteren Aktivisten Ruedi Jungen und dem FDP-Jungpolitiker Christian Wasserfallen.

Nach 77 Tagen wurde das Camp über­raschend geräumt, vom damaligen Widerstand scheint heute nicht viel übrig. Obwohl dieser nötig wäre. Der vom Bundesrat beschlossene "schrittweise Atomausstieg" ist ein Scheinausstieg: Da die Atomkraftwerke in der Schweiz kein Verfallsdatum kennen, bleiben sie am Netz, solange ihre "Sicherheit gewährleistet ist". Um einen wirklichen Ausstieg zu erreichen, sind 77 Tage Widerstand nicht genug. süs

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Bund 1.12.11

Film "77 Tage sind nicht genug"

Weil man nie weiss

Strassenblockaden, Demos, Protestcamp und erhitzte Debatten. Der Filmemacher Andreas Berger hat dem Atomsommer 2011 ein Denkmal gesetzt.

Christoph Lenz

Die Szene ist umwerfend: Steht eine Frau, 17-jährig, umringt von Polizisten in Kampfmontur auf einem Berner Quartiersträsschen. Mit der einen Hand hält sie sich am Gitter der Sicherheitskräfte, mit der anderen drückt sie ihr Handy ans Ohr: "Ich stehe an vorderster Front, Paps", sagt sie. Und dann beschwichtigend: "Aber es passiert schon nichts."

Sie heisst Steffi. Kurz nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 marschierte sie gemeinsam mit Anti-AKW-Demonstranten zur japanischen Botschaft in Bern, um den Opfern zu gedenken. Am Ziel wartete ein Polizeiaufgebot. Es kam zu brenzligen Augenblicken, aber nicht zur Eskalation. Oder nur zu einer Privaten: "Ich stehe an vorderster Front, Paps."

Er lässt die Kamera laufen

Mit dabei war der Berner Filmemacher Andreas Berger. Jetzt schmunzelt Berger und greift nach seiner Kaffeetasse. Erst nachträglich habe er den Wert dieser Szene erkannt, sagt er. "In Momenten wie jenem lasse ich die Kamera einfach laufen. Man weiss nie im Voraus, was passieren wird."

Ein schöner Satz. Genau darauf beruht letztlich nicht nur diese Sequenz, sondern Bergers ganzer neuer Dokumentarfilm. "77 Tage sind nicht genug" untersucht die Prozesse, die der Fukushima-Vorfall in Bern in Gang setzte - von spontanen Demos bis zum Protestcamp vor dem BKW-Hauptsitz, vom Wiederaufflammen der Atomdebatte bis zum atomkritischen Theaterstück. Beginnend wenige Tage nach der Katastrophe, begleitete Andreas Berger dieses Geschehen ganze zwei Monate lang minutiös mit seiner Kamera - ohne bestimmte Absicht, ohne Filmkonzept und auch ohne Mittel der Filmförderung. Einfach aus dokumentarischem Eifer. Oder: Weil man im Voraus nie weiss.

Erst Mitte Mai schlug Berger den Bewohnern des Anti-AKW-Camps vor, das gesammelte Material zu einem Dokumentarfilm zusammenzufügen. Bis im August folgten weitere Aufnahmen. Und heute, nur drei Monate nach dem letzten Drehtag, feiert "77 Tage sind nicht genug" bereits Premiere.

Ein alter Bekannter

Es ist natürlich keine Überraschung, dass Andreas Berger für dieses Werk verantwortlich zeichnet. Seit bald dreissig Jahren hat er seinen Radar auf den "linken" Rand der Stadt Bern gerichtet, auf Autonome und Alternative, auf politisch Bewegte und kreativ Begabte, auf Jugendzentren und Zeltstädte. "Berner Beben", sein 1990 erschienenes Werk zu den Jugendunruhen der Achtzigerjahre, ist bis heute ein faszinierendes Zeitdokument. Zuletzt hat Andreas Berger "Zaffaraya 3.0" veröffentlicht - eine Doku über die heutigen Bewohner des legendären "freien Landes" auf Berner Gemarkung.

"Die Opposition auf der Strasse ist der rote Faden in meinem Schaffen", sagt Berger trocken. Anzufügen wäre, dass der ehemalige "Bund"-Filmredaktor ein leidenschaftlicher Rechercheur ist. Und dass Berger, so sehr er sich der Gegenkultur verschrieben hat, sich nicht verführen lässt von ihrer Ästhetik. Vielmehr fasst er seine Filme in einen kühlen Realismus: spartanisch komponiert, weitgehend frei von Musik, Fotografie, Farbfiltern und sonstigen Kunstgriffen. Kurz: Andreas Berger ist tagein, tagaus auf der Jagd nach der Realität. Das muss reichen.

Und das tut es. "77 Tage sind nicht genug" beeindruckt nicht nur, weil Berger von allen wichtigen Ereignissen "Live-Footage" präsentieren kann. Sondern ebenso, weil es dem Film gelingt, anhand der Campbewohner die gesellschaftliche Breite der Anti-AKW-Bewegung 2011 aufzuzeigen. Da gibt es Tom Locher, einen Veteranen der linksautonomen Szene. Da gibt es aber auch den 60-jährigen Elektriker Ruedi Jungen aus dem Berner Oberland, der alles andere als militant ist, aber bei der Camp-Räumung dennoch in Konflikt kommt mit den Sicherheitskräften. Und da gibt es Steffi, die jener Generation angehört, die durch Fukushima politisiert wurde.

"Es ist kein Film für die Ewigkeit", sagt Berger. "Ich will zeigen: Das und das ist passiert im Frühling 2011, so und so ist es gelaufen. Und am Ende steht die Schlussforderung: Mühleberg abschalten, sofort."

Kino in der Reitschule Premiere: 2. Dezember. Der Film läuft ab 4. Dezember im Kino Kunstmuseum.

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BZ 1.12.11

77 Tage in 78 Film-Minuten

AKW-ADE-CAMP. Andreas Berger lässt die 77 Tage des AKW-Ade-Camps vor dem BKW-Hauptsitz aufleben.

Sein Film "77 Tage sind nicht genug" zeigt den Protest, der in der temporären Stilllegung des AKW Mühleberg gipfelte.

"Hallo Paps, darf ich im Camp übernachten? Ich bin an vorderster Front, aber es passiert schon nichts." Die 16-jährige Schülerin Stefanie Schärer aus Bern hängt lässig am Polizeiabsperrgitter bei der japanischen Botschaft, telefoniert mit ihrem Vater und schaut dabei keck in die Kamera von Andreas Berger. Gestellt ist die Szene nicht. Die AKW-Gegner wollten dem japanischen Botschafter im Mai ein Zeichen ihrer Betroffenheit zum Reaktorunglück in Fukushima überreichen. "Dort fiel mir Steffi auf", sagt der Berner Filmemacher heute. Deshalb wurde Stefanie zu einer der drei Hauptfiguren seines Films über das AKW-Ade-Camp auf dem Viktoriaplatz, das Bern und vor allem die BKW 77 Tage lang in Atem hielt. Berger bemüht sich nicht um einen neutralen Blick. Vielmehr begleitet er eine Bewegung, die sich nach der Kernschmelze in Fukushima ziemlich spontan entwickelte. Der Film zeichnet unter anderem nach, wie Stefanie politisch aktiv wird. Am 24. Mai 2011 streikten mit ihr viele Schülerinnen und Schüler. 2000 zogen Slogans proklamierend durch die Stadt. Mühleberg muss vom Netz, forderten sie.

Tränen bei der Räumung

Doch auch die AKW-Gegner der ersten Stunde erhalten im Film über das Zeltlager vor dem BKW-Hauptsitz in der Person des 61-jährigen Ruedi Jungen aus Frutigen eine Stimme. Der dritte Protagonist ist Tom Locher, der sich seit Jahren in der Reitschule engagiert. "Ich fragte bereits im Mai an einer Vollversammlung des Camps, ob es okay ist, wenn ich einen Film drehe", erzählt Berger, der Autor von "Zaffaraya 3.0". Diesen Freitag findet nun die Uraufführung seines neuen Films im Kulturzentrum Reitschule statt.

Zwischen Aufnahmen des Campalltags, mit Auftritten von Künstlern wie Pedro Lenz oder Steff la Cheffe, zu den Donnerstagdemos und den Protestmärschen nach Mühleberg, streut Berger Interviews ein, in denen beispielsweise auch anwesende Polizisten sehr offen über ihre Rolle reden. Allmählich mauserte sich das Camp zu einer politischen Herausforderung, die mit der polizeilichen Räumung am 22. Juni endete. Stefanie weint Tränen der Enttäuschung.

Skeptische BKW

"Die BKW hatte vorerst Mühe mit dem Filmprojekt und wollte nicht mitmachen", sagt Berger. Letztlich willigte die Betreiberin des AKW Mühleberg dann Ende September in ein Treffen zwischen Stefanie Schärer und BKW-Sprecher Antonio Sommavilla ein. Desillusioniert muss die Schülerin feststellen, dass das AKW Mühleberg wohl nur aus taktischen Gründen zeitgleich mit der Räumung des Camps vom Netz ging. Denn seit der Sanierung liefert der "Schrottreaktor", wie die Gegner ihn im Film bezeichnen, wieder Strom. "Für mich ist diese Niederlage ein Ansporn", sagt Stefanie kämpferisch in Bergers Kamera. Berger gibt seinem Streifen folgerichtig den Namen "77 Tage sind nicht genug". Als Zeitdokument, das zwar Stellung bezieht, aber die andere Seite und ihre Argumente nicht ausblendet, legt der 78-minütige Film Zeugnis ab einer auch weit weg von Japan aufwühlenden Katastrophe. Formal fehlt ihm der letzte Schliff. Doch Berger setzte sich unter Zeitdruck: "Mir war von Anfang an klar, dass der Film noch in diesem Jahr herauskommen muss und nicht erst in fünf Jahren." Christoph Aebischer Filmpremiere: 2./3. Dezember um 21 Uhr im Kino in der Reitschule, 4. /5./6. Dezember um 18.30 Uhr im Kino Kunstmuseum, danach im Kellerkino.

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WoZ 1.12.11

Lesung

Tittanic, die zehnte

Zu alt um auf die Bühne zu gehen? Zumindest nicht in der Tittanic, der Veranstaltungsreihe der Autorin, Sängerin und Moderatorin Sandra Künzi, die die Bühne frei macht für Frauen. Zum zehnten Mal findet die Tittanic statt, in der es jeweils Lesungen zu hören gibt, die von Musik eingebettet werden. Die Performerinnen sind immer wieder andere, auch mehrere WOZ-­Autorinnen haben der Tittanic schon ihre Ehre erwiesen, so etwa Susan Boos, Esther Banz, Nicole Ziegler oder Susi Stühlinger.

An "Tittanic, die zehnte" treten zwei Frauen auf, die weit über sechzig sind: Die Philosophin Carola Meier-Seethaler, 1927 in München geboren und seit den fünfziger Jahren in der Schweiz, liest und erläutert ihre Texte und Gedanken. Von 2001 bis 2006 war sie Mitglied der Nationalen Ethikkommission, aus der sie austrat, weil sie befürchtete, dass Entscheidungen über neue medizinische Techniken je länger, je mehr vor allem ökonomisch statt ethisch begründet würden. Musikalisch begleitet wird Meier-Seethaler von Ka Moser am Klavier. Die zehn Jahre jüngere Moser pendelt seit Jahrzehnten zwischen bildender Kunst und Musik. Wie immer moderiert den Anlass die schlagfertige Gastgeberin Künzi.

Im Publikum sind übrigens auch Männer herzlich willkommen. süs

Tittanic, die zehnte in: Bern Tojo in der Reitschule, So, 4. Dezember, 19 Uhr. Ab 18 Uhr Freisuppe für alle. www.tojo.ch

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Bund 1.12.11

Lesung "Tittanic, die Zehnte"

Oberstübchen statt Oberweite

Frauen haben das Wort: Die Lesereihe "Tittanic" feiert ihre zehnte Ausgabe. Mit dabei: Philosophin Carola Meier-Seethaler.

Regula Fuchs

Feiern oder nicht feiern - das ist die Frage, die einen vor Jubiläen umtreibt. Sie beschäftigte auch Sandra Künzi, die Kuratorin der Women-only-Lesereihe "Tittanic", deren zehnte Ausgabe nun vor der Tür steht. "Erst dachte ich an etwas Grosses, Bombastisches, aber dann merkte ich, dass mir die Penetranz von Jubiläumsveranstaltungen eigentlich auf die Nerven geht", so Künzi. "Deshalb wollte ich würdevoll feiern." Und wo Würde ist, da ist auch das Alter nicht weit, dachte sie sich. Deshalb sind die zwei Protagonistinnen des Jubiläumsabends schon ältere Semester: die deutsche Philosophin und Psychologin Carola Meier-Seethaler, Jahrgang 1927, und die Berner Künstlerin und Musikerin Ka Moser, Jahrgang 1937.

Eine solche Besetzung ist neu für die Reihe, die Künzi 2005 lanciert hat und gerne mit "Quotenknüller" betitelt: So haben in den vergangenen Veranstaltungen Schriftstellerinnen, Spoken-Word-Artistinnen, Journalistinnen und Musikerinnen jüngeren Datums ihre Künste dargeboten. Carola Meier-Seethaler hatte denn zunächst auch Vorbehalte - sie mache nicht bei einer "Lese-Show" mit, liess sie die Veranstalterin wissen. Nachdem Freundinnen sie jedoch von der Qualität der Reihe überzeugt hatten, änderte sie ihre Meinung. Die Deutsche, die in Bern lebt, wird nun zwei Auszüge aus ihrem philosophischen Werk lesen und anschliessend mit Sandra Künzi darüber diskutieren. "Beide Texte sind enorm gut geschrieben und zugänglich - was Meier-Seethalers Werk grundsätzlich auszeichnet", so Künzi. Der eine dreht sich um die Vernünftigkeit von Gefühlen - und darum, sie nicht als etwas Irrationales abzutun. Der andere entschleiert die "irrationalen Hintergründe der liberalen Wirtschaftstheorie"; dass sich die Diskussion um die aktuellen finanzpolitischen Bresten drehen wird, versteht sich von selbst. Umrankt werden Meier-Seethalers Gedanken von Ka Moser: Die bildende Künstlerin widmet sich ihrer zweiten Passion, der Musik, und flicht Intermezzi am Piano ein."Tittanic" entstand aus dem Wunsch heraus, den Texten von schreibenden Frauen eine grössere Öffentlichkeit zu schenken. Künzi dachte anlässlich des Jubiläums kurz darüber nach, nach der zehnten Ausgabe aufzuhören. Doch damit ist nichts - "denn die Autorinnen, deren Worte auf die Bühne gehören, gehen mir nicht aus". Und ein weiteres Argument: "Wir haben auch immer Männer im Publikum. Ein Frauen-Ghetto sind wir gar nicht."

Tojo-Theater Reitschule Sonntag, 4. Dezember, 19 Uhr. Türöffnung und Suppe ab 18 Uhr.

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kulturagenda.be 1.12.11

3 Kulturtipps von Sandra Künzi

Sandra Künzi moderiert im Tojo-Theater die Lesereihe "Tittanic". Am So., 4.12., ab 19 Uhr findet die zehnte Ausgabe statt. Zur Feier des Tages gibt es ab 18 Uhr gratis Suppe. Künzi hat ausserdem bei der kürzlich erschienenen Textsammlung "Über Geld schreibt man doch" (Zytglogge Verlag) mitgearbeitet.

1. Taco in der Broncos-Loge in Bern
(Do., 1.12., 21.30 Uhr)
Ich bin Fan von She Riff am Kontrabass und neugierig auf den Support Act Miss Tigre. Dafür kann ich sogar meine Vorbehalte gegen Jimy Hofer überwinden.

2. Ausflug zur Grasburg an die Sense (jederzeit)
Ein schönes Feuer unter freiem Himmel ist richtig prima, egal wann. Die Grasburg an der Sense ist dafür perfekt.

3. Larry Bang Bang im Grand Palais in Bern
(Fr., 2.12., 18.30 Uhr)
Countrypsycho ist die logische Steigerung von Taco und Larry super. Ausserdem gibts an der vorgezogenen Weihnachtsfeier heisse Würste.

Mit einer solchen würde ich meine gläubige Nachbarin ins Grand Palais locken …
… mit dem Hinweis auf die heiligen drei Könige, die üblicherweise auch nicht in Ställen verkehrten, aber doch genau
dort das Jesuskindli fanden.

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kulturagenda.be 1.12.11

Klartext mit Diego Dahinden über das "Kapitel"

Zusammen mit den ehemaligen Formbar- Betreibern Fausto De Siena (links) und Tom Weingart (rechts) eröffnet Diego Dahinden am Bollwerk das neue Lokal "Kapitel". Dahinden ist bisher als Veranstalter von Partys unter anderem im Dachstock in Erscheinung getreten.

Die Vorgängerlokale des "Kapitel" hatten jeweils einen kurzen Atem. Kann man an dieser Lage zwischen Drogenanlaufstelle und Schützenmatte überhaupt ein Lokal betreiben?

Unsere Vorgänger waren sicher keine schlechten Gastronomen, vielleicht hatten sie aber ihr Konzept am falschen Ort probiert. Vor allem am Abend muss man am Bollwerk ein Publikum ansprechen, das sich gerne in einer urbanen Umgebung aufhält. Nicht ein reines Esspublikum, sondern ein Bar- und Ausgehpublikum.

Die Gegend hat ein schlechtes Image.

Wir wollen diesen Stadtteil aufwerten. Dabei sind wir auch auf die Unterstützung der Behörden angewiesen, was die Überzeitbewilligung betrifft. Auf diese warten wir noch.

Wie soll das Angebot im "Kapitel" aussehen?

Der Name ist Programm. Unser Lokal hat verschiedene Kapitel: Am Mittag sind wir ein Restaurant mit saisonaler und regionaler Küche. Am Abend eine Lounge-Bar mit Häppchen-Karte. Und am Wochenende darf bei uns regelmässig getanzt werden.

Trotz des vielgenannten "Clubsterbens" gibt es also ein neues Angebot. Das ist erfreulich.

Klar, die Medien heben diesen Aspekt hervor, weil die Berner Clubkultur ein wichtiges Thema ist. Aber: Wir sind vor allem ein Restaurant und eine Bar.

Wie werden Sie das kulturelle Angebot ausrichten?

Wir kommen von der elektronischen Tanzmusik her, und die wird bei uns eine wichtige Rolle spielen. Zudem wollen wir der Berner Kultur eine Plattform bieten. Beispielsweise für "Bern für den Film" oder mit dem monatlichen Gay-Event "Seite 69". Mit der Serie "Amuse-Bouge" verbinden wir zwei unserer Kapitel - Essen und Tanzen.

Welche Gäste wollen Sie ansprechen?

Unser Zielpublikum sind alte Junge und junge Alte. Wir werden uns an ein erwachsenes Publikum richten. Es wird also eine Altersbegrenzung geben.

In Bern haben Betreiber von Clubs immer wieder Lärmprobleme. Wie gehen Sie damit um?

Wenn es eines Tages das von vielen Seiten geforderte "Ausgeh-Konzept" für die Stadt Bern geben wird, sollte das Bollwerk zu den erklärten "Ausgehzonen " gehören, davon gehen wir aus. Das Bollwerk liegt an der meistbefahrenen Strasse der Stadt, 300 Meter weiter ist der Hauptbahnhof. An diesem Ort sollte das Nachtleben möglich sein. Aber uns ist klar: Die Anwohner haben ihren Schlaf verdient, keine Frage, und wir werden versuchen, den Lärm aufs Minimum zu beschränken.

Das tönt sehr diplomatisch. Aber als Clubbetreiber ist es heute nicht ganz einfach in Bern. Wie haben Sie die Diskussion mitverfolgt?

Ich finde es gut, dass die Sache diskutiert wird. Es ist zurzeit nicht einfach für Clubbetreiber, eine Betriebssicherheit zu haben. Ein oder zwei Anwohner können in Bern die Auflösung eines Geschäfts bewirken. Es ist zunehmend schwierig, in diesem politischen Umfeld innovativ zu sein.

Interview: Michael Feller
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Eröffnung: Sa., 3.12., ab 15 Uhr
Mit den DJs Feodor, Dauwalder, Princess P und Rodri (audiotheque).
www.kapitel.ch

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NZZ 1.12.11

Die Reitschule - Berns liebstes Ärgernis

Wie die Stadt Bern versucht, ein Stück autonome Kultur zu institutionalisieren

Die Reitschule ist anerkanntes Kulturzentrum - und immer wieder Ort für Zwischenfälle mit der Polizei. Nun drängt das Berner Stadtparlament auf ein Sicherheitskonzept. Die Reitschule lehnt dies ab.

Daniel Gerny, Bern

Vor einem Jahr stimmten 68 Prozent der Bernerinnen und Berner für die Beibehaltung der Reithalle, jetzt ist Berns liebstes Ärgernis in der Stadt bereits wieder zentrales Politikum. Die Fronten sind unverändert, neue Aspekte enthält die Debatte kaum: Das bürgerlich dominierte Stadtparlament verlangt ein verbindliches Sicherheitskonzept, was die Betreiberin, die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule (Ikur), ablehnt. Als Folge hat der Stadtrat die vierjährige Leistungsvereinbarung mit der Reitschule auf ein Jahr beschränkt. Seither ist die Situation blockiert.

Exponierte Lage

Wegen ihrer exponierten Lage, just neben der Einfahrt in den Bahnhof, die täglich von Dutzenden von Zügen befahren wird, ist die Reithalle in der ganzen Schweiz bekannt. Die Fassade des Gebäudes, das 1987 besetzt wurde, ist wild versprayt und entspricht äusserlich dem Klischee einer linksalternativen Trutzburg. Die Betreiber selbst pflegen dieses Image liebevoll. Die internen Abläufe sind schwer nachvollziehbar, oberstes Organ ist wie in alten Besetzungszeiten die Vollversammlung. Diese hat vor wenigen Tagen als Reaktion auf den Stadtrat-Entscheid entschieden, die bloss einjährige Leistungsvereinbarung nicht zu unterzeichnen.

Anders aber, als es von aussen den Anschein macht, ist die Reitschule nicht nur Treffpunkt von Berns linker Jugend, sondern auch ein anerkanntes Kulturzentrum, das mit jährlich 380 000 Franken (vor allem in Form von Mietkosten) subventioniert wird. Für viele Jugendliche ist sie Begegnungsort. Auch bürgerliche Politiker bekennen sich deshalb grundsätzlich zur Reitschule, selbst wenn sie das Angebot nicht nutzen. Bereits in fünf Abstimmungen hat sich das Stimmvolk hinter die Reitschule gestellt. Der Versuch aber, die Mélange aus Basisdemokratie und einem gewissen Mass an Nonkonformismus zu institutionalisieren, erweist sich als schwierig: Der besondere Reiz des Ortes ist die Offenheit, was auch unerwünschte Kundschaft anzieht. Während sich die Probleme im Innern des Hauses in Grenzen halten, kommt es auf dem Vorplatz regelmässig zu Zwischenfällen und Übergriffen auf die Polizei. Nur ungenügend distanzieren sich die Betreiber von Gewalt. Der Stadtrat pocht deshalb seit langem auf mehr Sicherheit.

Diese Woche begründete die Ikur an einer Pressekonferenz ihren Entscheid, die demokratisch lupenrein zustande gekommene Beschränkung der Leistungsvereinbarung auf ein Jahr nicht zu akzeptieren. Die Voten der "Mediengruppe" waren teilweise widersprüchlich, respektlos, unausgegoren und naiv - Eigenschaften, die man im wohlüberlegten Bern zwar mitunter durchaus vermisst. Sie waren aber gleichzeitig trotzig-konservativ ("die Planungssicherheit für die Programmation im kulturellen wie auch im politischen Bereich ist nicht mehr gegeben") und von einer eigenartigen "Wir gegen alle andern"-Mentalität geprägt, wobei alleine die "Aussenwelt" (so die Wortwahl eines Sprechers) für die nicht bestrittenen Spannungen mit der Polizei verantwortlich gemacht wird. Das Dilemma zwischen Autonomie und gesicherter Finanzierung war unübersehbar.

Miete wird weiter bezahlt

Nun belastet das Geschäft mehr und mehr die Zusammenarbeit zwischen dem rot-grün dominierten Gemeinderat (Exekutive) und dem Stadtrat. Für die Regierung ist die Reitschule unantastbar: Auch ohne Unterzeichnung des Leistungsvertrages wolle die Abteilung Kulturelles die Miete vorerst weiter an die Stadtbauten Bern überweisen, bestätigte deren Leiterin Veronika Schaller auf Anfrage. Man dürfe die Fronten nicht mit Schnellschüssen verhärten, begründet sie den bemerkenswerten Entscheid. Nicht ausbezahlt werden nur Betriebsbeiträge, die jährlich rund 60 000 Franken ausmachen.

Die Stadt will die Betreiber nun zu Konzessionen drängen, um doch noch eine mehrjährige Leistungsvereinbarung zu ermöglichen. Diese haben bisher kaum Entgegenkommen signalisiert. Doch der Druck wächst: Auch die Grüne Freie Liste (GFL), Allianzpartner der rot-grünen Regierung, pocht mit Nachdruck auf ein Sicherheitskonzept und stimmte gegen den Vierjahres-Vertrag. Seit dem Erfolg der Grünliberalen sind bei der GFL stärker werdende Entfremdungstendenzen gegenüber Rot-Grün festzustellen. Ohne Konzessionen wird die Reitschule deshalb mittelfristig kaum durchkommen. Noch gibt es keine Bewegung in diesem Streit. In Sachen Reitschule aber hat sich die Stadt bisher stets zusammengerauft - wenn auch nur bis zum nächsten Streit.

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bernerzeitung.ch 30.11.11
http://www.bernerzeitung.ch/region/bern/ReitschulBetreiber-nehmen-sich-Zeit-fuer-weiteres-Vorgehen/story/26265290 (mit Telebärn-Video)

Reitschul-Betreiber nehmen sich Zeit für weiteres Vorgehen

Die Betreiber der Berner Reitschule wollen sich nach ihrem Nein zu einem verkürzten Leistungsvertrag mit der Stadt Zeit nehmen, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Derweil soll der Alltagsbetrieb im alternativen Kulturzentrum weitergeführt werden.

"Wir mussten die Notbremse ziehen", sagte Samuel Steiner von der Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule Bern am Dienstag vor den Medien. Die Reitschule könne eine Leistungsvertrag mit einer Laufzeit von lediglich einem Jahr nicht akzeptieren.

Das Berner Stadtparlament hatte Mitte November die städtischen Subventionen nur für ein einziges Jahr statt für vier weitere Jahre genehmigt. Es war mit der Sicherheitslage rund um die Reitschule nicht zufrieden. Die jährlichen Subventionen an das Kulturzentrum betragen 380'000 Franken. Gegen ständige Verhandlungen

Am Sonntag entschieden die Betreiber der Reitschule den verkürzten Leistungsvertrag nicht zu unterzeichnen. "Wir wollen nicht in eine Spirale geraten, in der wir jedes Jahr den Vertrag neu verhandeln müssen", erklärte Steiner. Ein solcher Verhandlungsaufwand würde den eigentlichen Kulturbetrieb lähmen.

Der Betrieb der Reitschule erfordere eine längerfristige Planungssicherheit, sagte Lonny Sommer von der Interessengemeinschaft. Insbesondere das Tojotheater und der Dachstock hätten bereits bis Ende 2012 Buchungen vorgenommen.

Die Reitschul-Betreiber wollen aber im Dialog mit der Stadt bleiben, wie ihre Vertreter vor den Medien betonten. "Man kann zum Beispiel auch über andere Vertragsformen nachdenken", sagte Sommer.

Die Fragen zum weiteren Vorgehen sollen an den nächsten Vollversammlungen der Reitschul-Betreiber erörtert werden. "Wir funktionieren basisdemokratisch und fällen Entscheide im Konsens", betonte Sommer. Ein solches Vorgehen brauche viel Zeit.

Miete wird bezahlt

Was die Finanzen betrifft, scheint das Fehlen eines neuen Vertrags im Moment keine Probleme zu bereiten. Das Geld für die Miete der Reitschule überweist die Stadt jeweils direkt an die Stadtbauten Bern.

Sommer sagte, sie habe aus den Medien erfahren, dass die Stadt die Miete für das erste Quartal 2012 bezahlen wolle. Veronica Schaller, Kultursekretärin der Stadt Bern und Leiterin der Abteilung Kulturelles, nahm in der "Berner Zeitung" vom Montag zu diesem Aspekt Stellung.

"Das Budget für nächstes Jahr ist vom Volk genehmigt worden", sagte Schaller. Die Betrag von rund 80'000 Franken für die Miete im ersten Quartal werde im Dezember an die Stadtbauten Bern überwiesen.

"Chance für einen Neuanfang"

Unklar ist hingegen, ob die Stadt der Reitschule den Anteil an die Nebenkosten von 60'000 Franken bezahlt. Doch dies macht den Reitschul-Betreibern derzeit keine grossen Sorgen.

"Dieser Betrag deckt nicht einmal die Hälfte unserer gesamten Nebenkosten", sagte Sommer. Die Reitschule könnte diese Kosten vermutlich aus laufenden Einnahmen sowie Spenden finanzieren, fügte Sommer an. Aber auch diese Frage und eine allfällige Anpassung des Budgets müssten an den Vollversammlungen besprochen werden.

Die Reitschul-Vertreter bezeichneten schliesslich die gegenwärtige Situation als "Chance für einen Neuanfang". In die Beziehungen zu den Stadtbehörden soll frischer Wind kommen, wie sie sagten. (mau/sda)

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Bund 30.11.11

Auch ohne Vertrag: Die Reitschule will weitermachen wie bisher

Wieso die Reitschule den Leistungsvertrag ablehnt und wie Basisdemokratie funktioniert, wurde an einer Medienkonferenz erläutert.

Rahel Bucher

Im Dachstock der Reitschule, wo sonst Partys und Konzerte stattfinden, haben die Reitschüler gestern Journalisten empfangen. Dies um ihre Argumente für die Ablehnung des Leistungsvertrags mit der Stadt darzulegen. Dessen Verkürzung von vier auf ein Jahr sei nicht akzeptabel, weil das die Planungssicherheit und die Aufrechterhaltung der Infrastruktur verunmögliche, sagt Lonny Sommer von der Ikur (Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule). Zudem sollen die Vertragsverhandlungen nicht für politische Zwecke missbraucht werden. Samuel Steiner von der Ikur sagt: "Wir wollen nicht in eine Spirale geraten, die dazu führt, dass wir den Vertrag jedes Jahr neu verhandeln müssen." Auch sei ein einjähriger Leistungsvertrag nie Gegenstand der Gespräche gewesen. Stattdessen sei er der Reitschule vom Parlament aufgezwungen worden, so Steiner.

Kein Sicherheitskonzept

Der Stadtrat hat sich mit seinem Entscheid dem Gemeinderat widersetzt. Streitpunkt waren Sicherheitsfragen. Doch wieso ist die Reitschule nicht bereit - wie in der Motion Mozsa und vom Stadtrat gefordert -, einen Sicherheitsdienst zu engagieren und ein Sicherheitskonzept auszuarbeiten? "Einen uniformierten Sicherheitsdienst wollen wir nicht", sagt Steiner. Und ein Sicherheitskonzept mache für die Reitschule keinen Sinn, da je nach Situation anders gehandelt werden müsse. Auch habe die Reitschule immer wieder auf Entwicklungen reagiert. So etwa mit der Vorplatz-Präsenz, ein Team von Reitschülern, das dafür sorgt, dass auf dem Areal nicht gedealt wird. Oder mit dem Wellness-Team, das sich um das Wohlbefinden der Gäste kümmert.

Trotz Ablehnung des Leistungsvertrags sprechen die Reitschüler nicht von einem vertragslosen Zustand. Sie seien nach wie vor in Verhandlungen mit der Stadt. Der Betrieb soll so weitergeführt werden wie bisher und sich "weitgehend an die bisherige Praxis halten", sagt Steiner. Dies bedeutet auch, dass der Dialog mit der Stadt aufrechterhalten wird. Das weitere Vorgehen wollen die Reitschüler an der nächsten Vollversammlung erörtern. Schon jetzt ist klar, dass sie auch in Zukunft keinen einjährigen Vertrag unterschreiben werden, wie Steiner sagt.

Gelebte Basisdemokratie

Die Medienkonferenz fand im gleichen Raum statt wie letzten Sonntag die Vollversammlung, an welcher der Entscheid für die Ablehnung des Leistungsvertrags in einer basisdemokratischen Diskussion gefällt wurde. Da ist es wieder, dieses Wort, das für Aussenstehende ein grosses Rätsel bleibt: Basisdemokratie. Was bedeutet das genau? Das könne man auf Wikipedia nachlesen, sagt ein Reitschüler. Da steht: "Die Basisdemokratie (...) kommt (...) im Gegensatz zur repräsentativen Demokratie ohne Repräsentanten aus, da alle relevanten Entscheidungen von den Betroffenen selbst durch unmittelbare Beteiligung getroffen werden."

Wie diese Definition in der Realität gelebt wird, kann anhand der letzten Vollversammlung veranschaulicht werden. Rund siebzig Personen haben laut Steiner daran teilgenommen. Alles Leute, die in einer der Reitschul-Arbeitsgruppen aktiv sind. Andere Personen dürfen nicht teilnehmen. Jede Vollversammlung wird von zwei Leuten geleitet und von einer Person protokolliert. Am Sonntag wurde damit eröffnet, dass jeder Teilnehmende seine Meinung äussern durfte. Danach wurden Themen gebündelt und in Kleingruppen besprochen. Jeweils ein Sprecher pro Gruppe hat die Ergebnisse schliesslich ins Plenum getragen. Dort wurde so lange diskutiert und nach einem Konsens gesucht, bis es keinen Einspruch mehr gab. Fünfeinhalb Stunden inklusive Pause dauerte die Entscheidungsfindung, bis klar war, dass die Reitschule bezüglich Leistungsvertrag "die Notbremse zieht", wie es Steiner ausdrückt. Dieser Entscheid soll die Chance für einen Neuanfang bieten.

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BZ 30.11.11

Die Reitschule will den Takt angeben

Leistungsvertrag · Die Reitschule-Betreiber wollen sich nach ihrer Ablehnung des einjährigen Leistungsvertrags Zeit für das weitere Vorgehen nehmen. Der Kulturbetrieb soll jedoch wie bisher weitergeführt werden. Die Stadt zahlt die Nebenkosten nicht.

Die Vollversammlung mit rund 70 Anwesenden hat am Sonntag entschieden: Die Reitschule unterzeichnet den vom Stadtrat auf ein Jahr gekürzten Leistungsvertrag zwischen der Reitschule und der Stadt aus Protest nicht. Ein nur einjähriger Vertrag schaffe eine "unhaltbare Situation", und der Kulturbetrieb sei kaum zu planen (wir berichteten). Der Entscheid biete die Chance auf einen "Neuanfang", erläuterten Reitschule-Vertreter gestern vor den Medien. Und er erlaube, einem "selber erstellten Fahrplan" nachzugehen, der den eigenen Strukturen mit der Basisdemokratie gerecht werde. Die Vertreter wiesen noch einmal darauf hin, dass sie den vierjährigen Vertrag inhaltlich ja unterschrieben hatten. Aber die Beschränkung auf ein Jahr mache eine Planung unmöglich. Es könne nicht sein, dass künftig jährlich neu verhandelt werden müsse. Das offen formulierte Ziel des Neins: mit einem Neuanfang "bessere Rahmenbedingungen für die Reitschule-Strukturen und den kulturellen und politischen Betrieb" aushandeln.

Von der Stadt fliesst kein Geld

Berns Kultursekretärin Veronica Schaller, die für die Stadt mit der Reitschule verhandelt, bezeichnete das Nein gestern als "Scheingefecht", das von der wahren Diskussion ablenke (siehe gestrige Ausgabe). Und sie wies darauf hin, dass es eine Unterschrift der Reitschule gar nicht brauche, weil der Vertrag inhaltlich abgesegnet sei. Die Stadt werde die erste Rate der Miete von 80 000 Franken an die Stadtbauten zahlen. Sistiert ist allerdings der Betrag von 60 000 für Nebenkosten, wie Schaller gestern bestätigte. Damit fliesst von der Stadt zurzeit kein Geld. Dass die Miete bezahlt werde, habe man wiederum aus den Medien erfahren, sagten die Reitschule-Vertreter mit einem Schmunzeln. "Wie die Stadt reagiert, muss sie selber wissen. Das ist nicht das Problem der Reitschule", sagte Ikur-Vertreterin Lonny Sommer. Probleme für den laufenden Kulturbetrieb entstünden kaum. Man wolle weitermachen wie bisher. Den fehlenden Betrag könne man wohl decken - unter Umständen sammle man in der Bevölkerung.

Die Reitschule bezeichnet die jetzige Situation übrigens nicht als "vertraglosen Zustand", wie Ikur-Vertreter Samuel Steiner ausführte. Den Leistungsvertrag könne man später auch rückwirkend auf Januar 2012 abschliessen. Die Reitschule suche "aktiv den Dialog mit Stadt und Behörden". Aber man lasse sich den Takt dafür nicht diktieren. Bisher, so habe man in der Reitschule den Eindruck, sei der Leistungsvertrag vor allem als Druckmittel und für politische Zwecke missbraucht worden. Gleichzeitig räumten die Reitschule-Betreiber aber auch ein, dass dieser Vertrag gerade wegen ihres Neins hochpolitisch bleibe. Das Verhältnis zur Stadt sei nun "offen". Dennoch wolle man bisherige Abmachungen wie das Kontakttelefon "weitgehend beibehalten", so die Reitschüler.

Andere Verträge angeregt

Aus Sicht der Reitschule stelle sich die Frage, ob ein Leistungsvertrag die richtige Form für Vereinbarungen zwischen Reitschule und Stadt sei, hiess es gestern auch. Man wolle von sich aus entsprechende juristische Abklärungen machen. "Darunter kann ich mir überhaupt nichts vorstellen", sagt Kultursekretärin Veronica Schaller. Theoretisch sei es denkbar, den Vertrag nicht mehr mit der Abteilung Kulturelles auszuhandeln. "Das würde aber nichts an der Ausgangslage ändern." Bis zu den Sommerferien, so Schallers Ziel, soll der neue Vertrag ausgehandelt sein.

"Das ist undemokratisch"

Die städtische CVP interpretiert das Nein der Reitschule als Verzichtserklärung auf Subventionen und als Aufforderung, die Mietverträge anzupassen. Das Verhalten sei "weder dialog- noch lösungsorientiert". Für die Junge Alternative (JA) wiederum ist das Nein nachvollziehbar. Der Stadtrat habe sich mit der Kürzung des Vertrags selber ins Abseits manövriert. Wolf Röcken

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Grosser Rat

Antworten des Regierungsrats. Die Reitschule war auch in der Fragestunde im Grossen Rat ein Thema. Erich Hess (SVP) und Markus Meyer (SP) wollten vom Regierungsrat wissen, wie er die Sicherheitssituation bei der Reitschule einschätze und wo Handlungsbedarf sei. Die Sicherheitslage sowie die Gewaltbereitschaft seien schwankend, antwortete Regierungsrat Hans-Jürg Käser (FDP). Die Gespräche zwischen Stadt und Reitschule hätten nicht zu konkreten Verbesserungen der angespannten Situation geführt. Besonders störend sei, dass die Polizei bei ihrer Arbeit regelmässig behindert werde. Die kantonale Polizei- und Militärdirektion habe eine Delegation des Gemeinderats zur Festlegung des weiteren Vorgehens eingeladen, Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) habe einem Treffen zugestimmt. Aus Sicht des Regierungsrats braucht es seitens der Reitschule einen Kulturwandel zum Thema Sicherheit und Polizei.wrs

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BZ Kommentar

Reitschule kann sich Trotzen leisten

Wolf Röcken Ressortleiter Stadt Bern

Die Reitschule kann es sich leisten: Sie kann es sich leisten, einen Subventionsvertrag für 2012 nicht zu akzeptieren, dessen Inhalt sie bereits einmal zugestimmt hatte. Und sie kann es sich leisten, mit einem trotzigen Nein den Zeitplan und erste Bedingungen für neue Verhandlungen zu fordern. Den Betreibern ist dies nicht zu verübeln: Denn die Reitschule kann sich all dies leisten, weil die Stadt schon lange Signale ausgesandt hat, dass das Kulturzentrum sogar bei einem gänzlich abgelehnten Leistungsvertrag nicht zur Diskussion stehen würde. Und weil die Miete ja auch bei einem Vertrags-Nein der Reitschule überwiesen wird. Die indirekte Botschaft, die damit vermittelt wird: Der Leistungsvertrag ist ein Papier ohne grossen Wert.

Das nachlässige Verhandeln der Stadt hat zu einer absurden Situation geführt: Die Reitschule hat die unklaren Vorgaben der Politik genutzt und ist in die Offensive gegangen. Jetzt stellt sie sogar die Forderungen.

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Langenthaler Tagblatt 30.11.11

"Wir mussten die Notbremse ziehen"

Stadt Bern Die Reitschule-Betreiber erklären, warum sie den Einjahres-Leistungsvertrag ausschlagen

S. Thomi und G. Häsler (SDA)

Rund 70 Reitschülerinnen und Reitschüler beschlossen am Sonntag an ihrer Vollversammlung, den einjährigen Leistungsvertrag mit der Stadt nicht zu unterzeichnen (vgl. gestriges az Langenthaler Tagblatt). Am Dienstag informierten die Betreiber des alternativen Berner Kulturzentrums nun über die Hintergründe des Entscheides sowie das weitere Vorgehen.

"Wir mussten die Notbremse ziehen", fasste Samuel Steiner von der Interessengemeinschaft Kulturraum Reit- schule (Ikur) zusammen. Es sei auch keine Verzweiflungstat. Die Reitschule jedoch könne nicht akzeptieren, dass die Laufzeit ihres neuen Kultur-Leistungsvertrags kürzlich vom Stadtrat von vier Jahren auf ein Jahr gekürzt wurde.

"Real existierende Gründe für die Ablehnung des Kredits sind für uns nicht erkennbar", sagte Steiner. Vielmehr kündige sich offenbar bereits der städtische Wahlkampf 2012 an.

"Wir wollen nicht in eine Spirale geraten, die dazu führt, dass wir dann jedes Jahr den Vertrag neu verhandeln müssen", kommentierte Steiner. Der ständige Verhandlungsaufwand würde den eigentlichen Kulturbetrieb und die politischen Aktivitäten lähmen: "Wir haben noch wichtigere Themen als immer nur zu verhandeln." Einjährige Verhandlungsphasen widersprächen zudem der Programmierung; "der ‹Dachstock› oder das ‹Tojo› etwa buchen schon bis Ende 2012", nannte Steiner als Beispiele.

Den Dialog mit der Stadt und ihren Institutionen wollen die Reitschule-Betreiber "weitestgehend weiterführen", wie die Vertreter Samuel Steiner und Lonny Sommer vor den Medien sagten. "Wir sehen uns nicht in einem vertragslosen Zustand, ein neuer Vertrag kann auch rückwirkend in Kraft treten", sagte Steiner. Wichtig sei auch, dass der Vierjahres-Vertrag von Reitschule und Gemeindert bereits unterschrieben war, als sich der Stadtrat querstellte. "Man könnte auch über andere Vertragsformen diskutieren", ergänzte Sommer. Klar sei aber, dass ein Sicherheitskonzept, wie dies die stadträtliche Mitte-Rechts-Mehrheit fordert, nicht in einen Kultur-Leistungsvertrag gehöre.

Solche und ähnliche Fragen zum weiteren Vorgehen sollen denn auch an den nächsten Vollversammlungen erörtert werden. "Persönlich hoffe ich, dass es nicht erst in zwei Jahren eine Lösung gibt", so Samuel Steiner. Doch: "Wir funktionieren seit bald 25 Jahren basisdemokratisch und fällen Entscheide im Konsens", betonte Lonny Sommer. Dieses Vorgehen benötige Zeit. Entsprechen wolle man sich nicht auf einen Zeithorizont festlegen lassen.

Punkto Finanzen soll der fehlende Leistungsvertrag der Reitschule derzeit keine Probleme bereiten, hiess es auf Nachfrage. Das Geld für die Miete der städtischen Liegenschaft überwies die Stadt nämlich jeweils direkt der städtischen Liegenschaftsverwaltung Stadtbauten Bern AG.

Lonny Sommer sagte, sie habe gestern aus den Medien erfahren, dass die Stadt die Miete für das erste Quartal 2012 trotzdem bezahlen will. "Das Budget für nächstes Jahr ist vom Volk genehmigt worden", liess sich Kultursekretärin Veronica Schaller zitieren.

Unklar hingegen ist, ob die Stadt der Reitschule auch den Nebenkosten-Anteil von 60000 Franken überweist. Das bereitet den Ikur-Vertretern derzeit auch keine grossen Sorgen. "Dieser Betrag deckt nicht einmal die Hälfte der totalen Nebenkosten", sagte Sommer. Er fügte an, diese Kosten könne die Reitschule vermutlich aus den laufenden Einnahmen sowie Spenden finanzieren. Doch auch diese Frage müsse an Vollversammlungen besprochen werden.

Käser: "Situation ist nicht akzeptabel"

Die Reitschule war gestern auch im Grossen Rat Thema. Der kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser erklärte in der Fragestunde, die Situation punkto Sicherheit und Gewaltbereitschaft um das alternative Kulturzentrum sei "schwankend". Daher habe er kürzlich auch eine Delegation der Stadt Bern zu einem Treffen eingeladen, um die Lage zu diskutieren.

"Stadtpräsident Alexander Tschäppät hat mir zugesichert, er werde gern teilnehmen", so Käser. Besonders störend sei, dass Polizeikräfte rund um die Reitschule regelmässig bei ihrer Arbeit, etwa bei Verkehrsunfällen, behindert würden, so Käser auf Fragen von Polizei-Gewerkschafspräsident Markus Meyer (SP/ Roggwil). "In der Reitschule braucht es dringend einen Kulturwandel", ergänzte Käser. Die grundsätzlich kritische Einstellung der Polizei und überhaupt dem Staat gegenüber lasse keine konstruktiven Lösungen zu, so Käser auf Fragen von Erich Hess (SVP/Bern). "Bis dahin muss es den einzelnen Polizisten überlassen bleiben, ob eine Intervention unter den gegebenen Voraussetzungen durchzuführen sei." (sat)

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20 Minuten 30.11.11

Reitschule: Polizeidirektor des Kantons will Aussprache

BERN. Die Stadt zahlt und die Reitschule geht im Gegenzug keinerlei Verpflichtungen ein: So stellen es sich die Betreiber vor. Doch jetzt interveniert der kantonale Polizeidirektor.

"Wir lassen uns nicht unter Druck setzen", begründeten die Reitschulbetreiber gestern ihr "Njet" zum verkürzten Leistungsvertrag. Mit einer Laufzeit von bloss noch einem Jahr biete er keine Planungssicherheit. Der Kulturbetrieb würde durch ständige Neuverhandlungen lahmgelegt. Die Reitschüler erachten die mühsam ausgearbeiteten Regeln zur Sicherheit und Zusammenarbeit mit den Behörden nicht mehr als verpflichtend. Sie wollen sich nur noch "weitgehend an die bisherige Praxis halten". Ein schriftliches Sicherheitskonzept oder gar eine "uniformierte Prügel-Security" brauche es nicht. Berns links-grüne Polit-Mehrheit zeigt Verständnis für die Haltung der Reitschüler: Die Stadt bezahlt ihnen die Miete vorerst weiter.

"Weite Teile der Bevölkerung haben aber den Eindruck, die Reitschule sei ein rechtsfreier Raum", sagt der kantonale Polizeidirektor Hans-Jürg Käser (FDP). Es bestünden untragbare Sicherheitsrisiken und die Polizei werde zum Teil gewalttätig behindert. "Ich habe Stadtpräsident Tschäppät deshalb um ein Treffen ersucht und er hat zugesagt, mit einer Delegation zu kommen." SVP-Fraktionspräsident Roland Jakob begrüsst diesen Schritt: "Höchste Zeit, dass der Kanton einschreitet. Geltendes Recht hört nicht an der Gemeindegrenze auf."

Patrick Marbach

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cvp-stadtbern.ch 29.11.11

Boykott des Leistungsvertrags durch die Reitschüler

Die CVP der Stadt Bern bedauert die Weigerung der Reitschule, den auf ein Jahr befristeten Leistungsvertrag mit der Stadt Bern zu unterzeichnen. Die gewählten Volksvertreter der Stadt Bern haben im Stadtrat beschlossen, den Leistungsvertrag mit der Reitschule nur für ein Jahr abzuschliessen. Die Weigerung der Reitschule, den Leistungsvertrag befristet auf ein Jahr zu unterzeichnen, ist nicht konstruktiv und zeugt von einem seltsamen Demokratieverständnis.

Die CVP steht seit jeher zum Leitsatz: Kultur JA, Krawalle NEIN. In diesem Sinne unterstützt die CVP die Reitschule als Kulturzentrum sowie als Ort der Begegnung und des Austausches. Ein Dorn im Auge ist der CVP die zunehmende Verschlechterung der Sicherheitslage in und rund um die Reitschule. Der CVP fehlte es in der jüngeren Vergangenheit an einer klaren Distanzierung der Reitschulbetreiber von Gewalt sowie an ernsthaften Bemühungen, zusammen mit der Stadt und den Behörden die Sicherheitslage zu verbessern. Darüber hinaus wurden die Forderungen der BDP/CVP-Motion "Renovation der Reitschule, Innen und Aussen" und der Motion von Erik Mozsa "Reithalle schützen” unzureichend umgesetzt. Aus diesen Gründen unterstützte die CVP im Stadtrat den Beschluss, den Leistungsvertrag nur für ein Jahr abzuschliessen.

Der Leistungsvertrag ist mit den Mietverträgen zwischen Stadt und Reitschule gekoppelt. Verweigert die Reitschule den Abschluss des Leistungsvertrages, wie ihn die Volksvertreter beschlossen haben, werden gleichzeitig auch die Mietverträge boykottiert. Folglich dürfen die von der Stadt gewährten Subventionen nicht ausgerichtet oder müssten von den Reitschülern konsequenterweise nicht akzeptiert werden. Die Weigerung den Leistungsvertrag zu akzeptieren, ist zugleich als Verzicht auf die städtischen Subventionen zu verstehen und beinhaltet implizit dieAufforderung, die Mietverträge anzupassen.

Sind die Reitschüler der Ansicht, die Stadt solle die Reitschule nicht mehr subventionieren, hat die CVP grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden: Sofern das Kulturangebot nicht unter diesem "Protest” leidet, der Dialog mit der Stadt als Vermieterin konstruktiv bleibt, die bestehenden Gesetze und Bewilligungsvorschriften eingehalten und die Sicherheitssituation rund um die Reitschule verbessert wird.

Grundsätzlich ist das Verhalten der Reitschule weder dialog- noch lösungsorientiert. CVP-Parteipräsident Michael Daphinoff: "Die Reitschule hat ein seltsames Demokratieverständnis. Sich selber versteht die Reitschule als „urdemokratisch", der Entscheid von Volksvertretern wird aber nicht akzeptiert. Stattdessen wird eine Totalverweigerung als Druckmittel aufbaut, um die eigenen Wünsche durchzusetzen. Das ist undemokratisch und destruktiv.”

Medienmitteilung Leistungsvertrags-Boykott
http://www.cvp-stadtbern.ch/wp-content/uploads/2011/11/Medienmitteilung-Leistungsvertrags-Boykott1.pdf

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Regionaljournal Bern 29.11.11 (17.30)

Die Reitschule lässt sich Zeit

Die Betreiber des Kulturzentrums Reitschule wollen mit der Stadt Bern einen neuen Leistungsvertrag aushandeln. Während die Stadt den vertragslosen Zustand so schnell wie möglich aufheben will, lassen sich die Reitschulbetreiber Zeit.

Die Reitschulbetreiber wollen sich vom politischen Druck nicht aus der Ruhe bringen lassen. Der Betrieb gehe weiter auch ohne Leistungsvertrag. "Wir wollen nicht in eine Spirale geraten, die dazu führt, dass wir jedes Jahr den Vertrag neu verhandeln müssen", sagte ein Reitschulaktivist am Dienstag vor den Medien. Das Berner Stadtparlament hatte vor bald zwei Wochen den Leistungsvertrag mit der Reitschule nur für ein Jahr genehmigt - statt für vier Jahre wie bisher.

Entscheid im Konsens

Jetzt wolle man das weitere Vorgehen mit der Stadt diskutieren, sagen die Betreiber der Reitschule. Dafür nehme man sich Zeit, Entscheide würden im Konsens gefällt, basisdemokratisch. Die städtische Kultursekretärin Veronika Schaller sagt hingegen, die Stadt wolle einen neuen Vertrag bis spätestens im Sommer 2012.

Derweil setzt der kantonale Sicherheitsdirektor Hans-Jürg Käser den Berner Gemeinderat unter Druck. Er verlangt ein Treffen mit der Stadtberner Regierung, um die Verhältnisse vor der Reitschule zu klären. Es könne nicht sein, dass die Polizei immer wieder bei Einsätzen bei der Reitschule angegriffen werde. Der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät habe seine Zusicherung zu diesem Treffen bereits gegeben, sagte Käser in der Fragestunde des Grossen Rates. (madb, liec)

Hören (4:21)
http://www.drs1.ch/www/de/drs1/nachrichten/regional/bern-freiburg-wallis/308140.die-reitschule-laesst-sich-zeit.html

Verantwortlich für diesen Beitrag:
Christian Liechti

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jungealternative.ch 29.11.11

29. November 2011: Reitschule: Neue Chance für die Stadt

Die Junge Alternative JA! kann den Entscheid der Reitschule, einen einjährigen Leistungsvertrag nicht zu unterzeichnen, nachvollziehen. Nachdem der Stadtrat sich in der Frage dank dem unbedachten Stimmverhalten namentlich der GFL/EVP-Fraktion ins Abseits manövriert hat, bietet die Reitschule mit ihrem Beschluss nun Raum für ein neues Kapitel in den Verhandlungen zwischen Stadt und Reitschule.

Nachdem der Stadtrat am 17. November beschlossen hat, die Reitschule einmal mehr anders zu behandeln als alle anderen Kulturbetriebe und ihr nur einen einjährigen Subventionsvertrag gewährt hat, hat die Reitschule heute ausgeführt, dass sie diesen Vertrag so nicht unterschreiben kann. Die Junge Alternative JA! versteht diesen Entscheid sehr gut. Zum einen war ein einjähriger Vertrag nie Gegenstand der Verhandlungen zwischen Stadt und Reitschule, zum anderen bietet ein solcher auch praktische Probleme: Ein Kulturbetrieb mit Restaurant, Theater etc. muss über ein Jahr hinaus planen können und kann sein Funktionieren nicht von Ränkespielen einiger Mitte-Rechts ParlamentarierInnen abhängig machen. Zudem kann die JA! verstehen, dass die Reitschule ihre Zeit und Energie in erster Linie für das vielfältige Programm verwenden will und nicht zu einem grossen Teil für Verhandlungen mit der Stadt, deren Resultate schliesslich vom Stadtrat desavouiert werden.

Die Junge Alternative JA! begrüsst die Dialogbereitschaft der ReitschülerInnen und hofft, dass die Stadt die Chance, ein neues Kapitel in den Verhandlungen mit dem Kulturbetrieb zu öffnen, wahrnimmt. Die JA! fordert die Stadt auf, jetzt eine neue tragfähige Lösung zu suchen, welche der Struktur der Reitschule und den Bedürfnissen der Stimmbevölkerung, welche die Reitschule in der heutigen Form schon mehrmals bestätigt hat, Rechnung trägt. Sollte aus der jetzigen Situation ein längerdauernder vertragsloser Zustand resultieren, tragen die Schuld daran jene Kräfte, die zwar immer vorgeben, die Reitschule zu unterstützen, ihre Funktionsweise aber nicht akzeptieren und ihr offensichtlich Steine in den Weg legen.

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derbund.ch 29.11.11

"Wir mussten die Notbremse ziehen"

An einer Medienkonferenz legten die Reitschulbetreiber offen, wieso ein einjähriger Leistungsvertrag für das Kulturzentrum inakzeptabel ist.

Die Betreiber der Berner Reitschule wollen sich nach ihrem Nein zu einem verkürzten Leistungsvertrag mit der Stadt Zeit nehmen, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Derweil soll der Alltagsbetrieb im alternativen Kulturzentrum weitergeführt werden.

"Wir mussten die Notbremse ziehen", sagte Samuel Steiner von der Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule Bern am Dienstag vor den Medien. Die Reitschule könne eine Leistungsvertrag mit einer Laufzeit von lediglich einem Jahr nicht akzeptieren.

Das Berner Stadtparlament hatte Mitte November die städtischen Subventionen nur für ein einziges Jahr statt für vier weitere Jahre genehmigt. Der Stadtrat war mit der Sicherheitslage rund um die Reitschule nicht zufrieden. Die jährlichen Subventionen an das Kulturzentrum betragen 380'000 Franken.

Gegen ständige Verhandlungen

Am Sonntag entschieden die Betreiber der Reitschule an ihrer Vollversammlung, den verkürzten Leistungsvertrag nicht zu unterzeichnen. "Wir wollen nicht in eine Spirale geraten, in der wir jedes Jahr den Vertrag neu verhandeln müssen", erklärte Steiner. Ein solcher Verhandlungsaufwand würde den eigentlichen Kulturbetrieb lähmen.

Der Betrieb der Reitschule erfordere eine längerfristige Planungssicherheit, sagte Lonny Sommer von der Interessengemeinschaft. Insbesondere das Tojo-Theater und der Dachstock hätten bereits bis Ende 2012 Buchungen vorgenommen.

Die Reitschul-Betreiber wollen aber im Dialog mit der Stadt bleiben, wie ihre Vertreter vor den Medien betonten. "Man kann zum Beispiel auch über andere Vertragsformen nachdenken", sagte Sommer.

Die Fragen zum weiteren Vorgehen sollen an den nächsten Vollversammlungen der Reitschul-Betreiber erörtert werden. "Wir funktionieren basisdemokratisch und fällen Entscheide im Konsens", betonte Sommer. Ein solches Vorgehen brauche viel Zeit.

Miete wird bezahlt

Was die Finanzen betrifft, scheint das Fehlen eines neuen Vertrags im Moment keine Probleme zu bereiten. Das Geld für die Miete der Reitschule überweist die Stadt jeweils direkt an die Stadtbauten Bern.

Sommer sagte, sie habe aus den Medien erfahren, dass die Stadt die Miete für das erste Quartal 2012 bezahlen wolle. In einem Interview mit dem "Bund" nahm Veronica Schaller, Kultursekretärin der Stadt Bern und Leiterin der Abteilung Kulturelles, zu diesem Aspekt Stellung.

"Das Budget für nächstes Jahr ist vom Volk genehmigt worden", sagte Schaller. Die Betrag von rund 80'000 Franken für die Miete im ersten Quartal werde im Dezember an die Stadtbauten Bern überwiesen.

"Chance für einen Neuanfang"

Unklar ist hingegen, ob die Stadt der Reitschule den Anteil an die Nebenkosten von 60'000 Franken bezahlt. Doch dies macht den Reitschul-Betreibern derzeit keine grossen Sorgen.

"Dieser Betrag deckt nicht einmal die Hälfte unserer gesamten Nebenkosten", sagte Sommer. Die Reitschule könnte diese Kosten vermutlich aus laufenden Einnahmen sowie Spenden finanzieren, fügte Sommer an. Aber auch diese Frage und eine allfällige Anpassung des Budgets müssten an den Vollversammlungen besprochen werden.

Die Reitschul-Vertreter bezeichneten schliesslich die gegenwärtige Situation als "Chance für einen Neuanfang". In die Beziehungen zu den Stadtbehörden soll frischer Wind kommen, wie sie sagten. (bs/sda)

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Reitschule auch Thema im Grossen Rat

Der bernische Polizeidirektor Hans-Jürg Käser hat die Stadt Bern zu einem Treffen eingeladen, um die Situation rund um das alternative Berner Kulturzentrum Reitschule zu diskutieren.

Der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät habe ihm zugesichert, er werde gerne mit einer Delegation kommen, sagte Käser im Rahmen der Fragestunde am Dienstag im bernischen Grossen Rat.

Besonders störend sei, dass Polizeikräfte im Raum Reitschule regelmässig bei ihrer Arbeit, beispielsweise bei Verkehrsunfällen, tätlich behindert würden. "Das ist nicht akzeptabel", sagte Käser. (sda)

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bernerzeitung.ch 29.11.11

Reitschul-Betreiber nehmen sich Zeit für weiteres Vorgehen

Die Betreiber der Berner Reitschule wollen sich nach ihrem Nein zu einem verkürzten Leistungsvertrag mit der Stadt Zeit nehmen, um das weitere Vorgehen zu erörtern. Derweil soll der Alltagsbetrieb im alternativen Kulturzentrum weitergeführt werden.

"Wir mussten die Notbremse ziehen", sagte Samuel Steiner von der Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule Bern am Dienstag vor den Medien. Die Reitschule könne eine Leistungsvertrag mit einer Laufzeit von lediglich einem Jahr nicht akzeptieren.

Das Berner Stadtparlament hatte Mitte November die städtischen Subventionen nur für ein einziges Jahr statt für vier weitere Jahre genehmigt. Es war mit der Sicherheitslage rund um die Reitschule nicht zufrieden. Die jährlichen Subventionen an das Kulturzentrum betragen 380'000 Franken. Gegen ständige Verhandlungen

Am Sonntag entschieden die Betreiber der Reitschule den verkürzten Leistungsvertrag nicht zu unterzeichnen. "Wir wollen nicht in eine Spirale geraten, in der wir jedes Jahr den Vertrag neu verhandeln müssen", erklärte Steiner. Ein solcher Verhandlungsaufwand würde den eigentlichen Kulturbetrieb lähmen.

Der Betrieb der Reitschule erfordere eine längerfristige Planungssicherheit, sagte Lonny Sommer von der Interessengemeinschaft. Insbesondere das Tojotheater und der Dachstock hätten bereits bis Ende 2012 Buchungen vorgenommen.

Die Reitschul-Betreiber wollen aber im Dialog mit der Stadt bleiben, wie ihre Vertreter vor den Medien betonten. "Man kann zum Beispiel auch über andere Vertragsformen nachdenken", sagte Sommer.

Die Fragen zum weiteren Vorgehen sollen an den nächsten Vollversammlungen der Reitschul-Betreiber erörtert werden. "Wir funktionieren basisdemokratisch und fällen Entscheide im Konsens", betonte Sommer. Ein solches Vorgehen brauche viel Zeit.

Miete wird bezahlt

Was die Finanzen betrifft, scheint das Fehlen eines neuen Vertrags im Moment keine Probleme zu bereiten. Das Geld für die Miete der Reitschule überweist die Stadt jeweils direkt an die Stadtbauten Bern.

Sommer sagte, sie habe aus den Medien erfahren, dass die Stadt die Miete für das erste Quartal 2012 bezahlen wolle. Veronica Schaller, Kultursekretärin der Stadt Bern und Leiterin der Abteilung Kulturelles, nahm in der "Berner Zeitung" vom Montag zu diesem Aspekt Stellung.

"Das Budget für nächstes Jahr ist vom Volk genehmigt worden", sagte Schaller. Die Betrag von rund 80'000 Franken für die Miete im ersten Quartal werde im Dezember an die Stadtbauten Bern überwiesen.

"Chance für einen Neuanfang"

Unklar ist hingegen, ob die Stadt der Reitschule den Anteil an die Nebenkosten von 60'000 Franken bezahlt. Doch dies macht den Reitschul-Betreibern derzeit keine grossen Sorgen.

"Dieser Betrag deckt nicht einmal die Hälfte unserer gesamten Nebenkosten", sagte Sommer. Die Reitschule könnte diese Kosten vermutlich aus laufenden Einnahmen sowie Spenden finanzieren, fügte Sommer an. Aber auch diese Frage und eine allfällige Anpassung des Budgets müssten an den Vollversammlungen besprochen werden.

Die Reitschul-Vertreter bezeichneten schliesslich die gegenwärtige Situation als "Chance für einen Neuanfang". In die Beziehungen zu den Stadtbehörden soll frischer Wind kommen, wie sie sagten. (mau/sda)

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reitschule.ch 29.11.11

MEDIENKONFERENZ VOM 29.11.11 ZUM THEMA
REITSCHULE-NEIN ZUM 1-JÄHRIGEN LEISTUNGSVERTRAG

"Hohes" Niveau der Auseinandersetzungskultur: Ein kleiner Filmausschnitt aus der letzten Stadtrats-Debatte zum Thema Reitschule-Leistungsvertrag...

Wieso und warum die Reitschule Bern den 1-jährigen Leistungsvertrag nicht unterschreibt
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Zur Sicherheitsdienst/-konzept-Debatte
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Fakten zur Reitschule: Die gesellschaftlichen Probleme von Stadt und Kanton lösen, statt auf die Reitschule abschieben und wahlkampfpalavern
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Chronik Leistungsvertrag
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20 Minuten 29.11.11

"77 Tage sind nicht genug": Das AKW-Camp im Kino

BERN. Aktivisten, Politiker und die BKW: Ein Berner Filmemacher hat eine Chronik über das Berner Anti-AKW-Camp gedreht. Diese kommt jetzt ins Kino.

Am 5. April, rund einen Monat nach der Atomkatastrophe in Fukushima, besetzte eine Gruppe Berner mit Zelten die Wiese vor dem BKW-Hauptsitz. Ihr Motto: "Wir bleiben, bis Mühleberg vom Netz geht." Unterstützt wurden sie auch von Künstlern: Unter anderem Steff la Cheffe und Pedro Lenz zogen mit Konzerten und Lesungen Hunderte von Sympathisanten an. Am 24. Mai gipfelte die Bewegung in einer Schülerdemo mit 2000 Teilnehmern.

Vom ersten Zelt an mit dabei war Filmemacher Andreas Berger, der schon früher Filme über die linke Szene Berns drehte. "Dadurch kannte ich schon einige Camp-Bewohner und konnte mich mit der Kamera total frei bewegen", sagt Berger gegenüber 20 Minuten. Die Geschichte des Camps erzählt er anhand dreier Protagonisten vom Start bis hin zur polizeilichen Räumung 77 Tage später. Diese Zeitspanne liefert auch den Filmtitel "77 Tage sind nicht genug", der auch Bergers Haltung deutlich macht: "Der Protest hat nicht gereicht", sagt der Filmer. Obwohl das AKW kurz nach Camp-Ende abgeschaltet wurde, ist es seit Ende September wieder in Betrieb.

Bergers Film wird ab Freitag in der Reithalle, dem Kino Kunstmuseum und dem Kellerkino gezeigt.

Nina Jecker

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Rabe-Info 29.11.11

Eine Chance für die Zukunft der Reitschule- Vollversammlung lehnt einjährigen Leistungsvertrag ab
http://www.rabe.ch/nc/webplayer.html?song_url=uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_29._November_2011.mp3&song_title=RaBe-%20Info%2029.%20November%202011
http://www.rabe.ch/uploads/tx_mcpodcast/RaBe-_Info_29._November_2011.mp3

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Bund 29.11.11

Reitschule lehnt Vertrag ab - Stadt bezahlt weiter

Trotz Nein zu einjährigem Leistungsvertrag übernimmt die Stadt weiter die Miete.

Die Reitschule will den einjährigen Leistungsvertrag mit der Stadt nicht unterschreiben. Dies entschied die Vollversammlung der Reitschule am Sonntagabend, wie die Mediengruppe der Reitschule gestern mitteilte. Heute wollen die Reitschüler an einer Medienkonferenz weiter informieren.

Grund für diesen Schritt ist der vor zehn Tagen gefällte Stadtratsentscheid, den Vertrag mit dem alternativen Kulturzentrum nur noch für ein Jahr - statt wie vorgesehen für vier Jahre - zu verlängern. Mit den rund 380 000 Franken für 2012 könne die Reitschule ihren Betrieb weiterführen, hiess es im Stadtparlament. Zugleich sollten sich die Reitschul-Betreiber und die Stadt aber bemühen, offene Sicherheitsfragen zu klären. Einen einjährigen Vertrag schlägt die Reitschule nun aber aus, da dies eine "unhaltbare Situation" schaffen würde. Es wäre so nicht möglich, das umfangreiche Kulturangebot zu planen, hiess es im Communiqué.Der Entscheid löst unterschiedliche Reaktionen aus. SVP-Fraktionspräsident Roland Jakob: "Ich kann das nicht verstehen. Die Reitschule hätte ja nichts verloren - im Gegenteil." Während Mitte-rechts Politiker eher verärgert sind, rühmen Linke und Grüne die Konsensbereitschaft der Reitschule. Diese will laut Medienmitteilung neue konstruktive Lösungen der Zusammenarbeit suchen und weiterhin im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben. Stadträtin Lea Bill (JA) glaubt daher auch nicht, dass die Situation nun blockiert ist. Die Reitschule sei ja weiterhin bereit für Gespräche.Obwohl der Leistungsvertrag vorerst nicht zustande kommt, wird die Stadt die erste Rate der Mietkosten - rund 80 000 Franken - von jährlich 320 000 Franken bereits im Dezember an Stadtbauten Bern überweisen, wie Veronica Schaller, Berner Kultursekretärin, gestern sagte. Das Budget für das nächste Jahr sei vom Volk genehmigt worden, begründet sie dieses Vorgehen. (reh) - Kommentar rechts, Seite 21

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Reitschule sagt Nein zu einjährigem Leistungsvertrag

Linke zeigen Verständnis für Entscheid, Bürgerliche sind verärgert.

Rahel Bucher

Rund um das alternative Kulturzentrum Reitschule will auch auf politischer Ebene keine Ruhe einkehren. Zehn Tage nach dem Stadtratsbeschluss, die jährlichen Subventionen von 380 000 Franken nur für eines statt für vier Jahre zu genehmigen, teilt die Reitschule mit, dass sie den einjährigen Leistungsvertrag nicht unterzeichnen wird.

Mit ihrem Entscheid will die Ikur (Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule) ein Zeichen gegen die Kürzung des Leistungsvertrags setzen. Diese versteht sie als "Angriff auf die Kultur- und Jugendpolitik der Stadt Bern". Die Reitschule wäre bereit gewesen, einen vierjährigen Leistungsvertrag - wie er bei anderen Kulturinstitutionen üblich ist - zu unterschreiben. Dass dies vom Stadtrat abgewürgt worden sei, nimmt sie zum Anlass, über die Gesamtsituation nachzudenken und "frischen Wind in die Beziehungen zwischen Stadt und dem Kulturzentrum zu bringen".

"Frechheit gegenüber Steuerzahler"

Der Grünliberale Stadtrat Claude Grosjean ist nicht überrascht, dass es so kam. Trotzdem sei es schade und zeige einmal mehr, was die GLP schon immer bemängelt habe: der fehlende Wille der Reithalle zu Verbindlichkeit. Für etwas mehr Emotionen sorgt der Entscheid bei Mitte-rechts-Politikern. FDP-Fraktionspräsident Bernhard Eicher: "Es ist ein Affront gegenüber dem Stadtrat." Ähnlich tönt es bei Martin Schneider, Co-Präsident der BDP Stadt Bern. Dass die Reitschule nun "trötzele", statt den Dialog zu suchen, sei unverständlich. Noch deutlicher sagt es SVP-Fraktionspräsident Roland Jakob: "Es ist eine Frechheit gegenüber dem Steuerzahler." Nicht die Reitschule bestimme, sondern der Stimmbürger. Die Reitschule habe kein Demokratieempfinden, wirft er dem alternativen Kulturzentrum vor, das seit jeher basisdemokratisch organisiert ist. Zudem erwartet er, dass die Reitschulaktivisten nun die Miete bezahlen oder ausziehen.

Doch so weit wird es vorerst nicht kommen. Denn obwohl bislang kein Vertrag zustande gekommen ist, will die Stadt 2012 wenigstens einen Teil der Jahresmiete von rund 320 000 Franken bezahlen, wie Veronica Schaller, Kultursekretärin der Stadt Bern, gestern bestätigte (siehe Interview). Jakob will dagegen politisch vorgehen. "Ohne Vertrag kein Geld", sagt er.

Weiterhin bereit für den Dialog

Aus Sicht der Reitschule würde ein einjähriger Leistungsvertrag eine "unhaltbare Situation" schaffen. Einerseits wolle man die Energie nicht in jährliche Vertragsverhandlungen stecken, sondern in kulturelle, soziale und politische Arbeit investieren, argumentiert die Mediengruppe. Andererseits sei es so nicht möglich, das kulturelle Angebot zu planen.

Argumente, die Stadträtin Lea Bill (JA) und GFL/EVP-Fraktionspräsident Peter Künzler nachvollziehen können. Bill glaubt nicht, dass die Situation nun blockiert ist. Die Reitschule sei ja weiterhin bereit für Gespräche. Auf die in der Medienmitteilung betonte Dialogbereitschaft der Reitschüler setzt auch Künzler. Er nehme den Entscheid der Ikur gelassen und freue sich umso mehr auf konstruktive Lösungen. "Ich habe Verständnis für den Entscheid der Reitschule", sagt Annette Lehmann, SP/Juso-Fraktionspräsidentin. Der Druck auf die Kulturinstitution sei sehr gross und erzeuge halt Gegendruck. Zudem habe der Stadtrat nicht anerkannt, dass der neue Leistungsvertrag bereits Verbesserungen punkto Sicherheit beinhaltet habe und dass dieser von der Reitschule akzeptiert wurde. Uneinigkeiten punkto Sicherheitsfragen waren mit der Grund für den Stadtratsentscheid. Hinter den Formalitäten verbirgt sich aber auch die alte Grundsatzdiskussion, ob es die Reitschule überhaupt brauche. Man wolle sich diesem Druck nicht beugen, heisst es vonseiten der Reitschule. Stattdessen suche man neue konstruktive Lösungen und werde im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben. Ihre Sicht der Dinge werden die Reitschüler heute an einer Medienkonferenz ausführlicher darlegen.

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Zur Sache

"Wir wollen auf Konsens setzen"

Die Reitschule hat die Unterzeichnung des einjährigen Leistungsvertrags abgelehnt. Wie steht die Stadt zu diesem Entscheid?

Die Ablehnung des Leistungsvertrags ist nur ein Aspekt, den die Reitschule gestern kommuniziert hat. Der andere und viel wichtigere Punkt ist die Bereitschaft, nach konstruktiven Lösungen suchen zu wollen sowie im Dialog mit den Stadtbehörden zu bleiben - beides Sachen, die wir auch befürworten.

Mit der Ablehnung des Leistungsvertrags riskiert die Reitschule auch die finanzielle Unterstützung der Stadt. Jährlich sind das 380 000 Franken. Muss die Ikur nun ab Januar 2012 die Miete selber bezahlen oder die Reitschule gar wieder besetzen?

Nein. Das würde niemandem dienen. Die Reitschule ist mittlerweile ein arrivierter Kulturbetrieb. Das Budget für nächstes Jahr ist vom Volk genehmigt worden. Der Betrag in Höhe von rund 80 000 Franken für das erste Quartal wird von der Stadt im Dezember direkt an Stadtbauten Bern überwiesen. Ob wir auch die Bezahlung der Nebenkosten von 60 000 Franken übernehmen, ist noch unklar.

Die Stadt unterstützt die Reitschule also auch ohne unterzeichneten Leistungsvertrag. Wieso?

Wir wollen auf Konsens setzen. Es ist aber klar, dass ein neuer Leistungsvertrag relativ schnell zustande kommen muss.

Die Verhandlungen rund um einen neuen Leistungsvertrag laufen bereits seit Monaten. Wie lange ist die Stadt noch bereit, weiterzudiskutieren?

Ziel muss es sein, im Verlaufe des Jahres 2012 einen neuen Leistungsvertrag zu unterzeichnen. Einen weiteren Spielraum gibt es nicht mehr. (reh)

Veronica Schaller

Seit August 2008 ist Veronica Schaller Kultursekretärin der Stadt Bern und Leiterin der Abteilung Kulturelles. Sie war bei den bisherigen Vertragsverhandlungen zwischen Stadt und Reitschule dabei.

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Kommentar

Unbedachte Trotzreaktion

Bernhard Ott

Wenn ein Mieter den neuen Mietvertrag nicht unterzeichnet, muss er seine Wohnung in der Regel verlassen. Die Berner Reitschule ist aber anders, wie sie selber nicht müde wird zu betonen. Sie will kein normaler Club sein, der für die Sicherheit vor seiner Haustür verantwortlich gemacht werden kann. Und sie ist offenbar auch keine normale Mieterin, denn sie kriegt die Miete fürs Erste bezahlt, obwohl sie ihre Unterschrift nicht unter den Mietvertrag setzt. Seit bald einem Vierteljahrhundert verfügt die Reitschule nun über einen Sonderstatus in der Stadt Bern. Dieser ist in bisher fünf Abstimmungen vom Stadtberner Stimmvolk bestätigt worden.

Vor drei Jahren hat dasselbe Stimmvolk aber ein Stadtparlament gewählt, das den Inhalt dieses Sonderstatus mitbestimmen will. Was Verwaltung und Reitschul-Betreiber bei den Verhandlungen über den Leistungsvertrag jeweils hinter verschlossenen Türen aushandeln, ist nun nicht mehr sakrosankt. Dabei geht es längst nicht mehr um Sein oder Nichtsein, wie die Reitschul-Lobbyisten gerne unterstellen. Sondern es geht um die Einhaltung elementarer Spielregeln, wie sie im Verkehr zwischen Geldgebern und -nehmern eigentlich üblich sind. Von einem subventionierten Kulturbetrieb, der jedes Wochenende Tausende von Besuchern anzieht, darf ein professionelles Sicherheitsmanagement und eine ebenso professionelle Zusammenarbeit mit der Polizei erwartet werden. Lehnt dieser Betrieb einen Leistungsvertrag mit der Stadt ab, bloss weil ihm die vom Stadtparlament gesetzten Leitplanken nicht passen, so deutet das aber weniger auf Professionalität als auf eine unbedachte Trotzreaktion hin. Immerhin wollen die Reitschul-Betreiber nun "über die Gesamtsituation nachdenken" und zeigen sich offen für weitere Gespräche mit der Stadt. Ob ein vertragsloser Zustand den idealen Boden für Gespräche über heikle Sicherheitsfragen darstellt, muss aber bezweifelt werden. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Reitschul-Betreiber zumindest an die bisher etablierten Spielregeln zur Bekämpfung von Gewalttätern auf dem Vorplatz halten.

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BZ 29.11.11

"Das Scheingefecht lenkt ab"

Reitschule · Das Kulturzentrum will den auf ein Jahr beschränkten Leistungsvertrag nicht akzeptieren. Doch die Stadt wird die Gebäudemiete trotzdem bezahlen. Die Unterschrift der Reitschule-Betreiber brauche es dazu gar nicht mehr.

Die Vollversammlung des Kulturzentrums will den vom Stadtrat auf ein Jahr beschränkten Leistungsvertrag nicht unterzeichnen, teilte sie am Sonntagabend mit (wir berichteten). Kein Problem für die städtische Kultursekretärin Veronika Schaller, die mit der Reitschule jeweils verhandelt: "Vorerst ändert sich deswegen nicht viel", ist sie überzeugt. Das sieht CVP-Stadtrat Henri-Charles Beuchat ganz anders: "Das ist Fundamentalverweigerung", stellt er aufgebracht fest. Er erwägt deshalb, seiner Motion, die Verwaltungszwangsmassnahmen fordert, gleich noch eine zweite nachzuschieben: "Wer die Miete nicht bezahlt, muss raus", sagt er. Denn ohne Vertrag begleiche die Stadt der Gebäudeeigentümerin Stadtbauten auch die Miete nicht. "Das Unterzeichnen eines Vertrags ist freiwillig. Wer es unterlässt, muss aber auch die Konsequenzen tragen", hält er fest. BDP-Stadtrat Martin Schneider betont, dass sich die Reitschule "mit oder ohne Vertrag" an die Abmachungen und Gesetze in der Stadt Bern halten und auch für die Sicherheit "in und um die Reitschule" sorgen muss. Weil hier nach wie vor Defizite bestehen, beschränkte der Stadtrat am 17. November den Leistungsvertrag auf ein Jahr.

Zustimmung ist überflüssig

Für Schaller ist die Drohung der Reitschule hingegen bloss ein "Scheingefecht". "Die Stadt wird die erste Rate der Miete pünktlich bezahlen", stellt sie in Aussicht. Denn dazu sei sie durch das an der Urne abgesegnete Budget und den Stadtratsbeschluss zum Leistungsvertrag mit dem Kulturzentrum legitimiert. "Die Unterschrift der Reitschule-Betreiber braucht es nicht. Wir hätten ihnen den Vertrag gar nicht mehr unterbreitet", sagt sie. Dies, weil die Reitschule ihn bereits im Sommer mit einem Beschluss der Basis genehmigt habe. Dass der Vertrag nun statt vier nur ein Jahr gelte, spiele keine Rolle. "Das Ganze lenkt vom Wesentlichen ab", ergänzt Schaller. Sie wolle nun über die Lösung "realer Probleme" reden, so wie dies die Reitschüler in ihrem Communiqué ebenfalls forderten. "Ich bin zuversichtlich, dass wir schon im März, wenn die zweite Tranche der Miete fällig wird, wieder auf dem Weg zu einem mehrjährigen Vertrag sind." Die Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule Bern (Ikur) will heute die Medien über die Beweggründe informieren, die zum basisdemokratischen Beschluss geführt haben, und darlegen, wie sie sich eine "konstruktive Zusammenarbeit" in der Zukunft vorstellt. Ein einjähriger Vertrag ergebe dagegen eine "unhaltbare Situation", diesem Druck wolle man sich nicht beugen. Statt jedes Jahr mit der Stadt zu verhandeln, stecke die Reitschule ihre Energie lieber in das kulturelle, soziale und politische Engagement. Schaller nimmts gelassen: "Ich weiss nicht, was die Reitschule-Betreiber damit sagen wollen. Falls sie beabsichtigen, die Miete von 320 000 Franken künftig selber zu berappen, ist die Stadt sicher auch nicht dagegen." Dezidiert dieser Meinung ist Martin Schneider, der als Präsident der vorberatenden Kommission das Geschäft à fond kennt: "Lehnt die Reitschule den Vertrag ab, gibts auch kein Geld." Er ist sehr erstaunt, dass dies die Stadt nicht so sieht und den Geldbeutel trotzdem öffnen will.

Dialog steht im Vordergrund

Laut Schaller wären der Stadt nur dann die Hände gebunden, wenn der Stadtrat den Leistungsvertrag ganz zurückgewiesen hätte, wie dies die Bürgerlichen eigentlich beabsichtigten. Doch jetzt die Miete zurückzubehalten, fände Schaller falsch. Dies würde den Dialog nur erschweren. Ein Druckmittel behält sie für die kommenden Verhandlungen immerhin in der Hinterhand: Der Beitrag an die Nebenkosten von 60 000 Franken pro Jahr werde vorläufig nicht ausbezahlt. Die Stadt sei aber gerne bereit, "frischen Wind in die Beziehungen von Stadt und Reitschule" zu bringen. Sie übernimmt dabei genüsslich die Worte der Reitschüler.

Christoph Aebischer

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Langenthaler Tagblatt 29.11.11

Reitschule gegen Einjahresvertrag

Stadt Bern Die Reitschule wird den vom Stadtrat auf ein Jahr beschränkten Leistungsvertrag nicht unterzeichnen. So entschied die Vollversammlung des alternativen Kulturzentrums am Sonntagabend. Stattdessen wollen die Reitschul-Betreiber die Lage überdenken und "frischen Wind" in die Beziehungen zur Stadt bringen. Wie genau, das wollen sie erst heute Dienstag bekannt geben, schreibt die Reitschule.

Weil eine Mitte-rechts-Mehrheit im Stadtparlament mit der Sicherheitslage rund um die Reitschule nicht zufrieden ist, genehmigte sie die städtischen Subventionen kürzlich nur für ein einziges statt für vier Jahre. Mit den 380000 Franken für 2012 könne die Reitschule den Betrieb weiterführen, hiess es. Zugleich sollen sich deren Betreiber und die Stadt bemühen, offene Sicherheitsfragen zu klären.

"Ein einjähriger Vertrag schafft aus Sicht der Reitschule eine unhaltbare Situation", erwidert diese nun. Es sei unmöglich, das umfangreiche Kulturangebot zu planen. Darüber hinaus wolle man die Energie nicht in jährliche Verhandlungen mit den Behörden stecken, sondern in kulturelle, soziale und politische Arbeit. (sda/sat)

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20 Minuten 29.11.11

Reitschule: Nein zum neuen Vertrag

BERN. Ganz oder gar nicht, finden die Reitschüler. Weil der Stadtrat dem Kulturzentrum etwa wegen des mangelnden Sicherheitskonzepts den neuen Leistungsvertrag auf ein Jahr beschränken will, verweigern die Reitschüler ihre Unterschrift. Man wolle damit Raum schaffen für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule. Mit ihrem Nein schiesst die Reitschule 380 000 Franken fürs Jahr 2012 in den Wind und eckt bei bürgerlichen Politikern an: "Trötzelen statt konstruktiver Dialog", kommentiert die BDP den Entscheid - und fragt sich, ob die Reitschule wirklich Gelder der Stadt brauche, da sie sich offenbar eine Ablehnung leisten könne. Eine erste Rate Mietzins von der Stadt gibt es trotzdem. "Wir bezahlen bis Dezember die Miete fürs erste Quartal", so Veronica Schaller, Leiterin Abteilung Kulturelles. "Eine Frechheit", schimpft SVP-Stadtrat Roland Jakob. Die Reitschule solle nun selbst Miete zahlen oder gehen. Heute informiert das Kulturzentrum zum Thema. NJ

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20 Minuten 28.11.11

Reitschule

Nein zum neuen Vertrag

Ganz oder gar nicht, finden die Reitschüler. Weil der Stadtrat dem Kulturzentrum etwa wegen des mangelnden Sicherheitskonzepts den neuen Leistungsvertrag auf ein Jahr beschränken will, verweigern die Reitschüler ihre Unterschrift.

Man wolle damit Raum schaffen für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule. Mit ihrem Nein schiesst die Reitschule 380 000 Franken fürs Jahr 2012 in den Wind und eckt bei bürgerlichen Politikern an: "Trötzelen statt konstruktiver Dialog", kommentiert die BDP den Entscheid - und fragt sich, ob die Reitschule wirklich Gelder der Stadt brauche, da sie sich offenbar eine Ablehnung leisten könne.

Eine erste Rate Mietzins von der Stadt gibt es trotzdem. "Wir bezahlen bis Dezember die Miete fürs erste Quartal", so Veronica Schaller, Leiterin Abteilung Kulturelles. "Eine Frechheit", schimpft SVP-Stadtrat Roland Jakob. Die Reitschule solle nun selbst Miete zahlen oder gehen. Heute informiert das Kulturzentrum zum Thema.

(nj/20 Minuten)

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Indymedia 28.11.11

Reitschule bald ohne Leistungsvertrag

AutorIn : Reitschüler_in        

Am Sonntag 27.11.2011 wurde der Entscheid klar, die Reitschule wird den vom Stadtrat verabschiedeten einjährigen Leistungsvertrag nicht unterzeichnen. Dieser Entscheid ist nichts anderes als die logische Konsequenz aus einer Situation, welche schon seit längerer Zeit unhaltbar geworden ist.    
   
Nachdem im Januar, nach über einjährigen Verhandlungen mit den Kulturbehörden, ein Entwurf für einen Vertrag zwischen der Reitschule und der Stadt Bern erarbeitet worden war, begann darüber ein Hickhack auf parlamentarischer Ebene, dessen Endergebnis das "Angebot" eines einjährigen Leistungsvertrages war.

Die Hintergründe für diese "grossherzigen Geistesergüsse" diverser stadtberner Parlamentarier_innen, sind einerseits eine gewisse Profilierungsneurose im Vorwahlkampf (2012 sind in Bern Wahlen), andererseits die Tatsache, dass unsere "Freunde in Blau" die Freuden und Möglichkeiten der politischen Betätigung entdeckt haben.

Darüberhinaus lässt sich in diesem gross aufgebauschten Tamtam über reale Nichtigkeiten wieder einmal ein allgemeinüblicher Umgang mit linken Freiräumen beobachten. Wenn es den Behörden und Parlamenten nicht gelingt linke Freiräume bereits zu Beginn wieder einzuebnen, wird versucht mit absurden und überrissenen Auflagen den Betrieb zu verunmöglichen (z.B. bei der Gartenstrasse in Freiburg im Brsg.). Sollte es einzelnen Projekten tatsächlich gelingen, längere Zeit zu bestehen oder gar einen gewissen Rückhalt in der lokalen Bevölkerung zu haben und sich zu etablieren, wird versucht mit Verträgen, Forderungen und Verhandlungen diese Projekte solange durch die Mühlen und Wartesääle der Bürokratie zu schleifen, bis sie dermassen weichgespühlt und abgewetzt wurden, dass von den ursprünglichen Utopien, wenn überhaupt, nur noch fragmentweise etwas zu finden ist.

Diese "Abschaffung durch Anpassung" ist eine Taktik, mit welcher die Betreiber_innen der Reitschule immer wieder zu kämpfen haben. Zusammen mit dem ebenso beliebten "divide et impera" (im konkreten Fall jeweils mit dem Versuch der Spaltung in "böse Politaktivist_innen" und "liebe Kulturschaffende" verbunden), führt sie zu vielen der Kritikpunkten, welche an der Reitschule aus libertärer Sicht zurecht angebracht werden können.

Im letzten Jahr haben die diversen Akteur_innen, welche von der Reitschule oder den tatsächlichen gesellschaftlichen Problemen meist null, nix, nada begriffen haben, dabei jedoch soviel Elan und Motivation erkennen lassen, dass der Bogen so richtig überspannt wurde.

Hauptargument in diesem lokalpolitischen Hobbykleinkrieg (insbesondere zwischen Parlament und Gemeinderat) waren die angeblichen Sicherheitsprobleme der Reitschule, welche sich unter anderem in "regelmässigen Angriffen" auf Polizeibeamte im Umfeld der Reitschule äussern. Dabei geht, wie üblich, vergessen, dass im Vergleich zu früheren Zeiten die Situation um die Reitschule extrem ruhig ist.

Auch die Erkenntnis, dass Gewalt nunmal ein immanenter Bestandteil aller bekannten Gesellschaftsformen ist und sich diese bei Menschen, welche nicht den Willen oder die Möglichkeiten haben, diese unter dem Schutz des staatlichen Gewaltmonopols ausleben zu können, meist im Ausgang und unter Alkoholeinfluss manifestiert, findet nur äusserst selten ihren Weg in die heiligen Hallen der parlamentarischen Demokratie. Wenn mensch bedenkt, dass an einem Wochenendabend bis zu 4'000 Menschen die Reitschule und den Vorplatz besuchen, kann real gesehen nicht von einem Sicherheitsproblem gesprochen werden. Vielmehr sollte erstaunen, dass solche Vorfälle nicht häufiger auftreten. Wenn sich tatsächlich Vorfälle im Umfeld der Reitschule ereignen, dann - völlig zurecht - meist im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen. Polizist_innen gehören logischerweise gerade im Umfeld der Reitschule nicht zu den beliebtesten Tourist_innen und sind nebst ihrer Funktion meist auch menschlich und beruflich absolute Nulpen. Wenn diesen "Vollpfosten in Einheitskleidung", ihre Hauptaufgabe (Ruhe und Ordnung) tatsächlich derart wichtig wäre, sollten sie wohl einfach auf Einsätze im Umfeld der Reitschule verzichten - es würde vieles einfacher machen.

Die Reitschule, als eines der ältesten und grössten alternativen Projekte in der Schweiz war und ist seit Anbeginn basisdemokratisch und mit Konsensprinzip organisiert. Diese Organisationsform steht für die Reitschule nicht zur Diskussion. Wenn Behörden und Politik den "Kulturbetrieb Reitschule" also derart schätzen, wie sie immer behaupten, täten sie gut daran dieser Tatsache Rechnung zu tragen. Ansonsten sind solche Beschlüsse, wie derjenige zum Leistungsvertrag, bei ihren geistig umnachteten Ergüssen, nach wie vor zu erwarten.

Ob mit, ob ohne - Autonome Zone

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Blick am Abend 28.11.11
 
Reitschule sagt Nein

NJET

Die Reitschule will den einjährigen Leistungsvertrag mit der Stadt nicht unterschreiben.

peter.pflugshaupt@ringier.ch

Nachdem sich der Stadtrat vor zwei Wochen nach einer hitzigen Debatte gegen einen vierjährigen Leistungsvertrag ausgesprochen hat, reagiert die Reithalle. An der Vollversammlung von gestern, Sonntag, haben die Reitschüler nun beschlossen, den einjährigen Vertrag mit der Stadt nicht zu unterschreiben.

Man wolle über die Gesamtsituation nachdenken und frischen Wind in die Beziehung zwischen Stadt und Reitschule bringen, schreiben die Verantwortlichen in einer Mitteilung an den Gemeinderat und die Medien. Ausgehend von realen Problemen wolle man mit diesem Nein Raum schaffen für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule.

Ein einjähriger Leistungsvertrag schaffe eine unhaltbare Situation, heisst es weiter. Einerseits sei es so nicht möglich, das umfangreiche kulturelle Angebot zu planen und andererseits wolle man die Energie nicht in jährliche Vertragsverhandlungen stecken, sondern in kulturelle, soziale und politische Arbeit.

Gesucht würden jetzt neue Lösungen der Zusammenarbeit. Morgen, Dienstag, will die Reitschule an einer Medienkonferenz weitere Details bekannt geben.

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bernerzeitung.ch (15.16)

Reitschule will Leistungsvertrag nicht unterschreiben

Am Sonntag entschied die Reitschule, den einjährigen Leistungsvertrag mit der Stadt nicht zu unterschreiben. Dazu äusserten sich nun zwei Fraktionen des Stadtrats und die Zuständigen der Stadt.

An der Vollsammlung vom Sonntag wurde entschieden, den einjährigen Leistungsvertrag zwischen der Stadt Bern und der Reitschule nicht zu unterschreiben, wie die Mediengruppe der Reitschule mitteilt. Am Dienstag werde darüber an einer Medienkonferenz orientiert.

Damit wolle man "Raum schaffen" für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule - ausgehend von realen Problemen und Zuständen. Die Situation wolle man auch nutzen, um frischen Wind in die Beziehung mit der Stadt zu bringen.

Ein einjähriger Vertrag schafft aus Sicht der Reitschule eine unhaltbare Situation: Zum einen sei es so nicht möglich, das umfangreiche Kulturangebot zu planen. Zum andern wolle die Reitschule ihre Energie nicht in jährliche Vertragsverhandlungen, sondern in die kulturelle, soziale und politische Arbeit investieren.

Man wolle sich diesem Druck nicht beugen, heisst es weiter. Sondern man suche nun neue konstruktive Lösungen der Zusammenarbeit und werde weiterhin im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben.

Ziel: einen langfristigen Vertrag

Dieser Entscheid bedeute aber nicht, dass die Miete nun ab 1. Januar 2012 unbeglichen bleibe. Der Betrag sei im Budget eingerechnet und vom Stimmvolk angenommen worden, erläutert Veronica Schaller, die Leiterin der Abteilung Kulturelles der Stadt Bern. "Der Betrag für das erste Quartal wird von der Stadt direkt an die Stadtbauten überwiesen." Auch wenn noch kein Konsens zwischen der Reitschule und der Stadt herrsche.

Für Schaller sei wichtig, dass ein langfristiger Vertrag zustande komme und man möglichst bald das Gespräch miteinander suche. "Wir hatten die Hoffnung, dass der Stadtrat sich für den vierjährigen Vertrag ausspricht." Daher habe man auch nicht präventiv nach Lösungen gesucht.

Entscheid nicht überraschend

Michael Köpfli, Fraktionschef der Grünliberalen, findet die Entscheidung der Reitschule fragwürdig, aber wenig überraschend. "Es ist das gute Recht der Reitschule, den Vertrag nicht zu unterzeichnen. Die Stadt muss die Miete aber weiterhin erhalten."

Seiner Ansicht nach wäre es gescheiter gewesen, den einjährigen Vertrag zu unterzeichnen und dann eine längerfristige Lösung anzustreben. "Das Ziel muss es sein, möglichst schnell wieder einen Vertrag zwischen der Reitschule und der Stadt Bern zu haben."

Grosser Druck auf Reitschule

Auch Annette Lehmann, die Fraktionschefin der SP, überrascht die Reaktion der Reitschule nicht. "In letzter Zeit ist von Seiten der Politik massiv Druck aufgebaut worden." Natürlich wäre es besser gewesen, wenn man immerhin den einjährigen Vertrag unter Dach und Fach gebracht hätte, auch wenn ihre Fraktion den vierjährigen Vertrag unterstützt hat.

Die Fraktion stehe, wie auch das Volk, weiter hinter der Reitschule. "Sie signalisieren, dass sie bereit für konstruktive Gespräche sind und das werte ich positiv", sagt Lehmann. Sie betont, dass der Leistungsvertrag bereits Verbesserungen beinhalte, doch dies sei im Stadtrat völlig ignoriert worden. (cls)

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bernerzeitung.ch 28.11.11 (13.03)

Reitschule will Leistungsvertrag nicht unterschreiben

Am Sonntag entschied die Reitschule, den einjährigen Leistungsvertrag mit der Stadt nicht zu unterschreiben. Zu diesem Entscheid äusserte sich die Grünliberale Fraktion.

An der Vollsammlung vom Sonntag wurde entschieden, den einjährigen Leistungsvertrag zwischen der Stadt Bern und der Reitschule nicht zu unterschreiben, wie die Mediengruppe der Reitschule mitteilt. Am Dienstag werde darüber an einer Medienkonferenz orientiert.

Damit wolle man "Raum schaffen" für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule - ausgehend von realen Problemen und Zuständen.

Frischer Wind in die Beziehung

In der Reitschule wäre man bereit gewesen, einen vierjährigen Leistungsvertrag zu unterschreiben. Dass dieser vom Stadtrat abgewürgt worden sei, gebe Anlass, über die Gesamtsituation nachzudenken und frischen Wind in die Beziehungen zwischen Stadt und Reitschule zu bringen.

Ein einjähriger Vertrag schafft aus Sicht der Reitschule eine unhaltbare Situation: Zum einen sei es so nicht möglich, das umfangreiche Kulturangebot zu planen. Zum andern wolle die Reitschule ihre Energie nicht in jährliche Vertragsverhandlungen, sondern in die kulturelle, soziale und politische Arbeit investieren.

Man wolle sich diesem Druck nicht beugen, heisst es weiter. Sondern suche man nun neue konstruktive Lösungen der Zusammenarbeit und werde weiterhin im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben.

Gescheiter, den einjährigen Vertrag zu unterschreiben

Michael Köpfli, Fraktionschef der Grünliberalen, findet die Entscheidung der Reitschule fragwürdig, aber wenig überraschend. "Es ist das gute Recht der Reitschule, den Vertrag nicht zu unterzeichnen. Die Stadt muss die Miete aber weiterhin erhalten." Ob diese Entscheidung wirklich Raum für Diskussionen bietet, bezweifelt er, da sich die Ratsmehrheit für den einjährigen Vertrag ausgesprochen hat.

Seiner Ansicht nach wäre es gescheiter gewesen, den einjährigen Vertrag zu unterzeichnen und danach wieder eine längerfristige Lösung anzustreben. "Das Ziel muss es sein, möglichst schnell wieder einen Vertrag zwischen der Reitschule und der Stadt Bern zu haben."

Die GLP-Fraktion des Stadtrats hatte einen Zwei-Jahresvertrag im Auge, um so die Verantwortung für den nächsten langfristigen Vertrag mit der Reitschule dem neugewählten Gemeinderat zu übertragen.

(cls)

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derbund.ch 28.11.11 (07.42)

Reitschule unterschreibt Leistungsvertrag nicht

An der gestrigen Vollversammlung haben die Reitschulbetreiber entschieden, den einjährigen Leistungsvertrag mit der Stadt nicht zu unterschreiben - aus Protest gegen die verkürzte Laufzeit.

Nachdem der Berner Stadtrat den vierjährigen Leistungsvertrag mit der Ikur (Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule) auf ein Jahr verkürzt hat, reagieren nun die Reitschulbetreiber: An der Vollversammlung vom Sonntag erteilten sie der Stadt eine Absage.

Gemäss einer Medienmitteilung wolle die Reitschule mit dem Entscheid Raum schaffen für konstruktive Gespräche "über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule - ausgehend von realen Problemen und Zuständen."

"Unhaltbare Situation"

Dass der vierjährige Leistungsvertrag vom Stadtrat "abgewürgt" worden ist, gebe der Reitschule "Anlass, über die Gesamtsituation nachzudenken und frischen Wind in die Beziehungen zwischen Stadt und Reitschule zu bringen."

Ein einjähriger Vertrag schaffe aus Sicht der Reitschule eine unhaltbare Situation. Mit der verkürzten Dauer sei es nicht möglich, das kulturelle Angebot zu planen. Auch wollen die Betreiber nicht ihre Energie in jährliche Vertragshandlungen stecken.

Die Reitschule wolle sich dem Druck nicht beugen und suche nun neue konstruktive Lösungen der Zusammenarbeit. Sie werde weiterhin im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben.

Weitere Informationen erteilt die Reitschule an einer Medienkonferenz. Diese wird am Dienstag stattfinden. (bs/pd)

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bernerzeitung.ch 28.11.11 (07.52)

Reitschule will Leistungsvertrag nicht unterschreiben

Am Sonntag entschied die Reitschule, den einjährigen Leistungsvertrag mit der Stadt nicht zu unterschreiben. So soll Raum für konstruktive Gespräche geschaffen werden.

An der Vollsammlung vom Sonntag wurde entschieden, den einjährigen Leistungsvertrag zwischen der Stadt Bern und der Reitschule nicht zu unterschreiben, wie die Mediengruppe der Reitschule mitteilt. Am Dienstag werde darüber an einer Medienkonferenz orientiert.

Damit wolle man "Raum schaffen" für konstruktive Gespräche über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bevölkerung, Behörden und Reitschule - ausgehend von realen Problemen und Zuständen.

Frischer Wind in die Beziehung

In der Reitschule wäre man bereit gewesen, einen vierjährigen Leistungsvertrag zu unterschreiben. Dass dieser vom Stadtrat abgewürgt worden sei, gebe Anlass, über die Gesamtsituation nachzudenken und frischen Wind in die Beziehungen zwischen Stadt und Reitschule zu bringen.

Ein einjähriger Vertrag schafft aus Sicht der Reitschule eine unhaltbare Situation: Zum einen sei es so nicht möglich, das umfangreiche Kulturangebot zu planen. Zum andern wolle die Reitschule ihre Energie nicht in jährliche Vertragsverhandlungen, sondern in die kulturelle, soziale und politische Arbeit investieren.

Man wolle sich diesem Druck nicht beugen, heisst es weiter. Sondern suche man nun neue konstruktive Lösungen der Zusammenarbeit und werde weiterhin im Dialog mit den Stadtbehörden bleiben. (cls)

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BZ 28.11.11

Reitschule sagt Nein

Leistungsvertrag · Die Vollversammlung der Reitschule hat gestern Abend beschlossen, den einjährigen Leistungsvertrag zwischen Stadt und Reitschule nicht zu unterschreiben. Es habe die Bereitschaft gegeben, den vierjährigen Vertrag zu unterzeichnen. Diesen lehnte der Stadtrat aber ab und genehmigte den Vertrag wegen ungelöster Sicherheitsfragen nur für ein Jahr. Ein einjähriger Vertrag schaffe für die Reitschule aber eine unhaltbare Situation. Die Reitschule beuge sich dem Druck nicht, suche konstruktive Lösungen und bleibe im Dialog mit der Stadt. wrs

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<>kulturstattbern.derbund.ch 28.11.11

Kulturbeutel 48/11

Von Ruth Kofmel am Montag, den 28. November 2011, um 05:35 Uhr

(...)

Frau Kretz empfiehlt:
Tittanic, die zehnte am Sonntag im Tojo. Jede Tittanic-Ausgabe ist speziell, aber diese ist speziell speziell! Es liest und erläutert die Philosophin Carola Meier-Seethaler (Jahrgang: 1927), es musiziert am Klavier Frau Ka Moser (Jahrgang: 1937).

(...)<>

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Bund 28.11.11

Ins Bauchfell statt ins Herz

Selten hat eine neue Berner Band grössere Erwartungen geschürt als die Gruppe Destilacija um den Akkordeonisten Mario Batkovic.

Ane Hebeisen

In derart musikfeindlichen Zeiten ist es ein Akt von mutwilliger Unvernunft, einen solchen Klangkörper in die Welt zu setzen: Zwölf Musiker stehen auf der Bühne, plus ein Butler und ein tipptopp gekämmter Gast-Rockabilly, 40 Personen sind insgesamt in das Projekt involviert, vom Pyrotechniker bis zum Destilliermaschinenbauer, als Texter und Songschreiber betätigten sich Berner Erhabenheiten wie Steff la Cheffe, Resli Burri, Bubi Rufener oder Reverend Beat-Man.

Der Baumeister dieses wunderbaren Irrsinns heisst Mario Batkovic, ein hochbegabter Akkordeonist, der als Autodidakt am Konsi Bern stracks zum Musterschüler aufblühte und sich später in der Gruppe Kummerbuben Street Credibility verdiente. Destilacija heisst sein Monster, das erst einen Auftritt zum Abschluss des diesjährigen Gurtenfestivals auf dem Kerbholz hat. Doch im Nacken fuchteln honorige Förderer, und die Erwartungen der versammelten Berner Musikszene in die Band sind exorbitant. Der Auftritt im gut frequentierten Dachstock zeigt, was von diesem Grossprojekt zu erhoffen ist, aber auch wo die Problemzonen liegen.

Clash der Kulturen

Und wie er schallt und hallt, dieser Klangkörper! Sechs Bläser schmettern clever arrangierte Sätze in den holzigen Hörsaal, gedoppelt von Stromgitarre und elektrischem Bass, eine Wucht generierend, wie man sie auch von ausdrücklich grobschlächtigen Rockcombos nur selten vernimmt. Dazu gibts Batkovic als Akkordeonist, Batkovic als Gitarrero, Batkovic als nervöser Publikumsanimateur und Batkovic am Frontmikrofon. Letztere Rolle habe er nie gesucht, gesteht er nach dem Konzert, er habe bisher schlicht keinen Sänger gefunden. Die Suche müsste weitergehen, als Sänger wirkt Mario Batkovic etwas gar undezent. Er habe seine Identitätsfindung mit Destilacija in die Musik verlängert, hat Mario Batkovic einst gesagt, entsprechend diffizil ist es, einen roten Faden zu finden. Wenn schon Kulturen-Clash, dann richtig, und warum anklopfen, wenn sich die Türe auch gleich einreissen lässt.

Im Angebot ist: Ska-Polka-Jazz-Doom-Metal-Blaskapellenmusik-Beromünsterfolklore-Disco-Funk-Jugo-Schweinerock-Balkangestampfe. Wunderprima alles, was da aus dieser Destilacija-Maschine sprüht, nur eines gibts in diesem Gebräu noch nicht: den Song, der einen nicht nur im Bauchfell, sondern tief im Herzen berührt, ein Lied, das einen auf den Nachhauseweg begleitet. So funktioniert Destilacija als Party-Band ganz prächtig, bis zum Studiotermin im März gibts jedoch noch einiges zu tun. Mario Batkovic wirds richten.

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Langenthaler Tagblatt 28.11.11

Tränengas öffnete ihm die Augen

Oberaargau. Im neuen Lesebuch wirft Fredi Lerch einen kritischen Blick auf die Heimat seiner Jugend

Jürg Rettenmund

800 Seiten dick ist das Buch, das der freie Journalist Fredi Lerch über den Berner Bürgerschreck René E. Müller schrieb. Sehr schmal wirkt dagegen das Porträt, das Lerch seinem Musiklehrer am Seminar Langenthal im neuen Oberaargauer Lesebuch widmet. Doch die sechs Seiten haben es in sich, werden in ihrer Kürze ebenso zum Sittengemälde aus dem Oberaargau im Allgemeinen und dem Seminar Langenthal im Besonderen, wie es Lerchs Werk "Müllers Weg ins Paradies" für Bern in den Sechzigerjahren attestiert wird.

Noch etwas unterscheidet die beiden Beiträge: Während René E. Müller sogar Eingang in den Buchtitel findet, nennt Lerch sein "braungrünes Jugendgespenst" konsequent nur "X.". "Es geht mir nicht darum, einen alten Mann blosszustellen", begründet er dies. Er wolle auch nicht dessen besondere Qualitäten als Musiker herabmindern. "Die sind unbestritten." Vielmehr wolle er einer Gesellschaft den Spiegel vorhalten, in der ein Musiklehrer in der Schulstube "nahtlos von Liedern aus Schuberts Winterreise zu einem gedankenschweren Monolog wechseln konnte", in dem er erklärte, "weshalb es dringlich sei, der Überfremdungsinitiative von James Schwarzenbach zum Durchbruch zu verhelfen", und warum "die Sizilianer gefälligst dorthin zurück sollten, wo sie hergekommen sind."

Kleinbürgerlicher Demonstrant

Aufgewachsen ist Fredi Lerch in Roggwil, seine Eltern und Grosseltern arbeiteten in der Ziegelei und bei Gugelmann. Dass er aus diesem bildungsfernen Umfeld zur Ausbildung ans Lehrerseminar geschickt wurde, schreibt er heute seiner Mutter zu, die in der Dorfschmiede aufgewachsen war und gerne Lehrerin geworden wäre. Sie musste aber zu Hause bleiben und den Eltern die Magd ersetzen.

Das Seminar selbst hat Lerch in zwiespältiger Erinnerung. Ausdrücklich dankt er in seinem Beitrag im Lesebuch dem Zeichenlehrer Willi Liechti. Dieser hatte sich für ihn eingesetzt, nachdem ihn der Musiklehrer wegen angeblichen Drogenkonsums angeschwärzt hatte. "Ausgerechnet mich, der in meinem Leben nie Haschisch, geschweige denn harte Drogen konsumiert habe", empört er sich noch heute, und verweist darauf, dass er damals immerhin Stammspieler der Fussball-A-Junioren in Roggwil war.

Überhaupt sei sein Leben sehr kleinbürgerlich gewesen, blickt Lerch zurück, und erinnert sich, wie er sich 1975 in seiner ersten Lehrerstelle in Läufelfingen im Baselbiet mit den Kolleginnen und Kollegen im Lehrerzimmer über die Demonstrationen gegen das geplante Atomkraftwerk in Kaiseraugst empörte. Auch seine nächste Lebensstation passte noch durchaus in dieses Bild: An der Hochschule für alte Musik in Basel, der Schola Cantorum Basiliensis, studierte er Blockflöte und schloss das Studium mit dem Lehrdiplom ab.

Indirekt führte ihn das Blockflötenspiel aber auf seinen heutigen Weg. "Ich begleitete 1977 WG-Kollegen an eine weitere Anti-AKW-Demonstration in Gösgen", erzählt er. Dort geriet er in einen Tränengas-Einsatz der Polizei. "Tränengas schliesst einem die Augen zuerst ganz heftig, öffnet sie danach aber um so weiter", blickt er heute auf diesen Wendepunkt zurück.

In Bern geriet Lerch in die Jugendbewegung der Achtzigerjahre, engagierte sich für das erste noch provisorische Autonome Jugendzentrum, den Vorgänger der Reitschule. Die damals frisch gegründete "Wochenzeitung" (WOZ) suchte Leute in Bern, für Fredi Lerch die Gelegenheit, in den Journalismus umzusteigen. 19 Jahre gestaltete er die alternative, selbst verwaltete Zeitung als Redaktor mit, seither ist er freier Journalist und Publizist.

Mehrfach wurde Lerch für seine Arbeiten ausgezeichnet. Für eine umfangreiche Reportage in der WOZ über eine nie aufgeklärte Mordserie in der Drogenszene am Zürcher Letten erhielt er 1998 den Zürcher Journalistenpreis. Für die Arbeit über die Berner Nonkonformisten und seine Mitarbeit an der Herausgabe der Gesamtausgabe von Carl Albert Loosli verlieh ihm der Kanton Bern Anerkennungspreise.

Der zündende Gedanke zu seinem Beitrag im neuen Oberaargauer Lesebuch kam Fredi Lerch an einer Klassenzusammenkunft. Der ungefragte Kommentar einer Klassenkameradin vom Seminar zu einer Diskussion über die rechtsextreme Gesinnung dieses Musiklehrers machte ihn hellhörig: "Do drüber darf i nid rede." Er habe eine Schwäche für Verschwörungstheorien, gesteht Lerch ein. Trotzdem habe er bisher genug Beweise gesammelt über ein rechtsextrem-fundamentalistisches Milieu im Oberaargau, zu dem im Landesteil ein eigentliches Schweigegebot bestehe: "Do drüber darf i nid rede."

Deshalb, so der gebürtige Roggwiler, sei er froh gewesen, nach dem Klassentreffen auf der Lueg in Burgdorf den Zug nach Bern nehmen zu können, statt in die Gegenrichtung reisen zu müssen: "Lieber in Bern auswärtig als einheimisch im Oberaargau."

Fredi Lerch ist auch regelmässiger Kolumnist des az Langenthaler Tagblatts.

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<>Lesebuch: Autoren und Beiträge

Martin Lienhard: Styx

Valentin Binggeli: Mir rede chli angers

Helen Stark-Towlson: Der Chemp

Ruedi Bärtschi: 20 Sekunden

Valerio Moser: Tabernakel des Stadtzentrums

Senta Simon: Us Fleisch und Bluet

Urs Mannhart: Aleksandar Sokov, Der Unter-Emmentaler und die Sache mit dem Blumenbestimmungskurs

Fredi Lerch: Das braungrüne Jugendgespenst

Daniel Grob: Der Maler, der Polizist und die rote Kuh

Jürg Rettenmund: Chemnitz-Lotzwil einfach

Martin Moser: Pendlernotizen

Max Jufer:"Oberaargau 2010" - ein historisches

Ereignis für unseren Landesteil

Daniel Gaberell: Wenn Bäume Wurzeln schlagen

Melanie Huber: Gedichte aus Porzellan

Samuel Herrmann: Als Stadtführer in Langenthal unterwegs

Inge Trösch-Joss: Längizyti

Martin Ziegelmüller: Am Egliloch

Hans-Jürg Schmied: "Sagen Sie, warum..."

Simon Kuert: Septembermorgen. Eine Oberaargauer Predigt

Greti Morgenthaler: Uf em Chüechler

Jakob Käser: Eine Reise nach Luzern aus dem Jahre 1866

Thomas Multerer: Rigoletto in Langenthal

Isabelle Ryf: Mit dem Hund in die Höhe

Greti Leuenberger: Nei aber ou

Brigitte Bachmann-Geiser: Zum Andenken

Hans Baumann: Disziplin und Phantasie

Pedro Lenz: Mein Oberaargau

Das Oberaargauer Lesebuch erscheint Ende November im Verlag herausgeber.ch. Es ist im Buchhandel erhältlich. (jr)